Urteil des BVerwG vom 02.02.2015

Versetzung, Aufschiebende Wirkung, Bundesamt, Soldat

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 WDS-VR 3.14
In dem Wehrbeschwerdeverfahren
des Herrn Hauptbootsmann …,
…,
- Bevollmächtigter:
Rechtsanwalt …,
… -
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer
am 2. Februar 2015 beschlossen:
Der Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung
seines Antrags auf gerichtliche Entscheidung vom 7. Juli
2014 gegen die Versetzungsverfügung Nr. 1400121240
des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bun-
deswehr vom 10. März 2014 und gegen dessen Verfü-
gung Nr. 1400121258 vom 10. März 2014 über einen
Dienstpostenwechsel sowie gegen den Beschwerdebe-
scheid des Bundesministeriums der Verteidigung vom
5. Juni 2014 anzuordnen, wird abgelehnt.
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G r ü n d e :
I
Der Antragsteller begehrt die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen
seine Versetzung vom … K. zum … in N.
Der … geborene Antragsteller ist Berufssoldat, dessen Dienstzeit voraussicht-
lich mit Ablauf des 31. Juli 2030 enden wird. Am 6. Juli 2007 erfolgte seine Er-
nennung zum Hauptbootsmann. Er ist …-Bootsmann in der Verwendungsreihe
… („…“). Seit dem 1. Dezember 2010 wurde er als …-Bootsmann … in der …
des … in K. verwendet. Im Zuge der Neuausrichtung der Bundeswehr wurde
das … von K. nach N. verlegt. Der Umzug begann im Juni 2012 und wurde im
November 2012 abgeschlossen. Am 28. März 2013 fand die endgültige Verab-
schiedung der …vom Standort K. statt. Ab 1. April 2013 war der Dienstposten
des Antragstellers beim … in K. gesperrt.
Zum 1. April 2013 versetzte das Bundesamt für das Personalmanagement der
Bundeswehr (im Folgenden: Bundesamt) den Antragsteller auf ein „dienstpos-
tenähnliches Konstrukt“ beim … K., um ihm Gelegenheit zu geben, die von ihm
geltend gemachten Versetzungshindernisse gegen seine Wegversetzung vom
Standort K. überprüfen zu lassen. Mit der 2. Korrektur vom 25. Oktober 2013 zu
der diesbezüglichen Versetzungsverfügung vom 21. März 2013 wurde die vo-
raussichtliche Verwendungsdauer auf dem „dienstpostenähnlichen Konstrukt“
bis zum 30. April 2014 verlängert. Das Bundesamt hat dem ledigen Antragstel-
ler für die Zeit vom 5. Februar 2014 bis einschließlich 4. Februar 2015 Elternzeit
zur Betreuung seines am … geborenen Sohnes bewilligt. Der Antragsteller
wohnt mit diesem Kind in einem eigenen Hausstand in K. Die Kindesmutter lebt
mit ihrer Tochter in einem getrennten eigenen Hausstand ebenfalls in K.
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Im Rahmen der für den Antragsteller beabsichtigten Versetzung zum … in N.
gab der Beratende Arzt des Bundesamtes unter dem 9. Januar 2013 auf Anfra-
ge des Referates IV 3.3.1 folgende ärztliche Stellungnahme über den Antrag-
steller ab:
Nach Prüfung des Sachverhaltes und bewertungsrelevan-
ter Unterlagen wird festgestellt, dass der o.g. Soldat durch
eine chronische Gesundheitsstörung belastet und in sei-
ner Verwendungsfähigkeit dauerhaft und auf der Zeit-
schiene voraussichtlich zunehmend eingeschränkt ist.
Dennoch liegt derzeit aus rein militärärztlicher Sicht weder
eine Verwendungsunfähigkeit noch ein Versetzungshin-
dernis vor.
Unter den (dauerhaften) Auflagen
- kein Wach-, Schicht- und Wechseldienst, kein Gefechts-
dienst,
- kein Arbeiten in Zwangshaltung in überwiegend einseiti-
ger Körperhaltung,
- Arbeiten mit Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sit-
zen,
- Bewegen maximal mittelschwerer Lasten unter Einsatz
von Hilfsmitteln,
- Sport nach truppenärztlicher Einzelanweisung
ist der Soldat hiesigen Erachtens vollschichtig verwend-
bar.
Die gegen diese ärztliche Stellungnahme gerichtete Beschwerde des Antrag-
stellers vom 25. Januar 2013 wies das Bundesministerium der Verteidigung
- R II 2 - mit bestandskräftigem Beschwerdebescheid vom 20. November 2013
als unzulässig zurück.
Mit Vororientierung vom 19. Dezember 2013 kündigte das Bundesamt dem An-
tragsteller seine Versetzung auf den Dienstposten …-Bootsmann … beim …,
… in N. zum 1. Mai 2014 an. In einem mit ihm am 20. Januar 2014 geführten
Personalgespräch lehnte der Antragsteller diese Versetzung ab. Er bezog sich
zur Begründung auf die Ärztliche Mitteilung für die Personalakte D 90/5 vom
23. November 2012, die eine Versetzung außerhalb eines einstündigen Fahr-
zeitenradius - gemessen zum Hauptwohnsitz - ausschließe. Ein Umzug nach N.
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sei für ihn aus familiären und persönlichen sowie gesundheitlichen Gründen
zurzeit nicht möglich. Der auf Antrag des Antragstellers angehörte Örtliche Per-
sonalrat beim … gab unter dem 31. Januar 2014 eine Stellungnahme ab, in der
er der geplanten Versetzung nicht zustimmte.
Mit der angefochtenen Versetzungsverfügung Nr. 1400121240 vom 10. März
2014 ordnete das Bundesamt zum 1. Juli 2014 die Versetzung des Antragstel-
lers zunächst auf ein „dienstpostenähnliches Konstrukt“ im … in N. an. Mit der
weiteren Verfügung Nr. 1400121258 vom 10. März 2014 verfügte das Bundes-
amt den Wechsel des Antragstellers von dem „dienstpostenähnlichen Kon-
strukt“ auf den Dienstposten eines …-Bootsmanns ... Als Dienstantritt in N.
wurde der 5. Februar 2015 festgelegt.
