Urteil des BVerwG vom 26.10.2006

Ausbildung, Kosovo, Weisung, Dienstleistung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 WB 9.06
In dem Wehrbeschwerdeverfahren
des Herrn Hauptmann …,
…,
- Bevollmächtigte:
Rechtsanwälte …,
… -
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze als Vorsitzenden,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Widmaier,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
sowie
Oberstleutnant Dilthey und
Hauptmann Schmidt
als ehrenamtliche Richter
am 26. Oktober 2006 beschlossen:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e :
I
Der 1966 geborene Antragsteller ist Berufssoldat in der Laufbahn der Offiziere
des militärfachlichen Dienstes, dessen Dienstzeit voraussichtlich mit Ablauf des
28. Februar 2021 enden wird. Zum Hauptmann wurde er am 1. September
2005 ernannt. Seit dem 29. Januar 2001 wird er als Instandsetzungsoffizier
Kraftfahrzeug/Panzer FD und Hörsaalleiter FD in der ... Inspektion der T…
Schule in A. verwendet.
Zur Umsetzung des Erlasses des Bundesministeriums der Verteidigung
- PSZ III 2 - vom 22. Juni 2004 zu den Voraussetzungen der Gewährung eines
Auslandsverwendungszuschlages (AVZ) für temporäre Kräfte bestimmte das
Einsatzführungskommando der Bundeswehr (EinsFüKdo) durch Weisung vom
30. Juli 2004 für alle Kontingente, dass temporär eingesetzte Kräfte nur dann
Anspruch auf AVZ hätten, wenn sie auf Dienstposten kommandiert würden,
welche in der Dienstpostenliste der entsprechenden Kontingente abgebildet
seien; dieser vorhandene Dienstposten stelle den im genannten Erlass erwähn-
ten, für die Gewährung des AVZ erforderlichen direkten Zusammenhang mit der
zu erfüllenden Aufgabe des Kontingents her. Das EinsFüKdo verfügte deshalb,
dass in allen Kontingenten Dienstposten grundsätzlich für Materialprü-
fungskommandos, Prüfgruppen nach § 78 BHO, Einsatzkameratrupps und die
Beratungsgruppe Absicherung/Expertengruppe Schutz eingerichtet würden. Für
alle anderen temporär eingesetzten Soldaten sei eine Dienstreise zu beantra-
gen.
Mit weiterer Weisung vom 9. Februar 2005 teilte das EinsFüKdo mit, ab
1. Januar 2005 seien weitere Dienstposten für temporäre Kräfte für Tätigkeiten
eingerichtet, die unabdingbar für die materielle und personelle Einsatzbereit-
schaft des Kontingents seien. Dies seien Dienstposten für IT-Abstrahlprüf-
trupps; Verstärkungskräfte des Militärischen Abschirmdienstes; Instandset-
zungstrupps Ton, Sender, Video; Videoaufnahmetrupps und interkulturelle Ein-
satzberater für OpInfo-Einsätze; Erfassungs-, Übersetzungs- und Auswerteper-
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sonal sowie Betriebs- und Instandsetzungspersonal Elektronische Kampffüh-
rung; Vermessungstrupps; Geologie- und Bohrtrupps; Verstärkungskräfte Sani-
tätsdienst; Verstärkungspersonal CIMIC sowie für Einsatzprüfer und Verfah-
rensoptimierer der Gruppen Weiterentwicklung der Truppenschulen. In dieser
Weisung wurde erneut bestimmt, dass für alle anderen temporär eingesetzten
Soldaten, die im Auftrag einer inländischen Dienststelle in die deutschen
Einsatzkontingente reisen, eine Dienstreise zu beantragen sei.
Mit E-Mail vom 14. September 2005 stellte das Bundesministerium der Vertei-
digung - FüS I 1 - klar, dass es sich sowohl bei der „einsatzvorbereitenden“ als
auch bei der „einsatzbegleitenden“ Ausbildung um unterstützende Maßnahmen
handele, die nicht zu den Aufgaben des von der Bundesregierung in der Perso-
nalstärke festgelegten Einsatzkontingentes gehörten. Zukünftig sei daher das
gesamte Ausbildungspersonal nur noch mit Dienstreiseanordnung zu entsen-
den.
