Urteil des BVerwG vom 11.08.2014

Bundesamt, Soldat, Hauptsache, Luftwaffe

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 WB 57.13
In dem Wehrbeschwerdeverfahren
des Herrn Hauptfeldwebel ...,
- Bevollmächtigte:
Rechtsanwälte ...,
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer
am 11. August 2014 beschlossen:
Das Verfahren wird eingestellt.
Die dem Antragsteller im Verfahren vor dem Bundesver-
waltungsgericht einschließlich der im vorgerichtlichen Ver-
fahren erwachsenen notwendigen Aufwendungen werden
dem Bund auferlegt.
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G r ü n d e :
I
Der Rechtsstreit betraf den Antrag des Antragstellers, ihn für das Auswahljahr
2013 zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes zuzulassen.
Der ... geborene Antragsteller ist Soldat auf Zeit mit einer auf 15 Jahre festge-
setzten Dienstzeit, die nach derzeitigem Stand mit Ablauf des 31. März ... en-
den wird. Er wurde zum ... Januar 2010 als Anwärter für die Laufbahn der
Feldwebel des allgemeinen Fachdienstes zugelassen. Am ... September 2010
erfolgte seine Ernennung zum Feldwebel. Zuletzt wurde er mit Wirkung vom
... November 2013 zum Hauptfeldwebel befördert. Er wird derzeit als
...feldwebel ... bei der Stabs- und Versorgungsstaffel der ... in ... verwendet.
Die Laufbahnprüfung zum Feldwebel absolvierte der Antragsteller am ... Mai
2010 mit dem Ergebnis „gut bestanden“ (Note mit Dezimalstellen: 1,577). Als
Oberfeldwebel erhielt er in der planmäßigen (Anlass-)Beurteilung zum 31. März
2012 in Nr. 3.2 als Durchschnittswert der Aufgabenerfüllung 7,50 und in Nr. 8.5
die Entwicklungsprognose „Förderung bis in die höchsten Verwendungen der
Laufbahn“. In der Laufbahnbeurteilung vom ... September 2012 erreichte der
Antragsteller die Empfehlung für den Laufbahnwechsel „in die Laufbahn der
Offiziere des militärfachlichen Dienstes in außergewöhnlichem Maß geeignet“.
Mit Formularschreiben vom ... Juli 2012 hatte der Antragsteller seine Zulassung
zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes für das Auswahljahr
2013 und für den Dienstteil/-Verwendungsbereich 13 A IT-Personal (Offizier-
werdegang IT) beantragt.
Den Antrag lehnte das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundes-
wehr mit dem angefochtenen Bescheid vom ... Mai 2013 ab. Zur Begründung
führte es aus, dass der Antragsteller als Erstbewerber für den Dienstteil-/Ver-
wendungsbereich 13 A IT-Personal vorgestellt und in der Auswahlkonferenz
betrachtet worden sei. Dabei habe die Konferenz im Leistungs- und Eignungs-
vergleich mit dem zuletzt zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Diens-
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tes in der Luftwaffe zugelassenen Soldaten seines Werdegangs festgestellt,
dass der Antragsteller mindestens gleich gut oder besser eingestuft worden sei
als die Vergleichsperson. Sein Geburtsjahrgang sei aber bereits für die Be-
darfsdeckung geschlossen gewesen. Auf die Bitte, der strukturellen Überde-
ckung zuzustimmen, habe das Kommando Luftwaffe als Bedarfsträger keine
Genehmigung erteilt. Zugleich hob das Bundesamt den Ablehnungsbescheid
des zuvor zuständigen Personalamts der Bundeswehr vom ... April 2013 auf, in
dem der Antrag auf Zustimmung des Bedarfsträgers zur Bedarfsüberdeckung
auf einen anderen Dienstteil-/Verwendungsbereich bezogen worden war.
Gegen diesen ihm am 14. August 2013 eröffneten Bescheid legte der Antrag-
steller mit Schreiben vom 16. August 2013 Beschwerde ein. Er machte geltend,
dass die Ablehnungsentscheidung nicht auf der Basis seiner Leistung ergan-
gen, sondern allein mit seinem Geburtsjahrgang begründet worden sei.
