Urteil des BVerwG vom 18.10.2007

Soldat, Entzug, Meldung, Cas

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 WB 46.06
In dem Wehrbeschwerdeverfahren
des Herrn Oberstleutnant ...,
..., ...,
- Bevollmächtigte:
Rechtsanwälte ...,
... -
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
den ehrenamtlichen Richter Oberst i.G. Buchholz und
den ehrenamtlichen Richter Oberstleutnant Titze
am 18. Oktober 2007 beschlossen:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e :
I
Der Antragsteller wendet sich gegen den endgültigen Entzug seiner Erlaubnis
zum Führen von Luftfahrzeugen der Bundeswehr.
Der 1955 geborene Antragsteller ist Berufssoldat; seine Dienstzeit wird voraus-
sichtlich am 28. Februar 2019 enden. Zum Oberstleutnant wurde er am
19. Oktober 1992 ernannt. Der Antragsteller gehörte seit dem 3. Juni 2002 dem
Stab/...geschwader ...
als Luftfahrzeugeinsatzstabsoffizier/Stellvertretender
Kommodore an. Wegen der Vorgänge, die dem hier streitgegenständlichen
Entzug der militärischen Luftfahrerlaubnis zugrunde liegen, wurde der An-
tragsteller von diesen Aufgaben entbunden; seit dem 27. Oktober 2003 wird er
als Einsatzstabsoffizier bei dem Kommando ... in ... verwendet.
Der Antragsteller war seit dem 14. Mai 1978 zum Führen von militärischen
Flugzeugen der Bundeswehr auf dem Luftfahrzeugmuster F/TF 104 G berech-
tigt. Auf diesem Luftfahrzeugmuster erhielt er zudem am 15. Juli 1982 die
Nachprüfflugberechtigung und am 18. Februar 1987 die Berechtigung zur Luft-
fahrzeugführerüberprüfung. Am 2. Juni 1988 wurde ihm die Berechtigung zum
Führen des Luftfahrzeugmusters Tornado (Militärluftfahrzeugführerschein
Nr. 7351 mit Beiblatt „F“) erteilt sowie hierzu am 10. August 1989 die Fluglehr-
berechtigung und am 9. Januar 1990 die Nachprüfflugberechtigung.
Mit Verfügung vom 22. Oktober 2003 leitete der Kommandeur der ... Luftwaf-
fendivision ein gerichtliches Disziplinarverfahren gegen den Antragsteller ein.
Dem Antragsteller wurden in insgesamt elf, zum Teil mehrere Vorkommnisse
umfassenden Anschuldigungspunkten Dienstpflichtverletzungen bei der Pla-
nung und Durchführung eines Familientags zum ...-jährigen Indienststellungs-
jubiläum des ...geschwaders ... am ... 2003 sowie weitere Dienstpflichtverlet-
zungen im Nachgang zu dieser Veranstaltung zur Last gelegt. Ihm wurde u.a.
vorgeworfen, einen in sich widersprüchlichen Flugauftrag und Flugplan erteilt, in
vorschriftswidriger Weise Übungsangriffe geplant, als verantwortlicher Luftfahr-
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zeugführer die Mindestflughöhe unterschritten, das Publikum überflogen, unzu-
lässige Übungsangriffsflüge durchgeführt, die Höchstfluggeschwindigkeit viel-
fach überschritten, unzulässigerweise den Nachbrenner genutzt sowie unter
Verstoß gegen das Flugbetriebshandbuch einen so genannten „Low Approach”
und einen „Touch and Go“ geflogen zu haben. Außerdem habe der Antragstel-
ler während des Flugs selbst die Flugdienstleitung übernommen, obwohl der
Flugdienstleiter zum Aufenthalt auf dem Fliegerhorst verpflichtet sei. Ferner ha-
be der Antragsteller einem Soldaten den Befehl erteilt, ihn für den Flugtag des
30. Juli 2003 einzuplanen, obwohl gegen ihn zu diesem Zeitpunkt bereits ein
Flugverbot verhängt gewesen sei; entgegen dem Flugverbot habe der An-
tragsteller an diesem Tag zwei Flüge, darunter einen Ausbildungsflug mit einem
Flugschüler, durchgeführt. Schließlich wurde dem Antragsteller in mehreren
Punkten das Unterlassen von Meldungen bzw. die Erstattung unrichtiger Mel-
dungen vorgeworfen.
Wegen dieser Vorkommnisse beantragte der Kommandeur der ... Luftwaffendi-
vision unter dem 1. Dezember 2003 außerdem den endgültigen Entzug der Er-
laubnis und der Berechtigungen des Antragstellers zum Führen von Luftfahr-
zeugen der Bundeswehr.
Mit Schreiben vom 29. Dezember 2003 wies der Antragsteller die gegen ihn in
der Einleitungsverfügung erhobenen Vorwürfe zurück. Da er sich zur Sache erst
im gerichtlichen Disziplinarverfahren äußern wolle, beantragte er, die Ent-
scheidung über den Entzug der Erlaubnis bis zum rechtskräftigen Abschluss
des gerichtlichen Disziplinarverfahrens zurückzustellen.
Mit Verfügung vom 28. Januar 2004 entzog der Befehlshaber des Luftwaffen-
führungskommandos dem Antragsteller endgültig die Erlaubnis zum Führen von
Luftfahrzeugen der Bundeswehr nebst Beiblatt „F“ zum Militärluftfahrzeug-
führerschein, forderte ihn auf, seinen Militärluftfahrzeugführerschein nebst Bei-
blatt „F“ unverzüglich abzugeben und lehnte den Antrag auf Aussetzung des
Entzugsverfahrens ab. Die Begründung des Bescheids stützte sich im Wesent-
lichen auf den in der Einleitungsverfügung zum gerichtlichen Disziplinarverfah-
ren dargestellten Sachverhalt. Der Antragsteller habe beim Familientag anläss-
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lich des ...-jährigen Jubiläums des ...geschwaders ... und durch sein anschlie-
ßendes Verhalten erhebliche charakterliche Mängel im Hinblick auf Verantwor-
tungsbewusstsein, Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit gezeigt. Damit bie-
te er auch künftig nicht mehr die unverzichtbare jederzeitige Gewähr, dass er
sich unter allen Umständen an die Vorschriften des Flugdienstes halten werde.
Die Tatsache, dass er trotz eines Flugverbots noch zwei Flüge, davon einen
sogar als Ausbildungsflug mit einem Flugschüler, absolviert habe, zeige, dass
er weder bereit sei, die Konsequenzen seines Fehlverhaltens zu tragen, noch
Befehle seines fliegerischen Vorgesetzten zu befolgen. Der Entzug der Fluger-
laubnis müsse auch endgültig erfolgen. Das Fehlverhalten des Antragstellers
sei nicht nur als einmaliger, situationsbedingter „Aussetzer“ zu bewerten. Der
Antragsteller habe mehrfach, nicht nur am ... 2003, sondern auch am 30. Juli
2003 bewusst gegen wichtige Vorschriften und gegen ein bestehendes Flug-
verbot verstoßen. Er sei deshalb dauerhaft als unzuverlässig beim Führen eines
Luftfahrzeugs der Bundeswehr anzusehen.
Mit Schreiben vom 9. Februar 2004 erhob der Antragsteller Beschwerde gegen
die Entzugsverfügung. Außerdem beantragte er, die Vollziehung des Entzugs
bis zum Abschluss des Beschwerde- und eines sich eventuell anschließenden
Antragsverfahrens auszusetzen, ihm einstweilen die Erlaubnis zum Führen von
Luftfahrzeugen der Bundeswehr wiederzuerteilen, ihm einstweilen den Militär-
luftfahrzeugführerschein wieder auszuhändigen sowie die Entscheidung über
die vorliegende Beschwerde bis zum rechtskräftigen Abschluss des sachglei-
chen Disziplinarverfahrens auszusetzen. Zur Begründung verwies der Antrag-
steller auf die Vorgreiflichkeit des gerichtlichen Disziplinarverfahrens. Der Be-
fehlshaber des Luftwaffenführungskommandos habe keine eigenen Ermittlun-
gen durchgeführt, sondern sich lediglich auf den Inhalt des Tatvorwurfs der Ein-
leitungsverfügung bezogen.
Mit Verfügung vom 11. März 2004 setzte der Generalinspekteur der Luftwaffe
die Entscheidung über die Beschwerde des Antragstellers bis zum Abschluss
des gerichtlichen Disziplinarverfahrens aus. Im Übrigen lehnte er die Anträge
auf vorläufigen Rechtsschutz ab.
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Mit der Anschuldigungsschrift vom 26. August 2004 wurde dem Antragsteller
zusätzlich zu den in der Einleitungsverfügung genannten Punkten ein weiterer,
zwölfter Anschuldigungspunkt zur Last gelegt, wonach der Antragsteller ihm un-
terstellten Soldaten zu nicht dienstlichen Zwecken die Mitführung einer Kamera
im Cockpit und die Fertigung von Luftbildaufnahmen befohlen habe.
Mit Urteil vom 11. April 2005 (Az.: N 8 VL 23/04) verhängte das Truppendienst-
gericht Nord, 8. Kammer, gegen den Antragsteller wegen eines Dienstverge-
hens ein Beförderungsverbot für die Dauer von 30 Monaten verbunden mit ei-
ner Kürzung der Dienstbezüge um ein Zwanzigstel für die Dauer von
12 Monaten. Das Urteil ist seit dem 27. Juni 2005 rechtskräftig. Der Entschei-
dung liegen die folgenden tatsächlichen Feststellungen und die folgende dienst-
und disziplinarrechtliche Würdigung zugrunde:
„III.
Das ...geschwader ... in S., Fliegerhorst ..., hatte im Jahre
2003 ...jähriges-Indienststellungsjubiläum. Aus diesem
Anlass begannen Mitte 2002 Planungen für einen Famili-
entag, zu dem neben den Angehörigen des Geschwaders
mit ihren persönlichen Gästen auch Vertreter der Presse
und Repräsentanten des örtlichen politischen Lebens ein-
geladen werden sollten. Als Projektoffizier für die Jubi-
läumsveranstaltung war der Soldat eingeteilt. Dieser be-
absichtigte, dem Besucherkreis einen Eindruck von der
Leistungsfähigkeit des ...geschwaders ... und vom Aufga-
benspektrum der Luftwaffe zu verschaffen. Zu diesem
Zweck hatte er u.a. die Ausstellung von Luftfahrzeugen
des Geschwaders und von Gastluftfahrzeugen (Awacs,
Transall, Hubschrauber) vorgesehen. Von den Maschinen
des Geschwaders sollte auch ein Tornado in Sonderla-
ckierung (Kennzeichen ...) ausgestellt werden. Bei den ur-
sprünglichen Planungen war kein Flugbetrieb vorgesehen.
Der Flugplatz S. sollte am ... 2003, dem Termin des Fami-
lientages, geschlossen bleiben. Drei bis vier Wochen vor
dem Familientag stellte sich heraus, dass die Gastluft-
fahrzeuge im Verlaufe des Familientages starten mussten,
um ihre Heimatflugplätze wieder zu erreichen. Zu diesem
Zweck musste der Flugplatz S. in Betrieb gehalten wer-
den. Da Angehörige des Geschwaders dadurch ohnehin
dienstlich gebunden waren, entschied der Soldat als Pro-
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jektoffizier, dies auch zur Präsentation des Tornados ... zu
nutzen.
Der Geschwaderbefehl 47/2003 für den Familientag am ...
2003 wurde am 2. Juni 2003 durch den Soldaten unter-
schrieben. Nach diesem Befehl hatte die ...staffel des Ge-
schwaders die Aufgabe, die Durchführung des Fluges si-
cherzustellen und eine ausgewählte Luftfahrzeugbesat-
zung zu stellen. Das so genannte ‚Static Display’, die
Ausstellung von Luftfahrzeugen, Kraftfahrzeugen etc., war
nach einer Anlage zu diesem Befehl auf dem südlichen
Teil der so genannten ‚Betonplatte’ vor und südwestlich
der Halle 1 geplant. Dieser Bereich war abtrassiert und
bildete eine Barriere zu der südlich des Zuschauerberei-
ches gelegenen Rollbahn. Zwischen Rollbahn und der ca.
100 m breiten ‚Betonplatte’ befand sich noch von Süden
her betrachtet ein Grasstreifen von ca. 100 m Breite und
der ‚Taxiway’ in einer Breite von ca. 20 m.
Der Geschwaderbefehl enthielt keine Einzelheiten hin-
sichtlich der Durchführung eines Fluges mit dem Tornado
... In Vorbereitung des Familientages hatte der Soldat je-
doch mit dem Kommodore des ...geschwader ..., Oberst
M., über die Durchführung des Fluges gesprochen und
seine Absicht dargestellt, zur Präsentation der Maschine
‚Fly bys’
durchzuführen.
Bei seinen Planungen hatte der
Soldat die Absicht, die Maschine in Sonderlackierung dem
Publikum möglichst von allen Seiten zu zeigen. Im Verlau-
fe der konkreten Planungen für den Flug stellte der Soldat
fest, dass die Zeit, eine Luftfahrzeugbesatzung in seine
Absichten einzuweisen und diese in die Lage zu setzen,
einen seinen Vorstellungen entsprechenden Flug zu ab-
solvieren, nicht ausreichen würde. Dies war dadurch be-
dingt, dass die ...staffel in großen Teilen erst am 3. Juli
2003 aus D. zurückkehrte. Der Soldat bat daher den
Kommodore, den Flug mit der Maschine in Sonderlackie-
rung selbst durchführen zu dürfen, was der Kommodore,
ohne sich nach Einzelheiten zu erkundigen, genehmigte.
Zu Anschuldigungspunkt 1
Entsprechend dem Geschwaderbefehl für den Familientag
hatte die ...staffel des Geschwaders den Zeugen Haupt-
mann L. für den Flug am Nachmittag des Tages als Waf-
fensystemoffizier eingeteilt.
Am Morgen des ... 2003 bearbeitete der Soldat gemein-
sam mit dem Zeugen L. das Formular ‚Flight Order/Flight
Plan/Flight Record’. Dieses war durch das Gefechtsstand-
personal insofern vorbereitet, als als Zweck des Fluges
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ein so genanntes ‚Allgemeines fliegerisches Programm’
(AFP) eingetragen war. Das AFP beschreibt gemäß dem
‚Programm für Taktische Einsatzausbildung der Kampf-
verbände der Luftwaffe (TCTP)’, Beilage 4, I. + II., fliegeri-
sche Grundmanöver ohne taktische Anteile. Nach der
nicht zu widerlegenden Einlassung des Soldaten beauf-
tragte er dieses AFP durch seine Unterschrift in der Spalte
‚Auftragserteiler’, weil zum Zeitpunkt der Auftragserteilung
noch nicht absehbar war, ob die Wetterverhältnisse an
diesem Tage die von ihm ins Auge gefassten ‚Fly bys’ zu-
lassen würden. Als Mindestflughöhe legte er in der ent-
sprechenden Spalte eine Flughöhe von 1000 Fuß Above
Ground Level (ft AGL) fest. Diese Angaben wurden durch
den Soldaten und den Zeugen L. als Luftfahrzeugbesat-
zung in der dafür vorgesehenen Spalte gegengezeichnet.
In der Rubrik ‚Flight Plan’ war der Standardflugplan ‚J 11’
eingetragen und durch die Paraphe des Soldaten autori-
siert. Der Standardflugplan ‚J 11’ sieht einen Flug unter
Wechsel der Flugregeln mit folgender Route vor: ... Der
Standardflugplan ‚J 11’ führt zu einem Verlassen des Kon-
trollbereiches des Flugplatzes S. Ohne Beauftragung von
Tieffluganteilen bei diesem Flug, die mit dem Kürzel ‚T01’
in der Spalte ‚Zweck des Fluges’ festgelegt werden müs-
sen, darf nach Flugbetriebshandbuch (FBH) Band III/1,
Kap. 08, Ziffer 08000, eine Flughöhe von 1500 ft AGL
nicht unterschritten werden. In der Spalte ‚Flight Rules’
trug der Soldat die Angabe ‚V’ ein, die für ‚Visuale Flight
Rules’ steht. Das Flugbetriebshandbuch sieht bei einem
Wechsel der Flugregeln, der mit dem Standardflugplan
‚J 11’ verbunden ist, die Angabe von ‚Y’ vor.
