Urteil des BVerwG vom 06.01.2012

Luftwaffe, Versetzung, Verfügung, Hauptsache

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 WDS-VR 7.11
In dem Wehrbeschwerdeverfahren
des Herrn Oberstleutnant …,
…,
- Bevollmächtigte:
Rechtsanwälte …,
… -
Beigeladener:
Herr Oberstleutnant …,
…,
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Rothfuß
am 6. Januar 2012 beschlossen:
Der Antrag, den Bundesminister der Verteidigung im We-
ge der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, bis zu ei-
ner Entscheidung des Senats über den Antrag des An-
tragstellers auf gerichtliche Entscheidung vom 20. Sep-
tember 2011 im Verfahren BVerwG 1 WB 53.11 die Ver-
setzung des Beigeladenen auf den Dienstposten eines
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IT-Stabsoffiziers und Referenten, ODP … (= Teilein-
heit/Zeile …), beim … vorläufig rückgängig zu machen,
wird zurückgewiesen.
G r ü n d e :
I
Der Antragsteller wendet sich mit seinem Antrag auf Gewährung vorläufigen
Rechtsschutzes gegen den Bescheid des Personalamts der Bundeswehr vom
13. Mai 2011, mit dem sein Antrag auf Versetzung auf den nach Besoldungs-
gruppe A 15 bewerteten Dienstposten eines IT-Stabsoffiziers und Referenten,
ODP 110/160 (= Teileinheit/Zeile …), beim … abgelehnt worden ist,
und gegen die Entscheidung des Personalamts, nicht ihn, sondern den Beige-
ladenen auf diesen Dienstposten zu versetzen.
Der 1958 geborene Antragsteller ist Berufssoldat in der Teilstreitkraft Heer, des-
sen Dienstzeit voraussichtlich mit Ablauf des 30. August 2018 enden wird. Er
wurde am 28. März 2002 zum Oberstleutnant ernannt und mit Wirkung vom
1. Januar 2002 in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 14 eingewiesen. Seit
dem 1. Dezember 2008 war er zunächst auf dem nach Besoldungsgruppe
A 14/A 13 bewerteten Dienstposten eines IT-Stabsoffiziers und Referenten,
TE/ZE …, beim … eingesetzt. Zum 1. April 2010 trat in dieser Dienststelle eine
neue Stärke- und Ausrüstungsnachweisung (STAN) in Kraft; in den vorange-
gangenen STAN-Verhandlungen wurde der vom Antragsteller inne gehabte
Dienstposten der Besoldungsgruppe A 15 zugeordnet. Daraufhin versetzte das
Personalamt den Antragsteller zum 1. April 2010 auf ein „dienstpostenähnliches
Konstrukt“ (z.b.V.-Dienstposten) der Besoldungsgruppe A 14 im …. Mit Verfü-
gung des Personalamts vom 2. Februar 2011 wurde der Antragsteller zum
1. April 2011 mit Dienstantritt am 16. Mai 2011 zum Streitkräfteunterstützungs-
kommando in … auf einen nach Besoldungsgruppe A 13/A 14 bewerteten
Dienstposten als IT-Stabsoffizier versetzt. Diese Versetzungsverfügung hat er
im Verfahren BVerwG 1 WB 31.11 mit dem Antrag auf Entscheidung des Bun-
desverwaltungsgerichts angegriffen.
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Mit Schreiben vom 1. Februar 2011 beantragte der Antragsteller seine Verset-
zung auf den strittigen Dienstposten eines IT-Stabsoffiziers und Referenten,
ODP … (= TE/ZE …), im …. Zur Begründung wies er darauf hin, er habe die
Aufgaben dieses Dienstpostens noch in der alten Struktur bereits im November
2009 übernommen. Nach der Einnahme der neuen Struktur und der erfolgten
Höherdotierung sei der Dienstposten nicht neu besetzt worden; die Aufgaben
würden durch ihn wahrgenommen. Das schließe die Aufgaben als Teilbereichs-
leiter IT-Strategie mit zwei Mitarbeitern ein. Mit seinen Beurteilungen aus den
letzten sieben Jahren und den in den vergangenen 14 Monaten gezeigten Leis-
tungen habe er seine Qualifikation für den angestrebten Dienstposten nachge-
wiesen.
