Urteil des BVerwG vom 12.08.2014

Gespräch, Bekanntgabe, Beschwerdefrist, Zufall

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 WB 51.13
In dem Wehrbeschwerdeverfahren
des Herrn Oberstleutnant …,
…,
- Bevollmächtigte:
Rechtsanwälte …,
… -
Beigeladener:
Herr Oberst …,
…,
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
den ehrenamtlichen Richter Oberst i.G. Harz und
den ehrenamtlichen Richter Oberstleutnant Ehrhardt
am 12. August 2014 beschlossen:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e :
I
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung betrifft einen Konkurrentenstreit um
die Besetzung des nach Besoldungsgruppe A 16 bewerteten Dienstpostens des
Leiters des …centers M.
Der 1958 geborene Antragsteller ist Berufssoldat; seine Dienstzeit endet vo-
raussichtlich mit Ablauf des 30. Juni 2018. Am 31. Oktober 1998 wurde er zum
Oberstleutnant befördert und zum 1. September 2006 in eine Planstelle der Be-
soldungsgruppe A 15 eingewiesen. Derzeit wird der Antragsteller als Referats-
leiter beim … in B. verwendet.
Am 29. Mai 2013 entschied der Präsident des Bundesamts für das Personalma-
nagement der Bundeswehr, den Dienstposten des Leiters des …centers M. mit
dem Beigeladenen zu besetzen. Der Auswahlentscheidung des Präsidenten
liegt eine von ihm gebilligte Entscheidungsvorlage der Abteilung III des Bun-
desamts für das Personalmanagement zugrunde. Der Vorlage beigefügt ist ein
Protokoll mit Auswahlrational sowie Personalbögen der beiden Bewerber (des
Antragstellers und des Beigeladenen). Die Empfehlung zugunsten des Beigela-
denen stützt sich auf folgendes Auswahlrational:
„Für Oberstlt N. spricht seine ministerielle Expertise aus
zwei Referenten-Verwendungen mit einer Verwendungs-
dauer von insgesamt 28 Monaten. Im Gegensatz dazu
durchlief Oberstlt G. eine Referentenverwendung über
einen Zeitraum von sechs Monaten. Sie musste allerdings
ausweislich seiner pBU 2005 aus Gründen, die in seiner
Person liegen, vorzeitig beendet werden.
Darüber hinaus verfügt Oberstlt N. über insgesamt neun
Jahre Erfahrung in der Personalführung. Neben Expertise
aus einer Verwendung in der Einzelpersonalführung war
er bis 2012 in insgesamt fünf Verwendungen an der
Schnittstelle - im nationalen wie im internationalen Be-
reich - eingesetzt. Dagegen liegen Oberstlt G.' insgesamt
viereinhalb Jahre Erfahrung in der Personalführung fast 13
Jahre zurück.
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Die als wünschenswert klassifizierte Vorverwendung als
WehrDstBerStOffz können beide Kandidaten nicht vollum-
fänglich vorweisen. Gleichwohl ist festzustellen, dass
Oberstlt G. mit seiner Tätigkeit als DezLtr … ,Prüfung’ in
der Grp OPZ eine Nähe zur Wehrdienstberatung besitzt,
ohne indes im gesamten Spektrum gearbeitet zu haben.
Nach Abwägen aller Faktoren ist Oberstlt N. der Kandidat
mit insgesamt fachlich breiterer und höherer Qualifikation,
der sich zudem, wenn auch sehr knapp, auch im Leis-
tungsbild vor Oberstlt G. positioniert.“
Am 5. Juni 2013 führte der Antragsteller mit dem Referatsleiter III 2.3 im Bun-
desamt für das Personalmanagement und dem für ihn zuständigen Personal-
führer ein Gespräch, dessen wesentlicher Inhalt in einem Vermerk niedergelegt
wurde. Der Gesprächsvermerk lautet in den hier relevanten Teilen wie folgt:
„Gesprächsvermerk
zum Gespräch RefLtr BAPersBw …, Oberst M. mit
Oberstlt G., …, …, …, am 05.06.2013 im Beisein Perso-
nalführer PST 123K, Oberstlt S.:
Betr.: Nachfrage zu Sach- bzw. Bearbeitungsstand lfd. An-
gelegenheiten gem. LoNo Oberstlt G. vom 28.05.2013
Vorbemerkung:
Bezugnehmend auf die o.a. Nachfrage wurde telefonisch
vereinbart sich am 05.06.2013 zu einem persönlichen Ge-
spräch im Beisein des zuständigen Personalführers der
PST 123K zu treffen.
