Urteil des BVerwG vom 09.11.2005

Prüfer, Nato, Berufliches Fortkommen, Beweisantrag

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
Beschluss
BVerwG 1 WB 50.03
In dem Wehrbeschwerdeverfahren
,
…, …,
- Bevollmächtigte:
Rechtsanwälte …,
…, … -
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Pietzner,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Deiseroth
sowie
Oberst Kohlhase und
Oberstleutnant Gerl
als ehrenamtliche Richter
am 9. November 2005
b e s c h l o s s e n :
Der Antrag wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e :
I
Der 19… geborene Antragsteller ist Berufssoldat mit der besonderen Altersgrenze
der Vollendung des 41. Lebensjahres (BO 41), dessen Dienstzeit voraussichtlich
mit Ablauf des 31. August 2006 enden wird. Zum Major wurde er am 7. August
2003 ernannt. Seit dem 1. August 2003 wird er als Waffensystem-Stabsoffizier
F-4 F bei der .../…geschwader … in N. verwendet.
Zur Teilnahme am Stabsoffiziergrundlehrgang (SGL) 3/… hatte das Personalamt
der Bundeswehr den Antragsteller für die Zeit vom 3. Dezember … bis 21. März …
zur … der Bundeswehr (…Bw) in H. kommandiert. Im Rahmen dieses Lehrgangs
legte der Antragsteller am 5. März 2003 die Prüfung im Fachbereich „Si-
cherheitspolitik und Strategie“ (SPS) ab. Die Prüfung wurde in Form eines Vor-
trags und eines anschließenden Prüfungsgesprächs abgenommen. Der Erstprüfer
Regierungsdirektor (RDir) P. und der Zweitprüfer Oberst (O) i.G. K. bewerteten die
Leistungen des Antragstellers jeweils mit der Teilnote „5“ (mangelhaft). Der Prü-
fungsausschuss stellte die Einzelnote des Antragstellers in SPS mit „5“ fest. In den
drei weiteren lehrgangsbegleitenden Prüfungen im SGL erzielte der Antragsteller
in den Fachbereichen „Führung und Management“ (FuM) die Note „5“, in
„Sozialwissenschaften“ die Note „3“ und in „Führungslehre Heer/Luftwaffe/Marine“
die Note „4,33“. Im Lehrgangszeugnis der …Bw vom 21. März … wurde fest-
gestellt, dass der Antragsteller den SGL nicht bestanden habe.
Gegen die ihm in der Nachbesprechung der mündlichen Prüfung eröffnete Einzel-
note in SPS legte der Antragsteller mit Schreiben vom 18. März 2003 Beschwerde
ein und führte aus, dass diese Benotung für ihn nicht nachvollziehbar sei. In sei-
nem Vortrag zum Thema „NATO nach Prag. Der deutsche Anteil an den NATO
Response Forces“ habe er die vier fundamentalen Sicherheitsaufgaben der NATO
anhand der Konzepte von 1991 und 1999 vorgetragen. Die aus den Konzepten
ersichtlichen Änderungen in der NATO-Strategie habe er auf einer Folie darge-
stellt, die er zur Visualisierung seiner Aussagen begleitend zu seinem Vortrag ge-
nutzt habe. Die Kernfaktoren in seiner Darstellung hätten der Auflistung im Reader
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„Sicherheitspolitik“ (S. 179) entsprochen. O i.G. K. habe in der Nachbesprechung
jedoch gerügt, sein Vortrag sei nicht stringent gewesen und habe das Thema nicht
abgedeckt; darüber hinaus sei einer der vier dargestellten Punkte falsch gewesen.
Dies könne er nicht nachvollziehen. In der anschließenden Befragung seien ihm
dann ca. zehn Fragen gestellt worden, die er alle habe beantworten können.
Gleichwohl hätten die Prüfer in der Nachbesprechung seine Antworten als nicht
ausreichend erschöpfend und stringent charakterisiert. Richtige Antworten seiner-
seits seien falsch bewertet worden. Beispielhaft verweise er auf seine Antwort auf
die Frage nach den Rechtsgrundlagen zum Abfangeinsatz gegen den Motorsegler
über F. am 5. Januar 2003. Hierbei habe er unter Hinweis auf Art. 35 Abs. 2 und
Art. 87a Abs. 4 GG dargelegt, dass ein Einsatz der Abfangjäger in diesem Fall
nicht legitimiert werden könne. Er habe sowohl die enge als auch die weite Ausle-
gung dieser Artikel dargestellt. Zur Beantwortung der Frage habe er die enge Aus-
legung des Art. 35 Abs. 2 GG gewählt, die auch vom Verteidigungsministerium
vertreten werde. Demnach habe ein Einsatz erst erfolgen dürfen, nachdem ein
„besonders schwerer Unglücksfall eingetreten ist“. Diese Voraussetzung sei zum
Zeitpunkt der Alarmierung der Abfangrotte nicht gegeben gewesen. Ein rein prä-
ventiver Einsatz der Abfangjäger könne unter Heranziehung des Grundgesetzes
- insbesondere des Art. 35 Abs. 2 GG - nicht begründet werden. Eine Bewertung
des Einsatzes anhand anderer rechtlicher Vorgaben außer des Grundgesetzes sei
nicht gefragt gewesen. O i.G. K. habe die von ihm gewählte Begründung ange-
zweifelt und ausgeführt, dass seine, des Antragstellers Darstellung der fehlenden
Legitimation für den Einsatz der Abfangjäger nicht nachvollziehbar sei. RDir P.
habe diese falsche Bewertung seiner Antwort durch O i.G. K. nicht korrigiert. Sei-
ne weiteren Antworten im Rahmen der Befragung hätten die Prüfer im Prüfungs-
nachgespräch nicht als falsch bewertet, sondern als nicht ausreichend stringent
bezeichnet.
Zur Beschwerde des Antragstellers nahmen RDir P. am 4. April 2003 und O i.G. K.
am 3. April … jeweils schriftlich Stellung.
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Der Amtschef des Streitkräfteamtes (SKA) wies die Beschwerde mit Bescheid vom
8. Mai 2003 zurück.
Die weitere Beschwerde des Antragstellers vom 16. Juni 2003 wies der Stellver-
treter des Generalinspekteurs des Bundeswehr (StvGenInsp) und Inspekteur der
Streitkräftebasis (InspSKB) mit Beschwerdebescheid vom 24. Juli 2003 zurück.
