Urteil des BVerwG vom 13.10.2008, 1 WDS-VR 14.08
Beendigung des Dienstverhältnisses, Medizinische Indikation, Hauptsache, Verfügung
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 WDS-VR 14.08
In dem Wehrbeschwerdeverfahren
des Herrn Hauptmann ...,
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze, die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz und den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer
am 13. Oktober 2008 beschlossen:
Der Antrag, den Bundesminister der Verteidigung im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragsteller auf einen Dienstposten im Raum Hamburg oder - hilfsweise - auf eine Planstelle des z.b.V.-Etats im Raum Hamburg zu versetzen, wird abgelehnt.
Gründe:
I
1Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung des Bundesministers der Verteidigung, ihn auf einen Dienstposten oder
- hilfsweise - auf eine Planstelle des z.b.V.-Etats jeweils im Raum Hamburg zu
versetzen.
2Der 1969 geborene Antragsteller ist Berufssoldat, dessen Dienstzeit voraussichtlich mit Ablauf des 31. Januar 2024 enden wird. Er wurde am 28. Januar
1997 zum Hauptmann ernannt und mit Wirkung vom 1. Januar 2002 in eine
Planstelle der Besoldungsgruppe A 12 eingewiesen. Nach einer Verwendung
beim ...unterstützungskommando in K. war er vom 3. Januar 2005 bis zum
13. Januar 2008 beim ...zentrum der Bundeswehr, ..., in Bo. eingesetzt. Das
Personalamt der Bundeswehr versetzte den Antragsteller mit Verfügung vom
18. September 2007 (in der Fassung vom 12. Dezember 2007) zum 1. Oktober
2007 mit Dienstantritt am 14. Januar 2008 zum ...zentrum des Heeres in B. Dort
hat der Antragsteller den Dienst tatsächlich erst am 25. Februar 2008 angetreten. Der Antragsteller ist verheiratet und hat zwei Kinder im Alter von sieben und drei Jahren. Er verfügt seit dem 1. April 2002 über einen - dienstlich
gemeldeten - ersten Wohnsitz in einem gemieteten Haus in Bad H., den er bisher nicht aufgegeben hat. Zusätzlich bewohnt er mit seiner Familie eine Wohnung ... bei Hamburg.
3Der Senat hat den Antrag des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen
Rechtsschutzes gegen die genannte Versetzungsverfügung des Personalamts
mit Beschluss vom 9. Januar 2008 - BVerwG 1 WDS-VR 10.07 - abgelehnt.
Den zugleich gestellten Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der Senat mit
Beschluss vom 26. Februar 2008 - BVerwG 1 WB 47.07 - zurückgewiesen. Den
weiteren Antrag des Antragstellers, den Senatsbeschluss vom 9. Januar 2008
zu ändern und gegen die Versetzung nach B. einstweiligen Rechtsschutz zu gewähren, hat der Senat mit Beschluss vom 28. Februar 2008 - BVerwG 1 WDS-
VR 3.08 - abgelehnt.
4Die gegen diese drei Senatsentscheidungen sowie gegen die angefochtene
Versetzungsverfügung gerichtete Verfassungsbeschwerde des Antragstellers
hat das Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen (Beschluss vom 4. Juni 2008 - 2 BvR 850/08 -).
5Mit Schreiben vom 23. Januar 2008 beantragte der Antragsteller seine Versetzung in den Raum Hamburg. Den Antrag befürwortete der Leiter des
...zentrums des Heeres in seiner Stellungnahme vom 28. März 2008 und wies
darauf hin, dass der Antragsteller vom 25. Februar bis zum 26. März 2008 nur
an drei Tagen am Standort B. zur Aufgabenwahrnehmung verfügbar gewesen
sei. Im Übrigen habe er sich „krank zu Hause“ bzw. in ärztlicher Behandlung
befunden. Daher habe der Antragsteller nicht gezielt in seine Aufgaben eingewiesen werden können. Er habe nach eigener Aussage erhebliche finanzielle
und familiäre Probleme, sodass sich sein gesamtes Handeln auf diesen Problemkreis konzentriere und er alle Hebel in Bewegung setze, um zu seiner Familie nach ... zurückzukommen. Obwohl keine medizinische Indikation für eine
fehlende Dienstfähigkeit des Antragstellers am Standort B. vorliege, werde
dennoch seine möglichst baldige Rückversetzung in den Raum Hamburg empfohlen.
