Urteil des BVerwG vom 27.01.2010

Dokumentation, Nato, Versetzung, Beurteilungsspielraum

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 WB 52.08
In dem Wehrbeschwerdeverfahren
des Herrn Oberstleutnant …,
…,
- Bevollmächtigte:
Rechtsanwälte …,
… -
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
den ehrenamtlichen Richter Oberst i.G. Wilcke und
den ehrenamtlichen Richter Major Woyke
am 27. Januar 2010 beschlossen:
Der Bescheid des Personalamtes der Bundeswehr vom
23. November 2007 und der Beschwerdebescheid des
Bundesministers der Verteidigung vom 30. Mai 2008 wer-
den aufgehoben.
Der Bundesminister der Verteidigung wird verpflichtet,
über die Besetzung der Dienstposten „Einsatzführungs-
stabsoffizier Leiter Operation“ (Chief Current Ops), Teil-
einheit/Zeile 030/003, und „Einsatzführungsstabsoffizier
Chefwaffeneinsatzoffizier“ (Chief Weapons Allocator), Teil-
einheit/Zeile 030/008, beim Dienstältesten Deutschen
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Offizier Deutscher Anteil … …, N… (Niederlande), unter
Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu
entscheiden.
Die dem Antragsteller im Verfahren vor dem Bundesver-
waltungsgericht einschließlich der im vorgerichtlichen Ver-
fahren erwachsenen notwendigen Aufwendungen werden
dem Bund auferlegt.
G r ü n d e :
I
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung betrifft einen Konkurrentenstreit um
die Besetzung der Dienstposten „Einsatzführungsstabsoffizier Leiter Operation“
(„Chief Current Ops“), Teileinheit/Zeile 030/003, und „Einsatzführungsstabs-
offizier Chefwaffeneinsatzoffizier“ („Chief Weapons Allocator“), Teileinheit /Zeile
030/008, beim Dienstältesten Deutschen Offizier Deutscher Anteil … … in N…
(Niederlande). Das … N… ist ein multinationaler verlegefähiger …-
Gefechtsstand, der im Jahr 2007 mit deutscher Unterstützung neu aufgebaut
wurde. Die beiden vorgenannten, nach Besoldungsgruppe A 14/A 13 bewerte-
ten Dienstposten waren dort von der Bundeswehr zum 1. Januar 2008 zu be-
setzen. Nach Mitteilung des Bundesministers der Verteidigung verschob sich
der in Aussicht genommene Besetzungstermin auf den 1. August 2008.
Der 1968 geborene Antragsteller ist Berufssoldat; seine Dienstzeit endet vor-
aussichtlich mit Ablauf des 30. April 2025. Er wurde am 23. Februar 2005 zum
Major und am 18. August 2009 zum Oberstleutnant ernannt. Seit dem 1. Okto-
ber 2004 wird er auf einem nach Besoldungsgruppe A 14/A 13 bewerteten
Dienstposten „Einsatzführungsstabsoffizier“ beim Einsatzführungsbereich … in
A… verwendet. Er verfügt über ein Sprachprüfungszeugnis Englisch vom
10. Dezember 2007 mit dem Standardisierten Leistungsprofil (SLP) 3443. Nach
dem Schwerbehindertenausweis des N… Landesamtes für Soziales, Jugend
und Familie vom 1. Oktober 2007 weist der Antragsteller seit dem 1. November
2005 einen Grad der Behinderung von 50 auf. Er ist nach militärärztlich erteilter
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Ausnahmegenehmigung auslandsdienst- und tropendienstverwendungsfähig
(Ärztliche Mitteilung für die Personalakte vom 12. Oktober 2007).
Das Personalamt der Bundeswehr wählte für die Besetzung der beiden oben
genannten Dienstposten Oberstleutnant B… und Oberstleutnant G… aus; beide
erhielten am 17. September 2007 eine Vororientierung über ihre Versetzung.
Mit Schreiben vom selben Tag beantragte der Antragsteller seine Versetzung
zum … … in N…. Dabei bezog er sich auf ein Personalgespräch, in dem diese
Verwendungsmöglichkeit bereits mit ihm erörtert worden sei. Der Kommandeur
Einsatzführungsbereich … und der Stellvertreter des Kommandeurs …. Luft-
waffendivision befürworteten das Versetzungsgesuch.
Nach Anhörung der Bezirksschwerbehindertenvertretung beim Luftwaffenfüh-
rungskommando lehnte das Personalamt den Antrag mit Bescheid vom 23. No-
vember 2007 ab. Zur Begründung führte es aus, für die Verwendung beim
… … hätten drei Stabsoffiziere zur Auswahl gestanden; auch unter Einbezie-
hung der Stellungnahme der Bezirksschwerbehindertenvertretung habe der An-
tragsteller im Vergleich des Eignungs- und Leistungsbildes nicht berücksichtigt
werden können.
Die dagegen gerichtete Beschwerde vom 14. Dezember 2007 wies der Bun-
desminister der Verteidigung - PSZ I 7 - mit Bescheid vom 30. Mai 2008 zurück.