Gegen diese ihm am 12. März 2014 eröffneten Entscheidungen legte der An-
tragsteller mit Schreiben vom 14. März 2014 Beschwerde ein. Er machte gel-
tend, dass er an Morbus Bechterew - ankylosierende Spondylitis - erkrankt sei.
Dabei handele es sich um eine dauerhafte, nicht heilbare Erkrankung, die den
Truppenarzt in der Ärztlichen Stellungnahme D 90/5 vom 23. November 2012
u.a. zu den Auflagen veranlasst habe, seine tägliche Dienstzeit auf lediglich
8,75 Stunden zu begrenzen und ihm keine Fahrzeiten von mehr als einer Stun-
de zuzumuten. Zwischen den Äußerungen des Truppenarztes und der ihn privat
behandelnden Ärzte, die seine Nichtversetzbarkeit festgestellt hätten, und der
Stellungnahme des Beratenden Arztes des Bundesamtes bestehe ein unauflös-
licher Widerspruch. Seine Versetzung löse die Gefahr einer weiteren Gesund-
heitsverschlechterung bei Nichtbeachtung der ärztlichen Auflagen aus. Die Ent-
fernung zwischen K. und N. betrage über drei Stunden Fahrzeit. Das Gewicht
des von ihm mitzuführenden Gepäcks liege über der vom Arzt normierten Auf-
lage. Die Versetzung nach N. führe zwangsläufig zu erhöhten Dosierungen sei-
ner Dauermedikation. Dadurch sehe er aufseiten der Bundeswehr den Straftat-
bestand der fahrlässigen Körperverletzung und möglicherweise sogar den der
Körperverletzung im Amt als verwirklicht an. Aus seiner Sicht bestehe keine
Umzugspflicht. Darüber hinaus sei für ihn nicht nachvollziehbar, wieso ihm die
Versetzung mit einem Kleinkind zugemutet werde.
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Der Beratende Arzt des Bundesamtes hatte unter dem 27. Juni 2013 festge-
stellt, dass aus militärärztlicher Sicht schwerwiegende persönliche Gründe im
Sinne der Versetzungsrichtlinien im Hinblick auf die vom Antragsteller vorgetra-
gene Erkrankung seines Vaters nicht vorlägen. Die Bewertung der Gesund-
heitsstörung des Antragstellers sei mit der Stellungnahme vom 9. Januar 2013
erfolgt und habe Bestand.
Die Beratende Ärztin des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg)
- P II 2 - hatte in ihrer Äußerung vom 15. Oktober 2013 erklärt, dass der An-
tragsteller seit seiner im Jahr 2006 diagnostizierten Erkrankung an Morbus
Bechterew drei Reha-Maßnahmen (zuletzt 2012) absolviert habe und sich in
regelmäßiger physiotherapeutischer Behandlung befinde. Seine Verwendungs-
fähigkeit sei als dauerhaft eingeschränkt zu beurteilen. Zusätzlich befinde sich
der Antragsteller seit April 2013 in psychiatrischer Behandlung. Dabei sei durch
den Facharzt im Fachsanitätszentrum K. eine sechs bis zwölf Monate dauernde
Therapiemaßnahme und eine heimatnahe Verwendung aus psychosozialen
Gründen vorgeschlagen worden. Im vorliegenden Fall könnten alle notwendigen
physiotherapeutischen Therapiemaßnahmen deutschlandweit absolviert wer-
den. Die empfohlene psychotherapeutische Behandlung könne grundsätzlich
am neuen Dienstort durchgeführt werden. Falls sie schon begonnen habe, kön-
ne sie mit wochenendnahen Terminen auch vom neuen Standort aus weiterge-
führt werden. Aus dem Entlassungsbrief des Klinikums B. vom 10. Juli 2012
gehe im Übrigen hervor, dass der Verlauf der Spondylitis ankylosans beim An-
tragsteller bisher als recht stabil und ohne größere Komplikationen zu bezeich-
nen sei. Vor diesem Hintergrund liege aus militärärztlicher Sicht keine außer-
gewöhnliche und unverhältnismäßige Belastung des Antragstellers im Vergleich
zu anderen Soldaten vor. Schwerwiegende persönliche Gründe, die nach Maß-
gabe der Versetzungsrichtlinien einer Versetzung entgegenstehen könnten,
seien nicht festzustellen. Eine zwingende Notwendigkeit, den Antragsteller in
Wohnortnähe zu verwenden, lasse sich aus militärärztlicher Sicht nicht ableiten.
Die Beschwerde des Antragstellers wies das Bundesministerium der Verteidi-
gung mit Beschwerdebescheid vom 5. Juni 2014 zurück.
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Gegen diesen ihm am 11. Juni 2014 eröffneten Bescheid hat der Antragsteller
am 7. Juli 2014 die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt
(Verfahren BVerwG 1 WB 40.14) und zugleich um die Gewährung vorläufigen
Rechtsschutzes nachgesucht. Diese Anträge hat das Bundesministerium der
Verteidigung mit seiner Stellungnahme vom 29. August 2014 dem Senat zur
Entscheidung vorgelegt.
Zur Begründung seines Rechtsschutzbegehrens vertieft der Antragsteller sein
Beschwerdevorbringen und trägt ergänzend insbesondere vor:
Alle ihn behandelnden Ärzte hätten die Wichtigkeit eines stabilen sozialen Um-
feldes für ihn betont. Eine regelmäßige Fahrzeit von über einer Stunde verstoße
gegen die ärztliche Auflage. Der Beratende Arzt des Bundesamtes habe ihn
überdies nicht persönlich untersucht und die MRT-Aufnahmen nicht betrachtet.
Ihm selbst obliege eine Gesunderhaltungspflicht nach § 17 Abs. 4 SG. Ein Pen-
deln zwischen K. und N. mit einem Kleinkind und Gepäck sei für ihn unmöglich.