Den Versetzungsantrag lehnte das Personalamt mit Bescheid vom 14. Februar
2011 ab. Es führte zur Erläuterung aus, der Antragsteller habe für den strittigen
Dienstposten nicht mitbetrachtet werden können, weil er nicht über die Perspek-
tive für A 15-Verwendungen verfüge. Darüber hinaus obliege der Luftwaffe das
Besetzungsrecht für den Dienstposten. Die Luftwaffe plane, den Dienstposten
zum 1. Mai 2011 mit einem geeigneten Offizier zu besetzen.
Auf die Beschwerde des Antragstellers vom 10. März 2011 hob das Personal-
amt seinen Ablehnungsbescheid mit Bescheid vom 2. Mai 2011 auf und kündig-
te dem Antragsteller den Erlass eines neuen Bescheides an. Mit Schreiben vom
10. Mai 2011 nahm der Vizepräsident des … und Dienstälteste Offizier zu dem
Versetzungsantrag des Antragstellers befürwortend Stellung; er wies allerdings
darauf hin, dass der strittige Dienstposten nach dem Teilstreitkraftproporz dem
Uniformträgerbereich Luftwaffe zugeordnet sei.
Mit Bescheid vom 13. Mai 2011 lehnte das Personalamt den Versetzungsantrag
erneut ab. Zur Begründung legte es dar, dass dem Antragsteller in den letzten
Beurteilungen zwar eine Eignung für Dienstposten der Ebene A 15 attestiert
werde, die sein beurteilender Vorgesetzter auch für den strittigen Dienstposten
bestätigt habe. Das primäre Besetzungsrecht für diesen Dienstposten stehe
jedoch der Luftwaffe zu, die schon frühzeitig im vierten Quartal 2010 einen nach
Eignung, Leistung und Befähigung besser qualifizierten Offizier ausgewählt ha-
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be; dieser sei mit Verfügung vom 1. Februar 2011 auf den Dienstposten ver-
setzt worden. Der Bewerbung des Antragstellers habe man auch deshalb nicht
entsprechen können, weil er mit Verfügung vom 2. Februar 2011 rechtskonform
zum 1. April 2011 zum Streitkräfteunterstützungskommando in … versetzt wor-
den sei.
Gegen den ihm am 8. Juni 2011 eröffneten Ablehnungsbescheid legte der An-
tragsteller mit Schreiben vom 4. Juli 2011 Beschwerde ein. Dieser an das Per-
sonalamt der Bundeswehr adressierte Rechtsbehelf ging am 5. Juli 2011 bei
der Abteilung Führungsunterstützung/G 6 des Streitkräfteunterstützungskom-
mandos und nach Mitteilung des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 -
am 1. August 2011 beim Bundesministerium der Verteidigung ein. Der Antrag-
steller machte geltend, er habe bereits mit Schreiben vom 11. April 2011 gegen
die Besetzung des strittigen Dienstpostens mit einem Konkurrenten Beschwer-
de eingelegt und um Offenlegung der dokumentierten Auswahlerwägungen für
diese Entscheidung gebeten. Seine Bevollmächtigte habe die Beschwerde vom
11. April 2011 mit Schriftsatz vom 9. Mai 2011 im Einzelnen begründet. Dem-
gegenüber sei der Hinweis auf ein „Besetzungsrecht der Luftwaffe“ für die Ab-
lehnung seiner Bewerbung untauglich. Dieses Besetzungsrecht stelle kein
Recht von Verfassungsrang dar. Die bessere Qualifikation des ausgewählten
Offiziers sei schon deshalb anzuzweifeln, weil er, der Antragsteller, den stritti-
gen Dienstposten bereits seit November 2009 bzw. in der neuen Struktur des …
der Bundeswehr seit April 2010 vollumfänglich wahrgenommen habe. Damit
weise er einen Erfahrungsvorsprung von deutlich mehr als sechs Monaten auf
dem Dienstposten auf. Er halte seine Bewerbung vom 1. Februar 2011 für den
strittigen Dienstposten aufrecht.
