Urteil des BVerwG vom 20.09.2006

Widerruf, Rehabilitation, Dokumentation, Behandlung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 WB 54.05
In dem Wehrbeschwerdeverfahren
des Herrn Oberst …,
…,
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze als Vorsitzenden,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Deiseroth
sowie
Generalarzt Dr. Rödig und
Oberstleutnant Mayer
als ehrenamtliche Richter
am 20. September 2006 beschlossen:
Der Antrag wird als unzulässig verworfen.
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G r ü n d e :
I
Der 1957 geborene Antragsteller ist Berufssoldat, dessen Dienstzeit voraus-
sichtlich mit Ablauf des 31. Juli 2018 enden wird. Zum Oberst wurde er am
25. Oktober 2002 ernannt. Vom 1. Mai 2002 bis zum 19. Oktober 2003 wurde er
als Kommodore J… in S. verwendet. Mit Dienstantritt am 20. Oktober 2003
wurde er zur Dienstleistung nach Weisung des Chefs des Stabes zum L… in K.
kommandiert, wo er seit dem 20. November 2003 unter Inanspruchnahme einer
Planstelle des „zbV“-Etats eingesetzt wird.
Die vorbezeichnete Versetzung zum L… hatte der Bundesminister der Verteidi-
gung (BMVg) - PSZ I 5 - mit Verfügung vom 14. November 2003 auf Vorschlag
des damaligen G. angeordnet. Dieser hatte in seinem Versetzungsantrag vom
13. Oktober 2003 die aus seiner Sicht irreparable Zerstörung des Vertrauens-
verhältnisses zum Antragsteller dargelegt und dabei dessen Verhalten im Zu-
sammenhang mit den An- und Vorbeiflügen der Besatzung des Tornado
(40+08) anlässlich des 20-jährigen Indienststellungsjubiläums des J…gerügt.
Den Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung gegen die Verset-
zungsverfügung vom 14. November 2003 hat der Senat mit Beschluss vom
10. März 2004 - BVerwG 1 WB 54.03 - zurückgewiesen.
Mit Schreiben vom 10. Oktober 2003 beschwerte sich der Antragsteller „gegen
das unkameradschaftliche und ehrenrührige Verhalten von G. ebenso wie die
entwürdigende Behandlung und den Missbrauch der Disziplinarbefugnis durch
ihn“. Während er selbst urlaubsbedingt abwesend gewesen sei, habe der Divi-
sionskommandeur am 6. Oktober 2003 alle Einheitsführer des J… zusammen-
rufen lassen und detailliert angeblich von ihm, dem Antragsteller, begangene
Dienstpflichtverletzungen dargelegt; dabei habe er den Sachverhalt einseitig
dargestellt. Im Verlauf dieser Besprechung habe sich G. auch zu seiner, des
Antragstellers, Ablösung aus seiner damaligen Verwendung als Kommodore
geäußert. Die öffentliche Bekanntgabe vermeintlich ihm anzulastender Pflicht-
verstöße mit vorverurteilender Begründung vor seinen Einheitsführern sei un-
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geheuerlich. Die im Versetzungsantrag angeführten „Tatsachen“ seien keines-
wegs überzeugend; die entsprechenden Begründungen seien offensichtlich
unhaltbar und bereits von strafrechtlicher Bedeutung.
Mit Bescheid vom 28. November 2003 gab der B… L… dieser Beschwerde des
Antragstellers im Wesentlichen statt und stellte im Tenor des Bescheides fest,
soweit die Beschwerde des Antragstellers Erfolg habe, habe er das Verhalten
von G. einer disziplinaren Würdigung unterzogen; die Beschwerde werde zu-
rückgewiesen, soweit der Antragsteller angebliche Äußerungen des G. über die
Ablösung seiner Person oder über seine persönlichen Fehler bei der nachträg-
lichen Dokumentation des „Scheinentzuges“ von OTL O. habe geltend machen
wollen. In den Entscheidungsgründen des Bescheides ist ausgeführt, es sei
zweifelsfrei erwiesen, dass G. in der Besprechung am 6. Oktober 2003 über
folgende Themen gesprochen habe:
„1. …
2. …
3. …
4. Das Verfahren, mit dem OTL O. das Fliegen für vier
Wochen oder einen Monat - hierzu gibt es unterschiedli-
che Angaben - untersagt wurde.