6Den Versetzungsantrag lehnte das Personalamt der Bundeswehr mit Bescheid
vom 15. April 2008 mit der wesentlichen Begründung ab, es gebe zurzeit keinen
freien Dienstposten in dem vom Antragsteller bevorzugten örtlichen Verwendungsbereich. Daneben bestehe ein dienstliches Interesse an seinem
Verbleib auf seinem gegenwärtigen Dienstposten beim ...zentrum des Heeres.
7Mit Schreiben vom 21. Juni 2008 an das Personalamt wiederholte der Antragsteller seinen Antrag auf Versetzung in den Raum Hamburg und bat hilfsweise um Versetzung auf eine Planstelle des z.b.V.-Etats. Zur Begründung bezog er sich auf erhebliche Einschränkungen seiner Gesundheit, die durch eine
truppenärztliche Stellungnahme vom 7. März 2008 belegt werde.
8
In einer ärztlichen Mitteilung für die Personalakte der Belegart 90/5 stellte die
Vertragsärztin im Fachsanitätszentrum Bo./Arztgruppe B. unter dem 7. März
2008 eine vorübergehend fehlende Dienst- bzw. Verwendungsfähigkeit des
Antragstellers auf seinem derzeitigen Dienstposten fest und empfahl eine heimatnahe Versetzung zum raschestmöglichen Zeitpunkt. Am 25. März 2008
stellte der Truppenarzt im Fachsanitätszentrum Bo./Arztgruppe B. fest, dass der
Antragsteller dienst- und verwendungsfähig sei. Der Beratende Arzt des
Personalamts erklärte in seiner Stellungnahme vom 15. April 2008, der Antragsteller sei aufgrund der bekannten familiären Belastungssituation an einer
akuten Leistungsfunktionsstörung erkrankt, die seine Verwendungsfähigkeit
zumindest vorübergehend einschränke. Zur Lösung der familiären Konfliktsituation erscheine ein heimatortnaher Einsatz/Dienstposten empfehlenswert. Da
nach Auskunft der personalbearbeitenden Stelle weder mittel- noch langfristig
eine Verwendungsperspektive im Großraum Hamburg realisierbar sei, solle im
Rahmen der ganzheitlichen Betrachtung zur Beibehaltung der bereits begonnenen Therapie und der behandelnden Ärzte von einer Abversetzung aus der
Dienststelle abgesehen werden.
9Mit Verfügung von 2. Juli 2008 (dem Antragsteller am 14. Juli 2008 eröffnet)
teilte das Personalamt dem Antragsteller mit, dass sich aus seinem Schreiben
vom 21. Juni 2008 keine neuen Anhaltspunkte zu dem ablehnenden Bescheid
vom 15. April 2008 ergäben. Deshalb bedürfe es keiner neuen Entscheidung;
es werde auf die dortigen Ausführungen (im Bescheid vom 15. April 2008) verwiesen.
10Mit Schreiben vom 28. Juli 2008 legte der Antragsteller Beschwerde gegen den
Bescheid des Personalamts vom 15. April 2008 sowie gegen dessen Schreiben
vom 2. Juli 2008 ein und führte zur Begründung aus, seine (in Hamburg lebende) Schwiegermutter sei auf seine Unterstützung und die seiner Ehefrau angewiesen. Sowohl der Beratende Arzt des Personalamts als auch zwei Truppenärzte befürworteten seinen Einsatz im Raum Hamburg aus gesundheitlichen
Gründen. Seine Versetzung werde zur Wiederherstellung der Dienstfähigkeit
als notwendig bezeichnet. Es widerspreche der Fürsorgepflicht, dem Versetzungsgesuch nicht stattzugeben. Auch die Teilkonzeption des Generalinspek-
teurs zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf gebiete, ihn, den Antragsteller, in
die Lage zu versetzen, für seine Kinder zu sorgen und seine Schwiegermutter
zu pflegen. Der Antragsteller legte ergänzend ein ärztliches Attest der Privatklinik U. in Hamburg vom 5. August 2008 über eine dort durchgeführte tagesklinische Behandlung vom 15. Mai bis zum 15. August 2008 vor. Darin wird im Hinblick auf die familiär bedingte psychische Belastungssituation des Antragstellers
aus medizinischer Sicht nur ein Dienst im nahen Umfeld der Familie für
vertretbar gehalten.