Im weiteren Verlauf des Vormittags traf der Zeuge L. mit
dem Zeugen Hauptmann S. zusammen. Als dieser von
dem Zeugen L. erfuhr, er sei als Waffensystemoffizier für
den Flug mit dem Soldaten am Nachmittag des Familien-
tages eingeplant, wies er den Zeugen L. - einer ‚inneren
Eingebung’ folgend - darauf hin, dass es nach seiner Ein-
schätzung bei Familientagen und Tagen der Offenen Tür
schon des Öfteren zu Problemen bei den dort durchge-
führten Flügen gekommen sei.
Um die durch dieses Gespräch geweckten Bedenken
auszuräumen, begab sich der Zeuge L. in das Büro des
Soldaten, um diesen zu dem am Nachmittag beabsichtig-
ten Flug zu befragen. Der Soldat teilte dem Zeugen L.
daraufhin mit, er beabsichtige, mehrere Anflüge, u.a. auch
Übungsangriffe, auf den Flugplatz J. durchzuführen. Der-
artige Übungsangriffe sind gemäß Flugbetriebshandbuch
Band V ...G ..., Kap. 8, Ziffer 0801, innerhalb 20 nauti-
scher Meilen (NM) um den Flugplatz J. grundsätzlich nicht
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durchzuführen. Der Kommodore des Geschwaders kann
hiervon jedoch eine Ausnahme zulassen. Eine ausdrückli-
che Genehmigung des Kommodore, diese Übungsangriffe
durchzuführen, lag nicht vor. Nach der Beweisaufnahme
war aber davon auszugehen, dass der Kommodore sein
Einverständnis konkludent erteilte, als er die Planungen
des Soldaten zur Kenntnis nahm und diesem freie Hand
bei der Umsetzung ließ. Auch das Verhalten des Kommo-
dore nach Abbruch des Fluges zeigt, dass die Übungsan-
griffe an sich genehmigt waren. Der Kommodore hat nach
den Bekundungen des Zeugen L. nicht die Anzahl von
Tiefflugangriffen, sondern die Anzahl der Überschreitun-
gen der Flughöhe von 200 ft ermitteln lassen.
Nachdem sich die Wetterverhältnisse im Laufe des Tages
so gebessert hatten, dass die von dem Soldaten beab-
sichtigten Anflüge und Übungsangriffe möglich erschie-
nen, gab der Zeuge L. um 12:14 Uhr Z (14:14 Uhr Orts-
zeit) den Flugplan ‚Route as Filed’ (RAF) auf. Hierbei
handelt es sich um die Bekanntgabe eines Fluges mit ei-
ner Route, die nicht als Standardflugplan hinterlegt und für
die Staffelangehörigen erkennbar ist. Der bis dahin akti-
vierte standardisierte Flugplan ‚J 11’ wurde daraufhin wi-
derrufen. Gemäß Flugbetriebshandbuch Band V ...G ...
Kap. 3, Ziffer 0317, ist bei der Aufgabe eines nicht stan-
dardisierten Flugplanes die Abgabe eines Flugdatenblat-
tes erforderlich. Nach der Einlassung des Soldaten wird
dieses im ...geschwader ... regelmäßig durch den Waffen-
systemoffizier ausgefüllt und abgegeben. Der Soldat hat
sich darauf verlassen, dass diese Aufgabe auch bei die-
sem Flug durch den Zeugen L. wahrgenommen wird. Die-
ser verfügte jedoch mangels entsprechender Einweisung
durch den Soldaten nicht über die dafür erforderlichen In-
formationen.
Zu Anschuldigungspunkt 2
In der Vorflugbesprechung erläuterte der Soldat dem
Zeugen L. seine Vorstellungen von den ‚Übungsangriffen’
auf den Flughafen S. Die Angriffshöhe für diese Angriffe
legte er dabei gegenüber dem Zeugen L. auf 200 ft AGL
fest. Er setzte weiter eine so genannte ‚Mindestangriffs-
höhe’ auf 145 ft AGL und eine ‚absolute Minimumhöhe’
auf 100 ft AGL fest. Der Zeuge L. erwiderte nach Kennt-
nisnahme dieser Absichten, auf dem Schießplatz N. sei
als Mindesthöhe 145 ft AGL festgelegt. Diesen Einwand
des Zeugen zerstreute der Soldat mit dem Hinweis, die
Höhe von 145 ft AGL gelte nur für den Schießplatz N. und
nicht für den Flugplatz J. Trotz der durch den Zeugen vor-
gebrachten Einwände hielt er an der Planung fest. Das
Flugbetriebshandbuch Band III/1, Kap. 08, Ziffer 08800,
legt eine Mindestangriffshöhe von 250 ft AGL fest. Die
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Höhe von 200 ft AGL hielt der Soldat für zulässig, weil er
anlässlich einer Tagung der Oberfinanzpräsidenten in S.
im März 2003 dem Bundesministerium der Verteidigung
- FüL I 7 - über das Luftwaffenführungskommando ein
Programm zur Billigung vorgelegt hatte, in dem ein
Übungsangriff auf den Flughafen S. mit einer Mindestan-
griffshöhe von 200 ft AGL und einer Geschwindigkeit von
480 Kts CAS Bestandteil war. Dieser Programmpunkt war
durch das Luftwaffenführungskommando als vorschriften-
konform genehmigt worden.
Der Soldat unterließ es, den beauftragten ‚AFP-Flug’ im
Flugauftrag abzuändern und als Zweck des Fluges zu-
sätzlich die Durchführung von Übungsangriffen ‚T25’ in
der Rubrik ‚Zweck des Fluges’ einzutragen. Nach seiner
Einlassung fühlte er sich berechtigt, den ursprünglich er-
teilten Flugauftrag abzuändern, da er diesen persönlich
erteilt hatte. Eine schriftliche Abänderung des Flugauftra-
ges hielt er für entbehrlich, weil er nach seiner Einlassung
wusste, was er fliegen wollte.
Seinen Waffensystemoffizier, den Zeugen L., wies er wäh-
rend der Vorflugbesprechung grob in den geplanten Ab-
lauf des Fluges ein. Dieser fühlte sich nach seiner Bekun-
dung ausreichend auf den Flug vorbereitet. Was im Ein-
zelnen Inhalt dieser Vorflugbesprechung war, konnte nicht
aufgeklärt werden.
Zu Anschuldigungspunkt 3
Nach Durchführung des Geschwaderappells in der Zeit
von ca. 12:00 Uhr bis 12:45 Uhr Z führte der Soldat von
13:05 Uhr Z bis 13:47 Uhr Z (gleich 15:05 Uhr bis 15:47
Uhr Ortszeit) einen Flug mit dem Tornado ... in Sonderla-
ckierung durch, über den nach den Ausführungen des
Sachverständigen G. folgende technischen Daten aufge-
zeichnet wurden:
Zeit (Uhr Z)
Flugdaten
13:05
Start und 1. Vorbeiflug, Einleitung einer Rechts-
kurve bei ca. 35 ft AGL, 210-240 Knoten Cali-
brated Air Speed (Kts CAS),
13:09
2. Vorbeiflug Minima: 78 ft AGL, 390 Kts CAS,
13:10
3. Vorbeiflug Minima: 340 ft AGL, 340 Kts CAS,
13:11
4. Vorbeiflug Minima: 138 ft AGL, 350 Kts CAS,
13:13
5. Vorbeiflug Minima: 92 ft AGL, max. 498 Kts
CAS,
13:15
Übungsanflug (Low Approach) Minima: 103 ft
AGL, 184 Kts CAS,
13:16
Nachbrenner zur Beschleunigung und Einleitung
einer linken Steigflugkurve, ca. 150 ft AGL,
13:17
6. Vorbeiflug Minima: 330 ft AGL, 258 Kts CAS,
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13:18
Nachbrenner zur Beschleunigung und Einleitung
des folgenden Vorbeifluges, ca. 740 ft AGL,
13:19
7. Vorbeiflug (Opposite) Minima: 79 ft AGL, max.
452 Kts CAS,
13:21
Übungsanflug (Touch and Go) Minima: 145 Kts
CAS,
13:22
Warteschleifen über dem ...,
Minima: 600-1000 ft AGL/ Above Sea Level (ASL),
230-280 Kts CAS,
13:29
8. Vorbeiflug Minima: 87 ft AGL, max. 432 Kts
CAS,
13:30
9. Vorbeiflug Minima: 216 ft AGL, max. 430 Kts
CAS,
13:31
10. Vorbeiflug Minima: 123 ft AGL, max. 349 Kts
CAS,
13:32
11. Vorbeiflug Minima: 262 ft AGL, max. 380 Kts
CAS,
13:32
Vollkreis südlich der Runway Minima: 900 ft AGL,
max. 360 Kts CAS,
13:34
12. Vorbeiflug (Opposite) Minima: 195 ft AGL,
max. 302 Kts CAS,
13:35
Warteschleifen über dem ...,
Minima: 1000-1400 ft AGL/ASL, 230-290 Kts CAS,
13:47
Landung.
Zu Anschuldigungspunkt 3a
Der Soldat startete um 13:05 Uhr Z. Nach der Beschleu-
nigung ca. bis zur hälftigen Startbahn hob er etwa auf Hö-
he der Halle 1 - davon war zu seinen Gunsten auszuge-
hen - ab. Nach den Ausführungen des Sachverständigen
G. leitete er nach Erreichen einer Höhe von ca. 35 ft AGL
bei einer Geschwindigkeit von 210 bis 240 Kts CAS eine
Rechtskurve im Winkel von ca. 30 bis 35 Grad zur Start-
bahnrichtung ein. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnah-
me war in Anwendung des Grundsatzes ‚in dubio pro reo’
nicht erwiesen, dass diese Rechtskurve in Richtung des
Zuschauerbereiches geflogen wurde.
Für die angeschuldigte Rechtskurve in Richtung des Zu-
schauerbereiches sprach die Bekundung des Zeugen N.,
der an dem Familientag als Flugsicherheitsoffizier einge-
setzt war. Dieser Zeuge hat ausgesagt, nach dem Abhe-
ben habe der Soldat mit dem Luftfahrzeug den Zuschau-
erbereich überflogen, was ihn veranlasst habe, den Solda-
ten um 13:09 Uhr Z über den Tower anweisen zu lassen,
das Publikum nördlich der ‚Runway’ nicht zu überfliegen.
Diese Anweisung des Flugsicherheitsoffiziers wurde um
13:09 Uhr Z durch den Tower wie folgt umgesetzt:
‘TWR: ‘… 02, FSO just called, ähhh, do not overfly
the, ähh public north of Runway’
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Der Zeuge konnte in der Hauptverhandlung nicht mehr mit
Sicherheit bestimmen, in welchem Bereich der Zuschauer
der von ihm beobachtete Überflug stattgefunden haben
soll.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stand auch
nicht fest, dass der Soldat beim Start möglicherweise in
Richtung des Parkplatzbereiches flog. Auch insoweit
konnte kein Zeuge entsprechende Bekundungen mit der
notwendigen Sicherheit machen. Keiner der Zeugen, die
sich an unterschiedlichen Stellen des Zuschauerbereiches
aufhielten, hat bekundet, er sei überflogen worden oder
der Soldat sei auf ihn zugeflogen. Ein Überflug von Zu-
schauern wurde nur von den noch östlich der Halle 1 ste-
henden Zeugen N. und R. bekundet.
Da sich der Unwertgehalt des Anschuldigungspunktes 3a
aus der vorschriftswidrigen Einleitung einer Kurve unter-
halb von 200 ft AGL in Verbindung mit der Tatsache, dass
diese in Richtung des Zuschauerbereiches eingeleitet
worden sein soll, ergibt, musste der Soldat von dem Tat-
vorwurf 3a aus tatsächlichen Gründen insgesamt freige-
stellt werden, weil der als ‚Weniger’ darin enthaltene Vor-
wurf, unterhalb von 200 ft AGL eine Kurve eingeleitet zu
haben, nicht hilfsweise angeschuldigt war.
Zu Anschuldigungspunkt 3b
Nachdem der Zeuge Re. den Soldaten auf Veranlassung
des Zeugen N. um 13:09 25 Uhr Z angewiesen hatte, das
Publikum nördlich der ‚Runway’ nicht zu überfliegen, führ-
13:10 55 Uhr Z, 13:11 45
Uhr
Z
und 13:13 45 Uhr Z
vier weitere Vorbeiflüge durch.
Nach den Bekundungen des Zeugen N. war der fünfte
Vorbeiflug (13:13 45 Uhr Z) dabei der nördlichste.
Aufgrund der Inaugenscheinnahme einer Videoauf-
zeichnung des fünften Vorbeifluges, auf der das Fahrzeug
des Zeugen N. erkennbar war und als Maßstab zur Verfü-
gung stand, hat der Sachverständige G. überzeugend und
nachvollziehbar die Einlassung des Soldaten bestätigt,
dass der auf dem Video erkennbare Vorbeiflug des Luft-
fahrzeuges mit Sicherheit nicht über dem ‚Taxiway’, son-
dern südlicher mindestens im Bereich der Grasfläche
- parallel zur Startbahn - erfolgte. Dies deckt sich mit den
Bekundungen des Zeugen Re., wonach die nördliche Ab-
weichung von der Startbahn bei allen Vorbeiflügen nur
unwesentlich und für ihn vom Tower aus nicht deutlich
wahrnehmbar gewesen sei. Der mit der Anschuldigung
erhobene Vorwurf, der Soldat habe, obwohl er gegen
13:09 Uhr Z darauf hingewiesen worden sei, das sich auf
dem Grasstreifen und dem Rollweg aufhaltende Publikum
nicht zu überfliegen, Grasstreifen und Rollweg überflogen,
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war nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht nach-
weisbar.
Der Soldat war daher aus tatsächlichen Gründen vom
Vorwurf zu Anschuldigungspunkt 3b freizustellen.
Zu Anschuldigungspunkt 3c
Gemäß Flugbetriebshandbuch Band V ...G ..., Kap. 8, Zif-
fer 0801, sind innerhalb 20 nautischer Meilen um den
Flugplatz J. Übungsangriffe durch den Kommodore
...geschwader ... verboten. Im Verlaufe seines Fluges
führte der Soldat in drei Fällen Übungsangriffe auf den
Flugplatz S. durch. Nach den überzeugenden Ausführun-
gen der Sachverständigen G. und Ri. wiesen der um
13:13 Uhr Z durchgeführte fünfte Vorbeiflug und der um
13:19 Uhr Z durchgeführte siebte Vorbeiflug sowie mit
Einschränkungen der um 13:29 Uhr Z durchgeführte achte
Vorbeiflug nach den Flugparametern - abgesehen von der
unzulässigen Unterschreitung der gemäß Flugbetriebs-
handbuch Band III/1, Kap. 8, Ziffer 08800, festgesetzten
Mindesthöhe von 250 ft AGL - die Merkmale eines
Übungsangriffs auf.
Der mit Anschuldigungspunkt 3c erhobene Vorwurf,
zwölfmal einen Übungsangriff durchgeführt zu haben, hat
sich aufgrund der Auswertung des Flugdatenschreibers
und den Ausführungen der Sachverständigen in tatsächli-
cher Hinsicht in drei Fällen erwiesen. Die übrigen neun zur
Last gelegten Vorbeiflüge waren nach den überzeugenden
Ausführungen des Sachverständigen G. unspezifisch und
konnten weder einem ‚Low Approach’, da dafür zu schnell,
noch einem Übungsangriff, da dafür zu langsam,
zugeordnet werden. Hinsichtlich der drei Übungsangriffe
war nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon aus-
zugehen, dass insofern eine Ausnahmegenehmigung des
Kommodore ...geschwader ... aus den zu Anschuldi-
gungspunkt 1 dargestellten Gründen vorlag.
Der Soldat war daher aus tatsächlichen Gründen von dem
unter Anschuldigungspunkt 3c zur Last gelegten Vorwurf
insgesamt freizustellen.