Davon abgesehen weise er darauf hin, dass die Kindesmutter und er zurzeit
noch in getrennten Haushalten lebten, aber eine gemeinsame Familienwoh-
nung beziehen wollten. Die Familie der Kindesmutter sei jüdischer Herkunft und
in der jüdischen Gemeinde in K. integriert. Eine Entwurzelung dieser Familie
infolge seiner Versetzung könne man nicht verlangen. Sein Vater habe 2013
einen Herzanfall erlitten; ihn könne er bei einer Versetzung nach N. nicht mehr
unterstützen. Nicht zuletzt verfüge er zurzeit über keine aktuelle qualifizierte
Ausbildung für den verfügten Dienstposten beim … in N. Neun Kameraden aus
seiner Verwendungsreihe … sei unter Umsetzung in andere Verwendungsrei-
hen ein Verbleib in der Nähe von K. ermöglicht worden. In formeller Hinsicht
beanstande er, dass die Versetzungsverfügung nicht die Zustimmung des Örtli-
chen Personalrats erhalten habe. Seine Versetzung nach N. sei nur mit der Zu-
stimmung des zuständigen Beteiligungsgremiums zulässig.
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Der Antragsteller beantragt,
die Vollziehung der angefochtenen Bescheide bis zur Ent-
scheidung des Bundesverwaltungsgerichts - 1. Wehrdienst-
senat - auszusetzen.
Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Es hält den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes für unbegrün-
det, weil der Antrag in der Hauptsache keine Aussicht auf Erfolg biete. Die an-
gefochtenen Verfügungen vom 10. März 2014 seien durch ein dienstliches Be-
dürfnis legitimiert. In K. und Umgebung bestehe kein Bedarf, Personal der Ver-
wendungsreihe … einzusetzen, weil zum 1. Oktober 2012 eine Zentralisierung
der … am Standort N. erfolgt sei. Die Dienstpostenbesetzung im Soll-Ist-
Vergleich dokumentiere in der Verwendungsreihe … „…“ einen Besetzungsgrad
von ca. 89 %. Beim … liege der Dienstpostenbesetzungsgrad zurzeit bei ca.
78 %. Von 23 Dienstposten in der Laufbahn der Feldwebel des allgemeinen
Fachdienstes seien fünf Dienstposten nicht ausbildungsgerecht besetzt oder
vakant. Schwerwiegende persönliche Gründe in der Person des Antragstellers
seien seitens der Beratenden Ärzte des Bundesamtes und des Ministeriums
geprüft worden; ihre Anerkennung sei jedoch nicht empfohlen worden. Der Per-
sonalrat sei in die Entscheidungsfindung einbezogen worden. Eine förmliche
Zustimmung der Personalvertretung zur Versetzung des Antragstellers sei nicht
erforderlich. Für die Verwendung der vom Antragsteller genannten neun Solda-
ten außerhalb der Verwendungsreihe … habe jeweils ein sachlicher Grund vor-
gelegen. Dazu bezieht sich das Bundesministerium der Verteidigung ergänzend
auf eine weitere Äußerung der Beratenden Ärztin des BMVg - P II 2 - vom
12. Januar 2015 und auf eine Stellungnahme des Bundesamtes vom 14. Januar
2015, in der für die benannten Soldaten die Gründe für deren Verwendung au-
ßerhalb ihrer Ursprungsverwendungsreihe im Einzelnen erläutert werden.
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Der Antragsteller hat unter dem 12. September 2012 beantragt, nach Maßgabe
des Streitkräftepersonalstruktur-Anpassungsgesetzes unter vorangehender Be-
urlaubung vorzeitig in den Ruhestand versetzt zu werden. Seine insoweit nach
erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage hat das … Verwaltungsgericht mit
rechtskräftigem Urteil vom 25. August 2014 abgewiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Ak-
ten Bezug genommen. Die Beschwerdeakten des Bundesministeriums der Ver-
teidigung - R II 2 - 533/13, 765/14, 766/14 und DL 367/14 -, die Personalgrund-
akte des Antragstellers und die Gerichtsakte zum Verfahren BVerwG 1 WB
40.14 haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
II
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat keinen Erfolg.
Der vom Antragsteller gestellte Antrag, die Vollziehung der angefochtenen Be-
scheide bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts - 1. Wehrdienst-
senat - auszusetzen, ist bei sach- und interessengerechter Auslegung dahin zu
verstehen, dass er beantragt, die aufschiebende Wirkung seines Antrags auf
gerichtliche Entscheidung vom 7. Juli 2014 gegen die Versetzungsverfügung
Nr. 1400121240 des Bundesamtes vom 10. März 2014 und gegen dessen Ver-
fügung Nr. 1400121258 vom 10. März 2014 über einen Dienstpostenwechsel
sowie gegen den Beschwerdebescheid des Bundesministeriums der Verteidi-
gung vom 5. Juni 2014 anzuordnen.
Dieser Antrag ist gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 17 Abs. 6 Satz 2 WBO zu-
lässig. Er ist jedoch unbegründet.
Der Gesetzgeber hat dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehbar-
keit truppendienstlicher Maßnahmen grundsätzlich den Vorrang vor privaten
Belangen eingeräumt (§ 17 Abs. 6 Satz 1 WBO). Die Anordnung der aufschie-
benden Wirkung kommt deshalb nur in Betracht, wenn sich bereits bei summa-
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rischer Prüfung durchgreifende Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochte-
nen Maßnahme ergeben oder dem Soldaten durch deren sofortige Vollziehung
unzumutbare, insbesondere nicht wieder gutzumachende Nachteile entstünden
(stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschlüsse vom 13. Juni 2007 - 1 WDS-VR 1.07 -
Rn. 23 und vom 13. November 2009 - 1 WDS-VR 7.09 - Rn. 17).