In der Begründung wird hinsichtlich des Dienstpostens „Chief Current Ops“ dar-
gelegt, Oberstleutnant B… sei leistungsstärker, weil er unter Berücksichtigung
eines Zuschlags von 0,25 für sein höheres Statusamt besser beurteilt sei als
der Antragsteller. Er sei im Dienstgrad Oberstleutnant bei der Beurteilung 2007
mit 5,78, der Antragsteller als Major hingegen nur mit 5,7 bewertet worden. In
den Beurteilungen 2005 sei der ausgewählte Offizier (damals als Major) bei den
Leistungen im Beurteilungszeitraum mit 6,19, bei Eignung und Befähigung mit
„EDED“ und bei der Förderungswürdigkeit mit „D“, der Antragsteller demgegen-
über mit 5,95, mit „EDDD“ und mit der Förderungswürdigkeit „D“ bewertet wor-
den. Oberstleutnant B… habe bei der Beurteilung 2003 als Major 5,88, „EDED“
und „D“ (nach der vorgelegten Beurteilung aber: „C“), der Antragsteller im Jahr
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2004 im Dienstgrad Hauptmann 5,94, „DDDD“ und die Förderungswürdigkeit
„D“ erzielt. Oberstleutnant B… verfüge im Vergleich zum Antragsteller über den
breiteren Verwendungsaufbau und sei besser geeignet, weil er unter anderem
im integrierten Bereich NATO E-3A verwendet worden sei. Auch seine aktuelle
Verwendung als Leiter der Systemsteuerzentrale und der Coordinating Schedu-
ling Agency bei der Führungszentrale Nationale Luftverteidigung als Schnittstel-
le zwischen nationaler und NATO-Luftverteidigung und die damit verbundenen
umfassenden Steuerungs- und Koordinierungsaufgaben prädestinierten ihn zu-
sätzlich für diese Verwendung.
Im Hinblick auf den Dienstposten „Chief Weapons Allocator“ führte der Bun-
desminister der Verteidigung aus, Oberstleutnant G… sei auf der Grundlage der
letzten drei planmäßigen Beurteilungen und unter Berücksichtigung eines
Zuschlags von 0,25 für sein höheres Statusamt insgesamt leistungsstärker als
der Antragsteller. Er habe 2007 im Dienstgrad Oberstleutnant die Bewertung
6,33, der Antragsteller im Dienstgrad Major hingegen 5,7 erhalten. Im Jahr 2005
seien der ausgewählte Offizier und der Antragsteller jeweils mit 5,94 und der
Förderungswürdigkeit „D“ sowie mit den Ausprägungsgraden für Eignung und
Befähigung „DDCD“ bzw. „EDDD“ im Wesentlichen gleich beurteilt worden.
Oberstleutnant G… sei aber 2003 im Dienstgrad Major mit 5,88, „DDDD“ und
der Förderungswürdigkeit „D“ besser bewertet worden als der Antragsteller, der
im Jahr 2004 im Dienstgrad Hauptmann 5,94, „DDDD“ und die Förderungswür-
digkeit „D“ erzielt habe. Für den Dienstposten weise der Antragsteller eine ver-
gleichbare Eignung auf wie Oberstleutnant G…. Hinsichtlich des Standardisier-
ten Leistungsprofils sei es im Übrigen nicht unüblich, dass die erforderliche
Qualifikation erst später erworben werde und daher bei der Personalauswahl
nicht zwingend ein Ausschlusskriterium darstelle. Der Erlass über die Fürsorge
für schwerbehinderte Menschen im Geschäftsbereich des Bundesministeriums
der Verteidigung sei beachtet worden.
Gegen diesen ihm am 16. Juni 2008 zugestellten Bescheid beantragte der An-
tragsteller am 30. Juni 2008 die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts.
Den Antrag hat der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - mit seiner Stel-
lungnahme vom 9. Juli 2008 dem Senat vorgelegt.
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Zur Begründung seines Rechtsschutzbegehrens trägt der Antragsteller insbe-
sondere vor:
Die Auswahlentscheidung sei rechtswidrig und berücksichtige nicht hinreichend
seine Schwerbehinderung. Er habe bereits sehr frühzeitig sein Interesse an ei-
ner Versetzung auf die beiden strittigen Dienstposten bekundet. Für diese
Dienstposten besitze er eine besondere Qualifikation. Trotzdem sei er nicht von
Anfang an in die Auswahlbetrachtung einbezogen worden. Das verstoße gegen
die Fürsorgepflicht der zuständigen Vorgesetzten. Nur so sei es dazu gekom-
men, dass man ihn zur Abgabe eines förmlichen Versetzungsgesuchs aufge-
fordert habe, als die Besetzungsentscheidung längst getroffen gewesen sei.
Außerdem seien bei den Ermessenserwägungen seine Erfahrungen im interna-
tionalen Bereich (European NATO Joint Jet Pilot Training in Sheppard Air Force
Base/USA, TACEVAL-Checker für den Bereich STO, NATO Staff Officer Orien-
tation Course, TACEVAL-Checker-Lehrgang an der NATO-Schule Oberam-
mergau für den Bereich ASACS) sowie der von ihm absolvierte Lehrgang für
Einsätze in höheren Gefechtsständen ACC/AOC außer Acht gelassen worden.
Bei ihm und den ausgewählten Offizieren seien - zu seinen Lasten - mehrere
Eintragungen im Personalführungs- und -informationssystem PERFIS hinsicht-
lich abgeschlossener Lehrgänge, hinsichtlich der Auslandsdienstverwendungs-
fähigkeit und des Sprachleistungsprofils unvollständig, fehlerhaft und nicht ak-
tuell. Die Beurteilungslage weise die ausgewählten Offiziere nicht als leistungs-
stärker aus, wenn beachtet werde, dass bei ihnen „Ausbildung“ und „Wirtschaft-
liches Verhalten“ zum Teil mit „n.b.“ bezeichnet, also nicht beurteilt worden sei-
en. Im Übrigen sei die Schwerbehindertenvertretung zu spät in das Verfahren
einbezogen worden.
Der Antragsteller beantragt,
den Bescheid des Personalamtes der Bundeswehr vom
23. November 2007 und den Beschwerdebescheid des
Bundesministers der Verteidigung vom 30. Mai 2008 auf-
zuheben und den Amtschef des Personalamtes zu ver-
pflichten, ihn, den Antragsteller, unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,
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den Antrag zurückzuweisen.