11Mit zwei undatierten Schreiben an das Bundesverwaltungsgericht und den Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - (eingegangen am 2. September 2008)
legte der Antragsteller unter Hinweis auf § 16 Abs. 2 WBO weitere Beschwerde
ein (Verfahren BVerwG 1 WB 65.08). Zugleich bat er um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Zu diesen Anträgen hat der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - mit Schreiben vom 23. September 2008 Stellung genommen.
12Zur Begründung seines Rechtsschutzbegehrens trägt der Antragsteller insbesondere vor:
Die medizinischen Befunde dokumentierten in großer Einhelligkeit, dass er aus
medizinischen Gründen in den Raum Hamburg versetzt werden solle. Der Bundesminister der Verteidigung lasse den Fürsorgeaspekt völlig in den Hintergrund rücken, wenn er ihm nunmehr eine Fristversäumung im Hinblick auf den
Bescheid vom 15. April 2008 vorhalte. In der Sache bestreite er, dass es mittelund langfristig keinen Dienstposten für ihn im Raum Hamburg gebe. Es existierten Dienstposten in Boostedt, Eutin, Munster, Hamburg, Rendsburg etc., für die
er ausgebildet und geeignet sei. Er habe am 11. Juli 2008 einen weiteren Versetzungsantrag gestellt, der bis heute nicht beschieden sei. Die gesundheitliche
Situation seiner Schwiegermutter habe sich weiter verschlechtert; Hilfe sei noch
wichtiger als bisher. Die medizinisch bestätigte Hilfe und Unterstützung seitens
seiner Ehefrau und durch ihn selbst bei einem behinderten und pflegebedürftigen nahen Angehörigen erscheine aus humanitären und verfassungsrechtlichen
Gründen zwingend geboten. Im Übrigen gebe es eine Menge Offiziere, die die
Voraussetzungen für den von ihm nunmehr innegehabten Dienstposten erfüllten.
13Der Antragsteller beantragt,
den Bundesminister der Verteidigung im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihn, den Antragsteller, auf einen Dienstposten im Raum Hamburg oder - hilfsweise - auf eine Planstelle des z.b.V.-Etats im Raum Hamburg zu versetzen.
14Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
15Der Ablehnungsbescheid des Personalamts vom 15. April 2008 sei bestandskräftig geworden, weil der Antragsteller hiergegen nicht rechtzeitig Beschwerde
eingelegt habe. Bei dem Schreiben vom 2. Juli 2008 handele es sich lediglich
um eine wiederholende Verfügung, die keine neue Beschwerdemöglichkeit eröffne. Darüber hinaus bestünden erhebliche Bedenken gegen die Zulässigkeit
des Rechtsschutzbegehrens des Antragstellers, weil er in seinen Anträgen vom
23. Januar 2008 und vom 21. Juni 2008 keine konkreten Dienstposten benannt
habe, auf die er die Versetzung wünsche. Damit fehle die notwendige Konkretisierung des Rechtsschutzbegehrens. Schwerwiegende persönliche Gründe, die
im Übrigen die Versetzung gebieten könnten, lägen in der Person des Antragstellers nicht vor. Die truppenärztlichen Atteste enthielten zwar die grundsätzliche Empfehlung einer heimatnahen Versetzung; der Beratende Arzt des
Personalamts habe jedoch in seinen Stellungnahmen vom 15. April 2008 und
vom 10. September 2008 den Verbleib des Antragstellers auf dem jetzigen
Dienstposten zur Fortführung der begonnenen Heilbehandlung und zur Wiederherstellung der vollen Verwendungsfähigkeit empfohlen. Auch die aktuelle
Mitteilung für die Personalakte der Belegart 90/5 vom 12. August 2008 stelle die
Verwendungsfähigkeit des Antragstellers auf seinem Dienstposten in der
Abteilung ... des ...amtes in B. zwar unter Einschränkungen (Lärmempfindlichkeit) fest, empfehle aber nicht die Wegversetzung des Antragstellers. Soweit
der Antragsteller zur Begründung seines Versetzungsbegehrens auf seine familiäre Situation hinweise, sei diesbezüglich im Verhältnis zu den Beschlüssen
des Senats vom 9. Januar 2008 und vom 26. Februar 2008 keine beachtliche
Änderung eingetreten. Der Antragsteller habe auch keinen Anspruch auf Versetzung auf irgendeinen Dienstposten des z.b.V.-Etats im Raum Hamburg. Die
Inanspruchnahme von Haushaltsmitteln für organisationsrechtlich nicht vorgesehene Dienstposten sei grundsätzlich aus haushalterischen Gründen als Ausnahme zu betrachten. Die Ausnahmen seien im Erlass des Bundesministeriums
der Verteidigung - PSZ I 1 - vom 20. Mai 2005 (R 04/05) zusammengefasst.