Mit Bescheid vom 16. August 2011 wies der Bundesminister der Verteidigung
- PSZ I 7 - die Beschwerde des Antragstellers vom 11. April 2011 gegen die
Entscheidung des Personalamts, den strittigen Dienstposten mit dem Beigela-
denen zu besetzen, und die Beschwerde vom 4. Juli 2011 gegen den Bescheid
des Personalamts vom 13. Mai 2011 zurück. Zur Begründung führte er aus, die
Beschwerde vom 4. Juli 2011 sei unzulässig, weil sie nicht innerhalb der Mo-
natsfrist nach §§ 5 Abs. 1, 6 Abs. 1 WBO bei einer empfangszuständigen Stelle
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eingegangen sei. Weder die Abteilung Führungsunterstützung/G 6 des Streit-
kräfteunterstützungskommandos noch das Personalamt seien Stellen, bei de-
nen Beschwerden wirksam eingelegt werden könnten. Erst nach Ablauf der Be-
schwerdefrist, die am 8. Juli 2011 geendet habe, sei die Beschwerde beim Bun-
desminister der Verteidigung eingegangen. Die Beschwerde vom 11. April 2011
sei ebenfalls unzulässig, weil bei beiden Beschwerden nur eine einheitliche
Bewertung möglich sei. Die eingetretene Bestandskraft des Bescheids des Per-
sonalamts vom 13. Mai 2011 erstrecke sich auch auf die materielle Entschei-
dung des Personalamts, den Beigeladenen auf den vom Antragsteller ange-
strebten Dienstposten zu versetzen.
Gegen diese ihm am 24. August 2011 eröffnete Entscheidung beantragte der
Antragsteller mit Schreiben vom 20. September 2011 die Entscheidung des
Bundesverwaltungsgerichts. Den Antrag hat der Bundesminister der Verteidi-
gung - PSZ I 7 - mit seiner Stellungnahme vom 4. Oktober 2011 dem Senat zur
Entscheidung vorgelegt (Verfahren BVerwG 1 WB 53.11).
Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 12. Oktober 2011 hat der Antrag-
steller die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Ablehnung seines
Versetzungsantrages vom 1. Februar 2011 und gegen die zugunsten des Bei-
geladenen vom Personalamt getroffene Auswahlentscheidung beantragt. Dazu
hat der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - mit Schriftsatz vom
7. November 2011 Stellung genommen.
Zur Begründung seines Rechtsschutzbegehrens trägt der Antragsteller insbe-
sondere vor:
Die Auswahlentscheidung für den strittigen Dienstposten müsse am Maßstab
des Art. 33 Abs. 2 GG vorgenommen werden, weil der Dienstposten nach Be-
soldungsgruppe A 15 bewertet sei und deshalb für ihn, den Antragsteller, eine
förderliche Verwendung darstelle. Es sei unzulässig, seinen Versetzungsantrag
mit der Begründung abzulehnen, dass er in der maßgeblichen Perspektivkonfe-
renz keine A 15-Perspektive erhalten habe. Darauf komme es bei einer Dienst-
postenbesetzung nicht an. Die Aufgaben auf dem strittigen Dienstposten nehme
er bereits seit November 2009 wahr. Daher verfüge er über einen Erfahrungs-
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vorsprung gegenüber dem Beigeladenen. Seine Versetzung nach … hindere
nicht, ihn für den angestrebten Dienstposten mitzubetrachten. Das „Beset-
zungsrecht der Luftwaffe“ stelle kein relevantes Recht im Rahmen des Art. 33
Abs. 2 GG dar. Bemerkenswert sei, dass der strittige Dienstposten von April
2010 bis Mai 2011 von der Luftwaffe nicht habe besetzt werden können. Im Üb-
rigen ergebe sich aus der Aufgabenbeschreibung für den Dienstposten, dass