Die Beschwerde wies das Bundesministerium der Verteidigung - R II 2 - mit Be-
schwerdebescheid vom 9. Oktober 2013 zurück. Zur Begründung führte es aus,
dass der Antragsteller zwar die formalen Voraussetzungen für eine Bewerbung
um den angestrebten Laufbahnwechsel erfülle und im Rahmen der Ermittlung
des Summenrangplatzwertes 648,480 Punkte von maximal erreichbaren
756 Punkten erzielt habe. Der letztübernommene Soldat für den Dienst-
teil-/Verwendungsbereich 13 A IT-Personal, der ... geborene Hauptfeldwebel H.,
habe dagegen im Auswahlverfahren 2013 - unabhängig vom Geburtsjahrgang
und unabhängig vom Dienstgrad - einen schlechteren Punktsummenwert von
590,752 Punkten erlangt. In Bezug auf die maximal erreichbare Punktsumme
stelle diese Differenz jedoch nur eine geringfügige Abweichung von weniger als
acht Prozent dar. Im Rahmen der Auswahlentscheidung seien zusätzlich die
Kriterien des „Kataloges streitkräftegemeinsamer Bedarfsträgerforderungen für
Auswahl- und Verwendungsplanungsverfahren im Rahmen des Personalma-
nagements“ vom 1. Oktober 2009 zu beachten. Der Katalog fordere u.a. ein
über mehrere Jahre bestätigtes herausragendes Eignungs- und Leistungsbild in
der Spitzengruppe. Unter Berücksichtigung dieses Kriteriums sei der letztüber-
nommene Soldat dem Antragsteller im Ergebnis vorzuziehen gewesen. Auf der
Feldwebelebene verfüge der Antragsteller, der sich erst seit dem 2. September
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2010 in einem Feldwebeldienstgrad befinde, lediglich über eine einzige plan-
mäßige Beurteilung. Insofern sei zum jetzigen Zeitpunkt mehr als fraglich, ob er
ein über mehrere Jahre bestätigtes herausragendes Eignungs- und Leistungs-
bild aufweise. Eine derartige „Bestätigung“ liege jedenfalls erst dann vor, wenn
ein Soldat zumindest über zwei Feldwebel-Beurteilungen verfüge. Der letzt-
übernommene Soldat erfülle diese Voraussetzung, weil er bereits den Dienst-
grad eines Hauptfeldwebels innehabe und in den vergangenen Jahren (schon
seit dem 20. November 2006 in einem Feldwebeldienstgrad) seine Kompetenz
und sein herausragendes Eignungs- und Leistungsbild in mehreren Feldwebel-
Beurteilungen dokumentiert habe.
Gegen diese ihm am 23. Oktober 2013 eröffnete Entscheidung hat der Antrag-
steller am 11. November 2013 die Entscheidung des Bundesverwaltungsge-
richts beantragt. Er hat im Wesentlichen geltend gemacht, dass es sich bei der
festgestellten Differenz der Summenrangplatzwerte nicht um eine lediglich ge-
ringfügige Abweichung handele. Darüber hinaus halte er es für bedenklich,
dass nach dem „Katalog streitkräftegemeinsamer Bedarfsträgerforderungen“
ein über mehrere Jahre bestätigtes herausragendes Eignungs- und Leistungs-
bild in der Spitzengruppe erst dann vorliegen solle, wenn ein Bewerber dies
durch zwei Feldwebel-Beurteilungen belegen könne. Die Anknüpfung an zwei
Feldwebel-Beurteilungen stelle aus seiner Sicht ein unzulässiges Ausschluss-
kriterium bei der Auswahl für die angestrebte Laufbahn dar.
Zu dem Antrag des Antragstellers auf Aufhebung des Bescheids des Bundes-
amtes für das Personalmanagement der Bundeswehr vom ... Mai 2013 und des
Beschwerdebescheids vom 9. Oktober 2013 sowie auf Verpflichtung des Bun-
desministeriums der Verteidigung zur Neubescheidung des Laufbahnzulas-
sungsantrags hat das Bundesministerium der Verteidigung - R II 2 - Stellung
genommen.
