Urteil des BVerwG vom 23.10.2012

Ärztliche Untersuchung, Marine, Elektronische Signatur, Überprüfung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 WB 59.11
In dem Wehrbeschwerdeverfahren
des Herrn Korvettenkapitän …,
…,
- Bevollmächtigte:
Rechtsanwälte …
… -
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
den ehrenamtlichen Richter Fregattenkapitän Maybauer und
die ehrenamtliche Richterin Fregattenkapitän Dr. Reppin
am 23. Oktober 2012 beschlossen:
Der Antrag wird als unzulässig verworfen.
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G r ü n d e :
I
Der Antragsteller begehrt die Erteilung einer militärärztlichen Ausnahmegeneh-
migung für seine Borddienstverwendungsfähigkeit.
Der 1976 geborene Antragsteller ist Berufssoldat; seine Dienstzeit endet vo-
raussichtlich mit Ablauf des 30. April 2035. Am 21. Oktober 2010 wurde er zum
Korvettenkapitän befördert. Derzeit wird der Antragsteller als A 3-Stabsoffizier
beim Kommando … in U. mit einer voraussichtlichen Verwendungsdauer bis
zum 30. September 2013 verwendet.
Unter dem 16. Juni 2010 stellte der Truppenarzt des …geschwaders als Ergeb-
nis einer angeordneten Begutachtung der Borddienstverwendungsfähigkeit auf
Formular BA 90/5 fest, dass der Antragsteller nicht borddienstverwendungsfä-
hig sei, jedoch eine Ausnahmegenehmigung aus truppenärztlicher Sicht befür-
wortet werde.
1. Unter Bezugnahme hierauf beantragte der Antragsteller mit Schreiben vom
16. Juni 2010 die Erteilung einer militärärztlichen Ausnahmegenehmigung für
die Borddienstverwendungsfähigkeit, weil er ab dem 3. Quartal 2010 für eine
Verwendung als Kommandant auf dem …boot P. im …geschwader eingeplant
sei. Aufgrund seiner - ihm seit Februar 2010 bekannten - Zuckerkrankheit (Dia-
betes Typ 1) sei ihm die Borddienstverwendungsfähigkeit abgesprochen wor-
den. Er habe sämtliche Maßnahmen ergriffen, um den Krankheitsverlauf einzu-
dämmen und die Krankheit zu kontrollieren, und sich intensiv mit dem Krank-
heitsbild und möglichen Folgen auseinandergesetzt. Er fühle sich gesundheit-
lich nicht beeinträchtigt und uneingeschränkt in der Lage, den Dienstposten des
Kommandanten wahrzunehmen; der Umfang der Aufgaben sei ihm aus seiner
ersten Kommandantenzeit auf dem …boot H. von 2006 bis 2009 bewusst.
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Mit Bescheid vom 17. Juni 2010 (unterzeichnet: „im Auftrag, S., Flottillenarzt“)
lehnte der Admiralarzt der Marine die Erteilung einer militärärztlichen Aus-
nahmegenehmigung für die Borddienstverwendungsfähigkeit ab; ein neuer An-
trag könne im Juni 2011 gestellt werden.
Hiergegen erhob der Antragsteller mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom
12. Juli 2010 Beschwerde. Es liege ein Ermessensausfall vor, weil der Antrag
ohne jede Begründung abgelehnt worden sei. In der Marine leiste eine Vielzahl
von Soldaten mit identischem Krankheitsbild Dienst an Bord, ohne dass Be-
schränkungen vorgenommen worden seien. Sowohl das Bundeswehrkranken-
haus W. als auch die behandelnde Ärztin Oberstabsarzt Wa. hätten bestätigt,
dass er problemlos an Bord eingesetzt werden könne; dies zeige auch sein
zweiwöchiger Einsatz im Geschwader ab Mai 2010.
Mit Bescheid vom 16. Juli 2010 wies der Admiralarzt der Marine die Beschwer-
de als unzulässig zurück, weil die begehrte militärärztliche Ausnahme den Cha-
rakter einer eine Personalmaßnahme vorbereitenden Entscheidung habe und
deshalb keine anfechtbare truppendienstliche Maßnahme darstelle. Die Ableh-
nung der Ausnahmegenehmigung sei im Übrigen medizinisch gerechtfertigt. Die
Besatzungsangehörigen von Einheiten, die im Rahmen mandatierter Einsätze
ohne Schiffsarzt eingesetzt seien, seien - je nach Einsatzgebiet - durch widrige
klimatische Bedingungen sowie durch einen unregelmäßigen Schlaf-Wach-
Rhythmus belastet. Hinzu kämen gegebenenfalls Infektionskrankheiten, die be-
dingt durch die beengten Verhältnisse an Bord endemisch seien. Diese Gege-
benheiten könnten Auswirkungen auf das Blutzuckerprofil eines Diabetikers ha-
ben, welche im Vorfeld nicht abschätzbar seien, jedoch jederzeit durch einen in
die Diabetologie eingewiesenen Arzt beherrschbar sein müssten.
Mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 4. August 2010 erhob der Antrag-
steller hiergegen weitere Beschwerde. Die Zurückweisung der Beschwerde als
unzulässig sei fehlerhaft, weil durch eine Verwaltungsvorschrift - wie die Fach-
dienstliche Anweisung des Inspekteurs des Sanitätsdienstes der Bundeswehr -
die gesetzliche Regelung des § 1 Abs. 1 WBO nicht außer Kraft gesetzt werden
könne. Die Versagung einer Ausnahmegenehmigung habe nicht lediglich vorbe-
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reitenden Charakter. Vielmehr werde seine, des Antragstellers, gesamte beruf-
liche Entwicklung bereits jetzt erheblich beeinflusst, weil er nicht wie geplant als
Kommandant eingesetzt werden könne. Der medizinischen Einschätzung in
dem Beschwerdebescheid könne nicht gefolgt werden.
Mit Bescheid vom 19. August 2010 wies der Befehlshaber der Flotte die weitere
Beschwerde zurück, weil der Antragsteller durch die Nichterteilung einer militär-
ärztlichen Ausnahmegenehmigung für die Borddienstverwendungsfähigkeit
nicht unmittelbar in seinen Rechten beeinträchtigt sei. Es handele sich um eine
nicht isoliert anfechtbare Vorbereitungsmaßnahme zu einer etwaigen Personal-
verfügung. Ein Eingriff in die Rechte des Antragstellers ergebe sich auch nicht
daraus, dass eine angestrebte Verwendungsplanung nicht realisiert werden
könne; ein Soldat habe keinen Anspruch auf eine bestimmte Verwendung.
Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 23. September 2010 beantragte
der Antragsteller unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vorbrin-
gens die Entscheidung durch das Truppendienstgericht.
Mit Beschluss vom 10. März 2011 (Az.: N 8 BLa 4/10) hob das Truppendienst-
gericht Nord die Beschwerdebescheide des Admiralarztes der Marine vom
16. Juli 2010 und des Befehlshabers der Flotte vom 19. August 2010 auf. Zur
Begründung führte das Gericht aus, dass der Admiralarzt der Marine für die Be-
scheidung der Beschwerde nicht zuständig gewesen sei, weil sich die Be-
schwerde gegen eine von ihm selbst erlassene Maßnahme gewendet habe; die
von Flottillenarzt S. „im Auftrag“ unterzeichnete Entscheidung sei dem Admiral-
arzt zuzurechnen. Über die Beschwerde hätte daher der Inspekteur des Sani-
tätsdienstes der Bundeswehr zu entscheiden gehabt.
Mit Bescheid vom 21. April 2011 wies daraufhin der Inspekteur des Sanitäts-
dienstes der Bundeswehr die Beschwerde des Antragstellers vom 12. Juli 2010
zurück. Die Beschwerde sei unzulässig, weil Ergebnisse ärztlicher Begutach-
tungen keine selbstständig anfechtbaren Maßnahmen darstellten. Eine unmit-
telbare Wirkung im Sinne eines möglichen Eingriffs in die Rechte des Soldaten
erzeuge erst die auf das Ergebnis der ärztlichen Begutachtung folgende Perso-
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nalmaßnahme. Die Rechtsprechung habe bisher lediglich im Fall der fliegerärzt-
lichen Sondergenehmigung eine Ausnahme anerkannt und bereits das Ergeb-
nis der Begutachtung als beschwerdefähige truppendienstliche Maßnahme an-
gesehen. Hierfür sei maßgebend gewesen, dass die körperliche Tauglichkeit
nach der ZDv 46/6 eine zwingende Voraussetzung für die Erlaubnis zum Füh-
ren eines Luftfahrzeugs sei und ihr Fehlen den Einsatz als Flugzeugführer und
damit die laufbahngerechte Verwendung des Soldaten ausschließe. Eine solche
unmittelbare Wirkung komme dem Begutachtungsergebnis des Truppenarztes
bei der Feststellung der Borddienstverwendungsfähigkeit bzw. der Prüfung ei-
ner Ausnahmegenehmigung nach ZDv 46/7 nicht zu. Der Dienst in der Marine
sei nicht speziell und ausschließlich auf den Dienst an Bord zugeschnitten. Eine
Verwendungsreihe als „Kommandant einer seegehenden Einheit“ oder als „Of-
fizier einer seegehenden Einheit“ sei nicht vorgesehen. Ein Soldat könne lauf-
bahngerecht in der Marine auch dann verwendet werden, wenn er nicht allge-
mein borddienstverwendungsfähig sei.
Hiergegen erhob der Antragsteller mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom
29. April 2011 weitere Beschwerde. Mit E-Mail seiner Bevollmächtigten vom
5. Oktober 2011 beantragte er unter Hinweis darauf, dass bisher keine Ent-
scheidung ergangen sei, „den Vorgang dem Senat vorzulegen“.
2. Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 18. August 2010 beantragte der
Antragsteller, ergänzend zu dem unter 1. verfolgten Begehren, hilfsweise, ihm
zu bescheinigen, dass er an Bord von seegehenden Schiffen - mit Schiffsarzt -
borddienstverwendungsfähig sei. Der Admiralarzt der Marine gab diesen als ei-
genständig qualifizierten Antrag zuständigkeitshalber an das Schifffahrtmedizi-
nische Institut der Marine ab.
