Urteil des BVerwG vom 21.09.2005

Weiterbildung, Materielle Rechtskraft, Zahnarzt, Zahnmedizin

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
Beschluss
BVerwG 1 WDS-VR 4.05
In dem Wehrbeschwerdeverfahren
,
…, …,
- Bevollmächtigter:
Rechtsanwalt …,
…, … -
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz als Vorsitzende,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Widmaier und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Deiseroth
am 21. September 2005
b e s c h l o s s e n :
Der Antrag wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e :
I
Der 1968 geborene Antragsteller ist Soldat auf Zeit (SaZ) mit einer festgesetzten
Dienstzeit von 15 Jahren und sieben Monaten, die mit Ablauf des 31. Dezember
2005 enden wird. Vom 1. Juli 1987 bis zum 30. Juni 1989 leistete er Wehrdienst
als Reserveoffizieranwärter im Status eines SaZ. Am 1. November 1989 nahm er
an der Universität R. das Studium der Zahnmedizin auf und legte am 14. April
1992 die zahnärztliche Vorprüfung erfolgreich ab.
Aufgrund seiner Verpflichtungserklärung vom 8. April 1992 wurde der Antragsteller
zum 1. Juni 1992 mit dem Dienstgrad Leutnant als Anwärter für die Laufbahn der
Offiziere des Sanitätsdienstes eingestellt. Vom 1. Oktober 1992 bis 31. März 1995
wurde er im Wege der Beurlaubung kommandiert, um auf Kosten des Bundes das
Studium der Zahnmedizin abzuschließen. Am 8. Dezember 1994 erhielt er die
Approbation als Zahnarzt. Am 30. August 1996 folgte die zahnärztliche Promotion.
Seit dem 19. Dezember 1994 ist der Antragsteller Sanitätsstabsoffizier (SanS-
tOffz) Zahnarzt und wird seit dem 1. Juli 2001 als Leiter der Zahnarztgruppe W. im
Sanitätszentrum K. (bis zum 31. März 2005 Standortsanitätszentrum N.) verwen-
det. Zum Oberstabsarzt wurde er am 1. Juli 1997 ernannt.
Das Dienstzeitende des Antragstellers war zunächst auf den 31. Mai 2008 festge-
setzt worden. In einem Klageverfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht
R. (Az.: …) betreffend die Ablehnung eines Antrags auf Dienstzeitverkürzung nach
§ 40 Abs. 7 SG schlossen der Antragsteller als Kläger und die Bundesrepublik
Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium der Verteidigung, als
Beklagte am 28. April 2004 einen Vergleich. Darin verpflichtete sich die Bundes-
republik Deutschland, die Dienstzeit des Antragstellers mit dem Dienstzeitende
31. Dezember 2005 neu festzusetzen. Der Antragsteller verzichtete im Gegenzug
auf weitere Anträge betreffend eine Dienstzeitverkürzung.
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Mit Schreiben vom 23. August 2004 beantragte der Antragsteller beim Personal-
amt der Bundeswehr (PersABw) eine „Ausbildung zur Erlangung der vollen kas-
senzahnärztlichen Vorbereitungszeit während meiner Dienstzeit als SaZ mit dem
Ziel der Niederlassungsmöglichkeit als Kassenzahnarzt nach Beendigung meiner
Dienstzeit“. Es bestehe die Möglichkeit einer sechsmonatigen Freistellung vom
militärischen Dienst als SanStOffz Zahnarzt unter Belassung der Geld- und Sach-
bezüge, während der die Ausbildung in Form einer nichtselbstständigen Tätigkeit
in einer zivilen Praxis erfolgen könne. Das PersABw legte dieses Schreiben als
Antrag auf Sonderurlaub unter Belassung der Geld- und Sachbezüge aus und
lehnte den Antrag mit Bescheid vom 8. November 2004 ab.
Auf die Beschwerde des Antragstellers vom 19. November 2004 hob das PersABw
mit Schreiben vom 8. Februar 2005 den angefochtenen Bescheid auf und legte
den Antrag vom 23. August 2004 zuständigkeitshalber zur erneuten Entscheidung
dem Bundesminister der Verteidigung (BMVg) vor.
