Urteil des BVerwG vom 27.05.2014

Übertragung, Ausschluss, Beförderung, Erlass

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 WB 55.13
In dem Wehrbeschwerdeverfahren
des Herrn Oberstleutnant …,
…,
- Bevollmächtigte:
Rechtsanwälte …,
… -
Beigeladener:
Herr Oberst …,
…,
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
den ehrenamtlichen Richter Oberst Wendroth und
den ehrenamtlichen Richter Major Schönle
am 27. Mai 2014 beschlossen:
Die Entscheidung des Präsidenten des Bundesamts für
das Personalmanagement der Bundeswehr vom 14. No-
vember 2013, den Dienstposten des Referatsleiters … im
…amt … mit dem Beigeladenen zu besetzen, und der Be-
schwerdebescheid des Bundesministers der Verteidigung
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- RII 2 - vom 28. Januar 2014 werden aufgehoben. Der
Bundesminister der Verteidigung wird verpflichtet, über die
Besetzung dieses Dienstpostens unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
Die dem Antragsteller im Verfahren vor dem Bundesver-
waltungsgericht einschließlich der im vorgerichtlichen Ver-
fahren erwachsenen notwendigen Aufwendungen werden
zu drei Vierteln dem Bund auferlegt.
G r ü n d e :
I
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung betrifft einen Konkurrentenstreit um
die Besetzung des nach Besoldungsgruppe A 16 bewerteten Dienstpostens des
Referatsleiters … im …amt … in … sowie damit im Zusammenhang stehende
Feststellungsanträge.
Der im März 19.. geborene Antragsteller ist seit 19.. Berufssoldat; seine Dienst-
zeit endet voraussichtlich mit Ablauf des 31. Juli 20... Zuletzt wurde er am
25. Januar 19.. zum Oberstleutnant befördert und zum 1. Januar 20.. in eine
Planstelle der Besoldungsgruppe A 15 eingewiesen. Derzeit wird der Antrag-
steller im … in B. verwendet.
Am 22. Februar 2012 entschied der damals zuständige Abteilungsleiter Perso-
nal-, Sozial- und Zentralangelegenheiten (PSZ) im Bundesministerium der Ver-
teidigung, den nach Besoldungsgruppe A 16 bewerteten Dienstposten des Lei-
ters … (…) im …amt … mit dem Beigeladenen zu besetzen. Gegen diese Ent-
scheidung beantragte der Antragsteller am 30. April 2012 die gerichtliche Ent-
scheidung durch das Bundesverwaltungsgericht. Mit Verfügung vom 13. August
2012 hob der Abteilungsleiter PSZ die Auswahlentscheidung vom 22. Februar
2012 auf und erklärte, dass über die Besetzung des Dienstpostens in einem er-
neuten Verfahren entschieden werde.
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Im Zuge der Strukturreform der Bundeswehr wurde zum 1. Dezember 2012 im
neu errichteten …amt … als Nachfolgedienstposten des bisherigen Dienstpos-
tens Leiter … im …amt der hier strittige Dienstposten des Referatsleiters … mit
einem ähnlichen Anforderungsprofil ausgeplant. Ebenfalls zum 1. Dezember
2012 wurde der Beigeladene - ohne förmliche Auswahlentscheidung und ge-
führt auf einem Dienstposten z.b.V. - mit der Wahrnehmung der Aufgaben des
Referatsleiters … betraut.
Gegen die Übertragung der Aufgabenwahrnehmung an den Beigeladenen er-
hob der Antragsteller unter dem 30. April 2013 Beschwerde, die der Bundesmi-
nister der Verteidigung - R II 2 - mit Bescheid vom 11. September 2013 zurück-
wies. Hiergegen beantragte der Antragsteller mit Schriftsatz seiner Bevollmäch-
tigten vom 9. Oktober 2013 die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts;
in der Sache begehrte er, die Übertragung der Aufgabenwahrnehmung an den
Beigeladenen aufzuheben und den Bundesminister der Verteidigung zu ver-
pflichten, hierüber unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut
zu entscheiden (ursprünglicher Antrag im vorliegenden Verfahren BVerwG
1 WB 55.13). Der Bundesminister der Verteidigung legte den Antrag auf gericht-
liche Entscheidung mit seiner Stellungnahme vom 6. November 2013 dem Se-
nat vor.
Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 25. Juli 2013 beantragte der An-
tragsteller ferner gemäß § 3 Abs. 2 WBO, die Übertragung der Aufgabenwahr-
nehmung an den Beigeladenen vorläufig rückgängig zu machen. Diesen Antrag
lehnte der Bundesminister der Verteidigung - R II 2 - mit Entscheidung vom
28. August 2013 ab. Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 2. Oktober
2013 beantragte der Antragsteller daraufhin beim Senat, den Bundesminister
der Verteidigung im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO zu
verpflichten, die Übertragung der Wahrnehmung der Aufgaben des Dienstpos-
tens des Referatsleiters … im …amt … an den Beigeladenen bis zur Entschei-
dung in der Hauptsache vorläufig rückgängig zu machen (Verfahren BVerwG
1 WDS-VR 23.13).
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Am 14. November 2013 entschied der inzwischen zuständige Präsident des
Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr, den Dienstposten
des Referatsleiters … im …amt … (endgültig) mit dem Beigeladenen zu beset-
zen. Der Auswahlentscheidung des Präsidenten liegt eine von ihm gebilligte
Entscheidungsvorlage der Abteilung III des …amts … zugrunde. Der Vorlage
beigefügt ist ein Planungsbogen für das Auswahlverfahren, der sich in eine
Dienstpostenbeschreibung, eine mit einer Auswahlempfehlung schließende
Kandidatenvorstellung sowie ein Protokoll mit der Auflistung der Stellungnah-
men der beteiligten Stellen und der Entscheidung des Präsidenten gliedert.
Außerdem liegen Personalbögen der drei betrachteten Kandidaten - der An-
tragsteller, der Beigeladene sowie Oberstleutnant i.G. K. - bei.
Zu dem Antragsteller wird unter Nr. 2.3 des Planungsbogens unter anderem
Folgendes ausgeführt:
„Nach dem Erlass des BMVg - PSZ I 1 vom 14.01.2008
‚Wechsel in höherwertige Verwendungen’ sind Änderun-
gen der Verwendung eines Soldaten insbesondere dann,
wenn hiermit die Übertragung eines höherwertigen Dienst-
postens einhergeht, nur sinnvoll, wenn der Soldat den
neuen Dienstposten nach entsprechender Einarbeitung
auch noch eine angemessene Zeit ausfüllen kann. Daher
sollen Verwendungsentscheidungen, die mit der Übertra-
gung eines höherwertigen Dienstpostens verbunden sind,
spätestens drei Jahre vor der Zurruhesetzung rechtswirk-
sam werden. Dieser Zeitpunkt ist bei OTL Br. deutlich
überschritten. Bei OTL Br. liegt auch kein atypischer Fall
vor, der bei dieser Richtlinie, die als Sollvorschrift ausge-
staltet ist, eine Ausnahme rechtfertigen würde. Aus die-
sem Grund wird OTL Br. für den in Rede stehenden
Dienstposten nicht weiter betrachtet.
Im weiteren Verlauf werden daher nur noch OTL Bö. und
OTL i.G. K. gegenübergestellt.“
Zum Kandidatenvergleich zwischen dem Beigeladenen und dem dritten Bewer-
ber Oberstleutnant i.G. K. wird ausgeführt:
„Beide Kandidaten erfüllen, wenn auch in den Verwen-
dungen mit unterschiedlichen Schwerpunkten aufgebaut,
grundsätzlich die Anforderungen an den Dienstposten.
Keiner der Kandidaten kann sich fachlich im Bereich
IT/SASPF absetzen. Sie verfügen alle über eine reichhal-
tige Expertise und jahrelange Erfahrung. Auch in den an-
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deren Bereichen ist eine Abgrenzung schwierig und nur
über eine differenzierte Betrachtung der Teilaufgaben des
künftigen RefLtr … möglich.
Über ausreichende allgemeine Führungserfahrung verfü-
gen sowohl Oberstlt Bö. als auch Oberstlt i.G. K. Beide
haben eine Verwendung als BtlKdr und somit als selb-
ständiger Dienststellenleiter durchlaufen.
