Urteil des BVerwG vom 10.04.2008

Weisung, Aufschiebende Wirkung, Luftwaffe, Versetzung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 WDS-VR 2.08
In dem Wehrbeschwerdeverfahren
des Herrn Hauptmann ...,
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer
am 10. April 2008 beschlossen:
Der Antrag, die aufschiebende Wirkung des Antrags auf
gerichtliche Entscheidung vom 17. Januar 2008 gegen die
Versetzungsverfügung des Bundesministeriums der Ver-
teidigung Nr. 4547 vom 20. Dezember 2007 in der Fas-
sung ihrer 1. Korrektur vom 21. Januar 2008 anzuordnen,
wird abgelehnt.
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G r ü n d e :
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Der Antragsteller wendet sich gegen seine vom Bundesministerium der Vertei-
digung angeordnete Versetzung von der MAD-Stelle ... in A. zum Amt für den
Militärischen Abschirmdienst (MAD-Amt) in K. mit Dienstantritt am 14. April
2008.
Der ... geborene Antragsteller ist Berufssoldat in der Laufbahn der Offiziere des
militärfachlichen Dienstes und ursprünglich Angehöriger der Luftwaffe. Seine
Dienstzeit wird voraussichtlich mit Ablauf des ... 2012 enden. Er wurde am
13. Juli 1995 zum Hauptmann ernannt und zum 1. September 2006 in eine
Planstelle der Besoldungsgruppe A 12 eingewiesen. Er war nach seiner Be-
werbung um eine Verwendung im Militärischen Abschirmdienst und nach er-
folgreicher Teilnahme an einem entsprechenden Auswahlverfahren zum
1. Januar 1983 zur damaligen MAD-Gruppe ... in M. versetzt worden. Vom
1. Oktober 1988 bis zum 18. September 1994 wurde er als MAD-Offizier bei
dieser MAD-Gruppe verwendet. Vom 19. September 1994 bis zum 31. Mai
2004 war er als MAD-Offizier bei der MAD-Stelle ... in A. eingesetzt. Vom
1. Juni 2004 bis zum 31. Mai 2005 absolvierte er eine Aufbauverwendung im
MAD-Amt in K. Seit dem 1. Juni 2005 ist der Antragsteller auf einem nach Be-
soldungsgruppe A 12 bewerteten Dienstposten bei der MAD-Stelle ... in A. ein-
gesetzt. Er ist Dauerverwender im Militärischen Abschirmdienst.
Das Bundesministerium der Verteidigung - PSZ I 2 - informierte als personal-
bearbeitende Stelle das MAD-Amt mit Schreiben vom 19. März 2007, dass die
Versetzung des Antragstellers in das MAD-Amt voraussichtlich zum 1. Septem-
ber 2007 beabsichtigt sei. Diese Planung stand in Verbindung mit der Einnahme
einer neuen Organisationsstruktur im Militärischen Abschirmdienst, in deren
Folge alle nach Besoldungsgruppe A 12 bewerteten Dienstposten für Offiziere
des militärfachlichen Dienstes in den Teileinheiten „Ermittlungen“ der regionalen
MAD-Stellen wegfallen sollten. Diese Versetzungsplanung wurde dem An-
tragsteller bekanntgegeben und ein Dienstantritt für den 11. Februar 2008 in
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Aussicht genommen. Eine von der personalbearbeitenden Stelle zeitgleich er-
wogene vorzeitige Zurruhesetzung des Antragstellers nach dem Personalan-
passungsgesetz zum 31. Dezember 2007 wurde nicht realisiert.
Mit der angefochten Verfügung Nr. ... vom 20. Dezember 2007 ordnete das
Bundesministerium der Verteidigung - PSZ I 2 - die Versetzung des Antragstel-
lers auf den Dienstposten eines MAD-Offiziers beim MAD-Amt zum 1. Januar
2008 mit Dienstantritt am 11. Februar 2008 an.