1. Bei summarischer Prüfung bestehen gegen die Rechtmäßigkeit der Verset-
zungsverfügung und der Anordnung des Dienstpostenwechsels jeweils vom
10. März 2014, durch die die Versetzung des Antragstellers vom … K. zum …
in N. und seine dortige Umsetzung von einem „dienstpostenähnlichen Kon-
strukt“ auf einen Dienstposten der Stärke- und Ausrüstungsnachweisung
(STAN) angeordnet worden sind, keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Ein Soldat hat keinen Anspruch auf eine bestimmte örtliche oder fachliche Ver-
wendung oder auf Verwendung auf einem bestimmten Dienstposten. Ein dahin-
gehender Anspruch lässt sich auch nicht aus der Fürsorgepflicht ableiten. Über
die Verwendung eines Soldaten entscheidet der zuständige Vorgesetzte oder
die zuständige personalbearbeitende Stelle nach pflichtgemäßem Ermessen
(stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 25. September 2002 - 1 WB 30.02 -
Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 30 S. 24 und vom 10. Oktober 2002 - 1 WB
40.02 - S. 7, jeweils m.w.N.). Bei dieser Entscheidung sind zwar aus Fürsorge-
gründen sowie wegen der gemäß § 6 Satz 1 SG auch für Soldaten geltenden
Schutzpflichten für Ehe und Familie (Art. 6 Abs. 1 GG) auch die persönlichen
und familiären Interessen des Soldaten angemessen zu berücksichtigen. Bei
einem Berufssoldaten und einem Soldaten auf Zeit gehören jedoch seine jeder-
zeitige Versetzbarkeit und damit die Möglichkeit, ihn dort einzusetzen, wo er
gebraucht wird, zu den von ihm freiwillig übernommenen Pflichten und zum
prägenden Inhalt seines Wehrdienstverhältnisses. Er muss es deshalb hinneh-
men, wenn seine persönlichen Belange beeinträchtigt werden und für ihn dar-
aus Härten entstehen. Erst wenn die mit einer konkreten örtlichen Verwendung
verbundenen Nachteile für den Soldaten so einschneidend sind, dass sie ihm
unter Fürsorgegesichtspunkten nicht zugemutet werden können, muss das
grundsätzlich vorrangige Interesse des Dienstherrn, den Soldaten dort zu ver-
wenden, wo er gebraucht wird, im Rahmen des dienstlich Möglichen ausnahms-
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weise hintangestellt werden (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom
13. Dezember 2011 - 1 WB 43.11 - juris Rn. 20 m.w.N.).
Die Ermessensentscheidung über die Verwendung kann vom Wehrdienstge-
richt nur darauf überprüft werden, ob der Vorgesetzte bzw. die personalbearbei-
tende Stelle den Soldaten durch Überschreiten oder Missbrauch dienstlicher
Befugnisse in seinen Rechten verletzt (§ 17 Abs. 3 Satz 2 WBO) bzw. die ge-
setzlichen Grenzen des ihm bzw. ihr zustehenden Ermessens überschritten
oder von diesem in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden
Weise Gebrauch gemacht hat (§ 23a Abs. 2 WBO i.V.m. § 114 VwGO). Die ge-
richtliche Überprüfung richtet sich auch darauf, ob die vom Bundesministerium
der Verteidigung im Wege der Selbstbindung in Verwaltungsvorschriften (wie
z.B. Erlassen oder Richtlinien) festgelegten Maßgaben und Verfahrensvorschrif-
ten eingehalten sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Februar 2003 - 1 WB
57.02 - BVerwGE 118, 25 <27>), wie sie sich hier insbesondere aus den Richt-
linien zur Versetzung, zum Dienstpostenwechsel und zur Kommandierung von
Soldaten vom 3. März 1988 (VMBl. S. 76) in der zuletzt am 9. Juni 2009 (VMBl.
S. 86) geänderten Fassung (Versetzungsrichtlinien) ergeben.
Danach sind die angefochtene Versetzung des Antragstellers und die Anord-
nung seiner Umsetzung innerhalb des … in N. rechtlich nicht zu beanstanden.
a) Im Rahmen der gerichtlichen Kontrolle der Weg- und Zuversetzung des An-
tragstellers ist festzustellen, dass das dienstliche Bedürfnis für die Wegverset-
zung des Antragstellers von seinem zuletzt innegehabten „dienstpostenähnli-
chen Konstrukt“ (z.b.V.-Dienstposten) im … K. vorliegt. Nach ständiger Recht-
sprechung des Senats besteht ein dienstliches Bedürfnis dafür, einen auf einem
z.b.V.-Dienstposten verwendeten Soldaten baldmöglichst wieder auf einem
Dienstposten gemäß der Stärke- und Ausrüstungsnachweisung (STAN) zu eta-
tisieren. Planstellen z.b.V. oder „dienstpostenähnliche Konstrukte“ dürfen nach
der in entsprechenden Richtlinien des Bundesministeriums der Verteidigung
festgelegten Verwaltungspraxis erst (und nur) in Anspruch genommen werden,
wenn es unter Anlegung eines strengen Maßstabes bei Vorliegen eines dienst-
lichen Bedürfnisses für die Erfüllung von Aufgaben außerhalb eingerichteter
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STAN-Dienstposten unbedingt erforderlich ist. Deshalb verlangen die Grunds-
ätze einer ordnungsgemäßen Personalführung, Soldaten und Soldatinnen nicht
über eine längere Zeit in einer z.b.V.-Verwendung zu belassen, sondern sie
sobald wie möglich auf einen dienstgradgerechten STAN-Dienstposten zu ver-
setzen (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschlüsse vom 22. September 2005 - 1 WB
21.05 - Rn. 30 m.w.N. und vom 24. Januar 2012 - 1 WB 31.11 - juris Rn. 20).
b) Das dienstliche Bedürfnis für die Zuversetzung des Antragstellers zum … in
N. liegt ebenfalls vor. Diese Voraussetzung ist regelmäßig erfüllt, wenn ein
Dienstposten frei ist und besetzt werden muss (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Be-
schluss vom 22. September 2005 - 1 WB 21.05 - Rn. 27 m.w.N.; ebenso Nr. 5
Buchst. a der Versetzungsrichtlinien). Der verfügte Dienstposten eines
…-Bootsmanns … beim … ist nach dem vom Antragsteller nicht in Frage ge-
stellten Vorbringen des Bundesministeriums der Verteidigung frei und zu beset-
zen.