In der Erstbesetzung des o.a. Dienstpostens während des
Aufbaus des Referates im neu aufgestellten Amt kommt
es dem Bedarfsträger neben der fachlichen Expertise im
Bereich IT-SASPF besonders auf die Kombination mit um-
fangreicher Erfahrung im KB PersMgmt an.
Oberstlt Bö. und OTL i.G. K. können eine breite Erfahrung
im PersMgmt aus Verwendungen im BMVg und auf Äm-
terebene aufweisen.
In der aktuellen Beurteilung (2013, vorgezogen) ist
Oberstlt Bö. in der erweiterten Spitzengruppe einzuord-
nen, während OTL i.G. K. sich nur im Mittelfeld platzieren
kann und deshalb im Vergleich zu OTL Bö. deutlich abfällt.
2.4 - Auswahlempfehlung BAPersBw
Zusammenfassend mit seinem deutlich besseren Leis-
tungsbild gegenüber OTL i.G. K. setzt sich letztlich OTL
Bö. in der Gesamtbetrachtung durch und wird von der
Personalführung zur Besetzung des Dienstpostens emp-
fohlen.“
Der Beigeladene wurde zum 1. Januar 2014 auf den strittigen Dienstposten
versetzt und mit Wirkung vom 28. Januar 2014 zum Oberst befördert. Die
Dienstzeit des im Juli 19.. geborenen Beigeladenen endet nach seiner Beförde-
rung voraussichtlich mit Ablauf des 31. August 20..
Mit Schreiben vom 6. Januar 2014 teilte der Bundesminister der Verteidigung
- R II 2 - die zugunsten des Beigeladenen getroffene Auswahl und die endgülti-
ge Übertragung der Aufgaben an den Beigeladenen mit. Mit gerichtlicher Verfü-
gung vom 20. Januar 2014 wurde den Beteiligten daraufhin mitgeteilt, dass die
anhängigen Verfahren in der Hauptsache (vorliegend BVerwG 1 WB 55.13) und
im vorläufigen Rechtsschutz (BVerwG 1 WDS-VR 23.13) unter Einbeziehung
der inzwischen ergangenen Auswahlentscheidung weitergeführt werden.
Eine vom Antragsteller - außerhalb des gerichtlichen Verfahrens - mit Schreiben
vom 13. Januar 2014 erhobene Beschwerde gegen die Auswahlentscheidung
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vom 14. November 2013 wies der Bundesminister der Verteidigung - R II 2 - mit
Bescheid vom 28. Januar 2014 zurück.
Mit Beschluss vom 9. April 2014 - BVerwG 1 WDS-VR 23.13 - verpflichtete der
Senat den Bundesminister der Verteidigung im Wege der einstweiligen Anord-
nung, die Versetzung des Beigeladenen auf den Dienstposten des Referatslei-
ters … im …amt … bis zur Entscheidung im vorliegenden Hauptsacheverfahren
vorläufig rückgängig zu machen. Zur Begründung wurde vor allem ausgeführt,
dass der Ausschluss des Antragstellers von der weiteren Betrachtung im Aus-
wahlverfahren (Eignungs- und Leistungsvergleich der Kandidaten) allein des-
halb, weil er im Falle seiner Versetzung auf den strittigen Dienstposten nicht
über eine Restdienstzeit von mindestens drei Jahren verfügen würde, eine nicht
gerechtfertigte Ungleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) im Verhältnis zum Bei-
geladenen, der im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung ebenfalls nicht mehr
über diese Restdienstzeit verfügte, darstelle.
Zur Begründung seines Antrags auf gerichtliche Entscheidung trägt der Antrag-
steller zuletzt insbesondere Folgendes vor:
Der Ablehnungsgrund der fehlenden dreijährigen Restdienstzeit sei nur vorge-
schoben. Im Zeitpunkt der Übertragung der Aufgabenwahrnehmung auf den
Beigeladenen habe er, der Antragsteller, unter Einrechnung der möglichen Be-
förderung zum Oberst noch über eine Restdienstzeit von deutlich mehr als drei
Jahren verfügt. Er gehöre wie der Beigeladene dem Geburtsjahrgang 19.. an,
sodass sich sein Dienstzeitende nur unwesentlich von dem des Beigeladenen
unterscheide. Eine Auswahlentscheidung, die ihn, den Antragsteller, allein des-
halb ausschließe, weil er nicht mehr über die erforderliche Restdienstzeit von
drei Jahren verfüge, sei ermessens- und rechtsfehlerhaft. Insbesondere sei an-
gesichts des Verfahrensablaufs unter dem Blickwinkel der Folgenbeseitigung
eine Ausnahme geboten. Hätte der Dienstherr nicht zunächst eine rechtswidrige
Auswahlentscheidung zugunsten des Beigeladenen getroffen und wäre zeitnah
zu deren Aufhebung eine neue Besetzungsentscheidung erfolgt, so hätte er,
der Antragsteller, ohne Weiteres eine dreijährige Restdienstzeit auf dem Dienst-
posten absolvieren können. Stattdessen sei das Auswahlverfahren verzögert
durchgeführt worden. Das Verfahren sei trotz Einrichtung des Dienstpostens
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zum 1. Dezember 2012 erst im Juni 2013 eingeleitet worden, obwohl - wie aus
der Auswahldokumentation ersichtlich - eine Besetzung zum 1. Januar 2013 ge-
fordert gewesen sei. Im Rahmen des Auswahlverfahrens habe das …amt am
15. Februar 2013 für ihn und den Beigeladenen Sonderbeurteilungen angefor-
dert, die zum 31. März 2013 vorliegen sollten. Seine, des Antragstellers, Be-
urteilung habe dem Bundesamt am 17. April 2013 vorgelegen. Sie sei im Ver-
gleich der drei Bewerber die eindeutig beste.
Beanstandet werde ferner, dass das Anforderungsprofil des Dienstpostens vor
der erneuten Auswahlentscheidung vom 14. November 2013 geändert worden
sei. Dies sei lediglich geschehen, um die erneute Auswahl des Beigeladenen zu
ermöglichen. So sei im Anforderungsprofil nunmehr auf die Voraussetzung
eines technischen Studiums im IT-Bereich sowie auf die Zuordnung des
Dienstpostens zum Kompetenzbereich Führungsunterstützung verzichtet wor-
den. Beides sei sachlich nicht gerechtfertigt. Der Dienstposten sei eindeutig
technisch bzw. IT-geprägt. Dies ergebe sich auch aus den Organisationsgrund-
lagen der Bundeswehr, die bis heute unverändert dieselben Anforderungen wie
bei dem seinerzeitigen Dienstposten beim …amt … enthielten. Insbesondere
die im Auswahlverfahren hinzugefügten Aufgaben Nr. 5 bis 7 (bevollmächtigter
Vertreter für das IT-Projekt H. inklusive der Aufgaben im bundeswehrspezifi-
schen Rüstungsverfahren …, Verantwortung für den IT-Haushalt, fachliche, al-
so technische Führung der unterstellten IT-Verantwortlichen) erforderten Vor-
verwendungen und Ausbildungen als IT-Stabsoffizier und Rüstungs-Stabs-
offizier über die nur er, der Antragsteller, nicht aber der Beigeladene verfüge.
Er, der Antragsteller, habe für die Projekte im Organisationsbereich Personal
den IT-Haushalt fünf Jahre lang verantwortet. Lege man das zutreffende ur-
sprüngliche Anforderungsprofil des Dienstpostens zugrunde, scheide der Beige-
ladene aus und komme allein er, der Antragsteller, für die Auswahl in Betracht.
Zum Vergleich der beiderseitigen Qualifikationen, der eindeutig zu seines, des
Antragstellers, Gunsten ausfalle, verweise er ferner auf die Stellungnahmen des
Unterabteilungsleiters … und des Referatsleiters … vom 1. bzw. 4. Juli 2013.
Für die Nachprüfung der Auswahlentscheidung komme es im Übrigen allein auf
die Auswahldokumentation des Präsidenten des Bundesamts für Personalma-
nagement an; Ergänzungen in dem Beschwerdebescheid seien unbeachtlich.