Mit Schreiben vom 21. November 2005 teilte das Heeresführungskomman-
do (HFüKdo) dem EinsFüKdo und der T… mit, für den Zeitraum 31. Januar bis
15. Februar 2006 sei in Form eines Lehrgangs die Ausbildung von bis zu sechs
Kraftfahrzeug-/Panzer-Instandsetzungs-Unteroffizieren/Feldwebeln an den
Fahrzeugkränen schwer 70 t/120 t im Einsatzland bei KFOR vorgesehen. Die
T… legte daraufhin unter Bezugnahme auf dieses Schreiben in dem „Befehl für
die Erkundung/Durchführung von Dienstreisen zu DEU H Ktgt KFOR (L) im
Einsatzgebiet“ vom 20. Dezember 2005 fest, wegen fehlenden Ausbildungsge-
rätes für Fahrzeugkräne schwer 70 t/120 t bei deutschen Truppenteilen bzw. bei
T… müsse die Ausbildung des Instandsetzungspersonals zwingend im Ein-
satzland erfolgen. Zur Durchführung des Auftrages („Fachpersonal T… führt
Instandsetzungsausbildung an Wehrmaterial durch und unterstützt DEU H Ktgt
KFOR bei Kontingentwechsel“) wurden der Antragsteller sowie Hauptmann …
… zur Entsendung bestimmt und zugleich zur Vorlage von Dienstreiseanträgen
aufgefordert.
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Am 24. Januar 2006 beantragte der Antragsteller unter Angabe des Reise-
zwecks „Ausbildungs- und Instandsetzungsunterstützung von Instandsetzungs-
personal ... P. 13. Ktgt KFOR an FKS ATF 70-4 und ATF 120-5“ die Dienstreise
nach P./Kosovo vom 1. bis 17. Februar 2006, die am 30. Januar 2006 im Auf-
trag des Bundesministeriums der Verteidigung vom Chef des Stabes im Füh-
rungsstab des Heeres angeordnet wurde.
Gegen diese ihm nach eigenen Angaben am 31. Januar 2006 eröffnete Anord-
nung legte der Antragsteller mit Schreiben vom 8. Februar 2006 Beschwerde
ein, die der Bundesminister der Verteidigung (BMVg) - PSZ I 7 - als Antrag auf
gerichtliche Entscheidung gewertet und mit seiner Stellungnahme vom 8. März
2006 dem Senat vorgelegt hat.
Zur Begründung trägt der Antragsteller insbesondere vor:
Die Anordnung der Dienstreise sei rechtswidrig. Zu gleichgelagerten Einsätzen
im Kosovo sei er in der Vergangenheit wiederholt mit Kommandierung entsandt
worden. Die T. unterstütze seit Jahren das zum Deutschen Einsatzkontingent
KFOR gehörende Instandsetzungspersonal bei der Prüfung und Instandsetzung
an den Fahrzeugkränen schwer 70 t/120 t. Diese Unterstützungsleistungen
seien in der Vergangenheit auf ausdrücklichen Wunsch des Deutschen
Einsatzkontingents KFOR erfolgt. Die in der Ausbildung und Instandsetzung
bestehende Aufgabe des Ausbildungspersonals könne nicht an der Schule in
Aachen durchgeführt werden, weil insoweit nur Bedarf bei dem Kontingent be-
stehe und die entsprechenden Fahrzeugkräne nur bei KFOR im Kosovo vor-
handen seien. Das Ausbildungs- und Instandsetzungspersonal werde deshalb
nicht im Interesse der T., sondern ausschließlich im Interesse des Einsatzkon-
tingents entsandt, dessen Einsatzbereitschaft mit diesem besonderen Beitrag
erhöht werde. Aus einer Allgemeinen Anordnung des Heeresamtes (HA) vom
17. März 2006 gehe außerdem hervor, dass für jeden Lehrgang eine Komman-
dierungsverfügung zu erstellen sei. Der Ausschluss der Angehörigen der T. aus
dem Kreis derjenigen, für die temporäre Dienstposten eingerichtet worden sei-
en, sei sachlich nicht gerechtfertigt. Vielmehr sei für seine Tätigkeit auch ein
Dienstposten in die Dienstpostenliste des Kontingents aufzunehmen. Er habe
allen Einschränkungen unterlegen, die auch den Angehörigen des Kontingents
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abverlangt würden. Eine weitere Ungleichbehandlung ergebe sich daraus, dass
während seines Aufenthalts Soldaten ausgebildet worden seien, die nicht im
Rahmen einer Dienstreise, sondern durch Kommandierung ins Kontingent ent-
sandt worden seien. Durch seinen Einsatz als Dienstreisender werde er im Falle
eines Schadenseintritts versorgungsrechtlich schlechter gestellt als die Kon-
tingentangehörigen. Eine weitere Benachteiligung folge aus dem Umstand,
dass er als Nichtangehöriger des Einsatzkontingents nicht dem Stationierungs-
abkommen unterliege und auf ihn die „Rules of Engagement“ (RoE) keine An-
wendung fänden.