Inhalt des Gesprächs:
Entsprechend der o.a. LoNo führte RefLtr BAPersBw III
2.3 im Einzelnen wie folgt aus:
4. Gem. eines persönlichen Gesprächs BAPersBw UAL …
mit RefLtr …, Oberst M. vom 04.06.2013 ist die Auswahl
zur Besetzung des DP Leiter … M. durch den Präsidenten
BAPersBw am 29.05.2013 entschieden worden. Es wurde
einem anderen Kandidaten der Vorzug eingeräumt.
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O M. wurde durch UAL … beauftragt, vor dem Hintergrund
der konkreten Anfrage von Oberstlt G. per LoNo sowie
des terminierten Informationsgesprächs am 05.06.2013,
ausnahmsweise vor Beginn des offiziellen Kommunika-
tionsverfahrens, diesen Sachverhalt dem Offizier im o.a.
Gespräch im Sinne transparenter Personalführung mitzu-
teilen. Unabhängig davon wird Oberstlt G. im formellen
Kommunikationsverfahren zur Personalauswahl für DP
der Ebene A 16 zeitnah über seine Vorgesetzten infor-
miert werden.
Abschlussbemerkung:
Vor dem Hintergrund der Vielzahl der Personalgespräche
mit Oberstlt G. in der jüngsten Vergangenheit, wurde sich
darauf verständigt, über das o.a. Informationsgespräch
(kein Personalgespräch!) kein formales Protokoll zu füh-
ren. Die Bekanntgabe der ‚Nicht-Auswahl‘ von Oberstlt G.
für die Besetzung des DP Leiter … M. im Vorgriff auf das
offizielle Kommunikationsverfahren über die truppen-
dienstlichen Vorgesetzten wird lediglich mit diesem Ge-
sprächsvermerk dokumentiert.“
Mit Schreiben vom 9. August 2013 erhob der Antragsteller Beschwerde u.a.
wegen der Auswahlentscheidung zur Besetzung des hier strittigen Dienstpos-
tens. Er erklärte dabei, dass er erst am 1. August 2013 durch einen Artikel im
Intranet der Bundeswehr erfahren habe, dass die Leitung des …centers M. dem
Beigeladenen übertragen worden sei.
Mit Schreiben vom 23. September 2013 erhob der Antragsteller weitere Be-
schwerde in Form einer Untätigkeitsbeschwerde, mit der er zugleich die Ent-
scheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragte. Der Bundesminister der
Verteidigung - R II 2 - legte den Antrag mit seiner Stellungnahme vom 17. Ok-
tober 2013 dem Senat vor.
Zur Begründung führt der Antragsteller insbesondere aus:
Seine Beschwerde gegen die Auswahlentscheidung sei nicht verspätet erho-
ben. Maßgebend für den Beginn der Beschwerdefrist sei nicht der Zeitpunkt des
Gesprächs, sondern die Eröffnung des Gesprächsvermerks. Dieser sei seinem
Bevollmächtigten am 9. Dezember 2013 im Wege der Akteneinsicht zugänglich
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gemacht worden; erst an diesem Tage habe deshalb die Beschwerdefrist be-
gonnen. Vorsorglich werde innerhalb der noch offenen Monatsfrist nochmals die
Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt. Auf die Erstellung
eines Gesprächsvermerks und die Bekanntgabe bzw. Eröffnung der Ergebnisse
habe er nicht verzichtet. Auch wenn es sich lediglich um ein Informations- und
nicht um ein Personalgespräch gehandelt haben sollte, ändere dies nichts an
der Geltung der Grundsätze für Personalgespräche. Erst mit der Kenntnis des
ausgewählten Bewerbers habe er auch feststellen können, dass ein weniger
geeigneter Stabsoffizier ausgewählt worden sei. Jedenfalls liege ein Fall des
§ 7 WBO vor. Auch insoweit werde nochmals innerhalb der laufenden Zwei-Wo-
chen-Frist die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt. Ein un-
abwendbarer Zufall sei gegeben, weil er, der Antragsteller, erst durch die ge-
richtliche Verfügung vom 18. November 2013 erfahren habe, dass das Gericht
möglicherweise von einer Verfristung der Beschwerde ausgehe. Er sei bis zur
Übersendung der Verwaltungsvorgänge an seinen Bevollmächtigten davon
ausgegangen, dass am 5. Juni 2013 ein Personalgespräch und nicht lediglich
ein Informationsgespräch stattgefunden habe.
