Urteil des BVerwG vom 23.02.2010

Befehl, Mitteilungspflicht, Erstellung, Rüge

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 WB 63.09
In dem Wehrbeschwerdeverfahren
des Herrn Oberstarzt ...,
..., ...,
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
den ehrenamtlichen Richter Generalmajor May und
die ehrenamtliche Richterin Major Meiners
am 23. Februar 2010 beschlossen:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e :
I
Der Antragsteller wendet sich gegen eine Weisung des ...kommandos ... vom
22. Juni 2009 an den unterstellten Bereich zur Vorlage noch ausstehender
Beurteilungen sowie gegen die aus seiner Sicht unvollständige Abfassung eines
Beschwerdebescheides durch den Befehlshaber des ...kommandos.
Der 1948 geborene Antragsteller ist Berufssoldat, dessen Dienstzeit mit Ablauf
des 28. Februar 2010 enden wird. Zum Oberstarzt wurde er mit Wirkung vom 1.
April 1994 ernannt. Seit dem 1. Januar 2002 wird er auf dem Dienstposten des
Leiters des ...zentrums K...-W... in K... verwendet.
Das ...kommando ... - ... - erließ mit Lotus Notes vom 22. Juni 2009 eine
Weisung zur weiteren Bearbeitung von Beurteilungen im Anschluss an den
Beschluss des Senats vom 26. Mai 2009 - BVerwG 1 WB 48.07 - zur Frage der
Rechtmäßigkeit des Richtwertesystems in der ZDv 20/6 in der Fassung vom 17.
Januar 2007. In der Weisung wurde festgelegt, dass die abschließende
Bearbeitung aller noch offenen Beurteilungen bis auf Weiteres ausgesetzt
werde. Weiter heißt es in der Weisung:
„Um Verzögerungen und ggf. laufbahnrechtliche Nachteile
zu vermeiden, wird folgendes Verfahren für den Bereich
...Kdo ... festgelegt:
1. Die beurteilenden Vorgesetzten erstellen die
Beurteilungen in PersWiSys SASPF im Entwurf,
ohne dass diese den Soldaten eröffnet werden; die
Teilbeurteilung wird nicht abgeschlossen;
2. Ein Ausdruck dieses Entwurfs ist dem
nächsthöheren Vorgesetzten weiterzuleiten, der
daraufhin den Entwurf seiner Stellungnahme
anfertigt, dieser wird dem Soldaten nicht eröffnet;
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3. Beurteilungen, zu denen die Stellungnahme durch
den Kommandeur oder Kommandeur ... ...Kdo ...
notwendig sind, sind im Entwurf mit Vorschlag zur
Stellungnahme beim
vorzulegen; die übrigen Beurteilungen werden bis
zur Entscheidung BMVg beim beurteilenden
Vorgesetzten im Entwurf verwahrt und
anschließend aus dem Entwurf in den scharfen
Zustand versetzt.“
Außerdem bestimmte die Weisung, dass Beurteilungsbeiträge - auch
Beurteilungsbeiträge für die Teilnahme an einer besonderen
Auslandsverwendung - weiterhin zu erstellen seien.
Am 7. Juli 2009 erhielt der Antragsteller die Information seines
Disziplinarvorgesetzten, des Kommandeurs ... ... beim ...kommando ..., dass
der G 1 des ...kommandos ... angewiesen worden sei, die Weisungslage
bezüglich der Erstellung von Beurteilungen zu ändern. Mit Lotus Notes vom 20.
Juli 2009 übermittelte das ...kommando ... - G 1 - unter dem Betreff „Änderung
der LoNo ...Kdo ... ... vom 22.06.2009“ an den unterstellten Bereich die
Information, dass „das vom ...Kdo ... ... festgelegte Verfahren, Beurteilungen im
PersWiSys SASPF auch nach der Entscheidung BVerwG im Entwurf zu tätigen,
hiermit außer Kraft gesetzt“ werde.
Mit Schreiben vom 9. Juli 2009 hatte der Antragsteller gegen die Anweisungen
zum Erstellen von Beurteilungen in der Weisung des ...kommandos ... vom 22.
Juni 2009 und gegen die hinhaltende Anweisungsprüfung Beschwerde
eingelegt. Im Einzelnen beanstandete er die unter Nr. 3 der Weisung getroffene
Verfahrensregelung. Er wies darauf hin, dass das ...kommando ... am 7. Juli
2009 seine Anweisung ausgesetzt habe.
