Urteil des BVerwG vom 24.05.2011

Beförderung, Anhörung, Vertrauensperson, Übertragung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 WB 60.10
In dem Wehrbeschwerdeverfahren
des Personalrats der Zentrale des Bundesnachrichtendienstes,
vertreten durch den Vorsitzenden und Gruppensprecher der Soldaten,
Hauptmann … (Dienstname)
- Bevollmächtigter:
Rechtsanwalt …,
… -
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
den ehrenamtlichen Richter Oberstleutnant Krickl und
den ehrenamtlichen Richter Hauptmann Schulz
am 24. Mai 2011 beschlossen:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e :
I
Der Antragsteller, der Personalrat der Zentrale des Bundesnachrichtendienstes,
streitet mit dem Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes über die Frage, ob
die Besetzung von Stellen der Besoldungsgruppe A 16 oder höher mit Soldaten
der Beteiligung des Antragstellers nach § 23 SBG unterliegt.
Nach vorangegangenem Schriftwechsel mit der zuständigen Fachabteilung
wandte sich der Antragsteller - Gruppe der Soldaten - mit Schreiben vom 8. Ju-
ni 2010 an den Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes und beantragte
unter Hinweis auf die ablehnende Haltung der Fachabteilung, wonach bei der
Besetzung von A 16-Dienstposten und höher eine Anhörung der Vertrauens-
person (hier: Gruppe der Soldaten im Personalrat der Zentrale) nicht erfolge,
eine „Abhilfeweisung“. Mit Bescheid vom 21. Juni 2010 lehnte der Präsident des
Bundesnachrichtendienstes dieses Begehren mit der Begründung ab, durch die
Ausnahmeregelung des § 23 Abs. 3 Satz 2 SBG werde deutlich, dass entspre-
chend der für Beamtenstellen getroffenen Regelung des § 77 Abs. 1 Satz 2
BPersVG von der Besoldungsgruppe A 16 an aufwärts die Beteiligung sowohl
bei Dienstpostenwechseln als auch bei der Übertragung einer höherwertigen
Tätigkeit /Beförderung ausgeschlossen sei. Weiter heißt es in dem Bescheid,
unabhängig von vorstehenden rechtlichen Ausführungen werde mit Blick auf die
mit dem Personalrat der Zentrale bestehende vertrauensvolle Zusammenarbeit
entschieden, dass bei zukünftigen Auswahlentscheidungen für die Besetzung
höherwertiger Dienstposten auf Antrag des betroffenen Soldaten eine Anhörung
erfolgen werde.
Gegen diesen Bescheid legte der Antragsteller - Gruppe der Soldaten - mit
Schreiben vom 22. Juni 2010, eingegangen am 24. Juni 2010, Beschwerde
nach § 16 SBG ein wegen Behinderung der Ausübung seiner Befugnisse. Diese
Beschwerde wies der Präsident des Bundesnachrichtendienstes mit einem an
den Gruppensprecher der Soldaten gerichteten Bescheid vom 19. Juli 2010 als
unzulässig zurück, weil schon die formalen Voraussetzungen für eine Be-
schwerde nach § 16 SBG nicht vorlägen. Hinsichtlich fünf von neun in der Be-
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schwerdeschrift näher bezeichneten Dienstposten fehle es schon deswegen an
der Beschwer des Antragstellers, weil in dem angefochtenen Bescheid die An-
hörung nach § 23 SBG ohne Anerkennung einer Rechtspflicht zugesagt worden
sei. Diese Entscheidung werde von der zuständigen Fachabteilung auch beach-
tet. Insoweit gebe es daher keinen Beschwerdeanlass. Hinsichtlich der übrigen,
bereits in der Vergangenheit abgeschlossenen Besetzungsverfahren fehle es
an der Wiederholungsgefahr und damit an dem erforderlichen Feststellungsinte-
resse, weil in den laufenden und in den künftigen Besetzungsverfahren die be-
antragte Anhörung auch bei Dienstposten der Besoldungsgruppe A 16 oder
höher erfolgen werde. Im Übrigen sei die Beschwerde auch materiell unbegrün-
det. Abschließend heißt es in dem Bescheid, gegen diesen Bescheid könne
innerhalb eines Monats nach Zugang weitere Beschwerde beim Bundeskanz-
leramt eingelegt werden.
Mit einem an den Chef des Bundeskanzleramtes adressierten Schreiben vom
19. August 2010 legte der Antragsteller gegen den Bescheid des Präsidenten
des Bundesnachrichtendienstes insoweit weitere Beschwerde gem. § 16 WBO
ein, als es um die Anhörung gem. § 23 SBG bei den in der Vergangenheit ab-
geschlossenen vier Besetzungsverfahren geht. Insoweit bestehe durchaus ein
Feststellungsinteresse wegen Wiederholungsgefahr, weil das Beteiligungsrecht
weiterhin bestritten werde und auch für die abgeschlossenen Verfahren keine
Abhilfe erfolgt sei.