Zu Anschuldigungspunkt 3d
Im Verlaufe des Fluges von 13:05 Uhr Z bis 13:47 Uhr Z
hielt sich der Soldat mit dem Luftfahrzeug im Wesentli-
chen in der Kontrollzone des Flugplatzes ... auf. Ob der
Soldat während der Warteschleifen um 13:22 Uhr Z und
13:35 Uhr Z über dem ..., der teilweise noch innerhalb der
Kontrollzone des Flughafens S. liegt, außerhalb der Kon-
trollzone eine Flughöhe von 1500 ft AGL unterschritt, war
nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht mehr fest-
- 13 -
stellbar. Die vorhandenen technischen Aufzeichnungen
konnten nicht mit der notwendigen Sicherheit nachweisen,
ob bzw. in welcher Höhe der Soldat außerhalb der Kon-
trollzone flog.
Zu Anschuldigungspunkt 3e
Das Flugbetriebshandbuch Band III/1, Kap. 01, Ziffer
01420, legt fest, dass eine Höchstfluggeschwindigkeit von
250 Kts Indicated Air Speed (Kts IAS) grundsätzlich nicht
überschritten werden darf. Während des Fluges wurde
diese Geschwindigkeit um 13:09 Uhr Z, 13:10 Uhr Z,
13:11 Uhr Z, 13:13 Uhr Z, 13:17 Uhr Z, 13:19 Uhr Z, 13:22
Uhr Z, 13:29 Uhr Z, 13:30 Uhr Z, 13:31 Uhr Z, 13:32 Uhr
Z, zwischen 13:32 Uhr Z und 13:34 Uhr Z, um 13:34 Uhr Z
und 13:35 Uhr Z überschritten. Die näheren Einzelheiten
dazu ergeben sich aus dem oben dargestellten Ablauf des
Fluges.
Zu Anschuldigungspunkt 3f
Gemäß Flugbetriebshandbuch Band III/1, Kap. 1, Ziffer
01110, ist die Nutzung des Nachbrenners unterhalb einer
Höhe von 3000 ft AGL nur dann zulässig, wenn Flugsi-
cherheitsgründe dies erfordern. Die Bestimmung des
Flugbetriebshandbuches war dem Soldaten bekannt. Im
Verlaufe des Fluges nutzte er den Nachbrenner im An-
schluss an die Durchführung eines ‚Low Approach’ um
13:16 Uhr Z zur Beschleunigung und Einleitung einer lin-
ken Steigflugkurve ab einer Höhe von ca. 150 ft AGL.
Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachver-
ständigen G. gab es für diese Nutzung des Nachbrenners
keine fliegerische Notwendigkeit. Das Luftfahrzeug des
Soldaten hätte auch ohne Nutzung des Nachbrenners den
‚Low Approach’ sicher abschließen und an notwendiger
Höhe gewinnen können.
Zu einer zweiten Nutzung des Nachbrenners kam es um
13:18 Uhr Z. Nach der nicht zu widerlegenden Einlassung
des Soldaten wählte er hier den Nachbrenner in einer Hö-
he von 740 ft AGL in der Phase der Einleitung eines Vor-
beifluges an, um seine Flugbahn während des Vorbeiflu-
ges in einem sicheren Abstand von den Zuschauern hal-
ten zu können. Er hat eingeräumt, den Anflug nicht so
vorbereitet zu haben, dass eine Nutzung des Nachbren-
ners sich erübrigt hätte. Zu seinen Gunsten war aber da-
von auszugehen, dass ein Vorbeiflug vor den Zuschauern
in sicherem Abstand die Anwahl des Nachbrenners erfor-
derte, so dass er insoweit von dem Vorwurf pflichtwidrigen
Verhaltens freizustellen war.
- 14 -
Zu Anschuldigungspunkt 3g
Während des Fluges führte der Soldat um 13:15 Uhr Z ei-
nen so genannten ‚Low Approach’ und um 13:21 Uhr Z
einen ‚Touch and Go’ durch. Zu Gunsten des Soldaten
war davon auszugehen, dass er hierfür aufgrund der Vor-
gespräche mit dem Kommodore des ...geschwaders ... ei-
ne Genehmigung hatte. Der Soldat hatte dem Kommodore
seine Absicht, die Maschine in Sonderlackierung zu
präsentieren, deutlich gemacht. Er hatte dem Kommodore
mitgeteilt, er plane so genannte ‚Fly bys’. Ein ‚Low Appro-
ach’ und ein ‚Touch and Go’ gehören nach den Ausfüh-
rungen der Sachverständigen G. und Ri. zu dem auf ei-
nem Flugplatz durchgeführten Standardprogramm. Mit
diesen Flugmanövern war der beabsichtigte Zweck des
Fluges am ehesten im Einklang mit bestehenden Vor-
schriften zu erreichen. Es war daher davon auszugehen,
dass diese Flugmanöver durch den Kommodore geneh-
migt waren.
Der Soldat war von dem Tatvorwurf dieses Punktes frei-
zustellen.
Zu Anschuldigungspunkt 3 zusammenfassend
Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachver-
ständigen G. bestand zu keinem Zeitpunkt während des
Fluges eine Gefahr für die während des Familientages
anwesenden Zuschauer. Die Reaktionen des Soldaten auf
das Unterschreiten der durch ihn festgelegten Minimum-
höhe von 100 ft AGL waren stets kontrolliert. Die viermali-
ge Unterschreitung der selbst gesetzten Mindestflughöhe
von 100 ft AGL für fünf Sekunden (13:09 Uhr Z), drei Se-
kunden (13:13 Uhr Z), fünf Sekunden (13:19 Uhr Z) und
fünf Sekunden (13:29 Uhr Z) lässt Rückschlüsse auf eine
mangelnde Crew-Koordination
zu. Es ist auch davon aus-
zugehen, dass der Radarhöhenmesser, der nach der Pla-
nung des Soldaten auf 100 ft AGL einzustellen war, wäh-
rend des Fluges noch unterhalb der Marke von 100 ft AGL
eingestellt oder ausgeschaltet war, da nach den überzeu-
genden Ausführungen des Sachverständigen G. die Ton-
spur der Flugdatenaufzeichnung keinen Warnton enthält
und technische Defekte nicht erkennbar waren. Für die
Aktivierung des Radarhöhenmessers war der Soldat ver-
antwortlich.
Nachdem der Kommodore dem Tower bereits vor 13:14
35 Uhr Z die Anweisung erteilte hatte, dem Soldaten zu
befehlen, es ‚easier’ angehen zu lassen und die ‚Limits’
einzuhalten, befahl der Tower dem Soldaten auf Befehl
des Kommodore um 13:37 Uhr Z, den Flug abzubrechen.
- 15 -
Zu Anschuldigungspunkt 4
Entsprechend dem Geschwaderbefehl 47/2003 vom
2. Juni 2003 oblag dem Soldaten die Gesamtleitung für
den Familientag. Der Geschwaderbefehl enthält keine nä-
heren Angaben, wer während des Familientages die Flug-
dienstleitung zu übernehmen hatte. Nach seiner Einlas-
sung übernahm der Soldat die Flugdienstleitung während
des Familientages persönlich, weil er der Auffassung war,
die von dem Flugdienstleiter wahrzunehmenden Aufgaben
auch während seines eigenen fliegerischen Einsatzes er-
füllen zu können. Während seines fliegerischen Einsatzes
stand er mit dem Kontrollturm in Funkkontakt, was er als
ausreichend ansah, um möglicherweise notwendig wer-
dende Entscheidungen zu treffen. Die Dienstanweisung
für den Flugdienstleiter ...G ... bestimmt unter Ziffer 1.2,
dass der Flugdienstleiter während seines Dienstes zum
Aufenthalt auf dem Fliegerhorst verpflichtet ist. Nach der
Dienstanweisung hat der Flugdienstleiter die Aufgabe, den
Flugbetrieb zentral zu steuern, zu koordinieren und zu ü-
berwachen. Während des Fluges des Soldaten fand auf
dem Flugplatz S. weiterer Flugverkehr statt. Es starteten
wenigstens ein Hubschrauber und eine Transall C 160,
welche jeweils einen Vorbeiflug genehmigt bekommen
hatten. Während der Start- und Vorbeiflugphasen absol-
vierte der Soldat von 13:22 Uhr Z bis 13:29 Uhr Z bzw.
von 13:35 Uhr Z bis 13:40 Uhr Z
jeweils
eine Warteschlei-
fe über dem ...
Zu Anschuldigungspunkt 5 bis 7
Nachdem der Kommodore ...geschwader ... den unter
Punkt 3. angeschuldigten Flug abgebrochen hatte, küm-
merte sich dieser im Verlaufe des Familientages zunächst
weiter um die aus dem Bereich des öffentlichen Lebens
stammenden Gäste. Entgegen der ursprünglichen Pla-
nung wurde die Maschine in Sonderlackierung nicht wie-
der auf der ‚Betonplatte’ abgestellt, sondern zu einem ab-
seits vom Geschehen des Familientages liegenden Platz
befohlen. Dem Soldaten war bewusst, dass der Abbruch
des Fluges durch den Kommodore befohlen worden war,
weil ihm dieses auf eine entsprechende Frage durch den
Tower mitgeteilt worden war. Bei einem kurzen Zusam-
mentreffen mit dem Soldaten am Abend des Familienta-
ges wies der Kommodore den Soldaten auf die Notwen-
digkeit einer umfangreichen Aussprache über den Flug
hin. Eine genaue Auswertung der Daten des Fluges lag
dem Kommodore zu diesem Zeitpunkt noch nicht vor. Er
hatte Kenntnis davon, dass der Zeuge N. als Flugsicher-
heitsoffizier am Nachmittag den ‚Crash-Rekorder’ hatte
ausbauen und sicherstellen lassen. Wegen dieser Maß-
nahme des Zeugen N. war es zu einem Gespräch zwi-
schen dem Zeugen C., dem S3-Technik, dem Zeugen N.
- 16 -
und dem Kommodore gekommen, in dessen Verlauf der
Kommodore angeordnet hatte, dass der Crash-Rekorder
bis Montag, 7. Juli 2003, im Bereich des Zeugen C.
verbleiben solle, um dann dort ausgewertet zu werden.
Am Samstag, dem 5. Juli 2003, kam es zu einem eher zu-
fälligen Zusammentreffen zwischen dem Kommodore und
dem Soldaten im Dienstzimmer des Kommodore. Der
Kommodore hielt dem Soldaten im Verlaufe des Gesprä-
ches vor, nicht vorschriftengerecht geflogen zu sein und
die Minimumflughöhe weit unterschritten zu haben. Eine
detaillierte Mitteilung der vorgeworfenen Pflichtverletzun-
gen und einen Hinweis auf ein bestehendes Aussagever-
weigerungsrecht erteilte der Kommodore dabei nicht. Im
Ergebnis eröffnete er dem Soldaten, er müsse diesem den
Flugschein entziehen, wobei er sich hinsichtlich des
Zeitraumes noch Gedanken machen wolle. Der Kommo-
dore sah durch den aus seiner Sicht undisziplinierten und
nicht vorbildlich durchgeführten Flug den positiven Ein-
druck und die Professionalität des Geschwaders in Frage
gestellt und hielt auch den Zeugen L. insoweit für verant-
wortlich. Der Soldat bat in dem Zusammenhang darum,
den Zeugen L. aus der Sache herauszuhalten, da dieser
aus seiner Sicht nicht verantwortlich zu machen sei.
Der Soldat war nach seiner unwiderlegten Einlassung der
Auffassung, ein Flugscheinentzug beginne mit dem Zeit-
punkt des zugrunde liegenden pflichtwidrigen Fluges. Da
er den Flugschein am 5. Juli 2003 nicht mitgeführt hatte,
legte er ihn am Montag, dem 7. Juli 2003, unaufgefordert
auf den Schreibtisch im Dienstzimmer des Kommodore.
Der Kommodore wertete zu diesem Zeitpunkt gemeinsam
mit dem Zeugen C. den Crash-Rekorder aus.
Nach der Einlassung des Soldaten geschah hinsichtlich
des ‚Flugscheinentzuges’ bis zum 14. Juli 2003 nichts
mehr. Am 14. Juli 2003 befand sich der Kommodore
letztmalig vor dem Antritt einer Kur, die bis zum 6. August
2003 dauerte, im Dienst. Am Nachmittag des 14. Juli 2003
händigte er dem Soldaten den Flugschein nach dessen
nicht zu widerlegender Einlassung mit der Aufforderung
aus, er solle bis zum Monatsende nicht fliegen. Nach des-
sen gleichfalls nicht zu widerlegender Einlassung erwider-
te der Kommodore auf seine Äußerung, dann könne er ja
einen geplanten Flug am 31. Juli 2003 zur Kommandeur-
tagung nach K. durchführen, nichts.
In einem Briefing am 15. Juli 2003 äußerte der Soldat - so
hat er sich unwiderlegt eingelassen - gegenüber der
...staffel des Geschwaders, er stehe bis zum Monatsende
wegen eines Flugscheinentzuges für den Flugbetrieb nicht
- 17 -
zur Verfügung. Dass der Soldat in diesem Briefing persön-
lich angab, einen vierwöchigen oder einen einmonatigen
‚Flugscheinentzug’ oder ein entsprechendes Flugverbot
bekommen zu haben, war nach dem Ergebnis der Be-
weisaufnahme nicht erwiesen.
Am Dienstag, dem 29. Juli 2003, und ein weiteres Mal ein
bis zwei Tage vor diesem Zeitpunkt, hatte der Soldat dem
Zeugen Oberstleutnant A., dem Staffelkapitän der ...staffel
des Geschwaders, mitgeteilt, er stehe für den Flugbetrieb
wieder zur Verfügung. Als sich im Laufe des 29. Juli 2003
herausstellte, dass wegen eines Mangels an Fluglehrern
der Ausbildungsbetrieb litt, äußerte der Soldat gegenüber
dem Zeugen A. sinngemäß, er solle ihn für den Flug- und
Ausbildungsbetrieb wieder einplanen. Der Zeuge A. teilte
den Soldaten daraufhin für zwei Flüge am 30. Juli 2003, in
einem Fall als Fluglehrer, ein. Der Soldat absolvierte die
Flüge am 30. Juli 2003 mit einem Tornado in der Zeit von
07:20 Uhr Z bis 09:30 Uhr Z und von 12:50 Uhr Z bis
14:45 Uhr Z. Der Soldat sah keinen Anlass, seinen Kom-
modore nach Rückkehr am 7. August 2003 von der
Durchführung der Flüge in Kenntnis zu setzen.
Zu Anschuldigungspunkt 8
Der Kommandeur der ... Luftwaffendivision, der Zeuge
Generalmajor V., hatte im August 2003 gerüchteweise
über den stellvertretenden General Flugsicherheit gehört,
dass es in dem ihm unterstellten ...geschwader ... zu ei-
nem ‚Flugscheinentzug’ beim Stellvertretenden Kommo-
dore gekommen sein solle. Da er hierüber auf dem
Dienstweg noch nicht in Kenntnis gesetzt worden war,
führte er am 27. August 2003 ein Gespräch mit dem
Kommodore des Geschwaders, um bei diesem den
Sachstand zu erfragen. Er ging in diesem Gespräch, in
dem der Sachverhalt bestätigt wurde, davon aus, der
‚Flugscheinentzug’ sei ordnungsgemäß bearbeitet und
verfügt worden und befahl deshalb, noch am Abend des
27. August 2003 die entsprechenden Ermittlungsunterla-
gen und Verfügungen ihm persönlich vorzulegen. Der
Zeuge V. wollte sich dadurch in die Lage versetzen, ge-
genüber vorgesetzten Dienststellen auskunftsfähig zu sein
und seine Dienstaufsicht wahrnehmen zu können. Bis zu
diesem Zeitpunkt gab es keine schriftlichen Verneh-
mungsniederschriften bezüglich des Fluges vom ... 2003.