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Der Antragsteller beantragt mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 7. März
2014,
die Entscheidung des Präsidenten des Bundesamts für
das Personalmanagement der Bundeswehr vom 14. No-
vember 2013, den Beigeladenen für den Dienstposten des
Referatsleiters … im …amt … auszuwählen, in Gestalt der
Beschwerdeentscheidung des Bundesministeriums der
Verteidigung - R II 2 - vom 28. Januar 2014 aufzuheben
und die Bundesrepublik Deutschland zu verpflichten, ihm,
dem Antragsteller, diesen Dienstposten zu übertragen,
hilfsweise, die Entscheidung des Präsidenten des Bun-
desamts für das Personalmanagement der Bundeswehr
vom 14. November 2013, den Beigeladenen für den
Dienstposten des Referatsleiters … im …amt … auszu-
wählen, in Gestalt der Beschwerdeentscheidung des Bun-
desministeriums der Verteidigung - R II 2 - vom 28. Januar
2014 aufzuheben und die Bundesrepublik Deutschland zu
verpflichten, über die Besetzung dieses Dienstpostens
unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts er-
neut zu entscheiden.
Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 27. März 2014 beantragt der An-
tragsteller außerdem,
festzustellen, dass das Unterbleiben der Besetzung des
Dienstpostens … im …amt … rechtswidrig war,
sowie weiter festzustellen, dass die Entscheidung des
Bundesamts für das Personalmanagement der Bundes-
wehr, dem Beigeladenen die Wahrnehmung der Aufgaben
des Referatsleiters … zu übertragen, in Gestalt der Be-
schwerdeentscheidung des Bundesministeriums der Ver-
teidigung - R II 2 - vom 11. September 2013 rechtswidrig
war.
Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Der Bewerbungsverfahrensanspruch sei nicht verletzt, weil der Antragsteller
unter Berücksichtigung seines Dienstzeitendes (auch als Oberst) keinen An-
spruch auf Mitbetrachtung im Rahmen der Bestenauslese habe; er könne daher
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durch keine Auswahlentscheidung in seinen Rechten verletzt werden. Nach
dem Erlass des Bundesministeriums der Verteidigung vom 14. Januar 2008
über den Wechsel in höherwertige Verwendungen sollten Verwendungsent-
scheidungen, die mit der Übertragung eines höher bewerteten Dienstpostens
verbunden seien, spätestens drei Jahre vor der Zurruhesetzung rechtswirksam
werden. Bei einem Dienstzeitende als Oberst zum 31. Mai 20.. bedeute dies im
Falle des Antragstellers, dass er den Dienst auf dem strittigen Dienstposten
spätestens zum 1. Juni 2013 hätte antreten müssen. Dieser Zeitpunkt sei je-
doch bei der Auswahlentscheidung bereits verstrichen gewesen. Ein atypischer
Fall, der eine Ausnahme von der Sollvorschrift rechtfertigen würde, liege nicht
vor.
Das Auswahlverfahren sei auch nicht bewusst zulasten des Antragstellers ver-
zögert worden. Die Festlegung des Zeitpunkts der Auswahlentscheidung unter-
liege militärischen Zweckmäßigkeitserwägungen. Außerdem habe die Beurtei-
lung des Antragstellers erst am 17. April 2013 vorgelegen; die Personalführung
sei verpflichtet gewesen, deren Zustandekommen dienstaufsichtlich zu überprü-
fen, wofür eine Zeitspanne von einem Monat angemessen sei. Anschließend
sei die Personalentscheidung vorbereitet und die Empfehlung des Abteilungslei-
ters III am 29. Mai 2013 erstellt worden. Die Voten der zunächst zu beteiligen-
den Stellen seien sodann innerhalb einer Frist von weniger als einem Monat
eingegangen. Bereits zu diesem Zeitpunkt sei der spätestmögliche Dienstantritt
des Antragstellers am 1. Juni 2013 verstrichen gewesen. Anschließend hätten
noch die militärische Gleichstellungsbeauftragte des …amts und der Generalin-
spekteur der Bundeswehr votiert.
Da der Antragsteller wegen Zeitablaufs keinen Anspruch auf Mitbetrachtung
gehabt habe, komme es auf die Änderung des Anforderungsprofils nicht an.
Ungeachtet dessen sei die Änderung aus sachgerechten Gründen erfolgt. Das
Anforderungsprofil könne geändert werden, wenn - wie hier - hinsichtlich der
zukünftigen Aufgaben Änderungsbedarf gesehen werde. Im Unterschied zum
früheren …amt sei das …amt … für Soldaten und Beamte zuständig. Auch sei
der streitige Dienstposten zur Besetzung mit einem Soldaten oder einem Beam-
ten vorgesehen. Kriterien, die nur von einer bestimmten Statusgruppe erfüllt
werden könnten, müssten deshalb entfallen; so könne ein Beamter z.B. nicht
Bataillonskommandeur gewesen sein und werde im Gegensatz zu einem Sol-
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daten auch nicht einem bestimmten militärischen Kompetenzbereich zugeord-
net.
Gemessen an dem neuen Anforderungsprofil, wonach insbesondere auch um-
fangreiche Erfahrungen im Personalmanagement sowie Kenntnisse der ent-
sprechenden Verfahren und Zusammenhänge zwingend erforderlich seien, er-
fülle der Beigeladene, nicht aber der Antragsteller die Anforderungen. Darauf
sei auch in dem Beschwerdebescheid, der die Auswahldokumentation insoweit
ergänzt habe, hingewiesen worden.
Der Beigeladene hatte Gelegenheit zur Äußerung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Ak-
ten Bezug genommen. Die Unterlagen des Auswahlverfahrens, die Beschwer-
deakte des Bundesministers der Verteidigung - R II 2 - Az.: 1094/13 -, die Akten
des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes (BVerwG 1 WDS-VR 23.13)
und des weiteren Verfahrens des Antragstellers BVerwG 1 WB 54.13 sowie die
Personalgrundakte des Antragstellers, Hauptteile A bis D, haben dem Senat bei
der Beratung vorgelegen.
II
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat in dem aus dem Tenor ersichtli-
chen Umfang Erfolg.
1. Der die Auswahl zur Besetzung des nach Besoldungsgruppe A 16 bewerte-
ten Dienstpostens des Referatsleiters … im …amt … betreffende Antrag
(Schriftsatz vom 7. März 2014) hat im Hilfsantrag Erfolg.
a) Der Antrag ist zulässig.
Insbesondere hat sich der Rechtsstreit nicht dadurch erledigt, dass der strittige
Dienstposten zum 1. Januar 2014 mit dem Beigeladenen besetzt und dieser mit
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Wirkung vom 28. Januar 2014 zum Oberst befördert worden ist. Nach ständiger
Rechtsprechung des Senats verfestigt sich eine einmal getroffene militärische
Verwendungsentscheidung - auch nach einer der Bewertung des Dienstpostens
entsprechenden Beförderung oder Planstelleneinweisung - nicht dahin, dass
der durch sie begünstigte Soldat eine rechtlich gesicherte Position erwirbt, auf
dem ihm zugewiesenen Dienstposten verbleiben zu können; er müsste es viel-
mehr hinnehmen, von dem Dienstposten wegversetzt zu werden, wenn der An-
tragsteller bei der Stellenbesetzung ihm gegenüber rechtswidrig übergangen
worden wäre (vgl. z.B. Beschluss vom 25. April 2007 - BVerwG 1 WB 31.06 -
BVerwGE 128, 329 = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 41, jeweils Rn. 39 m.w.N.).
b) Das Verpflichtungsbegehren des Antragstellers hat Erfolg, soweit es auf eine
erneute Entscheidung über die Besetzung des strittigen Dienstpostens gerichtet
ist.
Die Entscheidung des Präsidenten des Bundesamts für das Personalmanage-
ment der Bundeswehr vom 14. November 2013, den Dienstposten des Refe-
ratsleiters … im …amt … mit dem Beigeladenen zu besetzen, und der Be-
schwerdebescheid des Bundesministers der Verteidigung - RII 2 - vom
28. Januar 2014 sind rechtswidrig und deshalb aufzuheben (§ 21 Abs. 2 Satz 1
i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 1 WBO). Da die Sache nicht spruchreif ist, kann eine
Verpflichtung des Bundesministers der Verteidigung, den Dienstposten mit dem
Antragsteller zu besetzen, nicht ausgesprochen werden; es steht nicht fest,
dass der strittige Dienstposten gerade mit dem Antragsteller besetzt werden
muss. Insoweit ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückzuweisen.