Mit Beschwerdebescheid vom 6. August 2009 gab der Befehlshaber des
...kommandos der Beschwerde des Antragstellers insoweit statt, als sie sich
gegen die Weisung des ...kommandos ... vom 22. Juni 2009 richtete. Der
Befehlshaber stellte fest, dass die Weisung vom 22. Juni 2009, Beurteilungen
im Entwurf zu fertigen und sie den nächsthöheren Vorgesetzten zur Fertigung
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von Entwürfen für Stellungnahmen vorzulegen, nicht hätte ergehen dürfen. Im
Übrigen wies er die Beschwerde des Antragstellers zurück. In den Gründen des
Bescheids stellte er die Regelungen unter Nr. 1, 2 und 3 der angefochtenen
Weisung zum Verfahren für den Bereich des ...kommandos ... dar. Hierzu führte
er aus, die angewiesene Vorlage von Beurteilungsentwürfen, die im weiteren
Verfahren als Grundlage für den Entwurf von Stellungnahmen dienen sollten,
verkenne in eklatanter Weise die durch die Beurteilungsbestimmungen
gebotenen Regelungen. So solle dem Beurteilten mit der Eröffnung des
Beurteilungsentwurfs durch den beurteilenden Vorgesetzten Gelegenheit zur
Erörterung und zu schriftlichen oder mündlichen Stellungnahmen und
Erklärungen gegeben werden (Ziffer 619 ff. ZDv 20/6). Diese Einlassungen, die
auch Berichtigungen und Ergänzungen enthalten könnten, sollten durch den
Beurteilenden ausgewertet und geprüft werden und gegebenenfalls Eingang in
die Beurteilung finden. Schon die Tatsache, dass diese zum Schutz des zu
Beurteilenden unabdingbaren Verfahrensregelungen bei der Vorlage der
Entwürfe an das ...kommando außer Acht gelassen werden sollten, machten
diese Entwürfe zur ungeeigneten Grundlage für den Entwurf einer
Stellungnahme der nächsthöheren Vorgesetzten. Die Beurteilungsvorschrift
sehe die Fertigung eines Entwurfs der Stellungnahme nur dann vor, wenn das
Beurteilungsverfahren beim beurteilenden Vorgesetzten seinen regelhaften
Abschluss gefunden habe. Das vom ...kommando ... gewählte Verfahren sei
auch
vor dem Hintergrund der durch den Beschluss des
Bundesverwaltungsgerichts entstandenen besonderen Rahmenbedingungen
nicht vorschriftenkonform und habe nicht angewiesen werden dürfen. Insoweit
sei der Beschwerde des Antragstellers stattzugeben.
Der Befehlshaber wies die Beschwerde allerdings insoweit als unzulässig
zurück, als sie sich gegen die aus Sicht des Antragstellers hinhaltende Prüfung
der Weisung vom 22. Juni 2009 richtete.
Gegen diese ihm am 10. August 2009 eröffnete Entscheidung legte der
Antragsteller mit Schreiben vom 12. August 2009 weitere Beschwerde ein. Er
machte geltend, der Befehlshaber habe im Beschwerdebescheid nur die
Verfahrensregelungen in Nr. 1 und 2 der Weisung vom 22. Juni 2009
behandelt, die Regelung in Nr. 3 hingegen nicht erörtert. Außerdem sei seine
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Einschätzung unzutreffend, dass die Weisung „nicht mehr existent“ sei. Die
Weisung sei nur ausgesetzt. Eine Aufhebung sei nicht erfolgt. Überdies habe
der Befehlshaber § 13 WBO nicht beachtet.
Mit Schreiben vom 20. Oktober 2009 an den Inspekteur ... ... der Bundeswehr
beantragte der Antragsteller die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts.
Diesen Antrag hat der Inspekteur ... ... der Bundeswehr mit seiner
Stellungnahme vom 26. Oktober 2009 dem Senat vorgelegt.
Zur Begründung seines Rechtsschutzbegehrens trägt der Antragsteller
ergänzend insbesondere vor:
Zu Unrecht lehne es der Inspekteur ab, die weitere Beschwerde vom 12.