Das Bundesamt und das Bundesministerium der Verteidigung halten den An-
tragsteller für diesen Dienstposten unter Berücksichtigung seiner erworbenen
Qualifikationen und seiner Vorverwendungen für fachlich geeignet. Die Eignung
als Teil-Voraussetzung für die Besetzung des Dienstpostens (vgl. dazu Nr. 5
Buchst. g der Versetzungsrichtlinien) ist gerichtlich nur eingeschränkt nachprüf-
bar, weil die Entscheidung des Bundesministeriums der Verteidigung, wen es
oder die von ihm insoweit beauftragte Dienststelle für einen zu besetzenden
Dienstposten als geeignet ansieht, im Kern ein ihm vorbehaltenes Werturteil
darstellt. Die gerichtliche Kontrolle ist insoweit darauf beschränkt festzustellen,
ob bei der Eignungsfeststellung ein unrichtiger oder unvollständiger Sachverhalt
zugrunde gelegt worden ist, der Begriff der Eignung verkannt worden ist, sach-
fremde Erwägungen angestellt wurden, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht
beachtet oder Verfahrensvorschriften missachtet wurden (stRspr; vgl. z.B.
BVerwG, Beschlüsse vom 27. Februar 2003 - 1 WB 57.02 - BVerwGE 118, 25
<28> und vom 24. Januar 2012 - 1 WB 31.11 - juris Rn. 22).
Gegen die vorgenannten Grundsätze hat das Bundesamt bei der Feststellung
der Eignung des Antragstellers nicht verstoßen. Der Antragsteller wendet inso-
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weit im Wesentlichen ein, dass er nicht über die vom Bundesamt im Rahmen
der Vororientierung für nötig erklärten Ergänzungsausbildungen für die Wahr-
nehmung des neuen Dienstpostens verfüge. Dieser Umstand stellt indessen
das dienstliche Bedürfnis für die Besetzung des Dienstpostens gerade mit dem
Antragsteller nicht in Frage. Die Einschätzung der zuständigen personalbear-
beitenden Stelle, dass ein Soldat für die Wahrnehmung eines zu besetzenden
Dienstpostens grundsätzlich geeignet ist und nur einer weitergehenden Zusatz-
ausbildung bedarf, hält die Grenzen des Beurteilungsspielraums ein. Wenn ein
Soldat für bestimmte Bereiche der auf einem Dienstposten wahrzunehmenden
Aufgaben nicht in vollem Umfang ausgebildet sein sollte, kann er damit das
dienstliche Bedürfnis für eine Versetzung nicht erfolgreich in Frage stellen. Es
entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass es im gerichtlich
nicht überprüfbaren Beurteilungsspielraum der personalbearbeitenden Stelle
liegt zu entscheiden, ob ein Soldat die für die künftige Verwendung erforderli-
chen fachlichen Voraussetzungen in vollem Umfang besitzt, oder ob insoweit
noch eine fachliche Nachschulung erforderlich ist. Dass die Übertragung eines
neuen Dienstpostens unter Umständen eine Einarbeitung und gegebenenfalls
eine Schulung erfordert, stellt keinen Grund dar, von einer dienstlich gebotenen
Versetzungsentscheidung abzusehen (vgl. z.B. BVerwG, Beschlüsse vom
16. Juni 1994 - 1 WB 42.94 - S. 6 f., vom 16. Mai 2002 - 1 WB 11.02 - S. 7 f.
und vom 24. Januar 2012 - 1 WB 31.11 - juris Rn. 27). Bei der Bekräftigung
seines entgegenstehenden Vorbringens vernachlässigt der Antragsteller zum
einen, dass er nach eigener Darlegung (unter anderem in seinem Schriftsatz
vom 28. Januar 2013) auch auf seinem zuletzt innegehabten Dienstposten ei-
nen Nachschulungsbedarf hatte. Vor diesem Hintergrund hätte sich der Antrag-
steller unabhängig von einer Versetzung nach N. auf jeden Fall einer Nach-
oder Ergänzungsschulung unterziehen müssen. Darüber hinaus übersieht er,
dass ein Soldat keinen Anspruch darauf hat, dass von einer dienstlich notwen-
digen Verwendung deshalb abgesehen wird, weil ihm umfassende Kenntnisse
für die Wahrnehmung der Aufgabe fehlen. Sofern sich ein Soldat für die vorge-
sehene Verwendung einer zusätzlichen Ausbildung unterziehen müsste, wäre
er dazu dienstlich gemäß § 7 SG verpflichtet (BVerwG, Beschluss vom
18. November 1997 - 1 WB 25.97 - S. 11).
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c) Bei summarischer Prüfung leiden die Versetzungsverfügung und die Anord-
nung des Dienstpostenwechsels auch im Hinblick auf die persönlichen und fa-
miliären Belange des Antragstellers nicht an Rechts- oder Ermessensfehlern.
Soweit, wie im vorliegenden Fall, die Versetzung mit einem Ortswechsel ver-
bunden ist, müssen - wie bereits oben ausgeführt - aus Fürsorgegründen (§ 10
Abs. 3 SG) sowie wegen der aus § 6 SG folgenden Schutzpflichten für Ehe und
Familie (Art. 6 Abs. 1 GG) auch die persönlichen und familiären Interessen des
Soldaten angemessen berücksichtigt und mit dem Grundsatz der jederzeitigen
Versetzbarkeit und mit den Grenzen der Zumutbarkeit abgewogen werden. Er-
fährt die Fürsorgepflicht - wie in Nr. 6 und 7 der Versetzungsrichtlinien gesche-
hen - eine allgemeine Regelung in Verwaltungsvorschriften, so sind diese Vor-
schriften schon im Hinblick auf das Gebot der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1
GG) grundsätzlich für die Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenzen maßgeblich,
soweit im Übrigen der gesetzliche Rahmen nicht überschritten wird.