Mit Bescheid vom 19. Januar 2011 lehnte das Schifffahrtmedizinische Institut
der Marine den Antrag auf Erteilung einer schifffahrtmedizinischen Sonderge-
nehmigung ab. Zur Begründung wurde auf ein ausführliches „Maritim-Medizini-
sches Obergutachten zur Borddienstverwendungsfähigkeit“ vom 17. November
2010 verwiesen, das dem Antragsteller persönlich eröffnet worden sei und von
dem er ein Exemplar erhalten habe.
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Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 27. Januar 2011 legte der Antrag-
steller hiergegen Beschwerde ein, die der Admiralarzt der Marine, weil er sich
für befangen hielt, dem Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr zur
Entscheidung vorlegte.
Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 4. März 2011 erhob der Antragstel-
ler weitere Beschwerde, weil über die Beschwerde vom 27. Januar 2011 nicht
fristgemäß entschieden worden sei. Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom
8. Juli 2011 beantragte er, „den Vorgang dem Senat vorzulegen“, weil weder
die Beschwerde vom 27. Januar 2011 noch die weitere Beschwerde vom
4. März 2011 bearbeitet worden seien. Nach zwischenzeitlichen Verhandlungen
und einer erfolglosen Abhilfeprüfung wiederholte der Antragsteller mit E-Mail
seiner Bevollmächtigten vom 5. Oktober 2011 den Antrag, die Sache dem Bun-
desverwaltungsgericht vorzulegen.
3. Der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 (jetzt R II 2) - verband die
beiden Wehrbeschwerden (oben 1. und 2.) zu einem Verfahren, weil sie auf das
gleiche Rechtsschutzziel gerichtet seien; dem unter dem 18. August 2010 ge-
stellten Hilfsantrag komme keine eigenständige rechtliche Bedeutung zu, weil
die Ausnahmegenehmigung zur Borddienstverwendungsfähigkeit sowohl un-
eingeschränkt als auch unter Auflagen erteilt werden könne. Mit dieser Maßga-
be legte der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - den Antrag auf gericht-
liche Entscheidung mit seiner Stellungnahme vom 28. Oktober 2011 dem Senat
vor.
Zur Begründung trägt der Antragsteller, ergänzend zu seinem Vorbringen im
Beschwerdeverfahren, insbesondere vor:
Die Ablehnung der Ausnahmegenehmigung stelle keine bloß vorbereitende
Maßnahme dar. Gerade wegen der Ablehnung der Ausnahmegenehmigung
habe die Personalführung alternative Verwendungsmöglichkeiten für ihn nicht
mehr geprüft, so dass auch keine anfechtbare Personalmaßnahme zu erwarten
sei. Damit liege bereits jetzt ein Eingriff in eigene Rechte vor.
Die Borddienstverwendungsfähigkeit sei für einen Marineoffizier von gleicher
Bedeutung wie die Wehrfliegerverwendungsfähigkeit für einen Luftwaffenoffi-
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zier, für die das Bundesverwaltungsgericht den Maßnahmecharakter bejaht ha-
be. Die Karriere eines Marineoffiziers bestimme sich maßgeblich nach der Ein-
satzmöglichkeit an Bord von Schiffen und Booten. Dazu gehöre neben der
Kommandantenbefähigung für ein Boot als erste Stufe auch der Einsatz an
Bord von Schiffen im Bereich von eingeschifften Stäben. Ein Marineoffizier, der
über diese Erfahrung und Praxis nicht verfüge, werde im Vergleich zu einem
Kameraden, der diese Voraussetzungen erfülle, immer benachteiligt. Der Hin-
weis darauf, dass ein Marinesoldat bei Fehlen der Borddienstverwendungsfä-
higkeit immer noch sinnvoll in einem Amt oder Stab, im Ministerium oder bei der
NATO eingesetzt werden könne, verfange nicht, weil dies in gleicher Weise
auch für einen Luftfahrzeugführer gelte. Auch sonst zeige der Vergleich zwi-
schen der ZDv 46/6 und der ZDv 46/7 keine wesentlichen Unterschiede; beide
Vorschriften regelten die Durchführung der Untersuchung und legten die Unter-
suchungsmethode sowie die Maßstäbe für die Beurteilung fest.
Mit Schriftsatz vom 17. April 2012 legte der Antragsteller ferner nochmals ver-
schiedene Stellungnahmen seiner Vorgesetzten und ärztliche Bescheinigungen
vor, die sich für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung für die Borddienst-
verwendungsfähigkeit aussprechen.
