Urteil des BVerwG vom 13.07.2015

Dienstzeugnis, Res Iudicata, Beendigung, Rückführung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 WB 64.14
In dem Wehrbeschwerdeverfahren
des Herrn Oberleutnant der Reserve …,
…,
zuletzt: …,
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
die ehrenamtliche Richterin Oberfeldveterinär Dr. Wolff und
den ehrenamtlichen Richter Oberleutnant Suchantke
am 13. Juli 2015 beschlossen:
Soweit der Rechtsstreit die Anträge auf Verpflichtung des
Bundesministeriums der Verteidigung, dem Antragsteller
in Ergänzung zum Beschwerdebescheid des Befehlsha-
bers des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr
vom 18. April 2013 mitzuteilen, ob auf Grund seiner Be-
schwerde vom 11. Januar 2013 gegen Oberst i.G. S. als
Betroffenen eine Disziplinarmaßnahme verhängt oder von
einer Disziplinarmaßnahme abgesehen worden ist, und
auf Feststellung der formellen Rechtswidrigkeit des Be-
schwerdebescheids des Befehlshabers des Einsatzfüh-
rungskommandos der Bundeswehr vom 18. April 2013 be-
trifft, ist das Bundesverwaltungsgericht - Wehrdienstsena-
te - unzuständig.
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Insoweit wird der Rechtsstreit an das Truppendienstge-
richt Süd verwiesen.
Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
G r ü n d e :
I
Der Antragsteller begehrt, ihm in Ergänzung eines Beschwerdebescheids des
Befehlshabers des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr gemäß § 13
Abs. 2 Satz 2 WBO mitzuteilen, ob gegen den Betroffenen der Beschwerde ei-
ne Disziplinarmaßnahme verhängt oder von einer Disziplinarmaßnahme abge-
sehen worden ist; ferner strebt er unter anderem die Korrektur eines für ihn er-
stellten Dienstzeugnisses an.
Der 19.. geborene Antragsteller ist Offizier der Reserve des Truppendienstes.
Zu dieser Reserveoffizier-Laufbahn wurde er am 8. Mai 20.. zugelassen. Am
2. September 20.. erfolgte seine Ernennung zum Oberleutnant der Reserve.
Der Antragsteller nahm im Rahmen von Wehrübungen auch an besonderen
Auslandsverwendungen teil. In der Zeit vom 3. Januar 2011 bis zum 26. Juli
2011 war er beim .... Deutschen Einsatzkontingent ISAF in Afghanistan einge-
setzt. Der (damalige) Chef des Stabes des Deutschen Einsatzkontingents ISAF
(Regionalkommando Nord), Oberst H., erstellte für ihn am 26. Juli 2011 hier-
über ein Dienstzeugnis.
Das Kreiswehrersatzamt K. zog den Antragsteller mit Bescheid vom 12. Juni
2012 innerhalb einer Wehrübung beim …bataillon …, M., erneut zu einer be-
sonderen Auslandsverwendung in Afghanistan (ISAF) für die Zeit vom 30. Juli
2012 bis zum 27. Februar 2013 heran. Der Antragsteller wurde im … Deut-
schen Einsatzkontingent ISAF beim … Team (AT) …, Masar-e Sharif, einge-
setzt. Am 21. Dezember 2012 teilte ihm der Commander Partnering Advisory
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Task Force (PATF) Masar-e Sharif, Oberst i.G. S., mit, dass diese besondere
Auslandsverwendung vorzeitig beendet werde. Am 8. Januar 2013 wurde der
Antragsteller informiert, dass er am 12. Januar 2013 nach Deutschland zurück-
geführt werde. Die Rückführung erfolgte am 12. Januar 2013.
Am 11. Januar 2013 legte der Antragsteller Beschwerde "gegen Oberst i.G. S.
bezüglich vorzeitiger Beendigung meiner Teilnahme an einer besonderen Aus-
landsverwendung" ein. Zur Begründung führte er aus, dass ihm Oberst i.G. S.
am 21. Dezember 2012 mitgeteilt habe, dass sein Verbleib im Einsatz auf den
12. Januar 2013 aus dienstlichen Gründen verkürzt werde. Damit sei er nicht
einverstanden; er habe dies auch zum Ausdruck gebracht. Aus seiner Sicht ha-
be der Kommandeur PATF das nach der Handakte "Personalführung und
-bearbeitung" für die Beendigung von Auslandseinsätzen gebotene Verfahren
nicht eingehalten.