Die vom Antragsteller angeführten persönlichen Gründe, für die er sich auf Nr. 6
Abs. 1 und Nr. 6 Abs. 2 Buchst. a und Buchst. c der Versetzungsrichtlinien be-
ruft, gebieten es nicht, von der Versetzung abzusehen.
Eine berücksichtigungsfähige Pflegebedürftigkeit des Vaters des Antragstellers
ist nicht nachgewiesen. Dazu hat der Beratende Arzt des Bundesamtes in sei-
ner ärztlichen Stellungnahme vom 27. Juni 2013 ausgeführt, er stelle nach Prü-
fung des Sachverhalts anhand bewertungsrelevanter Unterlagen fest, dass aus
militärärztlicher Sicht schwerwiegende persönliche Versetzungshinderungs-
gründe im Hinblick auf die neu vorgetragene Erkrankung des Vaters nicht vor-
lägen. In einer weiteren ärztlichen Stellungnahme vom 9. August 2013 hat der
Beratende Arzt des Bundesamtes dargelegt, dass aktuelle Gesundheitsunterla-
gen des Vaters des Antragstellers aus dem Jahr 2013 vorgelegt worden seien
und der Antragsteller Erläuterungen zur Pflegebedürftigkeit abgegeben habe.
Aus diesen Unterlagen sei zu entnehmen, dass bei dem (seinerzeit) 67-jährigen
Vater durchaus ernstzunehmende Gesundheitsstörungen vorlägen. Allerdings
bestehe keine Pflegebedürftigkeit. Der Vater des Antragstellers sei zur Teilhabe
befähigt und eingeschränkt belastbar; er betreibe nach eigenen Angaben Er-
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gometer-Training, Spaziergänge, Radfahren und Schwimmen. Schwerwiegende
persönliche Gründe im Sinne der Versetzungsrichtlinien, die den Verbleib des
Antragstellers in der Nähe seines Vaters zwingend erforderlich machen könn-
ten, lägen nicht vor.
Weitere Unterlagen zum Gesundheitszustand seines Vaters, die den Beraten-
den Arzt als den im Sinne der Nr. B 195 ZDv 14/5 zuständigen Sanitätsoffizier
zu einer Neubewertung dieser Befunde veranlassen könnten, hat der Antrag-
steller nicht vorgelegt.
Auch der eigene Gesundheitszustand des Antragstellers rechtfertigt nicht die
Annahme der Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidungen des Bun-
desamtes.
Mit seiner Rüge, im Verfahren seien die Stellungnahmen der sieben ihn behan-
delnden Privatärzte unberücksichtigt geblieben und den Äußerungen der Bera-
tenden (militärischen) Ärzte habe das Bundesministerium der Verteidigung ei-
nen unangemessenen Vorrang eingeräumt, verkennt der Antragsteller die
Rechtslage.
Die Entscheidung über die gesundheitliche Eignung oder Verwendungsfähigkeit
eines Soldaten für eine bestimmte militärische Verwendung und die Klärung der
Frage, ob und in welchem Umfang eine Störung mit Krankheitswert die Eignung
oder Verwendungsfähigkeit des Soldaten beeinträchtigt oder ausschließt,
kommt mit Vorrang dem Truppenarzt bzw. dem zuständigen Sanitätsoffizier und
nicht einem privaten (Fach-)Arzt zu. Das militärärztliche Untersuchungsergebnis
hat hier einen höheren Beweiswert, weil der Truppenarzt bzw. der zuständige
Sanitätsoffizier aufgrund seiner besonderen Kenntnisse der Erfordernisse des
militärischen Dienstes über einen speziellen zusätzlichen Sachverstand verfügt,
der ihn befähigt, Fragen der gesundheitlichen Eignung oder Verwendungsfähig-
keit für bestimmte Laufbahnen oder Dienstposten besser beurteilen zu können
als ein privater (Fach-)Arzt (stRspr; vgl. z.B. BVerwG, Beschlüsse vom
26. Oktober 1999 - 1 WB 45.99 - Buchholz 236.1 § 10 SG Nr. 40 S. 8, vom
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21. Februar 2002 - 1 WB 73.01 - S. 7 f. und vom 14. November 2002 - 1 WB
33.02 - S. 11 f.).
Die Beratende Ärztin des BMVg - P II 2 - hat sowohl am 15. Oktober 2013 als
auch erneut am 12. Januar 2015 festgestellt, dass die beim Antragsteller vorlie-
genden Gesundheitsstörungen einer Versetzung der hier in Rede stehenden Art
nicht entgegenstehen. Das Vorliegen schwerwiegender persönlicher Gründe im
Sinne der Nr. 6 Abs. 2 Buchst. a der Versetzungsrichtlinien hat die Beratende
Ärztin ausdrücklich mit der Begründung ausgeschlossen, dass in der Person
des Antragstellers eine Verwendungsfähigkeit mit Einschränkungen vorliege;
diesen Einschränkungen könne durch die truppenärztlich festgelegten Auflagen
am neuen Dienstort Rechnung getragen werden.
