Urteil des BVerwG vom 14.06.2006

Serbien Und Montenegro, Verfügung, Überprüfung, Nato

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 WB 62.05
In dem Wehrbeschwerdeverfahren
des Hauptmanns …,
…,
- Bevollmächtigte:
Rechtsanwälte …,
…, … -
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz als Vorsitzende,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Widmaier,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Deiseroth
sowie
Major Thoma und
Hauptmann Filter
als ehrenamtliche Richter
am 14. Juni 2006 beschlossen:
Der Antrag wird als unzulässig verworfen.
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G r ü n d e :
I
Der 1972 geborene Antragsteller ist Soldat auf Zeit mit einer bis zum 30. Juni
2007 festgesetzten Dienstzeit von 15 Jahren. Zum Hauptmann wurde er am
11. November 2002 ernannt. Seit dem 1. Oktober 2002 wird er beim Z… in M.
verwendet. Er war dort zunächst auf dem sicherheitsempfindlichen Dienstpos-
ten …(O…Offz) und … (R…Offz), Teileinheit/Zeile (TE/ZE) 141/101, eingesetzt
und mit sicherheitsempfindlichen Tätigkeiten im Dezernat Za… betraut. Zum
1. April 2005 wurde er aus diesem Aufgabenbereich herausgelöst und nahm
anschließend die nicht sicherheitsempfindlichen Tätigkeiten des S 3-Offiziers in
der Abteilung L. des Z… wahr. Durch Verfügung des Dienstpostenwechsels
Nr. 1404 vom 6. Februar 2006 ordnete das Personalamt der Bundeswehr
(PersABw) die Umsetzung des Antragstellers (rückwirkend) zum 1. Oktober
2005 auf den nicht sicherheitsempfindlichen Dienstposten O…Offz und
R…Offz, TE/ZE 451/100, im Dezernat B… an.
Das Amt für den Militärischen Abschirmdienst (MAD) schloss zuletzt am 3. Juli
2000 für den Antragsteller die erweiterte Sicherheitsüberprüfung (Ü 2) mit der
Feststellung ab, es lägen keine Umstände vor, die im Hinblick auf eine entspre-
chende sicherheitsempfindliche Tätigkeit des Antragstellers ein Sicherheitsrisiko
darstellten; Auflagen, Einschränkungen oder personenbezogene Sicher-
heitshinweise wurden nicht gegeben.
Gemäß Heiratsurkunde des Standesamtes N. vom 23. August 2001 heiratete
der Antragsteller am selben Tag die am 15. Juli 1971 in P. geborene, damals
jugoslawische Staatsangehörige Filloreta G.
Mit jeweils an den Antragsteller und an seine Ehefrau gerichteten Schreiben
vom 9. Dezember 2004 teilte der Geheimschutzbeauftragte beim Streitkräf-
teamt (GB/SKA) mit, dass die Ehefrau des Antragstellers als in die erweiterte
Sicherheitsüberprüfung einzubeziehende Person derzeit ausschließlich die ju-
goslawische Staatsangehörigkeit besitze und enge verwandtschaftliche Bezie-
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hungen zu ihren Eltern unterhalte; sie lebe erst seit Juli 2001 in der Bundesre-
publik Deutschland. Serbien-Montenegro (ehemals Jugoslawien) gehöre im
Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 17 SÜG zu den Staaten mit besonderen Sicherheits-
risiken (SmbS). Für die Ehefrau des Antragstellers seien die in § 12 SÜG vor-
geschriebenen Überprüfungsmaßnahmen notwendig, die angesichts ihrer erst
kurzen Wohnsitznahme in der Bundesrepublik Deutschland jedoch nicht in der
erforderlichen Tiefe durchgeführt werden könnten. Deshalb sei nach derzeiti-
gem Sachstand das Sicherheitsüberprüfungsverfahren wegen eines Verfah-
renshindernisses ohne Ergebnis einzustellen; dies habe für den Antragsteller
zur Folge, dass er eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit nicht oder nicht mehr
ausüben dürfe. Der Antragsteller und seine Ehefrau erhielten Gelegenheit zur
Stellungnahme.