Der Antragsteller beantragt,
dem Bundesminister der Verteidigung aufzugeben, ihm,
dem Antragsteller, unter Aufhebung des Bescheids des
Schifffahrtsmedizinischen Institutes der Marine vom
19. Januar 2011 und des Beschwerdebescheids des Bun-
desministers der Verteidigung vom 21. April 2011 eine mi-
litärärztliche Ausnahmegenehmigung zu seiner Bord-
dienstverwendungsfähigkeit zu erteilen,
hilfsweise, dem Bundesminister der Verteidigung aufzu-
geben, ihm, dem Antragsteller, eine militärärztliche Aus-
nahmegenehmigung zu seiner Borddienstverwendungsfä-
higkeit mit der Maßgabe zu erteilen, dass er an Bord eines
Schiffes/Bootes mit Sanitätsmeister eingesetzt werden
darf,
hilfsweise, dem Bundesminister der Verteidigung aufzu-
geben, ihm, dem Antragsteller, eine militärärztliche Aus-
nahmegenehmigung zu seiner Borddienstverwendungsfä-
higkeit mit der Maßgabe zu erteilen, dass er an Bord eines
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Schiffes/Bootes mit Schiffsarzt eingesetzt werden darf,
sowie
hilfsweise, dem Bundesminister der Verteidigung aufzu-
geben, ihn unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung
des Senats neu zu bescheiden.
Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er verweist auf die Ausführungen in dem Beschwerdebescheid des Inspekteurs
des Sanitätsdienstes vom 21. April 2011 und führt ergänzend aus:
Das Ergebnis der ärztlichen Begutachtung stelle keine selbstständig anfechtba-
re Maßnahme dar. Dies ergebe sich auch aus der „Fachdienstlichen Anweisung
des Inspekteurs des Sanitätsdienstes der Bundeswehr“ (AU Nr. 80), D 01.01,
Nr. 6.1. Vielmehr handele es sich um die Vorbereitung für eine (dann mit der
Beschwerde anfechtbare) Personalmaßnahme. Dies habe auch das Bundes-
verwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung bestätigt.
Die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung sei zum aktuellen Zeitpunkt auch
nicht erforderlich, weil es an der konkreten Vororientierung für eine Personal-
maßnahme, die einer solchen Ausnahme bedürfte, wegen der noch verbleiben-
den Verwendungsdauer des Antragstellers in seiner jetzigen Verwendung fehle.
Die Prüfung einer Ausnahmegenehmigung müsse in zeitlichem Zusammenhang
mit der Personalmaßnahme liegen und den dann aktuellen Gesundheitszustand
widerspiegeln. Eine jetzt erteilte Ausnahmegenehmigung würde nicht dazu füh-
ren, dass der Antragsteller nach seiner derzeitigen Verwendung auf einem
Dienstposten eingesetzt würde, für den die Borddienstverwendungsfähigkeit er-
forderlich sei. Vielmehr müsste sein Gesundheitszustand dann zeitnah erneut
überprüft werden. Der Antragsteller werde auch künftig durch seine personal-
führende Stelle unvoreingenommen für eine Verwendung, bei der die Bord-
dienstverwendungsfähigkeit Voraussetzung sei, mitbetrachtet. Sofern er sich
bei dieser Betrachtung im Konkurrentenfeld behaupte, werde eine Nachunter-
suchung zur Borddienstverwendungsfähigkeit vorgenommen. Im Falle der At-
testierung der Borddienstverwendungsfähigkeit oder der Erteilung einer Aus-
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nahmegenehmigung werde der Antragsteller auf den entsprechenden Dienst-
posten versetzt.
Zwischen der Wehrfliegerverwendungsfähigkeit und der Borddienstverwen-
dungsfähigkeit bestünden wesentliche Unterschiede, die auch eine unterschied-
liche Einordnung im Rechtsschutz rechtfertigten. Die ZDv 46/6 enthalte Bestim-
mungen für einen gesamten Verwendungsbereich und eine gesamte Laufbahn.
Die Wehrfliegerverwendungsfähigkeit stelle eine zwingende Mindestvorausset-
zung in Verbindung mit international geltenden Lizenzrechten dar, was bei der
Borddienstverwendungsfähigkeit nicht der Fall sei, auch wenn sich diese an be-
rufsgenossenschaftliche Grundsätze der zivilen Schifffahrt anlehne. Das Fehlen
der Wehrfliegerverwendungsfähigkeit habe deshalb unmittelbar laufbahnrechtli-
che Relevanz. Dies treffe auf die Borddienstverwendungsfähigkeit nach der
ZDv 46/7 nicht in gleichem Ausmaß zu. Zwar schließe der dauerhafte Verlust
der Borddienstverwendungsfähigkeit weitere Verwendungen an Bord aus. Da-
von unabhängig sei jedoch die Weiterführung im bisherigen Werdegang. Lägen
- wie beim Antragsteller - aufgrund mehrjähriger Bordverwendung breite Kennt-
nisse im Werdegang/Kompetenzbereich vor, so könnten diese für weitere Ver-
wendungen im gleichen Werdegang in Stabs- oder Ausbildungsverwendungen
genutzt werden. Hinzuweisen sei auch auf Nr. 702 ZDv 46/7, wonach eine an-
lassbezogene Nachuntersuchung der Borddienstverwendungsfähigkeit durch
den Schiffs-/Geschwader-/Truppenarzt unter Berücksichtigung der Anforderun-
gen des Arbeitsplatzes durchzuführen sei. Ein sinnvoller Verwendungsaufbau
sei damit auch bei dauerhaftem Verlust der Borddienstverwendungsfähigkeit
möglich.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Ak-
ten Bezug genommen. Die Beschwerdeakten des Bundesministers der Vertei-
digung - PSZ I 7 - Az.: …/11 und …/11 - und die Personalgrundakte des An-
tragstellers, Hauptteile A bis D, haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
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II
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist unzulässig.