5. Die Unvollständigkeit und Ungenauigkeit der zur Doku-
mentation dieses ‚Flugscheinentzuges’ später am 27. Au-
gust 2003 vorgelegten Unterlagen.
6. Die aus der Sicht eines juristischen Laien als ‚Urkun-
denfälschung‘ einzustufende Verfahrensweise bei der Er-
stellung dieser Unterlagen.
7. Ihre sehr verspätete Meldung am 27. August 2003,
dass es OTL O., die ‚02’, sei, der am 4. Juli 2003 zu tief
geflogen sei.
8. Das zögerliche Meldeverhalten des Geschwaders, aus
dem Einzelheiten zu den Vorgängen um den 4. Juli 2003
und zur Dokumentation des Scheinentzuges von OTL O.
in der Zeit danach nur ‚scheibchenweise’ zu erfahren wa-
ren.
9. …
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10. …“
Der B… L… stellte fest, dass G. die Punkte 4. bis 10. nicht hätte ansprechen
dürfen; er habe das Verhalten des Kommandeurs einer disziplinaren Würdigung
unterzogen und ihn persönlich darauf hingewiesen, dass er sich im dargelegten
Rahmen nicht hätte äußern dürfen.
Die vorbezeichnete Pflichtenmahnung hat der B… L… am 27. November 2003
gegenüber G. ausgesprochen.
Gegen den Bescheid vom 28. November 2003 legte der Antragsteller mit
Schreiben vom 9. Dezember 2003 weitere Beschwerde ein, die er mit Schrift-
satz vom 20. Januar 2004 unter anderem damit begründete, der in der Bespre-
chung am 6. Oktober 2003 verwendete Begriff der mittelbaren Urkundenfäl-
schung hätte so nicht Anwendung finden dürfen. Es sei überdies sehr fraglich
und weiterhin zu prüfen, ob G. habe bekunden dürfen, von den Vorfällen erst
am 27. August 2003 Kenntnis erlangt zu haben.
Der Inspekteur der Luftwaffe (InspLw) gab der weiteren Beschwerde mit
Bescheid vom 6. April 2004 statt, hob den Beschwerdebescheid des B… L…
vom 28. November 2003 auf und teilte dem Antragsteller mit, G… Viereck sei
belehrt worden. Dieser Bescheid wurde ausweislich des bei den Akten befindli-
chen Empfangsscheins den Bevollmächtigten des Antragstellers am 15. April
2004 zugestellt. Der Antragsteller legte keinen Rechtsbehelf ein.
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Mit dem an den B… L… gerichteten Schreiben vom 27. Mai 2004 beantragte
der Antragsteller unter Hinweis auf seine Beschwerde vom 10. Oktober 2003
und auf den Beschwerdebescheid des InspLw vom 6. April 2004 eine „Richtig-
stellung“. Im Laufe der Ermittlungen sei nachgewiesen worden, dass G. vor den
damals ihm, dem Antragsteller, unterstellten Offizieren sowie vor zwei nicht
dem Verband angehörigen Offizieren rufschädigende Äußerungen getätigt ha-
be, indem er ihn der Urkundenfälschung bzw. der mittelbaren Falschbeurkun-
dung bezichtigt und ihm wahrheitswidrig vorgehalten habe, die Vorfälle erst am
27. August 2003 gemeldet zu haben; er, der Antragsteller, habe den Vorfall je-
doch bereits am 5. Juli 2003 gemeldet. Diese schwerwiegenden rufschädigen-
den Vorwürfe seien zumindest vor dem gleichen Personenkreis schnellstmög-
lich und unmissverständlich richtigzustellen. Mit Schreiben vom 25. Juni 2004
stellte der Antragsteller auf eine Anfrage des Leitenden Rechtsberaters vom
14. Juni 2004 klar, dass er mit seinem Antrag vom 27. Mai 2004 nicht den Be-
schwerdebescheid des InspLw vom 6. April 2004 angreife. Im Übrigen erklärte
er, dass er diesem Beschwerdebescheid des InspLw keine Folgenbeseitigung
entnehmen könne. Deshalb richte sich sein Antrag - „losgelöst von dem Be-
schwerdeverfahren“ - „auf Rehabilitation durch Widerruf unwahrer Tatsachen-
behauptungen, vorzunehmen von G… vor dem Personenkreis, gegenüber dem
er die ehrkränkenden Behauptungen aufstellte“.