Der Leiter der Abteilung „Koordinierung der Nachrichtendienste des Bundes“ im
Bundeskanzleramt teilte dem Antragsteller mit Bescheid vom 22. November
2010 mit, der Chef des Bundeskanzleramtes habe am 19. November 2010 ent-
schieden, dass die zulässige Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen
werde. Die „weitere Beschwerde“ nach § 16 WBO sei als Beschwerde im Sinne
von § 16 SBG auszulegen. Beschwere sich der Personalrat der Zentrale über
eine unterlassene Anhörung durch den Präsidenten des Bundesnachrichten-
dienstes, sei bei entsprechender Anwendung des § 9 WBO der nächsthöhere
Disziplinarvorgesetzte zuständig. Dies sei für den Präsidenten des Bundes-
nachrichtendienstes der Chef des Bundeskanzleramtes. Die „Beschwerde“ vom
22. Juni 2010 sei demnach eine bloße Gegenvorstellung gewesen.
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Die Beschwerde sei jedoch unbegründet. Bei der Übertragung von höherwerti-
gen Dienstposten von A 16 an aufwärts bestehe keine Pflicht, den Personalrat
anzuhören. Dies ergebe eine Auslegung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SBG
nach Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der Norm. Nach der amtli-
chen Begründung des Gesetzentwurfs entspreche der Ausschluss der Anhö-
rung von der Besoldungsgruppe A 16 an aufwärts allgemeinen personalvertre-
tungsrechtlichen Grundsätzen. Sinn und Zweck des § 23 Abs. 3 Satz 2 SBG
sprächen ebenfalls gegen die Anhörung. Bereits die Übertragung der höherwer-
tigen Aufgabe sei eine Weichenstellung zur endgültigen Besetzung des Dienst-
postens mit einer daran anschließenden möglichen Beförderung. Sei jedoch bei
der Beförderung (ab Besoldungsgruppe A 16) als „Zementierung“ der Übertra-
gung höherwertiger Aufgaben eine Anhörung entbehrlich, gelte dies erst recht
für die - jederzeit zurücknehmbare - Übertragung von höherwertigen Aufgaben
im Vorfeld einer möglichen Beförderung.
Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 23. Dezember 2010, beim Bundes-
verwaltungsgericht per Telefax eingegangen am selben Tage, hat der Antrag-
steller Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach der Wehrbeschwerdeordnung
gestellt. Zur Begründung führt er aus, die Regelung des § 77 Abs. 1 Satz 2
BPersVG sei im Bereich der Soldatenbeteiligung mangels Verweisung weder
direkt noch sinngemäß noch analog anwendbar. Die Regelung des § 23 Abs. 3
Satz 2 SBG ergreife nach ihrem eindeutigen Wortlaut nur die spätere status-
rechtliche Beförderung, nicht jedoch die vorangehenden Verwendungsmaß-
nahmen zur Stellenbesetzung nach § 23 Abs. 1 Satz 1 SBG. Soweit sich der
Chef des Bundeskanzleramtes auf eine Passage in der amtlichen Begründung
zum SBG-Änderungsgesetz vom 28. Februar 1997 beziehe, verkenne er, dass
dies nur die nachträgliche Einführung des § 23 Abs. 3 Satz 2 SBG betreffe. Die
Einfügung sei ausschließlich für Beförderungen nach § 23 Abs. 3 Satz 1 SBG
erfolgt und zwar als Kompensation der gleichzeitigen Erweiterung des § 23
Abs. 3 Satz 1 SBG auf Beförderungen von Unteroffizieren und Offizieren. Zuvor
sei die Vorschrift nämlich auf Beförderungen von Mannschaften beschränkt ge-
wesen. § 23 Abs. 1 SBG sehe hingegen seit 1991 unverändert eine Anhörung
der Vertrauensperson auf Antrag des Soldaten bei Verwendungsentscheidun-
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gen wie Versetzung, Kommandierung und Umsetzung vor und zwar ohne jede
Beschränkung auf bestimmte Besoldungsgruppen. Wenn der Gesetzgeber eine
nachträgliche Einschränkung der Anhörungsrechte gewollt hätte, dann wäre es
bei der geschilderten Entstehungsgeschichte der Norm zwingend gewesen,
ausdrücklich auch § 23 Abs. 1 SBG zu ändern. Statt dessen hätte der Gesetz-
entwurf als Ziel, die Beteiligungsrechte „auszuüben“. Auch deswegen hätten
Einschränkungen im Gesetzgebungsverfahren klar und eindeutig erklärt werden
müssen.
Der Antragsteller beantragt:
1. Es wird unter Aufhebung der Schreiben des Präsiden-
ten des Bundesnachrichtendienstes vom 21. Juni 2010
und vom 19. Juli 2010 sowie des Bundeskanzleramts vom
22. November 2010 festgestellt, dass der Präsident des
Bundesnachrichtendienstes verpflichtet ist, den Antrag-
steller gem. § 23 Abs. 1 SBG auf Antrag des Soldaten zu
beteiligen, bei der beabsichtigten Besetzung von Dienst-
posten der Besoldungsgruppe A 16 oder höher mit einem
Soldaten oder bei der beabsichtigten Ablehnung einer
Bewerbung eines Soldaten auf einen solchen Dienstpos-
ten.
2. Es wird festgestellt, dass die unterbliebene Beteiligung
des Personalrats bei den im Schreiben vom 12. Mai 2010
genannten Dienstposten-Besetzungen unverzüglich nach-
zuholen ist.
3. Es wird festgestellt, dass der Präsident des Bundes-
nachrichtendienstes verpflichtet ist, die Soldaten seines
Geschäftsbereichs über ihr Antragsrecht nach § 23 Abs. 1
SBG rechtzeitig und umfassend zu belehren.