Eine Fallgruppe, die das Bedürfnis des Antragstellers nach einer heimatnahen
Versetzung abbilde, finde sich darin nicht.
16Wegen des Vorbringens im Einzelnen wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakten des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - 868/08 und
869/98 -, die Personalgrundakte des Antragstellers, Hauptteile A bis C, und die
Gerichtsakten BVerwG 1 WB 47.07, BVerwG 1 WDS-VR 10.07, BVerwG 1 WB
35.04, BVerwG 1 WB 39.04, BVerwG 1 WDS-VR 4.04 sowie BVerwG 1 WB
65.08 haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
II
17Der Antrag hat keinen Erfolg.
18Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist in entsprechender Anwendung des § 123 VwGO im wehrdienstgerichtlichen Verfahren grundsätzlich
statthaft (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 16. August 2004 - BVerwG 1 WDS-VR
4.04 - und vom 28. Juni 2007 - BVerwG 1 WDS-VR 5.07 -
19Allerdings begehrt der Antragsteller mit dem Antrag, den Bundesminister der
Verteidigung im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihn, den
Antragsteller, auf einen Dienstposten oder auf eine Planstelle des z.b.V.-Etats
jeweils im Raum Hamburg zu versetzen, keine bloß sichernde oder vorläufig
regelnde Maßnahme, sondern die Vorwegnahme der Hauptsache. Ein derarti-
ges Rechtsschutzziel widerspricht grundsätzlich der Funktion des vorläufigen
Rechtsschutzes (Beschlüsse vom 16. August 2004 - BVerwG 1 WDS-VR 4.04 -
und vom 28. Juni 2007 a.a.O.) und kommt nur ausnahmsweise aus Gründen
des Gebotes effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) in Betracht, nämlich dann, wenn das Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache für den Antragsteller schlechthin unzumutbar wäre. Dies setzt nach ständiger Rechtsprechung des Senats unter dem Gesichtspunkt der Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs voraus, dass das Rechtsschutzbegehren in der Hauptsache
schon aufgrund der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes lediglich anzustellenden summarischen Prüfung bei Anlegung eines strengen Maßstabes
an die Erfolgsaussichten erkennbar Erfolg haben wird. Außerdem muss der
jeweilige Antragsteller glaubhaft machen, dass ihm - im Rahmen des Anordnungsgrundes - ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und
unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstehen, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der
Lage wäre (Beschluss vom 28. Juni 2007 a.a.O. m.w.N.).
20Nach diesen Maßstäben ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
abzulehnen, weil der Antragsteller einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft
gemacht hat.
21In der Hauptsache hat der vorrangig gestellte Antrag auf Versetzung „in den
Raum Hamburg“ keine Erfolgsaussicht. Dieses Rechtsschutzbegehren hat der
Antragsteller nicht ausreichend konkretisiert. Seinem Antrag fehlt die erforderliche Bestimmtheit; er ist deshalb unzulässig.
22Die gerichtliche Kontrolle, ob der Bundesminister der Verteidigung oder die in
seinem Auftrag tätige personalbearbeitende Stelle bei der Ablehnung einer beantragten Versetzung rechtmäßig gehandelt hat, ist nur möglich, wenn der Soldat, der die Ablehnungsentscheidung beanstandet, einen bestimmten Dienstposten konkret bezeichnet. Versetzungen erfolgen dienstpostenbezogen und
nicht nur standortbezogen. Nur bei einer Konkretisierung des angestrebten
Dienstpostens kann das Wehrdienstgericht die Rechtmäßigkeit der Verwendungsentscheidung, insbesondere das jeweils in Betracht kommende dienstli-
che Bedürfnis oder die in Frage stehenden dienstlichen Belange überprüfen.