Gegen die „Modalitäten“ der geplanten Versetzung zum MAD-Amt legte der
Antragsteller mit Schreiben vom 27. Dezember 2007 Beschwerde ein, die er mit
weiterem Schreiben vom 10. Januar 2008 unter anderem damit begründete, er
sei unter dem 19. März 2007 darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass er im
Rahmen der Einnahme der neuen Organisationsstruktur im MAD zum
1. September 2007 mit einer Versetzung zum MAD-Amt zu rechnen habe. Zu
dieser Versetzung sei es jedoch nicht gekommen. Vielmehr habe er am
19. November 2007 die Planung erfahren, ihn zum 31. Dezember 2007 nach
dem Personalanpassungsgesetz vorzeitig in den Ruhestand zu versetzen. Er
habe deshalb anordnungsgemäß seinen Resturlaub angetreten und die Aus-
kleidung durchgeführt. Die Entlassungsuntersuchung sei unterblieben, weil das
Bundesministerium der Verteidigung - PSZ I 2 - am 17. Dezember 2007 mitge-
teilt habe, er werde nicht zum Ende des Jahres vorzeitig in den Ruhestand ver-
setzt. Stattdessen sei ihm der Dienstantritt am 2. Januar 2008 beim MAD-Amt
in K. befohlen worden. Dieser urplötzliche, sehr kurzfristige und nicht nachvoll-
ziehbare Umschwung stelle für ihn und seine Familie eine völlig neue Situation
dar und beinhalte eine erhebliche Belastung. Er bestehe auf der Einhaltung der
dreimonatigen Schutzfrist. Außerdem bitte er um Berücksichtigung der „Wei-
sung für die Luftwaffe“ Nr. 02/2001 vom 1. April 2001, derzufolge Versetzungen
in einem Zeitrahmen von 24 bis 60 Monaten vor der Zurruhesetzung möglichst
in einem regionalen Bereich erfolgen sollten. Diese Weisung habe für alle Luft-
waffenuniformträger Geltung. Zugleich bat er, die Versetzung bis zum Ab-
schluss des Beschwerdeverfahrens auszusetzen.
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Gegen die ihm am 11. Januar 2008 eröffnete Versetzungsverfügung vom
20. Dezember 2007 legte der Antragsteller anschließend mit Schreiben vom
17. Januar 2008 Beschwerde ein. Das Bundesministerium der Verteidigung
- PSZ I 2 - setzte am 21. Januar 2008 mit der 1. Korrektur zu der angefochte-
nen Versetzungsverfügung den Dienstantritt auf den 14. April 2008 fest.
Den Antrag des Antragstellers auf Aussetzung der Vollziehung wies der Bun-
desminister der Verteidigung - PSZ I 7 - mit Bescheid vom 24. Januar 2008 zu-
rück.
Mit Schreiben vom 12. Februar 2008 beantragte der Antragsteller die gerichtli-
che Entscheidung gegen die Versetzungsverfügung (Verfahren BVerwG 1 WB
12.08) sowie außerdem die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Diese An-
träge hat der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - mit seiner Stellung-
nahme vom 14. Februar 2008 dem Senat vorgelegt.
Zur Begründung trägt der Antragsteller insbesondere vor:
Die Versetzungsverfügung sei rechtswidrig, weil sie ohne Beachtung der „Wei-
sung für die Luftwaffe“ Nr. 02/2001 vom 1. April 2001 ergangen sei. Nach Anla-
ge 6 dieser Weisung seien bei Angehörigen der Luftwaffe bis fünf Jahre vor der
Zurruhesetzung Versetzungen ohne Neuausbildung möglichst im gleichen
regionalen Bereich durchzuführen. Eine diesbezügliche Prüfung habe das Bun-
desministerium der Verteidigung in seinem Fall unterlassen. Die Weisung gelte
für den Uniformträgerbereich Luftwaffe und werde unabhängig davon ange-
wandt, ob der betroffene Soldat im Bereich Luftwaffe oder in einer anderen
Teilstreitkraft bzw. einem anderen Organisationsbereich wie etwa der Streitkräf-
tebasis eingesetzt werde. Zum Beweis dafür beziehe er sich auf das Zeugnis
des Oberstleutnants G. im Streitkräfteunterstützungskommando in K.
Der Antragsteller beantragt,
die aufschiebende Wirkung seines Antrags auf gerichtliche
Entscheidung gegen die Versetzungsverfügung des Bun-
desministeriums der Verteidigung vom 20. Dezember
2007 in der Fassung ihrer 1. Korrektur vom 21. Januar
2008 anzuordnen.