Er trägt vor, der Antrag sei aus den Gründen des angefochtenen Beschwerde-
bescheids unbegründet. Zusätzlich sei zu beachten, dass die Dotierung der
beiden angestrebten Dienstposten (A 14/A 13) identisch mit der Bewertung des
gegenwärtigen Dienstpostens des Antragstellers sei. Bei Auswahlentscheidun-
gen für in diesem Sinne gleich bewertete Dienstposten finde zwar grundsätzlich
kein Eignungs- und Leistungsvergleich statt. Eine Verwendung im Ausland
werde aber nach ständiger Verwaltungspraxis auch bei gleicher Dotierung der
Dienstposten als förderlich betrachtet. Die beiden ausgewählten Kandidaten
seien - wie im Beschwerdebescheid ausgeführt - im Eignungs- und Leistungs-
vergleich als leistungsstärker einzuschätzen.
Wegen des Vorbringens im Einzelnen wird auf den Inhalt der Schriftsätze der
Beteiligten sowie der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bun-
desministers der Verteidigung - PSZ I 7 - Az.: 658/08 - und die Personalgrund-
akte des Antragstellers, Hauptteile A bis D, haben dem Senat bei der Beratung
vorgelegen.
II
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat Erfolg.
1. Der Antrag auf Verpflichtung zur Neubescheidung ist zulässig.
a) Der Rechtsstreit hat sich nicht dadurch erledigt, dass die strittigen Dienstpos-
ten inzwischen mit Oberstleutnant B… und Oberstleutnant G… besetzt worden
sind. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats verfestigt sich eine einmal
getroffene militärische Verwendungsentscheidung nicht dahin, dass der durch
sie begünstigte Soldat eine rechtlich gesicherte Position erwirbt, auf dem ihm
zugewiesenen Dienstposten verbleiben zu können; er müsste es vielmehr hin-
nehmen, von seinem Dienstposten wegversetzt zu werden, wenn der An-
tragsteller bei der Stellenbesetzung ihm gegenüber rechtswidrig übergangen
worden wäre (vgl. Beschlüsse vom 25. April 2007 - BVerwG 1 WB 31.06 -
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BVerwGE 128, 329 = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 41, vom 26. Februar
2008 - BVerwG 1 WB 1.07 - und vom 16. Dezember 2008 - BVerwG 1 WB
19.08 -
SG Nr. 50).
Das gilt ebenso, wenn ein Antragsteller - wie hier - nicht ausdrücklich die förmli-
che Versetzungsverfügung zugunsten des ausgewählten Konkurrenten angreift,
sondern - z.B. mangels näherer Kenntnis von dieser Verfügung - sein Rechts-
schutzbegehren auf seinen eigenen Versetzungsantrag beschränkt, inzident
aber die Auswahl- und Versetzungsentscheidung zugunsten des anderen Kan-
didaten angreift und eine neue Entscheidung über die Besetzung des ange-
strebten Dienstpostens verlangt (vgl. Beschlüsse vom 9. November 1994
- BVerwG 1 WB 27.94 - und vom 20. August 2003 - BVerwG 1 WB 23.03 -
Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 32 = RiA 2004, 35).
b) Der Antrag ist auch inhaltlich hinreichend bestimmt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats muss ein Antragsteller im Verfah-
ren gegen die Ablehnung einer beantragten Versetzung spätestens im Be-
schwerdeverfahren konkrete Dienstposten bezeichnen, für die er entweder ob-
jektiv geeignet erscheint oder für die er sich selbst zumindest für geeignet hält
und deshalb glaubt, einen Anspruch auf eine entsprechende Verwendung gel-
tend machen zu können (vgl. zuletzt Beschluss vom 27. November 2008
- BVerwG 1 WB 60.08 - m.w.N.). Diesen Anforderungen ist der Antragsteller
gerecht geworden, weil er in seiner Beschwerde vom 14. Dezember 2007 die
beiden strittigen Dienstposten benannt hat, die als Beschwerdegegenstand
auch im Beschwerdebescheid vom 30. Mai 2008 identifiziert sind. Deshalb er-
weist sich die insoweit verkürzte Fassung des Sachantrags im gerichtlichen
Verfahren als unschädlich.
2. Der Antrag ist begründet.
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Der Bescheid des Personalamtes der Bundeswehr vom 23. November 2007 ist
- auch in der Gestalt des Beschwerdebescheids des Bundesministers der Ver-
teidigung vom 30. Mai 2008 - rechtswidrig und verletzt den Antragsteller in sei-
nen Rechten. Der Bundesminister der Verteidigung ist verpflichtet, über die Be-
setzung der im Tenor näher bezeichneten strittigen Dienstposten „Chief Current
Ops“ und „Chief Weapons Allocator“ unter Beachtung der Rechtsauffassung
des Gerichts neu zu entscheiden. Die für diese Dienstposten getroffene Aus-
wahlentscheidung ist nicht hinreichend dokumentiert.
Für militärische Auswahl- und Verwendungsentscheidungen gelten die nachfol-
genden Grundsätze.
a) Ein Soldat hat grundsätzlich keinen Anspruch auf eine bestimmte örtliche
oder fachliche Verwendung oder auf Verwendung auf einem bestimmten
Dienstposten. Ein dahingehender Anspruch lässt sich auch nicht aus der Für-
sorgepflicht ableiten. Vielmehr entscheidet der zuständige Vorgesetzte über die
Verwendung eines Soldaten nach Maßgabe des dienstlichen Bedürfnisses nach
seinem pflichtgemäßem Ermessen (stRspr, vgl. Beschluss vom 25. April 2007
a.a.O. Rn. 43 m.w.N.). Dabei ist zu beachten, dass Art. 33 Abs. 2 GG jedem
Deutschen ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem
öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung gewährt.