Den Antrag lehnte der B… L… mit Bescheid vom 6. September 2004 ab.
Die dagegen gerichtete Beschwerde vom 3. Oktober 2004 wies der InspLw mit
Beschwerdebescheid vom 18. Februar 2005 zurück.
Gegen diese ihm am 25. Februar 2005 eröffnete Entscheidung richten sich die
weitere Beschwerde des Antragstellers vom 9. März 2005 sowie seine Untätig-
keitsbeschwerde vom 6. September 2005, die der BMVg - PSZ I 7 - als Antrag
auf gerichtliche Entscheidung gewertet und mit seiner Stellungnahme vom
7. November 2005 dem Senat vorgelegt hat.
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Zur Begründung trägt der Antragsteller insbesondere vor:
Er habe einen eigenständigen Anspruch auf eine weitgehende Folgenbeseiti-
gung im dienstlichen Bereich. Sowohl aus dem Soldatengesetz als auch auf-
grund seines Persönlichkeitsrechts folge dieser Anspruch auf den beantragten
Widerruf aus der Fürsorgeverpflichtung. Seine Bitte um Abhilfe habe der InspLw
zu Unrecht mit Bescheid vom 18. Februar 2005 abgelehnt.
Er beantragt,
Rehabilitation durch Widerruf der unwahren Tatsachen-
behauptungen,
a) er habe im Zusammenhang mit den G. am 27. August
2003 vorgelegten Unterlagen zu einem fliegerischen Er-
eignis im J… Urkundenfälschung oder eine mittelbare
Falschbeurkundung begangen,
b) er habe G. den fliegerischen Vorfall im J… erst am
27. August 2003 gemeldet (richtig sei, dass er dies bereits
am darauffolgenden Tag, dem 5. Juli 2003, getan habe),
vorzunehmen von G. gegenüber
1. Oberstleutnant A.
2. Oberstleutnant C.
3. Leutnant G.
4. Oberstleutnant i.G. Gl.
5. Hauptmann H.
6. Oberfeldarzt He.
7. Oberleutnant M.
8. Oberstleutnant N.
9. Major S.
10. Oberstleutnant W.
Der BMVg beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Der Antrag sei unzulässig. Einen Folgenbeseitigungsanspruch, der über den
Inhalt der Feststellungen im Beschwerdebescheid des InspLw vom 6. April
2004 hinausgehe, hätte der Antragsteller in jenem Wehrbeschwerdeverfahren
geltend machen können und müssen. Insoweit sei er gehalten gewesen, auf
den Beschwerdebescheid fristgerecht die gerichtliche Entscheidung durch das
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Bundesverwaltungsgericht zu beantragen. Die eingetretene Unanfechtbarkeit
dieses Beschwerdebescheides müsse er schon deshalb gegen sich gelten las-
sen, weil es nach der Wehrbeschwerdeordnung ausgeschlossen sei, dasselbe
Rechtsschutzziel mit einem gesonderten Antrag nochmals zum Gegenstand
eines weiteren Wehrbeschwerdeverfahrens zu machen. Im Übrigen scheitere
das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers daran, dass sich der von ihm be-
hauptete Folgenbeseitigungsanspruch weder aus der Fürsorgepflicht noch aus
§ 13 WBO herleiten lasse. Dem berechtigten Interesse des Antragstellers sei
vielmehr durch die im vollen Umfang stattgebende Beschwerdeentscheidung
des InspLw vom 6. April 2004 Genüge getan worden.
Wegen des Vorbringens im Einzelnen wird auf den Inhalt der Schriftsätze der
Beteiligten sowie der Akten Bezug genommen. Die Verfahrensakte des BMVg
- PSZ I 7 - 696/05 -, die Beschwerdeakten FüL RB - 25-05-11 - B 002/04 und
B 007/04, die Personalgrundakte des Antragstellers sowie die Gerichtsakten
BVerwG 1 WB 54.03 haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
II
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist unzulässig.