In Erwiderung eines Aufklärungsschreibens des zuständigen Referenten im BMVg
- PSZ I 7 - vom 9. Februar 2005 erklärte der Antragsteller mit Schreiben seines
Bevollmächtigten vom 24. Februar 2005, dass er eine Freistellung vom militäri-
schen Dienst vom 1. Juni 2005 bis 30. November 2005 unter Belassung der Geld-
und Sachbezüge zur Erlangung der vollen kassenzahnärztlichen Vorbereitungszeit
während seiner Dienstzeit beantrage. Darüber hinaus sei sein Antrag auch darauf
gerichtet, zur „Dienstleistung zivile Weiterbildung Zahnmedizin“ abkommandiert zu
werden.
Den auf die Gewährung von Sonderurlaub unter Belassung der Geld- und Sach-
bezüge gerichteten Antrag lehnte der BMVg - PSZ I 7 - mit Bescheid vom 27. April
2005 ab und wies den Antragsteller darauf hin, dass hinsichtlich seines Antrags
auf Kommandierung zur Dienstleistung in einer zivilen Weiterbildung Zahnmedizin
ein gesonderter Bescheid des PersABw als der personalbearbeitenden Stelle für
Sanitätsoffiziere ergehen werde. Der gegen den Bescheid vom 27. April 2005 ge-
richtete Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist Gegenstand des Verfahrens
BVerwG 1 WB 32.05.
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Den Antrag auf Kommandierung des Antragstellers zur Dienstleistung zivile Wei-
terbildung Zahnmedizin lehnte das PersABw mit Bescheid vom 24. Mai 2005 ab.
Zur Begründung führte es aus, dass nach den „Richtlinien für die Einstellung, Aus-
und Weiterbildung der Sanitätsoffizier-Anwärter und Sanitätsoffiziere“ im Erlass
des BMVg - InSan II 3 - Az 16-05-13 - vom 3. März 1997 die Sicherstellung der
allgemein-zahnärztlichen Versorgung der Soldaten der Bundeswehr grundsätzlich
keine über die Approbation als Zahnarzt hinausgehende Aus- und Weiterbildung
erfordere. Im Fall des Antragstellers sei kein dienstliches Interesse an einer Kom-
mandierung zur zivilen Weiterbildung mit dem Ziel der Erlangung der Kassenzu-
lassung für Zahnärzte festzustellen. Lediglich für Sanitätsoffiziere (SanOffz) Arzt
könne eine zeitweise Kommandierung zu zivilen Einrichtungen zur Erlangung be-
stimmter Weiterbildungsabschnitte im Rahmen der geforderten Fachausbildung
erfolgen. Denn nach dem zitierten Erlass vom 3. März 1997 seien diese SanOffz
Arzt aus Gründen der Sicherstellung einer dem fachlichen Standard des zivilen
Bereichs vergleichbaren medizinischen Versorgung grundsätzlich - entsprechend
der im Gesundheitsstrukturgesetz für die Niederlassung als Vertragsarzt der Kas-
senärztlichen Vereinigungen geforderten Qualifikation - zum Arzt für Allgemein-
medizin weiterzubilden.
Gegen diesen Bescheid legte der Bevollmächtigte des Antragstellers mit Schrei-
ben vom 13. Juni 2005 Beschwerde ein. Zur Begründung führte er aus, dass die
Tätigkeit eines SanOffz Zahnarzt eine über die Approbation hinausgehende Aus-
und Weiterbildung erfordere. SanOffz Zahnarzt müssten auch für die zahnärztliche
Versorgung der Bundeswehr mit den Kassenrichtlinien vertraut sein, denn bei der
Bundeswehr werde nach diesen Richtlinien behandelt und abgerechnet. Die
Anfertigung von Stellungnahmen zu den von zivilen Zahnärzten für die Behand-
lung von Soldaten angefertigten Heil- und Kostenplänen stelle eine der zentralen
Aufgaben des SanOffz Zahnarzt dar und erfordere daher die Kenntnis der derzeit
geltenden kassenzahnärztlichen Richtlinien. Darüber hinaus sei jeder SanOffz
Zahnarzt für die Ausbildung der Lehrlinge zur zahnmedizinischen Assistentin ver-
antwortlich; auch dies setze die Kenntnis der Kassenrichtlinien voraus. Dies alles
werde den SanOffz Arzt in der Vorbereitungszeit unter Anerkennung eines dienst-
lichen Interesses im Rahmen einer Abkommandierung ermöglicht. In der unter-
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schiedlichen Behandlung der SanOffz Arzt und der SanOffz Zahnarzt liege ein
Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
Den Antrag des Antragstellers, den Bundesminister der Verteidigung (BMVg) im
Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihn für die Zeit vom 1. Juli bis
zum 31. Dezember 2005 unter Belassung der Geld- und Sachbezüge vom militä-
rischen Dienst freizustellen, hat der Senat mit Beschluss vom 30. Juni 2005
- BVerwG 1 WDS-VR 2.05 - zurückgewiesen.