August 2009 zu bescheiden. Der Befehlshaber des ...kommandos habe im
Beschwerdebescheid keine Entscheidung über die Verfahrensregelung Nr. 3 in
der Weisung vom 22. Juni 2009 getroffen. Diese Weisung, die als Befehl zu
qualifizieren sei, existiere nach wie vor. Außerdem habe der Befehlshaber § 13
Abs. 2 WBO nicht beachtet, in dem er seine getroffenen Maßnahmen nicht
mitgeteilt habe.
Der Inspekteur ... ... der Bundeswehr beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Aus seiner Sicht dokumentiere der Antragsteller ein grundlegendes
Missverständnis der Ratio des Beschwerdeverfahrens. Er habe nicht näher
dargelegt, dass er durch Dienststellen der Bundeswehr oder Vorgesetzte
unmittelbar in seiner geschützten Rechtssphäre beeinträchtigt worden sei. Der
Befehlshaber des ...kommandos habe mit der Feststellung, dass die Weisung
vom 22. Juni 2009 nicht habe ergehen dürfen, dem Rechtsschutzbegehren im
Wesentlichen stattgegeben. Ein weitergehendes Feststellungsinteresse des
Antragstellers sei nicht erkennbar. Soweit der Antragsteller in der weiteren
Beschwerde die Begründung des Beschwerdebescheides als vermeintlich
mangelhaft rüge, stehe dieses Vorbringen nicht mit dem Gegenstand der
Beschwerde im Einklang. Die Entscheidung des Befehlshabers des
...kommandos sei rechtlich nicht zu beanstanden.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der
gewechselten Schriftsätze und der Akten Bezug genommen. Die
Beschwerdeakte des Inspekteurs ... ... der Bundeswehr - Insp... - und die
Personalgrundakte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung
vorgelegen.
II
Der Antragsteller
hat keinen förmlichen Sachantrag gestellt. Sein
Rechtsschutzbegehren ist dahin auszulegen, dass er beantragt, die in
Nummern 1 bis 3 des „Befehls“ des ...kommandos ... vom 22. Juni 2009
getroffenen Verfahrensregelungen -
unter teilweiser Änderung des
Beschwerdebescheids des Befehlshabers des Sanitätsführungskommandos
vom 6. August 2009 - insgesamt aufzuheben (nachfolgend 1.) und den
Inspekteur ... ... der Bundeswehr zu verpflichten, den genannten
Beschwerdebescheid um Maßnahmen nach § 13 Abs. 2 WBO ergänzen zu
lassen (nachfolgend 2.). Seine ursprünglich zusätzlich erhobene Rüge gegen
die Art und Weise der Verfahrensbehandlung durch Oberstarzt Prof. Dr. Dr. G...
hat der Antragsteller in seinem Schriftsatz vom 20. November 2009
aufgegeben.
Das Bundesverwaltungsgericht ist für den Antrag sachlich zuständig.
Die angefochtene Weisung vom 22.
Juni 2009 ist zwar vom
Führungsgrundgebiet G 1 im ...kommando ... erlassen worden. Das Handeln
der Angehörigen des Führungsgrundgebietes G 1 ist jedoch als Organhandeln
dem Kommandeur des ...kommandos ... zuzurechnen. Das führt der
Befehlshaber des ...kommandos zutreffend im Beschwerdebescheid vom 6.
August 2009 aus. Die Beschwerde des Antragstellers vom 9. Juli 2009 war
damit als gegen den Kommandeur des ...kommandos ... gerichtet zu werten.
Über sie hatte der Befehlshaber des ...kommandos als zuständiger
Vorgesetzter im Sinne des § 9 Abs. 1 WBO zu entscheiden. Für die
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Entscheidung über die weitere Beschwerde vom 12. August 2009 war der
Inspekteur ... ... der Bundeswehr zuständig (§ 16 Abs. 3 WBO). Dieser hat auf
die weitere Beschwerde keinen Beschwerdebescheid erlassen, obwohl ihm
dieser Rechtsbehelf am 21. August 2009 zugegangen ist. Deshalb ist das
Bundesverwaltungsgericht für den als (Untätigkeits-)Antrag auf gerichtliche
Entscheidung zu wertenden Rechtsbehelf vom 20. Oktober 2009 gemäß §§ 22,
21 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 und § 17 Abs. 1 Satz 2 WBO sachlich
zuständig.
1. Der Aufhebungsantrag bezüglich des „Befehls“ vom 22. Juni 2009 ist
unzulässig.