In seinem Schreiben vom 20. Dezember 2004 machte der Antragsteller geltend,
dass seine Ehefrau vom 1. September 1999 bis zum 30. Juli 2001 im … in P.,
Kosovo, als Sprachmittlerin in ungekündigter Stellung beschäftigt gewesen sei.
Dabei habe sie einer mindestens halbjährlichen Überprüfung durch J 2 …
unterlegen. Zu ihrem Tätigkeitsfeld habe auch der Einsatz als Sprachmittlerin
für den Kommandierenden General … gehört. Die entsprechenden Unterlagen,
Gehaltsbescheinigungen und Dienstzeugnisse seien dem Militärischen
Abschirmdienst (MAD) zur Verfügung gestellt worden. Im HQ … müssten ent-
sprechende Vorgänge existieren. Darin liege eine zu nutzende Erkenntnisquelle
im Herkunftsland. Die Eltern der Ehefrau des Antragstellers lebten ebenfalls in
Pristina und somit im Einsatzgebiet ... Eine Überprüfbarkeit sei deshalb mög-
lich.
Mit dem an den Sicherheitsbeauftragten des Z… oder Vertreter gerichteten
Schreiben vom 24. Januar 2005 stellte der GB/SKA die Sicherheitsüberprüfung
des Antragstellers ohne Ergebnis ein und ließ die Fortsetzung des Verfahrens
frühestens nach einem fünfjährigen Aufenthalt der Ehefrau des Antragstellers in
Deutschland, d.h. ab August 2006 zu. Die Nichtdurchführbarkeit der erweiterten
Sicherheitsüberprüfung für die Ehefrau als einzubeziehende Person habe für
den Antragsteller zur Folge, dass eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit nicht
oder nicht mehr ausgeübt werden dürfe. Die erneute Übertragung einer sicher-
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heitsempfindlichen Tätigkeit sei nur nach positivem Abschluss einer Sicher-
heitsüberprüfung möglich. Der GB/SKA bat, den Antragsteller über den Inhalt
dieses Schreibens aktenkundig zu informieren. Die Eröffnung dieser Entschei-
dung gegenüber dem Antragsteller erfolgte am 28. Januar 2005 durch den S 2
Z...
Mit einem an den …Kdr… Z… gerichteten Schreiben vom 22. März 2005 legte
der Antragsteller gegen den ihm „am 10. März 2005 eröffneten und auf der Ein-
stellung meiner Sicherheitsüberprüfung gründenden Wechsel meines Dienst-
postens“ Beschwerde ein. Mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 8. April
2005 begründete er die Beschwerde gegenüber dem Kdr Z… dahin, die Anord-
nung des Dienstpostenwechsels sei rechtswidrig, weil eine Sicherheitsüberprü-
fung durchgeführt werden könne. Anders als vom GB/SKA angenommen, liege
kein Verfahrenshindernis vor. Seine Ehefrau befinde sich zwar weniger als fünf
Jahre in der Bundesrepublik Deutschland, habe jedoch zuvor als Übersetzerin
im Presse- und Informationszentrum des HQ … gearbeitet. Dabei habe sie un-
ter anderem auch für General Dr. R. übersetzt. In dieser Funktion sei auf
NATO-Ebene bereits eine Sicherheitsüberprüfung für sie durchgeführt worden.
Deren Ergebnis könne jetzt verwertet werden. Er verweise auf das Empfeh-
lungsschreiben des Majors A. vom 14. März 2004 sowie auf das Dienstzeugnis
des Oberstleutnants … O. vom 25. Mai 2003. Der MAD sei überdies nicht ge-
hindert, Sicherheitsüberprüfungen im Einsatzland durchzuführen. Gerade dort
sei die Tätigkeit des MAD durch das MAD-Gesetz gedeckt.
Die Beschwerde und das Begründungsschreiben legte der S 1 Z… unter dem
12. April 2005 dem Streitkräfteunterstützungskommando (SKUKdo) mit dem
Hinweis vor, der Antragsteller wende sich gegen die durch den Kdr Z… getrof-
fene Entscheidung, ihn nicht mehr im Dezernat Za… einzusetzen. Aufgrund der
Einstufung durch den Geheimschutzbeauftragten sei eine Verwendung des An-
tragstellers in sicherheitsempfindlichen Bereichen nicht mehr möglich.