Hieraus folgt ein Anspruch eines Bewerbers auf ermessens- und beurteilungs-
fehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung (vgl. BVerfG, Kammerbe-
schluss vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - NVwZ 2007, 1178 = ZBR 2008, 169
m.w.N.). Nach der Regelung des § 3 Abs. 1 SG gilt Entsprechendes auch für
Verwendungsentscheidungen im militärischen Bereich („… ist nach Eignung,
Befähigung und Leistung … zu verwenden“).
Da Eignung, Befähigung und Leistung unbestimmte Rechtsbegriffe wertenden
Inhalts sind, steht dem zuständigen Vorgesetzten bei der Entscheidung über die
Eignung eines Soldaten für eine bestimmte Verwendung im Sinne des § 3
Abs. 1 SG ein Beurteilungsspielraum zu, den er unter Berücksichtigung des von
dem Soldaten wahrzunehmenden Dienstpostens auszufüllen hat (stRspr, vgl.
Beschluss vom 26. November 1986 - BVerwG 1 WB 117.86 - BVerwGE 83, 251
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<253>). Demzufolge beschränkt sich die gerichtliche Nachprüfung der Eignung
insoweit auf die Kontrolle, ob der Vorgesetzte bei der Entscheidung den
anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen des Beurteilungsspiel-
raums verkannt hat, ob er von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist,
allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen an-
gestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat (vgl. Beschluss vom
14. September 1999 - BVerwG 1 WB 40, 41 und 42.99 - BVerwGE 111, 22
<23> = Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 21).
Festlegungen über die Anforderungen an die Wahrnehmung eines Dienstpos-
tens (etwa in Form einer Aufgaben- und Tätigkeitsbeschreibung oder eines An-
forderungsprofils) unterliegen als organisatorische Maßnahmen nach Maßgabe
militärischer Zweckmäßigkeit zwar nicht der gerichtlichen Kontrolle, binden aber
die zuständige Stelle im Auswahlverfahren; sie ihre Auswahlentscheidung an
der Aufgaben- und Tätigkeitsbeschreibung bzw. an dem Anforderungsprofil
ausgerichtet hat, ist gerichtlich in vollem Umfang überprüfbar (dazu im Einzel-
nen: Beschluss vom 16. Dezember 2008 - BVerwG 1 WB 39.07 - BVerwGE
133,1 = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 49).
Die Überprüfung einer militärischen Auswahlentscheidung an den Maßstäben
des Art. 33 Abs. 2 GG und des § 3 Abs. 1 SG in Form eines Eignungs- und
Leistungsvergleichs zwischen den konkurrierenden Soldaten ist allerdings nicht
geboten, wenn der von einem Antragsteller angestrebte und der von ihm inne-
gehabte Dienstposten besoldungsmäßig gleich bewertet sind, es also nicht
- wie bei Beförderungsbewerbern - um eine höherwertige Verwendung geht
(Beschlüsse vom 26. September 2000 - BVerwG 1 WB 73.00 - Buchholz 236.1
§ 3 SG Nr. 23 = NZWehrr 2001, 123 und vom 21. März 2002 - BVerwG 1 WB
78.01 - jeweils m.w.N.; ebenso zur Versetzung oder Umsetzung ohne Status-
änderung: Urteil vom 25. November 2004 - BVerwG 2 C 17.03 - BVerwGE 122,
237 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 31). Das gilt indessen nicht, wenn sich
die für die Dienstpostenbesetzung zuständige Stelle der Bundeswehr entweder
in einer speziellen Ausschreibung oder generell in ständiger Verwaltungspraxis
darauf festgelegt hat, dass eine bestimmte Verwendung - ungeachtet ihrer rela-
tiven Dotierung - als höherwertig und förderlich anzusehen und deshalb bei ei-
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ner diesbezüglichen Auswahlentscheidung ein Eignungs-
und
Leistungsvergleich für die Kandidaten vorzunehmen ist. Darin liegt die verpflich-
tende Festlegung, auch bei Versetzungsbewerbern die Auswahlentscheidung
nach den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG zu treffen (vgl. dazu Urteile vom
25. November 2004 a.a.O. und vom 21. Juni 2007 - BVerwG 2 A 6.06 - Buch-
holz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 35). Diese Festlegung entfaltet Bindungswirkung
im Rahmen des Art. 3 Abs. 1 GG und determiniert zugleich den Rahmen der
gerichtlichen Überprüfung der Auswahlentscheidung. Der Bundesminister der
Verteidigung hat dazu in seiner Vorlage an den Senat ausgeführt, dass eine
Verwendung im Ausland - wie die hier strittige - auch bei gleicher Dotierung der
Dienstposten in ständiger Verwaltungspraxis als förderlich angesehen werde
und deshalb ein Eignungs- und Leistungsvergleich vorgenommen worden sei.
b) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu beamtenrecht-
lichen Konkurrentenstreitigkeiten um Beförderungsämter folgt aus Art. 33 Abs. 2
GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG außerdem die Verpflichtung des
Dienstherrn, die seiner Entscheidung zugrundeliegenden wesentlichen
Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen (vgl. auch zum Folgenden: Be-
schluss vom 16. Dezember 2008 - BVerwG 1 WB 19.08 - BVerwGE 133, 13
= Buchholz 449 § 3 SG Nr. 50). Nur durch eine schriftliche Fixierung
der wesentlichen Auswahlerwägungen - deren Kenntnis sich der unterlegene
Bewerber gegebenenfalls durch Akteneinsicht verschaffen kann - wird der Mit-
bewerber in die Lage versetzt, sachgerecht darüber befinden zu können, ob er
die Entscheidung des Dienstherrn hinnehmen soll oder ob Anhaltspunkte für
einen Verstoß gegen den Anspruch auf faire und chancengleiche Behandlung
seiner Bewerbung bestehen und er gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch
nehmen will. Darüber hinaus eröffnet erst die Dokumentation der maßgeblichen
Erwägungen dem Gericht die Möglichkeit, die angegriffene Entscheidung ei-
genständig nachzuvollziehen. Schließlich stellt die schriftliche Dokumentation
der Auswahlerwägungen sicher, dass die Bewertungs der entschei-
denden Stelle vollständig zur Kenntnis gelangt sind; sie erweist sich damit als
verfahrensbegleitende Absicherung der Einhaltung der Maßstäbe des Art. 33
Abs. 2 GG (vgl. zum Ganzen BVerfG, Kammerbeschluss vom 9. Juli 2007
- 2 BvR 206/07 - NVwZ 2007, 1178 = ZBR 2008, 169; aus der Rechtsprechung
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der allgemeinen Verwaltungsgerichte zuletzt etwa NdsOVG, Beschluss vom
14. Januar 2008 - 5 ME 317.07 - NVwZ-RR 2008, 552 = DÖD 2008, 132
m.w.N.; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 2. September 2009 - 1 M 62.09 -
juris Rn. 14 = DÖV 2009, 1007 ). Diese Dokumentationspflicht stellt
damit als Instrument der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes ein Korrek-
tiv zu dem gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum
dar. Ob der Dienstherr bei einer Auswahlentscheidung die oben dargelegten
formellen und materiellen Grenzen seines Beurteilungsspielraums beachtet und
eingehalten oder aber überschritten hat, lässt sich nur mit Hilfe einer hinrei-
chend nachvollziehbaren, aussagekräftigen und schlüssigen Dokumentation
seiner maßgeblichen Auswahlerwägungen gerichtlich kontrollieren.
Eine entsprechende Verpflichtung zur Dokumentation der wesentlichen Aus-
wahlerwägungen hat der Senat auch für Entscheidungen angenommen, die
- wie hier - Konkurrenzverhältnisse hinsichtlich militärischer Verwendungen
betreffen (vgl. Beschlüsse vom 25. April 2007 - BVerwG 1 WB 31.06 -
BVerwGE 128, 329 = Buchholz 449 § 3 SG Nr.
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und vom 16. De-
zember 2008 - BVerwG 1 WB 19.08 - a.a.O. Rn. 36).
aa) Die Dokumentationspflicht obliegt grundsätzlich dem „Dienstherrn“, wenn er
in Ausübung seines Verwendungsermessens und des ihm vorbehaltenen Beur-
teilungsspielraums eine personenbezogene Auswahlentscheidung trifft. Damit
ist primär die Stelle zur Dokumentation der wesentlichen Auswahlerwägungen
verpflichtet, die für die zu treffende Auswahlentscheidung zuständig ist. Im Ver-
fahren des Antragstellers ist dies das Personalamt der Bundeswehr als zustän-
dige personalbearbeitende Stelle für die Versetzung von Offizieren bis zum
Dienstgrad Oberstleutnant (Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 ZDv 14/5 Teil B 125 und Ab-
schnitt C Nr. 16 Buchst. a ZDv 14/5 Teil B 171).
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Die Dokumentationspflicht kann auch von der gemäß § 9 Abs. 1 WBO zustän-
digen Beschwerdestelle erfüllt werden, wenn sie eine eigene Sachentscheidung
trifft.
Innerhalb des durch die Beschwerde abgesteckten Rahmens erlangt die zu-
ständige Beschwerdestelle eine umfassende Kontrollkompetenz über die
Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit der truppendienstlichen Ausgangsent-
scheidung, die die uneingeschränkte Ermessensüberprüfung einschließt. Das
ergibt sich aus § 13 Abs. 1 Satz 2 WBO, wonach auch „unsachgemäße“ Maß-
nahmen aufzuheben oder abzuändern sind (vgl. Dau, WBO, 5. Aufl. 2009, § 13
Rn. 15). Die Kontrolle erstreckt sich auch auf die Überprüfung von Entschei-
dungen, die in Ausübung eines Beurteilungsspielraums ergehen. Die zuständi-
ge Beschwerdestelle ist angesichts der in § 13 Abs. 1 Satz 2 WBO verankerten
umfassenden Kontroll- und kompetenz nicht auf die Prüfung be-
schränkt, ob ein Vorgesetzter oder eine Dienststelle der Bundeswehr den ihm
oder ihr eröffneten Beurteilungsspielraum eingehalten hat, sondern kann die
Bewertung und Gewichtung innerhalb dieses Spielraums auch inhaltlich selbst
vornehmen; sie ist also insoweit nicht - wie die Gerichte - auf eine Rechtskon-
trolle beschränkt (ebenso die stRspr für die Kontrollbefugnis im Vorverfahren
bei der Anfechtung von dienstlichen Beurteilungen: z.B. Urteile vom 17. Mai
1979 - BVerwG 2 C 4.78 - Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 14 und vom 11. Februar
1999 - BVerwG 2 C 28.98 - BVerwGE 108, 274 = Buchholz 11 Art. 143a GG
Nr. 1).
Etwas anderes ist nur dann anzunehmen, wenn der Beurteilungsspielraum ei-
nem besonderen sachverständigen Gremium (z.B. Prüfungsausschuss, unab-
hängige Kommission o.Ä.) übertragen ist. Das Gleiche gilt, wenn die Kontroll-
möglichkeit der Beschwerdestelle in tatsächlicher Hinsicht dadurch einge-
schränkt ist, dass die angefochtene Entscheidung eine nicht wiederholbare,
einmalige Prüfungssituation zum Gegenstand hat. Bei der letztgenannten Kons-
tellation kommt zur Wahrung der Rechte des betroffenen Soldaten das verwal-
tungsinterne Kontrollverfahren zum „Überdenken der Bewertung“
in Betracht (vgl. dazu Beschluss vom 9. November 2005 - BVerwG 1 WB
50.03 - Rn. 55 -
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Buchholz 236.110 § 27 SLV 2002 Nr. 1 und in NZWehrr 2006, 124>). Diese
Einschränkungen liegen im Fall des Antragstellers nicht vor.