Der Bundesminister der Verteidigung ist jedoch gemäß dem Hilfsantrag ver-
pflichtet, über die Besetzung des Dienstpostens unter Beachtung der nachfol-
genden Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden (§ 21 Abs. 2 Satz 1
i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 4 WBO).
aa) Der Senat hält an den Erwägungen in dem Beschluss vom 9. April 2014
- BVerwG 1 WDS-VR 23.13 - auch nach erneuter Überprüfung im Hauptsache-
verfahren fest. Der Senat hat dort (Rn. 29 bis 45) ausgeführt:
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„Bei summarischer Prüfung bestehen durchgreifende
Zweifel an der Rechtmäßigkeit der zugunsten des Beige-
ladenen getroffenen Auswahlentscheidung vom 14. No-
vember 2013. Der Ausschluss des Antragstellers von der
Betrachtung im weiteren Auswahlverfahren (Eignungs-
und Leistungsvergleich der Bewerber) verletzt dessen
Bewerbungsverfahrensanspruch.
a) Nach der Rechtsprechung zu beamtenrechtlichen Kon-
kurrentenstreitigkeiten um Beförderungsämter folgt aus
Art. 33 Abs. 2 GG ein Bewerbungsverfahrensanspruch,
der Bewerbern um ein öffentliches Amt ein grundrechts-
gleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung - nach
Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung - in die Be-
werberauswahl gibt; die Bewerbung darf nur aus Gründen
abgelehnt werden, die durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt
sind (vgl. Urteil vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04
- BVerwGE 124, 99 <102> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2
GG Nr. 32 Rn. 18). § 3 Abs. 1 SG übernimmt die Grund-
sätze des Art. 33 Abs. 2 GG in das Dienstverhältnis der
Soldaten und erstreckt sie über Ernennungen hinaus auf
Verwendungsentscheidungen. Der Senat hat deshalb
einen dem Beamtenrecht entsprechenden Bewerbungs-
verfahrensanspruch auch für soldatenrechtliche Konkur-
renzverhältnisse anerkannt (vgl. z.B. Beschluss vom
29. Januar 2013 - BVerwG 1 WB 60.11 -
veröffentlicht in Buchholz 449 § 3 SG Nr. 65> = NVwZ
2013, 1227 Rn. 40 m.w.N.). Allerdings beschränkt sich die
Geltung des Grundsatzes der Bestenauslese im Bereich
der Verwendungsentscheidungen auf Entscheidungen
über - wie hier - höherwertige, die Beförderung in einen
höheren Dienstgrad oder die Einweisung in die Planstelle
einer höheren Besoldungsgruppe vorprägende Verwen-
dungen (vgl. klarstellend Beschluss vom 30. Januar 2014
- BVerwG 1 WB 1.13 - juris Rn. 32).
Aus Art. 33 Abs. 2 i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG folgt ferner die
Verpflichtung des Dienstherrn, die seiner Entscheidung
zugrunde liegenden wesentlichen Auswahlerwägungen
schriftlich niederzulegen, um eine sachgerechte Kontrolle
durch den unterlegenen Bewerber und ggf. durch das Ge-
richt zu ermöglichen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom
9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - BVerfGK 11, 398 <402 f.> =
NVwZ 2007, 1178 = ZBR 2008, 169). Dem folgend hat der
Senat eine entsprechende Verpflichtung zur Dokumenta-
tion der wesentlichen Auswahlerwägungen auch für Ent-
scheidungen angenommen, die ein Konkurrenzverhältnis
um eine höherwertige militärische Verwendung betreffen
(vgl. z.B. Beschlüsse vom 25. April 2007 - BVerwG 1 WB
31.06 - BVerwGE 128, 329 <335 f.> = Buchholz 449 § 3
SG Nr. 41 und vom 16. Dezember 2008 - BVerwG 1 WB
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19.08 - BVerwGE 133, 13 = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 50
jeweils Rn. 36). Zur Dokumentation verpflichtet ist dabei
primär die Stelle, die für die zu treffende Auswahlentschei-
dung zuständig ist (vgl. Beschluss vom 23. Februar 2010
- BVerwG 1 WB 36.09 - Rn. 27
licht in BVerwGE 136, 119, Buchholz 449.2 § 2 SLV 2002
Nr. 17 und NZWehrr 2011, 36>).
b) Die Dokumentationspflicht ist mit den vom Bundesmi-
nister der Verteidigung vorgelegten Auswahlunterlagen er-
füllt.
Der für die Auswahlentscheidung zuständige und damit
dokumentationspflichtige Präsident des Bundesamts für
das Personalmanagement der Bundeswehr hat sich unter
dem 14. November 2013 mit der ihm mit Schreiben vom
selben Tage übermittelten Empfehlung des Abteilungslei-
ters … zur Besetzung des Dienstpostens einverstanden
erklärt und in der abschließenden Nr. 3.2 des Planungs-
bogens handschriftlich den Beigeladenen als den ausge-
wählten Kandidaten identifiziert (zu Zuständigkeit und Ver-
fahren siehe Nr. 2.3.6 bis 2.3.8 der Richtlinie zur Auswahl
von militärischem Personal für die Besetzung von Dienst-
posten der Besoldungsgruppen A 16 und B 3 sowie
Dienstposten für Oberste der Reserve vom 7. Mai 2012).
Mit der Einverständniserklärung und der Abzeichnung der
Entscheidungsvorlage hat sich der Präsident des Bundes-
amts zugleich deren Inhalt, insbesondere die in die Aus-
wahlempfehlung mündende Kandidatenvorstellung (Nr. 2
des Planungsbogens), zu eigen gemacht und damit dieje-
nigen Erwägungen fixiert, die der gerichtlichen Kontrolle
zugrunde zu legen sind.
Danach wurde der Antragsteller in den eigentlichen Be-
werbervergleich nach dem Grundsatz der Bestenauslese,
der nur zwischen dem Beigeladenen und dem dritten Be-
werber Oberstleutnant i.G. K. vorgenommen wurde, nicht
einbezogen. Maßgeblich für den Ausschluss war gemäß
Nr. 2.3 des Planungsbogens die Regelung des Erlasses
über den Wechsel in höherwertige Verwendungen vom
14. Januar 2008, wonach Verwendungsentscheidungen,
die mit der Übertragung eines höherwertigen Dienstpos-
tens verbunden sind, spätestens drei Jahre vor der Zur-
ruhesetzung rechtswirksam werden sollen. Dieser Zeit-
punkt sei bei dem Antragsteller deutlich überschritten; es
liege auch kein atypischer Fall vor, der eine Ausnahme
von der Sollvorschrift rechtfertige.
c) Der Ausschluss des Antragstellers von der weiteren Be-
trachtung im Auswahlverfahren, weil er im Falle seiner
Versetzung auf den strittigen Dienstposten nicht über eine
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Restdienstzeit von mindestens drei Jahren verfügen wür-
de, stellt eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung
(Art. 3 Abs. 1 GG) des Antragstellers gegenüber dem Bei-
geladenen dar.
aa) Allerdings bestehen nach der Rechtsprechung des
Senats unter dem Blickwinkel des Art. 33 Abs. 2 GG und
§ 3 Abs. 1 SG keine grundsätzlichen rechtlichen Beden-
ken gegen die Regelung des Erlasses über den Wechsel
in höherwertige Verwendungen vom 14. Januar 2008 und
die von ihr geleitete Praxis der Bundeswehr (vgl. - auch
zum Folgenden - Beschluss vom 21. Oktober 2010
- BVerwG 1 WB 18.10 - BVerwGE 138, 70 = Buchholz 449
§ 3 SG Nr. 59 jeweils Rn. 27 ff. m.w.N.).