Der Antrag ist als sog. Untätigkeitsantrag (§ 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 17 Abs. 1
Satz 2 WBO) wirksam gestellt. Zwar genügt die E-Mail vom 5. Oktober 2011,
schon weil ihr die qualifizierte elektronische Signatur fehlt (§ 23a Abs. 2 WBO
i.V.m. § 55a Abs. 1 Satz 3 VwGO), nicht der gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m.
§ 17 Abs. 4 Satz 1 WBO gebotenen Schriftform. Der Antragsteller hat jedoch
sein Begehren, das Bundesverwaltungsgericht möge anstelle des - weiterhin
untätigen - Bundesministers der Verteidigung in der Sache entscheiden, mit
mehreren Schriftsätzen seiner Bevollmächtigten zum Teil ausdrücklich, zum
Teil sinngemäß wiederholt. Damit ist der Form des § 17 Abs. 4 Satz 1 WBO
Genüge getan.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist jedoch insgesamt - im Hauptantrag
und allen drei Hilfsanträgen - unzulässig, weil die begehrte militärärztliche Aus-
nahmegenehmigung für die Borddienstverwendungsfähigkeit (ggf. verbunden
mit Auflagen) keine dienstliche Maßnahme im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1
WBO (hier i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO) darstellt.
1. Gemäß § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO kann mit dem Antrag auf gerichtliche Ent-
scheidung nur geltend gemacht werden, dass eine dienstliche Maßnahme oder
deren Unterlassung rechtswidrig sei. Merkmal einer Maßnahme in diesem Sin-
ne ist (u.a.), dass sie unmittelbar gegen den Soldaten gerichtet ist oder - obwohl
an andere Soldaten gerichtet - in Form einer Rechtsverletzung oder eines
Pflichtenverstoßes in seine Rechtssphäre hineinwirkt (stRspr, vgl. Beschluss
vom 9. November 2005 - BVerwG 1 WB 34.05 -
Buchholz 311 § 17 WBO Nr. 59 und NZWehrr 2006, 209 m.w.N.>). Überlegun-
gen, Bewertungen, Stellungnahmen oder Zwischenentscheidungen, die ledig-
lich der Vorbereitung von truppendienstlichen Maßnahmen oder Personalmaß-
nahmen dienen, sind hingegen als Elemente innerdienstlicher Willens- und
Meinungsbildung noch keine die Rechte eines Soldaten unmittelbar berühren-
den Maßnahmen; sie sind infolgedessen einer selbstständigen gerichtlichen
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Nachprüfung nicht zugänglich (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 8. März 2006
- BVerwG 1 WB 61.05 - Rn. 24 und vom 29. Januar 2008 - BVerwG 1 WB
10.07 - Rn. 25 ,
jeweils m.w.N.).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats stellt das Ergebnis einer ärzt-
lichen Begutachtung grundsätzlich keine selbstständig anfechtbare Maßnahme,
sondern lediglich einen vorbereitenden verfahrensinternen Schritt für die Ent-
scheidung der personalbearbeitenden Stelle dar. Erst gegen die auf die ärztli-
che Stellungnahme gestützte Verwendungsentscheidung kann der Soldat ge-
richtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen (vgl. für die Auslandsdienstver-
wendungsfähigkeit: Beschlüsse vom 20. Mai 1999 - BVerwG 1 WB 93.98 -
Buchholz 311 § 17 WBO Nr. 33 = NZWehrr 1999, 165 und vom 30. August
2001 - BVerwG 1 WB 27.01 - Buchholz 311 § 17 WBO Nr. 44 = NZWehrr 2002,
38; für die MAD-Verwendungsfähigkeit: Beschluss vom 18. Juli 2000 - BVerwG
1 WB 32.00 und 33.00 -; für die Kraftfahrverwendungsfähigkeit dahingestellt ge-
lassen in: Beschluss vom 9. März 2000 - BVerwG 1 WB 80.99 -). Im Rahmen
des Rechtsschutzes gegen die Personalmaßnahme wird auch das Ergebnis ei-
ner vorbereitenden ärztlichen Begutachtung - inzident - überprüft (vgl. als Bei-
spiele für die Überprüfung der Bordverwendungsfähigkeit im Rahmen der An-
fechtung einer Versetzungsverfügung: Beschluss vom 26. Oktober 1999
- BVerwG 1 WB 45.99 - Buchholz 236.1 § 10 SG Nr. 40 = NZWehrr 2000, 35;
für die Überprüfung der Kraftfahrverwendungsfähigkeit im Rahmen eines Ver-
pflichtungsantrags auf Laufbahnzulassung: Beschluss vom 11. April 1991
- BVerwG 1 WB 170.90 -; für die Überprüfung der Wehrfliegerverwendungsfä-
higkeit im Rahmen der Anfechtung einer Versetzungsverfügung: Beschluss vom
12. Mai 1993 - BVerwG 1 WB 55.92 - BVerwGE 93,371; für die Überprüfung der
Wehrfliegerverwendungsfähigkeit im Rahmen eines Verpflichtungsantrags auf
Laufbahnzulassung: Beschluss vom 30. August 1995 - BVerwG 1 WB 111.94 -
Buchholz 236.1 § 10 SG Nr. 13).
