Urteil des BVerwG vom 20.01.2009

Wichtiger Grund, Irland, Beurlaubung, Soldat

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 WB 63.08
In dem Wehrbeschwerdeverfahren
des Herrn Hauptfeldwebel ...,
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
den ehrenamtlichen Richter Oberstleutnant Becker und
den ehrenamtlichen Richter Oberfeldwebel Kroll
am 20. Januar 2009 beschlossen:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e :
I
Der Antragsteller begehrt die Gewährung von Sonderurlaub unter Wegfall der
Geld- und Sachbezüge zur Herstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft mit
seiner in Irland berufstätigen Ehefrau.
Der 1975 geborene und seit 15. Juni 2007 (in zweiter Ehe) verheiratete Antrag-
steller steht seit 1. April 1993 in einem Wehrdienstverhältnis, zunächst als Sol-
dat auf Zeit, seit 11. September 2003 als Berufssoldat; seine Dienstzeit wird
voraussichtlich mit Ablauf des 31. Dezember 2029 enden. Zum Hauptfeldwebel
wurde er mit Wirkung vom 1. Februar 2004 ernannt. Der Antragsteller wird der-
zeit als Fallschirmjägerfeldwebel und Gruppenführer in der .../Offizieranwärter-
Bataillon H. verwendet.
Unter dem 28. Januar 2008 beantragte der Antragsteller, ihn ohne Geld- und
Sachbezüge für einen Zeitraum von zwölf Monaten beginnend ab dem 1. März
2008 zu beurlauben. Seine Ehefrau, die als Bereichsleiterin bei der Firma A...
beschäftigt sei, sei ohne Vorwarnung zum 18. Februar 2008 für mindestens ein
Jahr nach Irland versetzt worden. Es sei für seine Frau nicht möglich gewesen,
diese Versetzung zu umgehen; eine Absage hätte zur Kündigung geführt, da
dies als Versagen als Führungskraft gewertet worden wäre. Seine Frau erwarte
in Irland eine körperlich und psychisch enorm belastende Tätigkeit. Er, der An-
tragsteller, wolle seine Frau in dieser Situation nicht alleine lassen. Da sie erst
vor einem halben Jahr geheiratet hätten, fürchte er auch um seine noch junge
Ehe. Schon einmal habe er eine von seiner ersten Ehefrau herbeigeführte
Trennung durchleben müssen und wolle daher eine ähnliche Situation nicht er-
neut erleiden. Hinzu komme, dass die doppelten Lebenshaltungskosten nur un-
ter erheblichen Einbußen zu bewältigen seien; insbesondere sei es nicht mög-
lich, die derzeitige gemeinsame Familienwohnung zu halten. Die Beurlaubung
sei auch erforderlich, um den guten Kontakt zu seinen beiden Kindern aus ers-
ter Ehe (vierjährige Zwillinge) aufrechtzuerhalten; die Kinder seien bisher re-
gelmäßig mindestens jedes zweite Wochenende bei ihm und seiner jetzigen
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Ehefrau in der gemeinsamen Wohnung zu Besuch. Einen weiteren positiven
Faktor stelle schließlich die Möglichkeit dar, Englisch lernen zu können; hiervon
würde auch der Dienstherr profitieren.
Der Kompaniechef des Antragstellers (mit Schreiben vom 28. Januar 2008) und
der Kommandeur des Offizieranwärter-Bataillons H. (mit Schreiben vom
31. Januar 2008) befürworteten die Beurlaubung, wiesen jedoch zugleich dar-
auf hin, dass eine schnellstmögliche Nachbesetzung des Dienstpostens des
Antragstellers erforderlich sei, falls der Antrag genehmigt werde.
Mit Bescheid vom 9. Mai 2008, ausgehändigt am 20. Mai 2008, lehnte das Bun-
desministerium der Verteidigung - PSZ I 7 - den Antrag ab. Die vom Antragstel-
ler angeführten Gesichtspunkte stellten keinen wichtigen Grund für die Gewäh-
rung von Sonderurlaub dar. Das Grundgesetz verpflichte zwar auch die Bun-
deswehr als Dienstherrn, Ehe und Familie zu schützen, nicht aber dazu, das
Zusammenleben von Ehegatten in jeder Hinsicht und in jeder Lebenslage zu
ermöglichen. Der Antragsteller habe jedenfalls dann keinen Anspruch auf Son-
derurlaub, wenn es sich - wie hier - bei der Tätigkeit des Ehepartners um eine
zivilberufliche Beschäftigung im Ausland handele, die auf unternehmerische
Entscheidungen zurückzuführen sei und die in keinem inneren Zusammenhang
mit dem Wehrdienstverhältnis des Antragstellers als Soldat stehe. Etwas ande-
res ergebe sich auch nicht aus der Teilkonzeption „Vereinbarkeit von Familie
und Dienst in den Streitkräften“. Der Beurlaubung stünden darüber hinaus
dienstliche Gründe entgegen. In der Ausbildungs- und Verwendungsreihe Fall-
schirmjägertruppe sei die Personalbedarfslage bei den Unteroffizieren mit Por-
tepee derzeit angespannt; im Geburtsjahrgang des Antragstellers stehe einer
Bedarfsquote von 19 derzeit ein Ist von nur 15 Portepeeunteroffizieren gegen-
über.