Gegen diese ihm am 29. Juli 2003 ausgehändigte Entscheidung richtet sich der
Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 12. August 2003, den der StvGenInsp/
InspSKB mit seiner Stellungnahme vom 21. November 2003 dem Senat vorgelegt
hat.
In der Zeit vom 1. April … bis 11. Juli … hat der Antragsteller am SGL 1/… teilge-
nommen, den er mit der Abschlussnote „befriedigend“ bestanden hat.
Zur Begründung seines Antrages trägt der Antragsteller insbesondere vor:
In seinem Vortrag zum Thema „NATO nach Prag. Der deutsche Anteil an den
NATO Response Forces“ habe er die Sicherheitsaufgaben der NATO anhand der
Konzepte von 1991 bis 1999 prägnant und präzise dargestellt; auf einer Folie habe
er die aus den Konzepten ersichtlichen Änderungen in der NATO-Strategie
begleitend zum Vortrag dargestellt. Das Vortragsthema habe er korrekt abgedeckt;
die Wertung als Thema-Verfehlung sei unzutreffend. Er habe in seinem Vortrag
alle Problemkreise korrekt und vollständig umfasst; hierfür benenne er als Zeugen
den bei seinem Referat anwesenden damaligen Hörsaalleiter Oberstleutnant
(OTL) vo B. Seine Antwort zum „Motorsegler-Fall“ sei in der Kürze der Prü-
fungszeit als richtig zu bewerten gewesen. Den Sachverhalt habe man ihm, dem
Antragsteller, nur plakativ kundgetan; aus der Presse habe er den Vorfall ebenfalls
nur aufgebauscht und oberflächlich gekannt. Im Laufe der mündlichen Prüfung
habe er im Übrigen eine Frage akustisch schlecht verstanden, sodass er den
Prüfer gebeten habe, diese Frage zu wiederholen. Hierauf sei der Prüfer nicht
eingegangen, sondern habe bereits die nächste Frage gestellt. Akustisch nicht
verstandene Fragen könnten im Endeffekt nicht korrekt beantwortet werden, so-
dass er mangels akustischer Wahrnehmung diese Frage nicht habe beantworten
können.
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Der Antragsteller beantragt,
die Bewertung der mündlichen Prüfung in SPS vom 5. März 2003 an der
…Bw mit der Note 5,0 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu ver-
pflichten, die Benotung unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung der
Gerichts erneut durchzuführen.
Der StvGenInsp/InspSKB beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Der Antrag sei unzulässig, weil dem Antragsteller das erforderliche Rechtsschutz-
bedürfnis fehle. Nachdem er den SGL 1/… erfolgreich absolviert habe und inzwi-
schen - als Folge - auch zum Major befördert worden sei, lasse sich eine noch
fortdauernde Beschwer des Antragstellers nicht erkennen. Soweit er seine Be-
schwer damit begründe, dass er nicht als Absolvent des SGL 3/… geführt werde,
sei eine mögliche Verbesserung seiner Rechtsposition nicht ersichtlich. Das „Ge-
führt werden“ in einem Lehrgang habe lediglich deklaratorische Natur, weise je-
doch keine Besser- oder Schlechterstellung auf. Darüber hinaus sei der Antrag
auch unbegründet. Die Bewertung des Leistungsnachweises des Antragstellers in
SPS am 5. März … sei rechtsfehlerfrei zustande gekommen. Die vom Antragstel-
ler erhobene Behauptung, sein Kurzvortrag habe alle Schwerpunkte richtig und
vollständig abgedeckt, sei unzutreffend. Der Antragsteller habe sich in seinem
Vortrag statt mit der in Prag verabschiedeten Initiative zu einer NATO Response
Force (NRF) und der Bewertung eines möglichen deutschen Beitrags vielmehr mit
den strategischen Konzepten der NATO von 1991 bis 1999 beschäftigt. Die Be-
wertung dieses Vortrags basiere nicht allein auf der damit gegebenen Themaver-
fehlung, sondern auch darauf, dass sich die Ausführungen des Antragstellers
größtenteils auf die zusammenhanglose Aneinanderreihung von Fakten be-
schränkt hätten, die überwiegend unscharf, wenig präzise und zum Teil sogar
falsch gewesen seien. Anhand der vom Antragsteller gefertigten (und nach der
Prüfung vernichteten) Folien lasse sich eine mündliche Prüfung nicht wiederholen;
mit diesen Folien lasse sich bestenfalls feststellen, wie sich der Antragsteller auf
seinen Vortrag vorbereitet habe. Die Folien stellten keine „Prüfungsunterlagen“
nach Nr. 701 ZDv 3/6 dar, sondern lediglich Konzeptentwürfe. Hierfür seien keine
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Aufbewahrungsfristen festgelegt. Die Behauptung des Antragstellers, RDir P. habe
seiner Bitte, eine Frage zu wiederholen, nicht entsprochen, treffe nicht zu. Dieser
Vorwurf sei erstmals in der weiteren Beschwerde erhoben worden. Zu Beginn der
mündlichen Prüfung sei der Antragsteller - wie alle anderen Prüflinge - gefragt
worden, ob er sich gesundheitlich in der Lage sehe, die Prüfung abzulegen. Dies
habe er bejaht. Die Prüfung habe dann im Prüfungsraum mit den beiden Prüfern
RDir P. und O i.G. K. und dem Antragsteller stattgefunden. Der Antragsteller habe
dabei in ca. 2 m Entfernung den Prüfern gegenübergesessen. Störungen durch
Lärmquellen habe es während der Prüfung nicht gegeben. Beide Prüfer hätten
sich in ihren Stellungnahmen nicht daran erinnert, dass der Antragsteller die Bitte
geäußert habe, eine Frage zu wiederholen. Sie hätten unabhängig voneinander
ausgesagt, dass sie natürlich der Bitte des Antragstellers auf jeden Fall nachge-
kommen wären, wenn er sie gestellt hätte. Dies sei jedoch nicht der Fall gewesen.