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Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Für die angeordnete Versetzung bestehe ein dienstliches Bedürfnis, weil der
bisherige Dienstposten des Antragstellers in der MAD-Stelle ... infolge der Ein-
nahme der neuen Organisationsstruktur im Militärischen Abschirmdienst zum
1. Januar 2008 weggefallen sei. Im MAD-Amt sei der Dienstposten eines MAD-
Offiziers, Teileinheit/Zeile ..., in der Abteilung ... zu besetzen. Schwerwiegende
persönliche Gründe, die im Sinne der Nr. 6 oder Nr. 7 der Versetzungsrichtli-
nien ein Versetzungshindernis begründen könnten, habe der Antragsteller nicht
vorgetragen. Solche Gründe seien auch nicht ersichtlich. Auf die „Weisung für
die Luftwaffe Nr. 02/2001“ könne sich der Antragsteller nicht berufen. Diese
Weisung finde keine Anwendung auf Angehörige des Militärischen Abschirm-
dienstes. Der Militärische Abschirmdienst sei als Verfassungsschutzbehörde für
den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung von der Ein-
nahme der neuen Luftwaffenstruktur nicht betroffen. Dass Offiziere, die als
Dauerverwender im Militärischen Abschirmdienst eingesetzt seien, aus ihrer
bisherigen Teilstreitkraft herausgelöst würden, ergebe sich außerdem aus dem
Erlass des Bundesministeriums der Verteidigung zur „Personalführung der Offi-
ziere im MAD“ vom 27. März 2003. Danach sei unter bestimmten Vorausset-
zungen ausdrücklich eine Rückführung dieser Offiziere in ihre bisherige Teil-
streitkraft vorgesehen.
Auf Anforderung des Senats vom 6. März 2008 hat der Bundesminister der
Verteidigung - PSZ I 7 - unter dem 14. März 2008 eine Amtliche Auskunft erteilt
und erklärt, es bestehe eine ständige Verwaltungspraxis der für den Militäri-
schen Abschirmdienst zuständigen personalbearbeitenden Stelle, die genannte
„Weisung für die Luftwaffe“, insbesondere deren Anlage 6, nicht auf Luftwaf-
fenuniformträger anzuwenden, die als Dauerverwender im Militärischen Ab-
schirmdienst eingesetzt sind; diese ständige Verwaltungspraxis beruhe auf dem
Umstand, dass der Militärische Abschirmdienst als Verfassungsschutzbehörde
für den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung von der
Einnahme der neuen Luftwaffenstruktur nicht betroffen sei. Nach dieser Amtli-
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chen Auskunft besteht die dargelegte ständige Verwaltungspraxis seit der Gül-
tigkeit der Weisung vom 1. April 2001.
Wegen des Vorbringens im Einzelnen wird auf den Inhalt der zwischen den Be-
teiligten gewechselten Schriftsätze und der Akten Bezug genommen. Die Be-
schwerdeakte des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - zu den Az.:
49/08, 77/08 und 125/08 - sowie die Personalgrundakte des Antragstellers,
Hauptteile A bis C, haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
II
Der Antrag ist nach § 17 Abs. 6 Satz 2 i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO zulässig.
Dabei wertet der Senat die „Beschwerde“ vom 17. Januar 2008 gegen die an-
gefochtene Versetzungsverfügung Nr. ... als Antrag auf gerichtliche Entschei-
dung. Denn für die Überprüfung von Entscheidungen oder Maßnahmen des
Bundesministers der Verteidigung ist lediglich der Antrag auf gerichtliche Ent-
scheidung der statthafte Rechtsbehelf (§ 21 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 17
Abs. 4 Satz 1 WBO). Eine Maßnahme des Bundesministers der Verteidigung
liegt auch dann vor, wenn er - wie hier - unter der Bezeichnung „Bundesministe-
rium der Verteidigung“ als oberste Dienstbehörde bzw. als zuständige per-
sonalbearbeitende Stelle handelt (vgl. Beschlüsse vom 11. Dezember 2003
- BVerwG 1 WB 14.03 - BVerwGE 119, 341 = Buchholz 311 § 17 WBO Nr. 52 =
NZWehrr 2004, 163, vom 9. August 2007 - BVerwG 1 WB 16.07 - sowie vom
16. September 2004 - BVerwG 1 WB 38.04 -).
Der Antrag ist jedoch unbegründet.
Der Gesetzgeber hat dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehbar-
keit truppendienstlicher Maßnahmen grundsätzlich den Vorrang vor privaten
Belangen eingeräumt (§ 17 Abs. 6 Satz 1 WBO). Die Anordnung der aufschie-
benden Wirkung kommt deshalb nur in Betracht, wenn sich bereits bei summa-
rischer Prüfung durchgreifende Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochte-
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nen Maßnahme ergeben oder dem Soldaten durch deren sofortige Vollziehung
unzumutbare, insbesondere nicht wiedergutzumachende Nachteile entstünden
(stRspr, vgl. Beschlüsse vom 11. Januar 2007 - BVerwG 1 WDS-VR 7.06 -
Buchholz 449.7 § 23 SBG Nr. 4 und vom 13. Juni
2007 - BVerwG 1 WDS-VR 1.07 - Buchholz 449.7 § 48 SBG Nr. 1 = NZWehrr
2008, 39 jeweils m.w.N.).
Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
Die Versetzungsverfügung vom 20. Dezember 2007 in der Fassung ihrer
1. Korrektur vom 21. Januar 2008, die das Bundesministerium der Verteidigung
- PSZ I 2 - als zuständige personalbearbeitende Stelle (Art. 3 Nr. 3 ZDv 14/5
Teil B 125) erlassen hat, ist weder offensichtlich rechtswidrig, noch entstehen
dem Antragsteller durch ihre sofortige Vollziehung unzumutbare, insbesondere
nicht wiedergutzumachende Nachteile.
Der Soldat hat grundsätzlich keinen Anspruch auf eine bestimmte fachliche
oder örtliche Verwendung oder auf Verwendung auf einem bestimmten Dienst-
posten. Ein dahingehender Anspruch lässt sich auch nicht aus der Fürsorge-
pflicht ableiten. Vielmehr entscheidet der zuständige Vorgesetzte bzw. die zu-
ständige personalbearbeitende Stelle über die Verwendung eines Soldaten,
sofern hierfür ein dienstliches Bedürfnis besteht, nach pflichtgemäßem Ermes-
sen. Während das Vorliegen eines dienstlichen Bedürfnisses als unbestimmter
Rechtsbegriff gerichtlich voll nachprüfbar ist, kann die Ermessensentscheidung
nur daraufhin überprüft werden, ob der Vorgesetzte oder die zuständige Stelle
den Soldaten durch Überschreiten oder Missbrauch dienstlicher Befugnisse in
seinen Rechten verletzt bzw. die gesetzlichen Grenzen des ihm/ihr insoweit
zustehenden Ermessens überschritten oder von diesem in einer dem Zweck der
Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. In diesem
Zusammenhang ist insbesondere zu prüfen, ob die gesetzlich vorgegebenen
oder vom Bundesministerium der Verteidigung im Wege der Selbstbindung in
Erlassen und Richtlinien festgelegten Verfahrensvorschriften eingehalten sind
(stRspr, z.B. Beschlüsse vom 27. Februar 2003 - BVerwG 1 WB 57.02 -
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BVerwGE 118, 25 <27> = Buchholz 252 § 23 SBG Nr. 2 = NZWehrr 2003, 212
und vom 11. Januar 2007 a.a.O.).
Das dienstliche Bedürfnis für die Wegversetzung des Antragstellers von der
MAD-Stelle ... ergibt sich daraus, dass der von ihm dort wahrgenommene
Dienstposten eines MAD-Offiziers, Teileinheit/Zeile ..., im Zuge der Einnahme
der neuen Organisationsstruktur im Militärischen Abschirmdienst zum 1. Januar
2008 weggefallen ist. Der Wegfall eines Dienstpostens am bisherigen Standort
kann das dienstliche Bedürfnis für eine Wegversetzung rechtfertigen (Beschluss
vom 13. November 2003 - BVerwG 1 WB 40.03 - m.w.N.; vgl. ferner Nr. 5
Buchst. c der Richtlinien zur Versetzung, zum Dienstpostenwechsel und zur
Kommandierung von Soldaten vom 3. März 1988 in der zuletzt
geänderten Fassung vom 11. August 1998 , im Folgenden:
Versetzungsrichtlinien). Für die Zuversetzung des Antragstellers zum MAD-Amt
besteht ebenfalls ein dienstliches Bedürfnis, weil der dort für ihn vorgesehene
Dienstposten eines MAD-Offiziers, Teileinheit/Zeile ..., frei und zu besetzen ist
(vgl. Nr. 5 Buchst. a der Versetzungsrichtlinien). Dass die Voraussetzungen für
ein dienstliches Bedürfnis im vorliegenden Fall erfüllt sind, stellt auch der An-
tragsteller nicht in Frage.
Die Versetzungsentscheidung des Bundesministeriums der Verteidigung hält
die Regelung in Nr. 21 der Versetzungsrichtlinien ein. Danach sind Versetzun-
gen, die - wie im Falle des Antragsteller - mit einem Wechsel des Standortver-
waltungsbereichs verbunden sind, dem Soldaten spätestens drei Monate vor
Dienstantritt bei der neuen Einheit oder Dienststelle bekanntzugeben. Die Ver-
setzungsverfügung vom 20. Dezember 2007 wahrt in der Fassung ihrer
1. Korrektur vom 21. Januar 2008 mit der Neufestsetzung des Dienstantritts auf
den 14. April 2008 die Drei-Monats-Frist.