Der Chef des Bundeskanzleramtes beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er hält den Rechtsweg gegen seine Entscheidung für nicht eröffnet. Die Rechte
der Personalvertretung der Soldaten des Bundesnachrichtendienstes stünden
nach § 86 Nr. 13 BPersVG unter dem Vorbehalt, dass sich aus den vorange-
henden Nummern 1 bis 12 nichts anderes ergebe. Aus § 86 Nr. 8 BPersVG fol-
ge aber, dass bei Einwendungen des Personalrats der Zentrale gegen eine vom
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Leiter des Bundesnachrichtendienst beabsichtigte Maßnahme der Chef des
Bundeskanzleramtes endgültig entscheide. Abweichend von § 83 Abs. 1 Nr. 3
BPersVG sei der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten daher nicht eröffnet.
Für den Fall der „Mitwirkung im BND“, der auch die Mitbestimmung/Zustimmung
nach dem BPersVG umfasse, solle nach der Wertung des § 86 Nr. 8 BPersVG
der Rechtsweg ausgeschlossen sein. Das hier streitige Anhörungsrecht nach
§ 23 Abs. 1 Nr. 4 SBG sei eine von vier möglichen personalvertretungsrechtli-
chen Beteiligungsformen. Sei für die Fälle der Mitwirkung und Mitbestimmung
der Rechtsweg nicht eröffnet, gelte dies erst recht für das schwächere Beteili-
gungsrecht der Anhörung. § 86 Nr. 8 BPersVG entfalte mithin über § 86 Nr. 13
BPersVG hinsichtlich des gerichtlichen Rechtsschutzes gegen Beschwerdeent-
scheidungen zu Beteiligungsfragen eine Sperrwirkung gegenüber §§ 17 ff.
WBO i.V.m. § 52 Abs. 1 Satz 1 SBG.
Sollte entgegen dieser Ansicht der Rechtsweg eröffnet sein, so sei das Bun-
desverwaltungsgericht in entsprechender Anwendung des § 21 WBO erstin-
stanzlich zuständig. Das Bundesverwaltungsgericht trete bei Rechtsmitteln ge-
gen Beschwerdeentscheidungen des Chefs des Bundeskanzleramtes an die
Stelle des Truppendienstgerichts. In personalvertretungsrechtlichen Angele-
genheiten sei sowohl in der Wehrbeschwerdeordnung bei Entscheidung einer
obersten Dienstbehörde über Soldatenbeschwerden (§ 21 WBO) als auch im
Bundespersonalvertretungsgesetz bei den Statusgruppen Beamte und Tarifbe-
schäftigte des Bundesnachrichtendienstes im Falle eines Beschlussverfahrens
(§ 86 Nr. 14 BPersVG) eine erstinstanzliche Zuständigkeit des Bundesverwal-
tungsgerichts gegeben. Wenn der Gesetzgeber eine Zuständigkeit des Bun-
desverwaltungsgerichts in personalvertretungsrechtlichen Angelegenheiten so-
wohl bei Beamten und Tarifbeschäftigten im Bundesnachrichtendienst als auch
bei Entscheidungen des Bundesministers der Verteidigung als oberster Dienst-
behörde bei Entscheidungen von Soldaten geregelt habe, könne für die
„Schnittmenge Soldaten im Bundesnachrichtendienst“ nichts anderes gelten.
Der Antrag sei jedenfalls unbegründet. Zu den Befugnissen der Vertrauensper-
son gehöre das Anhörungsrecht nach § 23 SBG. Nach Abs. 3 Satz 1 der Vor-
schrift solle die Vertrauensperson stets gehört werden bei der Auswahl von Sol-
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daten bei Beförderungen, bei denen der nächste Disziplinarvorgesetzte ein
Auswahlermessen habe; dies gelte jedoch nicht bei Beförderungen von der Be-
soldungsgruppe A 16 an aufwärts. Hingegen solle die Vertrauensperson bei
dem Wechsel auf einen anderen Dienstposten nur auf Antrag des betroffenen
Soldaten durch den nächsten Disziplinarvorgesetzten gehört werden (§ 23
Abs. 1 Nr. 4 SBG). Grundsätzlich zähle hierzu auch die Übertragung einer hö-
herwertigen Dienstpostens vor einer Beförderung. Dies gelte jedoch nicht bei
der Übertragung von höherwertigen Dienstposten von der Besoldungsgruppe
A 16 an aufwärts. Dies ergebe eine Auslegung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und
Abs. 3 SBG nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der
Norm. Die Beförderung von Soldaten vollziehe sich dreistufig: Auswahl des be-
förderungswürdigen Kandidaten, Wechsel auf einen anderen (höherwertigen)
Dienstposten und schließlich Beförderung. Eine Anhörungspflicht bestehe aus-
schließlich bezüglich des vorentscheidenden ersten Aktes, der „Auswahl“ des
Soldaten. Die Formulierung „Auswahl für Beförderung“ spreche daher für eine
Anhörung bezüglich des gesamten dreigliedrigen Beförderungsprozesses. Dies
gelte dann umgekehrt auch für den Ausschluss der Anhörungspflicht nach § 23
Abs. 3 Satz 2 SBG. Der Ausschluss der Anhörung ab Besoldungsgruppe A 16
aufwärts entspreche allgemeinen personalvertretungsrechtlichen Grundsätzen.
Sinn und Zweck des § 23 Abs. 3 Satz 2 SBG sprächen ebenfalls gegen eine
Anhörung. Die Übertragung von höherwertigen Aufgaben sei ein notwendiges
Durchgangsstadium zur endgültigen Besetzung des Dienstpostens und zu einer
daran anschließenden möglichen Beförderung.