Die Beschwerde des Antragstellers wies der Kommandeur des Deutschen Ein-
satzkontingents ISAF mit Bescheid vom 11. Januar 2013 mit der Begründung
zurück, dass auf die Beendigung des Auslandseinsatzes des Antragstellers die
"Handakte" des Einsatzführungskommandos - J1 - Kapitel 8 nicht anzuwenden
sei. Im Fall des Antragstellers handele es sich vielmehr um eine Rückverlegung
aus dienstlichen Gründen auf der Basis organisatorischer Maßnahmen, die zeit-
lich mit dem Kontingentwechsel zusammen fielen. Nach Weisung des Befehls-
habers des Einsatzführungskommandos zur Erreichung einer möglichen Perso-
nalgrenze von 4 400 im Rahmen ISAF in Afghanistan sei eine Umgliederung
des Deutschen Einsatzkontingents ISAF erfolgt. Die bisher vorhandene Struktur
mit … Teams auf K.-Ebene entfalle im Januar 2013. Das AT … Corps werde
gemäß dieser Weisung zum 15. Januar 2013 aufgelöst. Zu diesem Zeitpunkt
entfalle der Einsatzdienstposten, auf dem der Antragsteller eingeplant sei. Die
Rückverlegung der von dieser Weisung betroffenen Einsatzgruppenteile nach
Deutschland sei bis zum 15. Januar 2013 abzuschließen. Daher sei es nicht zu
beanstanden, das Ende der Auslandsverwendung des Antragstellers auf den
12. Januar 2013 vorzuverlegen.
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Auf die weitere Beschwerde des Antragstellers vom 18. Januar 2013, mit der er
erneut das Vorgehen von Oberst i.G. S. beanstandete, stellte der Befehlshaber
des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr mit Beschwerdebescheid
vom 18. April 2013 fest, dass er der Beschwerde des Antragstellers stattgebe.
Zugleich hob er den Beschwerdebescheid des Kommandeurs des Deutschen
Einsatzkontingents ISAF vom 11. Januar 2013 auf und stellte fest, dass die vor-
zeitige Beendigung der besonderen Auslandsverwendung des Antragstellers
rechtswidrig sei, weil die Verfahrensvorschriften der Handakte des Einsatzfüh-
rungskommandos der Bundeswehr - J1 - "Personalführung und -bearbeitung für
Soldaten und Soldatinnen der Bundeswehr in besonderen Auslandsverwen-
dungen" nicht beachtet worden seien. In der Begründung führte der Befehlsha-
ber unter anderem aus, dass ein Einfluss nicht sachgerechter Motive (vorzeitige
Rückverlegung als Racheakt aufgrund der Meldung des Antragstellers gegen
Oberstleutnant L. oder als Mittel versteckter Disziplinierung) bei der Rückfüh-
rung des Antragstellers nach den durchgeführten Ermittlungen nicht habe fest-
gestellt werden können. Die vorzeitige Rückführung des Antragstellers sei allein
aufgrund des Wegfalls seines Dienstpostens erfolgt. Insoweit bezog sich der
Befehlshaber des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr auf die Ausfüh-
rungen im Beschwerdebescheid des Kommandeurs des Deutschen Einsatzkon-
tingents ISAF vom 11. Januar 2013.
Mit Schreiben an das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienst-
leistungen der Bundeswehr vom 20. Februar 2014 beantragte der Antragsteller,
ihm einen finanziellen Ausgleich für entgangene Einnahmen im Auslandsver-
wendungszuschlag in Höhe von 1 760 € (16 Tage x 110 €) nebst Zinsen zu
zahlen. Zur Begründung führte er aus, dass er vom 3. August 2012 bis zum
12. Januar 2013 als Soldat in Afghanistan eingesetzt gewesen sei. Sein Aus-
landsaufenthalt habe ursprünglich am 28. Januar 2013 enden sollen. Seine vor-
zeitige Rückführung nach Deutschland habe Oberst i.G. S. in verfahrenswidri-
ger Weise veranlasst. Infolge dieses rechtswidrigen Handelns von Oberst i.G.
S. sei seine Auslandsverwendung 16 Tage früher als geplant beendet worden;
insoweit sei ihm der Auslandsverwendungszuschlag in Höhe von 110 € pro Tag
entgangen. Den Antrag lehnte das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz
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und Dienstleistungen der Bundeswehr mit Schreiben vom 20. März 2014 und
vom 28. Mai 2014 ab.
Mit E-Mail vom 5. März 2014 hatte der Antragsteller inzwischen an den Be-
fehlshaber des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr die Anfrage ge-
richtet, ob gegen den Betroffenen seiner Beschwerde, Oberst i.G. S., eine Dis-
ziplinarmaßnahme verhängt oder von einer Disziplinarmaßnahme abgesehen
worden sei. Dabei bezog er sich auf den der E-Mail angehängten Beschwerde-
bescheid des Befehlshabers des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr
vom 18. April 2013, ihm am 25. April 2013 zugestellt. Mit Schreiben vom
18. März 2014 teilte das Einsatzführungskommando der Bundeswehr - J1 - dem
Antragsteller mit, dass zu dieser Frage keine Auskunft erteilt werde.