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Mit Schreiben vom 21. Juni 2005 bat der Antragsteller den GB/SKA um Über-
prüfung der Entscheidung vom 24. Januar 2005 und übersandte Stellungnah-
men von NATO-Stabsoffizieren, mit denen seine Ehefrau im HQ … zusam-
mengearbeitet hatte. Weiterhin übermittelte er eine Bestätigung des Kommu-
nalgerichts P., derzufolge gegen seine Ehefrau keine Anklage erhoben worden
sei und sie auch nicht vorbestraft sei. Der GB/SKA stellte mit Schreiben vom
22. August 2005 fest, die von den Referenzpersonen ausgestellten Zeugnisse
hinsichtlich fachlicher und menschlicher Qualifikationen seien für das Sicher-
heitsüberprüfungsverfahren nicht entscheidungserheblich. Das vorgelegte Zerti-
fikat des Kommunalgerichts P. bilde keine Erkenntnisquelle im Sinne des § 12
SÜG. Die bei den deutschen Einsatzkontingenten eingerichteten MAD-Stellen
führten Überprüfungsmaßnahmen nach § 12 SÜG im hier gegebenen Zusam-
menhang nicht durch. Es bleibe deshalb bei der Entscheidung vom 24. Januar
2005.
Der Beschwerdevorgang wurde vom SKUKdo mit Schreiben vom 30. Juni 2005
an das PersABw übersandt und von dort an den Bundesminister der Verteidi-
gung (BMVg) - PSZ I 7 - weitergeleitet. Der BMVg - PSZ I 7 - teilte den Bevoll-
mächtigten des Antragstellers unter dem 26. August 2005 mit, als Gegenstand
der Beschwerde werde die Überprüfung der Entscheidung des GB/SKA vom
24. Januar 2005 angesehen. Eine darüber hinausgehende Überprüfung der
Vornahme oder Unterlassung von Personalmaßnahmen bzw. Verwendungs-
planungen erscheine zurzeit nicht sinnvoll, weil derartige Maßnahmen vom
Ausgang des Sicherheitsüberprüfungsverfahrens abhängig seien. Entschei-
dungen im Sicherheitsüberprüfungsverfahren könnten im Übrigen unmittelbar
isoliert durch eine Wehrbeschwerde angefochten werden.
Der Antragsteller legte daraufhin mit einem an das Bundesministerium der Ver-
teidigung gerichteten Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 17. Oktober 2005
ohne nähere Erläuterung Untätigkeitsbeschwerde ein.
Diese Untätigkeitsbeschwerde hat der BMVg - PSZ I 7 - als Antrag auf gerichtli-
che Entscheidung gegen die Einstellung der erweiterten Sicherheitsüberprüfung
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(Ü 2) durch Bescheid des GB/SKA vom 24. Januar 2005 gewertet und sie mit
seiner Stellungnahme vom 21. Dezember 2005 dem Senat vorgelegt.
Zur Begründung trägt der Antragsteller insbesondere vor:
Gegenstand seiner Beschwerde sei „der verfügte Dienstpostenwechsel“. Die
Verfügung des Dienstpostenwechsels sei rechtswidrig und verletze ihn in sei-
nen Rechten. Im Rahmen der Überprüfung dieser Entscheidung sei inzident
auch die Einstellung der Sicherheitsüberprüfung gerichtlich zu kontrollieren.
Diese Entscheidung des GB/SKA sei ebenfalls rechtswidrig. Die Behauptung,
dem MAD seien Erkenntnisquellen im Ausland nicht zugänglich, sei unzutref-
fend. Im Einsatzland fänden auch MAD-Mitarbeiter Verwendung. Ein Überprü-
fungszeitraum von fünf Jahren sei nach dem Sicherheitsheitsüberprüfungsge-
setz nicht zwingend vorgeschrieben. In begründeten Einzelfällen könne auch
ein kürzerer Zeitraum genügen. Die Voraussetzungen hierfür erfülle er, weil
seine Ehefrau im K. bereits für die Bundeswehr und die UN tätig geworden sei.