dessen Anforderungen nicht teilstreitkraftspezifisch formuliert seien; vielmehr
werde der querschnittlich ausgebildete IT-Stabsoffizier und Datenverarbei-
tungs-Stabsoffizier verlangt. Hinsichtlich des Vergleichs der maßgeblichen Be-
urteilungen sei nicht auf die planmäßigen Beurteilungen aus dem Jahr 2009 ab-
zustellen. Diese Beurteilungen seien nicht vergleichbar, weil der Beigeladene
erst im Beurteilungszeitraum (am 27. März 2008) zum Oberstleutnant ernannt
worden sei. Aus den planmäßigen Beurteilungen der Jahre 2007 und 2005, die
für den Eignungs- und Leistungsvergleich zusätzlich heranzuziehen seien, er-
gebe sich für ihn, den Antragsteller, ein Leistungsvorsprung. In formeller Hin-
sicht weise er darauf hin, dass er mit seiner Beschwerde vom 11. April 2011
auch die für den Beigeladenen getroffene förmliche Versetzungsverfügung an-
gefochten habe. Aus seiner Sicht stelle der Bescheid des Personalamts vom
13. Mai 2011 lediglich eine wiederholende Verfügung im Verhältnis zu dem Be-
scheid vom 14. Februar 2011 dar. Gegen eine wiederholende Verfügung sei ein
neuerlicher Rechtsbehelf nicht statthaft. Deshalb könne man ihm die angebliche
Verfristung der Beschwerde vom 4. Juli 2011 nicht entgegenhalten.
Der Antragsteller beantragt,
den Bundesminister der Verteidigung im Wege der einst-
weiligen Anordnung zu verpflichten, bis zu einer be-
standskräftigen Entscheidung des Senats über den Antrag
auf gerichtliche Entscheidung vom 20. September 2011 im
Verfahren BVerwG 1 WB 53.11 die Versetzung des Beige-
ladenen auf den Dienstposten eines IT-Stabsoffiziers und
Referenten, ODP … (= TE/ZE …), beim … vorläufig rück-
gängig zu machen.
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Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Für den Antrag sei weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch
gegeben. Das Hauptsachebegehren werde bei der gebotenen summarischen
Prüfung voraussichtlich keinen Erfolg haben. Die im Hauptsacheverfahren an-
gefochtenen Entscheidungen des Personalamts seien bestandskräftig gewor-
den, weil der Antragsteller dagegen nicht rechtzeitig Beschwerde eingelegt ha-
be. Im Übrigen sei die Nichtauswahl des Antragstellers auch in der Sache nicht
zu beanstanden, weil der strittige Dienstposten der Teilstreitkraft Luftwaffe zu-
geordnet sei. Diese Zuordnung sei in der Aufgabenbeschreibung und in den
maßgeblichen Organisationsunterlagen mit Wirkung vom 1. April 2010 festge-
legt. Der Versetzungsantrag des Antragstellers als eines Angehörigen des Uni-
formträgerbereiches Heer habe deshalb bereits aus diesem Grund - wie im Be-
scheid des Personalamts vom 13. Mai 2011 geschehen - abgelehnt werden
müssen. Ein Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG sei darin nicht zu sehen. Solan-
ge die Bundeswehr in Teilstreitkräfte und Organisationsbereiche gegliedert sei
und die Zugehörigkeit zu einem Uniformträgerbereich eine nicht nur unwesentli-
che Bedeutung für die Ausbildung, den Werdegang und die Prägung der Sol-
daten habe, sei die Beschränkung einer Personalauswahl auf den jeweiligen
Uniformträgerbereich durch sachliche Gesichtspunkte gerechtfertigt. Darüber
hinaus sei die Auswahl des Beigeladenen auch deshalb rechtskonform, weil
dieser leistungsstärker als der Antragsteller sei.