Mit seiner Beschwerde vom 17. April 2014 machte der Antragsteller geltend,
dass ihm der am 5. März 2014 erhobene Informationsanspruch gemäß § 13
Abs. 2 Satz 2 WBO zustehe, weil in der Person des Betroffenen ein Dienstver-
gehen vorliege. Schon im April 2013 hätte eine entsprechende Mitteilung an ihn
erfolgen müssen. Als Anlage 7 zu der Beschwerde legte der Antragsteller sein
E-Mail-Schreiben vom 5. März 2014 an General H. vor, mit dem er mehrere
Mängel des ihm am 26. Juli 2011 von Oberst H. erteilten Dienstzeugnisses ge-
rügt und dessen Berichtigung beantragt hatte. Im Schriftwechsel mit dem Gene-
ralinspekteur der Bundeswehr erklärte der Antragsteller - unter Hinweis auf die
E-Mail vom 5. März 2014 - mit Schreiben vom 12. Juni 2014, dass das Dienst-
zeugnis Bestandteil seiner Beschwerde vom 17. April 2014 sei, und dass er um
nachträgliche Korrektur bitte. Die Schriftart des Dienstzeugnisses sei nicht ein-
heitlich; es weise weder ein Ausstellungsdatum noch einen Ausstellungsort aus;
Telefonnummern und E-Mail-Adressen müssten entfernt werden; das Dienst-
zeugnis habe zwei Seiten, müsse aber eine Seite haben; sachlich falsche Dar-
stellungen und Formulierungen, die den Zweck hätten, andere als aus dem
Wortlaut ersichtliche Aussagen über ihn, den Antragsteller zu treffen, müssten
entfernt werden, und das Wort Dienstsiegel sei in Dienststempel zu ändern.
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Die Beschwerde des Antragstellers wies der Generalinspekteur der Bundes-
wehr mit Beschwerdebescheid vom 18. Juli 2014 zurück. Zur Begründung führ-
te er aus, dass der Rechtsbehelf gegen das Schreiben des J1 des Einsatzfüh-
rungskommandos der Bundeswehr vom 18. März 2014 unzulässig sei, weil es
sich bei dieser Mitteilung nicht um eine anfechtbare truppendienstliche Maß-
nahme handele. Überdies bestehe die vom Antragsteller geltend gemachte Mit-
teilungspflicht nach § 13 Abs. 2 Satz 2 WBO nur dann, wenn ein Beschwerde-
führer eine schuldhafte Dienstpflichtverletzung eines anderen Soldaten zum
Gegenstand einer Beschwerde mache. Mit seiner ursprünglichen Beschwerde
vom 11. Januar 2013 habe der Antragsteller hingegen lediglich die Rechtmä-
ßigkeit der Rückführungsentscheidung des Kommandeurs des Deutschen Ein-
satzkontingents ISAF überprüfen lassen wollen. Oberst i.G. S. sei aber nicht als
potenzieller Beschuldigter eines Dienstvergehens davon betroffen gewesen.
Hinsichtlich des Dienstzeugnisses vom 26. Juli 2011 habe der Antragsteller ei-
nen Rechtsbehelf nicht förmlich in das Beschwerdeverfahren eingeführt.
Gleichwohl habe er, der Generalinspekteur der Bundeswehr, eine dienstauf-
sichtliche Prüfung veranlasst.
Die gegen diesen Bescheid eingelegte weitere Beschwerde des Antragstellers
vom 20. August 2014 wies das Bundesministerium der Verteidigung - R II 2 -
mit Beschwerdebescheid vom 6. Oktober 2014 zurück. Es bezog sich auf die
rechtliche Würdigung der Beschwerde durch den Generalinspekteur der Bun-
deswehr und führte ergänzend aus, dass es dem Beschwerdevorbringen insbe-
sondere bezüglich des Dienstzeugnisses nachgegangen sei, aber keinen An-
lass für dienstaufsichtliches Einschreiten gefunden habe. Das Ergebnis der
dienstaufsichtlichen Prüfung des Generalinspekteurs der Bundeswehr sei nicht
mit Rechtsbehelfen anfechtbar.
Gegen diese ihm am 15. Oktober 2014 zugestellte Entscheidung richtet sich der
Antrag des Antragstellers auf Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts
vom 11. November 2014. Den Antrag hat das Bundesministerium der Verteidi-
gung - R II 2 - mit seiner Stellungnahme vom 9. Dezember 2014 dem Senat
vorgelegt.
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Zur Begründung seines Rechtsschutzbegehrens wiederholt und vertieft der An-
tragsteller sein Beschwerdevorbringen. Er betont unter anderem, im Beschwer-
debescheid des Befehlshabers des Einsatzführungskommandos der Bundes-
wehr vom 18. April 2013 werde zwar seine weitere Beschwerde als zulässig
und begründet bezeichnet; die von ihm beantragte Abhilfe sei aber nicht erfolgt.
Deshalb habe er nach wie vor einen Informationsanspruch. Hinsichtlich des
Dienstzeugnisses habe er schon mit der E-Mail an General H. seine Beschwer
zum Ausdruck gebracht.
Der Antragsteller beantragt festzustellen, dass
er immer noch beschwert sei und trotz stattgegebener Be-
schwerde durch den Befehlshaber des Einsatzführungs-
kommandos vom 18. April 2013 keine Abhilfe geschaffen
worden sei,
der Beschwerdebescheid des Befehlshabers des Einsatz-
führungskommandos vom 18. April 2013 eine Rechts-
behelfsbelehrung hätte enthalten müssen,
die rechtliche Würdigung seiner Beschwerde durch den
Generalinspekteur der Bundeswehr zu beanstanden sei,
dem Bescheid des Befehlshabers des Einsatzführungs-
kommandos vom 18. März 2014 die Rechtsbehelfsbeleh-
rung fehle, auch bezüglich des Hinweises auf die Möglich-
keit der weiteren Dienstaufsichtsbeschwerde,
fehlende Abhilfe zu leisten und Ausgleich zu schaffen sei,
sein Vorbringen hinsichtlich seines Dienstzeugnisses nicht
als verspätet zurückzuweisen und sein Dienstzeugnis zu
berichtigen sei.
Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Es trägt vor, dass der Antrag auf gerichtliche Entscheidung offensichtlich unbe-
gründet sei, weil die Mitteilungspflicht gemäß § 13 Abs. 2 Satz 2 WBO gegen-
über dem Antragsteller nicht bestehe. Diese Mitteilung sei nur dann geboten,
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wenn sich nach § 13 Abs. 2 Satz 1 WBO das Vorliegen eines Dienstvergehens
feststellen lasse. Dann sei nach der Wehrdisziplinarordnung zu verfahren. Das
grundsätzliche Ergebnis des Disziplinarverfahrens (Verhängung einer Diszipli-
narmaßnahme oder ein Absehen davon) sei dem Beschwerdeführer mitzutei-
len. Im Beschwerdebescheid des Befehlshabers des Einsatzführungskomman-
dos der Bundeswehr vom 18. April 2013 sei mitgeteilt worden, dass ein diszipli-
narrechtlich relevantes Verhalten nicht festgestellt werden könne. Das Vorbrin-
gen des Antragstellers bezüglich seines Dienstzeugnisses sei als verspätet zu-
rückzuweisen. Im Kern gehe es dem Antragsteller um seinen Auslandsverwen-
dungszuschlag. Dieser Streitgegenstand könne im vorliegenden Verfahren je-
doch nicht geltend gemacht werden. Soweit der Antragsteller Belehrungen zu
der Möglichkeit einer Dienstaufsichtsbeschwerde fordere, verkenne er, dass für
die Vorgesetzten bzw. für die Dienststellen der Bundeswehr keine diesbezügli-
chen Aufklärungs- oder Hinweispflichten bestünden.
Die Verfahrensbeteiligten sind zu der teilweisen Verweisung des Rechtsstreits
an das Truppendienstgericht Süd angehört worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Ak-
ten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministeriums der Ver-
teidigung - R II 2 - 1305/14 - und die Personalgrundakte des Antragstellers ha-
ben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
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Die vom Antragsteller im Schriftsatz vom 11. November 2014 formulierten
Sachanträge sind unter Berücksichtigung seines Rechtsschutzvorbringens da-
hin auszulegen, dass der Antragsteller beantragt,
a) unter vollständiger Aufhebung des Schreibens des Ein-
satzführungskommandos der Bundeswehr - J1 - vom
18. März 2014 und unter teilweiser Aufhebung des Be-
schwerdebescheides des Generalinspekteurs der Bun-
deswehr vom 18. Juli 2014 und des Beschwerdebeschei-
des des Bundesministeriums der Verteidigung - R II 2 -
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vom 6. Oktober 2014 das Bundesministerium der Verteidi-
gung zu verpflichten, ihm, dem Antragsteller, in Ergänzung
zum Beschwerdebescheid des Befehlshabers des Ein-
satzführungskommandos der Bundeswehr vom 18. April
2013 gemäß § 13 Abs. 2 Satz 2 WBO mitzuteilen, ob auf-
grund seiner Beschwerde vom 11. Januar 2013 gegen
Oberst i.G. S. als Betroffenen eine Disziplinarmaßnahme
verhängt oder von einer Disziplinarmaßnahme abgesehen
worden ist,
b) festzustellen, dass der Beschwerdebescheid des Be-
fehlshabers des Einsatzführungskommandos der Bun-
deswehr vom 18. April 2013 formell rechtswidrig ist, weil
er keine Rechtsbehelfsbelehrung enthält,
c) unter teilweiser Aufhebung der Beschwerdebescheide
des Generalinspekteurs der Bundeswehr vom 18. Juli
2014 und des Bundesministeriums der Verteidigung
- R II 2 - vom 6. Oktober 2014 das Bundesministerium der
Verteidigung zu verpflichten, das ihm, dem Antragsteller,
unter dem 26. Juli 2011 von Herrn Oberst H. erteilte
Dienstzeugnis nach Maßgabe seines Korrekturantrages
vom 5. März 2014 zu berichtigen,
d) festzustellen, dass der Bescheid des Einsatzführungs-
kommandos der Bundeswehr vom 18. März 2014 formell
rechtswidrig ist, weil er keine Rechtsbehelfsbelehrung
enthält.
1. Für die Entscheidung der Anträge zu a) und b) ist nicht das Bundesverwal-
tungsgericht - Wehrdienstsenate -, sondern das Truppendienstgericht Süd
sachlich zuständig.
Eine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts anstelle des grundsätzlich
zuständigen Truppendienstgerichts (§ 17 Abs. 1 Satz 1 WBO) besteht im ge-
richtlichen Verfahren nach der Wehrbeschwerdeordnung nur in den Fällen der
§§ 21, 22 WBO. Danach kann der Beschwerdeführer lediglich gegen Entschei-
dungen oder Maßnahmen des Bundesministeriums der Verteidigung einschließ-
lich der Entscheidungen über Beschwerden oder weitere Beschwerden sowie
gegen Entscheidungen des Generalinspekteurs der Bundeswehr über weitere
Beschwerden unmittelbar die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts
beantragen. Im vorliegenden Fall haben die auf dem E-Mail-Antrag vom 5. März
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2014 beruhenden Sachanträge zu a) und zu b) jedoch keine derartige Ent-
scheidung oder Maßnahme zum Gegenstand.