Soweit sich der Antragsteller zur Widerlegung dieser militärärztlichen Feststel-
lungen auf privatärztliche Gutachten beruft, hat er diese im gesamten Verfahren
nicht konkretisiert. Abgesehen vom Klinikum B., dessen Entlassungsbrief vom
10. Juli 2012 die Beratende Ärztin des BMVg - P II 2 - gewürdigt und ausgewer-
tet hat, hat der Antragsteller dem Senat weder Namen der ihn behandelnden
Ärzte noch Zeitangaben zu ihren angeblichen gutachtlichen Äußerungen mitge-
teilt. Der Senat kann deshalb nicht aufklären, ob und in welchem Umfang die
vom Antragsteller behaupteten privatärztlichen Feststellungen in das in Nr. 6
Abs. 2 Buchst. a der Versetzungsrichtlinien konstituierte militärärztliche Konsul-
tationsverfahren einbezogen worden sind. Diese Unaufklärbarkeit geht zu Las-
ten des Antragstellers. Denn dem Antragsteller obliegt eine Mitwirkungspflicht
bei der Vorlage derartiger Unterlagen an die Beratenden Ärzte des Bundesam-
tes bzw. des Bundesministeriums der Verteidigung. Ein Soldat kann den Äuße-
rungen von Privatärzten zu seinem Gesundheitszustand nur dadurch Geltung
verschaffen, dass er sie in das Konsultationsverfahren der Beratenden Ärzte
der personalbearbeitenden Stellen einbeziehen lässt. Im Rahmen seiner Mitwir-
kungspflicht hätte es insoweit dem Antragsteller oblegen, dem Bundesministeri-
um der Verteidigung zur Vorlage an die Beratenden Ärzte die von ihm für maß-
geblich gehaltenen privatärztlichen Gutachten zugänglich zu machen.
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Hiervon abgesehen hat der Antragsteller nichts dazu vorgetragen, dass die Auf-
lagen für die tägliche Dienstausübung am neuen Dienstort seitens des Dienst-
herrn nicht eingehalten würden. Die von ihm gegen seine Versetzung nach N.
ins Feld geführte Ärztliche Mitteilung D 90/5 vom 23. November 2012 mit der
Empfehlung, dass eine Fahrstrecke maximal eine Stunde umfassen solle, be-
trifft - auch und insbesondere im sachlichen Kontext zu den anderen Auflagen,
die die tägliche Dienstgestaltung betreffen - unmissverständlich nur das Tages-
pendeln des Antragstellers zu einem konkreten „Einsatz“. Die Dienstantrittsreise
nach N. und mögliche Familienheimfahrten des Antragstellers nach K. sind -
wie er selber einräumt - mit der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel möglich.
Insoweit bleibt es dem Antragsteller unbenommen, die Begleitungs-
Servicedienste der Deutschen Bahn und deren Gepäckservice in Anspruch zu
nehmen. Entgegen der Auffassung des Antragstellers liegt es in seinem persön-
lichen Entscheidungs- und Verantwortungsbereich, ob er seinen Hauptwohnsitz
in K. beibehält oder gemeinsam mit der Mutter seines Sohnes, die bisher nicht
in einem gemeinsamen Hausstand mit dem Antragsteller lebt, einen gemein-
samen Wohnsitz in N. nimmt. Das wiederholte Vorbringen des Antragstellers in
den vorliegenden Verfahren belegt, dass er selbst einen Umzug ins Auge ge-
fasst hat, um mit seiner Lebensgefährtin und dem gemeinsamen Kind erstmalig
einen gemeinsamen Hausstand zu begründen.
Die angefochtene Versetzungsentscheidung ist auch mit der „Teilkonzeption
Vereinbarkeit von Familie und Dienst in den Streitkräften“ vereinbar, die der
Generalinspekteur der Bundeswehr am 21. Mai 2007 erlassen hat. Nach stän-
diger Rechtsprechung des Senats begründet diese Teilkonzeption keinen kon-
kreten Rechtsanspruch eines einzelnen Soldaten auf bestimmte Maßnahmen,
die die Vereinbarkeit von Familienbetreuung und Dienst fördern. Ebenso wenig
steht die Teilkonzeption der Anordnung einer notwendigen Versetzungsverfü-
gung entgegen (stRspr; vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 9. Januar 2008
- 1 WDS-VR 10.07 - Rn. 33).
Darüber hinaus ist dem Vorbringen des Antragstellers kein objektiver Anhalts-
punkt dafür zu entnehmen, dass er die von ihm eingeleiteten physiotherapeuti-
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schen und psychotherapeutischen Therapien nicht auch in Nordholz weiterfüh-
ren könnte.
Soweit sich der Antragsteller als Versetzungshindernis auf Belange der Familie
der Kindesmutter und auf die Integration dieser Familie in K. beruft, sind diese
Belange nicht als schwerwiegende persönliche Gründe im Sinne der Nr. 6 der
Versetzungsrichtlinien zu berücksichtigen. Der Antragsteller lässt dabei unbe-
achtet, dass er im Rahmen des § 17 Abs. 1 Satz 1, Abs. 6 Satz 1 und 2 WBO
(hier in Verbindung mit § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO) und nach Nr. 6 der Verset-
zungsrichtlinien nur die Verletzung seiner individuellen Rechte und er-
gänzend - gestützt auf Art. 6 Abs. 1 GG - den rechtlichen Schutz seiner
Ehe oder Familie geltend machen kann. Auch nach Nr. 7 der Versetzungsricht-
linien kommt es insoweit nur auf in seiner Person liegende Aspekte an.
Allerdings erstreckt sich der Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG im Rahmen
eines Familiengrundrechtes auch auf nichteheliche Lebensgemeinschaften mit
einem Kind. Die tatsächliche und auf Dauer angelegte Lebens- und Erzie-
hungsgemeinschaft von Eltern mit Kindern ist als Familie durch Art. 6 Abs. 1
GG geschützt (stRspr des Bundesverfassungsgerichts, vgl. z.B. BVerfG, Urteil
vom 19. Februar 2013 - 1 BvL 1/11, 1 BvR 3247/09 - BVerfGE 133, 59 Rn. 61,
62, BVerfG, Beschluss vom 24. Juni 2014 - 1 BvR 2926/13 - NJW 2014, 2853
Rn. 22). Die gemeinsame Führung seines Familienlebens in einem neuen
Wohnsitz in N. ist dem Antragsteller ebenso möglich wie die Zusammenkunft
mit seiner Familie an einem beibehaltenen Wohnsitz in K. Diese Abwägungs-
entscheidung liegt in der persönlichen Sphäre des Antragstellers, der insoweit
auf die Zusage der Umzugskostenvergütung hinwirken könnte.
Die Hinweise des Antragstellers, ihm müsse ein Verbleib am Standort K. er-
möglicht werden, führen ebenfalls nicht zur Feststellung von Ermessenfehlern
in den beiden angefochtenen Entscheidungen des Bundesamtes.