Mit Schreiben vom 30. August 2005 stellte der Antragsteller beim Bayerischen
Verwaltungsgericht R. einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, das
PersABw zu verpflichten, ihn, den Antragsteller, unmittelbar, spätestens ab dem
6. September 2005, zur zivilen Weiterbildung Zahnmedizin abzukommandieren
und unter Beibehaltung der Geld- und Sachbezüge vom militärischen Dienst frei-
zustellen.
Mit Beschluss vom 7. September 2005 - … - erklärte das Bayerische Verwal-
tungsgericht R. den Verwaltungsrechtsweg für unzulässig und verwies den
Rechtsstreit an das Bundesverwaltungsgericht - 1. Wehrdienstsenat -.
Zur Begründung seines Antrages auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes trägt
der Antragsteller insbesondere vor:
Eine Ablehnung seines Freistellungsantrages würde ihn in seinen Grundrechten
nach Art. 3 Abs. 1 GG, der sowohl im arbeits- als auch im verwaltungsrechtlichen
Bereich unmittelbare Geltung habe, verletzen. Aus dem „SanOA-Brief“ vom 8. Juni
1993 sowie aus dem Erlass des BMVg vom 3. März 1997 folge, dass sämtlichen
Humanmedizinern die Möglichkeit eingeräumt werde, durch eine sechsmonatige
Abkommandierung zur zivilen Weiterbildung Humanmedizin die allgemeine
Kassenzulassung während der Dienstzeit unter Belassung der Geld- und
Sachbezüge zu erlangen. Dies ergebe sich auch aus einer - als Beispiel bei-
gefügten - Abkommandierungsverfügung des PersABw zur zivilen Weiterbildung
Humanmedizin zugunsten eines anderen Soldaten. Die Unterscheidung gegen-
über den SanOffz Zahnarzt werde jedoch durch keinen sachlichen Grund gerecht-
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fertigt. Auch ihm, dem Antragsteller, müsse deshalb als Zahnmediziner diese
Möglichkeit eingeräumt werden. Bei Ablehnung der Freistellung wäre auch die
Fürsorgepflicht des Dienstherrn verletzt. Da seine Dienstzeit zum 31. Dezember
2005 ende, sei effektiver Rechtsschutz ohne eine einstweilige Anordnung nach
§ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO nicht möglich. Eine Vorwegnahme der Hauptsache sei
nicht gegeben, weil er bei einem Unterliegen in der Hauptsache seine Dienstzeit
nachdienen könne. Da seitens des BMVg keine Entscheidung über seine mit
Schreiben vom 13. Juni 2005 eingelegte Beschwerde getroffen worden sei, sei
aufgrund der zeitlichen Brisanz der gegenständliche Antrag nötig geworden.
Diesen Antrag hat der BMVg - PSZ I 7 - auch als Antrag auf gerichtliche Entschei-
dung gegen den Bescheid des PersABw vom 24. Mai 2005 gewertet und dazu
unter dem 13. September 2005 Stellung genommen. Dieses Hauptsacheverfahren
ist beim Senat unter dem Aktenzeichen BVerwG 1 WB 43.05 anhängig.
Im vorliegenden Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat der
BMVg - PSZ I 7 - ebenfalls mit Schreiben vom 13. September 2005 Stellung ge-
nommen.
Der Antragsteller beantragt,
das PersABw im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123
Abs. 1 Satz 2 VwGO zu verpflichten, ihn, den Antragsteller, unmittelbar,
spätestens ab dem 6. September 2005, zur zivilen Weiterbildung
Zahnmedizin abzukommandieren und unter Beibehaltung der Geld- und
Sachbezüge vom militärischen Dienst freizustellen.
Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 6. September 2005 an das Bayerische
Verwaltungsgericht R. hat der Antragsteller erklärt, dass er aufgrund des
Zeitablaufes bezüglich des im Antrag vom 30. August 2005 genannten Datums
(6.9.2005) den Antrag nicht aufrechterhalte.
Der BMVg beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
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Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei unzulässig. Das Ver-
pflichtungsbegehren des Antragstellers sei auf ein unmögliches Ziel gerichtet.
Nach Abschnitt II Ziff. 2 (5) des Erlasses vom 3. März 1997 erfordere die allge-
mein-zahnärztliche Versorgung der Soldatinnen/Soldaten in der Bundeswehr von
den SanOffz Zahnarzt grundsätzlich keine über die Approbation als Zahnarzt hi-
nausgehende Aus- und Weiterbildung. Die vom Antragsteller erstrebte zivile Wei-
terbildung zur Erlangung der kassenzahnärztlichen Zulassung sei im Ausbildungs-
und Verwendungsgang der SanOffz Zahnarzt nicht vorgesehen. Von daher könne
das Begehren des Antragstellers, ihn als SanStOffz Zahnarzt zwecks Erlangung
seiner kassenzahnärztlichen Zulassung zu einer zivilen Weiterbildung komman-
diert zu werden, nicht realisiert werden. Für den Eilantrag fehle deshalb bereits
das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei auch unbegründet. Denn
der Antragsteller habe einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Die
mit Bescheid des PersABw vom 24. Mai 2005 getroffene ablehnende Entschei-
dung sei wegen Nichteinhaltung der Beschwerdefrist bestandskräftig und damit
unanfechtbar geworden. Der Bevollmächtigte des Antragstellers habe den Rechts-
behelf vom 13. Juni 2005 nicht innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 6 Abs. 1
WBO eingelegt. Der Bevollmächtigte habe in seinem Beschwerdeschreiben darauf
hingewiesen, dass ihm der Bescheid des PersABw vom 24. Mai 2005 zur Be-
arbeitung vorliege. Insoweit habe er am 13. Juni 2005 Kenntnis von dem Be-
schwerdeanlass gehabt. Die zweiwöchige Beschwerdefrist sei damit am 27. Juni
2005 um 24.00 Uhr abgelaufen. Tatsächlich sei der Beschwerdeschriftsatz vom
13. Juni 2005 jedoch erst am 7. Juli 2005 beim BMVg als der für die Entscheidung
über den Rechtsbehelf nach § 5 Abs. 1 Satz 2 WBO zuständigen Stelle einge-
gangen. Unerheblich sei insoweit, dass der Bescheid des PersABw dem Bevoll-
mächtigten nicht mit Zustellungsurkunde zugesandt worden sei. Dieser Zustel-
lungsmangel in Form des fehlenden Nachweises der Zustellung sei jedoch nach
§ 9 VwZG heilbar und für den Beginn der zweiwöchigen Beschwerdefrist unbe-
achtlich, wenn - wie hier - festgestellt werden könne, dass und wann der Emp-
fangsberechtigte den Bescheid nachweislich erhalten habe. Hiervon abgesehen
sei die vom Antragsteller gerügte Ungleichbehandlung tatsächlich nicht gegeben.
Die Ausbildungs- und Verwendungsgänge der SanOffz Arzt und SanOffz Zahnarzt
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seien völlig unterschiedlich gestaltet. Dies folge aus den Übersichten der Ausbil-
dungsgänge Arzt und Zahnarzt in den Anlagen Nr. 1 und Nr. 2 zum Erlass des
BMVg vom 3. März 1997.
Wegen des Vorbringens im Einzelnen wird auf den Inhalt der zwischen den Betei-
ligten gewechselten Schriftsätze und der Akten Bezug genommen. Die Beschwer-
deakte des BMVg - PSZ I 7 - 699/05 und 700/05 -, die Gerichtsakten BVerwG
1 WB 32.05, 1 WB 43.05 und BVerwG 1 WDS-VR 2.05 sowie die Personalgrund-
akte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
II
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bleibt ohne Erfolg.