Hinsichtlich des „Motorsegler-Falls“ ergebe sich aus den übereinstimmenden Stel-
lungnahmen der Prüfer, dass sich der Antragsteller zu der Aussage verstiegen
habe, weil der Motorsegler nicht hätte abgeschossen werden dürfen, hätten Ab-
fangjäger nicht einmal aufsteigen dürfen. Lediglich dies sei von den Prüfern gerügt
worden. Entscheidend für die Bewertung des Prüfgesprächs sei gewesen, dass
der Antragsteller lediglich leichte, hauptsächlich Wissensfragen zutreffend beant-
wortet habe. Er habe aber große Schwierigkeiten gehabt, seine Gedanken logisch
geordnet zu formulieren und nachvollziehbar zu begründen, um zum Kern der
Problematik vorzudringen. Sicherheitspolitische Zusammenhänge habe er nicht so
verknüpfen können, dass er auf schwierige Fragen überzeugende Antworten hätte
geben können.
Der Antragsteller hat hierauf mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 23. De-
zember 2003 erwidert, er sei trotz zwischenzeitlicher Beförderung zum Major da-
durch beschwert, dass er mit dem „Makel“ des Nichtbestehens des SGL 3/… be-
haftet sei; darüber hinaus sei er erst später als die anderen Lehrgangsteilnehmer
des SGL 3/… befördert worden und habe diverse Zulagen nicht erhalten.
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Die Prüfer RDir P. und O i.G. K. haben zum Antrag auf gerichtliche Entscheidung
unter dem 16. bzw. 20. Oktober … jeweils erneut schriftlich Stellung genommen.
Wegen des Vorbringens im Einzelnen wird auf den Inhalt der Schriftsätze der
Beteiligten und der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des
StvGenInsp/InspSKB - FüS/RB 25-05-11/8.03 -, die Beschwerdeakte des SKA
- B 14/03 -, eine Kopie des Beschwerdevorgangs der FüAkBw und die Personal-
grundakte des Antragstellers, Hauptteile A bis D, haben dem Senat bei der Bera-
tung vorgelegen.
II
Der Antrag ist zulässig.
Nach § 17 Abs. 1 und 3 WBO kann sich ein Soldat gegen eine Verletzung seiner
in den §§ 6 bis 23, 26 bis 29 und 32 bis 36 SG niedergelegten Rechte sowie ge-
gen die Verletzung der dort geregelten Vorgesetztenpflichten mit der Behauptung
wenden, eine dienstliche Maßnahme oder Unterlassung eines Vorgesetzten sei
rechtswidrig. Mit der erfolgreichen Teilnahme am SGL erfüllt ein Soldat die Vor-
aussetzungen des § 27 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 SG i.V.m. § 25 Abs. 2 SLV und erwirbt
das erforderliche Grundlagenwissen für eine Verwendung als Stabsoffizier. Die
Teilnahme an diesem Lehrgang hat demnach nicht nur Ausbildungs-, sondern
auch Prüfungscharakter. Prüfungsentscheidungen, die für die Gestaltung der
Laufbahn des Soldaten und damit letztlich für seine Verwendung von Bedeutung
sind, stellen Maßnahmen truppendienstlicher Art dar, die im Rechtsweg vor den
Wehrdienstgerichten überprüfbar sind (Beschlüsse vom 18. Mai 1982 - BVerwG
1 WB 148.78 - und vom 24. Januar 1995 - BVerwG
1 WB 68.94 -
NZWehrr 1995, 249>).
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Die mit dem Antrag angegriffene Einzelnote des Antragstellers in SPS stellt eine
selbständige truppendienstliche Maßnahme dar, die im Sinne des § 17 Abs. 3
Satz 1 WBO - isoliert - angefochten werden kann. Nach ständiger Rechtsprechung
des Senats sind nicht nur Prüfungs-Abschlussnoten als solche selbständig
gerichtlich anfechtbar, sondern auch Einzelnoten, jedenfalls dann, wenn ihnen ei-
ne Außenwirkung zukommen kann (grundlegend: Beschluss vom 18. Mai 1982
- BVerwG 1 WB 148.78 - , vgl. auch Beschluss vom 24. Januar 1995
- BVerwG 1 WB 68.94 - ). Eine Außenwirkung der angefochtenen Einzel-
note ist dann anzunehmen, wenn sich eine bessere Einzelnote unmittelbar auf die
Abschlussnote oder auf die Platzziffer und damit unter Umständen auf die spätere
Laufbahn auswirken könnte (Beschluss vom 18. Mai 1982 - BVerwG 1 WB
148.78 - m.w.N.).
Der Einzelnote in SPS kommt in diesem Sinne eine Außenwirkung zu, weil sie sich
unmittelbar auf die Abschlussnote des SGL 3/… auswirken konnte. Nach § 25
Abs. 2 sowie § 44 SLV i.V.m. Nr. 107 ZDv 20/7 sowie nach Nr. 6 der Vorbe-
merkung zur ZDv 3/6 „Das Prüfungswesen der Streitkräfte“ i.V.m. Nr. 7 der Prü-
fungsordnung für den SGL (PrO SGL; Erlass des Bundesministeriums der Vertei-
digung - FüS I 5 - vom 25. Juni 1998) sowie nach Nrn. 2 und 26 des Prüfungsbe-
fehls, des Kommandeurs …Bw vom Oktober … für die SGL … (PrBef SGL …),
sind die Leistungen in den Prüfungsfächern des SGL mit Notenstufen zwischen
Note „1“ (sehr gut) bis Note „6“ (ungenügend) zu bewerten; die Teilnahme am
SGL gilt im Sinne der Soldatenlaufbahnverordnung als bestanden, wenn mindes-
tens die Abschlussnote „ausreichend“ erteilt wird; bei mehr als einem „nicht aus-
reichenden“ Leistungsnachweis gilt der Lehrgang, unabhängig von der erreichten
Platzziffer, als „nicht bestanden“. In diesem Fall wird keine Abschlussnote erteilt.
Diese Bestimmungen entsprechen den Regelungen in Nrn. 503 und 508 ZDv 3/6.
Nach Anlage 1 zur PrO SGL stellt die SPS ein eigenständiges Fach dar, in dem
ein Leistungsnachweis für den SGL mit gesonderter Benotung zu erbringen ist.