Die Berücksichtigung einer hinreichenden Restdienstzeit
bei Verwendungsentscheidungen, die mit der Übertragung
eines höher bewerteten Dienstpostens verbunden sind,
kann danach ein zulässiges Auswahlkriterium darstellen,
wenn - wie hier - generell an die Restdienstzeit und nicht
an das individuelle Lebensalter des Bewerbers angeknüpft
wird. Sie bildet insoweit eine sachliche Erwägung für die
Beschränkung des Kandidatenkreises, die das Leistungs-
prinzip nicht in Frage stellt. Die Anforderung einer hinrei-
chenden Restdienstzeit rechtfertigt sich inhaltlich dabei
vor allem aus dem Aspekt der erforderlichen Kontinuität
und Effektivität der Aufgabenerfüllung auf dem höherwer-
tigen Dienstposten. Darüber hinaus ist es eine personal-
politisch sachgerechte Erwägung, auf förderlichen Dienst-
posten nicht nur eine Förderung, sondern auch eine ruhe-
gehaltfähige Beförderung des jeweiligen Soldaten zu er-
reichen. Nach § 18 Abs. 1 SVG beträgt die Frist für die
Ruhegehaltfähigkeit der Dienstbezüge eines Soldaten aus
dem letzten Dienstgrad vor dem Eintritt in den Ruhestand
zwar nur zwei Jahre. Der Praxis einer geforderten „Vor-
laufzeit“ von einem Jahr vor der - ruhegehaltfähigen - Be-
förderung in den höheren Dienstgrad, der in der Besol-
dungshöhe dem förderlichen Dienstposten entspricht, liegt
jedoch die sachgerechte und plausible Einschätzung zu-
grunde, dass dieser Zeitraum erforderlich ist, um die Ein-
arbeitung des Förderungsbewerbers auf dem neuen
Dienstposten vorseiner Beförderung zu gewährleisten,
um auf die unterschiedliche Dauer der Beförderungsver-
fahren flexibel zu reagieren und um auch den Aspekt
eines sachgemäßen, nicht zu kurzatmigen Verwendungs-
aufbaus für den im Rahmen von Versetzungsketten ein-
geplanten Nachfolger auf dem höherwertigen Dienstpos-
ten zu berücksichtigen.
bb) Wird das Kriterium einer hinreichenden Restdienstzeit
als Mittel für die Eingrenzung des Bewerberkreises einge-
- 15 -
setzt, so muss es allerdings gleichmäßig auf alle Bewer-
ber angewendet werden. Das ist vorliegend nicht gesche-
hen; vielmehr wurde der Erlass über den Wechsel in hö-
herwertige Verwendungen vom 14. Januar 2008 einseitig
nur zulasten des Antragstellers herangezogen.
Der Antragsteller und der Beigeladene weisen - wie auch
aus den der Entscheidungsvorlage beigefügten Personal-
bögen ersichtlich ist - ein nur rund vier Monate auseinan-
der liegendes Geburtsdatum (Antragsteller: März 19..,
Beigeladener: Juli 19..) und damit ein um nur vier Monate
differierendes Dienstzeitende in dem zum Zeitpunkt der
Auswahlentscheidung innegehabten Dienstgrad Oberst-
leutnant (Antragsteller: 31. Juli 20.., Beigeladener:
30. November 20..) auf (§ 96 Abs. 2 Nr. 3, Tabelle nach
Buchst. b Satz 1 SG). Im Dienstgrad Oberst würde die
Dienstzeit für den Antragsteller wohl am 30. April 20..
(nach Darstellung des Bundesministers der Verteidigung:
am 31. Mai 20..) enden; für den inzwischen zum Oberst
beförderten Beigeladenen endet sie am 31. August 20.. (§
96 Abs. 2 Nr. 2, Tabelle nach Buchst. b Satz 2 Doppel-
buchst. bb SG).
Im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung am 14. November
2013 betrug damit die Restdienstzeit des Antragstellers -
bezogen auf den Dienstgrad Oberstleutnant ebenso wie
auf den angestrebten Dienstgrad Oberst - weniger als drei
Jahre. Dasselbe galt jedoch auch für den Beigeladenen;
auch dieser verfügte im Zeitpunkt der Auswahlentschei-
dung über keine Restdienstzeit von mindestens drei Jah-
ren, und zwar sowohl bezogen auf seinen damaligen
Dienstgrad Oberstleutnant als auch bezogen auf den an-
gestrebten und inzwischen erreichten Dienstgrad Oberst.
Nur dem Antragsteller wurde jedoch die fehlende hinrei-
chende Restdienstzeit entgegengehalten und eine Aus-
nahme apodiktisch abgelehnt. Für den Beigeladenen fin-
det sich hingegen in den Auswahlunterlagen kein Hinweis
auf die auch ihm fehlende hinreichende Restdienstzeit. Es
wird auch nicht erklärt, dass bei dem Beigeladenen auf
eine hinreichende Restdienstzeit verzichtet wurde, und
auch kein Grund genannt, der diesen Verzicht im Falle
des Beigeladenen - anders als im Falle des Antragstellers
- rechtfertigen soll.
Aus der allein maßgeblichen Auswahldokumentation ist
damit kein sachlicher Grund ersichtlich, der die ungleiche
Behandlung des Antragstellers und des Beigeladenen
rechtfertigt.
cc) Der Ausschluss des Antragstellers von der weiteren
Betrachtung erweist sich auch nicht deshalb als im Ergeb-
- 16 -
nis rechtmäßig, weil eine Gleichbehandlung nur in der
Weise möglich gewesen wäre, dass sowohl der Antrag-
steller als auch der Beigeladene auszuschließen gewesen
wären.
Das Erfordernis einer dreijährigen Restdienstzeit ist als
Sollvorschrift ausgestaltet, die begründete Ausnahmen zu-
lässt. Gründe, die vorliegend für die Annahme eines be-
sonders gelagerten Falls und für die Zulassung einer Aus-
nahme sprechen, wie insbesondere die laufenden organi-
satorischen Änderungen im Zuge der Bundeswehrstruktur-
reform und die daraus resultierende ungewöhnlich lange
Dauer des Auswahlverfahrens, treffen auf den Antragstel-
ler in gleicher Weise zu wie auf den Beigeladenen. Eben-
so konnte - ungeachtet einer Restdienstzeit von weniger
als drei Jahren - nicht nur der Beigeladene pensionswirk-
sam, d.h. mehr als zwei Jahre vor Eintritt in den Ruhe-
stand, zum Oberst befördert werden; das Gleiche wäre
nach den Angaben des Bundesministers der Verteidigung
(Schreiben vom 19. März 2014, unter I.) vielmehr auch für
den Antragsteller, wenn er für den strittigen Dienstposten
ausgewählt worden wäre, möglich gewesen. Im Ergebnis
wäre deshalb auch in Betracht gekommen, sowohl den
Antragsteller als auch den Beigeladenen in den Eignungs-
und Leistungsvergleich einzubeziehen.
d) Insgesamt stellt sich damit der Verzicht auf das Erfor-
dernis einer mindestens dreijährigen Restdienstzeit auf
Seiten des Beigeladenen und der gleichzeitige Ausschluss
des Antragstellers gerade wegen des Fehlens einer sol-
chen Restdienstzeit als sachlich nicht gerechtfertigte Un-
gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) dar. Der Bewer-
bungsverfahrensanspruch des Antragstellers ist verletzt,
weil seine Bewerbung aus Gründen abgelehnt wurde, die
zwar für sich genommen legitim wären (siehe oben II.2.c.
aa), in ihrer gleichheitswidrigen Anwendung jedoch nicht
durch Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 GG gedeckt sind.