Die Versetzungsanordnung gibt auch im Übrigen nach der im Verfahren zur
Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Beurteilung
keinen Anlass zur rechtlichen Beanstandung.
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Dies gilt insbesondere für die vom Bundesministerium der Verteidigung getrof-
fene Ermessensentscheidung. Zwar hat der zuständige Vorgesetzte bei einer
Verwendungsentscheidung gemäß § 10 Abs. 3 SG auch die persönlichen und
familiären Belange des Soldaten unter dem Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht
in seine Überlegungen einzubeziehen. Er darf dabei aber davon ausgehen,
dass ein Soldat grundsätzlich keinen Anspruch auf eine bestimmte örtliche
Verwendung hat (stRspr, Beschlüsse vom 30. August 2001 - BVerwG 1 WB
37.01 - Buchholz 311 § 17 WBO Nr. 45 und vom 13. November 2003 a.a.O.).
Schwerwiegende persönliche Gründe, die nach Nr. 6 oder Nr. 7 der Verset-
zungsrichtlinien einer Versetzung des Antragstellers an den Standort K. entge-
genstehen könnten, hat der Antragsteller nicht geltend gemacht. Derartige
Gründe sind auch für den Senat nicht ersichtlich.
Ohne Erfolg rügt der Antragsteller, dass das Bundesministerium der Verteidi-
gung die „Weisung für die Luftwaffe“ Nr. 02/2001 (BMVg InspL - Fü L I 1 -
Az: 15-11-00) vom 1. April 2001 (Stand: 1. Januar 2005) bei seiner Ermes-
sensentscheidung unberücksichtig gelassen hat. In Anlage 6 Nr. 2 dieser Wei-
sung ist im Rahmen der „Vorgaben für die Planung und Umsetzung von Perso-
nalmaßnahmen“ bestimmt, dass ab zwei bis fünf Jahre vor Zurruhesetzung eine
Versetzung ohne Neuausbildung möglichst in den gleichen regionalen Bereich
erfolgen soll. Diese Weisung ist auf den Antragsteller als Offizier, der als
Dauerverwender im Militärischen Abschirmdienst eingesetzt ist, nicht anzuwen-
den.
Die Weisung regelt ausweislich ihrer Überschrift und nach ihrer Nr. 1 („Lage“)
„Personalmaßnahmen im Rahmen der Einnahme der Luftwaffenstruktur 5“. Sie
richtet sich zwar nach Nr. 1 Abs. 4 an den „Uniformträgerbereich Luftwaffe“,
betont aber unter anderem in Nr. 1 Abs. 6, dass sie (ausschließlich) der Umset-
zung von Vorgaben für die Einnahme der Luftwaffenstruktur 5 dient. Nach dem
Folgeerlass des Bundesministeriums der Verteidigung - Inspekteur der Luftwaf-
fe - vom 2. November 2004 gilt dies unverändert auch für die Einnahme der
Luftwaffenstruktur 6.
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In der vom Senat eingeholten Amtlichen Auskunft vom 14. März 2008 hat der
Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - erklärt, es bestehe eine ständige
Verwaltungspraxis der für den Militärischen Abschirmdienst zuständigen per-
sonalbearbeitenden Stelle (Bundesministerium der Verteidigung - PSZ I 2 -), die
genannte Weisung, insbesondere deren Anlage 6, nicht auf Luftwaffenuni-
formträger anzuwenden, die als Dauerverwender im Militärischen Abschirm-
dienst eingesetzt sind. Weiterhin hat er erklärt, diese ständige Verwaltungspra-
xis bestehe seit der Gültigkeit der Weisung, d.h. seit dem 1. April 2001, und
beruhe auf dem Umstand, dass der Militärische Abschirmdienst als Verfas-
sungsschutzbehörde für den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der
Verteidigung von der Einnahme der neuen Luftwaffenstruktur nicht betroffen ist.
Dem Inhalt dieser Amtlichen Auskunft ist der Antragsteller nicht entgegengetre-
ten.
Die vom Bundesminister der Verteidigung dargelegte ständige Verwaltungspra-
xis schließt es aus, auf den Antragsteller Anlage 6 der zitierten Weisung anzu-
wenden.