Der BMVg werde kaum ernstlich vortragen wollen, im Kosovo auch an sicher-
heitsempfindlicher Stelle Personen zu beschäftigen, die selbst ein Sicherheits-
risiko darstellten. Die auf NATO-Ebene durchgeführten Sicherheitsüberprüfun-
gen entsprächen quantitativ und qualitativ mindestens einer Sicherheitsüber-
prüfung nach dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz. Seine Ehefrau sei im Übri-
gen am 23. März 2006 unter Beibehaltung ihrer bisherigen Staatsangehörigkeit
eingebürgert worden.
Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 23. Mai 2006 und einer eigenen
Stellungnahme vom 22. Mai 2006 hat der Antragsteller sein Vorbringen konkre-
tisiert und betont, seine ursprüngliche Formulierung „Dienstpostenwechsel“ sei
untechnisch zu verstehen. Mit der Beschwerde werde „die verfügte Verwen-
dungsänderung“ angegriffen, mit der er in Gestalt einer mündlichen Weisung
des Kdr Z… aus seiner bisherigen Verwendung herausgelöst worden sei. Bis
zum 31. März 2005 sei er im Dezernat Za… eingesetzt gewesen, wo ihm sein
damaliger Dezernatsleiter eine weitere Verwendung auf dem nach Besol-
dungsgruppe A 12 bewerteten Dienstposten R…Offz, TE/ZE 121/101, in Aus-
sicht gestellt habe. Auf der Grundlage der Entscheidung des GB/SKA vom
24. Januar 2005 habe ihm der Kdr Z… am 10. März 2005 mündlich befohlen,
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nunmehr in der Abteilung L. des Z… Dienst zu leisten. Im Zeitpunkt der Formu-
lierung seiner Beschwerde am 22. März 2005 sei er, der Antragsteller, davon
ausgegangen, dass der mündlichen Eröffnung durch den Kdr eine entspre-
chende Personalmaßnahme in Form einer Verfügung des Dienstpostenwech-
sels folgen werde. Zu einer solchen Verfügung sei es nicht gekommen; dies sei
damals für ihn jedoch nicht absehbar gewesen. Er habe die Beschwerdefristen
einhalten wollen und deshalb den eventuellen Erhalt einer schriftlichen Verfü-
gung nicht abwarten können.
Der BMVg beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Da sich der Antragsteller nicht gegen die rechtlichen Ausführungen im Schrei-
ben vom 26. August 2005 gewandt habe, sei sein Rechtsschutzbegehren dahin
auszulegen, dass er ausschließlich die Einstellung der Sicherheitsüberprüfung
durch den Bescheid des GB/SKA vom 24. Januar 2005 angreife. Seine Be-
schwerde vom 22. März 2005 sei als unzulässig zu qualifizieren, weil sie nicht
innerhalb der Frist des § 6 Abs. 1 WBO eingelegt worden sei. Die Mitteilung des
GB/SKA über die Einstellung seiner Sicherheitsüberprüfung sei dem An-
tragsteller am 28. Januar 2005 durch den S 2 Z… eröffnet worden. Die Be-
schwerdefrist habe mit Ablauf des 11. Februar 2005 geendet. Die Beschwerde
sei indes erst am 22. März 2005 beim Kdr Z… eingegangen. In der Sache sei
der Rechtsbehelf offensichtlich unbegründet. Die Entscheidung des GB/SKA
vom 24. Januar 2005 sei rechtmäßig. Die Ehefrau des Antragstellers, die nach
§ 2 Abs. 2 SÜG in die erweiterte Sicherheitsüberprüfung (Ü 2) einzubeziehen
sei, habe zum Zeitpunkt der Entscheidung des GB/SKA erst seit etwa dreiein-
halb Jahren in Deutschland gelebt. Die nach § 12 Abs. 1 und 2 SÜG erforderli-
chen Überprüfungsmaßnahmen zu ihrer Person hätten durch den MAD nicht
sachgerecht durchgeführt werden können, weil sie nicht den vorgeschriebenen
Überprüfungszeitraum von wenigstens fünf Jahren hätten umfassen können.