Der Senat verlangt deshalb bei streitigen Versetzungsanträgen in ständiger
Rechtsprechung, dass ein Antragsteller - spätestens im Beschwerdeverfahren -
konkrete Dienstposten bezeichnen muss, für die er entweder objektiv geeignet
erscheint oder für die er sich selbst zumindest für geeignet hält und deshalb
glaubt, einen Anspruch auf eine entsprechende örtliche Verwendung geltend
machen zu können (Beschlüsse vom 24. Februar 2005 - BVerwG 1 WB 65.04 -
und vom 29. April 2008 - BVerwG 1 WB 42.07 - m.w.N.).
23Auf die Konkretisierung bestimmter angestrebter Dienstposten „im Raum Hamburg“ hat der Antragsteller jedoch sowohl in seinen Versetzungsanträgen als
auch im Beschwerdeverfahren verzichtet.
24Selbst wenn der Antragsteller eine Antragskonkretisierung durch Bezeichnung
bestimmter Dienstposten an im Einzelnen benannten Standorten vorgenommen
hätte, wäre sein Antrag in der Hauptsache unzulässig.
25Über den Versetzungsantrag „in den Raum Hamburg“ vom 23. Januar 2008 hat
das Personalamt der Bundeswehr mit Bescheid vom 15. April 2008 bestandskräftig entschieden. Bei dieser Sachlage geht ein Antrag auf eine vorläufige
Regelung ins Leere und ist wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig (Beschluss vom 26. Juni 2007 - BVerwG 1 WDS-VR 4.07 -).
26Der Antragsteller hat nicht dargetan, dass er rechtzeitig gegen den Bescheid
vom 15. April 2008 Beschwerde eingelegt hat. Nach § 6 Abs. 1 WBO muss eine
Beschwerde spätestens binnen zwei Wochen, nach dem der Beschwerdeführer
von dem Beschwerdeanlass Kenntnis erhalten hat, eingelegt werden. Der
Antragsteller hat den (am 16. April 2008 abgesandten) Bescheid vom 15. April
2008 spätestens am 21. Juni 2008 erhalten. Denn an diesem Tag hat er seinen
zweiten Versetzungsantrag an das Personalamt gerichtet und dabei
ausdrücklich auf den vorangegangenen „abgelehnten“ Versetzungsantrag Bezug genommen. Er rügt in diesem Zusammenhang ausdrücklich die „negative
Beantwortung des Versetzungsantrages“. Der Antragsteller hat nicht innerhalb
von zwei Wochen (spätestens bis Montag, 7. Juli 2008) Beschwerde eingelegt.
Seine Beschwerde datiert erst vom 28. Juli 2008 und ist damit verspätet.
27An der Einhaltung der Beschwerdefrist war der Antragsteller nicht durch einen
unabwendbaren Zufall im Sinne des § 7 WBO gehindert. Insbesondere kommt
eine Verlängerung der Beschwerdefrist gemäß § 7 Abs. 2 WBO wegen fehlender Rechtsmittelbelehrung nicht in Betracht. Auf diese Vorschrift kann sich ein
Beschwerdeführer nach ständiger Rechtsprechung des Senats nur berufen,
wenn eine gesetzliche Verpflichtung bestand, ihm eine Rechtsmittelbelehrung
zu erteilen, oder wenn eine solche im Hinblick auf eine nicht vorauszusetzende
Kenntnis der Frist verfassungsrechtlich geboten war (Beschlüsse vom 4. November 2004 - BVerwG 1 WB 36.04 - und vom 26. Juni 2007 - BVerwG 1 WDS-
VR 4.07 - jeweils m.w.N.). Truppendienstliche Erstmaßnahmen - wie der hier
angefochtene Bescheid des Personalamts - bedürfen indessen keiner
Rechtsbehelfsbelehrung (stRspr, Beschlüsse vom 20. Juli 2004 - BVerwG
1 WDS-VR 3.04 -
Nr. 1> und vom 26. Juni 2007 - BVerwG 1 WDS-VR 4.07 -). Die Wehrbeschwerdeordnung schreibt Rechtsbehelfsbelehrungen verpflichtend nur für ablehnende Beschwerdeentscheidungen in § 12 Abs. 1 Satz 4 und § 16 Abs. 4
WBO vor. Eine darüber hinausgehende verfassungsrechtliche Verpflichtung ist
nicht ersichtlich. Den Antragsteller auf die Frist des § 6 Abs. 1 WBO hinzuweisen, bestand rechtlich keine Veranlassung, weil diese Frist bei allen Soldaten
als bekannt vorausgesetzt werden kann (stRspr, Beschluss vom 26. Juni 2007
- BVerwG 1 WDS-VR 4.07 -).