Der Bundeswehrdisziplinaranwalt und der Bundesminister der Verteidigung
- PSZ I 7 - haben zu dem Antrag Stellung genommen. Sie sind der Ansicht, der
Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten sei gegeben. Zuständig sei das Bun-
desverwaltungsgericht. Der Antrag sei aber unbegründet. Insoweit schließen sie
sich den Ausführungen des Chefs des Bundeskanzleramtes an.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Ak-
ten Bezug genommen. Die Verwaltungsvorgänge des Präsidenten des Bundes-
nachrichtendienstes und des Bundeskanzleramtes sowie des Bundesministers
der Verteidigung - PSZ I 7 - … haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
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II
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist zulässig (1.), aber unbegründet
(2.).
1. Der Antrag ist zulässig, insbesondere ist der Rechtsweg zu den Wehrdienst-
gerichten gegeben (a). Das Bundesverwaltungsgericht ist für die Entscheidung
über den Antrag sachlich zuständig (b). Der Feststellungsantrag ist auch die
zulässige Antragsart (c).
a) Der Antragsteller hat mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach der
Wehrbeschwerdeordnung den richtigen Rechtsweg beschritten. Für den Antrag
ist gem. § 16 SBG i.V.m. § 1 Abs. 1, § 17 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2, § 21 Abs. 1
WBO der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten eröffnet.
aa) Der Bundesnachrichtendienst ist eine Bundesoberbehörde im Geschäftsbe-
reich des Bundeskanzleramtes (§ 1 Abs. 1 Satz 1 BNDG). Die Zentrale des
Bundesnachrichtendienstes ist eine Dienststelle im Sinne des § 6 Abs. 1 i.V.m.
§ 86 BPersVG, bei der ein örtlicher Personalrat gebildet wird (vgl. Beschluss
vom 26. November 2008 - BVerwG 6 P 7.08 - BVerwGE 132, 276 Rn. 27 =
Buchholz 250 § 86 BPersVG Nr. 6). Für Streitigkeiten des Antragstellers mit
dem Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes über personalvertretungs-
rechtliche Beteiligungsrechte ist grundsätzlich der Rechtsweg zu den allgemei-
nen Verwaltungsgerichten gegeben. Abweichend von dieser generellen Rechts-
wegzuweisung in § 83 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG ist der Rechtsweg zu den Wehr-
dienstgerichten dann eröffnet, wenn sich der Personalrat auf eine Behinderung
in seinen Beteiligungsrechten in Angelegenheiten beruft, die nur die Soldaten
betreffen (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 1. November 2001 - BVerwG 6 P 10.01 -
BVerwGE 115, 223 = Buchholz 252 § 52 SBG Nr. 2, vom 26. Oktober 2006
- BVerwG 1 WB 17.06 - BVerwGE 127, 85 = Buchholz 450.1 § 9 WBO Nr. 1 =
NZWehrr 2007, 128 und zuletzt vom 28. Oktober 2009 - BVerwG 1 WB 11.09 -
Buchholz 449.7 § 16 SBG Nr. 3). Mit der Zuweisung der Befugnisse der Ver-
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trauensperson an die Soldatenvertreter im Personalrat enthält § 52 Abs. 1
Satz 1 SBG eine Maßgabe zum Personalvertretungsgesetz im Sinne des § 48
Satz 1 SBG, die sich für den Bereich der Beteiligung in Angelegenheiten, die
nur die Soldaten betreffen, auch auf den Rechtsweg gem. § 16 SBG i.V.m. § 17
Abs. 1 WBO auswirkt (Beschluss vom 1. November 2001 a.a.O. S. 228 f.).
Die hier streitige Frage der Anhörung des Personalrats bei der Auswahl von
Soldaten für Verwendungen auf Dienstposten der Besoldungsgruppe A 16 und
höher ist eine Angelegenheit, die ausschließlich die Gruppe der Soldaten be-
trifft.
bb) Entgegen der Ansicht des Chefs des Bundeskanzleramtes ist der Rechts-
weg zu den Wehrdienstgerichten auch nicht durch die Regelung des § 86 Nr. 8
BPersVG ausgeschlossen. Diese Vorschrift ordnet an, dass die Beschäftigten
des Bundesnachrichtendienstes keine Stufenvertretung wählen. Soweit sonst
eine Stufenvertretung zuständig ist, tritt im Bundesnachrichtendienst an ihre
Stelle der Personalrat der Zentrale. Erhebt der Personalrat Einwendungen ge-
gen eine vom Leiter des Bundesnachrichtendienstes beabsichtigte Maßnahme,
entscheidet im Falle des § 72 Abs. 4 BPersVG nach Verhandlung mit dem Per-
sonalrat der Zentrale der Chef des Bundeskanzleramtes endgültig (§ 86 Nr. 8
Satz 3 BPersVG). Diese Vorschrift regelt, wie insbesondere der Verweis auf §
72 Abs. 4 BPersVG deutlich macht, das Verfahren, wenn im Rahmen der Mit-
wirkung des Personalrats eine Einigung zwischen Dienststelle und Personalrat
nicht erreicht wird. In diesem Fall entscheidet der Chef des Bundeskanzleram-
tes nach vorheriger Verhandlung mit dem Personalrat der Zentrale, der insoweit
die Aufgaben einer Stufenvertretung wahrnimmt, endgültig. Besteht dagegen -
wie hier - Streit über die Frage, ob dem Personalrat überhaupt ein Beteiligungs-
recht in einer bestimmten Angelegenheit zusteht, entscheiden darüber aus-
schließlich die Gerichte (vgl. Beschluss vom 28. August 2008 - BVerwG 6 PB
19.08 = Buchholz 251.92 § 66 SAPersVG Nr. 1 Rn. 18 ff., 23). Daran ändert die
Regelung des § 86 Nr. 8 BPersVG nichts.