Gegen den ablehnenden Bescheid beantragte der Antragsteller mit Schreiben
seines Bevollmächtigten vom 3. Juni 2008 die Entscheidung des Bundesver-
waltungsgerichts. Der Antrag wurde vom Bundesminister der Verteidigung
- PSZ I 7 - zusammen mit seiner Stellungnahme vom 7. August 2008 dem Se-
nat vorgelegt.
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Zur Begründung trägt der Antragsteller ergänzend zu seinem bisherigen Vor-
bringen insbesondere vor:
Die Teilkonzeption „Vereinbarkeit von Familie und Dienst in den Streitkräften“
sehe ein Entgegenkommen des Dienstherrn gerade bei Sachlagen wie der vor-
liegenden vor. Seine Ehefrau leide an den eingetretenen Umständen mit de-
pressiver Reaktion und befinde sich deswegen mittlerweile in psychologischer
und ärztlicher Behandlung. Entgegen dem ablehnenden Bescheid ständen der
Beurlaubung auch keine dienstlichen Gründe entgegen. Er, der Antragsteller,
sei aufgrund truppenärztlicher Entscheidung nicht fallschirmjägertauglich; des-
halb könne der dienstliche Bedarf auch nicht auf diese Eigenschaft bezogen
werden. Die von seinen unmittelbaren Vorgesetzten geforderte Nachbesetzung
seines bisherigen Dienstpostens sei inzwischen erfolgt.
Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Zur Begründung wiederholt und erläutert er im Wesentlichen die bereits in dem
Bescheid vom 9. Mai 2008 angeführten Gründe. Entgegen der Annahme des
Antragstellers sei die Teilkonzeption „Vereinbarkeit von Familie und Dienst in
den Streitkräften“ durchaus berücksichtigt und in die Ermessensausübung ein-
bezogen worden. Persönliche und familiäre Belange könnten als wichtiger
Grund für die Gewährung von Sonderurlaub jedoch nur dann anerkannt wer-
den, wenn der Soldat sich in einer Ausnahmesituation befinde, die sich für ihn
als wirkliche Zwangslage darstelle; in einer solchen Situation befinde sich der
Antragsteller nicht. Auch die von dem Antragsteller behauptete Nachbesetzung
seines Dienstpostens sei nicht erfolgt. Soweit der Antragsteller auf seine ärzt-
lich bescheinigte Fallschirmjägeruntauglichkeit verweise, stehe diese der Ver-
wendung auf seinem Dienstposten in der .../Offizieranwärter-Bataillon H. nicht
entgegen. Der Antragsteller sei dort in seiner Funktion als Gruppenführer nur
für die allgemeinmilitärische Ausbildung von Offizieranwärtern verantwortlich;
der Fallschirmsprungdienst werde in der Aufgabenbeschreibung des Dienstpos-
tens nicht aufgeführt und sei auch nicht Gegenstand der Ausbildung, die der
Antragsteller durchführe.
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Unter dem 5. Juni 2008 hat der Antragsteller außerdem Sonderurlaub unter
Wegfall der Geld- und Sachbezüge für die Dauer von sechs Monaten zur
Durchführung einer Sprachausbildung in Englisch an dem English College C. in
Irland beantragt. Diesen Antrag hat die Stammdienststelle der Bundeswehr mit
bestandskräftigem Bescheid vom 9. Juli 2008 abgelehnt.
Wegen des Vorbringens im Einzelnen wird auf den Inhalt der Schriftsätze der
Beteiligten sowie der Akten Bezug genommen. Die Verfahrensakte des Bun-
desministers der Verteidigung - PSZ I 7 - Az.: 539/08 - und die Personalgrund-
akte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
II
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.