28Das Schreiben des Personalamts vom 2. Juli 2008 - auf den zweiten Versetzungsantrag vom 21. Juni 2008 - hat eine neue Beschwerdefrist nicht eröffnet.
Bei diesem Schreiben handelt es sich um eine so genannte wiederholende Verfügung. Eine derartige Verfügung enthält lediglich die bloße Wiederholung einer
bereits ergangenen Entscheidung ohne neue eigene Regelung und setzt deshalb auch nicht eine eigenständige Rechtsbehelfsfrist in Lauf (vgl. Beschluss
vom 15. Juli 2008 - BVerwG 1 WB 1.08 -; Böttcher/Dau, WBO, 4. Aufl. 1997,
§ 1 Rn. 175). Der bloße Hinweis auf die frühere Entscheidung oder die Wiederholung einer bereits unanfechtbar gewordenen Maßnahme ist nicht erneut an-
fechtbar (Böttcher/Dau, a.a.O.). Mit dem Schreiben vom 2. Juli 2008 wiederholt
das Personalamt lediglich die am 15. April 2008 getroffene Entscheidung und
verzichtet ausdrücklich auf eine neue Sachentscheidung.
29Eine Änderung der Sach- oder Rechtslage im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1
VwVfG, die nach Bestandskraft des Bescheides vom 15. April 2008 eingetreten
wäre und die dem Antragsteller deswegen einen Anspruch auf Wiederaufgreifen des abgeschlossenen Verfahrens vermitteln würde, ist nicht dargetan oder
sonst ersichtlich.
30In der Hauptsache hat auch die hilfsweise vom Antragsteller angestrebte Versetzung auf eine Planstelle des z.b.V.-Etats im Raum Hamburg keine Aussicht
auf Erfolg.
31Nach Nr. 2.1.2 der insoweit zu beachtenden „Richtlinien zur Inanspruchnahme
von Planstellen z.b.V. und Planstellen z.b.V.-Schüleretat“ vom 20. Mai 2005
(BMVg - PSZ I 1 -) darf eine Planstelle als Planstelle z.b.V. erst (und nur) dann
in Anspruch genommen werden, wenn es unter Anlegung eines strengen Maßstabes bei Vorliegen eines dienstlichen Bedürfnisses für die Erfüllung von Aufgaben außerhalb eingerichteter Dienstposten unbedingt erforderlich ist. Sein
Ermessen für die Inanspruchnahme von Planstellen des z.b.V.-Etats hat das
Bundesministerium der Verteidigung in diesen Richtlinien in den Fallgruppen in
Nr. 2.2.1 bis 2.2.17 gebunden. Keine dieser Fallgruppen trifft auf die Situation
des Antragstellers zu. Er ist weder nach den vorgelegten aktuellen ärztlichen
Stellungnahmen für voraussichtlich mehr als vier Monate dienstunfähig
(Nr. 2.2.5 der Richtlinien), noch ist wegen dauernder Dienstunfähigkeit ein Verfahren zur Beendigung des Dienstverhältnisses eingeleitet worden (Nr. 2.2.6
der Richtlinien).
32Da ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht ist, kommt es auf die
Frage eines Anordnungsgrundes nicht mehr an.
33Abschließend weist der Senat darauf hin, dass der Antragsteller mit seinen
Einwendungen gegen seine Zuversetzung zum Logistikzentrum des Heeres in
Bad Neuenahr verkennt, dass über die zugrunde liegende Versetzungsverfügung durch Beschluss vom 26. Februar 2008 - BVerwG 1 WB 47.07 - rechtskräftig entschieden worden ist.
Golze Dr. Frentz Dr. Langer
Letze Urteile des Bundesverwaltungsgerichts
BVerwG: wohnsitz in der schweiz, wohnsitz im ausland, ausbildung, liechtenstein, aeuv, ohne erwerbstätigkeit, subjektives recht, besuch, unzumutbarkeit, anwendungsbereich
5 C 19.11 vom 10.01.2013
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