Der Zulässigkeit dieses Antrages steht entgegen, dass der vorliegende Streit-
gegenstand mit dem Streitgegenstand des rechtskräftig abgeschlossenen Verfah-
rens BVerwG 1 WDS-VR 2.05 inhaltlich übereinstimmt.
In jenem vorangegangenen Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes
hat der Senat mit Beschluss vom 30. Juni 2005 den Antrag des Antragstellers zu-
rückgewiesen, „den BMVg im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten,
ihn für die Zeit vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2005 unter Belassung der Geld-
und Sachbezüge vom militärischen Dienst freizustellen“. Insoweit hatte der An-
tragsteller mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 29. Juni 2005 im Verfahren
BVerwG 1 WDS-VR 2.05 betont, dass er „eine allgemeine sechsmonatige Frei-
stellung zur Erlangung der kassenzahnärztlichen Zulassung“ begehre, „unabhän-
gig von deren exakter technischer Umsetzung (Freistellung vom militärischen
Dienst unter Belassung der Geld- und Sachbezüge/Sonderurlaub/Abkomman-
dierung/zivile Weiterbildung Zahnmedizin)“. Dementsprechend ist der Senat in den
Gründen des Beschlusses vom 30. Juni 2005 nicht nur auf die Rechtsfragen des
Sonderurlaubs nach § 28 Abs. 3, Abs. 4 SG und einer Freistellung im Sinne der
Nr. 1 Abs. 2 5. Strichaufzählung ZDv 14/5 F 511 eingegangen; zusätzlich wird auf
S. 12 des Senatsbeschlusses festgestellt, dass dem Antrag auch der Erfolg
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versagt bleibe, soweit der Antrag ergänzend auf eine Verpflichtung des BMVg zu
beziehen sei, den Antragsteller zum 1. Juli 2005 für sechs Monate zur Dienstleis-
tung zur „zivilen Weiterbildung Zahnmedizin“ zu kommandieren.
Beschlüsse im Verfahren nach § 123 VwGO erwachsen analog § 121 VwGO
- unter Beachtung der Besonderheiten des vorläufigen Rechtsschutzes - einge-
schränkt in formelle und materielle Rechtskraft (Eyermann, VwGO, 11. Aufl.,
§ 123, RNr. 75; Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., § 123, RNr. 41, jeweils m.w.N.).
Dies hat zur Folge, dass die materielle Rechtskraft eines den Antrag auf Erlass
einer einstweiligen Anordnung ablehnenden Beschlusses der Zulässigkeit eines
neuerlichen Antrages auf vorläufigen Rechtsschutz mit gleichem Inhalt entgegen-
steht, soweit sich nicht die - tatsächlichen oder rechtlichen - Umstände geändert
haben; insoweit bildet § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO einen auch im Verfahren nach
§ 123 VwGO anzuwendenden Maßstab für die Reichweite der Rechtskraft
(Eyermann, VwGO, 11. Aufl., a.a.O.).
Der Antragsteller hat keine Umstände tatsächlicher oder rechtlicher Natur darge-
legt, die als Änderung gegenüber den Verhältnissen zu werten wären, die dem
Senatsbeschluss vom 30. Juni 2005 im Verfahren BVerwG 1 WDS-VR 2.05 zu-
grunde gelegen haben.
Im Übrigen bleibt dem vorliegenden Antrag - unabhängig davon - auch aus fol-
gendem Grund der Erfolg versagt:
Der Antragsteller begehrt mit seinem Antrag auf Abkommandierung zur zivilen
Weiterbildung Zahnmedizin im Wege der einstweiligen Anordnung keine vorläufige
Maßnahme, sondern die Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache, die
Gegenstand des Verfahrens BVerwG 1 WB 43.05 ist. Ein derartiges Rechts-
schutzziel widerspricht grundsätzlich der Funktion des vorläufigen Rechtsschutzes
(Beschlüsse vom 16. August 2004 - BVerwG 1 WDS-VR 4.04 - und vom 30. Juni
2005 - BVerwG 1 WDS-VR 2.05 - jeweils m.w.N.) und kommt nur ausnahmsweise
zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) in Betracht,
nämlich dann, wenn das Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache für den
Antragsteller schlechthin unzumutbar wäre.