Der Beigeladene, der der Teilstreitkraft Luftwaffe angehört, hatte im Verfahren
Gelegenheit zur Äußerung. Er hat keinen Antrag gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Ak-
ten Bezug genommen. Die Beschwerdeakten des Bundesministers der Vertei-
digung - PSZ I 7 - … und … -, die Personalgrundakten des Beigeladenen und
des Antragstellers sowie die Gerichtsakten BVerwG 1 WB 31.11 und BVerwG
1 WB 53.11 haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
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II
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat keinen Erfolg.
1. Zwar ist der Antrag gemäß § 23a Abs. 2 WBO in Verbindung mit § 123
Abs. 1 Satz 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig.
Er korrespondiert sachgerecht mit dem Rechtsschutzziel des Antragstellers im
Hauptsacheverfahren BVerwG 1 WB 53.11. Darin hat der Antragsteller neben
der Aufhebung der den Beigeladenen betreffenden Versetzungsverfügung des
Personalamts vom 1. Februar 2011 und des Ablehnungsbescheids des Perso-
nalamts vom 13. Mai 2011 sowie des Beschwerdebescheids des Bundesminis-
ters der Verteidigung - PSZ I 7 - vom 16. August 2011 die Verpflichtung des
Bundesministers der Verteidigung beantragt, über die Besetzung des nach Be-
soldungsgruppe A 15 bewerteten Dienstpostens eines IT-Stabsoffiziers und
Referenten, ODP … (= TE/ZE …), beim … bzw. über seinen, des Antragstellers
Antrag auf Versetzung auf diesen Dienstposten unter Beachtung der Rechtsauf-
fassung des Gerichts neu zu entscheiden. Mit der Antragsformulierung im vor-
liegenden Verfahren ist zugleich dem Erfordernis Rechnung getragen, dass
nach ständiger Rechtsprechung des Senats ein Antrag auf Erlass einer einst-
weiligen Anordnung in der Regel nicht zu einer Vorwegnahme der Hauptsache
führen darf (vgl. zuletzt Beschluss vom 19. Dezember 2011 - BVerwG 1 WDS-
VR 5.11 - Rn. 23 m.w.N.).
a) Für den Antrag ist das Bundesverwaltungsgericht als Gericht der am 7. Ok-
tober 2011 rechtshängig gewordenen Hauptsache sachlich zuständig (§ 123
Abs. 2 Satz 1 VwGO).
b) Der Rechtsstreit hat sich durch die Besetzung des strittigen Dienstpostens
mit dem Beigeladenen nicht in der Hauptsache erledigt. Nach ständiger Recht-
sprechung des Senats verfestigt sich eine einmal getroffene militärische Ver-
wendungsentscheidung nicht dahin, dass der durch sie begünstigte Soldat eine
rechtlich gesicherte Position erwirbt, auf dem ihm zugewiesenen Dienstposten
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verbleiben zu können; er müsste es vielmehr hinnehmen, von seinem Dienst-
posten wegversetzt zu werden, wenn der Antragsteller bei der Stellenbesetzung
ihm gegenüber rechtswidrig übergangen worden ist (vgl. z.B. Beschlüsse vom
21. Oktober 2010 - BVerwG 1 WB 18.10 - Rn. 20
in BVerwGE 138, 70 und in Buchholz 449 § 3 SG Nr. 59> und vom 19. Dezem-
ber 2011 - BVerwG 1 WDS-VR 5.11 - Rn. 27).
2. Der Antrag ist jedoch unbegründet.
Dabei kann offenbleiben, ob dem Antragsteller gemäß § 23a Abs. 2 WBO in
Verbindung mit § 123 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 VwGO und § 920 Abs. 2 ZPO ein
Anordnungsgrund zur Seite steht. Dies hat der Bundesminister der Verteidigung
- PSZ I 7 - in seinem Schriftsatz vom 7. November 2011 bezweifelt.