Die gesetzlich vorgeschriebene Einholung einer unbeschränkten Auskunft aus
dem Bundeszentralregister sowie die erforderlichen Anfragen an Bundeskrimi-
nalamt, Bundesamt für Verfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst und
Grenzschutzdirektion hätten wegen der fehlenden Überprüfungstiefe nicht grei-
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fen können. Vergleichbare Erkenntnisquellen seien dem MAD in Serbien und
Montenegro nicht zugänglich. Die Staatenunion Serbien und Montenegro befin-
de sich - wie zuvor Jugoslawien - auf der vom Bundesministerium des Innern
gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 17 SÜG geführten Liste der SmbS. Die Staatenunion
Serbien und Montenegro sei in völkerrechtlicher Hinsicht identisch mit der Bun-
desrepublik Jugoslawien. Ein ausnahmsweiser Verzicht auf die Einbeziehung
der Ehefrau in die Sicherheitsüberprüfung des Antragstellers sei nicht in Be-
tracht gekommen. Die Staatsangehörigkeit der Ehefrau des Antragstellers zu
einem SmbS in Verbindung mit ihren Beziehungen zu ihren in Serbien und
Montenegro/Kosovo lebenden nahen Angehörigen und sonstigen Verwandten
und Freunden stellten tatsächliche Anhaltspunkte im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2
SÜG dar. Im Hinblick auf die Ehefrau des Antragstellers sei einer besonderen
Gefährdung durch Anbahnungs- und Werbungsversuche sowohl seitens ser-
bisch-montenegrinischer Nachrichten- oder Sicherheitsdienste als auch seitens
nichtstaatlicher kosovarisch-albanischer Organisationen nachzugehen. Insbe-
sondere könnten Gründe für die Besorgnis der Erpressbarkeit der Ehefrau vor-
liegen. Der Antragsteller selbst habe während seiner Auslandseinsätze mehrere
Besuche bei den Angehörigen seiner Ehefrau im K. durchgeführt. Seine
Ehefrau unterhalte regelmäßige Kontakte und Beziehungen in den K. Repres-
salien gegen die dort lebenden nahen Angehörigen könnten zur Anbahnung
bzw. Werbung als kompromittierendes Druckmittel durch einen fremden Nach-
richtendienst genutzt werden. Der gesamten Verwandtschaft der Ehefrau des
Antragstellers sei dessen Zugehörigkeit zur Bundeswehr bekannt. Die für die
Ehefrau des Antragstellers auf NATO-Ebene durchgeführte Sicherheitsüberprü-
fung stehe den Überprüfungen nach den Vorgaben des Sicherheitsüberprü-
fungsgesetzes weder quantitativ noch qualitativ gleich. Der MAD sei im K. dar-
an gehindert, Überprüfungen nach § 12 SÜG im hier gegebenen Zusammen-
hang durchzuführen. Die Aufgaben des MAD bei besonderen Auslandsverwen-
dungen der Bundeswehr seien in § 14 MAD-Gesetz abschließend aufgezählt;
bei den in § 14 Abs. 3 MAD-Gesetz genannten Überprüfungen von Personen
handele es sich um Personen in den Dienststellen und Einrichtungen im Ge-
schäftsbereich des BMVg im Ausland. Diese Überprüfungs- und Erhebungsbe-
fugnisse nach § 14 MAD-Gesetz seien mit denen des § 12 SÜG nicht ver-
gleichbar. Das vom Antragsteller vorgelegte Zertifikat des Kommunalgerichts P.
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sei lediglich auf den Zuständigkeitsbereich der Übergangsverwaltung im K. be-
schränkt und könne überdies keine Auskünfte über den Zeitraum vor 1999 ma-
chen. Die von den Referenzpersonen ausgestellten Zeugnisse bezögen sich
ausschließlich auf die fachliche Qualifikation und die menschlichen Qualitäten
der Ehefrau des Antragstellers, jedoch nicht auf Informationen zu ihrer Identität.