Der im Schriftsatz des Antragstellers vom 12. Dezember 2005 formulierte und
im Schriftsatz vom 6. Juni 2006 konkretisierte Verpflichtungsantrag „auf Reha-
bilitation durch Widerruf unwahrer Tatsachenbehauptungen, vorzunehmen von
G. vor dem Personenkreis, gegenüber dem er die ehrkränkenden Behauptun-
gen am 6. Oktober 2003 aufstellte“, bedarf der Auslegung, denn er lässt nicht
hinreichend klar erkennen, gegen welchen Verpflichtungsadressaten er gerich-
tet ist. Sofern der Antragsteller die unmittelbare Verpflichtung des G. (zu dem
gewünschten Widerruf) durch den Senat anstrebt, stünde diesem Rechts-
schutzbegehren entgegen, dass es jedenfalls nicht im Rahmen eines Wehrbe-
schwerdeverfahrens geltend gemacht werden könnte. Unabhängig von der
Frage, ob einem Soldaten überhaupt ein Anspruch gegen seinen Vorgesetzten
persönlich auf Widerruf einer unwahren oder ehrenrührigen dienstlichen Äuße-
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rung zustehen kann (für Beamte abgelehnt im Urteil vom 29. Januar 1987
- BVerwG 2 C 34.85 - BVerwGE 75, 354 <355 f.>; vgl. auch Urteil vom 29. Juni
1995 - BVerwG 2 C 10.93 - BVerwGE 99, 56 <62>), könnte dieser Vorgesetzte
persönlich nicht als Antragsadressat im Wehrbeschwerdeverfahren beteiligt
sein. Vielmehr ist Antragsadressat eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung
nach §§ 17, 21, 22 WBO immer der zuletzt zur Abhilfe befugte Vorgesetzte, hier
also der BMVg (vgl. Beschluss vom 5. Dezember 1968 - BVerwG 1 WB 81.68 -
BVerwGE 33, 228 <230>).
Allerdings hat der Antragsteller schon mit seinem Schriftsatz vom 9. März 2005
ausdrücklich den Beschwerdebescheid des InspLw vom 18. Februar 2005 an-
gegriffen und seinen Antrag konkret als Folgenbeseitigungsantrag bezeichnet,
mit dem er die „Bitte um Abhilfe“ verbunden habe.
Der Antrag ist deshalb sach- und interessengerecht dahin auszulegen, dass er
auf die Aufhebung der Bescheide des B… L… vom 6. September 2004 und des
InspLw vom 18. Februar 2005 sowie auf die Verpflichtung des - zur Abhilfe be-
rechtigten - BMVg gerichtet ist, G. zu dem gewünschten Widerruf anzuweisen.
Eine derartige Auslegung hat auch der BMVg - PSZ I 7 - in seiner Vorlage an
den Senat (S. 7) angedeutet.
Auch dieser Antrag ist jedoch unzulässig.
Einer Sachprüfung des Antrags durch den Senat steht das Prozesshindernis
des bestandskräftigen Abschlusses des Wehrbeschwerdeverfahrens entgegen,
das aufgrund der Beschwerde des Antragstellers vom 10. Oktober 2003 durch-
geführt worden ist.
Zwar kann nach der Rechtsprechung des Senats grundsätzlich auch im Wehr-
beschwerdeverfahren in entsprechender Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 2
VwGO ein Folgenbeseitigungsanspruch geltend gemacht werden. Dieser An-
spruch dient - als Konkretisierung der Fürsorgepflicht des Vorgesetzten gemäß
§ 10 Abs. 3 SG - der Beseitigung von fortdauernden Schäden, die durch
rechtswidriges Handeln eines militärischen Vorgesetzten herbeigeführt werden
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(grundlegend: Beschluss vom 17. Juli 1974 - BVerwG 1 WB 124.70 - BVerwGE
46, 283 <286> = NZWehrr 1975, 25; vgl. ferner Beschlüsse vom 19. Juni 1985
- BVerwG 1 WB 28.84 - und vom 7. Juni 1988 - BVerwG 1 WB 5.87 -; Böttcher/
Dau, WBO, 4. Aufl. § 19 Rn. 9). Die analoge Anwendung des § 113 Abs. 1
Satz 2 VwGO im gerichtlichen Antragsverfahren nach § 17 WBO (gegebenen-
falls i.V.m. §§ 21 Abs. 2 Satz 1, § 22 WBO) korrespondiert mit der für das vor-
gerichtliche Wehrbeschwerdeverfahren ausdrücklich in § 13 Abs. 1 Satz 1 WBO
vorgesehenen Möglichkeit der Folgenbeseitigung; diese Norm bestimmt, dass
einer begründeten Beschwerde nicht nur stattzugeben, sondern zusätzlich „für
Abhilfe zu sorgen“ ist, dass also eine Folgenbeseitigung über die Aufhebung der
belastenden Maßnahme hinaus stattfinden soll (Beschluss vom 17. Juli 1974,
a.a.O.; Böttcher/Dau, a.a.O. § 13 Rn. 8).