Diesen Maßgaben entsprechend unterliegt der Bundesminister der Verteidigung
als hier gemäß § 9 Abs. 1 WBO zuständige Beschwerdestelle einer - eigenen -
Dokumentationspflicht, wenn er durch Beschwerdebescheid eine eigenständige
Auswahlentscheidung trifft oder die Auswahlentscheidung einer
personalbearbeitenden Stelle der Bundeswehr abändert. Bestätigt er die Aus-
gangsentscheidung und weist er die Beschwerde zurück (§ 13 Abs. 3 WBO),
kann er, falls eine Dokumentation bis dahin fehlt, in dem Beschwerdebescheid
die wesentlichen Auswahlerwägungen niederlegen oder eine vorhandene Do-
kumentation der personalbearbeitenden Stelle ergänzen oder inhaltlich fort-
schreiben. Sofern er auf eine eigene Sachentscheidung verzichtet und den Be-
schwerdevorgang im Wege der Abhilfe an das Personalamt oder die Stamm-
dienststelle der Bundeswehr zum Zweck der Neubescheidung zurückgibt, liegt
die Dokumentationspflicht wiederum zunächst bei dieser Stelle.
bb) Art und Umfang der Dokumentationspflicht richten sich nach den Umstän-
den des Einzelfalls.
Die Dokumentation ist - wie oben dargelegt - grundsätzlich schriftlich zu leisten,
in der Regel in einem Auswahlvermerk.
Inhaltlich ist nach näherer Feststellung des maßgeblichen Qualifikationsmerk-
mals und der Bewertung seines Gewichts für die Frage der Eignung der Kandi-
daten das Ergebnis der Auswahl mit den dafür wesentlichen Erwägungen zu
dokumentieren (ebenso: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 8. Septem-
ber 2008 - 1 B 910/08 - RiA 2009, 84 = ZBR 2009, 276). Soweit die Auswahl-
entscheidung anhand eines Anforderungsprofils vorzunehmen ist, erstreckt sich
die Dokumentationspflicht bei der Gewichtung der einzelnen Qualifikations-
merkmale auch darauf, diese Merkmale zum Anforderungsprofil in Beziehung
zu setzen. In welcher Vertiefung dies erfolgen muss, hängt von der Art des be-
troffenen Dienstpostens und von dessen Anforderungsprofil ab. In der Doku-
mentation ist auf das Anforderungsprofil etwa dann näher einzugehen, wenn
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der zu besetzende Dienstposten komplexe Aufgabenfelder oder breit gefächer-
te Querschnittsaufgaben abdeckt, wenn er neu geschaffen wurde und kein be-
reits erprobtes „Standard“-Anforderungsprofil aufweist oder wenn bei dem
Dienstposten zwischen den Anforderungen bei seiner erstmaligen Besetzung
und bei späteren Besetzungen unterschieden werden soll. Bei internationalen
Dienstposten in NATO-Dienststellen oder -verbänden kommt hinzu, dass die
Anforderungsprofile der „Job Descriptions“ in der Regel flexibler formuliert sind,
um auf die unterschiedlichen militärischen Ausbildungsgänge in den einzelnen
NATO-Staaten Rücksicht zu nehmen; bei diesen Dienstposten muss deshalb in
der Dokumentation gekennzeichnet werden, in welcher Weise die internationa-
len Anforderungsmerkmale in die nationalen Auswahlkriterien, insbesondere in
die Ausbildungs- und Verwendungsgänge der Bundeswehr materiell „übersetzt“
worden sind.
cc) Der maßgebliche Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung der Auswahl-
entscheidung ist der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (Beschluss
vom 25. April 2007 - BVerwG 1 WB 31.06 - BVerwGE 128, 329 =
Buchholz 449 § 3 SG Nr. 41). Denn für die Rechtmäßigkeit der Auswahlent-
scheidung kommt es (unter anderem) auf die Erwägungen an, die die per-
sonalbearbeitende Stelle in Ausübung ihres Verwendungsermessens und ihres
Beurteilungsspielraums definitiv als wesentlich angesehen hat. Daraus folgt,
dass eine Dokumentation der Auswahlerwägungen bis zu diesem Zeitpunkt er-
folgen muss und nicht - erstmalig oder in ausgewechselter Form - im gerichtli-
chen Verfahren nachgeschoben werden kann (vgl. Beschluss vom 16. Dezem-
ber 2008 - BVerwG 1 WB 19.08 - BVerwGE 133, 13 ).
c) Nach diesen Maßstäben ist die Auswahlentscheidung des Personalamtes
über die Besetzung der beiden strittigen Dienstposten nicht hinreichend doku-
mentiert. Damit ist eine gerichtliche Kontrolle der Entscheidung - insbesondere
darauf, ob sie ermessens- und beurteilungsfehlerfrei ergangen ist - mangels
hinreichender Kenntnis der ihr zugrundeliegenden wesentlichen Auswahlerwä-
gungen nicht möglich.