Auch schriftliche Verfügungen über den Entzug des Flug-
scheines lagen zu diesem Zeitpunkt noch nicht vor. Der
Kommodore erklärte gegenüber dem Soldaten, er müsse
für den Kommandeur der ... Luftwaffendivision die nach
dem Flug vom ... 2003 getroffenen Maßnahmen nunmehr
auch papiermäßig abwickeln. Zu diesem Zweck hatte der
Kommodore dem Zeugen Hauptmann Ni., dem S1-Offizier
- 18 -
des Geschwaders, und dem Zeugen L. befohlen, Ver-
nehmungsniederschriften bzw. ‚Entzugsverfügungen’ für
den Soldaten und den Zeugen L. zu erstellen. Der Zeuge
Ni. bereitete daraufhin Niederschriften über die Verneh-
mung eines Soldaten gemäß Formblatt ZDv 14/3, Anlage
25/1, vor. Auf der ersten Seite dieses Formblattes trug er
oben rechts das Datum 5. Juli 2003 ein, weil der Soldat an
diesem Tag von dem Kommodore angehört worden war.
Auf dem Formblatt befindet sich darüber hinaus folgende
Formulierung:
‚Er wurde gleichzeitig darauf hingewiesen, dass es ihm
freistehe, sich zur Sache zu äußern oder nicht auszusa-
gen. Er wurde darüber belehrt, dass er nach § 13 Abs. 1
SG und § 32 Abs. 4 WDO verpflichtet ist, in dienstlichen
Angelegenheiten die Wahrheit zu sagen, wenn er eine Er-
klärung abgibt.’
Auf der zweiten Seite der Vernehmungsniederschrift hatte
der Zeuge Ni. unter der Überschrift ‚Zur Sache:’ aus den
ihm zur Verfügung stehenden Informationen (Gespräch
mit dem Kommodore) bereits den Text einer Aussage
formuliert. Der Soldat ergänzte und korrigierte diesen
Text, soweit er es für erforderlich hielt. Nach Einarbeitung
der von ihm gewünschten Korrekturen unterschrieb er auf
der zweiten Seite der Vernehmungsniederschrift unter den
Wörtern: ‚Vorgelesen/selbst gelesen und genehmigt’. Mit
dieser Vernehmungsniederschrift sollte das am 5. Juli
2003 zwischen dem Kommodore und dem Soldaten
mündlich Besprochene und Erörterte in Form einer schrift-
lichen Vernehmung festgehalten werden. Am 5. Juli 2003
war der Soldat nicht belehrt worden. Nach seiner nicht wi-
derlegten Einlassung nahm er die erste Seite des Ver-
nehmungsprotokolls nicht zur Kenntnis, weil für ihn nur die
Angaben zur Sache wichtig waren.
Zu Anschuldigungspunkt 9
Nach der Besprechung mit dem Kommandeur
... Luftwaffendivision am 27. August 2003 war der Kom-
modore ...geschwader ... dienstlich für längere Zeit außer-
halb des Standortes S. abkommandiert. In dieser Zeit
führte der Soldat das Geschwader. Der Kommandeur
... Luftwaffendivision forderte deshalb den Soldaten als
Stellvertretenden Kommodore auf, eine Meldung über den
Entzug des Militärflugzeugführerscheines hinsichtlich des
Zeugen L. und seiner Person vorzulegen, weil die ihm am
27. August 2003 überreichten Unterlagen unvollständig
und nicht entsprechend den Bestimmungen der ZDv 19/11
erstellt waren. Er erwartete, dass der Soldat die förmliche
Meldung gemäß ZDv 19/11, Ziffer 126, vorlegte. Der
Soldat hatte dieses missverstanden und war auch nicht im
- 19 -
Detail darüber informiert, was der Kommodore
...geschwader ... mit dem Kommandeur ... Luftwaffen-
division am 27. August 2003 besprochen hatte. Er erstat-
tete eine Meldung folgenden Inhalts:
‚Im Rahmen des Familientages zum ...-jährigen Be-
stehen des ...geschwaders ... war OTL X. als ver-
antwortlicher Luftfahrzeugführer mit der Durchfüh-
rung von Überflügen beauftragt. Während dieses
Einsatzes hat er mindestens einmal die Mindestflug-
höhe und den Abstand von den Zuschauern unter-
schritten. Aus diesem Grunde wurde sein Militärflug-
zeugführerschein (MFS) noch am gleichen Tag ein-
gezogen und ein Flugverbot für einen Monat ver-
hängt. Dem WSO, Olt L., wurde ein Flugverbot von
zwei Wochen erteilt.’
Die näheren Umstände des ‚Flugscheinentzuges’, insbe-
sondere die Tatsache, dass der Flugschein von ihm erst
am 7. Juli 2003 dem Kommodore des ...geschwaders ...
ausgehändigt worden war und er diesen bereits am
14. Juli 2003 wieder zurückerhalten hatte, nahm er nicht in
die Meldung auf. Ihm war bewusst, dass diese Meldung
zumindest hinsichtlich der Dauer des Flugverbotes inhalt-
lich unrichtig war. Er hielt sich bei der Formulierung der
Meldung jedoch an die am 27. August 2003 erstellte Ver-
fügung des Kommodore, die er nicht in Abwesenheit des
Kommodore in Frage stellen wollte.
Zu Anschuldigungspunkt 10 und 11
Nachdem dem Kommandeur ... Luftwaffendivision die
Meldung des Soldaten vom 1. September 2003 zugegan-
gen war und dieser erkannte, dass die Meldung nicht den
Formerfordernissen der ZDv 19/11 entsprach, forderte er
den Soldaten telefonisch auf, die gemäß ZDv 19/11 vor-
gesehene Meldung für sich und den Zeugen L. vorzule-
gen. Der Soldat erstattete daraufhin unter dem
2. September 2003 folgende Meldung:
‚...G ... meldet den Entzug des MFS und MBS für
o.a. Soldaten und übersendet gem. ZDv 19/11, Kap.
1, Nr. 126 die Durchschriften (Kopien) der entspre-
chenden Verfügungen.’
Der Meldung fügte er zwei durch den Kommodore unter-
schriebene Verfügungen mit dem Datum 07.07.2003 bei,
die - was er wusste - am 27. August 2003 nachträglich
schriftlich erstellt worden waren und die folgenden Inhalt
hatten:
Betreffend den Soldaten:
- 20 -
‚Im Rahmen des Familientages des ...geschwaders ...
waren Sie zusammen mit Olt L. zum Flugdienst einge-
teilt. Bei mindestens einem Überflug haben Sie die vor-
geschriebene Mindestflughöhe unterschritten und kei-
nen ausreichenden Abstand von den Zuschauern
gehalten.
Ich entziehe Ihnen für die Dauer vom 07. Juli 2003 bis
06. August 2003 Ihren MFS.
Außerdem haben Sie sich einer Dienstpflichtverletzung
schuldig gemacht.
Da während der durchgeführten Manöver jedoch keine
direkte Gefahr für die Besatzung des Lfz sowie der an-
wesenden Gäste bestanden hat und unter Berücksich-
tigung Ihrer bisher gezeigten Leistungen und Ihrer ta-
dellosen Führung, sehe ich ausnahmsweise gem. § 36
(Abs. 1) der Wehrdisziplinarordnung von der Verhän-
gung einer Disziplinarmaßnahme ab.’
Betreffend den Zeugen L.:
‚Im Rahmen des Familientages des ...geschwaders ...
waren Sie zusammen mit Oberstlt X. zum Flugdienst
eingeteilt. Bei mindestens einem Überflug haben Sie es
versäumt, den verantwortlichen LFF auf die Unter-
schreitung der Flughöhe und auf den geringen Abstand
zu den Zuschauern aufmerksam zu machen.
Ich entziehe Ihnen für die Dauer vom 07. Juli 2003 bis
21. Juli 2003 Ihren MBS.
Außerdem haben Sie sich einer Dienstpflichtverletzung
schuldig gemacht.
Da während der durchgeführten Manöver jedoch keine
direkte Gefahr für die Besatzung des Lfz sowie der an-
wesenden Gäste bestanden hat, halte ich eine darüber
hinausgehende disziplinare Ahndung auch unter Be-
rücksichtigung Ihrer bisherigen Führung und ihrer ge-
zeigten Leistungen für nicht erforderlich. Gem. § 36
Abs. 1 der Wehrdisziplinarordnung verzichte ich daher
ausnahmsweise auf die Verhängung einer Disziplinar-
maßnahme.’
Nach seiner Einlassung hatte der Soldat den Text seiner
Meldung bewusst knapp gefasst und sich darauf be-
schränkt, die ‚Entzugsverfügungen’ als Anlage beizufügen,
weil er sich in einem Gewissenskonflikt sah. Auf der einen
Seite war ihm bewusst, dass die Verfügungen inhaltlich
teilweise unrichtig und nachträglich erstellt worden waren.
Auf der anderen Seite lagen von dem Kommodore
persönlich unterschriebene Verfügungen vor, deren Vor-
lage befohlen war. Der Soldat handelte deshalb auch mit
der Motivation, den Kommodore nicht in dessen Abwe-
- 21 -
senheit durch eine Richtigstellung der Vorgänge in
Schwierigkeiten zu bringen.
Zu Anschuldigungspunkt 12
Zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt im
Sommer 2003 trat die Gemeinde S. an das ...geschwader
... mit der Bitte heran, ihr Luftaufnahmen vom Gemeinde-
gebiet zur Verfügung zu stellen. Dies wurde seitens der
Geschwaderführung mit der Idee verknüpft, den Tornado
PA200 in Sonderlackierung zu filmen. Zu einem nicht
mehr näher feststellbaren Zeitpunkt vor dem 15. Juli 2003,
dem Tag, an dem der Kommodore des Geschwaders eine
Kur antrat, wurde der Soldat durch den Kommodore dar-
auf hingewiesen, vor Durchführung der geplanten Video-
aufnahmen eine Genehmigung zur Mitführung einer Ka-
mera beim Luftwaffenführungskommando zu beantragen.
Der Soldat war der Auffassung, dass das Flugbetriebs-
handbuch Band III/1, Kap. 03, Ziffer 03230, kein Verbot
der Mitführung einer Videokamera beinhaltete. Ihm war
auch keine andere Vorschrift bekannt, die dieses Mitfüh-
ren einer Kamera nicht zuließ. Entsprechend der Weisung
des Kommodore beantragte er - entgegen eigener Über-
zeugung - am 14. Juli 2003 auf dem Dienstweg eine Ge-
nehmigung zur Mitführung einer Videokamera für Auf-
nahmen des Tornados in Sonderlackierung über den Ge-
meinden J. und S. Ohne den Eingang der Genehmigung
abzuwarten und ohne den Sachstand des Genehmi-
gungsverfahrens zu kennen, erteilte er nach dem
14. Juli 2003 dem Zeugen A. den Befehl, in den nächsten
Tagen während eines Fluges des Tornados in Sonderla-
ckierung von diesem Aufnahmen mit dem Hintergrund der
Gemeinden J. und S. machen zu lassen und zu diesem
Zweck eine zu sonstigen dienstlichen Zwecken vorhande-
ne Videokamera mitzuführen. Auf die Frage des Zeugen
A., ob die Ausnahmegenehmigung zur Durchführung der
Videoaufnahmen vorliege, antwortete der Soldat, diese sei
auf dem Wege. Der Zeuge A. befahl daraufhin dem
Zeugen B., am 16. Juli 2003 während eines For-
mationsfluges die entsprechenden Videoaufnahmen zu
machen. Der von dem Soldaten befohlene Flug unter Mit-
führung der Videokamera wurde am 16. Juli 2003 in der
Zeit von 07:35 Z bis 09:25 Z durch den Zeugen B. als
WSO und Hauptmann W. als Luftfahrzeugführer durchge-
führt.
Der Antrag des Soldaten vom 14. Juli 2003 wurde durch
das Luftwaffenführungskommando am 5. August 2003
abgelehnt. Hiervon erhielt der Soldat noch am gleichen
Tage Kenntnis. Er nahm die Ablehnung zum Anlass, noch
am 5. August 2003 eine Gegenvorstellung beim Luftwaf-
fenführungskommando zu erheben, in der er das Argu-
- 22 -
ment des Luftwaffenführungskommandos, dass die Auf-
merksamkeitsverteilung der Crew durch die Fotoaufnah-
men nicht gewährleistet sei, mit dem Hinweis auf den Ein-
satz eines Fluglehrers während dieses Fluges und eine
besondere Radarüberwachung zu entkräften suchte. Oh-
ne auf eine Reaktion des Luftwaffenführungskommandos
auf diese Gegenvorstellung zu warten, befahl er dem
Zeugen L. am 6. August 2003, weitere Videoaufnahmen
unter Mitführung der dienstlich bereitgestellten Videoka-
mera zu erstellen. Der Soldat wollte die vorherrschende
Schönwetterperiode zur Anfertigung der Videoaufnahmen
nutzen. Er hatte die Durchführung der Aufnahmen trotz
abgelehnter Ausnahmegenehmigung zuvor mit dem
Kommodore erörtert, der dem Vorschlag des Soldaten, die
Videoaufnahmen wegen des absehbaren Endes des
schönen Wetters ohne Genehmigung durchzuführen, zu-
stimmte.
Der Zeuge L. erstellte die von dem Soldaten befohlenen
Videoaufnahmen während eines Fluges am 7. August
2003 in der Zeit von 08:00 Uhr Z bis 09:10 Uhr Z und führ-
te hierbei die dienstlich bereitgestellte Videokamera mit.
Ein Fluglehrer wurde während dieses Fluges nicht einge-
setzt. Auch eine besondere Radarüberwachung war nicht
befohlen.
IV.
Dienst- und disziplinarrechtlich war das festgestellte Ver-
halten des Soldaten wie folgt zu würdigen:
Zu Anschuldigungspunkt 1
Die Kammer hat Anschuldigungspunkt 1 dahingehend
ausgelegt, dass dem Soldaten mit dem einführenden Satz
weder die Planung des Fluges mit dem Tornado in Son-
derlackierung, noch die Tatsache, sich den Flugauftrag
selbst erteilt zu haben, noch die Festlegung eines allge-
meinen fliegerischen Programms als Zweck des Fluges
zur Last gelegt werden sollte, sondern dass der erhobene
Vorwurf dahin geht, im Widerspruch zur Festlegung eines
AFP mit der standardisierten Route ‚J 11’ eine Mindest-
flughöhe von 1000 ft AGL eingetragen zu haben und die
Angabe ‚V’ im Widerspruch zum Standardflugplan ‚J 11’
gemacht zu haben. Durch dieses festgestellte Verhalten
hat der Soldat seine Pflicht zu achtungs- und vertrauens-
würdigem Verhalten im dienstlichen Bereich (§ 17 Abs. 2
Satz 1 SG) verletzt; denn er hat einen Flugauftrag und
Flugplan erteilt, die in sich nicht schlüssig waren. Gemäß
- 23 -
FBH Band III/1, Kap. 8, Ziffer 08000, muss Tiefflug unter-
halb von 1500 ft GND besonders befohlen werden. Die
Eintragung einer Mindestflughöhe von 1000 ft AGL hätte
deshalb vorausgesetzt, in der Spalte ‚Zweck des Fluges’
‚TO1’ als Kennzeichen für Tiefflug einzutragen (TCTP,
Abschnitt IV der Beilage 4). Ohne diese Eintragung ist bei
einem AFP die Eintragung einer Mindestflughöhe von
1500 ft AGL zwingend (vgl. Flugbetriebshandbuch Bd.
III/1, Kap. 03, Anlage 2). In gleicher Weise widersprüchlich
war die Angabe der Flugregel ‚V’ beim Standardflugplan
‚J 11’, der einen Wechsel der Flugregeln vorsieht, der mit
‚Y’ zu kennzeichnen ist. Der Soldat handelte insoweit
fahrlässig; denn er hätte erkennen können und müssen,
dass seine Eintragungen in Flugauftrag und Flugplan wi-
dersprüchlich waren.