Der BMVg beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers für den inzwischen abgelaufenen
Reisezeitraum 1. bis 17. Februar 2006 sei als Fortsetzungsfeststellungsantrag
wegen anzuerkennender Wiederholungsgefahr zulässig, aber unbegründet. Bei
der im Einsatzland ausgeübten Tätigkeit des Antragstellers habe es sich um
eine einzelne, abgrenzbare Aufgabe im Sinne des § 2 Abs. 1 BRKG und der
Nr. 12 Buchst. b 1. Alt. ZDv 14/5 B 171 gehandelt, die nicht mit einer
Kommandierung, sondern mit einer Dienstreise zu erledigen sei. Dabei sei es
unerheblich, dass diese Tätigkeit im Interesse des Einsatzkontingentes gelegen
habe. Die Aus- und Weiterbildung von Soldaten stelle nie einen Selbstzweck
der Schulen der Streitkräfte dar; diese hätten im Bereich der Lehre vielmehr
immer den Auftrag, das Personal der militärischen Verbände zur Erfüllung des
Auftrages zu befähigen. Das gelte auch für im Einsatzland durchzuführende
Instandsetzungsarbeiten an nur dort verfügbarem Spezialgerät wie den schwe-
ren Fahrzeugkränen 70 t/120 t. Der Antragsteller habe einen einzelnen ab-
grenzbaren Auftrag aufgrund des Befehls der T. vom 20. Dezember 2005
durchführen sollen. Er habe auch nicht zu den Soldatengruppen gehört, für die
seitens des EinsFüKdo auf der Dienstpostenliste des jeweiligen Kontingents
spezielle „Dienstposten“ eingerichtet seien und für die demnach eine Komman-
dierung zu erstellen gewesen wäre. Bei der militärischen Bewertung, welche
Spezialisten für die Erfüllung der allgemeinen Aufgabe eines Kontingents im
Auftrag des Befehlshabers vor Ort notwendig seien, stehe dem Dienstherrn ein
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weites Ermessen zu. Ermessensfehler des EinsFüKdo in seinen Weisungen
vom 30. Juli 2004 und vom 9. Februar 2005 seien nicht feststellbar. Soweit der
Antragsteller auf die Nichtanwendbarkeit der RoE sowie der Immunitätsregeln
auf Dienstreisende hinweise, verkenne er, dass der Rechtsstatus der deutschen
Truppen im Ausland nicht dem einzelnen Soldaten als subjektiv-öffentliches
Recht zustehe; vielmehr handele es sich um die Rechtsfolgen einer dem
Allgemeininteresse dienenden völkerrechtlichen Vereinbarung mit dem
Gastland, die von dem einzelnen Soldaten - als ihn nicht individuell begünsti-
gendes „Reflexrecht“ - nicht eingeklagt werden könnten. Auch ein Verstoß ge-
gen Nr. 809 (nunmehr Nr. 811) des „Handbuchs für Auslandseinsätze im Frie-
den“ in der Fassung vom 26. Januar 2006 liege nicht vor. Die Tätigkeit des An-
tragstellers habe offensichtlich nichts mit der darin geregelten Art der Ergän-
zungsausbildung zu tun, weil seine Tätigkeit nicht von geänderten Rahmenbe-
dingungen im Einsatzland abhänge.
Wegen des Vorbringens im Einzelnen wird auf den Inhalt der zwischen den Be-
teiligten gewechselten Schriftsätze und der Akten Bezug genommen. Die Ver-
fahrensakte des BMVg - PSZ I 7 - 121/06 - sowie Auszüge der Personalgrund-
akte des Antragstellers, Hauptteile A bis C, haben dem Senat bei der Beratung
vorgelegen.