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Dies setzt nach gefestigter Rechtsprechung des Senats unter dem Gesichtspunkt
der Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs voraus, dass das Rechts-
schutzbegehren in der Hauptsache schon aufgrund der im Verfahren des vorläufi-
gen Rechtsschutzes lediglich anzustellenden summarischen Prüfung bei Anlegung
eines strengen Maßstabes an die Erfolgsaussichten erkennbar Erfolg haben wird.
Für das zweite Begründetheitselement einer einstweiligen Anordnung, den
Anordnungsgrund (§ 123 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2
ZPO in analoger Anwendung), bedeutet dies, dass der Antragsteller glaubhaft
machen muss, dass ihm ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwe-
re und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstehen, zu deren
nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der
Lage wäre (Beschlüsse vom 16. August 2004 - BVerwG 1 WDS-VR 4.04 - und
vom 30. Juni 2005 - BVerwG 1 WDS-VR 2.05 - jeweils m.w.N.).
Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt.
Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, dass der Bescheid des PersABw
vom 24. Mai 2005 rechtzeitig von ihm mit der Beschwerde angefochten worden ist,
sodass im Hauptsacheverfahren noch eine Entscheidung in der Sache möglich
wäre.
Nach dem vom Antragsteller unbestrittenen Vorbringen des BMVg - PSZ I 7 - ist
die Beschwerde vom 13. Juni 2005, in der der Bevollmächtigte des Antragstellers
ausdrücklich auf den ihm vorliegenden Bescheid vom 24. Mai 2005 Bezug ge-
nommen hat, erst am 7. Juli 2005 beim BMVg als der für die Beschwerdeent-
scheidung zuständigen Stelle eingegangen. Bestätigt wird dieser Vortrag durch
das Exemplar der Beschwerdeschrift vom 13. Juni 2005, welches der BMVg zur
Senatsakte gereicht hat. Dieses Schreiben trägt den Telefax-Sendeaufdruck
06/07/2005 11.22 mit der Fax-Nummer und dem Namen des Bevollmächtigten
des Antragstellers. Ersichtlich ist dieses Telefax beim PersABw in der Abtei-
lung IV 2 eingegangen, denn über diesem Aufdruck findet sich der Telefax-
Sendeaufdruck 07/07/2005 08.11 und die Angabe der Telefax-Nummer … der
Abteilung IV des PersABw. Hieraus ist der Schluss zu ziehen, dass der Antragstel-
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ler durch seinen Bevollmächtigten die Beschwerde vom 13. Juni 2005 erst am
6. Juli 2005 an das PersABw gefaxt hat. Dieser Termin lag außerhalb der nach § 6
Abs. 1 WBO einzuhaltenden Beschwerdefrist von zwei Wochen, die im vorlie-
genden Fall am 13. Juni 2005 mit der Kenntnis des Bevollmächtigten des Antrag-
stellers von dem Beschwerdeanlass begann und am 27. Juni 2005 um 24.00 Uhr
ablief. Der Bescheid vom 24. Mai 2005 war im Übrigen nicht zustellungspflichtig
(vgl. § 12 Abs. 1 Satz 3 WBO).
Obwohl der Senat schon im Beschluss vom 30. Juni 2005 im Verfahren BVerwG
1 WDS-VR 2.05 darauf hingewiesen hat, dass der Antragsteller nicht in der erfor-
derlichen Weise glaubhaft gemacht habe, den Bescheid vom 24. Mai 2005 recht-
zeitig mit einem Rechtsmittel angefochten zu haben, hat der Antragsteller im vor-
liegenden Verfahren gänzlich insoweit auf einen substantiierten Vortrag verzichtet,
aus dem sich konkrete Anhaltspunkte für eine rechtzeitige Beschwerdeeinlegung
ergäben. Angesichts dessen fehlt auch im vorliegenden Verfahren die erforderli-
che Glaubhaftmachung von Tatsachen, aus denen sich die Rechtzeitigkeit der
Anfechtung des Bescheides des PersABw vom 24. Mai 2005 ergibt.
Bei dieser Sachlage kommt es auf die vom Antragsteller aufgeworfene Frage einer
behaupteten Ungleichbehandlung zwischen ihm und den SanOffz Arzt nicht mehr
an.
Dr. Frentz
Prof. Dr. Widmaier Dr. Deiseroth
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