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aa) Der angefochtene Bescheid des Personalamts enthält keine Dokumentation
der wesentlichen Auswahlerwägungen.
bb) Auch der Vermerk über das Personalgespräch vom 9. November 2007, auf
das dieser Bescheid in Bezug 2. verweist, erfüllt diese Voraussetzung nicht. Der
Gesprächsvermerk vom 21. November 2007 enthält zu der Auswahlent-
scheidung lediglich die Aussagen des Personalführers gegenüber dem An-
tragsteller, dass dieser im Rahmen der Erstbesetzung der strittigen Dienstpos-
ten nicht habe berücksichtigt werden können; die Ablehnung seines Verset-
zungsgesuchs stelle eine Entscheidung für zwei zum gegenwärtigen Zeitpunkt
besser qualifizierte Stabsoffiziere dar; die nicht durchlaufene Verwendung als
Einheitsführer habe bei der Betrachtung des Konkurrentenfeldes keine ent-
scheidende Rolle gespielt; die besonderen Bedingungen bei der Neuaufstellung
eines mobilen Verbandes, insbesondere bei der konzeptionellen Grundlagen-
arbeit, seien bei der Entscheidung mitzuberücksichtigen gewesen.
Anhand dieser Äußerungen ist nicht nachvollziehbar, aus welchen konkreten
Gründen die ausgewählten Offiziere als geeigneter und leistungsstärker als der
Antragsteller eingeschätzt worden sind. Es wird nicht ausgeführt, „be-
sonderen Bedingungen“ bei der Neuaufstellung eines mobilen Verbandes zu
beachten und ob sie ausschlaggebend für die zu treffende Auswahl waren. Das
hätten hier zum Beispiel spezifische Kommunikationsaspekte mit dem Erfor-
dernis einer besonderen Sprachkompetenz, fachliche Aspekte einschlägig qua-
lifizierender (Vor-)Ausbildungen oder aber Aspekte einer bereits verantwortlich
ausgeübten internationalen Verwendung sein können. Erst recht fehlt jegliche
Auseinandersetzung mit den detaillierten Anforderungsprofilen in den jeweiligen
„Job Descriptions“ der beiden Dienstposten und eine Darstellung des Eignungs-
und Leistungsbildes der drei Kandidaten im Verhältnis zu diesen Anforderungs-
profilen. In diesem Zusammenhang enthält der Vermerk auch keine Differenzie-
rung zwischen den beiden strittigen Dienstposten, deren Anforderungsmerkma-
le sich formal und inhaltlich deutlich unterscheiden.
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cc) Der Beschwerdebescheid des Bundesministers der Verteidigung weist die
erforderliche Dokumentation der wesentlichen Auswahlerwägungen ebenfalls
nicht auf.
Zwar werden in Abschnitt II. des Bescheids die Anforderungsprofile der stritti-
gen Dienstposten als „Dienstpostenbeschreibung“ referiert. Zu diesen Anforde-
rungsprofilen und ihren differenzierten fachlichen Komponenten stellt der je-
weils nachfolgende Text jedoch keine inhaltliche Verbindung her. Stattdessen
werden die planmäßigen Beurteilungen der ausgewählten Offiziere und des An-
tragstellers aus den Jahren 2007, 2005 und 2004/2005 gleichrangig nebenein-
andergestellt und die darin enthaltenen Bewertungen wiedergegeben. Dabei
wird der Eindruck erweckt, dass die älteren Beurteilungen mit gleichem Gewicht
wie die Beurteilung 2007 in die Betrachtung der Kandidaten einbezogen worden
sind, obwohl nach der Rechtsprechung des Senats der aktuelle Beurtei-
lungsstand in der Regel ausschlaggebend ist und ältere Beurteilungen nur zur
Abrundung der Bewertung des Eignungs- und Leistungsbildes dienen sollen
(Beschlüsse vom 25. April 2007 a.a.O. Rn. 53 und vom 16. Dezember 2008
- BVerwG 1 WB 19.08 - a.a.O. Rn. 42). Die Tatsache allein, dass die ausge-
wählten Offiziere jeweils besser beurteilt waren als der Antragstel-
ler, wobei deren Beurteilung im höheren Statusamt die Annahme eines Leis-
tungsvorsprungs und eines Wertungszuschlags rechtfertigte (Beschluss vom
16. Dezember 2008 - BVerwG 1 WB 39.07 - BVerwGE 133, 1 =
Buchholz 449 § 3 SG Nr. 49 ), stellte damit offenbar die ausschlaggeben-
de Erwägung für die getroffene Auswahl dar. Bei den eignungsbezogenen Aus-
sagen im Beschwerdebescheid ist nicht nachvollziehbar, welche inhaltlich-
materielle Bedeutung den - teilweise als essenziell, teilweise nur als wün-
schenswert bezeichneten - Anforderungsmerkmalen in den „Job Descriptions“
im Verhältnis zu den Qualifikationen der Kandidaten beigemessen wurde. Dabei
ist aus dem Blick geraten, dass sich der dem zuständigen Vorgesetzten
eingeräumte Beurteilungsspielraum gerade bei der Eignung an den konkret de-
finierten Anforderungen des zu besetzenden Dienstpostens zu orientieren hat
(Beschlüsse vom 25. April 2007 a.a.O. Rn. 44, vom 16. Dezember 2008
- BverwG 1 WB 19.08 - a.a.O. Rn. 44 und vom 16. Dezember 2008 - BVerwG
1 WB 39.07 - a.a.O. Rn. 50). Hier wäre auszuführen gewesen, ob und in wel-
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chem Umfang die Anforderungen der beiden Dienstposten im Wesentlichen nur
mit bereits verantwortlich wahrgenommenen internationalen Verwendungen er-
füllt werden konnten oder ob für bestimmte fachliche Bereiche die Erfahrungen
aus NATO-Lehrgängen ausreichten. Soweit im Beschwerdebescheid bei
Oberstleutnant G… und dem Antragsteller für den Dienstposten „Chief Wea-
pons Allocator“ eine „vergleichbare Eignung“ konstatiert wird, wird dies nicht
begründet.
dd) Das nach Rechtshängigkeit des Antrags auf gerichtliche Entscheidung an
das Bundesministerium der Verteidigung gerichtete Schreiben des Personalam-
tes vom 24. Juli 2008 kann für eine Dokumentation der wesentlichen Auswahl-
erwägungen nicht herangezogen werden. Dieser Dokumentationsversuch ist
nach den oben dargelegten Grundsätzen zu spät erfolgt.
ee) Auch die vom Bundesminister der Verteidigung mit Schriftsatz vom 20. Ja-
nuar 2010 überreichten Unterlagen weisen die erforderliche Dokumentation der
wesentlichen Auswahlerwägungen nicht auf.