Der Antragsteller wendet sich mit diesen beiden Sachanträgen gegen Inhalt und
Form eines Beschwerdebescheids des Befehlshabers des Einsatzführungs-
kommandos der Bundeswehr, der gemäß §§ 12, 13 und 16 WBO auf die
Beschwerde des Antragstellers vom 18. Januar 2013 ergangen ist. Gegen
einen derartigen Beschwerdebescheid ist gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO nur
der Antrag auf Entscheidung des Truppendienstgerichts zulässig. Die Voraus-
setzung dieser Vorschrift, dass die weitere Beschwerde "erfolglos geblieben"
sein muss, ist hier erfüllt.
Die gerichtliche Geltendmachung einer Rechtsverletzung oder einer Verletzung
von Vorgesetztenpflichten bedeutet das Behaupten einer Beschwer, d.h. der
Beeinträchtigung einer dem jeweiligen Antragsteller individuell zustehenden
Rechtsposition. Der Antragsteller hat als Beschwerdeanlass für seine noch im
Auslandseinsatz als aktiver Soldat (§ 1 Abs. 3 WBO) am 11. Januar 2013 ein-
gelegte Beschwerde die Handhabung seines Rückführungsverfahrens in der
Zeit vom 21. Dezember 2012 bis zum 11. Januar 2013 durch den damaligen
Commander PATF Masar-e Sharif, Oberst i.G. S., benannt. Insoweit bezog sich
der von ihm geltend gemachte Anspruch nicht nur auf einen Rechtswidrigkeits-
ausspruch, sondern - wie er betont hat - auch auf eine umfassende Abhilfe.
Rechtsgrundlage für diesen Anspruch ist § 6 Satz 1 SG, wonach jeder Soldat
einen Anspruch auf Bescheidung seiner Anträge und Rechtsbehelfe nach Recht
und Gesetz hat (BVerwG, Beschluss vom 14. Juli 2004 - 1 WB 4.04 - Buchholz
311 § 17 WBO Nr. 55), in Verbindung mit § 13 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 WBO. Da-
nach ist bei einer begründeten Beschwerde dieser nicht nur stattzugeben, son-
dern zugleich für Abhilfe zu sorgen. Die in § 13 Abs. 1 Satz 1 WBO angeordne-
te generelle Verpflichtung zur Abhilfe ist in den folgenden Sätzen des Absatzes
im Einzelnen konkretisiert (z.B. in Gestalt eines Folgenbeseitigungsanspruchs,
der eine spezielle Form der Abhilfe darstellt: BVerwG, Beschluss vom 20. Sep-
tember 2006 - 1 WB 54.05 - Buchholz 450.1 § 13 WBO Nr. 1 Rn. 25) und in
§ 13 Abs. 2 Satz 2 WBO in einen spezifischen Informationsanspruch ausge-
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formt. § 13 Abs. 2 WBO erweitert die in § 13 Abs. 1 WBO geregelten Abhilfe-
maßnahmen um die zusätzliche Maßnahme, nach der Wehrdisziplinarordnung
zu verfahren, wenn sich bei der Aufklärung des Sachverhalts nach § 10 WBO
ergibt, dass ein Dienstvergehen vorliegt (vgl. im Einzelnen BVerwG, Beschluss
vom 23. Februar 2010 - 1 WB 63.09 - Buchholz 450.1 § 13 WBO Nr. 2 Rn. 27).
Als weitere Abhilfemaßnahme in der Gestalt eines Rechtsanspruchs des Be-
schwerdeführers (vgl. Dau, WBO, 6. Aufl. 2013, § 13 Rn. 45) sieht § 13 Abs. 2
Satz 2 WBO die Mitteilung an den Beschwerdeführer vor, ob gegen den Be-
troffenen der Beschwerde eine Disziplinarmaßnahme verhängt oder von einer
Disziplinarmaßnahme abgesehen worden ist. Die Mitteilungspflicht der zustän-
digen Beschwerdestelle nach § 13 Abs. 2 Satz 2 WBO besteht nur in den Fäl-
len, in denen der Beschwerdeführer mit seiner Beschwerde ein schuldhaft
pflichtwidriges Verhalten eines anderen Soldaten rügt, durch das er persönlich
verletzt ist, und wenn im Hinblick darauf der Beschwerde stattgegeben wird
(sogenannter akzessorischer Charakter der Mitteilungspflicht: BVerwG, Be-
schluss vom 23. Februar 2010 - 1 WB 63.09 - Buchholz 450.1 § 13 WBO Nr. 2
Rn. 27; vgl. auch Dau, WBO, 6. Aufl. 2013, § 13 Rn. 51).