b) Das Bundesverwaltungsgericht ist auch für die Entscheidung sachlich zu-
ständig. Dabei kann dahinstehen, ob dies bereits aus der in § 16 SBG angeord-
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neten „entsprechenden“ Anwendung der Wehrbeschwerdeordnung folgt, so-
dass gegen Beschwerdeentscheidungen des Chefs des Bundeskanzleramtes
als oberster Dienstbehörde in entsprechender Anwendung des § 21 Abs. 1
WBO die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts an Stelle des Truppen-
dienstgerichts (§ 17 Abs. 1 Satz 1 WBO) tritt. Denn jedenfalls folgt dies aus der
Regelung des § 86 Nr. 14 BPersVG, wonach für gerichtliche Entscheidungen
nach § 83 Abs. 1 BPersVG im Bereich des Bundesnachrichtendienstes das
Bundesverwaltungsgericht in erster und letzter Instanz zuständig ist (vgl. zur
Anfechtung der Wahl der Gleichstellungsbeauftragten des BND Urteil vom
27. Juni 2007 - BVerwG 6 A 1.06 - Buchholz 272 GleichstellungsR Nr. 3). Dies
ist auch dann anzunehmen, wenn nach § 86 Nr. 13 BPersVG für die im Bun-
desnachrichtendienst beschäftigten Soldaten die §§ 48 bis 52 SBG und damit in
Fällen des § 16 SBG die Vorschriften der Wehrbeschwerdeordnung gelten. Die
Vorschrift des § 86 Nr. 14 BPersVG entspricht im Übrigen der allgemeinen Re-
gelung des § 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO, wonach über Klagen, denen Vorgänge im
Geschäftsbereich des Bundesnachrichtendienstes zugrunde liegen, das Bun-
desverwaltungsgericht im ersten und letzten Rechtszug entscheidet. Zweck so-
wohl des § 86 Nr. 14 BPersVG (vgl. Ilbertz/Widmaier, BPersVG, 11. Auflage
2008, § 86 Rn. 26) als auch des § 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO (Kopp/Schenke,
VwGO, 16. Auflage 2009, § 50 Rn. 8) ist die bessere Geheimhaltung der Vor-
gänge im Bereich des Bundesnachrichtendienstes (vgl. auch die entsprechende
Regelung in § 158 Nr. 5 SGB IX).
c) Der gestellte Feststellungsantrag zu 1 bedarf der Auslegung. Wie dem ab-
lehnenden Bescheid des Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes vom
21. Juni 2010, dem Beschwerdebescheid des Präsidenten des Bundesnach-
richtendienstes vom 19. Juli 2010 und den Ausführungen im Beschwerdebe-
scheid des Bundeskanzleramtes zu entnehmen ist, besteht Streit zwischen dem
Personalrat und der Dienststelle nur über die Anhörung im Zusammenhang mit
der von Soldaten für einen Dienstposten der Besoldungsgruppe A 16
oder höher, also einer „förderlichen“ Umsetzung (so ausdrücklich Bundeskanz-
leramt a.a.O.). Mit dieser Einschränkung ist der Feststellungsantrag zu 1) zu-
lässig.
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aa) Der Antragsteller ist antragsbefugt. Er kann auch in Angelegenheiten, die
ausschließlich Soldaten betreffen, deren Rechte im gerichtlichen Antragsverfah-
ren geltend machen, weil die Gruppe der Soldaten kein eigenständiges Vertre-
tungsorgan im Sinne des § 1 Abs. 2 SBG ist, obwohl sie in ihrer Funktion als
Vertrauensperson Aufgaben oder Tätigkeiten nach dem Soldatenbeteiligungs-
gesetz wahrnimmt (vgl. Höges, in: Wolf/Höges, SBG, Stand März 2011, § 52
Rn. 6). Angelegenheiten, die allein die Gruppe der Soldaten betreffen, werden
materiell nach dem Soldatenbeteiligungsgesetz, formell aber nach § 38 Abs. 2,
§ 32 Abs. 3 BPersVG behandelt (vgl. Beschlüsse vom 13. Juni 2007 - BVerwG
1 WDS-VR 1.07 - Buchholz 449.7 § 48 SBG Nr. 1 = NZWehrr 2008, 39 und vom
28. Oktober 2009 a.a.O.; Höges, a.a.O.). Dementsprechend macht der An-
tragsteller auch dann eine Verletzung eigener Beteiligungsrechte geltend, wenn
es um Gruppenangelegenheiten der Soldaten geht, über die nach vorheriger
gemeinsamer Beratung nur die Angehörigen der Gruppe abstimmen (§ 49
Abs. 2 Satz 3 SBG i.V.m. § 38 Abs. 2 BPersVG). Nach § 32 Abs. 3 BPersVG
wird der Antragsteller, wie hier geschehen, durch seinen Vorsitzenden, der
zugleich Sprecher der Gruppe der Soldaten ist, vertreten. Das gilt auch für das
gerichtliche Antragsverfahren. Dass in der vorgerichtlichen Korrespondenz der
Antragsteller jeweils mit dem Zusatz „Gruppe der Soldaten“ firmierte, ist un-
schädlich, weil jedenfalls die Formvorschrift des § 32 Abs. 3 BPersVG gewahrt
wurde.