Eine Verbesserung der bisherigen Note „5“ in SPS würde dazu führen, dass der
Antragsteller nur noch in FuM eine „mangelhafte“ Leistung vorgelegt hätte, sodass
der SGL insgesamt nach den vorgenannten Regelungen bestanden worden wäre.
Eine bessere Einzelnote hätte sich damit auch auf die spätere Laufbahn auswirken
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können. Daher kann der Einzelnote in SPS im dargelegten Sinne Außenwirkung
zukommen, sodass sie - bei Vorliegen der übrigen prozessualen Vorausset-
zungen - selbständiger Gegenstand einer wehrdienstgerichtlichen Überprüfung
sein kann.
Hinsichtlich dieser Einzelnote hat sich der Rechtsstreit nicht durch das erfolgreiche
Bestehen des SGL 1/… in der Hauptsache erledigt. Ein Erledigungsgrund liegt vor,
wenn ein außerprozessuales Ereignis dem Antragsbegehren (nach
Rechtshängigkeit) die Grundlage entzogen hat und der Antrag deshalb für den An-
tragsteller gegenstandslos geworden ist (vgl. Urteil vom 31. Oktober 1990
- BVerwG 4 C 7.88 - ). Nach der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts erledigt sich ein negativer Prüfungsbescheid indessen
durch das Bestehen einer Wiederholungsprüfung nicht umfassend. Er bleibt viel-
mehr insoweit rechtswirksam und beschwert seinen Adressaten, als er das Nicht-
bestehen wegen nicht ausreichender Prüfungsleistungen feststellt, sofern sich
nicht ausschließen lässt, dass die negative Prüfungsentscheidung, wenn sie be-
stehen bliebe, sich auf das berufliche Fortkommen ungünstig auswirken wird
(stRspr.: Urteile vom 12. April 1991 - BVerwG 7 C 36.90 -
[112] = Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 286 = DVBl 1991, 756 = DÖV 1991.
935 = NVwZ 1992, 56>, vom 21. Oktober 1993 - BVerwG 6 C 12.92 -
421.0 Prüfungswesen Nr. 320 und vom 16. April 1997 - BVerwG 6 C 9.95 -
holz 421.0 Prüfungswesen Nr. 382 = DVBl 1997, 1235 = NJW 1998, 323>). Für
die zulässigerweise isoliert anfechtbare Einzelnote kann nach Auffassung des
Senats im Ergebnis nichts anderes gelten. Auch wenn in einem Folgelehrgang die
Abschlussprüfung bestanden wird und in dem in Rede stehenden Fach(-bereich)
eine erfolgreiche Leistung erbracht wird, entfällt für den betroffenen Prüfling die
Beschwer sowie das dadurch indizierte Rechtsschutzinteresse an einer Aufhebung
der ersten Entscheidung, die Leistungen in einem bestimmten Prüfungsfach seien
mangelhaft, und an einer neuen Benotung jedenfalls dann nicht, wenn der Prüfling
darlegt, dass sich die negative Entscheidung mit dem darauf fußenden negativen
Prüfungsergebnis auf sein weiteres berufliches Fortkommen ungünstig auswirken
kann. Diese Voraussetzung erfüllt das Vorbringen des Antragstellers. Er hat im
Einzelnen dargelegt, dass er in Folge der erforderlich gewordenen zweiten
Absolvierung des SGL später als die anderen Lehrgangsteilnehmer des SGL 3/…
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befördert worden sei und diverse Zulagen wegen des Nichtbestehens dieses
Lehrgangs nicht erhalten habe. Dem ist der StvGenInsp/InspSKB nicht substanti-
iert entgegengetreten. Obwohl der Antragsteller mit der Beförderung zum Major
vor Rechtshängigkeit seines Antrags auf gerichtliche Entscheidung diejenige
Laufbahn-Stufe erreicht hat, die der erfolgreich bestandene SGL ermöglichen soll,
ist es nach Auffassung des Senats nicht ausgeschlossen, dass sich die negative
Einzelnote und in deren Folge das Nichtbestehen des SGL 3/… als Hemmnis im
beruflichen Fortkommen des Antragstellers erweisen könnte. Denn es ist nicht
ohne Aussagewert, nach wie vielen vergeblichen Versuchen ein Prüfling die Prü-
fung bestanden hat, weil „die Zahl der Prüfungsmisserfolge durchaus Rückschlüs-
se auf die individuellen Fähigkeiten eines Kandidaten“ erlaubt (Urteil vom 12. April
1991 - BVerwG 7 C 36.90 - m.w.N.).
Der danach zulässige Antrag ist jedoch unbegründet.
Die Bewertung der mündlichen Prüfung des Antragstellers in SPS am 5. März …
mit der Note „5“ ist rechtlich nicht zu beanstanden und verletzt den Antragsteller
nicht in seinen Rechten.
Eine gerichtliche Kontrolle von Prüfungsentscheidungen ist nur beschränkt mög-
lich. Sie erstreckt sich darauf, ob der Prüfer von falschen Tatsachen ausgegangen
ist, ob er allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe nicht beachtet oder gegen Ver-
fahrensvorschriften - vor allem gegen die einschlägigen Prüfungsbestimmungen -
verstoßen hat, ob er sich bei der Bewertung der Leistungsnachweise von sach-
fremden Erwägungen hat leiten lassen und ob die äußeren Prüfungsbedingungen
für alle Prüfungsteilnehmer gleich waren (stRspr.: Beschlüsse vom 30. Oktober
1979 - BVerwG 1 WB 132.77 - m.w.N., vom 18. Mai 1982 - BVerwG 1 WB
148.78 - und vom 24. Januar 1995 - BVerwG 1 WB 68.94 - ).