Der Antragsteller hat im gerichtlichen Verfahren keinen bestimmten Sachantrag
gestellt. Sein ursprünglicher Antrag vom 28. Januar 2008, ihn für einen Zeit-
raum von zwölf Monaten beginnend ab dem 1. März 2008 zu beurlauben, wür-
de sich zum 28. Februar 2009 erledigen. Der Antragsteller hat allerdings bereits
mit Telefax an die Stammdienststelle der Bundeswehr vom 12. März 2008 dar-
auf hingewiesen, dass seine Beurlaubung „für einen Zeitraum von 12 Monaten
gewünscht ist und nicht rückwirkend zum 01.03.2008“. Sein Antrag ist daher
sach- und interessengerecht so auszulegen, dass er die Verpflichtung des Bun-
desministers der Verteidigung begehrt, ihn, den Antragsteller, unter Wegfall der
Besoldung zum nächstmöglichen Zeitpunkt für die Dauer von zwölf Monaten,
längstens bis zum Ende der Berufstätigkeit seiner Ehefrau in Irland, zum Zwe-
cke der Herstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft zu beurlauben.
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
Der Bescheid des Bundesministeriums der Verteidigung - PSZ I 7 - vom 9. Mai
2008 ist rechtmäßig. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Gewährung von
Sonderurlaub.
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Für den Sonderurlaub der Soldaten gelten gemäß § 28 Abs. 3, Abs. 4 Satz 1
SG i.V.m. § 9 der Verordnung über den Urlaub der Soldatinnen und Soldaten
(Soldatinnen- und Soldatenurlaubsverordnung - SUV) die Vorschriften für Bun-
desbeamte entsprechend, sofern sich aus den folgenden Vorschriften (der
SUV) nichts anderes ergibt. Nach der hier über § 9 SUV allein einschlägigen
Bestimmung des § 13 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über den Sonderurlaub für
Bundesbeamtinnen, Bundesbeamte, Richterinnen und Richter des Bundes
(Sonderurlaubsverordnung - SUrlV) kann einem Soldaten Sonderurlaub unter
Wegfall der Besoldung (nur) gewährt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt
und dienstliche Gründe nicht entgegenstehen. Eine entsprechende Regelung
enthält Nr. 83 Abs. 1 Satz 1 der Ausführungsbestimmungen zur Soldatinnen-
und Soldatenurlaubsverordnung (AusfBest SUV = ZDv 14/5 F 511). Urlaub für
mehr als drei Monate kann nur in besonders begründeten Fällen bewilligt wer-
den (§ 13 Abs. 1 Satz 2 SUrlV; Nr. 83 Abs. 1 Satz 2 AusfBest SUV). Zuständig
für die Urlaubserteilung ist im vorliegenden Fall das Bundesministerium der
Verteidigung (§ 14 SUV; Nr. 97 Abs. 7 3. Spiegelstrich AusfBest SUV).
Für die von dem Antragsteller beantragte Gewährung von Sonderurlaub fehlt es
an einem wichtigen Grund im Sinne von § 13 Abs. 1 Satz 1 SUrlV.
Die Frage, ob ein wichtiger Grund für die Gewährung von Sonderurlaub gege-
ben ist, unterliegt in vollem Umfang der gerichtlichen Nachprüfung (vgl. Be-
schlüsse vom 26. Oktober 1973 - BVerwG 1 WB 85.73 - BVerwGE 46, 173
<174> und vom 30. Januar 1996 - BVerwG 1 WB 46.95 - Buchholz 236.12 § 9
SUV Nr. 1 = NZWehrr 1996, 162 m.w.N.). Der Verteidigungsauftrag der Bun-
deswehr erfordert grundsätzlich, dass Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit die
freiwillig übernommenen Verpflichtungen zur Dienstleistung voll erfüllen. Da ei-
ne Beurlaubung aus wichtigem Grund die Erfüllung der Dienstpflicht tangiert,
kann sie nicht schon in Betracht gezogen werden, wenn der Soldat seine Be-
lange selbst für wichtig erachtet, sondern nur, wenn sie bei objektiver Betrach-
tung gewichtig und schutzwürdig sind (vgl. Beschlüsse vom 7. September 1988
- BVerwG 1 WB 104.87 -
NZWehrr 1989, 163> und vom 24. August 1993 - BVerwG 1 WB 56.93 -
BVerwGE 93, 389 <391> = NZWehrr 1994, 211). Je länger der beantragte Son-
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derurlaub dauern soll, umso stärker wird das öffentliche Interesse an der vollen
Dienstleistung des Soldaten berührt und umso höhere Anforderungen sind an
die Gewichtigkeit und Schutzwürdigkeit des geltend gemachten Beurlaubungs-
grundes zu stellen. Handelt es sich wie hier um einen besonders langen Son-
derurlaub, können die persönlichen Belange des Soldaten als wichtiger Grund
nur dann anerkannt werden, wenn er sich in einer Ausnahmesituation befindet,
die sich als eine wirkliche Zwangslage darstellt (vgl. Beschlüsse vom 15. März
1989 - BVerwG 1 WB 161.88 - DokBer B 1989, 241, vom 30. Januar 1996
a.a.O., vom 1. Juli 1999 - BVerwG 1 WB 37.99 - Buchholz 236.12 § 9 SUV
Nr. 6 sowie zuletzt vom 28. Juni 2007 - BVerwG 1 WDS-VR 5.07 - Buchholz
449.3 § 9 SUV Nr. 8).