Der Antragsteller hat jedenfalls keinen Anordnungsanspruch.
Ihm kann allerdings nicht - wie im Beschwerdebescheid geschehen - entgegen-
gehalten werden, dass der Ablehnungsbescheid des Personalamts vom 13. Mai
2011 bestandskräftig geworden sei (dazu a). Bei summarischer Prüfung ist aber
die Entscheidung des Personalamts, den Antragsteller nicht für den strittigen
Dienstposten auszuwählen, rechtlich nicht zu beanstanden. Der Antragsteller
hat keinen Anspruch auf Einbeziehung in das Auswahlverfahren (dazu b). Der
Ablehnungsbescheid des Personalamts vom 13. Mai 2011 ist rechtmäßig und
verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten (dazu c).
a) Zu Unrecht meint der Bundesminister der Verteidigung, die gegen den Be-
scheid des Personalamts vom 13. Mai 2011 gerichtete Beschwerde des An-
tragstellers vom 4. Juli 2011 sei verspätet. Auf die Frage der rechtzeitigen Ein-
legung dieses Rechtsbehelfs kommt es nicht an, weil die Beschwerde des An-
tragstellers vom 10. März 2011 nicht nur auf den aufgehobenen ersten Ableh-
nungsbescheid des Personalamts vom 14. Februar 2011 zu beziehen war, son-
dern - wegen fehlender Abhilfe - auch auf den zweiten Ablehnungsbescheid
vom 13. Mai 2011.
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Der Senat hat im Beschluss vom 20. September 2011 - BVerwG 1 WB 48.10 -
(Rn. 23 - 25) im Einzelnen ausgeführt, dass sich die Beschwerde nach § 1
Abs. 1 WBO inhaltlich auf den materiellen Streitgegenstand bezieht, hinsichtlich
dessen sie Rechtswidrigkeit und/oder Unzweckmäßigkeit geltend macht. Auf
den materiellen Streitgegenstand als Beschwerdegegenstand stellt auch § 9
Abs. 1 Satz 1 WBO bei der Bestimmung der Zuständigkeit für die Beschwerde-
entscheidung ab. Materieller Streitgegenstand und damit Gegenstand der Be-
schwerde des Antragstellers vom 10. März 2011 war damit nicht lediglich formal
die Aufhebung eines Ablehnungsbescheids des Personalamts, sondern - als
Verpflichtungsbegehren - die vom Antragsteller angestrebte Versetzung auf den
strittigen Dienstposten. Die Beschwerde vom 10. März 2011 war durch den
Aufhebungsbescheid des Personalamts vom 2. Mai 2011 nicht erledigt. Darin
hat das Personalamt - ungeachtet der Frage seiner diesbezüglichen Zuständig-
keit - hinsichtlich des Verpflichtungsbegehrens des Antragstellers keine Abhilfe
verfügt, sondern lediglich eine neue Sachentscheidung angekündigt. Diese
neue Sachentscheidung - und nicht nur eine wiederholende Verfügung im Ver-
hältnis zu dem aufgehobenen Bescheid vom 14. Februar 2011 - enthielt dann
der angefochtene Bescheid des Personalamts vom 13. Mai 2011, mit dem das
Verpflichtungsbegehren des Antragstellers erneut abgelehnt wurde. Die Be-
schwerde des Antragstellers vom 10. März 2011 war daher mit diesem Be-
scheid noch nicht nach Maßgabe der Vorschriften in § 9 Abs. 1, § 12 und § 13
WBO beschieden; sie wirkte deshalb auch gegen die zweite Ablehnungsent-
scheidung.