Mit Schreiben vom 24. und 26. Mai 2006 erklärt der BMVg ergänzend, die ins-
tanzielle Zuständigkeit des 1. Wehrdienstsenats des Bundesverwaltungsge-
richts sei nur gegeben, soweit der Rechtsbehelf des Antragstellers gegen die
Entscheidung des GB/SKA vom 24. Januar 2005 gerichtet sei. Die instanzielle
Zuständigkeit des 1. Wehrdienstsenats entfalle jedoch, soweit sich das Rechts-
schutzbegehren gegen die Entscheidung des Kdr Z… richte, den Antragsteller
nunmehr die nicht sicherheitsempfindlichen Aufgaben des S 3-Offiziers in der
Abteilung L. des Z… wahrnehmen zu lassen. Die Entscheidung über einen da-
gegen gerichteten Rechtsbehelf hätte dem truppendienstlichen Vorgesetzten
des Kommandeurs, dem Befehlshaber SKUKdo oblegen. Für die Entscheidung
über einen weiteren Rechtsbehelf gegen einen zurückweisenden Beschwerde-
bescheid des SKUKdo wie auch für die Entscheidung über eine Untätigkeitsbe-
schwerde gegen das SKUKdo wäre sodann der Inspekteur der Streitkräftebasis
zuständig gewesen. Das Z… habe die Beschwerde des Antragstellers zunächst
dem SKUKdo vorgelegt, welches den Rechtsbehelf des Antragstellers als Be-
schwerde gegen einen nicht erfolgten Wechsel auf einen Dienstposten einer
höheren Besoldungsgruppe bewertet habe. Deshalb sei die Übersendung an
das PersABw erfolgt. Es werde allerdings nicht verkannt, dass das SKUKdo die
Beschwerde an sich als Rechtsbehelf gegen die Weisung des Kdr Z… hätte
bearbeiten müssen; hierbei hätte gegebenenfalls der Hinweis erteilt werden
sollen, dass es sich bei der Weisung des Kdr Z… um die Folge der
- selbständig anfechtbaren - Einstellung des Sicherheitsüberprüfungsverfahrens
handele.
Wegen des Vorbringens im Einzelnen wird auf den Inhalt der zwischen den Be-
teiligten gewechselten Schriftsätze und der Akten Bezug genommen. Die Ver-
fahrensakte des BMVg - PSZ I 7 - 803/05 - sowie die Personalgrundakte des
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Antragstellers, Hauptteile A bis C, haben dem Senat bei der Beratung vorgele-
gen.
II
Der anwaltlich vertretene Antragsteller hat - auch auf die entsprechende Auf-
forderung durch Verfügung des Senats vom 18. Mai 2006 - keinen förmlichen
Antrag gestellt.
Sein vom BMVg als Antrag auf gerichtliche Entscheidung ausgelegtes Schrei-
ben vom 17. Oktober 2005 hat er als - an den BMVg gerichtete - „Untätigkeits-
beschwerde“ bezeichnet, ohne näher anzugeben, wessen „Untätigkeit“ er rügen
wollte. Aus dem Verfahrensablauf und dem Kontext seines Rechtsbehelfs ergibt
sich jedoch, dass er mit diesem Schreiben vom 17. Oktober 2005 eine Ent-
scheidung der zuständigen Stelle über die von ihm eingelegte Beschwerde ge-
gen die Entscheidung des Kdr Z… vom 10. März 2005 erstrebte. Der An-
tragsteller hat diese Beschwerde als gegen den „Wechsel seines Dienstpos-
tens“ gerichtet bezeichnet; aus seiner ausdrücklichen Bezugnahme auf eine
ihm „am 10. März 2005 eröffnete“ Entscheidung ergibt sich, dass er sich mit
dieser Beschwerde gegen die durch den Kdr Z… am 10. März 2005 getroffene
Entscheidung wenden wollte, ihn, den Antragsteller, nicht mehr im Dezernat
Za… einzusetzen. Diesen Beschwerdegegenstand hat der S 1 Z… in seinem
Vorlageschreiben vom 12. April 2005 an das SKUKdo ebenfalls bekräftigt.