Der vom Antragsteller geltend gemachte Grund der Herstellung der ehelichen
Lebensgemeinschaft mit seiner Ehefrau, die in einem privatwirtschaftlichen
Dienstverhältnis für die Dauer von mindestens einem Jahr nach Irland versetzt
worden ist, stellt keinen wichtigen Grund im vorgenannten Sinne dar.
Der Soldat ist in der Gestaltung seiner persönlichen, ehelichen und familiären
Lebensverhältnisse frei; dasselbe gilt - selbstverständlich und erst recht - für
den Ehegatten des Soldaten, für diesen insbesondere auch hinsichtlich seiner
Berufstätigkeit. Kehrseite dieser Freiheit ist, dass auch die Folgen und Risiken
der privaten Entscheidungen grundsätzlich in den Verantwortungsbereich des
Soldaten und seines Ehegatten fallen und es ihnen obliegt, ihre privaten Le-
bensverhältnisse und ihre jeweiligen dienstlichen bzw. beruflichen Verpflichtun-
gen miteinander in Einklang zu bringen. Die Berufstätigkeit des Ehegatten eines
Soldaten steht dabei außer Zusammenhang mit dessen Wehrdienstverhältnis
und braucht bei der Gestaltung der dienstlichen Verhältnisse des Soldaten
regelmäßig nicht berücksichtigt zu werden; auch unter dem Gesichtspunkt der
Existenzsicherung der Familie erhält die Berufstätigkeit des Ehegatten im
Hinblick auf die Alimentation des Soldaten gemäß § 30 SG keine in den dienst-
lichen Bereich hineinwirkende Bedeutung (vgl. Beschluss vom 30. Januar 1996
a.a.O. m.w.N.). Dass mit den Pflichten, die aus dem Dienstverhältnis eines Be-
rufssoldaten oder Soldaten auf Zeit folgen, daher auch - zum Teil erhebliche -
Einschränkungen in der privaten Lebensgestaltung verbunden sein können,
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steht außer Frage; diese Einschränkungen sind jedoch immanenter Bestandteil
der freiwillig übernommenen Verpflichtung und können keine Befreiung vom mi-
litärischen Dienst im Wege der Beurlaubung rechtfertigen.
Auch der besondere Schutz von Ehe und Familie (Art. 6 Abs. 1 GG) oder die
Fürsorgepflicht der Vorgesetzten (§ 10 Abs. 3 SG) gebieten keine Interpretation
des wichtigen Grundes im Sinne von § 13 Abs. 1 Satz 1 SUrlV dahingehend,
dass dem Antragsteller ein Zusammenleben mit seiner in Irland berufstätigen
Ehefrau zu ermöglichen wäre. Der Schutz von Ehe und Familie kommt in erster
Linie durch die bereits genannte, auch für Soldaten uneingeschränkte Freiheit
der Gestaltung der ehelichen und familiären Lebensverhältnisse sowie durch
die gesetzlichen, sich auch auf die Familie des Soldaten erstreckenden Leis-
tungen (insbesondere gemäß §§ 30, 31 SG) zum Tragen. Der Schutz von Ehe
und Familie verpflichtet den Dienstherrn jedoch nicht dazu, das Zusammenle-
ben von Ehegatten in der von ihnen gewünschten Form in tatsächlicher Hinsicht
zu ermöglichen und den Soldaten hierzu gegebenenfalls von seinen Pflichten
aus dem Wehrdienstverhältnis zu befreien (vgl. Beschluss vom 1. Juli 1999
a.a.O.). Dies gilt in verstärktem Maße, wenn die räumliche Trennung der
Ehegatten auf deren eigenen privaten Dispositionen beruht, auf die die Bun-
deswehr keinen Einfluss hat und für die sie dementsprechend nicht in Verant-
wortung genommen werden kann, wie hier für die Entscheidung der Ehefrau
des Antragstellers, entsprechend den Erwartungen ihres Arbeitgebers und im
Interesse ihres beruflichen Fortkommens zeitweise für ihr Unternehmen im
Ausland tätig zu sein.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Teilkonzeption „Vereinbarkeit von
Familie und Dienst in den Streitkräften“ (TK VebkFamDstSK) vom 21. Mai 2007