II
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung bleibt ohne Erfolg.
Der Antragsteller hat keinen förmlichen Sachantrag gestellt. Seinem Schreiben
vom 29. Mai 2006 ist jedoch der Antrag zu entnehmen festzustellen, dass die
im Auftrag des Bundesministeriums der Verteidigung vom Chef des Stabes im
Führungsstab des Heeres am 30. Januar 2006 getroffene Anordnung der
Dienstreise des Antragstellers vom 1. bis 17. Februar 2006 nach P./Kosovo
rechtswidrig war und der Antragsteller stattdessen hätte kommandiert werden
müssen.
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Dieser Feststellungsantrag ist zulässig.
Das ursprüngliche Rechtsschutzbegehren des Antragstellers, die Dienstreise-
anordnung aufzuheben und für den Zeitraum vom 1. bis 17. Februar 2006 nach
P./Kosovo kommandiert zu werden, hat sich durch Zeitablauf erledigt. Bei die-
ser Sachlage kann das Wehrbeschwerdeverfahren in entsprechender Anwen-
dung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO mit einem Fortsetzungsfeststellungsantrag
fortgesetzt werden (stRspr, Beschlüsse vom 21. November 1995 - BVerwG
1 WB 53.95 - BVerwGE 103, 278 = Buchholz 252 § 9 SBG Nr. 1, vom 8. Mai
2001 - BVerwG 1 WB 15.01 - Buchholz 442.40 § 30 LuftVG Nr. 6 = NZWehrr
2001, 165 und vom 22. Juni 2005 - BVerwG 1 WB 1.05 - Buchholz 236.1 § 28
SG Nr. 6 ).
Das für einen derartigen Antrag erforderliche besondere Fortsetzungsfeststel-
lungsinteresse liegt hier vor. Dieses Fortsetzungsfeststellungsinteresse kann
sich nach ständiger Rechtsprechung des Senats unter anderem aus einer Wie-
derholungsgefahr ergeben (Beschlüsse vom 11. Dezember 2003 - BVerwG
1 WB 14.03 - BVerwGE 119, 341 = NZWehrr 2004, 163 und vom 22. Juni 2005
a.a.O. m.w.N.). Die Voraussetzung für die Annahme einer Wiederholungsge-
fahr, dass die konkret absehbare Möglichkeit besteht, dass in naher Zukunft
eine gleiche oder gleichartige Entscheidung zu Lasten des Antragstellers zu
erwarten ist (Beschluss vom 22. Juni 2005 a.a.O. m.w.N.), ist hier erfüllt. Der
BMVg - PSZ I 7 - hat im Hinblick auf die Funktion des Antragstellers die konkre-
te Wahrscheinlichkeit einer Wiederholungsgefahr in seinem Vorlageschreiben
an den Senat bejaht. Dieser Einschätzung hat der Antragsteller in seinem
Schreiben vom 29. Mai 2006 konkludent zugestimmt.
Der Antrag ist jedoch unbegründet.
Die Dienstreiseanordnung vom 30. Januar 2006 war rechtmäßig und hat den
Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt. Dieser hatte keinen Anspruch auf
Kommandierung in das Einsatzland vom 1. bis 17. Februar 2006 zu dem dort
verfolgten Reisezweck.