Der Antragsteller macht im Schriftsatz vom 11. November 2014 (auf Seite 3)
ausdrücklich geltend, dass mit dem Beschwerdebescheid des Befehlshabers
des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr vom 18. April 2013 trotz
stattgebender Entscheidung keine Abhilfe geschaffen worden sei. Eine Be-
schwer besteht solange, wie trotz stattgebender Beschwerdeentscheidung die
nach § 13 WBO zu treffenden Abhilfemaßnahmen nicht erfolgt sind (so auch
Lingens in: "Probleme bei der Bearbeitung und Entscheidung von Beschwer-
den", NZWehrr 1980, 216, 223) und dies vom Beschwerdeführer behauptet
wird. Diese Beschwer wirkt im Rahmen des 17 Abs. 1 Satz 1 WBO fort, wenn
die weitere Beschwerde hinsichtlich der auch in einem Bescheid nach § 16
Abs. 3 WBO zu prüfenden und zu treffenden Abhilfemaßnahmen (§ 16 Abs. 4 in
Verbindung mit § 13 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 WBO) "erfolglos geblieben" ist. Das
ist beim Antragsteller der Fall, der geltend macht, dass der Beschwerdebe-
scheid vom 18. April 2013 hinsichtlich der zu treffenden Abhilfemaßnahmen,
insbesondere auch im Hinblick auf die Informationspflicht nach § 13 Abs. 2
Satz 2 WBO, unzureichend sei.
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Mithin stellt das Unterbleiben einer Information nach § 13 Abs. 2 Satz 2 WBO
keinen gesonderten Beschwerdeanlass dar, der einen isolierten neuen Be-
schwerdeweg nach der Wehrbeschwerdeordnung eröffnet. Vielmehr bezieht
sich ein Beschwerdeführer mit der Rüge, die Informationspflicht nach § 13
Abs. 2 Satz 2 WBO sei nicht oder unzureichend erfüllt, weiter und immer noch
auf die mit seiner (Erst-)Beschwerde beanstandete Maßnahme oder Handlung
und auf die insoweit gerügte Rechtsverletzung, hinsichtlich deren er neben der
Stattgabe eine vollständige Abhilfe verlangt.
Ist danach für die Sachanträge zu a) und b) nicht das Bundesverwaltungsge-
richt - Wehrdienstsenate - sachlich zuständig, ist der Rechtsstreit nach Anhö-
rung der Verfahrensbeteiligten an das sachlich und örtlich zuständige Truppen-
dienstgericht Süd zu verweisen. Rechtsgrundlage dafür sind § 18 Abs. 3 Satz 1
in Verbindung mit § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO und § 1 Abs. 2 der Verordnung zur
Regelung der Dienstbereiche der Truppendienstgerichte und zur Bildung von
Truppendienstkammern vom 15. August 2012 (BGBl. I S. 1714).
2. Der Antrag zu c) ist unzulässig.
Zwar ist für Streitigkeiten betreffend ein Dienstzeugnis im Sinne des § 32 SG
gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO in Verbindung mit § 32 SG der Rechtsweg zu
den Wehrdienstgerichten eröffnet. § 32 SG stellt eine eigenständige Rechts-
grundlage für den Anspruch eines Soldaten auf ein Dienstzeugnis dar (vgl. dazu
im Einzelnen: BVerwG, Beschluss vom 8. Juli 2014 - 1 WNB 2.14 - Buchholz
449 § 32 SG Nr. 1 Rn. 10; Walz/Eichen/Sohm, SG, 2. Aufl. 2010, § 32 Rn. 24;
Scherer/Alff/Poretschkin, SG, 9. Aufl. 2013, § 32 Rn. 8).
Der Antragsteller ist für den Verpflichtungsantrag auf Korrektur seines Dienst-
zeugnisses vom 26. Juli 2011 auch nach dem Ende seiner Wehrübung (29. Juli
2011) mit einer besonderen Auslandsverwendung, die vom 3. Januar 2011 bis
zum 26. Juli 2011 dauerte, weiterhin antragsbefugt; denn das strittige Dienst-
zeugnis wurde über seinen Einsatz beim ... Deutschen Einsatzkontingent ISAF
erstellt, so dass der Beschwerdeanlass noch in die Wehrdienstzeit fällt (vgl. § 1
Abs. 3 WBO).
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Für das im Antrag zu c) verfolgte Rechtsschutzbegehren ist gemäß § 17 Abs. 1
Satz 1, § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO das Bundesverwaltungsgericht - Wehrdienst-
senate - sachlich zuständig.
Der Generalinspekteur der Bundeswehr hat im Beschwerdebescheid vom
18. Juli 2014 zu Unrecht angenommen, dass das Korrekturbegehren des An-
tragstellers bezüglich des Dienstzeugnisses vom 26. Juli 2011 nicht in das mit
der Beschwerde vom 17. April 2014 eingeleitete Beschwerdeverfahren einge-
führt worden sei.