bb) Durch die Weigerung des Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes,
dem Antragsteller bei den hier streitigen Auswahlentscheidungen für Dienstpos-
ten der Besoldungsgruppe A 16 und höher ein Anhörungsrecht zuzuerkennen,
könnte der Antragsteller in der Ausübung seiner Befugnisse als Soldatenvertre-
ter behindert worden sein. Dem steht nicht entgegen, dass der Präsident des
Bundesnachrichtendienstes zunächst ohne Anerkennung einer Rechtspflicht die
Durchführung des Anhörungsverfahrens eingeräumt hat. Denn dies ist - wie der
spätere Widerruf im Bescheid des Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes
vom 14. Dezember 2010 deutlich zeigt - ohne jede rechtliche Verbindlichkeit.
cc) Bei der vorliegenden Fallkonstellation ist der Feststellungsantrag auch die
richtige Antragsart.
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Dem steht § 23a Abs. 2 WBO i.V.m. § 43 Abs. 2 VwGO nicht entgegen. Die
Subsidiarität der Feststellungsklage nötigt den jeweiligen Antragsteller zwar
grundsätzlich, seine in Rede stehenden Rechte vorrangig mit einem Anfech-
tungs- oder Verpflichtungsantrag bzw. mit einem Leistungsantrag zu verfolgen
(stRspr, vgl. Beschlüsse vom 22. September 2005 - BVerwG 1 WB 22.05 und
speziell zu Verfahren nach § 16 SBG Beschlüsse vom 28. Mai 2008 - BVerwG
1 WB 50.07 - Buchholz 449.7 § 52 SBG Nr. 5 und vom 28. Oktober 2009
a.a.O.). Das vertretungsrechtliche Beschwerdeverfahren nach § 16 SBG dient
aber regelmäßig nicht der Durchsetzung individueller Ansprüche, sondern der
Klärung und Feststellung von Zuständigkeiten sowie von vertretungsrechtlichen
Befugnissen und Pflichten (vgl. zum personalvertretungsrechtlichen Beschluss-
verfahren die ständige Rechtsprechung, z. B. Beschlüsse vom 24. Oktober
1975 - BVerwG 7 P 11.73 - BVerwGE 49, 259 <264 f.> und vom 15. Dezember
1978 - BVerwG 6 P 13.78 - Buchholz 238.3A § 76 BPersVG Nr. 1 S. 8). Bei
dieser Zweckbestimmung des Verfahrens kann sich ein Feststellungsantrag auf
die Voraussetzungen einer Vorschrift, auf ihre Auslegung und ihre Anwendung
beziehen (Beschlüsse vom 24. Oktober 1975 a.a.O. S. 265 und vom 28. Okto-
ber 2009 a.a.O.). Bei einem gerichtlichen Antragsverfahren über Soldatenbetei-
ligungsrechte, bei denen die Beteiligung nicht in einer konkreten Personalange-
legenheit, sondern für eine Vielzahl gleichartiger Personalangelegenheiten
streitig ist, ist daher ebenso wie bei einem Streit über einen konkreten Beteili-
gungstatbestand der Feststellungsantrag regelmäßig die vorrangig gegebene
Antragsart (vgl. auch Beschluss vom 28. Oktober 2009 a.a.O. Rn. 32).
Mit dem vorliegenden Feststellungsantrag wird auch nicht die Beschwerdefrist
des § 6 Abs. 1 WBO umgangen. Nach Ablehnung des vom Antragsteller gel-
tend gemachten Beteiligungsrechts durch das Schreiben der Fachabteilung
vom 26. Mai 2010 und durch den Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes
mit Schreiben vom 21. Juni 2010 hat der Antragsteller mit Schreiben vom
22. Juni 2010, eingegangen bei der Dienststelle am 24. Juni 2010, innerhalb
der Monatsfrist des § 6 Abs. 1 WBO Beschwerde eingelegt. Dass zunächst der
Präsident des Bundesnachrichtendienstes zu Unrecht über die Beschwerde
durch Beschwerdebescheid vom 19. Juli 2010 entschieden und erst auf die
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„weitere Beschwerde“ des Antragstellers vom 19. August 2010 den Vorgang
dem Chef des Bundeskanzleramtes als dem nächsthöheren Vorgesetzten (vgl.
§ 9 Abs. 1 WBO) zur Entscheidung vorgelegt hat, ändert nichts daran, dass die
ursprüngliche Beschwerde innerhalb der Beschwerdefrist eingelegt worden ist.
2. Der Feststellungsantrag zu 1 ist aber unbegründet.
a) Dem Antragsteller steht das von ihm in Anspruch genommene Anhörungs-
recht bei dem Wechsel auf einen Dienstposten von der Besoldungsgruppe A 16
an aufwärts nicht zu, soweit es sich dabei um eine förderliche Verwendung mit
dem Ziel der Beförderung handelt. Zwar soll die Vertrauensperson durch den
nächsten Disziplinarvorgesetzten bei einem Wechsel auf einen anderen Dienst-
posten oder bei dessen Ablehnung auf Antrag des betroffenen Soldaten ange-
hört werden (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SBG). Entsprechendes gilt für Versetzun-
gen (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SBG). Der Wortlaut der genannten Vorschriften
enthält auch keinerlei Einschränkungen hinsichtlich der Besoldungsgruppe. Die
Regelungen können aber nicht losgelöst von der Bestimmung des § 23 Abs. 3
SBG ausgelegt werden. Danach soll die Vertrauensperson stets gehört werden
bei der Auswahl von Soldaten ihres Wahlbereichs für Beförderungen, bei denen
der nächste Disziplinarvorgesetzte ein Auswahlermessen hat (§ 23 Abs. 3
Satz 1 SBG). Dies gilt nicht bei Beförderungen von der Besoldungsgruppe A 16
an aufwärts (§ 23 Abs. 3 Satz 2 SBG).