Die in eigener Verantwortung und frei von Weisungen getroffene wissenschaftlich-
pädagogische Bewertung einer Leistung durch den Prüfer ist - innerhalb der ge-
richtlichen Kontrolle der Einhaltung allgemeingültiger Bewertungsmaßstäbe - für
das Gericht insoweit überprüfbar, als vertretbare, vom Prüfling innerhalb seines
„Antwortspielraums“ mit gewichtigen Argumenten belegte, folgerichtig begründete
Lösungen nicht allein deswegen als falsch bewertet werden dürfen, weil sie der
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wissenschaftlichen Meinung des Prüfers nicht entsprechen. Insoweit sind fachliche
Meinungsverschiedenheiten zwischen Prüfer und Prüfling der gerichtlichen
Überprüfung nicht entzogen (BVerfG, Beschlüsse vom 17. April 1991 - 1 BvR
419/81 , 213/83 -
1991, 794> und vom 10. Oktober 1991 - 1 BvR 991/91 - ; Be-
schluss vom 24. Januar 1995 - BVerwG 1 WB 68.94 - ).
Die Prüfer RDir P. und O i.G. K. sind bei ihrer Bewertung der Leistungen des An-
tragstellers in SPS nicht von falschen Tatsachen ausgegangen.
Nach Nr. 6 der Vorbemerkung zu ZDv 3/6 i.V.m. Nr. 32 Buchst. a des PrBef SGL
… ist die Aufgabenstellung im Vortrag/Prüfungsgespräch SPS dahin festgelegt,
dass über Themen aus der Fundamentalstufe sowie des jeweils belegten Semi-
nars geprüft wird. Zu bearbeiten ist ein ausgewählter Sachverhalt aus einem Text,
einer These oder einer Fragestellung. Auf dieser Grundlage hat der Antragsteller
nach eigenem Vorbringen zum Thema „NATO nach Prag. Der deutsche Anteil an
den NATO Response Forces“ einen Vortrag halten müssen. Er stellt nicht in Fra-
ge, dass dieses Thema der dargestellten Aufgabenstellung entsprach. Hiermit
übereinstimmend ergibt sich außerdem aus den jeweiligen Niederschriften des
Erst- und Zweitprüfers vom 5. März …, dass die mündliche Prüfung des An-
tragstellers an die Seminarthematik „Rechtliche Rahmenbedingungen für den Ein-
satz deutscher Streitkräfte“ anknüpfte und das Vortragsthema „NRF und möglicher
deutscher Beitrag“ lautete. In ihren Niederschriften vom 5. März … haben RDir P.
und O i.G. K. festgestellt, dass der Antragsteller beim Vortrag „den Auftrag
überhaupt nicht verstanden“, „wesentliche Aspekte des Themas nicht erkannt“ und
„am Thema vorbei“ gesprochen habe. Insbesondere in seiner Stellungnahme vom
3. April … hat O i.G. K. ergänzend ausgeführt, dass der Schwerpunkt der
Vortragsthematik in einer „kritischen Auseinandersetzung mit der in Prag verab-
schiedeten Initiative zu NRF und der Bewertung eines möglichen deutschen Bei-
trags“ gelegen habe. Der Antragsteller habe sich zwar zum Prager Gipfel einge-
lassen, das eigentliche Thema jedoch so gut wie nicht behandelt. Der Prager
NATO-Gipfel vom 21. November 2002 hat u.a. zu dem Beschluss der NATO ge-
führt, eine 21.000 Mann starke schnelle Eingreiftruppe (NRF) zu schaffen, die in
sieben bis 30 Tagen für Einsätze in feindseliger Umgebung überallhin in die Welt
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verlegt werden und im Einsatzgebiet bis zu einem Monat allein operieren kann.
Auf den deutschen Beitrag zu dieser NRF bezog sich danach (vorrangig) das
Thema des vom Antragsteller verlangten Vortrags. Diesen ihm aufgegebenen
thematischen Schwerpunkt hat er weder im Beschwerde- noch im gerichtlichen
Antragsverfahren in Frage gestellt. Bei der Sachverhaltsermittlung sind die Prüfer
davon ausgegangen, dass der Antragsteller in seinem Vortrag diesen Schwer-
punkt nicht behandelt, sondern sich allein auf die Entwicklung der NATO nach
dem Prager NATO-Gipfel beschränkt hat. Hiermit korrespondiert, dass der An-
tragsteller selbst sowohl in seiner Beschwerde vom 18. März 2003 als auch in sei-
nem Antrag auf gerichtliche Entscheidung im Einzelnen ausgeführt hat, er habe im
Vortrag die „vier fundamentalen Sicherheitsaufgaben der NATO anhand der Kon-
zepte von 1991 und 1999 dargestellt“. Die „aus den Konzepten ersichtlichen Än-
derungen in der NATO-Strategie“ habe er auf einer Folie dargelegt, die er vor-
tragsbegleitend genutzt habe. Auch aus diesem Vorbringen des Antragstellers
ergibt sich damit nicht, dass er auf den „möglichen deutschen Beitrag an der NRF“
in seinem Vortrag eingegangen ist.
Hinsichtlich des Prüfungsgesprächs hat der Antragsteller ausgeführt, dass ihm ca.
zehn Fragen gestellt worden seien. Diese Zahl ist von den Prüfern in ihren Stel-
lungnahmen vom 3./4. April … sowie vom 16./20. Oktober … nicht in Frage ge-
stellt worden.
Die Prüfer haben auch nicht allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe außer Acht
gelassen.