Den Maßnahmecharakter und die isolierte Anfechtbarkeit des Ergebnisses ei-
ner ärztlichen Begutachtung - neben der davon unberührten Möglichkeit einer
inzidenten Überprüfung - hat der Senat bisher lediglich hinsichtlich der Wehr-
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fliegerverwendungsfähigkeit bejaht (vgl. Beschlüsse vom 4. Dezember 1974
- BVerwG 1 WB 57.74 - BVerwGE 46, 356, vom 7. Februar 1979 - BVerwG
1 WB 54.78 - BVerwGE 63, 190 und vom 14. Juli 2004 - BVerwG 1 WB 4.04 -
Buchholz 311 § 17 WBO Nr. 55 = NZWehrr 2004, 259). Die Begründung stützt
sich wesentlich darauf, dass die Wehrfliegerverwendungsfähigkeit nach den
Regelungen der ZDv 46/6 eine zwingende Voraussetzung für die Erlaubnis zum
Führen eines Luftfahrzeugs darstelle; ihr Fehlen schließe den Einsatz als Luft-
fahrzeugführer und damit eine solche militärische Verwendung des Soldaten
aus (Beschluss vom 14. Juli 2004 a.a.O.).
2. Das Ergebnis einer ärztlichen Begutachtung der Borddienstverwendungsfä-
higkeit und die Entscheidung über die Erteilung einer militärärztlichen Ausnah-
megenehmigung vom Begutachtungsergebnis (hier: schifffahrtmedizinische
Sondergenehmigung) stellen danach keine mit dem Antrag auf gerichtliche Ent-
scheidung selbstständig anfechtbare Maßnahmen dar. Die Verwaltungsvor-
schrift D 01.01 Nr. 6.1 Abs. 3 Satz 2 und 3 der „Fachdienstlichen Anweisungen
des Inspekteurs des Sanitätsdienstes der Bundeswehr“ (Allgemeiner Umdruck
Nr. 80) vom 19. Dezember 2011, wonach militärärztliche Ausnahmen lediglich
den Charakter einer die Personalmaßnahme vorbereitenden Entscheidung ha-
ben und keine anfechtbare truppenärztliche Maßnahme darstellen, ist rechtlich
nicht zu beanstanden.
a) Gegen die Qualifikation als selbstständig anfechtbare Maßnahme im Sinne
von § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO spricht zunächst die - für ärztliche Begutachtun-
gen der Verwendungsfähigkeit generell geltende - Erwägung, dass die entspre-
chende ärztliche Untersuchung nicht abstrakt erfolgt, sondern einer beabsichtig-
ten Personalmaßnahme (z.B. Versetzung, Ablösung von einer bestimmten
Verwendung, Entscheidung über eine Laufbahnzulassung) vorgeschaltet ist; die
ärztliche Begutachtung muss daher in aktuellem zeitlichem Zusammenhang mit
der beabsichtigten Personalmaßnahme stehen und sich an den gesundheitli-
chen Anforderungen orientieren, die für die jeweils in Rede stehende Verwen-
dung gelten. Es ist deshalb sinnvoll, wenn die eine bestimmte Personalmaß-
nahme vorbereitende ärztliche Untersuchung auch rechtlich nicht von dieser
isoliert wird. Der Rechtsschutz des betroffenen Soldaten wird hierdurch nicht
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verkürzt. Denn im Rahmen des die Personalmaßnahme betreffenden Rechts-
schutzes (Anfechtung einer belastenden Maßnahme oder Antrag auf Verpflich-
tung zum Erlass einer begünstigenden Maßnahme) wird das Ergebnis der ärzt-
lichen Begutachtung, soweit es die Entscheidung über die Personalmaßnahme
beeinflusst hat, inzident mit überprüft (siehe dazu die unter 1. zitierten Beispiele
aus der Rechtsprechung). Umgekehrt weist der Bundesminister der Verteidi-
gung zu Recht darauf hin, dass die von einer Personalmaßnahme isolierte An-
fechtung des Ergebnisses einer ärztlichen Begutachtung für den Soldaten in der
Regel ohne Nutzen wäre. So wäre das Ergebnis einer im Jahre 2012 erfolgen-
den erneuten militärärztlichen Untersuchung des Antragstellers ohne Bedeu-
tung, weil seine derzeitige Verwendung beim Kommando … (bis voraussichtlich
zum 30. September 2013) die Borddienstverwendungsfähigkeit nicht voraus-
setzt; das Begutachtungsergebnis könnte aber auch für die Entscheidung über
die - noch offene - Anschlussverwendung nicht herangezogen werden, weil es
dann nicht mehr den aktuellen Gesundheitszustand des Antragstellers wider-
spiegelt.