(siehe entsprechend auch Nr. 664 bis 669 ZDv 10/1 ). Die Si-
tuation des Antragstellers und seiner Ehefrau wird von der Zielsetzung der Teil-
konzeption ohnehin nur mittelbar erfasst. Denn Anliegen der Teilkonzeption ist
es, die aus dem - und nicht primär die aus privaten
Arbeitsverhältnissen der Ehegatten - herrührenden Belastungen und zwar für
die (zumindest zwei Generationen übergreifenden) der Soldaten
(vgl. Nr. 2.2 Abs. 2 und Nr. 3.1 Abs. 1 TK VebkFamDstSK) - und nicht primär für
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die ehelichen Beziehungen - zu mindern. Unabhängig davon folgt aus der
Teilkonzeption kein konkreter Rechtsanspruch eines Soldaten auf bestimmte
Maßnahmen (vgl. Beschlüsse vom 9. Januar 2008 - BVerwG 1 WDS-VR
10.07 -, vom 29. April 2008 - BVerwG 1 WDS-VR 6.08 - und vom 9. Dezember
2008 - BVerwG 1 WDS-VR 15.08 -). Auch der programmatische Auftrag der
Teilkonzeption zur Familienförderung führt im vorliegenden Zusammenhang
nicht über die bereits unmittelbar aus Art. 6 Abs. 1 GG und § 10 Abs. 3 SG fol-
genden Wertungen hinaus, die - wie dargelegt - die Gewährung von Sonderur-
laub nicht gebieten.
Die von dem Antragsteller angeführten weiteren Gesichtspunkte stellen eben-
falls keinen wichtigen Grund für die Gewährung von Sonderurlaub dar. Soweit
der Antragsteller geltend macht, seine Ehefrau leide an den eingetretenen Um-
ständen mit depressiver Reaktion und befinde sich deswegen in psychologi-
scher und ärztlicher Behandlung, hat er dies - über die pauschale Behauptung
in einem einzigen Satz hinaus - nicht weiter belegt; er hat auch nicht dargelegt,
warum gerade ein Zusammenleben in Irland und nicht beispielsweise eine
Rückkehr der Ehefrau nach Deutschland die geeignete Abhilfe darstellte. Die
Kosten für die doppelte Haushaltsführung wegen des Dienstes des Antragstel-
lers in Deutschland und der beruflichen Tätigkeit seiner Ehefrau in Irland be-
gründen keine Ausnahmesituation oder Zwangslage; den doppelten Kosten
stehen im Übrigen zwei Einkommen gegenüber. Die Einschränkung der Mög-
lichkeit, die beiden Kinder aus erster Ehe über das Wochenende zu Besuch
aufzunehmen, beruht darauf, dass der Antragsteller nach seinem Vortrag die
bisherige Familienwohnung aufgegeben hat und in einem Kasernenzimmer
wohnt und er außerdem über kein Kraftfahrzeug mehr verfügt; es ist nicht er-
sichtlich, inwiefern der Kontakt zu den Kindern aus erster Ehe dadurch verbes-
sert würde, dass der Antragsteller zu seiner jetzigen Ehefrau nach Irland zieht.
Was die Möglichkeit betrifft, Englisch lernen zu können, hat die Stammdienst-
stelle der Bundeswehr den Antragsteller bereits in dem Bescheid vom 9. Juli
2008 zutreffend auf die entsprechenden Ausbildungseinrichtungen des Bundes
hingewiesen, an die der Antragsteller bei einem dienstlichen Interesse an der
Sprachausbildung auch ohne Beurlaubung kommandiert würde.
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Da es bereits an dem Vorliegen eines wichtigen Grundes und damit an einer
notwendigen tatbestandlichen Voraussetzung für die Gewährung von Sonderur-
laub gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 SUrlV fehlt, kann dahingestellt bleiben, ob der
Beurlaubung außerdem dienstliche Gründe entgegenstehen.
Insgesamt muss sich der Antragsteller daran festhalten lassen, dass er mit dem
Status eines Berufssoldaten freiwillig Verpflichtungen zur Dienstleistung über-
nommen hat, deren Erfüllung der Dienstherr zu Recht erwarten kann.
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