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Dem Antragsteller ist im Personalgespräch vom 11. Dezember 2012 vom Bun-
desamt eröffnet worden, dass das … am Standort K. seit dem 1. Oktober 2012
nur noch als „…“ geführt wird. Im Rahmen der Umstrukturierung konnte dem
Antragsteller seinerzeit ein Verbleib auf seinem bisherigen Dienstposten bis
zum 31. März 2013 beim … ermöglicht werden. Sein Dienstposten war ab
1. April 2013 gesperrt. Vor diesem Hintergrund war seine Weiterverwendung im
… an dessen bisherigem Standort in K. objektiv nicht mehr möglich.
Die vom Antragsteller genannten „Berufungsfälle“ von neun Soldaten, denen
nach seiner Kenntnis eine Veränderung aus der Verwendungsreihe … in ande-
re Verwendungsreihen der Marine ermöglicht worden ist, lassen die Ermes-
sensausübung des Bundesamtes in den angefochtenen Entscheidungen unbe-
rührt. Insoweit hat der Antragsteller keinen Anspruch auf Gleichbehandlung
gemäß Art. 3 Abs. 1 GG. Das Bundesministerium der Verteidigung - R II 2 - hat
im Schriftsatz vom 9. Oktober 2014 unter Vorlage entsprechender Tabellen-
übersichten im Einzelnen dargelegt, dass in der Verwendungsreihe … „…“, in
der der Antragsteller bisher verwendet worden ist, eine erhebliche personelle
Unterdeckung vorliegt. Beim …, … liegt danach der Dienstpostenbesetzungs-
grad nur bei ca. 78 %. Der Antragsteller konzediert auch selbst, dass diese per-
sonelle Unterdeckung in seiner Verwendungsreihe vorliegt. Das hat er zuletzt
im Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 28. Januar 2015 unterstrichen und
ausgeführt, dass in seiner Verwendungsreihe … von aktuell 141 Dienstposten
16 Dienstposten zu besetzen seien. Überdies räumt er ein, dass in den von ihm
alternativ ins Auge gefassten Verwendungsreihen … und … ebenfalls ein er-
hebliches personelles Fehl vorliegt. Schon deshalb ist die Ermessensentschei-
dung des Bundesamtes rechtlich nicht zu beanstanden, den Antragsteller in
seiner Verwendungsreihe … zu belassen und ihn am neuen Standort des … in
N. einzusetzen. Darüber hinaus ergibt sich aus der vom Bundesministerium der
Verteidigung vorgelegten Stellungnahme des Bundesamtes vom 14. Januar
2015, dass das Bundesamt angesichts der Bedarfssituation in der Verwen-
dungsreihe … und in den Verwendungsreihen … und … jeweils unter Berück-
sichtigung insbesondere des Eignungs- und Leistungsbildes und der Vorver-
wendungen der neun zu betrachtenden Unteroffiziere Einzelfallentscheidungen
über deren Umsetzung aus ihren bisherigen Verwendungsreihen in eine andere
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Verwendungsreihe getroffen hat. Zusätzlich war bei diesen Soldaten teilweise
eine besondere statusrechtliche Lage zu berücksichtigen, die der Antragsteller
nicht aufzuweisen hat. Sie standen teilweise unmittelbar vor der Versetzung in
den Ruhestand oder konnten als Mandatsträger Versetzungsschutz beanspru-
chen.
Die umfangreichen Ausführungen des Antragstellers zur strukturellen Situation
und zur Personalbedarfslage der Bundeswehr und vornehmlich der Marine ha-
ben keine Bedeutung für das vorliegende Verwendungsverfahren. Sie mögen
für das statusrechtliche Verfahren des Antragstellers vor dem … Verwaltungs-
gericht relevant gewesen sein, in dem der Antragsteller versucht hat, die von
ihm beantragte vorzeitige Versetzung in den Ruhestand nach dem Streitkräfte-
personalstruktur-Anpassungsgesetz vom 21. Juli 2012 (BGBl. I S. 1583) durch-
zusetzen. Seine darauf gerichtete Klage hat das … Verwaltungsgericht indes-
sen mit Urteil vom 25. August 2014 (Az.: 12 A 255/13) abgewiesen. Diese Ent-
scheidung ist seit dem 2. Oktober 2014 rechtskräftig.
d) Die angefochtenen Entscheidungen des Bundesamtes weisen auch keine
Formfehler auf.
Die persönliche Anhörung des Antragstellers vor ihrem Erlass hat im Rahmen
der Vororientierung und mehrerer Personalgespräche mit dem Antragsteller
stattgefunden.
Entgegen der Auffassung des Antragstellers bedurfte es für die hier in Rede
stehenden Maßnahmen nicht einer Zustimmung des Örtlichen Personalrats
beim ... K. Denn nach § 52 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 23 Abs. 1 Nr. 1,
Abs. 2 SBG ist die Personalvertretung zu einer Versetzung nur anzuhören; ihre
Stellungnahme ist in die geplante Verwendungsentscheidung einzubeziehen.
Das ist ausweislich des Vermerks in der Versetzungsverfügung Nr. 1400121240
vom 10. März 2014 geschehen; dort ist festgehalten, dass die Versetzungsent-
scheidung unter Einbeziehung der Stellungnahme der Personalvertretung ge-
troffen worden sei.
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Schließlich hat das Bundesamt auch die dreimonatige Schutzfrist nach Nr. 21
der Versetzungsrichtlinien eingehalten.
2. Es ist nicht ersichtlich, dass dem Antragsteller durch die sofortige Vollziehung
der Versetzungsverfügung und der Anordnung des Dienstpostenwechsels un-
zumutbare, insbesondere nicht wiedergutzumachende Nachteile entstehen.
Insoweit wird auf die Darlegungen zu den persönlichen Gründen des Antrag-
stellers verwiesen.
Dr. von Heimburg
Dr. Frentz
Dr. Langer
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