Mit seiner E-Mail vom 5. März 2014 hat der Antragsteller gegenüber General
H., der nach seiner Darstellung einen Beurteilungsbeitrag zu dem Dienstzeug-
nis des inzwischen im Ruhestand befindlichen Oberst H. abgegeben hatte,
ausdrücklich eine Korrektur des Dienstzeugnisses erbeten. Dabei brachte der
Antragsteller mit der Formulierung "Warum erst jetzt?" eindeutig zum Ausdruck,
dass ihm klar war, dass eine Beschwerde gegen das Dienstzeugnis wegen Ver-
fristung nicht mehr ernsthaft in Betracht kam. Diese E-Mail konnte bei sach- und
interessengerechter Auslegung nur als Antrag auf nachträgliches Wiederauf-
greifen des Verfahrens zur Erteilung des Dienstzeugnisses verstanden werden,
in dessen Rahmen der Antragsteller sinngemäß eine Prüfung entsprechend den
in Nr. 802 ZDv 20/6 für die Korrektur von Beurteilungen geregelten Kriterien
erbat.
Auf diesen Antrag hat der Antragsteller keine Entscheidung und auch keinen
Hinweis auf die zuständige Entscheidungsstelle erhalten. Er hat den Korrek-
turantrag vom 5. März 2014 (deshalb) seiner Beschwerde vom 17. April 2014 in
ausgedruckter Form als Anlage 7 beigefügt und im Schreiben vom 12. Juni
2014 an den Generalinspekteur der Bundeswehr betont, dass der Korrekturan-
trag Bestandteil seiner Beschwerde sei. Angesichts dieser Äußerung, die im
Hinblick auf § 1 Abs. 2 WBO in der Sache als Untätigkeitsbeschwerde zu wer-
ten ist, war für den Generalinspekteur der Bundeswehr entweder nach § 9
Abs. 1 WBO oder nach § 16 Abs. 3 WBO (und für das Bundesministerium der
Verteidigung ggf. nach § 16 Abs. 3 WBO) eine Zuständigkeit als Beschwerde-
stelle begründet.
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Streitgegenstand ist ein vom Chef des Stabes des Deutschen Einsatzkontin-
gents ISAF erstelltes Dienstzeugnis. Da der Antragsteller mit dem Korrekturan-
trag nicht nur formale Unrichtigkeiten, sondern auch falsche Darstellungen und
"Übertreibungen", also inhaltliche Aspekte der Bewertung gerügt hat, hätte über
seinen Korrekturantrag entsprechend der in Nr. 802 ZDv 20/6 für Beurteilungen
festgelegten Verwaltungspraxis der Kommandeur des Deutschen Einsatzkon-
tingents ISAF als nächsthöherer Vorgesetzter entscheiden müssen. Für eine
ggf. gegen dessen Entscheidung gerichtete Beschwerde wäre der Befehlshaber
des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr und für die Entscheidung
über eine weitere Beschwerde wäre der Generalinspekteur der Bundeswehr
zuständig gewesen. Falls eine Entscheidung des Kontingentführers über die
strittige Korrektur wegen der im Jahr 2014 erfolgten Beendigung des ISAF-
Einsatzes der Bundeswehr nicht mehr möglich gewesen sein sollte, hätte
- mangels einer anderen Zuständigkeit - der Befehlshaber des Einsatzführungs-
kommandos der Bundeswehr die (Erst-)Entscheidung über die Korrektur treffen
müssen; gegen dessen Entscheidung (oder Unterlassung der Entscheidung)
wäre der Generalinspekteur der Bundeswehr (und ggf. gemäß § 16 Abs. 3
WBO das Bundesministerium der Verteidigung) zuständige Beschwerdestelle
gewesen.
Der Generalinspekteur der Bundeswehr hat in seinem Beschwerdebescheid die
unterlassene Beschwerdeentscheidung über den Korrekturantrag nur damit be-
gründet, dass dieser Antrag keinen Eingang in das Beschwerdeverfahren ge-
funden habe. Er hat aber nicht seine grundsätzliche Entscheidungszuständig-
keit für die Beschwerde in Abrede gestellt. Das folgt aus der von ihm durchge-
führten dienstaufsichtlichen Prüfung, die gemäß § 14 WBO der zuständigen
Beschwerdestelle obliegt, und ferner aus dem Umstand, dass er das Be-
schwerdeverfahren bezüglich des Korrekturantrags nicht unter Hinweis auf eine
fehlende eigene sachliche Zuständigkeit gemäß § 5 Abs. 3 WBO an eine ande-
re Beschwerdestelle zur Entscheidung weitergeleitet hat. Wäre eine andere
Stelle für diese Beschwerdeentscheidung zuständig, hätte der Antragsteller als
Reservist, der keinen (aktuellen) nächsten Disziplinarvorgesetzten hat, berech-
tigterweise davon ausgehen dürfen, dass sein Korrekturantrag vom 5. März
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2014 von den Empfängern in das beschwerderechtlich zutreffende Verfahren
geführt wird.
Ist danach der Generalinspekteur der Bundeswehr für die Entscheidung über
eine Erst- bzw. eine weitere Beschwerde und das Bundesministerium der Ver-
teidigung für die Entscheidung über die weitere Beschwerde bezüglich des Kor-
rekturantrags zuständig, folgt daraus die sachliche Zuständigkeit des Bundes-
verwaltungsgerichts entweder aus § 22 WBO oder aus § 21 Abs. 2 Satz 1
WBO, jeweils in Verbindung mit § 17 Abs. 1 WBO.