Es kann offen bleiben, ob der Antragsteller die mit der Versetzungsverfügung
des Personalamts vom 1. Februar 2011 umgesetzte Auswahlentscheidung zu-
gunsten des Beigeladenen rechtzeitig angefochten hat. Mit seiner Beschwerde
vom 11. April 2011 hat sich der Antragsteller ausdrücklich auf seinen Verset-
zungsantrag (vom 1. Februar 2011) und vor allem auf seine Beschwerde vom
10. März 2011 gegen den ersten Ablehnungsbescheid des Personalamts bezo-
gen. Schon in diesem Rechtsbehelf hatte er einen Anspruch auf Einbeziehung
in die Auswahlentscheidung unter dem Aspekt des Art. 33 Abs. 2 GG geltend
gemacht. Allerdings ist die Beschwerde vom 11. April 2011 an das insoweit
nicht empfangsberechtigte Personalamt gerichtet und nach dem Inhalt der vor-
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gelegten Akten bei dem für die Beschwerdeentscheidung zuständigen Bun-
desminister der Verteidigung möglicherweise erst am 28. Juli 2011 eingegan-
gen.
b) Jedenfalls steht dem Antragsteller ein Anspruch auf Einbeziehung in das
Auswahlverfahren für den strittigen Dienstposten nicht zu.
Ein Soldat hat grundsätzlich keinen Anspruch auf eine bestimmte fachliche oder
örtliche Verwendung oder auf Verwendung auf einem bestimmten Dienstpos-
ten. Über die Verwendung entscheidet der zuständige Vorgesetzte vielmehr,
sofern hierfür ein dienstliches Bedürfnis besteht, nach seinem pflichtgemäßen
Ermessen. Dabei ist zu beachten, dass Art. 33 Abs. 2 GG jedem Deutschen ein
grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach
Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung gewährt. Der sich hieraus erge-
bende Leistungsgrundsatz oder Grundsatz der Bestenauslese gilt nicht nur bei
der Einstellung in den öffentlichen Dienst, sondern auch bei Beförderungsent-
scheidungen; mit ihm korrespondiert ein Anspruch des Einstellungs- oder Be-
förderungsbewerbers auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreier Entscheidung
über seine Bewerbung (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 9. Juli 2007
- 2 BvR 206/07 - NVwZ 2007, 1178; Beschlüsse vom 25. März 2010 - BVerwG
1 WB 37.09 - Rn. 21 = BVerwGE 136, 204 = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 56 und
vom 21. Oktober 2010 a.a.O. Rn. 25). Nach der Regelung des § 3 Abs. 1 SG
gilt Entsprechendes auch für Verwendungsentscheidungen im militärischen Be-
reich (stRspr vgl. z.B. Beschluss vom 21. Oktober 2010 a.a.O. Rn. 25).
Der Anspruch eines Bewerbers auf fehlerfreie Entscheidung über seinen Be-
werbungsantrag hängt davon ab, dass ein freier und besetzbarer Dienstposten
bereitsteht und dass der Dienstherr diesen Dienstposten besetzen will. Dabei
liegt es im Organisationsermessen des Dienstherrn, nach welchen Kriterien er
diesen zu besetzenden Dienstposten beschreibt. Insbesondere die Bestimmung
der Art des Dienstpostens unterliegt ebenso wie die Bewirtschaftung der ihm
hinterlegten Planstelle der organisatorischen Gestaltungsfreiheit des Dienst-
herrn. Art. 33 Abs. 2 GG wird nicht verletzt, wenn für die Besetzung des Dienst-
postens bestimmte dienstrechtliche und/oder haushaltsrechtliche Vorausset-
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zungen aufgestellt sind (ebenso für das Beamtenrecht: Urteile vom 26. Oktober
2000 - BVerwG 2 C 31.99 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 4 GG Nr. 4 = juris Rn. 12
und vom 25. Februar 2010 - BVerwG 2 C 22.09 - BVerwGE 136, 140 = Buch-
holz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 45 = juris Rn. 17).