In der Sache stelle sich die getroffene Auswahlentscheidung zur Besetzung des
Dienstpostens mit dem Beigeladenen als rechtswidrig dar. Beanstandet werde,
dass der Inspekteur der Luftwaffe bereits am 25. Februar 2013 für den Uniform-
trägerbereich Luftwaffe dem Ergebnis zugestimmt habe. Beanstandet werde
ferner seine, des Antragstellers, Werdegangdarstellung sowie diejenige des
Beigeladenen in den der Auswahlentscheidung zugrundeliegenden Personal-
bögen. Insoweit wird wegen aller Einzelheiten auf die umfangreichen Ausfüh-
rungen in dem Schriftsatz vom 16. Dezember 2013, Seite 13 bis 31, verwiesen.
Der Antragsteller beantragt,
die Besetzung des Dienstpostens des Leiters des
…centers der Bundeswehr M. mit dem Beigeladenen auf-
zuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, den
Dienstposten mit ihm, dem Antragsteller, zu besetzen,
hilfsweise,
die Antragsgegnerin zu verpflichten, über die Besetzung
des Dienstpostens des Leiters des …centers der Bundes-
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wehr M. unter Beachtung der Rechtsauffassung des Ge-
richts neu zu entscheiden.
Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung sei unbegründet, weil die Auswahl-
entscheidung des Präsidenten des Bundesamts für das Personalmanagement
bestandskräftig geworden sei. Der Antragsteller habe in dem Gespräch am
5. Juni 2013 Kenntnis von dem Beschwerdeanlass, der Auswahlentscheidung
vom 29. Mai 2013, erlangt. Die Beschwerdefrist habe daher mit Ablauf des
5. Juli 2013 geendet, weshalb die Beschwerde vom 9. August 2013 verspätet
sei. Für die Mitteilung einer Auswahlentscheidung zur Besetzung eines höher-
wertigen Dienstpostens sei keine besondere Form der Bekanntgabe vorgese-
hen. Eine Verschiebung des Fristbeginns ergebe sich auch nicht aus der grund-
sätzlichen Notwendigkeit, einen Vermerk über ein Personalgespräch förmlich zu
eröffnen. Bei dem Gespräch vom 5. Juni 2013 habe es sich nicht um ein Perso-
nalgespräch, sondern nur um ein Informationsgespräch gehandelt; der Antrag-
steller selbst habe es in seiner Beschwerde als „informelles Gespräch“ bezeich-
net. Es sei kein unabwendbarer Zufall im Sinne von § 7 WBO, wenn eine un-
richtige Rechtsauffassung ursächlich für die Fristversäumnis sei.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung sei im Übrigen auch unbegründet.
Hierzu werde auf die Gründe der Auswahlentscheidung verwiesen.
Der Beigeladene hatte Gelegenheit zur Äußerung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Ak-
ten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministers der Verteidi-
gung - R II 2 - Az.: … -, die auch die Unterlagen des Auswahlverfahrens enthält,
die Personalgrundakte des Antragstellers, Hauptteile A bis D, und die Gerichts-
akten der weiteren Wehrbeschwerdeverfahren des Antragstellers, BVerwG
1 WB 38.13 und BVerwG 1 WB 12.14, haben dem Senat bei der Beratung vor-
gelegen.
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II
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.
1. Der Antrag ist zwar zulässig.
Insbesondere hat sich der Rechtsstreit nicht dadurch erledigt, dass der strittige
Dienstposten Mitte 2013 mit dem Beigeladenen besetzt und dieser inzwischen
zum Oberst befördert worden ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats
verfestigt sich eine einmal getroffene militärische Verwendungsentscheidung
- auch nach einer der Bewertung des Dienstpostens entsprechenden Beförde-
rung - nicht dahin, dass der durch sie begünstigte Soldat eine rechtlich gesi-
cherte Position erwirbt, auf dem ihm zugewiesenen Dienstposten verbleiben zu
können; er müsste es vielmehr hinnehmen, von dem Dienstposten wegversetzt
zu werden, wenn der Antragsteller bei der Stellenbesetzung ihm gegenüber
rechtswidrig übergangen worden wäre (vgl. z.B. Beschluss vom 25. April 2007
- BVerwG 1 WB 31.06 - BVerwGE 128, 329 = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 41, je-
weils Rn. 39 m.w.N.).