Unabhängig von der Frage, ob der Antragsteller insoweit überhaupt eine
Verletzung „seiner Rechte“ (§ 17 Abs. 1 Satz 1 WBO) geltend machen kann,
fehlt ihm für diesen Antrag das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Dabei kann
offenbleiben, ob der Weisung des ...kommandos ... - G 1 - die Rechtsnatur
eines Befehls im Sinne des § 2 Nr. 2 WStG zuzusprechen ist oder ob es sich
dabei um eine Anordnung ohne Befehlscharakter handelt. Jedenfalls enthält die
Weisung (abgesehen von weiteren Ausführungsbestimmungen) speziell in den
strittigen Nummern 1, 2 und 3 über die Erstellung von Entwürfen zu
Beurteilungen und über deren Vorlage eine „Festlegung des Verfahrens“. Diese
„Festlegung des Verfahrens“ ist mit Lotus Notes vom 20. Juli 2009 vom
...kommando ... - G 1 - gegenüber dem nachgeordneten Bereich (auch
gegenüber dem ...zentrum K...-W...) uneingeschränkt und in vollem Umfang
„außer Kraft gesetzt“ worden. Der Umstand, dass dabei nicht von einer
„Aufhebung“, sondern von einer „Außerkraftsetzung“ gesprochen wurde, ist
grammatikalischen Erfordernissen geschuldet. Ein festgelegtes Verfahren kann
man nicht - wie einen Befehl - aufheben, sondern nur - allerdings mit der
derselben materiellen Zielsetzung - außer Kraft setzen. Das ist hier geschehen.
Damit entfalteten die Verfahrensregelungen in Nummern 1 bis 3 der Weisung
seit dem 20. Juli 2009 gegenüber dem Antragsteller keine rechtliche Wirkung
mehr.
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Daher war für eine förmliche „Aufhebung“ dieser Verfahrensregelungen für den
Befehlshaber des ...kommandos bei seiner Entscheidung über die Beschwerde
vom 9. Juli 2009 kein Raum mehr. Dieser hatte wegen Erledigung der drei
Verfahrensregelungen nur noch im Rahmen einer Feststellungsentscheidung
die Frage ihrer Rechtmäßigkeit zu beurteilen.
Das ist - entgegen der Auffassung des Antragstellers - in dem angefochtenen
Beschwerdebescheid nicht nur für die Verfahrensregelungen Nr. 1 und 2
geschehen, sondern auch für die Verfahrensregelung Nr. 3 über die Vorlage
von Entwürfen für Beurteilungen, zu denen die Stellungnahme durch den
Kommandeur oder Kommandeur der ... ... beim ...kommandos ... notwendig ist.
Der Befehlshaber hat im Rahmen seiner Sachverhaltsfeststellung ausdrücklich
den Inhalt aller drei Verfahrensregelungen der Weisung wiedergegeben. In der
Begründung
hat er die Beschwerde hinsichtlich aller drei
Verfahrensbestimmungen für begründet erklärt. Das ist auch in Nr. 1 und Nr. 2
des Tenors des Beschwerdebescheids festgestellt worden. Darin wird der
Beschwerde des Antragstellers uneingeschränkt stattgegeben, soweit sie sich
gegen die angefochtene Weisung vom 22. Juni 2009 richtet, und es wird
festgestellt, dass diese Weisung nicht habe ergehen dürfen. Dabei wird in Nr. 2
des Entscheidungstenors der Inhalt der drei Verfahrensregelungen
komprimierend zusammengefasst. In Verbindung mit den Gründen des
Beschwerdebescheids dokumentiert Nr. 2 des Entscheidungstenors eindeutig,
dass sich das Rechtswidrigkeitsurteil des Befehlshabers auf alle drei
beanstandeten Verfahrensregelungen bezieht.
Mit der Entscheidung über die Außerkraftsetzung vom 20. Juli 2009 und dem
Beschwerdebescheid vom 6. August 2009 ist damit dem Rechtsschutzbegehren
des Antragstellers zu seinem Sachantrag zu 1. in vollem Umfang Rechnung
getragen.
Ein weitergehendes Rechtsschutzbedürfnis ist vom Antragsteller nicht
vorgetragen und auch im Übrigen nicht ersichtlich.
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2. Der Antrag zu 2. ist unbegründet.
Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Verpflichtung des Inspekteurs ... ...,
den Beschwerdebescheid vom 6. August 2009 um Maßnahmen nach § 13 Abs.