Der ungerechtfertigte Ausschluss des Antragstellers ver-
fälscht den Eignungs- und Leistungsvergleich der Kandi-
daten und führt damit zur Rechtswidrigkeit der Auswahl-
entscheidung vom 14. November 2013. Die Bewerbung
des Antragstellers hätte, wenn sie in die weitere Betrach-
tung einbezogen worden wäre, in der engeren Wahl für
die Besetzung des strittigen Dienstpostens gestanden. Im
Vergleich der im Auswahlzeitpunkt aktuellsten Beurteilun-
gen weist der Antragsteller in seiner Sonderbeurteilung
vom 15. April 2013 bei der Bewertung der Aufgabenerfül-
lung mit ‚7,29‘ einen deutlich besseren Durchschnittswert
auf als der Beigeladene mit ‚6,89‘ in seiner vorgezogenen
planmäßigen Beurteilung vom 13. März 2013. Sowohl der
- 17 -
Antragsteller als auch der Beigeladene erhielten durch
ihre beurteilenden Vorgesetzten einen Verwendungsvor-
schlag (Folgeverwendung) auf den hier strittigen Dienst-
posten; die nächsthöheren Vorgesetzten beurteilten die
Entwicklungsprognose jeweils mit ‚deutlich oberhalb der
allgemeinen Laufbahnperspektive‘.“
bb) Der Ausschluss des Antragstellers von der Betrachtung im Auswahlverfah-
ren wird auch nicht durch die weitere Erwägung gerechtfertigt, der Antragsteller
erfülle nicht die Anforderung, dass für den strittigen Dienstposten umfangreiche
Erfahrungen im Personalmanagement sowie Kenntnisse der entsprechenden
Verfahren und Zusammenhänge zwingend erforderlich seien.
(1) Nach der Rechtsprechung des Senats kommt es für die Überprüfung der
Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung allein auf die Gesichtspunkte an, die
sich aus der Dokumentation der wesentlichen Auswahlerwägungen ergeben
(siehe dazu bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes Beschluss
vom 9. April 2014 a.a.O. Rn. 31 bis 33 m.w.N.). Die Entscheidung des Präsi-
denten des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr vom
14. November 2013 stützt den Ausschluss des Antragstellers ausweislich der
vorgelegten Auswahlunterlagen ausschließlich auf dessen zu geringe Rest-
dienstzeit, nicht aber darauf, dass er einzelne materielle Anforderungen des
Dienstpostens nicht erfülle (Beschluss vom 9. April 2014 a.a.O. Rn. 9 und 34).
(2) Soweit der Bundesminister der Verteidigung im gerichtlichen Verfahren ver-
schiedentlich erklärt hat, dass seiner Auffassung nach der Antragsteller nicht
über die zwingend erforderlichen umfangreichen Erfahrungen im Personalma-
nagement verfüge, kann dies nicht berücksichtigt werden.
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. - auch zum Folgenden - insb.
Beschluss vom 16. Dezember 2008 - BVerwG 1 WB 19.08 - BVerwGE 133, 13
= Buchholz 449 § 3 SG Nr. 50, jeweils LS 2 und Rn. 45 ff.) genügt eine im ge-
richtlichen Verfahren vorgelegte Begründung, mit der Auswahlerwägungen für
die getroffene Entscheidung nachgeholt werden, nicht der Dokumentations-
pflicht; sie kann deshalb auch nicht zur Begründung der Rechtmäßigkeit der ge-
troffenen Entscheidung herangezogen werden. Ermessenserwägungen können
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zwar - gemäß § 23a Abs. 2 WBO i.V.m. § 114 Satz 2 VwGO - im gerichtlichen
Verfahren ergänzt werden; unzulässig, weil keine bloße Ergänzung, ist jedoch
die vollständige Nachholung oder die Auswechslung der die Ermessensent-
scheidung tragenden Gründe. Entsprechendes gilt - unabhängig von der Frage,
ob sich der Anwendungsbereich von § 114 VwGO auch auf Beurteilungs-
ermächtigungen erstreckt - für Einschätzungen, bei denen ein Beurteilungs-
spielraum besteht; auch insoweit ist im gerichtlichen Verfahren nur eine Ergän-
zung oder Präzisierung der Erwägungen, nicht jedoch eine vollständige Nach-
holung oder Auswechslung zulässig.
Die Erklärung, der Antragsteller erfülle eine zwingende Anforderung des Dienst-
postens nicht, stellt keine bloße Ergänzung oder Präzisierung der Auswahler-
wägungen des Präsidenten des Bundesamts für das Personalmanagement dar.
Vielmehr wird - neben oder anstelle der auf das Fehlen einer hinreichenden
Restdienstzeit gestützten Begründung - eine vollständig neue, selbstständig
tragende Erwägung für den Ausschluss des Antragstellers eingeführt. Dies ist
im gerichtlichen Verfahren unzulässig.
(3) Der Bundesminister der Verteidigung kann sich schließlich auch nicht mit Er-
folg darauf berufen, er habe die Auswahldokumentation insoweit durch Ausfüh-
rungen in dem Beschwerdebescheid vom 28. Januar 2014 wirksam ergänzt.
Allerdings kann nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. - auch zum Folgen-
den - insb. Beschluss vom 27. Januar 2010 - BVerwG 1 WB 52.08 - BVerwGE
136, 36 = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 54, jeweils Rn. 29 ff.) die Dokumentations-
pflicht, die primär der Stelle obliegt, die für die zu treffende Auswahlentschei-
dung zuständig ist, auch von der gemäß § 9 Abs. 1 WBO zuständigen Be-
schwerdestelle erfüllt werden, wenn sie eine eigene Sachentscheidung trifft. In-
nerhalb des durch die Beschwerde abgesteckten Rahmens erlangt die zustän-
dige Beschwerdestelle eine umfassende Kontrollkompetenz über die Rechtmä-
ßigkeit und Zweckmäßigkeit der truppendienstlichen Ausgangsentscheidung,
die die uneingeschränkte Ermessensüberprüfung einschließt. Das ergibt sich
aus § 13 Abs. 1 Satz 2 WBO, wonach auch „unsachgemäße“ Maßnahmen auf-
zuheben oder abzuändern sind. Die Kontrolle erstreckt sich auch auf die Über-
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- 19 -
prüfung von Entscheidungen, die in Ausübung eines Beurteilungsspielraums
ergehen. Die zuständige Beschwerdestelle ist angesichts der in § 13 Abs. 1
Satz 2 WBO verankerten umfassenden Kontroll- und Abänderungskompetenz
nicht auf die Prüfung beschränkt, ob ein Vorgesetzter oder eine Dienststelle der
Bundeswehr den ihm oder ihr eröffneten Beurteilungsspielraum eingehalten hat,
sondern kann die Bewertung und Gewichtung innerhalb dieses Spielraums
auch inhaltlich selbst vornehmen; sie ist also insoweit nicht - wie die Gerichte -
auf eine Rechtskontrolle beschränkt.
Der Beschwerdebescheid vom 28. Januar 2014 dürfte in diesem Sinne aller-
dings schon nicht als eine Abänderung der Auswahlerwägungen des Präsiden-
ten des Bundesamts für das Personalmanagement zu verstehen sein. Denn der
Bundesminister verteidigt in dem Bescheid (unter Nr. II. a) in erster Linie die
Begründung des Präsidenten des Bundesamts, der Antragsteller sei auszu-
schließen gewesen, weil ihm eine hinreichende Restdienstzeit fehle. Lediglich
in anderem Zusammenhang, nämlich in der Auseinandersetzung mit Einwän-
den des Antragstellers gegen die Änderung des Anforderungsprofils und in ers-
ter Linie bezogen auf die fachliche Eignung des Beigeladenen, findet sich der
Satz, es sei „ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass Oberstleutnant Bö. das ak-
tuelle Anforderungsprofil erfülle, Sie (d.h. der Antragsteller) dagegen nicht“
(unter Nr. II.b.bb des Bescheids).
Unabhängig davon können jedoch die Ausführungen in dem Beschwerdebe-
scheid vom 28. Januar 2014 deshalb nicht berücksichtigt werden, weil sie in
einem bereits laufenden gerichtlichen Verfahren erfolgten und den mit der Aus-
wahldokumentation des Präsidenten des Bundesamts fixierten Prüfungsgegen-
stand nicht mehr verändern können. Der Senat hat bereits vor Erlass des Be-
schwerdebescheids - im Anschluss an die Mitteilung des Bundesministers der
Verteidigung - R II 2 - vom 6. Januar 2014, dass die Auswahl zugunsten des
Beigeladenen getroffen worden sei - den Beteiligten mit Verfügung vom 20. Ja-
nuar 2014 mitgeteilt, dass die anhängigen Verfahren in der Hauptsache (vorlie-
gend BVerwG 1 WB 55.13) und im vorläufigen Rechtsschutz (BVerwG 1 WDS-
VR 23.13) unter Einbeziehung der Auswahlentscheidung vom 14. November
2013 weitergeführt werden. Die Ausführungen in dem Beschwerdebescheid
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sind deshalb, wie auch der Bundesminister der Verteidigung selbst einräumt
(Schreiben vom 6. Mai 2014), als Sachvortrag im gerichtlichen Verfahren zu
werten, für den nichts anderes gilt als für seine entsprechenden sonstigen
schriftsätzlichen Äußerungen (dazu soeben unter <2>).