Nach der systematischen Stellung und nach dem Schutzzweck des § 13 Abs. 1
Satz 1 WBO muss über die Abhilfe in Gestalt einer Folgenbeseitigung im Be-
schwerdebescheid entschieden werden (ebenso: Böttcher/Dau, a.a.O. § 13
Rn. 10). Denn die von der zuständigen Beschwerdestelle vorzunehmende Prü-
fung, ob und wie bei der (Teil-)Stattgabe der Beschwerde gegebenenfalls au-
ßerdem eine Folgenbeseitigung zu leisten ist, lässt sich von der inhaltlichen
Prüfung der angefochtenen Maßnahme selbst nicht trennen. Dies dokumentiert
auch der Wortlaut der Norm („und für Abhilfe zu sorgen“). Die Zulässigkeit eines
Folgenbeseitigungsantrages setzt deshalb voraus, dass er zusammen mit der
Anfechtung der beanstandeten Maßnahme - spätestens im gerichtlichen
Antragsverfahren gegen diese Maßnahme - geltend gemacht wird (Beschlüsse
vom 17. Juli 1974, a.a.O., vom 19. Juni 1985 - BVerwG 1 WB 28.84 - und vom
7. Juni 1988 - BVerwG 1 WB 5.87 -; Böttcher/Dau, a.a.O. § 19 Rn. 9). Für einen
Folgenbeseitigungsanspruch, der sich darauf stützt, der zuständige Vorgesetzte
habe es rechtswidrig unterlassen, von sich aus die Folgen der Maßnahme zu
beseitigen, gilt das gleiche (Beschluss vom 19. Juni 1985 - BVerwG 1 WB
28.84 -).
Gegenstand der Beschwerde des Antragstellers vom 10. Oktober 2003 waren
die Äußerungen des G. am 6. Oktober 2003 zu möglichen Dienstpflichtverlet-
zungen des Antragstellers und zu dessen geplanter Ablösung. Schon in diesem
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Beschwerdeschriftsatz hat der Antragsteller die inhaltliche Richtigkeit der in
dem Versetzungsantrag bezeichneten Tatsachen bezweifelt und das Verhalten
des Divisionskommandeurs insgesamt als „ehrenrührig“ qualifiziert.
Im teilweise stattgebenden Beschwerdebescheid des Be… L… vom
28. November 2003 wurden u.a. die Äußerungen des G. zu den Punkten 4. bis
8. als pflichtwidrig gewertet.