2 WBO ergänzen zu lassen.
§ 13 Abs. 2 WBO erweitert die in § 13 Abs. 1 WBO geregelten
Abhilfemaßnahmen um die zusätzliche Maßnahme, nach der
Wehrdisziplinarordnung zu verfahren, wenn sich bei der Aufklärung des
Sachverhalts nach § 10 WBO ergibt, dass ein Dienstvergehen vorliegt. Als
weitere Abhilfemaßnahme sieht § 13 Abs. 2 Satz 2 WBO die Mitteilung an den
Beschwerdeführer vor, ob gegen den Betroffenen der Beschwerde eine
Disziplinarmaßnahme verhängt oder von einer Disziplinarmaßnahme
abgesehen worden ist. § 13 Abs. 2 Satz 1 WBO statuiert lediglich eine
Prüfungspflicht für den Disziplinarvorgesetzten, enthält aber für den
beschwerdeführenden Soldaten keinen Rechtsanspruch darauf, dass ein Dritter
wegen eines Dienstvergehens gemaßregelt wird (Dau, WBO, 5. Aufl. 2009, §
13 Rn. 47, 49 m.w.N.). Ein Soldat hat auch dann keinen Anspruch auf ein
disziplinares Tätigwerden im Rahmen des § 13 Abs. 2 Satz 1 WBO, wenn sich
die Tatsache, dass ein Dienstvergehen vorliegt, im Zusammenhang mit einer
begründeten Wehrbeschwerde ergibt (Beschluss vom 29. Januar 2008 -
BVerwG 1 WB 4.07 - Rn. 30,
WBO Nr. 69>). Die Verpflichtung aus dieser Vorschrift, nach der
Wehrdisziplinarordnung zu verfahren, ändert nichts daran, dass disziplinare
Ermittlungen allein im öffentlichen Interesse stattfinden und es im
pflichtgemäßen Ermessen des zuständigen Disziplinarvorgesetzten liegt, zu
bestimmen, ob und wie wegen eines Dienstvergehens einzuschreiten ist (§ 15
Abs. 2 Halbs. 1 WDO). Die Mitteilungspflicht nach § 13 Abs. 2 Satz 2 WBO
besteht demnach nur in den Fällen, in denen der Beschwerdeführer mit seiner
Beschwerde ein schuldhaft pflichtwidriges Verhalten eines anderen Soldaten
rügt, durch das er persönlich verletzt ist, und wenn im Hinblick darauf der
Beschwerde stattgegeben wird (sogenannter akzessorischer Charakter der
Mitteilungspflicht; vgl. Dau, a.a.O. § 13 Rn. 51).
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Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Mit seiner
Beschwerde vom 9. Juli 2009 hat der Antragsteller nicht das persönliche
pflichtwidrige Verhalten eines anderen Soldaten gerügt, sondern von ihm als
rechtswidrig aufgefasste Teile einer Weisung des ...kommandos .... Deshalb hat
der Befehlshaber des ...kommandos zutreffend in dem angefochtenen
Beschwerdebescheid seine rechtliche Prüfung auf die Frage der
Rechtmäßigkeit dieser Teile der Weisung vom 22. Juni 2009 konzentriert und
nicht auf das persönliche Verhalten bestimmter einzelner Soldaten erstreckt.
3. Sollte das Vorbringen des Antragstellers auch so verstanden werden, dass er
die Untätigkeit des Inspekteurs ... ... und damit die Art und Weise der
Verfahrensbehandlung durch diesen Vorgesetzten rügen will, ist sein darauf
bezogener Antrag unzulässig.
Die Art und Weise der Verfahrensbehandlung durch eine Dienststelle der
Bundeswehr oder durch einen Vorgesetzten kann
nach ständiger
Rechtsprechung des Senats nicht isoliert wehrdienstgerichtlich angefochten
werden, weil die Art und Weise der Verfahrensbehandlung nicht als Maßnahme
im Sinne des § 17 Abs. 3 WBO zu qualifizieren ist (vgl. z.B. Beschlüsse vom 30.
September 2009 - BVerwG 1 WB 68.08 - und vom 24. November 2009 -
BVerwG 1 WB 1.09 -). Gegen die Untätigkeit eines Vorgesetzten, der zur
Entscheidung über eine weitere Beschwerde berufen ist, ist ein Antragsteller
ausreichend durch die Möglichkeit eines Untätigkeitsantrags nach § 17 Abs. 1
Satz 2 WBO (gegebenenfalls i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 und § 22 WBO)
geschützt.
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