2. Der Antrag ist jedoch unbegründet, weil der Antragsteller nicht fristgerecht
Beschwerde erhoben hat und die Auswahlentscheidung des Präsidenten des
Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 29. Mai 2013
damit bestandskräftig geworden ist. Der Antragsteller hat deshalb auch keinen
Anspruch darauf, dass der Dienstposten des Leiters des …centers M. mit ihm
besetzt wird; er kann auch keine erneute Entscheidung unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichts verlangen.
Nach § 6 Abs. 1 WBO darf die Beschwerde frühestens nach Ablauf einer Nacht
und muss innerhalb eines Monats eingelegt werden, nachdem der Beschwerde-
führer von dem Beschwerdeanlass Kenntnis erhalten hat. Kenntnis vom Be-
schwerdeanlass hat ein Soldat, wenn ihm die Umstände bekannt sind, aus
denen sich die von ihm empfundene Beeinträchtigung ergibt (stRspr, vgl. Be-
schlüsse vom 14. Dezember 2010 - BVerwG 1 WB 26.10 - Rn. 20 und vom
29. Januar 2013 - BVerwG 1 WB 5.12 - juris Rn. 27, jeweils m.w.N.). Bei Kon-
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kurrentenstreitigkeiten - wie hier - bedeutet dies, dass der Soldat von der end-
gültig getroffenen Auswahlentscheidung zugunsten des Konkurrenten oder da-
von Kenntnis erhält, dass er selbst nicht auf dem angestrebten Dienstposten
verwendet werden soll (stRspr, vgl. z.B. Beschluss vom 13. August 2008
- BVerwG 1 WB 45.07 - Buchholz 450.1 § 6 WBO Nr. 5 Rn. 21). Anders als
§ 17 Abs. 4 Satz 1 WBO, der den Beginn der gerichtlichen Antragsfrist an die
Zustellung des zurückweisenden Beschwerdebescheids knüpft, setzt § 6 Abs. 1
WBO für den Beginn der Beschwerdefrist nur die tatsächliche, positive Kenntnis
vom Beschwerdeanlass voraus. Etwas anderes gilt (nur) dann, wenn für eine
truppendienstliche Maßnahme eine bestimmte Art der Bekanntgabe durch eine
spezielle gesetzliche Regelung oder durch eine Verwaltungsvorschrift vorge-
schrieben ist oder in ständiger Verwaltungspraxis durchgeführt wird; dann be-
ginnt die Frist für die Einlegung des Rechtsbehelfs erst mit dieser förmlichen
Bekanntgabe zu laufen (stRspr, vgl. z.B. Beschluss vom 16. Juli 2013 - BVerwG
1 WB 43.12 - Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 87 Rn. 30).
Eine besondere Form der Bekanntgabe ist für die Mitteilung einer Auswahlent-
scheidung über eine höherwertige Verwendung nicht vorgeschrieben. Sie ergibt
sich vorliegend auch nicht, wie der Antragsteller meint, aus den Richtlinien des
Bundesministeriums der Verteidigung - PSZ I 1 - für Gespräche in Personalan-
gelegenheiten (hier in der Neufassung vom 1. Juli 2003).
Zum einen handelte es sich bei dem Gespräch am 5. Juni 2013, in dem der Re-
feratsleiter III 2.3 beim Bundesamt für das Personalmanagement der Bundes-
wehr dem Antragsteller mitteilte, dass bei der Auswahl zur Besetzung des
Dienstpostens des Leiters des …centers M. einem anderen Kandidaten der
Vorzug eingeräumt wurde, nicht um ein - regelmäßig in einem etwa vierjährigen
Turnus stattfindendes - Personalgespräch im Sinne von Teil B (Nr. 4 ff., insb.