Mit Verfügung vom 29. Juli 2014 hat das Gericht das Bundesministerium der
Verteidigung um eine Amtliche Auskunft unter anderem zu der Frage gebeten,
ob es - unabhängig von der Anwendung der sogenannten Erstbewerberrege-
lung - der ständigen Verwaltungspraxis des Personalamts der Bundeswehr
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bzw. nunmehr des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundes-
wehr entspreche, eine positive Auswahlentscheidung für die Zulassung zur
Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes nicht nur vom erreichten
Summenrangplatzwert des Bewerbers, sondern auch von einem in zwei Feld-
webel-Beurteilungen bestätigten herausragenden Eignungs- und Leistungsbild
in der Spitzengruppe abhängig zu machen.
Daraufhin hat das Bundesministerium der Verteidigung - R II 2 - dem Senat mit
Schreiben vom 7. August 2014 mitgeteilt, dass es seinen Beschwerdebescheid
vom 9. Oktober 2013 aufgehoben und das Bundesamt für das Personalma-
nagement der Bundeswehr angewiesen habe, den Ausgangsbescheid vom
15. Mai 2013 ebenfalls aufzuheben und über den Zulassungsantrag des An-
tragstellers unter Beachtung des Senatsbeschlusses vom 17. Dezember 2013
(Az.: BVerwG 1 WB 51.12) neu zu entscheiden. Einen dieser Weisung entspre-
chenden Bescheid hat das Bundesamt für das Personalmanagement der Bun-
deswehr unter dem 7. August 2014 gegenüber dem Antragsteller erlassen.
Anschließend hat der Antragsteller mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom
8. August 2014 den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und be-
antragt,
ihm die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung
erwachsenen notwendigen Aufwendungen gemäß
§ 16a WBO zu erstatten.
Das Bundesministerium der Verteidigung - R II 2 - hat sich mit Schreiben vom
8. August 2014 der Erklärung der Erledigung der Hauptsache angeschlossen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Ak-
ten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministeriums der Ver-
teidigung - R II 2 - 1214/13 - und die von ihm mit Schriftsatz vom 25. Juli 2014
vorgelegten Unterlagen sowie die Personalgrundakte des Antragstellers haben
dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
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II
Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend
für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung von
§ 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen und gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m.
§ 20 Abs. 3 WBO nur noch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Für
die Kostenentscheidung sind die im Prozessrecht allgemein geltenden Grund-
sätze maßgebend. Danach ist bei übereinstimmender Erledigungserklärung
über die Kosten nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen
Sach- und Streitstandes zu entscheiden (vgl. § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 20
Abs. 3 WBO und § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO; stRspr, vgl. z.B. Beschluss vom
17. Oktober 2013 - BVerwG 1 WB 43.13 - Rn. 12 m.w.N.).
Billigem Ermessen entspricht es, die dem Antragsteller erwachsenen notwendi-
gen Aufwendungen dem Bund aufzuerlegen.
Das Bundesministerium der Verteidigung hat den angefochtenen Beschwerde-
bescheid und das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr
hat den angefochtenen Ausgangsbescheid aufgehoben. Zugleich hat sich das
Bundesamt entsprechend einer Weisung des Bundesministeriums der Verteidi-
gung zu einer Neubescheidung des Zulassungsantrags des Antragstellers, der
sich auf das Auswahljahr 2013 bezieht, verpflichtet. Damit ist dem gerichtlichen
Rechtsschutzbegehren des Antragstellers in vollem Umfang Rechnung getra-
gen worden. In einem solchen Fall entspricht es nach ständiger Rechtspre-
chung des Senats (vgl. zuletzt z.B. Beschluss vom 17. Oktober 2013 - BVerwG
1 WB 43.13 - Rn. 14 m.w.N.) in der Regel der Billigkeit, die dem Antragsteller
im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht einschließlich der im vorge-
richtlichen Verfahren erwachsenen notwendigen Aufwendungen dem Bund auf-
zuerlegen. Eine atypische Situation, die eine Ausnahme von dieser Regel nahe-
legen könnte, ist nicht ersichtlich.
Dr. von Heimburg Dr. Frentz Dr. Langer
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