Durch das in Anschuldigungspunkt 1 am Ende ange-
schuldigte Unterlassen der Abgabe des Flugdatenblattes
entgegen Flugbetriebshandbuch Bd. V, Kap. 3, Ziffer
0317, und die Nichtänderung des Flugauftrages (FBH
Bd. III/1, Kap. 03, Ziffer 03340) nach Wetterbesserung und
der Möglichkeit, auch Tiefflugangriffe durchzuführen, hat
der Soldat seine Pflichten verletzt, seinen Vorgesetzten zu
gehorchen (§ 11 Abs. 1 Satz 1 SG) sowie der Achtung
und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Dienst als
Soldat erfordert (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SG). Die Einlassung
des Soldaten, er sei während des Fluges im
Kontrollbereich des Flugplatzes S. geblieben, so dass die
Abgabe eines Flugdatenblattes nicht erforderlich gewesen
sei, beseitigt nicht die Pflichtwidrigkeit des Handelns. Das
Flugdatenblatt ist nach dem Flugbetriebshandbuch
Band V in jedem Fall der Abweichung von einem standar-
disierten Flugplan abzugeben, weil mit dem Flugdatenblatt
nicht nur die Route für Außenstehende erkennbar wird,
sondern auch Berechnungen zum Spritverbrauch und An-
gaben zu Ausweichflugplätzen zu machen sind.
Die Einlassung des Soldaten, eine schriftliche Änderung
des Flugauftrages sei durch ihn nicht vorzunehmen gewe-
sen, da er der Flugauftragerteilende gewesen sei und ge-
wusst habe, was er plane, kann die Pflichtwidrigkeit seines
Verhaltens gleichfalls nicht beseitigen.
Der Soldat handelte auch insoweit fahrlässig; denn er hät-
te erkennen können und müssen, dass sein Handeln nicht
im Einklang mit den genannten Vorschriften des Flugbe-
triebshandbuches stand.
- 24 -
Zu Anschuldigungspunkt 2
Durch die Planung von Übungsangriffen auf den Flugha-
fen S. hat der Soldat nicht gegen Flugbetriebshandbuch
Band V, Kap. 8, Ziffer 0801, verstoßen, da insoweit davon
auszugehen war, dass hierfür eine Genehmigung des
Kommodore vorlag. Er hat durch die Planung der Ü-
bungsangriffe auch nicht gegen Flugbetriebshandbuch
Band III/1, Kap. 08, Ziffer 08000, verstoßen, da die Ü-
bungsangriffe innerhalb der Kontrollzone stattfanden und
die genannte Ziffer des Flugbetriebshandbuches nur au-
ßerhalb der Kontrollzone Anwendung findet. Durch die
Planung der Übungsangriffe unter der bloßen Angabe
‚AFP’ ohne die entsprechende Beauftragung ‚T25’
(s. TCTP Beilage 4, Abschnitt IV) im Flugauftrag hat der
Soldat seine Pflicht verletzt, der Achtung und dem Ver-
trauen gerecht zu werden, die sein Dienst als Soldat er-
fordert (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SG), denn es war von ihm zu
erwarten, dass er sich an den selbst erstellten Flugauftrag
hält, der für ihn kein Befehl war, weil der Befehl das Han-
deln eines militärischen Vorgesetzten voraussetzt (§ 2
Nr. 2 WStG). Durch die Festsetzung der Angriffshöhe auf
200 ft AGL, anstatt der gemäß FBH Bd. III/1, Kap. 08, Zif-
fer 08800, vorgeschriebenen 250 ft AGL, die Vorgabe der
Mindestangriffshöhe von 145 ft AGL und einer absoluten
Minimumhöhe von 100 ft AGL, hat der Soldat seine Pflich-
ten verletzt, seinen Vorgesetzten zu gehorchen (§ 11
Abs. 1 SG), für seine Untergebenen zu sorgen (§ 10
Abs. 3 SG), die Rechte des Kameraden zu achten (§ 12
Satz 2 SG) sowie der Achtung und dem Vertrauen gerecht
zu werden, die sein Dienst als Soldat erfordert (§ 17
Abs. 2 Satz 1 SG). Die Festsetzung der Mindestangriffs-
höhe im Flugbetriebshandbuch Band III/1 stellt einen Be-
fehl dar, der auch aus Sicherheitsgründen zum Schutz der
Luftfahrzeugbesatzung ergangen ist. Die unter Verletzung
der Mindestangriffshöhe betriebenen Planungen des Sol-
daten erhöhten ohne dienstlichen Zweck das Risiko für
den Zeugen L. und waren deshalb unfürsorglich und un-
kameradschaftlich. Der Soldat wusste, dass die Mini-
mumhöhe von 100 ft AGL nicht der Vorgabe des FBH
entsprach und wollte, was er tat. Er handelte deshalb vor-
sätzlich.
Zu Anschuldigungspunkt 3
Bei der Durchführung von drei Übungsangriffsflügen
(13:13 Uhr Z, 13:19 Uhr Z, 13:29 Uhr Z in einer Flughöhe
von 92 ft AGL, 79 ft AGL und 87 ft AGL) unter Unter-
schreitung der gemäß Flugbetriebshandbuch Band III/1,
Kap. 08, Ziffer 08800, vorgeschriebenen Mindestangriffs-
höhe von 250 ft AGL, hat der Soldat auch bei der Durch-
- 25 -
führung des Fluges die unter Ziffer 2 aufgeführten soldati-
schen Pflichten vorsätzlich verletzt.
Durch die Überschreitung der gemäß FBH Band III/1, Kap.
01, Ziffer 01420, grundsätzlich gebotenen Höchstflugge-
schwindigkeit von 250 Kts IAS (Ziffer 3e) hat der Soldat in
elf Fällen pflichtwidrig gehandelt, nämlich um 13:09 Uhr Z,
13:10 Uhr Z, 13:11 Uhr Z, 13:17 Uhr Z, 13:22 Uhr Z, 13:30
Uhr Z, 13:31 Uhr Z, 13:32 Uhr Z, während des Vollkreises
um 13:32 Uhr Z, um 13:34 Uhr Z und 13:35 Uhr Z. Die
Überschreitung der Höchstfluggeschwindigkeit während
der Übungsangriffsflüge um 13:13 Uhr Z, 13:19 Uhr Z und
13:29 Uhr Z war aufgrund der Genehmigung des
Angriffsverfahrens von der Geschwindigkeit her
gerechtfertigt, so dass der Soldat in drei Fällen von dem
Vorwurf pflichtwidrigen Verhaltens freizustellen war.
Aufgrund der Genehmigung des Übungsangriffs war er
auch von dem Vorwurf eines Verstoßes gegen Flugbe-
triebshandbuch Band III/1, Kap. 08, Ziffer 08600, freizu-
stellen. Durch die elffache Überschreitung der befohlenen
Höchstfluggeschwindigkeit hat der Soldat seine Pflicht
verletzt, seinen Vorgesetzten zu gehorchen (§ 11 Abs. 1
Satz 1 SG) sowie der Achtung und dem Vertrauen gerecht
zu werden, die sein Dienst als Soldat erfordert (§ 17
Abs. 2 Satz 1 SG). Als erfahrenem Fluglehrer und Luft-
fahrzeugführer war dem Soldaten die Höchstflugge-
schwindigkeit von 250 Kts IAS bekannt. Er hat diese Ge-
schwindigkeit mit Wissen und Wollen überschritten und
handelte deshalb vorsätzlich.
Durch die Nutzung des Nachbrenners entgegen Flugbe-
triebshandbuch Band III/1, Kap.1, Ziffer 01110, um 13:16
Uhr Z (Ziffer 3f) hat der Soldat gleichfalls seine Pflichten
zum Gehorsam und zu achtungs- und vertrauenswürdi-
gem Verhalten verletzt. Ihm war bewusst, dass die Nut-
zung des Nachbrenners erst ab einer Mindesthöhe von
3000 ft AGL zulässig ist. Der Soldat hat mit Wissen und
Wollen den Nachbrenner unterhalb dieser Höhe angewählt
und damit vorsätzlich gehandelt. Seine Einlassung, er
habe dies aus Flugsicherheitsgründen für notwendig
gehalten, war nicht glaubhaft. Nach den überzeugenden
Ausführungen der Sachverständigen bestand in der fragli-
chen Situation kein Anlass, den Nachbrenner zu nutzen.
Nach Überzeugung der Kammer diente die Nutzung des
Nachbrenners einer nachdrücklichen Darstellung der Leis-
tungsfähigkeit des Luftfahrzeuges und der Herbeiführung
eines besonderen Effektes für die Zuschauer.
- 26 -
Zu Anschuldigungspunkt 4
Durch die Übernahme der Flugdienstleitung während des
Fluges von 13:05 Uhr Z bis 13:47 Uhr Z hat der Soldat
wiederum seine Pflicht zum Gehorsam und zu achtungs-
und vertrauenswürdigem Verhalten verletzt, denn die
Dienstanweisung für den Flugdienstleiter legt vom Wort-
laut her eindeutig fest, dass sich der Flugdienstleiter wäh-
rend seines Dienstes auf dem Fliegerhorst aufzuhalten
hat. Die Dienstanweisung war dem Soldaten bekannt. Er
hat mit Wissen und Wollen gegen diese Dienstanweisung
verstoßen und damit vorsätzlich gehandelt.
Zu Anschuldigungspunkt 5 bis 7
Mit dem Befehl an den Zeugen A., ihn für den Flugtag des
30. Juli 2003 einzuplanen, obwohl das gegen ihn verhäng-
te Flugverbot noch bestand, hat der Soldat seine Pflichten
verletzt, Befehle nur zu dienstlichen Zwecken und unter
Beachtung der Gesetze und Dienstvorschriften zu erteilen
(§ 10 Abs. 4 SG), seinen Vorgesetzten zu gehorchen
(§ 11 Abs. 1 SG), für seine Untergebenen zu sorgen (§ 10
Abs. 3 SG), die Rechte des Kameraden zu achten (§ 12
Satz 2 SG) sowie der Achtung und dem Vertrauen gerecht
zu werden, die sein Dienst als Soldat erfordert (§ 17
Abs. 2 Satz 1 SG). Durch seine wahrheitswidrige Angabe
gegenüber dem Zeugen A., er stehe dem Flugbetrieb wie-
der zur Verfügung, hat er darüber hinaus seine Pflicht zur
Wahrheit in dienstlichen Angelegenheiten (§ 13 Abs. 1
SG) verletzt.
Mit der Durchführung der zwei Flüge am 30. Juli 2003 ver-
letzte der Soldat wiederum seine Pflicht zum Gehorsam
und zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten.
Von dem Vorwurf, dem Kommodore nach dessen Rück-
kehr am 07. August 2003 von den durchgeführten Flügen
keine Meldung gemacht zu haben, musste der Soldat frei-
gestellt werden. Der Soldat hätte sich durch eine solche
Meldung selber belasten müssen. Im Falle einer Verneh-
mung durch den Kommodore hätte er sich auf sein Aus-
sageverweigerungsrecht berufen können. Dieses kann
nicht durch die Konstruktion einer Verpflichtung zur Mel-
dung umgangen werden.
Zu Anschuldigungspunkt 8
Durch die Unterzeichnung der am 27. August 2003 erstell-
ten Vernehmungsniederschrift hat der Soldat keine
Dienstpflichten verletzt. Mit seiner Unterschrift unter das
Vernehmungsprotokoll hat er nicht den Anschein erweckt,
dass die Vernehmung am 5. Juli 2003 durchgeführt und
protokolliert wurde und auch nicht wahrheitswidrig bestä-
- 27 -
tigt, vor seiner Vernehmung ordnungsgemäß belehrt wor-
den zu sein. Mit seiner Unterschrift unter die Verneh-
mungsniederschrift hat er ausschließlich bestätigt, dass
das von ihm zur Person und zur Sache in der Verneh-
mungsniederschrift Enthaltene von ihm genehmigt wird.
Zu Anschuldigungspunkt 9
Indem der Soldat in der Meldung an den Kommandeur der
...Luftwaffendivision objektiv unrichtig meldete, ihm sei am
... 2003 der Militärflugzeugführerschein ‚eingezogen’ und
ein Flugverbot für einen Monat verhängt worden und dar-
über hinaus verschwieg, dass er den Militärflugzeugfüh-
rerschein erst am 7. Juli 2003 dem Kommodore ausge-
händigt, diesen aber bereits am 14. Juli 2003 wieder zu-
rückerhalten hatte, hat er seine Pflicht zur Wahrheit in
dienstlichen Angelegenheiten (§ 13 Abs. 1 SG) und zu
achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten im dienstli-
chen Bereich (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SG) verletzt. Der Soldat
erstattete die Meldung vom 1. September 2003 als agie-
render Kommodore des ...geschwaders ... Er hatte in die-
ser Funktion die Pflicht, den Kommandeur der
... Luftwaffendivision umfassend über die Umstände des
‚Entzuges’ des Militärflugzeugführerscheines zu unterrich-
ten, um diesen in die Lage zu versetzen, gegenüber höhe-
ren Kommandobehörden auskunftsfähig zu sein. Dem
Soldaten ist in diesem Punkt fahrlässiges Verhalten zur
Last zu legen; denn er hätte vor Erstattung der Meldung
bei Einsichtnahme in die ZDv 19/11 erkennen können und
müssen, dass seine Meldung objektiv unrichtig war. Er
hätte auch erkennen können und müssen, dass er als a-
gierender Kommodore verpflichtet gewesen wäre, die nä-
heren Umstände des ‚Flugscheinentzuges’ ohne konkrete
Nachfrage zu offenbaren. Eine unzumutbare Selbstbelas-
tung war mit dieser Meldung nicht verbunden, denn die
Verantwortung für die Art und Weise der Durchführung der
‚Entziehung’ trug der Kommodore, Oberst M.
Zu Anschuldigungspunkt 10 und 11
Durch die Vorlage der Meldung vom 2. September 2003
auf dem Dienstweg an den Befehlshaber Luftwaffenfüh-
rungskommando hat der Soldat gleichfalls seine Pflicht zur
Wahrheit in dienstlichen Angelegenheiten (§ 13 Abs. 1
SG) und zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten
im dienstlichen Bereich (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SG) verletzt.
Durch die Beifügung der unter dem Datum 7. Juli 2003 am
27. August 2003 erstellten Verfügungen über den ‚Entzug’
des Militärflugzeugführerscheines bzw. des Militärluftfahr-
zeugbesatzungsscheines hat er den Inhalt der beigefügten
Verfügungen zum Gegenstand seiner Meldung gemacht.
Inhalt seiner Meldung an den Befehlshaber Luft-
- 28 -
waffenführungskommando war deshalb über den von ihm
formulierten Text hinaus, dass die als Anhang beigefügten
Verfügungen am 7. Juli 2003 erstellt und die darin ausge-
sprochenen Maßnahmen so tatsächlich erfolgt sind. Die
so zu verstehende Meldung war inhaltlich unrichtig. Der
Soldat wusste, dass die beigefügten Verfügungen erst am
27. August 2003 erstellt worden waren und inhaltlich nicht
das wiedergaben, was geschehen war. Der Soldat handel-
te deshalb vorsätzlich.
Zu Anschuldigungspunkt 12
Durch den zwischen dem 14. Juli 2003 und 16. Juli 2003
an Major A. erteilten Befehl, während des laufenden Ge-
nehmigungsverfahrens zur Nutzung einer Videokamera
diese am 16. Juli im Cockpit mitführen und Filmaufnah-
men machen zu lassen, hat der Soldat seine Pflicht zur
Fürsorge (§ 10 Abs. 3 SG) und Kameradschaft (§ 12
Satz 2 SG) verletzt; denn er hat den Zeugen A. in die Ge-
fahr disziplinarer Verfolgung gebracht. Er ist hierdurch
gleichzeitig auch nicht der Achtung und dem Vertrauen
gerecht geworden, die sein Dienst als Soldat erfordert
(§ 17 Abs. 2 Satz 1 SG). Den angeschuldigten Verstoß
gegen die Gehorsamspflicht wegen eines Handelns ent-
gegen FBH Band III/1, Kap. 03, Ziffer 03230, und Kap. 14,
Ziffer 14400, hielt die Kammer für nicht gegeben. Die ent-
sprechenden Ziffern des Flugbetriebshandbuches definie-
ren die Standardflugausrüstung, die ein Besatzungsmit-
glied unter bestimmten Umständen mitzunehmen hat. Sie
stellen ausdrücklich klar, dass die Luftfahrzeugbesatzung
die Verantwortung dafür hat, dass die dort genannten Ge-
genstände verfügbar sind. Ein Verbot der Mitführung wei-
terer Gegenstände im Cockpit kann der Bestimmung nicht
entnommen werden. Gegen diese Auslegung spricht be-
reits die in der Luftwaffe geübte Praxis, neben den in Ziffer
03230 genannten Ausrüstungsgegenständen für Zwecke
der Navigation z.B. eine Tasche mit Kartenmaterial und
ein so genanntes ‚Klemmbrett’ mit an Bord zu nehmen.