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Das dem zuständigen militärischen Vorgesetzten in § 3 Abs. 1 SG eingeräumte
Verwendungsermessen (vgl. dazu Beschluss vom 27. Juli 2006 - BVerwG 1 WB
15.06 - m.w.N.) hat das Bundesministerium der Verteidigung unter anderem in
der ZDv 14/5 B 171 („Bestimmungen über die Versetzung, den Dienst-
postenwechsel und die Kommandierung von Soldaten“) konkretisiert. Nach
Nr. 9 Abs. 1 ZDv 14/5 B 171 ist die Kommandierung der Befehl zur vorüberge-
henden (vorläufigen) Dienstleistung bei einer anderen Einheit (Dienststelle)
oder an einem anderen Standort (Dienstort) oder bei einer nicht amtlichen Stel-
le, z.B. bei einem Privatunternehmen. Durch eine derartige Maßnahme wird die
vorübergehende Verlagerung der allgemeinen, „vollen“ Dienstleistung des be-
troffenen Soldaten in eine andere Einheit bzw. in eine andere Dienststelle an-
geordnet. Sie entspricht daher - wenn auch nur vorläufig oder zeitweilig - einer
Versetzung (OVG Koblenz, Urteil vom 1. Juni 2001 - 10 A 12100/00 - IÖD 2001,
231 = juris Rn. 23; vgl. auch OVG Münster, Beschluss vom 13. März 2003 - 1 A
3635/00 - BWV 2003, 275 = juris Rn. 11). Zur Abgrenzung der Kommandierung
von der Dienstreise bestimmt Nr. 12 Buchst. a ZDv 14/5 B 171, dass eine
Kommandierung zu verfügen ist, wenn die vorübergehende anderweitige
Verwendung des Soldaten in einer allgemeinen Dienstleistung besteht;
demgegenüber ist nach Nr. 12 Buchst. b ZDv 14/5 B 171 eine Dienstreise im
Sinne des § 2 Abs. 1 BRKG anzuordnen, wenn der Soldat einzelne, bestimmte
Aufgaben aufgrund seiner Dienststellung wahrnimmt oder wenn er bestimmte
Dienstgeschäfte im Auftrag seiner Dienststelle auszuführen hat. Bei einer
Dienstreise wechselt die disziplinare Unterstellung nicht, während dies bei einer
Kommandierung in der Regel der Fall ist.
Wie sich aus einem Umkehrschluss zu Nr. 30 ZDv 14/5 B 171 ergibt, gelten
diese Bestimmungen auch für Verwendungen im Ausland. Insoweit gehen al-
lerdings Sonderregelungen für diese Verwendungen den Bestimmungen der
ZDv 14/5 B 171 vor. Derartige Sonderregelungen hat das Bundesministerium
der Verteidigung im hier gegebenen Zusammenhang getroffen. Im Erlass des
Bundesministeriums der Verteidigung - PSZ III 2 - vom 22. Juni 2004 ist ausge-
führt, dass die Frage, ob für die in das Einsatzgebiet entsandten Kräfte eine
Kommandierung/Abordnung zu verfügen oder eine Dienstreise anzuordnen sei,
von der jeweils zuständigen Dienststelle in Abstimmung mit dem EinsFüKdo
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unter Berücksichtigung der in Nr. 12 ZDv 14/5 B 171 wiedergegebenen Ab-
grenzungskriterien zu entscheiden sei.
Unter Beachtung dieser Maßgaben stellt der im Dienstreiseantrag vom
24. Januar 2006 genannte Reisezweck, nämlich die „Ausbildungsunterstützung“
an schweren Fahrzeugkränen 70 t/120 t ein „bestimmtes Dienstgeschäft“ im
Sinne der Nr. 12 Buchst. b ZDv 14/5 B 171 dar. Diese Ausbildungsunterstüt-
zung bezieht sich inhaltlich auf den Lehrgang für das Instandsetzungspersonal
an schweren Fahrzeugkränen 70 t/120 t beim Deutschen Einsatzkontingent
KFOR, der aufgrund der Anordnung des HFüKdo vom 21. November 2005 so-
wie des Befehls der T. vom 20. Dezember 2005 vom 31. Januar bis 15. Februar
2006 im Einsatzland vom Antragsteller durchgeführt werden sollte. Die Durch-
führung dieses speziellen Lehrgangs ausschließlich für die schweren Fahr-
zeugkräne 70 t/120 t stellt keine allgemeine Dienstleistung dar, die der An-
tragsteller entsprechend seiner Dienstpostenbeschreibung zu erbringen hat, die
sich auf die Instandsetzung von Kraftfahrzeugen und Panzern sowie auf die
Aufgabe des Hörsaalleiters und - ausweislich der Aufgabenbeschreibung in
seiner planmäßigen Beurteilung 2005 - auf eine große Zahl verschiedener Sys-
temtechniklehrgänge und Spezialausbildungen bezieht. Seine Mitwirkung an
dem angeordneten Lehrgang ist vielmehr ein einzelner, inhaltlich abgegrenzter
fachlicher Auftrag, der lediglich einen eingeschränkten Teilbereich seines sol-
datischen Pflichtenkreises repräsentiert.