Es kann deshalb auch offen bleiben, ob die vom Antragsteller beanstandete
Änderung des Anforderungsprofils, insbesondere der Verzicht auf eine früher
geforderte technische Hochschulausbildung des Bewerbers einerseits und die
Einfügung des zwingenden Erfordernisses umfangreicher Erfahrungen im Per-
sonalmanagement andererseits, rechtmäßig ist. Festlegungen über die Anfor-
derungen an die Wahrnehmung eines Dienstpostens stellen zwar grundsätzlich
organisatorische Maßnahmen nach Maßgabe militärischer Zweckmäßigkeit dar,
die inhaltlich keiner gerichtlichen Nachprüfung unterliegen (stRspr, vgl. z.B. Be-
schluss vom 16. Dezember 2008 - BVerwG 1 WB 39.07 - BVerwGE 133, 1 =
Buchholz 449 § 3 SG Nr. 49, jeweils Rn. 42 m.w.N.). Etwas anderes könnte je-
doch gelten, wenn eine Anforderung nicht sachlich begründet, sondern nur vor-
geschoben ist, um bestimmte Bewerber auszuschließen, oder sie sonst dazu
dient, das Auswahlverfahren missbräuchlich zu steuern. Das ist hier nicht zu
entscheiden.
2. Der Antrag festzustellen, dass das Unterbleiben der Besetzung des Dienst-
postens … im …amt … rechtswidrig war (Schriftsatz vom 27. März 2014), ist
unzulässig.
Soweit sich der Antrag mit dem Antrag im Parallelverfahren des Antragstellers
BVerwG 1 WB 54.13 deckt, steht seiner Zulässigkeit das Prozesshindernis der
anderweitigen Rechtshängigkeit (§ 23a Abs. 2 WBO i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 2
GVG) entgegen. Im Übrigen wird der Gegenstand des gerichtlichen Antragsver-
fahrens durch das vorgerichtliche Beschwerdeverfahren bestimmt und be-
grenzt. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist damit (nur) die Besetzung
des Dienstpostens des Referatsleiters … im …amt …, nicht des Leiters … (…)
im früheren …amt ... Die Wehrbeschwerdeordnung kennt auch kein der Klage-
änderung oder Klageerweiterung vergleichbares Rechtsinstitut (stRspr, vgl. z.B.
Beschluss vom 30. April 2013 - BVerwG 1 WB 56.12 - Rn. 17 m.w.N.). § 91
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VwGO ist im gerichtlichen Antragsverfahren nach der Wehrbeschwerdeordnung
nicht entsprechend anwendbar (stRspr, vgl. ausführlich Beschluss vom 27. Mai
2014 - BVerwG 1 WB 59.13 -).
3. Unzulässig ist auch der Antrag festzustellen, dass die Entscheidung des
Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr (in Gestalt des Be-
schwerdebescheids vom 11. September 2013), dem Beigeladenen die Wahr-
nehmung der Aufgaben des Referatsleiters … zu übertragen, rechtswidrig war
(Schriftsatz vom 27. März 2014).
a) Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO (hier i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO) kann ein
Soldat die Wehrdienstgerichte anrufen, wenn sein Antrag bzw. seine Beschwer-
de eine Verletzung seiner Rechte oder eine Verletzung von Pflichten eines Vor-
gesetzten ihm gegenüber zum Gegenstand hat, die im Zweiten Unterabschnitt
des Ersten Abschnitts des Soldatengesetzes mit Ausnahme der §§ 24, 25, 30
und 31 geregelt sind (Antragsbefugnis). Das gerichtliche Verfahren nach der
Wehrbeschwerdeordnung dient damit ausschließlich dem individuellen subjekti-
ven Rechtsschutz des Soldaten; es ist kein Instrument einer objektiven Rechts-
kontrolle oder einer allgemeinen Aufsicht über die Bundeswehr (stRspr, vgl. z.B.
Beschluss vom 17. Juli 2012 - BVerwG 1 WB 56.11 - Rn. 30 m.w.N.). Die An-
tragsbefugnis in diesem Sinne muss nicht nur für einen Anfechtungs- oder Ver-
pflichtungsantrag (§ 19 Abs. 1 Satz 1 und 4 WBO), sondern auch - im Falle der
Erledigung der angefochtenen oder begehrten Maßnahme - für einen Fortset-
zungsfeststellungsantrag (§ 19 Abs. 1 Satz 3 WBO) gegeben sein.
Dem Antragsteller fehlt die Antragsbefugnis, weil er dadurch, dass der Beigela-
dene ab 1. Dezember 2012 bis zur Besetzung des Dienstpostens mit der Wahr-
nehmung der Aufgaben des Referatsleiters … betraut wurde, nicht in eigenen
Rechten verletzt sein kann. Die Übertragung von Aufgaben zur vorübergehen-
den vertretungsweisen Wahrnehmung stellt keine Auswahlentscheidung zur
(endgültigen) Besetzung eines Dienstpostens dar. Sie unterliegt deshalb, auch
wenn es sich - wie hier - um die Aufgaben eines höherwertigen Dienstpostens
handelt, nicht dem Grundsatz der Bestenauslese und den aus Art. 33 Abs. 2
GG und § 3 Abs. 1 SG herzuleitenden Maßgaben. Bereits aus diesem Grund
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scheidet die Möglichkeit einer Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs
des Antragstellers aus.
b) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Erlass des Bundesministe-
riums der Verteidigung - PSZ I 1 - vom 1. August 2011 über die „Dienstposten-
gerechte Verwendung von Soldatinnen und Soldaten“ und der hierzu ergange-
nen Rechtsprechung des Senats.
Die Entscheidung, den Beigeladenen (damals im Dienstgrad Oberstleutnant,
Besoldungsgruppe A 15) vorübergehend mit der Wahrnehmung der Aufgaben
des nach Besoldungsgruppe A 16 bewerteten Dienstpostens des Referatslei-
ters I 1.5 zu betrauen, stellt eine nicht-dienstpostengerechte Verwendung des
Beigeladenen im Sinne des genannten Erlasses dar. Wird - wie vorliegend -
eine nicht-dienstpostengerechte Verwendung über einen Zeitraum von sechs
Monaten und länger für erforderlich gehalten, so ist gemäß Nr. 2.2 des Erlasses
spätestens mit Ablauf des vierten Monats die Zustimmung der zuständigen per-
sonalbearbeitenden Stelle einzuholen. Diese wurde, wie aus dem Vorlage-
schreiben des Bundesministers der Verteidigung - R II 2 - vom 6. November
2013 zu schließen ist, im Falle des Beigeladenen offenbar erteilt (obwohl ge-
mäß Nr. 2.3 Abs. 2 Punkt 4 des Erlasses die Zustimmung regelmäßig zu versa-
gen ist, wenn die vorübergehende Übertragung der Aufgaben eines Dienstpos-
tens der Dotierung A 16 und höher auf Offiziere unterhalb dieser Dienstgrad-
ebene beantragt wird).