Nr. 7) dieser Richtlinien. Nach dem Gesprächsvermerk vom 5. Juni 2013 beruh-
te das Gespräch vielmehr auf einer aktuellen Nachfrage des Antragstellers (per
Lotus-Notes-Nachricht vom 28. Mai 2013) zum Sach- und Bearbeitungsstand
verschiedener laufender Angelegenheiten, in deren Folge die Beantwortung in
einem persönlichen Gespräch vereinbart wurde; ausdrücklich wurde festgehal-
ten, dass vor dem Hintergrund der Vielzahl der Personalgespräche des Antrag-
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stellers in der jüngsten Vergangenheit (ausweislich der Personalgrundakte am
1. März 2012, 18. Juni 2012 und 24. September 2012) über das „Informations-
gespräch (kein Personalgespräch!)“ kein formales Protokoll geführt werden soll-
te. Auch der Antragsteller selbst bezeichnet das Gespräch in seiner Beschwer-
de vom 9. August 2013 (dort Bezug Nr. 12) als „informelles Gespräch“.
Unabhängig davon und zum anderen wäre aber auch dann, wenn es sich um
ein Personalgespräch im Sinne der Richtlinie gehandelt hätte, keine besondere
Form der Bekanntgabe vorgeschrieben. Etwas anderes folgt auch nicht aus
dem vom Antragsteller herangezogenen Beschluss des Senats vom 28. No-
vember 1989 - BVerwG 1 WB 14.89 - (BVerwGE 86, 227). Zwar heißt es in die-
sem Beschluss, dass bei einem Antrag auf gerichtliche Entscheidung, der sich
gegen die in einem Personalgespräch getroffenen Aussagen über mögliche
Verwendungen richtet, für den Beginn der Rechtsbehelfsfrist nicht das Perso-
nalgespräch selbst, sondern erst die Eröffnung des Vermerks über dieses Per-
sonalgespräch maßgebend ist, wobei zur Begründung auf die damalige Rege-
lung unter 2.5.5 der Anlage 2/1 zur Kurzmitteilung über personelle Grundsatz-
fragen - PersKM - 1/87 verwiesen wurde, wonach „der Soldat darüber zu beleh-
ren ist, dass das Ergebnis des Personalgesprächs erst dann verbindlich ist,
wenn dieses schriftlich durch die personalbearbeitende Stelle bestätigt worden
ist.“ Diese in dem Beschluss vom 28. November 1989 zitierte Regelung stand
jedoch im Abschnitt 2.5 der Anlage 2/1 (Gespräche in Personalangelegenhei-
ten), der Regelungen über „Das Führen von Personalgesprächen durch Diszi-
plinarvorgesetzte im Auftrag der personalbearbeitenden Stelle“ enthält, die über
die in „Abschnitt 2.4 genannten Grundsätze hinaus“ zu beachten sind (vgl. dazu
heute Nr. 14 Abs. 2 Satz 3 der Richtlinien vom 1. Juli 2003). Dass bei solchen
im Auftrag der personalbearbeitenden Stelle geführten Gesprächen der Inhalt,
sofern er über das von der personalbearbeitenden Stelle für das Gespräch vor-
gegebene Thema hinausgeht, noch der Bestätigung durch die personalbearbei-
tende Stelle bedarf, versteht sich. Das gilt aber nicht generell für Vermerke über
Personalgespräche, soweit diese - wie hier - von der personalbearbeitenden
Stelle selbst geführt worden sind. Die Spezialregelung für Gespräche im Auftrag
der personalbearbeitenden Stelle lässt sich daher nicht verallgemeinern. Im
Gegenteil legt sie den Schluss nahe, dass es bei von der personalbearbeiten-
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den Stelle selbst geführten Gesprächen einer solchen schriftlichen Bestätigung
für die Verbindlichkeit der Gesprächsergebnisse nicht bedarf. Der Senat hat
deshalb bereits mit Beschluss vom 13. August 2008 - BVerwG 1 WB 45.07 -
(Buchholz 450.1 § 6 WBO Nr. 5 LS 2 und Rn. 23) ausdrücklich klargestellt, dass
er, soweit der Beschluss vom 28. November 1989 in einem weitergehenden
Sinne gemeint gewesen sein sollte, an dieser Entscheidung nicht festhält.