Hierzu gehört nicht nur das Erfordernis, vertretbare und folgerichtig begründete
Lösungen, die mit gewichtigen Argumenten belegt sind, nicht als falsch zu bewer-
ten; vielmehr gehört dazu auch die Orientierung der Bewertung an fachspezifi-
schen Standards der Bemessung und Bewertung von Leistungen (Niehues, Prü-
fungsrecht, 3. Aufl., RNr. 340). Zur Bewertung des Vortrags hat RDir P. in seiner
Prüfungsniederschrift vom 5. März … ausgeführt:
„LT hatte den Auftrag überhaupt nicht verstanden, wesentliche Aspekte
des Themas wurden nicht erkannt. Wenig themenbezogene Fallaussa-
gen, LT durchschaut die sicherheitspolitischen Zusammenhänge nicht
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einmal im Ansatz. LT überschreitet … die Vortragszeit um mehr als eine
Minute.“
O i.G. K. führt in seinem Prüfungsprotokoll vom 5. März … aus:
„Ein desolater Vortrag, der zeigt, dass der LT keine sipo Zusammen-
hänge verknüpfen konnte, sachlich oftmals falsch, am Thema vorbei. Es
war eine Aneinanderreihung von irgendwelchen Fakten, richtige Aussa-
gen zu NRF wurden nicht getroffen.“
Ergänzend hat O i.G. K. in seiner Stellungnahme vom 3. April … festgehalten:
„Die Einlassung des Beschwerdeführers zu seinem Kurzvortrag zeigt,
dass er auch im Nachhinein die Fragestellung der Prüffrage offensicht-
lich immer noch nicht durchdrungen hat. Hauptmann B. beschäftigte
sich nämlich insbesondere mit der für die Prüffrage nicht relevanten
Entwicklung der NATO seit 1990. Er ordnete dabei - fälschlicherweise -
die 4. Kernfunktion des strategischen Konzeptes der NATO von 1999
bereits dem Konzept von 1991 zu, was ich dann auch in der Nachbe-
sprechung als ein Beispiel bemängelte und worauf sich B. im ersten Teil
seiner Beschwerde bezieht. B. fügte dann im weiteren Verlauf seines
Kurzvortrages Fakten recht zusammenhanglos aneinander, manchmal
richtig, meist jedoch sehr unscharf und wenig präzise, oftmals falsch,
Die kriti-
sche Auseinandersetzung mit der in Prag verabschiedeten Initiati-
ve zu NRF und die Bewertung eines möglichen deutschen Beitrags.
Er ließ sich zwar zum Prager Gipfel ein, bearbeitete jedoch das eigentli-
che Thema so gut wie nicht.
Seine abschließende Bewertung bestand größtenteils darin, dass er die
zur Thematik nicht relevanten Fakten dann einfach wiederholte. Sein
sprachlicher Ausdruck war zudem oftmals konfus und unpräzise, Bei-
spiele: ‚dann gab’s noch den 11.9.’ ‚dann gab’s noch den Tschetsche-
nien-Krieg’, ‚dann hat die NATO in Bulgarien zugeschlagen’, ‚es kam
dann zu DCI und ESVI’, ‚es kam dann zum PCC’ und ‚mit NRF wird das
GAP zwischen DEU, FRA und RUS geschlossen’.
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Eine ganz schwache inhaltliche Leistung und zudem Thema sehr weit-
gehend verfehlt. Was ... in seiner Beschwerde anzweifelt, sein ‚Kurzvor-
trag sei weiterhin nicht stringend gewesen und hätte das Thema nicht
abgedeckt’, müsste ich aus heutiger Sicht wiederum so feststellen.“
Der Prüfer RDir P. erklärt in seiner Stellungnahme vom 4. April 2003 zum Kurzvor-
trag des Antragstellers u.a.:
„Oberst i.G. K. … zeigte unter Hinweis auf die Fragestellung den wirkli-
chen Schwerpunkt der Thematik auf und nannte einige Aspekte, die
hierfür zu erörtern gewesen wären. Er machte damit deutlich, dass die
eigentlichen Problemstellungen der Aufgabe - die kritische Auseinan-
dersetzung mit der in Prag verabschiedeten Initiative zur NRF und der
Bewertung eines möglichen deutschen Beitrags - vom Prüfling nicht ge-
sehen wurden und im Wesentlichen unbehandelt blieben. Der Prüfling
hatte stattdessen die Entwicklung der NATO von 1990 bis zum Prager
Gipfel zum Schwerpunkt seiner Ausführung gemacht. Seine diesbezüg-
lichen Ausführungen beschränkten sich überwiegend auf ein Aneinan-
derreihen von ‚Schlagwörtern’ ohne nähere Erläuterung, oftmals unprä-
zise und z. Teil falsch. Seine Argumentation war insgesamt schwer
nachvollziehbar. Die abschließende Bewertung erschöpfte sich größten-
teils in der Wiederholung des zuvor Dargelegten. Außerdem hatte Hptm.
… Schwierigkeiten mit der Zeiteinteilung, er überschritt den Zeitansatz
für den Vortrag um mehr als eine Minute.“
Aus diesen Stellungnahmen ergibt sich, dass die Prüfer den Vortrag des An-
tragstellers insbesondere deshalb nicht als ausreichende Leistung angesehen
haben, weil er den wesentlichen Schwerpunkt des Themas inhaltlich nicht behan-
delt hat. Dieser lag neben der kritischen Auseinandersetzung mit der beim Prager
NATO-Gipfel beschlossenen Initiative zur NRF in der Bewertung eines möglichen
deutschen Beitrags. Dem ist der Antragsteller in seinem Vorbringen letztlich nicht
substantiiert entgegengetreten. In einer solchen Verfehlung des Themas eine ins-
gesamt nicht ausreichende Leistung zu sehen, steht mit allgemeinen Bewertungs-
grundsätzen im Einklang, weil der Prüfling in einem solchen Fall die Prüfungsauf-
gabe im Ergebnis nicht behandelt und deshalb nicht erfüllt hat. Die Einschätzung
der Prüfer entspricht auch den fachspezifischen Standards der Bemessung und
Bewertung von Leistungen in SPS. Insoweit bestimmt Nr. 32 Buchst. d des PrBef
SGL …, dass für den Vortrag und das Prüfungsgespräch in SPS „Themenerfas-
sung“, „Sachkenntnis“, „logisches Denken“, „Abstraktion“, „Differenzierung“ und
„Problembewusstsein“ die maßgeblichen Bewertungskriterien darstellen. Vor die-
sem Hintergrund ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Prüfer insbeson-
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dere dem Kriterium der Themenerfassung eine ausschlaggebende Bedeutung bei
der Bewertung des Prüfungsvortrages des Antragstellers beigemessen haben.
Ihre weitere Beanstandung, die abschließende Bewertung des Antragstellers im
Vortrag habe lediglich in schlagwortartigen Aussagen bestanden, bezieht sich
darauf, dass die notwendige Differenzierung und das Problembewusstsein für das
Thema beim Antragsteller fehlten. Die unzureichenden Fähigkeiten des An-
tragstellers in diesen prüfungsrelevanten Bereichen haben beide Prüfer in ihren
Stellungnahmen für den Senat nachvollziehbar und plausibel dargelegt. Für eine
weitere Sachverhaltsaufklärung besteht kein Anlass.