b) Die Qualifikation des Ergebnisses einer ärztlichen Begutachtung der Bord-
dienstverwendungsfähigkeit bzw. der Erteilung einer militärärztlichen Ausnah-
megenehmigung als Maßnahme im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO folgt
auch nicht aus der Bedeutung der Borddienstverwendungsfähigkeit für die Kar-
riere eines Marineoffiziers. Zwar stellt nach der Rechtsprechung des Senats ei-
ne Entscheidung, durch die ein Soldat endgültig von jeder späteren höherwerti-
gen Verwendung ausgeschlossen wird, eine nach § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO an-
fechtbare Maßnahme dar (vgl. Beschluss vom 28. Mai 2008 - BVerwG 1 WB
19.07 - Rn. 19 m.w.N.
Nr. 44>). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor.
„Der Dienst in der Deutschen Marine ist“, wie es in der einleitenden Bestim-
mung der ZDv 46/7 (Nr. 101 Abs. 1) heißt, „geprägt vom Einsatz an Bord see-
gehender Einheiten, unterbrochen von Verwendungen an Land zur Aus-, Fort-
und Weiterbildung bzw. im Rahmen des Verwendungsaufbaus“. Allerdings ist
der Dienst in der Marine, worauf der Beschwerdebescheid des Inspekteurs des
Sanitätsdienstes zutreffend hinweist, nicht speziell und ausschließlich auf den
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Dienst an Bord zugeschnitten; insbesondere ist eine Verwendungsreihe als
„Kommandant einer seegehenden Einheit“ oder als „Offizier einer seegehenden
Einheit“ nicht vorgesehen (siehe Anlage 4 zur ZDv 46/7). In diesem Sinne greift
die ZDv 46/7, wie auch ihre volle Bezeichnung als „Bestimmungen zur Bord-
dienstverwendungsfähigkeit und zur Verwendungsfähigkeit in den Verwen-
dungsreihen der Deutschen Marine“ zum Ausdruck bringt, über den Bereich des
Einsatzes an Bord hinaus. Die möglichen Ergebnisse einer Begutachtung auf
Borddienstfähigkeit (Nr. 225 ZDv 46/7) bzw. auf Erteilung einer schifffahrtmedi-
zinischen Sondergenehmigung (Nr. 506 ZDv 46/7) berücksichtigen nicht nur
den Einsatz an Bord, sondern auch Verwendungen an Land; sie können des-
halb nicht nur auf „borddienstverwendungsfähig I oder II“, „borddienstverwen-
dungsfähig I oder II mit Auflagen“ oder „vorübergehend nicht borddienstver-
wendungsfähig“, sondern auch auf „nicht borddienstverwendungsfähig, ver-
wendungsfähig in der Verwendungsreihe … an Land“ oder „nicht borddienst-
verwendungsfähig, eingeschränkt verwendungsfähig in der Verwendungsreihe
… an Land“ lauten. Eine anlassbezogene Nachuntersuchung auf Verwendungs-
fähigkeit in der Verwendungsreihe ist unter Berücksichtigung der Anforderun-
gen des Arbeitsplatzes durchzuführen (Nr. 702 Abs. 1 ZDv 46/7).
Nach der Konzeption der ZDv 46/7 wird deshalb mit der Entscheidung über die
Borddienstverwendungsfähigkeit bzw. über die Erteilung einer schifffahrtmedi-
zinischen Sondergenehmigung für die Borddienstverwendungsfähigkeit kein
abschließendes Urteil über die laufbahngerechte Verwendung eines Marinesol-
daten getroffen. Die gerichtliche Kontrolle des ärztlichen Begutachtungsergeb-
nisses kann deshalb auch unter diesem Aspekt der Inzidentprüfung im Rahmen
des Rechtsschutzes gegen die jeweilige konkrete Personalmaßnahme überlas-
sen bleiben.
Speziell für den vorliegenden Fall ist darauf hinzuweisen, dass der Bundesmi-
nister der Verteidigung - übereinstimmend mit der eben dargelegten Konzeption
der ZDv 46/7 - ausdrücklich erklärt hat, der Antragsteller werde auch künftig un-
voreingenommen für eine Verwendung, für die die Borddienstverwendungsfä-
higkeit erforderlich sei, mitbetrachtet; sofern er sich bei dieser Betrachtung im
Konkurrentenfeld behaupte, werde eine Nachuntersuchung vorgenommen und
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der Antragsteller, wenn ihm die Borddienstverwendungsfähigkeit attestiert oder
eine Ausnahmegenehmigung erteilt werde, auf den entsprechenden Dienstpos-
ten versetzt werden. Wie aus der Personalgrundakte ersichtlich „rechnet“ die
Personalführung der Bundeswehr aber auch im Falle einer negativen Entschei-
dung über die Borddienstverwendungsfähigkeit weiterhin - über die aktuelle
Verwendung und seinen jetzigen Dienstgrad hinaus - mit dem Antragsteller
(siehe z.B. die Angaben in dem Vermerk über das Personalgespräch am
5. November 2009 oder die Mitteilung der individuellen Förderperspektive A 14
vom 2. November 2010).