Diese Tätigkeit hat der Antragsteller auch im Sinne der Nr. 12 Buchst. b
ZDv 14/5 B 171 „im Auftrag“ seiner Dienststelle, nämlich aufgrund des genann-
ten Befehls der T. vom 20. Dezember 2005 erfüllt.
Für die Abgrenzung zwischen einem bestimmten Dienstgeschäft im Auftrag der
Dienststelle einerseits und der allgemeinen Dienstleistung andererseits ist es
rechtlich unerheblich, dass die befohlene Ausbildung wegen fehlenden Ausbil-
dungsgerätes im Inland im Einsatzland erfolgen musste. Ebenso ist es rechtlich
unerheblich, welches Interesse der Kontingentführer im Kosovo an der Ausbil-
dungsunterstützung hatte. Denn der BMVg weist zu Recht darauf hin, dass die
von den Schulen der Bundeswehr durchgeführte Aus- und Weiterbildung von
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Soldaten nie einen Selbstzweck der Schulen darstellt, sondern immer dazu
dienen soll, dass das ausgebildete Personal befähigt wird, die den jeweiligen
militärischen Verbänden übertragenen Aufgaben zu erfüllen. So gehören zu den
zentralen Aufgaben der T. die Planung, Steuerung und Ausführung be-
darfsgerechter lehrgangsgebundener Ausbildung nach dem Lehrgangskatalog
des Heeres und die Bereitstellung von Personal und Material zur Aus-, Fort-
und Weiterbildung im Bereich der Materialerhaltung des Heeres. Jedenfalls
unter diese zweite Kategorie fällt die hier durchgeführte Maßnahme im Kosovo.
Soweit im Reisezweck das Wort „Ausbildungsunterstützung“ verwendet wird,
lässt sich hieraus entgegen der Annahme des Antragstellers nicht eine Integra-
tion seines spezifischen Dienstgeschäfts in die allgemeinen Aufgaben des
Einsatzkontingentes ableiten. Der Dienstreiseantrag kann nicht ohne den
zugrundeliegenden Befehl der T. vom 20. Dezember 2005 gesehen werden.
Darin war - ausdrücklich anknüpfend an die Weisung des HFüKdo vom
21. November 2005 - die „Instandsetzungsausbildung“ in Gestalt eines Lehr-
gangs - also die Ausbildung - festgelegt worden. Überdies folgt aus den Wei-
sungen des EinsFüKdo vom 30. Juli 2004 und vom 9. Februar 2005, dass nur
die darin genannten spezifischen (unterstützenden) Tätigkeiten kontinuierlich
unabdingbar für die materielle und personelle Einsatzbereitschaft in allen Kon-
tingenten sind und deshalb insoweit eine volle Integration der hierfür temporär
eingesetzten Soldaten in die jeweiligen Kontingente erforderlich ist. Die Ausbil-
dung an den schweren Fahrzeugkränen 70 t/120 t gehört dazu nicht. Es kommt
hinzu, dass in der Weisung des Bundesministeriums der Verteidigung
- FüS I 1 - vom 14. September 2005 angeordnet wurde, dass zukünftig „das
gesamte Ausbildungspersonal nur noch mit Dienstreiseanordnung zu entsen-
den“ ist. Diese Weisung stellt eine Sonderregelung für Auslandseinsätze im
Sinne der Nr. 30 ZDv 14/5 B 171 dar und beschreibt im Übrigen die im Zeit-
punkt der Anordnung der Dienstreise geübte Verwaltungspraxis. Da es sich bei
der ZDv nicht um eine Rechtsnorm, sondern um ermessensleitende und er-
messensbindende Verwaltungsvorschriften handelt, die Außenwirkung nur im
Rahmen des Anspruchs auf Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 GG entfalten,
kommt es für die Auslegung entscheidend auf die tatsächliche Verwaltungspra-
xis an. Denn nur bei einer Abweichung von der in der Praxis generell vorge-
nommenen Auslegung der Verwaltungsvorschriften kann ein Verstoß gegen
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den Gleichbehandlungsgrundsatz vorliegen. Eine derartige Abweichung von der
tatsächlichen Verwaltungspraxis seit der Weisung vom 14. September 2005 ist
für den Senat nicht erkennbar und vom Antragsteller auch nicht substantiiert
dargetan.