Insbesondere ist dem Beweisantrag des Antragstellers im Schriftsatz seines Be-
vollmächtigten vom 9. Februar 2004 nicht nachzugehen. Dieser Antrag, für die
Behauptung, der Antragsteller habe „in seinem Vortrag die NATO nach Prag. Der
deutsche Anteil an den NRF alle Problemkreise korrekt und vollständig umfasst“,
als Zeugen OTL B. zu hören, entspricht nicht dem Substantiierungsgebot bei Be-
weisanträgen. Die bei Beweisanträgen gebotene Substantiierung besteht in der
Bestimmtheit der aufgestellten Behauptung und des angegebenen Beweismittels.
Das Substantiierungsgebot soll ganz generell die missbräuchliche Einleitung von
Beweisverfahren verhindern. Außerdem soll das Gericht in den Stand gesetzt
werden, die Berechtigung des Beweisersuchens anhand der dafür maßgebenden
Kriterien zu prüfen. Das Substantiierungsgebot erfordert ferner, dass die behaup-
tete Tatsache vom Antragsteller als wahr und als mit den angegebenen Beweis-
mitteln beweisbar dargestellt wird (Beschlüsse vom 27. März 2000 - BVerwG 9 B
518.99 - und vom 27. Februar 2004 - BVerwG
2 B 63.03 -). Das Beweisthema, „alle Problemkreise korrekt und vollständig um-
fasst“ zu haben, trägt diesem Substantiierungsgebot nicht Rechnung. Vielmehr
hätte der Antragsteller - angesichts der differenzierten Stellungnahmen der Prüfer
und der ausführlichen Begründung der Beschwerdebescheide - im Beweisantrag
im Einzelnen niederlegen müssen, welche Problemkreise er innerhalb des Vor-
trags aus seiner Sicht zutreffend oder zumindest vertretbar dargestellt und erörtert
habe.
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Selbst wenn dieser Beweisantrag als inhaltlich hinreichend substantiiert angese-
hen werden könnte, wäre er nach § 21 Abs. 2 Satz 1, § 18 Abs. 2 Satz 2 WBO
i.V.m. § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO i.w.V.m. § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO als unzulässig
abzulehnen. Die Angabe im Beweisantrag, der Antragsteller habe alle Problem-
kreise „korrekt und vollständig“ umfasst, bezieht sich auf eine Wertung, die nach
§ 244 Abs. 2 StPO jedoch nicht durch Zeugenbeweis dokumentiert werden kann.
Insoweit fehlt es an der Darlegung einer aus Sicht des Antragstellers beweisbe-
dürftigen Tatsache.
Zum Prüfungsgespräch SPS hat RDir P. in der Prüfungsniederschrift vom 5. März
… ausgeführt:
„Etwas besseres Bild. LT konnte nachweisen, dass er noch ausreichen-
de rechtliche Kenntnisse besitzt, allerdings mit Tendenz zur schlechten
Bewertung. LT hat große Schwierigkeiten, seine Gedanken zu formulie-
ren und nachvollziehbar zu begründen, zumal bei Transferleistungen.
Zusammengefasst eine den Anforderungen nicht mehr genügende Leis-
tung.“
O i.G. K. legt in seinem Prüfungsprotokoll vom selben Tag dar:
„Leider konnte sich ... in der Befragung nicht retten, auch hier war seine
Leistung zu schwach. Nach den Prüfkriterien eine Leistung insgesamt,
die den Anforderungen nicht mehr genügte.“
In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 4. April … führt RDir P. aus:
„Entscheidend für die Bewertung war jedoch nicht die Tatsache, dass
Hptm. … irgendwie auf fast alle gestellten Fragen geantwortet hat. Die
einzelnen Antworten entziehen sich einer ausschließlich am Rich-
tig/Falsch-Schema ausgerichteten Bewertung, vielmehr kommt es je-
weils auf den Schwierigkeitsgrad der Aufgabe, die Überzeugungskraft
der vorgebrachten Argumente, auf die prompte oder zögerliche, ggf. erst
auf mehrmaliges Nachfragen erfolgende Beantwortung der gestellten
Fragen sowie sonstige Unsicherheiten im Verhalten des Prüflings an …
Hptm. … konnte leichtere, hauptsächlich Wissensfragen (Nennen Sie
die Rechtsquellen des Völkerrechts) durchaus zutreffend beantworten;
wenn es um die nähere Begründung seiner zumeist knappen und plaka-
tiven Antworten ging, zeigten sich aber Lücken, abgesehen von sprach-
lichen Unschärfen (Menschheitsgewohnheitsrecht) fiel es ihm sichtlich
schwer, seine Gedanken logisch geordnet zu formulieren und zum Kern
der jeweiligen Problematik vorzudringen, insbesondere war er nicht in
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der Lage, vorhandenes Wissen zu verknüpfen, um bei schwierigeren
Fragen zu überzeugend begründeten Antworten zu gelangen.“
O i.G. K. erklärt in seiner Stellungnahme vom 3. April … zum Prüfungsgespräch:
„... hat in der Tat auf nahezu alle Fragen des Erstprüfers Antworten ge-
geben (er musste nur bei einer Frage völlig passen), allerdings war sei-
ne Leistung - obgleich besser als im Kurzvortrag - auch hier im Durch-
schnitt gekennzeichnet durch Unschärfe, Halbwissen, Schlagworte,
Oberflächlichkeit, mangelnde Stringenz und eine Mischung aus falsch
und richtig, wenig überzeugend und mit deutlichen Mängeln behaftet,
insbesondere wenn Transferleistung gefordert wurde … Auch unter
heutigen Gesichtspunkten müsste ich Hptm. … immer noch ein ‚man-
gelhaft’ testieren.“
Der Senat kann offen lassen, ob der Antragsteller von den ihm nach eigenem Vor-
bringen gestellten zehn Prüfungsfragen zwei Fragen, nämlich die zum „Motorseg-
ler-Fall“ und die Frage nach der Einordnung der Resolutionen der UN-General-
versammlung in das System der Völkerrechtsquellen, zutreffend oder zumindest
vertretbar beantwortet hat. Insoweit haben beide Prüfer eingeräumt, dass der An-
tragsteller jedenfalls zum „Motorsegler-Fall“ eine vertretbare Lösung vorgetragen
und nur zur Frage des Aufsteigens der Alarmrotte eine aus ihrer Sicht kritikwürdi-
ge Antwort gegeben habe. Wenn von insgesamt zehn Prüfungsfragen acht Prü-
fungsfragen mit den von den Prüfern detailliert dargelegten fachlichen und argu-
mentativen Mängeln behaftet sind, ist es rechtlich nicht zu beanstanden, wenn die
Prüfer unter Berücksichtigung der oben dargelegten Bewertungskriterien diese
Leistung insgesamt als nicht überzeugend beurteilen. Der Antragsteller ist den
acht - von den Prüfern als unzureichend beantwortet bezeichneten - Fragen in
seinem Antragsvorbringen nicht näher nachgegangen. Er hat die insoweit im Ein-
zelnen von den Prüfern dargelegten Mängel seiner Argumentation und seiner
Antworten an keiner Stelle substantiiert bestritten.