Die Organisationsfreiheit des Dienstherrn erstreckt sich in diesem Zusammen-
hang nicht nur auf inhaltliche Anforderungen an die Dienstpostenbesetzung,
sondern auch und gegebenenfalls zuvor auf strukturbezogene Voraussetzun-
gen. Zum Organisationsermessen des Bundesministers der Verteidigung bei
der Festlegung der Voraussetzungen für einen zu besetzenden Dienstposten
gehört deshalb nach ständiger Rechtsprechung des Senats auch die Festle-
gung, wie er nicht teilstreitkraftspezifische Dienstposten den einzelnen Teil-
streitkräften zur Besetzung zuweist. Diese Entscheidung stellt zugleich eine
Maßnahme des Bundesministers der Verteidigung zur Gestaltung der Streitkräf-
te dar, die nicht der gerichtlichen Kontrolle auf ihre Zweckmäßigkeit unterliegt.
Das folgt aus dem im Rechtsstaatsprinzip wurzelnden Grundsatz der Gewalten-
teilung (stRspr, Beschlüsse vom 25. Januar 1995 - BVerwG 1 WB 80.94 - Buch-
holz 236.1 § 10 Nr. 4, vom 9. April 1997 - BVerwG 1 WB 100.96 - und vom
27. Januar 1998 - BVerwG 1 WB 32.97 -).
Von diesem gerichtlich nicht überprüfbaren Organisationsermessen sind da-
nach auch spezielle strukturelle Regelungen über das Besetzungsrecht der
Teilstreitkräfte für die Dienstposten erfasst, die im Zuständigkeitsbereich der
Streitkräftebasis angesiedelt sind, wie hier für die Dienstposten im Militärischen
Anteil in zivilen Dienststellen der Bundeswehr. Innerhalb der Streitkräftebasis,
die keine Teilstreitkraft, sondern einen Organisationsbereich ohne eigenständi-
gen Uniformträgerbereich darstellt, sind die Dienstposten den einzelnen Teil-
streitkräften zugeordnet. Das Organisationsermessen des Bundesministers der
Verteidigung erstreckt sich in diesem Organisationsbereich auf die Zuordnung
der militärischen Dienstposten zu den einzelnen Teilstreitkräften bzw. zu den
entsprechenden Uniformträgerbereichen.
Der strittige Dienstposten ist sowohl nach der Aufgabenbeschreibung (Bearbei-
tungsstand: 27. Juli 2010) als auch nach der seit dem 1. April 2010 maßgebli-
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chen Organisationsunterlage des Militärischen Anteils im … der Luftwaffe zu-
geordnet. Das bestreitet auch der Antragsteller nicht. Deshalb hatte er als An-
gehöriger der Teilstreitkraft Heer bzw. als Heeresuniformträger keinen An-
spruch auf Einbeziehung in das Auswahlverfahren für den strittigen Dienstpos-
ten; seine Nichtauswahl durch das Personalamt ist rechtlich nicht zu beanstan-
den. Auf einen Eignungs- und Leistungsvergleich mit dem Beigeladenen kam
es danach nicht an.
c) Der Bescheid des Personalamts vom 13. Mai 2011 erweist sich ebenfalls als
rechtmäßig.
Das Personalamt konnte darin ohne Rechtsfehler den Versetzungsantrag des
Antragstellers vom 1. Februar 2011 mit der tragenden Begründung ablehnen,
dass das Besetzungsrecht für den angestrebten Dienstposten der Teilstreitkraft
Luftwaffe zugewiesen sei. Einer weitergehenden Dokumentation der Ableh-
nungsentscheidung bedurfte es entgegen der Auffassung des Antragstellers
nicht. Die Dokumentation wesentlicher Auswahlerwägungen ist nach Maßgabe
der Rechtsprechung des Senats (stRspr, vgl. z.B. Beschluss vom 27. Januar
2010 - BVerwG 1 WB 52.08 - Buchholz 449 § 3 SG Nr. 54) nur zu leisten, wenn
eine an den Maßstäben des Art. 33 Abs. 2 GG und des § 3 Abs. 1 SG zu orien-
tierende Auswahlentscheidung zu treffen ist. Diese Voraussetzung bestand im
Fall des Antragstellers nicht.
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