Daran hat der Antragsteller auch in der Folgezeit festgehalten. Zunächst hat er
sich - in Erwiderung des Vorlageschreibens des BMVg vom 21. Dezember
2005 - mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 5. Januar 2006 gegen den
„verfügten Dienstpostenwechsel“ gewandt. Dem Schreiben seiner Bevollmäch-
tigten vom 23. Mai 2006 sowie seinem eigenen Schreiben vom 22. Mai 2006 ist
jedoch eine eindeutige Konkretisierung seines Rechtsschutzbegehrens dahin zu
entnehmen, dass er mit der Beschwerde - die den Streitgegenstand bestimmt -
„die verfügte Verwendungsänderung“ in Gestalt eines „mündlichen Befehls“
bzw. einer „Entscheidung des Kommandeurs des Z…“ angreift, mit der dieser
am 10. März 2005 angeordnet hat, den Antragsteller nicht mehr im Dezernat
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Za… einzusetzen. Das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers ist damit
dahin auszulegen, dass er beantragt, diese Entscheidung des Kdr ZOpInfo vom
10. März 2005 aufzuheben.
Dieser Antrag ist unzulässig.
Nach § 21 Abs. 1 WBO kann das Bundesverwaltungsgericht unmittelbar nur
gegen Entscheidungen oder Maßnahmen des BMVg einschließlich der Ent-
scheidungen über Beschwerden oder weitere Beschwerden angerufen werden.
Diese instanzielle Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts gilt nach § 22
WBO entsprechend für die Entscheidungen der Inspekteure der Teilstreitkräfte
und der Vorgesetzten in vergleichbaren Dienststellungen über weitere Be-
schwerden. Eine derartige Entscheidung oder Maßnahme des BMVg, eines
Inspekteurs einer Teilstreitkraft oder eines Vorgesetzten in vergleichbarer
Dienststellung liegt bisher hinsichtlich der Beschwerde des Antragstellers vom
22. März 2005 nicht vor.
Der Antrag ist auch nicht gemäß §§ 22, 21 Abs. 1 und 2, § 17 Abs. 1 Satz 2,
§ 16 Abs. 2 WBO zulässig.
Zwar handelt es sich bei der Untätigkeitsbeschwerde um eine „weitere Be-
schwerde“ im Sinne des § 16 Abs. 2 WBO. Daran ändert auch nichts, dass die-
se bei der unzuständigen Stelle eingelegt worden ist. Das Gesetz geht jedoch
davon aus, dass der mit der weiteren Beschwerde angerufenen Stelle zunächst
eine mit der Frist von einem Monat angemessene Prüfungszeit zugestanden
werden muss, ehe eine gerichtliche Entscheidung erforderlich werden kann
(vgl. Böttcher/Dau, WBO, 4. Aufl., § 17 Rn. 11 m.w.N.). Daran fehlt es hier.
Nach dem Gliederungsplan für die Streitkräftebasis (BwK 2006/I, B 13) hätte
gemäß § 9 Abs. 1 WBO über die Beschwerde vom 22. März 2005 der truppen-
dienstliche Vorgesetzte des Kdr Z…, der Befehlshaber SKUKdo, entscheiden
müssen. Dies hat der BMVg - PSZ I 7 - in seinem Schreiben vom 24. Mai 2006
im Einzelnen dargelegt. Eine derartige Beschwerdeentscheidung ist indessen
nicht getroffen worden. Über eine „weitere Beschwerde“ nach § 16 Abs. 2 WBO
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(„Untätigkeitsbeschwerde“) gegen das SKUKdo hätte nach dem vorbezeichne-
ten Gliederungsplan sowie nach Mitteilung des BMVg - PSZ I 7 - vom 26. Mai
2006 der Stellvertreter des Generalinspekteurs der Bundeswehr und Inspekteur
der Streitkräftebasis (StvGenInsp/InspSKB) zuständigkeitshalber entscheiden
müssen. Die Untätigkeitsbeschwerde der Bevollmächtigten des Antragstellers
vom 17. Oktober 2005 hat dem StvGenInsp/InspSKB jedoch bisher nicht zur
Entscheidung vorgelegen. Dazu hat maßgeblich beigetragen, dass sie entge-
gen der Anordnung in § 16 Abs. 4 i.V.m. § 5 WBO nicht bei dem nächsten Dis-
ziplinarvorgesetzten des Antragstellers oder bei dem für die Entscheidung ge-
mäß § 16 Abs. 3 WBO zuständigen Vorgesetzten eingelegt wurde. Vielmehr
war sie pauschal an das „Bundesministerium der Verteidigung“ adressiert und
ließ im Übrigen jeglichen Hinweis auf den Gegenstand der Beschwerde vermis-
sen. Hätten die Bevollmächtigten des Antragstellers eine Weiterleitung der Un-
tätigkeitsbeschwerde an den nächsthöheren Disziplinarvorgesetzten im Sinne
des § 16 Abs. 3 WBO gewünscht, waren sie gehalten, dies (unter Hinweis auf
den gewünschten Beschwerdegegenstand) im Laufe des Verfahrens deutlich zu
erklären, zumal der BMVg - PSZ I 7 - zuvor mit Schreiben vom 26. August 2005
ausdrücklich darauf hingewiesen hatte, dass er als Beschwerdegegenstand
nicht eine Verwendungsänderung, sondern allein die Entscheidung des
GB/SKA vom 24. Januar 2005 ansah.