Auch Verfahrensfehler sind bei der Entscheidung, die Leistung des Antragstellers
in SPS mit der Note „5“ zu bewerten, nicht festzustellen.
Der Senat kann offenlassen, ob in Prüfungsverfahren der SGL das verwaltungsin-
terne Kontrollverfahren zum „Überdenken“ der Bewertung durch die Prüfer (vgl.
BVerfG, Beschluss vom 17. April 1991 - 1 BvR 419/81, 213/83 - ; Urteil
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vom 24. Februar 1993 - BVerwG 6 C 35.92 -
Prüfungswesen Nr. 313 = NVwZ 1993, 681 = DVBl 1993, 842>) anzuwenden ist.
Für beamtenrechtliche Laufbahnprüfungen hat dies der 2. Senat des Bun-
desverwaltungsgerichts (Urteil vom 1. Juni 1995 - BVerwG 2 C 16.94 -
98, 324 [330] = Buchholz 232 § 18 BBG Nr. 3 = NVwZ 1997, 73 = DVBl 1995,
1243 = DÖV 1995, 1047 = DÖD 1996, 61>) für notwendig gehalten; für Laufbahn-
prüfungen zur Stabsoffizier-Qualifizierung hat der beschließende Senat dieses
Erfordernis verneint (Beschluss vom 24. Januar 1995 - BVerwG 1 WB 68.94 -
). Im vorliegenden Fall haben die beiden an der Prüfung in SPS beteilig-
ten Prüfer sowohl im Beschwerde- als auch im gerichtlichen Antragsverfahren
ausführlich schriftlich zum Vorbringen des Antragstellers Stellung genommen und
ausdrücklich erklärt, auch bei erneuter Überprüfung ihrer Bewertung an dem Er-
gebnis festzuhalten. Damit hat hier in der Sache das Kontrollverfahren des „Über-
denkens“ stattgefunden.
Sofern die Prüfer - wie dies der Antragsteller mit seinem Beweisantrag darlegt -
OTL B. als Hörsaalleiter des Antragstellers bei dem Vortrag die Anwesenheit im
Prüfungsraum gestattet haben sollten, liegt hierin nicht ein Verstoß gegen maß-
gebliche Prüfungsverfahrensvorschriften. Nach Nr. 310 (1) ZDv 3/6 sind Prüfun-
gen grundsätzlich nicht öffentlich. Nach Nr. 310 (4) ZDv 3/6 kann jedoch der
Kommandeur/Dienststellenleiter weitere Personen als Zuhörer zulassen, sofern
sie ein berechtigtes dienstliches Interesse nachweisen. Dies ist in generalisieren-
der Form in Nr. 10 des PrBef SGL … geschehen. Nach dieser Vorschrift sind bei
den Leistungsnachweisen Vortrag/Prüfungsgespräch in FuM sowie SPS die Vor-
gesetzten u.a. der Lehrgangsteilnehmer innerhalb der …Bw als Zuhörer teilnah-
meberechtigt. Diese Voraussetzung erfüllte OTL B. als Hörsaalleiter des An-
tragstellers.
Für den Senat ist im Übrigen nicht ersichtlich und vom Antragsteller auch nicht
dargetan, dass in die Bewertung seiner Leistungen in SPS seitens der Prüfer
sachfremde Erwägungen eingeflossen wären.
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Auch die äußeren Prüfungsbedingungen geben keinen Anlass zu einer rechtlichen
Beanstandung. Soweit der Antragsteller - erstmalig mit seiner weiteren Beschwer-
de - geltend macht, er habe im Prüfungsraum eine Frage der Prüfer akustisch
nicht verstehen können, ist hierin eine Verletzung des Gesichtspunkts der Chan-
cengleichheit durch Gewährleistung äußerer Prüfungsbedingungsgleichheit nicht
erkennbar. Beide Prüfer haben in ihren Stellungnahmen dargelegt, der Antragstel-
ler sei vor der mündlichen Prüfung auf seine gesundheitliche Bereitschaft zur Ab-
solvierung der Prüfung angesprochen worden. Einschränkungen in seinen Wahr-
nehmungsfähigkeiten und seiner Prüfungsfähigkeit habe dieser nicht geltend ge-
macht. Sollte der Antragsteller insoweit Mängel im Laufe des Prüfungstermins
festgestellt haben, wäre es seine Pflicht gewesen, in der Prüfung oder spätestens
unmittelbar nach Beendigung der Prüfung eine entsprechende Rüge zu erheben
(Beschluss vom 15. Januar 1993 - BVerwG 6 B 11.92 -
fungswesen Nr. 309>; Niehues, a.a.O. RNr. 242 m.w.N.). Eine derartige Bean-
standung hat der Antragsteller jedoch nach den übereinstimmenden wider-
spruchsfreien Äußerungen beider Prüfer in der Prüfung bzw. unmittelbar danach
nicht erhoben. Beide Prüfer haben betont, dass sie bei einer Nachfrage ohne Ein-
schränkung zur Wiederholung der Prüfungsfrage bereit gewesen wären.
Dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung bleibt deshalb insgesamt der Erfolg
versagt.
Prof. Dr. Pietzner Dr. Frentz Dr. Deiseroth
Kohlhase Gerl
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