Die Pflichtwidrigkeit seines Verhaltens und die an-
sehensschädigende Wirkung ergibt sich daraus, dass der
Soldat auf Veranlassung des Kommodore eine Ausnah-
megenehmigung beantragte und ohne diese abzuwarten,
in Kenntnis der anderen Erwartung des Kommodore han-
delte. Indem der Soldat nach Eingang des ablehnenden
Bescheides des Luftwaffenführungskommandos dem
Zeugen L. den Befehl zur Mitführung einer Videokamera
erteilte, hat er auch hier gegen seine Pflichten zur Fürsor-
ge, Kameradschaft sowie zu achtungs- und vertrauens-
würdigem Verhalten verstoßen. Die ablehnende Entschei-
dung des Luftwaffenführungskommandos stellte sich als
Verbot des Luftwaffenführungskommandos dar, während
des Fluges eine Videokamera mitzuführen, und war für
- 29 -
den Soldaten ein Befehl. Er hat daher zusätzlich seine
Pflicht verletzt, seinen Vorgesetzten zu gehorchen (§ 11
Abs. 1 Satz 1 SG). Sein Befehl an den Zeugen L. lief zu-
dem dem Verbot des Luftwaffenführungskommandos und
damit dienstlichen Zwecken zuwider, so dass der Soldat
auch seine Pflicht verletzt hat, Befehle nur zu dienstlichen
Zwecken zu erteilen (§ 10 Abs. 4 SG). Der Soldat wusste
und wollte, was er tat, und handelte vorsätzlich.
Der Soldat hat seine Dienstpflichten schuldhaft - teils vor-
sätzlich, teils fahrlässig - verletzt und ein Dienstvergehen
gemäß § 23 Abs. 1 SG begangen.“
Nachdem der Antragsteller sich nach Rechtskraft des truppendienstlichen Ur-
teils zur Fortsetzung des Beschwerdeverfahrens geäußert hatte, wies der In-
spekteur der Luftwaffe mit Bescheid vom 27. September 2005 die Beschwerde
des Antragstellers gegen den endgültigen Entzug der Erlaubnis zum Führen
von Luftfahrzeugen der Bundeswehr zurück. Aufgrund der bindenden Tatsa-
chenfeststellungen im Urteil des Truppendienstgerichts stehe fest, dass die von
dem Antragsteller schuldhaft begangenen vielfältigen Verstöße gegen fliegeri-
sche Vorschriften und soldatische Pflichten einen erheblichen Charaktermangel
und eine Gefahr für die Flugsicherheit begründeten und den endgültigen Entzug
der Flugerlaubnis zwingend erforderten. Ungeachtet der Tatsache, dass der
Antragsteller von einzelnen Anschuldigungspunkten ganz oder teilweise
freigestellt worden sei, machten die der Verurteilung zugrunde liegenden Vor-
kommnisse in ihrer Gesamtheit deutlich, dass bei dem Antragsteller ein unzu-
reichendes Verantwortungsbewusstsein, eine unzulängliche Vorschriftentreue,
mangelnde Willenskraft und eine inkorrekte Dienstauffassung vorlägen. Es sei
nicht mit der erforderlichen Gewissheit auszuschließen, dass der Antragsteller
nicht auch zukünftig seiner eigenen Lagebeurteilung unzulässigerweise den
Vorrang vor Befehlen und Dienstvorschriften einräumen werde. Die Vielzahl der
Pflichtverletzungen und die Tatsache, dass der Antragsteller in unterschiedli-
chen Situationen jeweils einen neuen Entschluss zu pflichtwidrigem Handeln
fassen musste, verbiete es, sein Verhalten als einmaliges, situationsbedingtes
„Augenblicksversagen“ zu werten. An diesem Ergebnis würden auch die in den
Beurteilungen dokumentierten guten dienstlichen, insbesondere fliegerischen
Leistungen des Antragstellers, die ihm attestierte persönliche Integrität sowie
sein unbedingter Einsatzwille nichts ändern. Nicht zu beanstanden sei auch der
- 30 -
dauerhafte Entzug der Erlaubnis. Wer wie der Antragsteller als Stabsoffizier,
fliegerischer Vorgesetzter und Fluglehrer an einem Familientag vor den ihm un-
terstellten Soldaten und deren Familien in krasser Weise mehrfach gegen flie-
gerische Vorschriften verstoße, sich über ein Flugverbot hinwegsetze und als
amtierender Geschwaderkommodore, wiederum für Untergebene erkennbar,
Befehle bewusst missachte, biete dauerhaft nicht mehr die Gewähr dafür, dass
er den charakterlichen Anforderungen, die an einen Luftfahrzeugführer zu stel-
len sind, genügen werde. Indem der Antragsteller bei seinen Übungsangriffen
die befohlene Mindestflughöhe drastisch unterschritten und den Radarhöhen-
messer, der vor einer Gefährdung durch Unterschreiten der festgelegten Höhe
akustisch warnen soll, entweder nicht aktiviert oder gar ausgeschaltet habe,
habe er nicht hinnehmbare Risiken in Kauf genommen. Im Interesse der Allge-
meinheit und des Dienstherrn an der strikten und ausnahmslosen Beachtung
flugsicherheitsrelevanter Vorschriften sei es daher unumgänglich, dem An-
tragsteller die Erlaubnis zum Führen von Luftfahrzeugen der Bundeswehr end-
gültig zu entziehen.
Mit Schreiben vom 14. Oktober 2005 legte der Antragsteller weitere Beschwer-
de ein. Zur Begründung nahm er sein gesamtes bisheriges Vorbringen in Be-
zug. Ergänzend führte er aus, dass sich der Befehlshaber des Luftwaffenfüh-
rungskommandos ausschließlich auf Sachverhalte gestützt habe, die den Tat-
vorwürfen der Einleitungsverfügung im gerichtlichen Disziplinarverfahren ent-
nommen seien. Nach rechtskräftigem Abschluss des gerichtlichen Disziplinar-
verfahrens stehe fest, dass die Entzugsverfügung zu einem erheblichen Teil auf
unrichtigen Tatsachengrundlagen beruhe. Immerhin sei der Antragsteller von
etwa einem Drittel der gegen ihn erhobenen Tatvorwürfe freigestellt worden.
Bereits aus diesem Grunde hätte seiner Beschwerde stattgegeben werden
müssen. Der mitangefochtene Beschwerdebescheid sei aber auch unter Be-
rücksichtigung der Sachverhaltsfeststellungen und der rechtlichen Würdigung
durch das Truppendienstgericht rechtswidrig. In dem Beschwerdebescheid
würden zwar umfangreich die Feststellungen zu den Tatvorwürfen zitiert und
deren disziplinare Würdigung wörtlich wiedergegeben. Zur Vervollständigung
der Entscheidungsgrundlagen seien jedoch auch die Ausführungen des diszip-
linargerichtlichen Urteils zur Persönlichkeit des Antragstellers, insbesondere
12
- 31 -
dessen überdurchschnittliche Beurteilungen, sowie zu den positiven Leu-
mundszeugnissen seiner Vorgesetzten heranzuziehen. Der Antragsteller verfü-
ge über eine Gesamtflugstundenzahl von ca. 3700 Stunden, darunter ca.
800 bis 900 Stunden als Fluglehrer, die er mit weit überdurchschnittlichem
Können geleistet habe. Dem stehe der verfahrensgegenständliche Flug
gegenüber, der disziplinar geahndet worden sei. Aus diesem lasse sich kein
Schluss auf die mangelnde charakterliche Eignung des Antragstellers zum Füh-
ren von Militärluftfahrzeugen ziehen. Es könne nicht davon ausgegangen wer-
den, dass es sich dabei um ein bewusst leichtfertiges Verhalten eines beson-
ders pflichtvergessenen und leichtfertigen Fliegeroffiziers mit Wiederholungsge-
fahr gehandelt habe. Vielmehr sei im Gegenteil von einer einmaligen persön-
lichkeitsfremden Fehlhandlung und völlig atypischen Verhaltensweise auszuge-
hen, die sich weder in dieser Form noch ähnlich wiederholen werde. Wegen der
Ablösung des Antragstellers aus der Verwendung als Stellvertretender Kom-
modore des ...geschwaders ... sei auch die übereilte Entziehung nicht notwen-
dig gewesen. Ein einzuberufender Untersuchungsausschuss hätte einen Ent-
scheidungsvorschlag unterbreitet, der keinesfalls zu dem Ergebnis gelangt wä-
re, dem Antragsteller die Erlaubnis wegen charakterlicher Ungeeignetheit zu
entziehen.
Mit Bescheid vom 31. Juli 2006 wies der Bundesminister der Verteidigung
- PSZ I 7 - die weitere Beschwerde zurück. Der Entzug der militärischen Fluger-
laubnis sei formell und materiell rechtmäßig erfolgt. Die bindenden Tastsachen-
feststellungen des Disziplinarurteils zu den Verstößen des Antragstellers gegen
fliegerische Vorschriften und soldatische Pflichten begründeten in ihrer Ge-
samtheit einen erheblichen Charaktermangel und eine Gefahr für die allgemei-
ne Flugsicherheit. Danach stehe fest, dass sich der Antragsteller in einer Reihe
von Geschehenskomplexen im direkten bzw. engen Zusammenhang mit seiner
fliegerischen Tätigkeit dienstpflichtwidrig verhalten habe. Es handele sich auch
nicht um einen einmaligen, wesensfremden, situationsbedingten „Aussetzer“.
Der Antragsteller habe in verschiedenen Situationen, nämlich bei der Planung
des Familientags, bei der Durchführung des Flugs am Familientag, bei den Flü-
gen trotz bestehenden Flugverbots, bei dem flugbezogen unkorrekten Verhalten
gegenüber seinen Vorgesetzten und schließlich bei dem Einsatz der Video-
13
- 32 -
kamera ohne bzw. trotz versagter Genehmigung in erheblichem Maße und über
einen längeren Zeitraum wiederholt gegen geltende Bestimmungen, insbeson-
dere zur Gewährleistung eines sicheren Flugbetriebs, verstoßen. An der nega-
tiven Prognose würden auch die in den Beurteilungen dokumentierten guten
dienstlichen, insbesondere fliegerischen Leistungen nichts ändern. Die während
des Flugtags bei dem Antragsteller zu Tage getretene grundlose Risikobe-
reitschaft, die mangelhafte Crew-Koordination und Zusammenarbeit mit der
Flugsicherung während des Flugs sowie die damit einhergehende unzulängli-
che Befehlstreue würden deutliche Schatten auf das in den Beurteilungen ge-
zeichnete Leistungs- und Persönlichkeitsbild werfen. Das hinsichtlich der Dauer
des Entzugs eingeräumte Ermessen sei fehlerfrei ausgeübt worden. Im Falle
des Antragstellers sei eine nur befristete Entziehung nicht in Betracht gekom-
men, weil er nicht mehr dauerhaft die Gewähr dafür biete, die für die Aufrecht-
erhaltung der Sicherheit des Flugverkehrs sowie zum Schutze von Mensch und
Material aufgestellten Flugvorschriften einzuhalten. Die Schwere des von dem
Antragsteller begangenen Dienstvergehens und die hinsichtlich seines künftigen
Verhaltens zu treffende Prognose ließen keine andere Entscheidung zu. Wenn
hochrangige Rechtsgüter, wie das Leben von Luftfahrzeugbesatzungs-
angehörigen und unbeteiligten Dritten, bereits durch kurze und an sich gering-
fügige menschliche Fehlleistungen gefährdet werden könnten, sei bereits eine
geringe Eintrittswahrscheinlichkeit eines solchen Schadens ausreichend, um
einen Soldaten wegen der in seiner Person liegenden Risiken von der Tätigkeit
auszuschließen.
Mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 18. August 2006 bean-
tragte der Antragsteller die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Der
Antrag wurde vom Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - mit seiner Stel-
lungnahme vom 28. August 2006 dem Senat vorgelegt.
14
- 33 -
Zur Begründung nimmt der Antragsteller Bezug auf sein gesamtes bisheriges
Vorbringen und trägt ergänzend insbesondere vor:
Der Entzug der militärischen Luftfahrerlaubnis sei ermessensfehlerhaft und un-
ter Verstoß gegen die Fürsorgepflicht ergangen. Die Entzugsverfügung sei
schon deshalb rechtswidrig, weil der Befehlshaber des Luftwaffenführungs-
kommandos seine Entscheidung lediglich auf die - durch das Urteil des Trup-
pendienstgerichts nicht in vollem Umfange bestätigten - Vorwürfe in der Einlei-
tungsverfügung gestützt habe. Aber auch auf der Basis der rechtskräftigen
Feststellungen des Truppendienstgerichts sei die endgültige, d.h. auf Lebens-
zeit des Antragstellers wirkende Entziehung der Erlaubnis „aus charakterlichen
Gründen“ nicht gerechtfertigt. Die offensichtlich in allen drei angefochtenen Be-
scheiden zugrunde gelegte Feststellung „wiederholter Verstöße“ gegen fliegeri-
sche Vorschriften komme dadurch zustande, dass der Gesamttatvorwurf gegen
den Antragsteller in eine Vielzahl von Verstößen während ein und desselben,
weniger als eine Stunde dauernden Fluges aufgespalten und dem Antragsteller
sodann als eine Aneinanderreihung von Dienstpflichtverletzungen zur Last ge-
legt werde. Die vom Truppendienstgericht disziplinarisch geahndeten Verstöße
seien jedoch als Verstoß gegen fliegerische Vorschriften - etwa wie beim
früher im Strafrecht anerkannten Fortsetzungszusammenhang - zu betrachten.
Dies führe dazu, dass nicht von der Anzahl von Einzelverstößen gegen Vor-
schriften, sondern von dem missratenen Flug insgesamt auszugehen sei.
Bei diesem Flug handele es sich um ein einmaliges persönlichkeitsfremdes
Versagen, aus dem sich eine charakterliche Nichteignung des Antragstellers
nicht herleiten lasse. Soweit das Truppendienstgericht dem Antragsteller ledig-
lich fahrlässiges Verhalten zur Last gelegt habe, lasse dies den Schluss auf ei-
nen erheblichen Charaktermangel von vornherein nicht zu. Ferner habe das
Truppendienstgericht in den Ausführungen zu den Milderungsgründen und zur
Gewichtung solcher Umstände ausgeführt, dass die Vorgesetzten des An-
tragstellers ein erhebliches, diesen entlastendes Mitverschulden bzw. eine Mit-
verantwortung treffe, und im Übrigen die bisherigen dienstlichen Leistungen des
Antragstellers uneingeschränkt zu dessen Gunsten gewürdigt. Aus den Ur-
teilsgründen gehe ferner hervor, dass der Antragsteller den Angehörigen des
Geschwaders und deren Familienangehörigen an dem Familientag ein beson-
15
- 34 -
deres „Wir-Gefühl“ und Stolz habe vermitteln wollen; es sei ihm nicht um fliege-
rische Selbstdarstellung gegangen.
Der Antragsteller beantragt,
die Verfügung des Befehlshabers des Luftwaffenfüh-
rungskommandos vom 28. Januar 2004 sowie den Be-
schwerdebescheid des Inspekteurs der Luftwaffe vom
27. September 2005 und den weiteren Beschwerdebe-
scheid des Bundesministers der Verteidigung vom 31. Juli
2006 aufzuheben.
Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Die durch den Inspekteur der Luftwaffe bestätigte Entscheidung des Befehls-
habers des Luftwaffenführungskommandos, dem Antragsteller die militärische
Flugerlaubnis endgültig zu entziehen, sei nicht zu beanstanden. Die dabei zu-
grunde gelegten Tatsachen beschränkten sich keineswegs auf die Vorkomm-
nisse während des Flugtags. Vielmehr habe der Befehlshaber des Luftwaffen-
führungskommandos seine Entscheidung auch auf weitere, zeitlich und sachlich
davon zu trennende Vorkommisse gestützt, die in gleicher Weise auf erhebliche
charakterliche Mängel des Antragstellers schließen ließen. Das Vorliegen eines
erheblichen Charaktermangels und einer Gefahr für die allgemeine
Flugsicherheit werde dadurch erhärtet, dass sich der Antragsteller in Kenntnis
der Pflichtwidrigkeit seines während des Flugtags gezeigten Verhaltens entge-
gen einem wirksamen Flugverbot noch zu zwei Flügen habe einteilen lassen
und er als amtierender Geschwaderkommodore seinen Vorgesetzten unrichtige
Meldungen erstattet habe. Die sich aus unterschiedlichen und zeitlich gestaffel-
ten Lebenssachverhalten ergebenden zahlreichen Verstöße gegen fliegerische
Vorschriften und soldatische Pflichten würden in ihrer Gesamtheit verdeutli-
chen, dass der Antragsteller dauerhaft nicht mehr die jederzeitige Gewähr dafür
biete, die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit des Luftverkehrs sowie zum
Schutz von Mensch und Material aufgestellten Vorschriften einzuhalten.
16
17
18
- 35 -
Wegen des Vorbringens im Einzelnen wird auf den Inhalt der Schriftsätze der
Beteiligten sowie der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakten des In-
spekteurs der Luftwaffe (Az.: FüL/RB 25-05-11 B 003/04) und des Bundesmi-
nisteriums der Verteidigung - PSZ I 7 - (Az.: 25-05-12 593/06), die Personal-
grundakte des Antragstellers, Hauptteile A bis D, sowie das Urteil des Trup-
pendienstgerichts Nord vom 11. April 2005 (Az.: N 8 VL 23/04) haben dem Se-
nat bei der Beratung vorgelegen.
II
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.
Für die Überprüfung des Entzugs einer Erlaubnis zum Führen von Luftfahrzeu-
gen der Bundeswehr ist der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten - hier zum
Bundesverwaltungsgericht als sachlich zuständigem Gericht (§ 21 Abs. 1
WBO) - eröffnet (vgl. zuletzt Beschluss vom 8. Mai 2001 - BVerwG 1 WB
15.01 - Buchholz 442.40 § 30 LuftVG Nr. 6 = NZWehrr 2001, 165). Militärische
Erlaubnisse, deren Vorliegen Voraussetzung für eine bestimmte Verwendung
ist, stehen in einem untrennbaren sachlichen Zusammenhang mit dieser Ver-
wendung. Streitigkeiten über die Erteilung oder die Versagung bzw. den Entzug
solcher Erlaubnisse betreffen deshalb - ebenso wie Streitigkeiten über die ent-
sprechende Verwendungsentscheidung - truppendienstliche Maßnahmen und
sind nicht vor den allgemeinen Verwaltungsgerichten, sondern vor den Wehr-
dienstgerichten zu führen (vgl. ebenso für die Entziehung der Kraftfahrzeug-
fahrerlaubnis der Bundeswehr Beschlüsse vom 15. Februar 1968 - BVerwG
1 WB 37.67 - BVerwGE 33, 62 <64>, vom 20. Dezember 1978 - BVerwG 1 WB
61.78 - ZBR 1981, 134 und vom 16. Januar 1980 - BVerwG 1 WB 93.79 -; für
die Erteilung bzw. den Widerruf der Anerkennung als amtlich anerkannter Prü-
fer für den Kraftfahrzeugverkehr Beschlüsse vom 22. November 1983 - BVerwG
1 WB 20.82 - NZWehrr 1986, 257 und vom 30. Januar 1996 - BVerwG 1 WB
87.95 - Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 9).
19
20
21
- 36 -
Der endgültige Entzug der Erlaubnis zum Führen von Luftfahrzeugen der Bun-
deswehr (nebst Beiblatt „F“ zum Militärluftfahrzeugführerschein) durch die Ver-
fügung des Befehlshabers der Luftwaffenführungskommandos vom 28. Januar
2004 in der Gestalt des Beschwerdebescheids des Inspekteurs der Luftwaffe
vom 27. September 2005 sowie des weiteren Beschwerdebescheids des Bun-
desministers der Verteidigung vom 31. Juli 2006 ist rechtmäßig und verletzt den
Antragsteller nicht in seinen Rechten.
1. Die Bundeswehr kann gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 des Luftverkehrsgesetzes
(LuftVG) von den Vorschriften des Ersten Abschnitts dieses Gesetzes - ausge-
nommen die §§ 12, 13 und 15 bis 19 - sowie von den zu seiner Durchführung
erlassenen Vorschriften - insbesondere der Luftverkehrszulassungsordnung
(LuftVZO) - abweichen, soweit dies zur Erfüllung ihrer besonderen Aufgaben
unter Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung erforderlich ist.
Aufgrund dieser Ermächtigung hat der Bundesminister der Verteidigung die
„Zulassungsordnung für Führer von Luftfahrzeugen der Bundeswehr“ (ZDv
19/11) erlassen. Sie sieht unter anderem spezielle Regelungen für den Entzug
von Erlaubnissen und Berechtigungen vor, die im militärischen Bereich an die
Stelle der für den zivilen Luftverkehr geltenden Vorschriften über den Widerruf
und das Ruhen der Erlaubnis (§ 4 Abs. 1 und 3 LuftVG, § 29 LuftVZO) treten.
Danach sind Erlaubnisse und Berechtigungen zum Führen von Luftfahrzeugen
der Bundeswehr - unter anderem - dann zu entziehen, wenn bei ihrem Inhaber
erhebliche charakterliche oder geistige Mängel, besonders Mangel an Verant-
wortungsbewusstsein oder Willenskraft, festgestellt worden sind (Nr. 124 Satz 1
1. Spiegelstrich ZDv 19/11). Der Entzug kann befristet oder endgültig erfolgen
(Nr. 124 Satz 2 ZDv 19/11). Diese Regelungen sind, wie der Senat mehrfach
entschieden hat, rechtlich nicht zu beanstanden (vgl. Beschlüsse vom 16. Ja-
nuar 1985 - BVerwG 1 WB 27.84 -, vom 28. November 1991 - BVerwG 1 WB
74.91 - und vom 8. Mai 2001 a.a.O.).
Allerdings ist der Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. Beschlüsse
vom 21. Juni 1988 - BVerwG 1 WB 40.87 - BVerwGE 86, 33 <41> = NZWehrr
1989, 72 und vom 8. Mai 2001 a.a.O. mit zahlreichen Nachweisen) davon aus-
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gegangen, dass der Begriff der „charakterlichen oder geistigen Mängel“ (bzw.
- als dessen Gegenstück - der „charakterlichen oder geistigen Eignung“ im Sin-
ne von Nr. 113 1. Spiegelstrich ZDv 19/11) einen unbestimmten Rechtsbegriff
darstellt, bei dessen Ausfüllung dem zuständigen Vorgesetzten ein Beurtei-
lungsspielraum zusteht. Demzufolge beschränkte sich die gerichtliche Recht-
mäßigkeitskontrolle darauf, zu prüfen, ob der Vorgesetzte von einem unrichti-
gen Sachverhalt ausgegangen ist, den anzuwendenden Begriff oder den ge-
setzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt, allgemein gül-
tige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder
gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat.
An dieser Rechtsprechung hält der Senat nicht fest. Auslegung und Anwendung
des unbestimmten Rechtsbegriffs der „charakterlichen oder geistigen Mängel“
- ebenso wie der übrigen Entzugstatbestände der Nr. 124 Satz 1 2. bis
4. Spiegelstrich ZDv 19/11 („unzureichende fachliche Kenntnisse oder Leistun-
gen“, „schwere schuldhafte Verstöße gegen die für Sicherheit und Ordnung in
der Luftfahrt erlassenen Bestimmungen“, „andere die Flugsicherheit gefähr-
dende Tatsachen“) - unterliegen in vollem Umfang der Nachprüfung durch die
Wehrdienstgerichte. Die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG gewährleis-
tet dem Einzelnen, der sich durch die öffentliche Gewalt in eigenen Rechten
verletzt glaubt, nicht nur den Zugang zu den Gerichten, sondern auch einen
wirksamen Rechtsschutz; daraus ergibt sich grundsätzlich die Pflicht der Ge-
richte, die angefochtene Entscheidung in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht
vollständig nachzuprüfen. Nur ausnahmsweise und bei Vorliegen besonderer
Voraussetzungen ist es gerechtfertigt, der Verwaltungsbehörde oder sonstigen
Stelle einen eigenen, gerichtlicher Kontrolle nicht oder nur beschränkt zugängli-
chen Beurteilungsspielraum einzuräumen (Urteil vom 21. Dezember 1995
- BVerwG 3 C 24.94 - BVerwGE 100, 221 <225> = Buchholz 418.04 Heilprakti-
ker Nr. 20 sowie Beschluss vom 22. September 2005 - BVerwG 1 WB 4.05 -
Buchholz 236.110 § 2 SLV 2002 Nr.6, jeweils m.w.N.; vgl. ferner Urteil vom
6. Oktober 1998 - BVerwG 6 C 11.98 - BVerwGE 107, 245 <253> = Buchholz
448.0 § 13a WPflG Nr. 25).
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Ein solcher Ausnahmefall ist bei dem Begriff der „charakterlichen oder geistigen
Mängel“ im Sinne von Nr. 124 Satz 1 1. Spiegelstrich ZDv 19/11 nicht gege-
ben. Zweck der Vorschriften über den Luftverkehr und dabei insbesondere der
Vorschriften über die Erteilung und den Widerruf bzw. Entzug von Luftfahrer-
laubnissen ist die Gewährleistung der Flugsicherheit. Für den zivilen Bereich ist
anerkannt, dass sich deshalb die Beurteilung der „Zuverlässigkeit“ eines Be-
werbers im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 LuftVG allein an dem Zweck, Ge-
fahren für die Sicherheit und Ordnung des Luftverkehrs zu vermeiden, zu orien-
tieren hat (vgl. Schwenk/Giemulla, Handbuch des Luftverkehrsrechts, 3. Aufl.
2005, S. 443). Nichts anderes gilt im militärischen Bereich, wie sich aus den
Entzugstatbeständen der Nr. 124 Satz 1 ZDv 19/11, insbesondere dem Auf-
fangtatbestand der Nr. 124 Satz 1 4. Spiegelstrich ZDv 19/11 („andere die
Flugsicherheit gefährdende Tatsachen“) ergibt. Für die Beurteilung bestimmter
Umstände oder Vorkommnisse und für die Frage, ob aufgrund dessen das Vor-
liegen „charakterlicher oder geistiger Mängel“ anzunehmen ist, kann im Einzel-
fall die Heranziehung eines Sachverständigen erforderlich sein. Es ist jedoch
- ausgehend von dem Gesetzeszweck der Gewährleistung der Flugsicherheit -
nicht ersichtlich, dass es sich hierbei um eine allein dem Dienstherrn bzw. dem
Vorgesetzten vorbehaltene und deshalb einen Beurteilungsspielraum rechtferti-
gende fachliche Bewertung handelt. Deshalb unterliegt die Anwendung des un-
bestimmten Rechtsbegriffs der „charakterlichen oder geistigen Mängel“ im Sin-
ne von Nr. 124 Satz 1 1. Spiegelstrich ZDv 19/11 - ebenso wie die Anwendung
des unbestimmten Rechtsbegriffs der „Zuverlässigkeit“ im Sinne von § 4 Abs. 1
Satz 2 Nr. 3 LuftVG (vgl. Hofmann/Grabherr, Luftverkehrsgesetz, Stand Mai
2006, § 4 Rn. 28 und 60; Schmid, in: Giemulla/Schmid, Luftverkehrsgesetz,
Stand Oktober 2007, § 4 Rn. 61 m.w.N.) und ähnlicher, im Gefahrenabwehr-
recht häufig verwendeter Eignungsmerkmale - in vollem Umfang der gerichtli-
chen Kontrolle. Dies entspricht im Übrigen der Rechtsprechung des Senats zu
anderen militärischen Erlaubnissen, bei denen die Anwendung vergleichbarer,
auf die Eignung bezogener unbestimmter Rechtsbegriffe ebenfalls einer vollen
gerichtlichen Kontrolle unterstellt ist (vgl. zur Eignung zum Führen von Bundes-
wehrkraftfahrzeugen Beschlüsse vom 15. Februar 1968 - BVerwG 1 WB 37.67 -
BVerwGE 33, 62 <65> und vom 20. Dezember 1978 - BVerwG 1 WB 61.78 -
ZBR 1981, 134; zur körperlichen Eignung für die Tätigkeit als amtlich
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anerkannter Prüfer für den Kraftfahrzeugverkehr Beschluss vom 30. Januar
1996 - BVerwG 1 WB 87.95 - Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 9; zur charakterlichen
Eignung für den Flugsicherungskontrolldienst Beschlüsse vom 6. Dezember
1972 - BVerwG 1 WB 137.71 - und vom 27. Juni 1973 - BVerwG 1 WB 17.73 -).
2. Bei dem Antragsteller liegen erhebliche charakterliche Mängel im Sinne von
Nr. 124 Satz 1 1. Spiegelstrich ZDv 19/11 vor. Die Erlaubnis des Antragstellers
zum Führen von Luftfahrzeugen der Bundeswehr war daher - zwingend - zu
entziehen.
Im Verfahren über einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen Maßnah-
men, denen - wie hier - unmittelbar oder mittelbar der Vorwurf eines Dienstver-
gehens zugrunde liegt, ist der Senat an die tatsächlichen Feststellungen und die
rechtliche Würdigung gebunden, auf denen die Entscheidung im sachgleichen
disziplinargerichtlichen Verfahren beruht (§ 145 Abs. 2 WDO; vgl. Beschluss
vom 21. Juni 1988 - BVerwG 1 WB 40.87 - BVerwGE 86, 33 =
NZWehrr 1989, 72). Das Truppendienstgericht Nord hat den Antragsteller mit
dem rechtskräftigen Urteil vom 11. April 2005 (Az.: N 8 VL 23/04) zwar von
einer Reihe von Vorwürfen im Zusammenhang mit dem Geschehen, das auch
dem Entzug der militärischen Flugerlaubnis zugrunde liegt, aus tatsächlichen
oder rechtlichen Gründen freigestellt. Überwiegend hat es jedoch in den gegen
den Antragsteller erhobenen Anschuldigungen Dienstpflichtverletzungen
erkannt und gegen ihn wegen eines Dienstvergehens ein Beförderungsverbot
für die Dauer von 30 Monaten verbunden mit einer Kürzung der Dienstbezüge
um ein Zwanzigstel für die Dauer von 12 Monaten verhängt.
Als Dienstpflichtverletzungen hat das Truppendienstgericht insbesondere die
folgenden Punkte gewürdigt: Der Antragsteller habe bei der Vorbereitung seiner
Flugvorführung auf dem Familientag am ... 2003 fahrlässig widersprüchliche
Angaben in Flugauftrag und Flugplan eingetragen; ferner habe er es, nachdem
am Familientag die Wetterverhältnisse gewechselt hätten, fahrlässig unterlas-
sen, den Flugauftrag zu ändern und das Flugdatenblatt abzugeben (Anschuldi-
gungspunkt 1). Der Antragsteller habe Übungsangriffe ohne die entsprechende
Beauftragung im Flugauftrag geplant und hierfür vorsätzlich zu niedrige Min-
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destangriffshöhen festgesetzt (Anschuldigungspunkt 2). Im Rahmen seiner
Flugvorführung am Familientag habe der Antragsteller bei drei Übungsangriffs-
flügen vorsätzlich die zulässige Mindestangriffshöhe unterschritten; vorsätzlich
habe er außerdem in insgesamt elf Fällen die zulässige Höchstfluggeschwin-
digkeit überschritten und in einem Fall entgegen den Bestimmungen des Flug-
betriebshandbuchs den Nachbrenner benutzt (Anschuldigungspunkt 3). Eben-
falls vorsätzlich habe der Antragsteller während seiner Flugvorführung gleich-
zeitig die Aufgabe der Flugdienstleitung übernommen, obwohl sich der Flug-
dienstleiter während seines Dienstes nach der eindeutigen Dienstanweisung auf
dem Fliegerhorst aufzuhalten habe (Anschuldigungspunkt 4). Nachdem gegen
ihn wegen der Vorfälle auf dem Familientag ein Flugverbot verhängt worden sei,
habe der Antragsteller - unter wahrheitswidrigen Angaben gegenüber dem
Staffelkapitän - den Befehl erteilt, ihn für den Flugtag am 30. Juli 2003
einzuplanen, und an diesem Tag auch tatsächlich zwei Flüge, davon einen als
Fluglehrer, durchgeführt (Anschuldigungspunkte 5 bis 7). Außerdem habe er
am 1. September 2003 dem Kommandeur der ... Luftwaffendivision fahrlässig
eine objektiv unrichtige Meldung über die näheren Umstände des gegen ihn,
den Antragsteller, verhängten Flugverbots erstattet (Anschuldigungspunkt 9).