Für den Beginn der Beschwerdefrist maßgeblich und ausreichend ist mithin die
von dem Antragsteller in dem Gespräch am 5. Juni 2013 erlangte positive
Kenntnis, dass die Auswahl für den Dienstposten des Leiters des …centers M.
nicht zu seinen Gunsten ausgefallen ist und er nicht auf dem angestrebten
Dienstposten verwendet werden soll. Unerheblich ist, dass der Antragsteller zu
diesem Zeitpunkt die Person des ausgewählten Bewerbers, des Beigeladenen,
und die der Auswahlentscheidung im Einzelnen zugrundeliegenden Erwägun-
gen nicht kannte. Ein Soldat, der sich die Möglichkeit der Überprüfung in einem
Rechtsbehelfsverfahren offenhalten möchte, ist auch in einem solchen Fall ge-
halten, zunächst ohne Kenntnis der näheren Begründung der Auswahlentschei-
dung fristwahrend Beschwerde einzulegen. Darin liegt keine unzumutbare Er-
schwerung des Rechtsschutzes, weil die Beschwerde auch ohne Begründung
wirksam eingelegt werden kann und mit ihr - im Fall des späteren Misserfolgs
oder der Rücknahme - keine Kostenrisiken verbunden sind (stRspr, vgl. z.B.
Beschlüsse vom 1. März 2011 - BVerwG 1 WB 57.10 - Rn. 13 und vom 12. Juli
2013 - BVerwG 1 WDS-VR 12.13 - Rn. 26).
Begann die Monatsfrist für die Einlegung der Beschwerde gemäß § 6 Abs. 1
WBO demnach am 6. Juni 2013, so endete sie nach der im Wehrbeschwerde-
verfahren entsprechend anwendbaren Regelung des § 57 Abs. 2 VwGO i.V.m.
§ 222 Abs. 1 ZPO, § 188 Abs. 2, § 187 Abs. 1 BGB mit Ablauf des 5. Juli 2013.
Innerhalb der Frist hat der Antragsteller keine Beschwerde erhoben. Die Be-
schwerde vom 9. August 2013 ist verspätet.
Der Fristablauf wird auch nicht durch Umstände gehemmt, die im Sinne von § 7
Abs. 1 WBO als „unabwendbarer Zufall“ zu werten sind. Der Rechtsbehelf der
Beschwerde und die dafür geltende Frist des § 6 Abs. 1 WBO können bei allen
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Soldaten als bekannt vorausgesetzt werden (stRspr, vgl. Beschluss vom 20. Ja-
nuar 2009 - BVerwG 1 WB 38.08 - Rn. 31
holz 450.1 § 7 WBO Nr. 5> m.w.N.). Als truppendienstliche Erstmaßnahme,
gegen die nicht unmittelbar der Antrag auf gerichtliche Entscheidung eröffnet
ist, bedurfte die Auswahlentscheidung des Präsidenten des Bundesamts für das
Personalmanagement deshalb nach der ständigen Rechtsprechung des Senats
(vgl. z.B. Beschluss vom 16. Juli 2013 a.a.O. Rn. 35 m.w.N.) keiner Rechtsbe-
helfsbelehrung (§ 7 Abs. 2 WBO).
Ein unabwendbarer Zufall ist auch nicht darin zu sehen, dass der Antragsteller
nach seiner Darstellung bis zu dem rechtlichen Hinweis, den der Berichterstat-
ter mit Verfügung vom 18. November 2013 gegeben hat, davon ausgegangen
ist, dass seine Beschwerde nicht verfristet sei. Abgesehen davon, dass sich
auch bereits der Bundesminister der Verteidigung - R II 2 - in seinem Vorlage-
schreiben vom 17. Oktober 2013 maßgeblich auf die Bestandskraft der Aus-
wahlentscheidung berufen hat, stellt eine unrichtige Rechtsauffassung oder
mangelnde Rechtskenntnis in aller Regel keinen unabwendbaren Zufall im Sin-
ne von § 7 Abs. 1 WBO dar (stRspr, vgl. Beschluss vom 16. Juli 2013 a.a.O.
Rn. 33 und Dau, WBO, 6. Aufl. 2013, § 7 Rn. 12 m.w.N.; zur parallelen Vor-
schrift des § 60 Abs. 1 VwGO vgl. etwa Beschluss vom 7. Oktober 2009
- BVerwG 9 B 83.09 - Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 266 m.w.N.). Dies gilt hier
um so mehr, als es sich bei dem Antragsteller um einen erfahrenen Stabsoffi-
zier handelt, der im Übrigen auch das Gespräch am 5. Juni 2013 selbst ange-
strebt hat, um über seine zukünftige Verwendung informiert zu werden.
3. Der Beigeladene, der keinen eigenen Antrag gestellt hat, trägt seine Kosten
selbst.
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