Da die für die Entscheidung über die als weitere Beschwerde im Sinne des § 16
Abs. 2 WBO anzusehende „Untätigkeitsbeschwerde“ zuständige Stelle, der
StvGenInsp/InspSKB, bisher keine Gelegenheit erhalten hat, seine Beschwer-
deentscheidung zu treffen, fehlt es an einem Rechtsschutzbedürfnis für die an-
gestrebte Befassung des Senats mit der „Untätigkeitsbeschwerde“. Zunächst ist
mithin eine solche Entscheidung herbeizuführen. Dem Antragsteller bleibt es
dann unbenommen, sofern eine Entscheidung des StvGenInsp/InspSKB ergeht
(bzw. nach dessen Befassung innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Frist
nicht ergeht), einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung zu stellen.
Angesichts des im vorliegenden Verfahren ausdrücklich auf die „Verwendungs-
änderung“ beschränkten Antrags des Antragstellers kommt eine gerichtliche
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Überprüfung des Bescheids des GB/SKA vom 24. Januar 2005 durch den Se-
nat nicht in Betracht.
Die Einstellung eines Sicherheitsüberprüfungsverfahrens durch den zuständi-
gen Geheimschutzbeauftragten und die Feststellung, dass der betroffene Sol-
dat eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit nicht (mehr) ausüben darf, betrifft
nach gefestigter Rechtsprechung des Senats einen eigenständigen Streitge-
genstand, der isoliert mit der Beschwerde und den Rechtsbehelfen nach der
Wehrbeschwerdeordnung angefochten werden kann (Beschlüsse vom 16. Sep-
tember 2004 - BVerwG 1 WB 41.04 - BVerwGE 122, 23 = Buchholz 402.8 § 14
SÜG Nr. 10 und vom 24. Januar 2006 - BVerwG 1 WB 15.05 -), im vorliegen-
den Verfahren jedoch ausdrücklich nicht angefochten worden ist.
Im Zeitpunkt seiner Beschwerde vom 22. März 2005 wäre im Übrigen eine An-
fechtung des Bescheides des GB/SKA möglich gewesen. Denn abweichend
von der Regelung in Nr. 2712 Abs. 1 ZDv 2/30 Teil C erfolgte die Bekanntgabe
dieses Bescheides über die erweiterte Sicherheitsüberprüfung (Ü 2) gemäß
§ 14 Abs. 4 SÜG nicht durch die personalbearbeitende Stelle, hier also das
PersABw, sondern nach Mitteilung des BMVg - PSZ I 7 - durch den S 2 Z….
Durch diese Form der Bekanntgabe der Entscheidung des GB/SKA am
28. Januar 2005 wurde die Frist des § 6 Abs. 1 WBO für die Einlegung einer
Beschwerde nicht in Lauf gesetzt (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 15. Oktober
1996 - BVerwG 1 WB 93.95 - BVerwGE 103, 390 = Buchholz 402.8 § 5 SÜG
Nr. 6 und vom 26. Oktober 1999 - BVerwG 1 WB
13.99 - BVerwGE 111, 30 = Buchholz 402.8 § 5 SÜG Nr. 7
öffentlicht> jeweils m.w.N.).
Der Senat sieht von einer Belastung des Antragstellers mit Verfahrenskosten
ab, weil er die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 i.V.m. § 21 Abs. 2 WBO nicht
für gegeben erachtet.
Dr. Frentz Prof. Dr. Widmaier Dr. Deiseroth
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