Grundsätzlich kann der Bundesminister der Verteidigung eine Bindung seines
- je nach Rechtsgrundlage und Sachverhalt verfahrensbezogenen oder mate-
riellen - Ermessens durch Richtlinien, generelle Weisungen oder Erlasse vor-
nehmen; er kann eine derartige Selbstbindung - ohne förmliche Regelung -
auch in Gestalt einer ständigen Verwaltungspraxis festlegen. Diese ständige
Verwaltungspraxis verpflichtet ihn zur Gleichbehandlung gleichgelagerter Fälle
nach Art. 3 Abs. 1 GG.
Die vom Bundesminister der Verteidigung dargelegte ständige Verwaltungspra-
xis, auf Dauerverwender im Militärischen Abschirmdienst die zitierte Weisung
nicht anzuwenden, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Sie ist durch den
- auf speziellen militärischen Zweckmäßigkeitserwägungen beruhenden - sach-
lichen Grund gerechtfertigt, dass der Militärische Abschirmdienst als Verfas-
sungsschutzbehörde für den Geschäftsbereich des Bundesministers der Ver-
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teidigung eine strukturelle und aufgabenbezogene Eigenständigkeit besitzt und
deshalb von der Einnahme der neuen Luftwaffenstruktur nicht betroffen ist.
Korrespondierend hierzu hat das Bundesministerium der Verteidigung im Erlass
über die „Personalführung der Offiziere im Militärischen Abschirmdienst“
(PSZ I 2 (3) - 16-02-00) vom 27. März 2003 festgelegt, dass grundsätzlich eine
Gleichbehandlung im Militärischen Abschirmdienst tätigen Offiziere durch-
zuführen ist, die von ihrer Zugehörigkeit zu einer Teilstreitkraft unabhängig ist.
Dieser Erlass dokumentiert eine Herauslösung der im Militärischen Abschirm-
dienst verwendeten Offiziere aus ihrer bisherigen Teilstreitkraft. Das folgt im
Umkehrschluss aus Nr. 17 des Erlasses, wonach Offiziere des Truppendienstes
und des militärfachlichen Dienstes, die als Dauerverwender im Militärischen
Abschirmdienst eingesetzt werden, unter bestimmten Voraussetzungen in ihre
Teilstreitkraft zurückgeführt werden (können). Die strukturell und funktionell ei-
genständige Organisation des Militärischen Abschirmdienstes als Verfassungs-
schutzbehörde berechtigt das Bundesministerium der Verteidigung, eine ledig-
lich für eine Teilstreitkraft bzw. für einen Uniformträgerbereich vorgesehene
Sonderregelung nicht auf die Soldaten anzuwenden, die als Dauerverwender in
diesem Dienst eingesetzt sind.
Nicht zu entsprechen ist dem Beweisantrag in den Schriftsätzen der Bevoll-
mächtigten des Antragstellers vom 4. März und vom 3. April 2008, Oberstleut-
nant G. vom Streitkräfteunterstützungskommando als Zeugen zu der Behaup-
tung zu vernehmen, dass die zitierte Weisung durch die Personalführung der
Luftwaffe unabhängig davon angewandt werde, ob der betreffende Soldat im
Bereich Luftwaffe oder in einer anderen Teilstreitkraft bzw. einem anderen Or-
ganisationsbereich, z.B. in der Streitkräftebasis, eingesetzt ist. Nach § 21
Abs. 2 Satz 1, § 18 Abs. 2 Satz 2 WBO i.V.m. § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO i.w.V.m.
§ 244 Abs. 3 Satz 2 StPO darf ein Beweisantrag abgelehnt werden, wenn die
Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist.
Die Frage der Anwendung der zitierten Weisung im Organisationsbereich der
Streitkräftebasis oder in anderen Teilstreitkräften als der Luftwaffe ist für die
Beurteilung der angefochtenen Versetzungsentscheidung unerheblich. Aus-
schlaggebend ist für den vorliegenden Fall lediglich, dass für den Antragsteller
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als Dauerverwender im Militärischen Abschirmdienst, der weder einen eigenen
Organisationsbereich noch eine Teilstreitkraft darstellt, die vorbezeichnete
Weisung nicht gilt. Dass nicht zutrifft, wird mit dem Beweisantrag nicht be-
hauptet.
Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass dem Antragsteller durch den Vollzug der
Versetzung nicht wieder gutzumachende Nachteile entstünden.
Golze Dr. Frentz Dr. Langer
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