c) Die Qualifikation der Beurteilung der Borddienstverwendungsfähigkeit als
Maßnahme im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO ist schließlich auch nicht
deshalb geboten, weil der Senat dies für die entsprechende Beurteilung der
Wehrfliegerverwendungsfähigkeit angenommen hat (Nachweise oben II.1. am
Ende). Trotz Ähnlichkeiten zwischen der ZDv 46/7 und der ZDv 46/6 („Bestim-
mungen über die Wehrfliegerverwendungsfähigkeit“ vom 1. Juli 1980 - Neu-
druck September 2007 -) hinsichtlich des Ablaufs der ärztlichen Untersuchun-
gen steht das jeweilige Begutachtungsergebnis in einem unterschiedlichen
rechtlichen Kontext. Die Rechtsprechung zur selbstständigen Anfechtbarkeit der
Entscheidung über die Wehrfliegerverwendungsfähigkeit lässt sich deshalb
nicht auf die Begutachtung der Borddienstverwendungsfähigkeit bzw. die Ent-
scheidung über die Erteilung einer schifffahrtmedizinischen Sondergenehmi-
gung übertragen.
Die ZDv 46/6 ist ebenso wie die ZDv 19/11 („Zulassungsordnung für Luftfahr-
zeugbesatzungsangehörige der Bundeswehr“ vom 27. März 2008), mit der sie
in engem Zusammenhang steht, auf der Grundlage von § 30 des Luftverkehrs-
gesetzes (LuftVG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 10. Mai 2007 (BGBl I
S. 698) erlassen, der den Bundesminister der Verteidigung zum Erlass von er-
gänzenden Vorschriften ermächtigt, die - im dort bestimmten Umfang - von den
Vorschriften des Luftverkehrsgesetzes abweichen dürfen. Das Ergebnis der
ärztlichen Begutachtung der Wehrfliegerverwendungsfähigkeit („Endurteil“,
Nr. 128 ZDv 46/6) ist danach nicht nur für mögliche Personalmaßnahmen, son-
dern darüber hinaus insbesondere auch für die Erteilung und Verlängerung mili-
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tärischer Erlaubnisse zum Führen von Luftfahrzeugen von Bedeutung (siehe Nr.
101 Abs. 2 2. Spiegelstrich, Nr. 117 und Nr. 130 3. Spiegelstrich ZDv 19/11);
diese militärischen Erlaubnisse berechtigen gemäß § 27 Abs. 1 und 2 der Luft-
verkehrs-Zulassungs-Ordnung (LuftVZO) i.d.F. der Bekanntmachung vom
10. Juli 2008 (BGBl I S. 1229) im dort bestimmten Umfang auch zu einer Tätig-
keit in der zivilen Luftfahrt und zur Erteilung einer entsprechenden zivilen Lizenz
ohne nochmalige Prüfung der Eignung und Befähigung. Wegen dieser zusätzli-
chen Bedeutung sowohl für die spezifische Verwendung als Luftfahrzeugführer
der Luftwaffe als auch für die Erteilung (im militärischen und zivilen Bereich
wirksamer) luftverkehrsrechtlicher Erlaubnisse ist es gerechtfertigt, das End-
urteil über die Wehrfliegerverwendungsfähigkeit als Maßnahme im Sinne von
§ 17 Abs. 3 Satz 1 WBO der Möglichkeit einer selbstständigen Überprüfung im
Wehrbeschwerdeverfahren zu unterwerfen. Eine Gleichbehandlung des Ergeb-
nisses der ärztlichen Begutachtung der Borddienstverwendungsfähigkeit ist we-
gen der wesentlich anderen Konzeption der ZDv 46/7 (siehe oben II.2.b) nicht
geboten.
3. Dem Antragsteller sind keine Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, weil die
Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO nicht vorlie-
gen.
Dr. von Heimburg
Dr. Frentz
Dr. Langer
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Sachgebiet:
BVerwGE:
Nein
Wehrbeschwerdeverfahrensrecht
Fachpresse:
Ja
Rechtsquellen:
WBO
§ 17 Abs. 3 Satz 1
Bestimmungen zur Borddienstverwendungsfähigkeit und zur Verwendungs-
fähigkeit in den Verwendungsreihen der Deutschen Marine (ZDv 46/7) vom
27. Juli 2010
Stichworte:
Dienstliche Maßnahme; Borddienstverwendungsfähigkeit; Wehrfliegerverwen-
dungsfähigkeit; militärärztliche Ausnahmegenehmigung.
Leitsatz:
Das Ergebnis der ärztlichen Begutachtung der Borddienstverwendungsfähigkeit
und die Entscheidung über die Erteilung einer militärärztlichen Ausnahme vom
Begutachtungsergebnis (schifffahrtmedizinische Sondergenehmigung) sind kei-
ne selbstständig anfechtbaren dienstlichen Maßnahmen im Sinne von § 17
Abs. 3 Satz 1 WBO.
Beschluss des 1. Wehrdienstsenats vom 23. Oktober 2012 - BVerwG 1 WB 59.11