Die außerdem im Reisezweck genannte „Instandsetzungsunterstützung“ stellt
eine einzelne, bestimmte Aufgabe aufgrund der Dienststellung des Antragstel-
lers im Sinne der Nr. 12 Buchst. b 1. Alt. ZDv 14/5 B 171 dar. Diese Aufgabe
steht - wie die Verknüpfung mit dem Wort „und“ dokumentiert - in unmittelbarem
Zusammenhang mit dem angeordneten Lehrgang an den schweren Fahr-
zeugkränen 70 t/120 t; sie hatte der Antragsteller aufgrund seiner Dienststellung
als Lehrgangsausbilder wahrzunehmen. Diese unmittelbare Verknüpfung hat
der Antragsteller auch selbst in seinem Schriftsatz vom 29. Mai 2006 her-
gestellt, indem er dort betont, dass die Aufgabe des Ausbildungspersonals „in
der Ausbildung und Instandsetzung bestehe“.
Damit fehlen die Voraussetzungen für die Annahme einer „allgemeinen Dienst-
leistung“ im Sinne der Nr. 12 Buchst. a ZDv 14/5 B 171, sodass für den Reise-
zweck des Antragstellers eine Dienstreise anzuordnen war.
Die Dienstreiseanordnung vom 30. Januar 2006 lässt auch eine Verletzung des
Gleichbehandlungsgrundsatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG nicht erkennen. Soweit
der Antragsteller auf die Kommandierung dreier Soldaten der N…schule in B.
zum logistischen Truppenversuch in das Einsatzland verweist, ergibt sich aus
der vom Antragsteller nicht in Frage gestellten Mitteilung des BMVg - PSZ I 7 -,
dass diese als „Einsatzprüfer und Verfahrensoptimierer der Gruppen Weiter-
entwicklung der Truppenschulen“ im Sinne der Weisung des EinsFüKdo vom
9. Februar 2005 kommandiert worden sind.
Soweit der Antragsteller die Allgemeine Anordnung HA vom 17. März 2006 mit
der Bestimmung einer Kommandierung zu Lehrgängen in Bezug nimmt, über-
sieht er zum einen, dass diese Anordnung nach dem hier streitbefangenen Zeit-
raum ergangen ist, und überdies, dass darin Kommandierungsverfügungen nur
für die Lehrgangsteilnehmer unter Angabe der Bedarfsträger von den ent-
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sendenden Truppenteilen zu veranlassen sind. Der Antragsteller selbst hinge-
gen gehört zum Ausbildungspersonal, für das die Allgemeine Anordnung HA
vom 17. März 2006 erkennbar nicht gilt.
Auch ein Verstoß gegen die Fürsorgepflicht des Vorgesetzten ist bei der streit-
befangenen Dienstreiseanordnung nicht festzustellen. Insoweit rügt der An-
tragsteller Benachteiligungen in seiner Besoldung sowie in seiner Versorgung.
Diese Gegenstände gehören indessen zur Fürsorgepflicht des Dienstherrn nach
§ 31 SG, über die gegebenenfalls die allgemeinen Verwaltungsgerichte zu
entscheiden haben (§ 82 SG i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1, § 21 Abs. 2 Satz 1
WBO).
Für den Senat ist nicht ersichtlich und vom Antragsteller auch nicht dargetan,
inwieweit die Nichtanwendung der RoE auf ihn eine Rechtswidrigkeit der
Dienstreiseanordnung vom 30. Januar 2006 zur Folge haben könnte. Dies gilt
auch im Hinblick auf sein Vorbringen, er genieße nicht die „Immunität“ der Kon-
tingentangehörigen. Sollte der Antragsteller diese „Immunität“ aus Stationie-
rungsabkommen mit dem jeweiligen Gastland herleiten, verkennt er, dass diese
Abkommen als zwischenstaatliche Verträge nicht vorrangig im Individualinte-
resse eines einzelnen Soldaten abgeschlossen werden; in ihnen festgelegte
Normen mit den einzelnen Soldaten begünstigenden Folgen lösen lediglich Re-
flexrechte aus, die nicht zum Gegenstand eines Antrags auf gerichtliche Ent-
scheidung nach § 17 Abs. 1, Abs. 3 WBO gemacht werden können.