aa) Dem Antragsteller ist einzuräumen, dass die Regelung des § 23 Abs. 3
Satz 2 SBG sich von ihrer systematischen Stellung her auf die Fälle des § 23
Abs. 3 Satz 1 SBG, nämlich die Auswahl von Soldaten für Beförderungen in
bestimmten Fällen bezieht. Ein derartig enges Verständnis der Vorschrift ent-
spricht aber weder ihrem Sinn und Zweck noch ihrer Entstehungsgeschichte.
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bb) Zweck der Regelung ebenso wie der des § 77 Abs. 1 Satz 2 BPersVG ist
es, durch den Ausschluss der Mitbestimmung sicherzustellen, dass bei heraus-
gehobenen Positionen unabhängige Personalentscheidungen getroffen werden,
die der Bedeutung der darauf zu verrichtenden Tätigkeit und der damit verbun-
denen Verantwortung gerecht werden (vgl. zum BPersVG Beschluss vom
2. Oktober 1978 - BVerwG 6 P 11.78 - BVerwGE 56, 291 = Buchholz 238.3A
§ 77 BPersVG Nr. 2; BAG, Urteil vom 7. Dezember 2000 - 2 AZR 532/99 -
PersR 2001, 221; Altvater/Peiseler, BPersVG, 7. Aufl. 2011, § 77 Rn. 14).
Dieser Zweck der Regelung schließt es aus, nur die sehr kleine Gruppe von
Beförderungsentscheidungen, die von § 23 Abs. 3 Satz 1 SBG erfasst werden
(vgl. dazu Gronimus, Die Beteiligungsrechte der Vertrauenspersonen in der
Bundeswehr, 6. Aufl. 2009, § 23 Rn. 47 ff.), von dem Mitbestimmungsrecht der
Personalvertretung auszunehmen, zumal jedenfalls im Bereich der Streitkräfte
Beförderungsentscheidungen für Dienstposten der Besoldungsgruppe A 16 und
höher regelmäßig nicht im Ermessen des nächsten Disziplinarvorgesetzten ste-
hen.
cc) Es kommt hinzu, dass nach § 23 Abs. 3 Satz 1 SBG die Anhörung vorgese-
hen ist „bei der Auswahl von Soldaten … für Beförderungen“. Es geht bei dem
Mitbestimmungstatbestand also nicht (nur) um den statusrechtlichen Akt der
Beförderung, sondern um die vorangehende Auswahlentscheidung unter meh-
reren in Betracht kommenden Kandidaten. Dies erfasst auch die Auswahl für
einen Dienstposten, die der zeitgleich oder nachfolgend vorgesehenen Beförde-
rung des ausgewählten Bewerbers vorangeht. Es entspricht der ständigen
Rechtsprechung des Senats, dass schon bei der Auswahl für die entsprechen-
de Verwendung auf einem förderlichen Dienstposten wegen der Regelungen in
Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 SG die Entscheidung nach Eignung, Befähi-
gung und Leistung vorzunehmen ist (vgl. Beschluss vom 25. April 2007
- BVerwG 1 WB 31.06 - BVerwGE 128, 329 = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 41 und
zuletzt vom 21. Oktober 2010 - BVerwG 1 WB 18.10 - Buchholz 449 § 3 SG
Nr. 59). Dabei konzentriert sich der Rechtschutz für einen übergangenen Be-
werber auf die Auswahlentscheidung, während den ggf. von nachgeordneten
Dienststellen aufgrund der getroffenen Auswahlentscheidung vorzunehmenden
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Umsetzungen oder Versetzungen keine gesonderte rechtliche Bedeutung zu-
kommt. Sie „stehen“ und „fallen“ mit dem Bestand der Auswahlentscheidung
(Beschluss vom 21. Oktober 2010 a.a.O. Rn. 17). Neben dem Sinn und Zweck
der Regelung des § 23 Abs. 3 Satz 2 SBG spricht daher auch der Wortlaut des
§ 23 Abs. 3 Satz 1 SBG dafür, den Ausschluss des Mitbestimmungsrechts auch
auf die im inhaltlichen Zusammenhang mit der Beförderungsentscheidung ste-
henden Personalmaßnahmen nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 4 SBG zu
erstrecken.