Nach der Rechtsprechung des Senats ist zwar die Entscheidung über die Zu-
stimmung zu einer nicht-dienstpostengerechten Verwendung für den betroffe-
nen Soldaten eine nach § 17 Abs. 1 und 3 WBO anfechtbare dienstliche Maß-
nahme (vgl. - auch zum Folgenden - Beschlüsse vom 26. Februar 2013
- BVerwG 1 WB 15.12 - Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 86 Rn. 34 ff. und vom
30. April 2013 - BVerwG 1 WB 37.12 - Buchholz 449 § 3 SG Nr. 66 Rn. 17 ff.).
Der betroffene Soldat kann zum Beispiel gegen eine beabsichtigte Übertragung
zusätzlicher Aufgaben (neben denen seines Dienstpostens) einwenden, dass er
sich hierdurch überfordert sehe (vgl. Nr. 1.2 Satz 2 des Erlasses). Er kann fer-
ner aus eigenem Recht verlangen, dass er für eine langdauernde nicht-dienst-
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postengerechte Verwendung (im Sinne von Nr. 2.2 des Erlasses) nur mit der er-
forderlichen Zustimmung der zuständigen personalbearbeitenden Stelle einge-
setzt wird; denn nur in diesem Falle profitiert er von den in Nr. 2.5 des Erlasses
vorgesehenen Vorteilen, insbesondere bei künftigen Beförderungs- oder Ein-
weisungsauswahlverfahren.
Die Entscheidung über die nicht-dienstpostengerechte Betrauung mit den Auf-
gaben eines höherwertigen Dienstpostens stellt jedoch auch nach dem Erlass
vom 1. August 2011 keine Auswahl oder rechtliche Vorentscheidung für die Be-
setzung des Dienstpostens dar. Die „reguläre“, von der personalbearbeitenden
Stelle verfügte Verwendung des betroffenen Soldaten, hier des Beigeladenen,
bleibt unverändert; erteilt (oder versagt) wird in dem in Nr. 2 des Erlasses gere-
gelten Melde- und Zustimmungsverfahren lediglich das Einverständnis der per-
sonalbearbeitenden Stelle mit einer vorübergehenden, von der verfügten „regu-
lären“ Verwendung abweichenden (nicht-dienstpostengerechten) Übertragung
von Aufgaben (vgl. im Einzelnen Beschlüsse vom 26. Februar 2013 a.a.O.
Rn. 40 f. und vom 30. April 2013 a.a.O. juris Rn. 20 f.
druckt in Buchholz 449 § 3 SG Nr. 66>). Dass es um keine Auswahl zur Beset-
zung des Dienstpostens geht, wird im Übrigen (deklaratorisch) durch Nr. 2.6
Satz 1 des Erlasses bekräftigt, wonach sich aus einer Vertretungstätigkeit -
auch bei Zeiträumen von sechs Monaten und mehr und damit auch bei Anrech-
nung dieser Zeiten im Rahmen von Beförderungs- und Einweisungsauswahlver-
fahren - keine Ansprüche oder Anwartschaften hinsichtlich späterer Verwen-
dungen/Verwendungsebenen ableiten lassen.
Da es sich um keine Auswahl zur Besetzung eines höherwertigen Dienstpos-
tens handelt, unterliegt auch das Verfahren nach Nr. 2 des Erlasses über die
„Dienstpostengerechte Verwendung von Soldatinnen und Soldaten“ nicht dem
Grundsatz der Bestenauslese. Der Bewerbungsverfahrensanspruch des An-
tragstellers (Art. 33 Abs. 2 GG, § 3 Abs. 1 SG) - wie auch aller anderen Bewer-
ber einschließlich des Beigeladenen - kommt vielmehr nur bezogen auf die Aus-
wahlentscheidung des Präsidenten des Bundesamts für das Personalmanage-
ment der Bundeswehr vom 14. November 2013 zur Besetzung des Dienstpos-
tens zum Tragen (dazu oben II.1.).
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c) Nicht durchdringen kann der Antragsteller schließlich mit dem Einwand, dass
die vertretungsweise Aufgabenwahrnehmung auf dem Dienstposten die Chan-
cen des betreffenden Soldaten im späteren Auswahlverfahren für die Beset-
zung des Dienstpostens verbessern kann. Die Aufgabenwahrnehmung kann zu
einem materiellen Erfahrungsvorsprung gegenüber anderen Bewerbern führen;
die gezeigten Leistungen bei der Erfüllung der höherwertigen Aufgaben sind
zudem, wie Nr. 2.6 Satz 2 des Erlasses ausdrücklich anordnet, in dienstlichen
Beurteilungen angemessen zu berücksichtigen. Weitere Vorteile ergeben sich
ggf. bei einer späteren Beförderung, weil Zeiten der Wahrnehmung von Aufga-
ben eines höherwertigen Dienstpostens zu einer günstigeren Einordnung in die
Beförderungsreihenfolge führen können (siehe im Einzelnen Nr. 2.5 Satz 1 des
Erlasses).
Diese - in gewissem Umfang zwangsläufigen - Folgen ändern indes nichts da-
ran, dass sich der Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers und aller
anderen Bewerber und die sich daraus ableitenden Möglichkeiten des Rechts-
schutzes auf die Auswahlentscheidung über die Dienstpostenbesetzung kon-
zentrieren. Nur in diesem Rahmen kann möglichen Verzerrungen des Lei-
stungswettbewerbs nach dem Grundsatz der Bestenauslese entgegengewirkt
werden. So hat der Senat etwa im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes
bei der Prüfung eines Anordnungsgrunds in Rechnung gestellt, dass der Beige-
ladene nicht erst seit seiner Versetzung zum 1. Januar 2014, sondern bereits
seit der Aufgabenübertragung zum 1. Dezember 2012 beurteilungsrelevante Er-
fahrungen auf dem Dienstposten sammeln konnte (Beschluss vom 9. April 2014
- BVerwG 1 WDS-VR 23.13 - Rn. 25). Auch die Fortführung der anhängigen
Verfahren in der Hauptsache und im vorläufigen Rechtsschutz unter Einbezie-
hung der inzwischen ergangenen Auswahlentscheidung und der hierdurch er-
zielte Beschleunigungseffekt sind in diesem Zusammenhang zu sehen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 1
Satz 1 WBO.
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- 25 -
Da der Antragsteller mit seinem Antrag aus dem Schriftsatz vom 7. März 2014
(oben II.1.) im Wesentlichen Erfolg hatte, fallen die Kosten dem Bund insoweit
ganz zur Last (§ 23a Abs. 2 WBO i.V.m. § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO). Dem Ob-
siegen des Antragstellers im Konkurrentenstreit um die Dienstpostenbesetzung
kommt im Verhältnis zu den beiden Feststellungsanträgen aus dem Schriftsatz
vom 27. März 2014 (oben II.2. und 3.), die erfolglos blieben, das größere Ge-
wicht zu. Dies rechtfertigt es, dem Bund die Erstattung von insgesamt drei Vier-
teln der notwendigen Aufwendungen des Antragstellers aufzuerlegen.
Der Beigeladene, der keinen eigenen Antrag gestellt hat, trägt seine Kosten
selbst.
Dr. von Heimburg
Dr. Frentz
Dr. Langer
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Sachgebiet:
BVerwGE:
Nein
Wehrbeschwerdeverfahrensrecht
Fachpresse:
Ja
Rechtsquellen:
GG
Art. 33 Abs. 2
WBO
§ 17 Abs. 1 Satz 1
SG
§ 3 Abs. 1
Erlass des Bundesministeriums der Verteidigung „Dienstpostengerechte Ver-
wendung von Soldatinnen und Soldaten“ vom 1. August 2011
Stichworte:
Vorübergehende Übertragung von Aufgaben eines höherwertigen Dienstpos-
tens; nicht-dienstpostengerechte Verwendung; Zustimmung der zuständigen
personalbearbeitenden Stelle; Auswahlentscheidung; Grundsatz der Besten-
auslese; Bewerbungsverfahrensanspruch.
Leitsatz:
Die Übertragung von Aufgaben eines höherwertigen Dienstpostens zur vorü-
bergehenden vertretungsweisen Wahrnehmung unterliegt, auch wenn sie mit
Zustimmung der zuständigen personalbearbeitenden Stelle erfolgt (Nr. 2 des
Erlasses „Dienstpostengerechte Verwendung von Soldatinnen und Soldaten“
vom 1. August 2011), nicht dem Grundsatz der Bestenauslese (Art. 33 Abs. 2
GG, § 3 Abs. 1 SG). Übergangene Interessenten können sich vor dem Wehr-
dienstgericht deshalb nicht auf die Verletzung eines Bewerbungsverfahrensan-
spruchs berufen (§ 17 Abs. 1 Satz 1 WBO).
Beschluss des 1. Wehrdienstsenats vom 27. Mai 2014 - BVerwG 1 WB 55.13