Auch ein Verstoß gegen Nr. 811 des Allgemeinen Umdrucks 1/100 („Handbuch
für Auslandseinsätze im Frieden“) liegt nicht vor. Die in dieser Bestimmung ge-
regelte „Ausbildung im Einsatz“ dient der Erhaltung und Vertiefung der in der
vorbereitenden Ausbildung im Heimatland erworbenen Kenntnisse und Fertig-
keiten und passt sie den veränderten Gegebenheiten im Einsatzgebiet an
(Nr. 811 Abs. 1 Satz 1). Nach dem eigenen Vorbringen des Antragstellers fin-
den die Ausbildungs- und Instandsetzungsarbeiten an den schweren Fahr-
zeugkränen 70 t/120 t ausschließlich im Kosovo statt. Eine Anknüpfung an eine
insoweit „vorbereitende Ausbildung im Heimatland“ liegt vor diesem Hintergrund
nicht vor.
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Der Antragsteller kann ferner nicht mit Erfolg geltend machen, die Dienstreise-
anordnung vom 30. Januar 2006 verstoße gegen den Gleichbehandlungs-
grundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG im Verhältnis zu den in den Erlassen vom
30. Juli 2004 und vom 9. Februar 2005 angeführten Fallgruppen, für die Dienst-
posten für temporäre Kräfte eingerichtet worden sind. Die Entscheidung da-
rüber, für welche Zwecke bei Aufstellung eines Kontingents für einen Aus-
landseinsatz Dienstposten eingerichtet werden, obliegt allein der Organisati-
onsgewalt des Dienstherrn und seiner Einschätzung, welche Dienstposten zur
Erfüllung des gestellten Auftrages erforderlich sind. Dabei nimmt er keine un-
mittelbar die Rechtsstellung der einzelnen Soldaten betreffenden Bestimmun-
gen vor, die im Rahmen eines Wehrbeschwerdeverfahrens angegriffen werden
können. Er muss sich auch nicht von der Frage leiten lassen, welche Rechts-
folgen es für die einzelnen Soldaten jeweils haben wird, ob sie entweder auf
einen bestimmten Dienstposten kommandiert oder ob zur Erbringung sonstiger
Dienstgeschäfte eine Dienstreise angeordnet wird. Die entsprechende zugrun-
deliegende Organisationsentscheidung kann im Rahmen eines Wehrbe-
schwerdeverfahrens nicht gerichtlich überprüft werden (ebenso schon stRspr
zur Ausbringung von Dienstposten in der Stärke- und Ausrüstungsnachwei-
sung, vgl. z.B. Beschluss vom 14. November 2002 - BVerwG 1 WB 36.02 -
m.w.N.).
Der Anregung des Antragstellers im Schriftsatz vom 29. Mai 2006, Brigadege-
neral S. zu seiner Auffassung zu vernehmen, dass der Kontingentführer im Ko-
sovo zur Erfüllung seines Auftrages auf funktionsfähige Fahrzeugkräne ange-
wiesen ist und die Funktionstüchtigkeit der Gerätschaften gewährleistet sein
muss, ist nicht nachzugehen. Nach § 21 Abs. 2 Satz 1, § 18 Abs. 2 Satz 2 WBO
i.V.m. § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO i.w.V.m. § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO darf ein
Beweisantrag abgelehnt werden, wenn die Tatsache, die bewiesen werden soll,
für die Entscheidung ohne Bedeutung oder schon erwiesen ist. Dies gilt
entsprechend für eine Beweisanregung, der unter diesen Voraussetzungen
nicht nachzugehen ist. Die vom Antragsteller unter Beweis gestellte Einschät-
zung, dass der Kontingentführer im Kosovo zur Erfüllung seines Auftrages auf
funktionstüchtige Fahrzeugkräne angewiesen ist und die Funktionstüchtigkeit
der Gerätschaften gewährleistet sein muss, ist für die Frage, ob insoweit für
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Ausbildungs- und Instandsetzungspersonal eine Dienstreise oder eine Kom-
mandierung anzuordnen ist, ohne rechtliche Bedeutung.
Golze Prof. Dr. Widmaier Dr. Frentz