dd) Für diese Auslegung spricht schließlich auch die Entstehungsgeschichte
der Norm. § 23 Abs. 3 Satz 2 SBG ist im Zusammenhang mit der Erweiterung
der Regelung im Satz 1 der Vorschrift durch das Erste Gesetz zur Änderung
des Soldatenbeteiligungsgesetzes vom 20. Februar 1997 (BGBl I S. 298) einge-
fügt worden. In der amtlichen Begründung zum Gesetzentwurf (BT-Drucks
13/5740 S. 19) heißt es insoweit, „der Ausschluss der Anhörung ab Besol-
dungsgruppe A 16 entspricht allgemeinen vertretungsrechtlichen Normen“. Da-
mit wird auf die Vorschrift des § 77 Abs. 1 Satz 2 BPersVG verwiesen, wonach
die Mitbestimmung bei Personalmaßnahmen nach § 75 Abs. 1 und Abs. 3
Nr. 14 sowie § 76 Abs. 1 BPersVG bei Beamtenstellen von der Besoldungs-
gruppe A 16 an aufwärts generell ausgeschlossen ist. Das betrifft auch die
Übertragung einer höher zu bewerteten Tätigkeit nach § 76 Abs. 1 Nr. 3
BPersVG. Dazu hat der für das Personalvertretungsrecht zuständige 6. Senat
des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 7. Juli 2008 - BVerwG 6 P
13.07 - BVerwGE 131, 267 = Buchholz 250 § 77 BPersVG Nr. 18 Rn. 18) aus-
geführt, dies liege ohne Weiteres auf der Hand, wenn die Beförderung zugleich
mit der Übertragung der höherwertigen Tätigkeit ausgesprochen werde. Ent-
sprechendes müsse aber auch gelten, wenn der Beamte in eine Planstelle der
Besoldungsgruppe A 16 eingewiesen, seine Beförderung aber erst für einen
späteren Zeitpunkt in Aussicht gestellt werde. Hier werde der eigenständige
Charakter der Mitbestimmung beim Übertragungsakt sichtbar, der systematisch
als Vorbereitung der Beförderung bzw. als erster Teil eines gestreckten Beför-
derungsvorgangs zu verstehen sei.
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Das gilt in gleichem Maße für Personalmaßnahmen nach § 23 Abs. 1 Satz 1
Nrn. 1 und 4 SBG, soweit sie im inhaltlichen Zusammenhang mit einer geplan-
ten Beförderung stehen und deswegen schon die Auswahl für den Dienstposten
nach Eignung und Leistung vorgenommen wird.
ee) Zu Unrecht beruft sich der Antragsteller demgegenüber auf den Beschluss
des Senats vom 25. März 2008 - BVerwG 1 WDS-VR 4.08 - (Buchholz 449.7
§ 23 SBG Nr. 6). Zwar hat der Senat in dem damaligen Fall beanstandet, dass
bei der Versetzung eines Soldaten der Besoldungsgruppe A 16 die vorherige
Anhörung der Vertrauensperson nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SBG zu Unrecht
unterblieben sei. Die Versetzung stand aber in keinem inhaltlichen Zusammen-
hang mit einer geplanten Beförderung und einer entsprechenden Auswahlent-
scheidung, sondern sollte einem eingetretenen Vertrauensverlust Rechnung
tragen. Derartige Versetzungsentscheidungen werden von § 23 Abs. 3 Satz 2
SBG nicht erfasst, weil die Vorschrift im Unterschied zur Regelung des § 77
Abs. 1 Satz 2 BPersVG nicht sämtliche Personalentscheidungen, sondern nur
Auswahlentscheidungen im Zusammenhang mit Beförderungen regelt.
b) Besteht demnach für die hier einschlägigen Fälle der Besetzung eines
Dienstpostens im Zusammenhang mit einer Beförderung kein Anhörungsrecht
des Antragstellers, sind auch die Anträge zu 2 und 3 jedenfalls unbegründet,
sodass es auf die Frage, inwieweit sie im vorliegenden Verfahren zulässig sind,
nicht ankommt.
Golze
Dr. Frentz
Dr. Langer
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Sachgebiet:
BVerwGE:
ja
Soldatenbeteiligungsrecht
Fachpresse:
ja
Rechtsquellen:
SBG §§ 16, 23 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 4, Absatz 3, § 52 Abs. 1 Satz 1
BPersVG § 77 Abs. 1, § 86 Nr. 8 Satz 3, Nrn. 13 und 14
WBO § 21 Abs. 1
VwGO § 43 Abs. 2, § 50 Abs. 1 Nr. 4
Stichworte:
Soldatenbeteiligung; Personalrat; Gruppe der Soldaten; Gruppenangelegenheit;
Anhörungsrecht; Beförderungen; Auswahlentscheidung; Verwendungs-
entscheidung; höherwertiger Dienstposten; Besoldungsgruppe A 16 und höher;
Rechtsweg; Wehrdienstgerichte; sachliche Zuständigkeit; Bundesverwaltungs-
gericht; Bundesnachrichtendienst
Leitsätze:
Für Streitigkeiten zwischen dem Personalrat der Zentrale und dem Präsidenten
des Bundesnachrichtendienstes über die Beteiligungsrechte der Gruppe der
Soldaten ist nach Durchführung des Beschwerdeverfahrens nach der Wehr-
beschwerdeordnung der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten gegeben;
sachlich zuständig ist das Bundesverwaltungsgericht.
Bei einem gerichtlichen Antragsverfahren über Soldatenbeteiligungsrechte, bei
denen nicht die Beteiligung in einer konkreten Personalangelegenheit, sondern
für eine Vielzahl gleichartiger Personalangelegenheiten streitig ist, ist der Fest-
stellungsantrag regelmäßig die vorrangig gegebene Antragsart.
§ 23 Abs. 3 Satz 2 SBG schließt die Beteiligung der Vertrauensperson bei
Dienstposten der Besoldungsgruppe A 16 und höher auch bei der Entscheidung
über die Verwendung auf einem höherwertigen Dienstposten im Vorfeld einer
(späteren) Beförderung aus.
Beschluss des 1. Wehrdienstsenats vom 24. Mai 2011 - BVerwG 1 WB 60.10