Der Zulässigkeit des Antrags steht auch nicht der Aspekt der res iudicata ent-
gegen. Denn das Truppendienstgericht Süd hat in den in den Akten befindli-
chen Entscheidungen über ein anderes Dienstzeugnis des Antragstellers aus
dem Jahr 2013 entschieden.
Der Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens der Erteilung des Dienstzeug-
nisses ist aber aus folgenden Gründen unzulässig:
Das Dienstzeugnis vom 26. Juli 2011 ist bestandskräftig. Das räumt der Antrag-
steller in der E-Mail vom 5. März 2014 selbst ein, wo er erklärt, dass er sich
"erst jetzt" an die zuständigen Stellen wende, weil er sich 2013 und 2014 aus-
führlicher mit Dienstzeugnissen sowie mit deren Form und Inhalt beschäftigt
habe. Er hat seinen Antrag dabei nicht als Beschwerde bezeichnet. Soweit er
auf neue Erkenntnisse zu nunmehr erkannten Mängeln des Dienstzeugnisses
verweist, hat er die Motivlage für seinen Antrag dargelegt, die jedoch für die
fristauslösende Kenntnis von einem Beschwerdeanlass im Sinne des § 6 Abs. 1
Satz 1 WBO ohne Bedeutung ist. Kenntnis vom Beschwerdeanlass, nämlich
von dem Inhalt des Dienstzeugnisses, hat der Antragsteller am 26. Juli 2011
erhalten, als ihm das Dienstzeugnis ausgehändigt worden ist. Die Monatsfrist
des § 6 WBO hat er insoweit nicht eingehalten. Ein Fall des § 7 WBO ist weder
geltend gemacht noch für den Senat ersichtlich.
Trotz Bestandskraft kann das Wiederaufgreifen des Verfahrens zur Erteilung
des Dienstzeugnisses auf § 51 Abs. 1 VwVfG gestützt werden, der im Wehrbe-
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schwerdeverfahren grundsätzlich entsprechend anwendbar ist (stRspr, vgl. z.B.
BVerwG, Beschluss vom 25. Juni 2008 - 1 WB 28.08 - Rn. 15 m.w.N.). Unge-
achtet dessen, dass die sachlichen Voraussetzungen des Wiederaufgreifens
nicht erfüllt sind, weil sich die Sach- und Rechtslage nicht im Sinne des § 51
Abs. 1 VwVfG nachträglich geändert hat, hatte aber der Antragsteller die Mög-
lichkeit, die von ihm geltend gemachten Mängel des Dienstzeugnisses in einem
Rechtsbehelfsverfahren unmittelbar gegen dieses Dienstzeugnis geltend zu
machen. Der jetzt gestellte Antrag ist deshalb nach § 51 Abs. 2 VwVfG unzu-
lässig.
3. Der Antrag zu d) hat ebenfalls keinen Erfolg.
Unabhängig von der Frage, ob bei Bescheiden von Dienststellen der Bundes-
wehr die Feststellung ihrer inhaltlichen Rechtswidrigkeit isoliert nach § 17
Abs. 1 Satz 1 WBO allein deshalb begehrt werden kann, weil sie keine Rechts-
mittelbelehrung aufweisen, geht das diesbezügliche Rechtsschutzbegehren des
Antragstellers fehl.
Das Schreiben des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr - J1 - vom
18. März 2014 stellt mit der Ablehnung der beantragten Information zwar eine
anfechtbare truppendienstliche Maßnahme im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 1
WBO dar. Diese bedurfte als truppendienstliche Erstmaßnahme jedoch keiner
Rechtsbehelfsbelehrung, weil die Beschwerdemöglichkeit und die Beschwerde-
frist bei allen Soldaten als bekannt vorausgesetzt werden können. Eine speziel-
le Belehrungspflicht hinsichtlich der Möglichkeit, Dienstaufsichtsbeschwerde
einzulegen, besteht nicht, weil es sich dabei um einen außerordentlichen und
nicht fristgebundenen Rechtsbehelf handelt, für den die Wehrbeschwerdeord-
nung und die Verwaltungsgerichtsordnung keine spezifische Rechtsbehelfsbe-
lehrung vorschreiben.
4. Der Antrag des Antragstellers, "Ausgleich zu schaffen", bezieht sich möglich-
erweise auf sein Entschädigungsbegehren, das er mit seinem Antrag vom
20. Februar 2014 verfolgt hat. Dieser Streitgegenstand ist nach § 17 Abs. 1
Satz 1 WBO in Verbindung mit § 30 SG nicht im wehrdienstgerichtlichen
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Rechtsweg, sondern gegebenenfalls im Rechtsweg vor den allgemeinen Ver-
waltungsgerichten zu verfolgen. Da das Bundesamt für Infrastruktur, Umwelt-
schutz und Dienstleistungen der Bundeswehr insoweit - wie es in seinem
Schreiben vom 28. Mai 2014 ausgeführt hat - noch keinen ausdrücklichen Ab-
lehnungsbescheid erstellt hat, kann der Antragsteller sein diesbezügliches
Rechtsschutzbegehren dort weiterverfolgen.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist mithin insoweit zurückzuweisen.
Dr. von Heimburg
Dr. Frentz
Dr. Langer
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