Ferner habe er am 2. September 2003 einer Meldung an den Befehlshaber des
Luftwaffenführungskommandos vorsätzlich zwei auf den 7. Juli 2003 datierte
Verfügungen über den Entzug seines Militärflugzeugführerscheins bzw. des Mi-
litärluftfahrzeugbesatzungsscheins des am Familientag mitfliegenden Waffen-
systemoffiziers beigefügt, obwohl er gewusst habe, dass diese Verfügungen
erst am 27. August 2003 verfasst worden und zudem inhaltlich unrichtig gewe-
sen seien (Anschuldigungspunkte 10 und 11). Schließlich habe der Antragstel-
ler ihm unterstellten Soldaten zu nicht dienstlichen Zwecken befohlen, bei Flü-
gen am 16. Juli und 7. August 2003 eine Videokamera im Cockpit mitzuführen
und Luftbildaufnahmen zu fertigen, was diese der Gefahr disziplinarer Verfol-
gung ausgesetzt habe; im Falle des ersten Flugs habe der Antragsteller die von
ihm beantragte Erteilung einer Ausnahmegenehmigung für diese Aufnahmen
nicht abgewartet, im Falle des zweiten Flugs habe er den Befehl in Kenntnis der
Ablehnung der Genehmigung durch das Luftwaffenführungskommando erteilt
(Anschuldigungspunkt 12).
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Die Summe dieser Vorfälle lässt bei dem Antragsteller erhebliche charakterliche
Mängel erkennen, die den Entzug der militärischen Luftfahrerlaubnis recht-
fertigen. Es ist zu befürchten, dass der Antragsteller sich auch künftig über Vor-
schriften zur Gewährleistung der Flugsicherheit hinwegsetzt und dadurch die
Sicherheit und Ordnung des Luftverkehrs gefährdet.
Dem Antragsteller fallen - in zunächst rein quantitativer Hinsicht - eine Vielzahl
von Dienstpflichtverletzungen zur Last. Es handelt sich dabei nicht, wie es die
Antragsbegründung darstellt, um einen künstlich in Einzelverstöße aufgespal-
tenen einheitlichen Lebenssachverhalt. Die Pflichtverletzungen erstrecken sich
vielmehr über einen Zeitraum von rund zwei Monaten und umfassen deutlich
voneinander abgesetzte Geschehen wie die Vorbereitung des Familientags, die
Flugvorführung am Familientag (... 2003), die weiteren Flüge nach Verhängung
des Flugverbots (30. Juli 2003), die unrichtigen Meldungen an Vorgesetzte (1.
und 2. September 2003) sowie die Befehle zu nicht dienstlich veranlassten
Luftbildaufnahmen (Flüge vom 16. Juli und 7. August 2003). Das Verhalten des
Antragstellers kann deshalb auch nicht als ein „einmaliges persönlichkeitsfrem-
des Versagen“ gedeutet werden. Der Antragsteller hatte zwischen den einzel-
nen Sachverhaltskomplexen nicht nur mehrfach die - von ihm nicht genutzte -
Gelegenheit, sich über sein Handeln Rechenschaft abzulegen und zur besseren
Einsicht zu gelangen. Ihm ist vielmehr darüber hinaus vorzuwerfen, dass er sich
selbst von konkreten Maßnahmen, wie dem gegen ihn verhängten Flugverbot
(Nr. 125 Abs. 3 ZDv 19/11) oder der Ablehnung der Ausnahmegenehmigung für
die Luftbildaufnahmen, nicht hat ansprechen und von weiteren Pflichtverletzun-
gen abhalten lassen.
Die von dem Truppendienstgericht festgestellten Pflichtverletzungen betreffen
sämtlich das fliegerische und flugbezogene Verhalten des Antragstellers und
haben deshalb für die Beurteilung seiner Eignung zum Führen von militärischen
Luftfahrzeugen besonderes Gewicht. Der Antragsteller zeigt insoweit - wie auch
die angefochtenen Bescheide zurecht herausgestellt haben - eine nicht hin-
nehmbare hohe Bereitschaft, sich über Rechts- und Dienstvorschriften, Befehle
und Maßnahmen hinwegzusetzen, wenn er deren Beachtung nach eigener Ein-
schätzung für nicht erforderlich hält. Seine Dienstpflichtverletzungen betreffen
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zentrale soldatische Pflichten - wie die Pflicht zum Gehorsam gegenüber Vor-
gesetzten (§ 11 Abs. 1 Satz 1 SG), die Pflicht, Befehle nur zu dienstlichen Zwe-
cken zu erteilen (§ 10 Abs. 4 SG), die Pflicht zur Wahrheit in dienstlichen Ange-
legenheiten (§ 13 Abs. 1 SG) und die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswür-
digem Verhalten (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SG) -, deren Erfüllung nicht nur für den mi-
litärischen Dienst im Allgemeinen, sondern gerade auch für den auf uneinge-
schränkte Vorschriften- und Befehlstreue angewiesenen Flugbetrieb unerläss-
lich ist (vgl. hierzu Beschluss vom 14. Dezember 1990 - BVerwG 7 C 20.90 -
Buchholz 442.40 § 4 LuftVG Nr. 4). Der diesbezügliche Mangel an Zuverlässig-
keit und Verantwortungsbewusstsein bei dem Antragsteller und dessen deutlich
hervortretende Tendenz zu eigenmächtigem Handeln berühren eine der Grund-
voraussetzungen eines sicheren Flugbetriebs.
Ein sich wiederholendes Verhaltensmuster stellt ferner dar, dass sich der An-
tragsteller in Konfliktsituationen, in die er sich meist ohne Not selbst begeben
hat, nicht von dienstlicher Korrektheit, sondern von einer falsch verstandenen
Form von „Beharrlichkeit“ leiten lässt. Beispiele hierfür sind die Erteilung eines
widersprüchlichen Flugauftrags und Flugplans, um letztlich die beabsichtigte
„spektakuläre“ Flugvorführung - einschließlich der damit verbundenen zahlrei-
chen Verstöße gegen fliegerische Vorschriften - durchführen zu können, die
gleichzeitige Übernahme der Flugdienstleitung während der Flugvorführung
entgegen der Dienstanweisung, dass sich der Flugdienstleiter auf dem Flieger-
horst aufzuhalten hat, die Erstattung unrichtiger Meldungen gegenüber seinen
Vorgesetzten auch aus (vermeintlich geschuldeter) Loyalität zu seinem Ge-
schwaderkommodore sowie schließlich die Missachtung eines ausdrücklichen
Verbots und die Erteilung rechtswidriger Befehle an Untergebene, um das ein-
mal beschlossene Vorhaben, Luftaufnahmen der Gemeinden J. und S. anzufer-
tigen, durchzusetzen. Auch dieser Charakterzug stellt die Eignung des An-
tragstellers zum Führen von militärischen Luftfahrzeugen in Frage.
Soweit der Antragsteller zu seiner Entlastung auf seine Beurteilungen verweist,
die ihn als tadellosen und in allen Belangen vorbildlichen Generalstabsoffizier
beschreiben, sind die der Entzugsverfügung zugrunde liegenden Vorkommnisse
in der Tat - wie auch das Truppendienstgericht ausgeführt hat - nicht ohne
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weiteres mit dem dort gezeichneten positiven Persönlichkeitsbild in Einklang zu
bringen. Allerdings muss sich der Antragsteller vorhalten lassen, dass er gerade
in den seine Persönlichkeit fordernden Funktionen und Situationen gravierende
charakterliche Schwächen offenbart hat. Der Antragsteller hat bei dem
Familientag, bei dem er als Stellvertretender Kommodore für die Darstellung
des Verbands nach außen mitverantwortlich war, vor den ihm unterstellten Sol-
daten, ihren Familien und den weiteren Besuchern in massiver und offenkundi-
ger Weise gegen fliegerische Vorschriften verstoßen. Er hat als Fluglehrer trotz
des gegen ihn verhängten Flugverbots einen Ausbildungsflug mit einem Flug-
schüler durchgeführt. Er hat als amtierender Geschwaderkommodore seinen
höheren Vorgesetzten unrichtige Meldungen erstattet. Als Vorgesetzter hat er
sich über die berechtigten Einwände des ihm untergebenen Waffensystemoffi-
ziers hinweggesetzt und diesen in die disziplinarisch geahndeten Vorgänge im
Zusammenhang mit der Flugvorführung am Familientag „mit hineingezogen“;
ähnlich hat er im Falle der Anordnung, bei den Tornadoflügen vom 16. Juli und
7. August 2003 Luftbildaufnahmen anzufertigen, die beteiligten Soldaten in die
Gefahr disziplinarer Verfolgung gebracht. Als Vorgesetzter hat er schließlich
seine Befehlsgewalt sowohl durch die Anweisung, ihn trotz des Flugverbots für
zwei Flugtage einzuplanen, als auch wiederum bei der Anordnung der Luftbild-
aufnahmen missbraucht.
Insgesamt sind deshalb bei dem Antragsteller so erhebliche charakterliche
Mängel festzustellen, dass ihm nach Nr. 124 Satz 1 1. Spiegelstrich ZDv 19/11
die militärische Luftfahrerlaubnis zu entziehen ist.
3. Auch die Entscheidung der zuständigen Stellen, die Erlaubnis des Antrag-
stellers zum Führen von Luftfahrzeugen der Bundeswehr zu entzie-
hen, ist nicht zu beanstanden.
Gemäß Nr. 124 Satz 2 ZDv 19/11 kann der Entzug der Luftfahrerlaubnis befris-
tet oder endgültig erfolgen. Diese Ermessensentscheidung kann vom Gericht
(nur) darauf überprüft werden, ob der zuständige Vorgesetzte den Soldaten
durch Überschreiten oder Missbrauch dienstlicher Befugnisse in seinen Rech-
ten verletzt (§ 17 Abs. 3 Satz 2 WBO) bzw. die gesetzlichen Grenzen des ihm
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insoweit zustehenden Ermessens überschritten oder von diesem in einer dem
Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat
(§ 114 VwGO analog; stRspr, vgl. Beschluss vom 8. Mai 2001 - BVerwG 1 WB
15.01 - Buchholz 442.40 § 30 LuftVG Nr. 6 = NZWehrr 2001, 165 mit zahlrei-
chen Nachweisen). Bei der Ausübung des Ermessens ist auch der Grundsatz
der Verhältnismäßigkeit zu beachten (vgl. Beschluss vom 28. November 1991
- BVerwG 1 WB 74.91 -).
Die angefochtenen Bescheide gehen bei der Entscheidung über die Dauer des
Entzugs von der zuvor getroffenen Feststellung „erheblicher charakterlicher
Mängel“ des Antragstellers aus. Schwere und Häufigkeit der Verfehlungen, da-
bei insbesondere auch der Umstand, dass sich die Verstöße gegen fliegerische
Vorschriften und soldatischen Pflichten aus unterschiedlichen und zeitlich ge-
staffelten Lebenssachverhalten ergeben würden, führten zu der Prognose, dass
der Antragsteller dauerhaft nicht die Gewähr dafür biete, die zur Aufrecht-
erhaltung der Sicherheit des Luftverkehrs bestehenden Vorschriften einzuhal-
ten. Diese Entscheidung begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
Die Bescheide des Inspekteurs der Luftwaffe und des Bundesministers der Ver-
teidigung über die Beschwerde bzw. weitere Beschwerde, die der Entzugsver-
fügung ihre hier maßgebliche Gestalt gegeben haben, sind von den tatsächli-
chen Feststellungen und der rechtlichen Würdigung in dem Urteil des Truppen-
dienstgerichts Nord vom 11. April 2005 ausgegangen. Das Ermessen wurde
daher auf der zutreffenden, weil auch für die Exekutive verbindlichen (vgl. Dau,
Wehrdisziplinarordnung, 4. Aufl. 2002, § 145 Rn. 5) Entscheidungsgrundlage
ausgeübt. Wegen der umfassenden Sachaufklärung durch das Truppendienst-
gericht und der bindenden Wirkung seines Urteils war die von dem Antragsteller
gewünschte Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, die unabhängig
davon im Ermessen des zuständigen Vorgesetzten stünde (Nr. 125 Abs. 2 ZDv
19/11), nicht erforderlich.
Der Entzug der militärischen Luftfahrerlaubnis musste auch nicht aus Gründen
der Verhältnismäßigkeit befristet werden. Eine Befristung (zu zeitlichen Abstu-
fungen und den entsprechenden Zuständigkeiten siehe Nr. 509 ff. ZDv 19/11)
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kann zum Beispiel bei offenkundig einmaligen oder geringfügigen Verstößen
geboten sein, wenn anzunehmen ist, dass die von dem befristeten Entzug aus-
gehende Warnung ausreicht, den Inhaber der Erlaubnis zu einem künftig ein-
wandfreien Verhalten anzuhalten und damit den präventiven Zweck der Maß-
nahme zu erfüllen; ein solcher Fall liegt nach dem oben unter 2. Gesagten hier
jedoch nicht vor. Eine Befristung des Entzugs kommt ferner dann in Betracht,
wenn der festgestellte Eignungsmangel seiner Natur nach vorübergehend ist
oder wenn gesicherte Erkenntnisse dafür vorliegen, dass die Eignung nach Ab-
lauf der bestimmten Frist wiederhergestellt sein wird; auch eine derartige Fall-
konstellation ist vorliegend nicht gegeben. Die Zulässigkeit eines „endgültigen“
Entzugs der Flugerlaubnis erfordert andererseits nicht, dass der zuständige
Vorgesetzte es für ausgeschlossen halten muss, dass der Betroffene jemals
wieder die Eignungsvoraussetzungen erfüllen wird. Es genügt vielmehr - wie
hier -, dass der Vorgesetzte einen grundsätzlich dauerhaften Eignungsmangel,
dessen Wegfall nicht absehbar ist, feststellt; er ist nicht verpflichtet, eine Befris-
tung zu treffen, für die ihm gesicherte tatsächliche Anhaltspunkte fehlen.
Hieraus folgt zugleich, dass der „endgültige“ Entzug der militärischen Luftfahrer-
laubnis im Sinne einer Entscheidung auf unbestimmte Dauer, nicht aber - dar-
über hinausgehend - im Sinne eines definitiven Verbots der erneuten Erteilung
der Erlaubnis zu verstehen ist. Nach allgemeinen verwaltungsrechtlichen
Grundsätzen kann die zuständige Stelle die Entzugsverfügung ausdrücklich
oder stillschweigend aufheben und erneut eine Erlaubnis zum Führen von Luft-
fahrzeugen der Bundeswehr erteilen, wenn der Antragsteller die für die Ertei-
lung geltenden Voraussetzungen zu einem späteren Zeitpunkt (wieder) erfüllen
sollte (vgl. für die zivile Flugerlaubnis Schmid, in: Giemulla/Schmid, Luftver-
kehrsgesetz, Stand August 2007, § 4 Rn. 78). Allerdings hat der Antragsteller,
auch wenn er die Voraussetzungen erfüllt, auf die erneute Erteilung der militäri-
schen Luftfahrerlaubnis (und eine entsprechende militärische Verwendung)
ebenso wenig einen Rechtsanspruch wie er ihn auf die erstmalige Erteilung
(und Verwendung) hatte.
Golze Dr. Frentz Dr. Langer
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