Das vorgelegte Schreiben des Personalamtes vom 22. Oktober 2007 an die
Bezirksschwerbehindertenvertretung beim Luftwaffenführungskommando diente
der Information dieses Gremiums im Rahmen seiner Beteiligung im Aus-
wahlverfahren; ihm waren die Aufgabenbeschreibungen der beiden Dienstpos-
ten und - unter dem Titel „Beschreibung der Kandidaten“ - drei Aufstellungen
über die Oberstleutnante B… und G… und den Antragsteller beigefügt, in de-
nen jeweils die Dienststellungen in chronologischer Reihenfolge, aus der plan-
mäßigen Beurteilung 2005 die Durchschnittswerte der „Leistungen im Beurtei-
lungszeitraum“ und der Grad der Förderungswürdigkeit, ferner die letzte Beför-
derung, die Dotierung des derzeitig innegehabten Dienstpostens, die Sprach-
kenntnisse und - unter der Bezeichnung „Allgemein“ - eine Schilderung des
Werdeganges der Offiziere enthalten sind. Diese „Beschreibung der Kandida-
ten“ erschöpft sich, wie der Titel indiziert, in einer Vorstellung der betrachteten
Offiziere, dokumentiert aber keine Auswahlerwägungen.
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Im Text des Schreibens vom 22. Oktober 2007 wird die darin zulasten des An-
tragstellers angekündigte Auswahlentscheidung damit begründet, Oberstleut-
nant B… sei für den Dienstposten „Chief Current Ops“ durch seinen breiteren
Verwendungsaufbau auch im internationalen Bereich und durch seine Tätigkeit
an der Schnittstelle zwischen nationaler und NATO-Luftverteidigung mit den
damit verbundenen umfassenden Steuerungs- und Koordinierungsaufgaben
sowie die Qualität der Aufgabenwahrnehmung prädestiniert. Für den Dienst-
posten „Chief Weapons Allocator“ sei die Bewertung der Eignung von ent-
scheidender Bedeutung, weil der Antragsteller und Oberstleutnant G… ein na-
hezu identisches Beurteilungsbild aufwiesen; der Erfahrungshintergrund von
Oberstleutnant G… als Kompaniechef sei das entscheidende Kriterium für die
beabsichtigte Verwendungsentscheidung. Diese Begründung ist hinsichtlich des
zu berücksichtigenden Sachverhalts bereits deshalb unzureichend, weil sie
nicht auf der aktuellen Beurteilungslage 2007 beruht. In der planmäßigen Beur-
teilung 2007 hat der Antragsteller im Übrigen den Empfehlungsvorschlag
„Einsatzführungsstabsoffizier DARS“ - auf der Basis der Bewertung seines Per-
sönlichkeitsprofils (Abschnitt 4.2) - schon für die Folgeverwendung erhalten,
Oberstleutnant B… hingegen erst für die Verwendung auf weitere Sicht. Zur
Auswahl von Oberstleutnant G… dokumentiert die Begründung nicht die aktuel-
len Auswahlerwägungen, denn den hier noch als ausschlaggebend bezeichne-
ten Aspekt der Verwendung als Kompaniechef hat der Personalführer im späte-
ren Personalgespräch am 9. November 2007 ausdrücklich aufgegeben. Im
Vermerk über dieses Gespräch ist festgehalten, dass die (vom Antragsteller
nicht durchlaufene) Verwendung als Einheitsführer bei der Betrachtung des
Kandidatenfeldes keine entscheidende Rolle gespielt habe. Auch im Be-
schwerdebescheid hat der Bundesminister der Verteidigung dieses Auswahlkri-
terium nicht genannt.
Der außerdem vorgelegte Vermerk des Personalamtes vom 6. November 2007
hat ersichtlich zur Vorbereitung des Personalgesprächs vom 9. November 2007
gedient. Er enthält keine Dokumentation der Auswahlerwägungen, sondern nur
die Chronologie des Auswahlverfahrens. Soweit am Ende des Vermerks auf die
Beurteilungen 2007 verwiesen wird, ist die Angabe zur Entwicklungsprognose
des Antragstellers „Laufbahnperspektive erreicht“ unzutreffend. In der planmä-
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ßigen Beurteilung 2007 hat der Antragsteller tatsächlich die bessere Entwick-
lungsprognose „bis zur allgemeinen Laufbahnperspektive“ erhalten.
Vor diesem Hintergrund sind die angefochtenen Bescheide aufzuheben und der
Bundesminister der Verteidigung ist zur Neubescheidung zu verpflichten.
Bei der Neubescheidung wird zu beachten sein, dass § 18 Abs. 1 des Gesetzes
über die Gleichbehandlung der Soldatinnen und Soldaten vom 14. August 2006
(BGBl I S. 1897 <1904 ff.>) den Regelungsgehalt des § 81 Abs. 2 SGB IX, so-
weit er gemäß § 128 Abs. 4 Satz 2 SGB IX zuvor für Soldatinnen und Soldaten
galt, übernehmen soll (vgl. BT-Drucks. 16/1780 vom 8. Juni 2006, S. 55 zu
§ 18); er stellt eine Schutzvorschrift zugunsten schwerbehinderter Soldatinnen
und Soldaten dar, indem er deren Benachteiligung verbietet.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 1
Satz 1 WBO.
Golze Dr. Frentz Dr. Langer
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