In seiner weiteren Beschwerde hat der Antragsteller sodann ausdrücklich die
Äußerungen des G. aufgegriffen, die nunmehr Gegenstand seines Folgenbe-
seitigungsanspruches sind, und betont, dass der Begriff „mittelbare Urkunden-
fälschung“ so aus laienhafter Sicht sicherlich nicht Anwendung finden dürfe und
überdies fraglich und weiter zu prüfen sei, ob G. habe davon ausgehen und
bekunden dürfen, von den Vorfällen erst am 27. August 2003 Kenntnis erlangt
zu haben. Insoweit bestünden erhebliche Zweifel. An dieser Stelle hat der An-
tragsteller nicht nur die Pflichtwidrigkeit der Äußerungen des G. behauptet, son-
dern zusätzlich ihre inhaltliche Richtigkeit bestritten. Da der stattgebende Be-
schwerdebescheid des InspLw vom 6. April 2004 auf die inhaltliche Richtigkeit
dieser Äußerungen nicht einging, hätte der Antragsteller seinen Folgenbeseiti-
gungsanspruch, materiell gestützt auf die mögliche Verletzung seines allgemei-
nen Persönlichkeitsrechts durch unwahre Tatsachenbehauptungen, nunmehr
spätestens mit einem Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen diesen Be-
scheid geltend machen müssen. Er hat indessen auf einen Rechtsbehelf gegen
diesen Bescheid verzichtet, indem er am 25. Juni 2004 auf die Anfrage des
Leitenden Rechtsberaters des L… ausdrücklich „klargestellt“ hat, „dass es nicht
meine Absicht war und ist, den Beschwerdebescheid des Inspekteurs der Luft-
waffe vom 06.04.2004 anzugreifen“. Der Antrag auf Widerruf unwahrer Tatsa-
chenbehauptungen sei „losgelöst von dem Beschwerdeverfahren“. Unter diesen
Umständen ist es rechtlich unerheblich, dass der - der Beschwerde in vollem
Umfang stattgebende - Bescheid vom 6. April 2004 keine Rechtsbehelfsbe-
lehrung aufweist, obwohl dieser Bescheid aus Sicht des Antragstellers keine
vollständige Abhilfe enthielt.
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Die Weiterverfolgung dieses Folgenbeseitigungsanspruches in einem isolierten
Wehrbeschwerdeverfahren ist jedenfalls unzulässig.
Soweit der Antragsteller in seinem Schriftsatz vom 6. September 2005 die Un-
tätigkeit des BMVg und die unterlassene Vorlage an den Senat rügt, ist auch
dieses Rechtsschutzziel unzulässig.
In der Sache beanstandet der Antragsteller damit die Art und Weise der Be-
handlung einer Wehrbeschwerde durch den BMVg. Nach ständiger Rechtspre-
chung des Senats stellt indessen die Art und Weise der Behandlung von
Wehrbeschwerden keine selbstständig anfechtbare Maßnahme im Sinne des
§ 17 Abs. 3 WBO dar (vgl. Beschlüsse vom 19. Januar 1994 - BVerwG 1 WB
27.93 - und vom 24. Mai 2000 - BVerwG 1 WB 3.00 - jeweils m.w.N.). Gegen
die aus seiner Sicht verzögerte Bearbeitung einer Wehrbeschwerde oder die
verzögerte Vorlage seines Antrags auf gerichtliche Entscheidung ist ein Soldat
in ausreichendem Maße gesetzlich geschützt. Er kann Untätigkeitsbeschwerde
nach § 1 Abs. 2, § 16 Abs. 2 WBO einlegen. Wird ein Antrag auf gerichtliche
Entscheidung gemäß § 17 Abs. 4 Satz 3 (i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 und § 22)
WBO dem zuständigen Gericht nicht innerhalb eines Monats vorgelegt, hat der
Antragsteller in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 1 Satz 2 WBO die
Möglichkeit, seinen Antrag als Untätigkeitsantrag selbst bei Gericht anzubringen
(Beschlüsse vom 19. Januar 1994 - BVerwG 1 WB 27.93 - und vom 24. Mai
2000 - BVerwG 1 WB 3.00 -). Der Antragsteller hätte einen Monat nach seiner
„weiteren Beschwerde“ vom 9. März 2005 diesen Untätigkeitsantrag stellen
können, hat davon jedoch abgesehen. Bei einer derartigen Konstellation hat der
betroffene Soldat kein Rechtsschutzbedürfnis für eine gesonderte gerichtliche
Feststellung, dass die Vorlage an das zuständige Wehrdienstgericht ohne
sachlichen Grund verzögert worden ist (Beschlüsse vom 19. Januar 1994
- BVerwG 1 WB 27.93 - und vom 24. Mai 2000 - BVerwG 1 WB 3.00 -).
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Der Senat hat davon abgesehen, den Antragsteller gemäß § 20 Abs. 2 i.V.m.
§ 21 Abs. 2 Satz 1 WBO mit Verfahrenskosten zu belasten.
Golze Dr. Frentz Dr. Deiseroth
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