Urteil des BVerwG vom 06.06.2007

Slv, Stellvertreter, Leiter, Anhörung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 WB 45.06
In dem Wehrbeschwerdeverfahren
des Herrn Stabsfeldwebel ...,
Zentrum für Nachwuchsgewinnung ..., E.,
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer
sowie
Oberstleutnant Reipert und
Oberstabsfeldwebel Mentner
als ehrenamtliche Richter
am 6. Juni 2007 beschlossen:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e :
I
Der 1961 geborene Antragsteller rügt Verfahrensfehler beim Zustandekommen
der Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten zu der planmäßigen Beur-
teilung vom 25. August 2005 (zum Stichtag 31. März 2005). Er ist Berufssoldat,
dessen Dienstzeit voraussichtlich mit Ablauf des 28. Februar 2015 enden wird.
Zum Stabsfeldwebel wurde er mit Wirkung vom 1. August 2004 ernannt. Seit
dem 1. März 2004 wird er als Wehrdienstberatungsfeldwebel beim Zentrum für
Nachwuchsgewinnung O... in E. verwendet.
Die Ursprungsfassung der planmäßigen Beurteilung des Antragstellers zum
31. März 2005 ging verloren. Am 25. August 2005 erstellte deshalb der Dezer-
natsleiter ... des Zentrums für Nachwuchsgewinnung ... eine neue planmäßige
Beurteilung, die dem Antragsteller zuvor am 22. August 2005 im Entwurf aus-
gehändigt und mit ihm am 24. August 2005 erörtert worden war.
Mit Schreiben vom 11. Oktober 2005 legte der Antragsteller Beschwerde wegen
der noch nicht erfolgten Vorlage seiner planmäßigen Beurteilung ein und trug
vor, dass er wegen der verspäteten Vorlage in einer vergleichenden Betrach-
tung im Auswahlverfahren bei der Stammdienststelle des Heeres Nachteile be-
fürchte.
Am 8. November 2005 erstellte der Leiter des Zentrums für Nachwuchsgewin-
nung ... als nächsthöherer Vorgesetzter den Entwurf einer Stellungnahme zu
der Beurteilung, der dem Antragsteller am 14. November 2005 ausgehändigt
wurde; die Erörterung erfolgte am 22. November 2005. Nach Mitteilung des
nächsthöheren Vorgesetzten in dessen Schreiben vom 18. Januar 2006 an das
Personalamt der Bundeswehr legte der Antragsteller am 24. November 2005
eine Äußerung zu der Stellungnahme vor.
Am 21. Dezember 2005 fertigte der nächsthöhere Vorgesetzte einen zweiten
Entwurf seiner Stellungnahme, den er dem Antragsteller mit Schreiben vom
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23. Dezember 2005 zuleitete, auf die mögliche Erörterung der Stellungnahme
hinwies und für den Fall einer Gegenvorstellung um deren umgehende Vorlage
bat.
Am 11. Januar 2006 erstellte der nächsthöhere Vorgesetzte seine Stellung-
nahme zu der planmäßigen Beurteilung des Antragstellers, die diesem am
2. Januar 2006 im Entwurf ausgehändigt und mit ihm am 4. Januar 2006 erör-
tert worden war. Zu dieser Endfassung der Stellungnahme legte der Antragstel-
ler am 24. Januar 2006 eine schriftliche Äußerung vor, die der Beurteilung bei-
gefügt wurde.
Mit Schreiben vom 10. Januar 2006 hatte der Antragsteller erneut Beschwerde
eingelegt und vorgetragen, er sei durch Schreiben des Leiters des Zentrums für
Nachwuchsgewinnung ... vom 8. November und 23. Dezember 2005 zur telefo-
nischen Erörterung und im Falle einer Gegenvorstellung zu deren Vorlage auf-
gefordert worden, ohne dass ihm nach der telefonischen Erörterung eine
Schlussfassung des stellungnehmenden Vorgesetzten vorgelegt und danach
Gelegenheit zur schriftlichen Äußerung gegeben worden sei. Hierin sehe er
einen groben Verstoß gegen Kapitel 6 bis 8 ZDv 20/6. Außerdem werde die
Vorlage dieser Beurteilung bewusst verzögert.
Der Amtschef des Personalamtes der Bundeswehr gab im Beschwerdebe-
scheid vom 24. Februar 2006 der Beschwerde vom 11. Oktober 2005 statt und
wies die Beschwerde vom 10. Januar 2006 zurück.
Mit seiner weiteren Beschwerde vom 20. März 2006 machte der Antragsteller
geltend, ein Vorgesetzter könne nicht nach eigenem Ermessen festlegen, wie
viele Entwürfe er erstelle, erörtere und wie viele Gegenvorstellungen er einhole.
Es sei nicht statthaft, dass ein Vorgesetzter einen zweiten Entwurf einer Stel-
lungnahme fertige und den Beurteilten zu einer neuerlichen Stellungnahme da-
zu auffordere. Darüber hinaus rügte der Antragsteller, dass ihm trotz zweimali-
ger schriftlicher Nachfrage keine Eingangsbestätigung erteilt worden sei.
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Der Stellvertreter des Generalinspekteurs der Bundeswehr und Inspekteur der
Streitkräftebasis gab der weiteren Beschwerde des Antragstellers mit Be-
schwerdebescheid vom 5. Juni 2006 insoweit statt, als darin das Fehlen einer
Eingangsbestätigung beanstandet war; im Übrigen wies er die weitere Be-
schwerde zurück.
Gegen diese dem Antragsteller am 19. Juni 2006 eröffnete Entscheidung richtet
sich der Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 24. Juni 2006, den der
Stellvertreter des Generalinspekteurs der Bundeswehr und Inspekteur der
Streitkräftebasis mit seiner Stellungnahme vom 15. August 2006 dem Senat
vorgelegt hat.
Zur Begründung trägt der Antragsteller insbesondere vor:
Zu dem Entwurf der Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten vom
21. Dezember 2005 sei er nicht zur schriftlichen Äußerung, sondern zur Ge-
genvorstellung aufgefordert worden; die Anhörung sei fernmündlich erfolgt. Der
nächsthöhere Vorgesetzte sei nicht befugt, eine Gegenvorstellung zu verlan-
gen. Nach Aushändigung des Entwurfs müsse eine Erörterung erfolgen und
sodann eine Endfassung dem betroffenen Soldaten eröffnet werden. Ein zwei-
ter - erneuter - Entwurf der Stellungnahme des Vorgesetzten sei auch aus Für-
sorgegründen nicht vorgesehen. Im Übrigen habe ein Beurteilungsgespräch mit
dem nächsthöheren Vorgesetzten nicht stattgefunden.
Der Stellvertreter des Generalinspekteurs der Bundeswehr und Inspekteur der
Streitkräftebasis beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Das Anhörungs- und Eröffnungsverfahren bei der Erstellung der Stellungnahme
des Leiters des Zentrums für Nachwuchsgewinnung ... zur planmäßigen Beur-
teilung des Antragstellers sei nicht zu beanstanden. Nach Nr. 628 Buchst. a
ZDv 20/6 prüfe der Vorgesetzte die Äußerungen des Soldaten und entscheide
nach pflichtgemäßem Ermessen, ob und mit welchem Gewicht er die Äußerung
berücksichtigen wolle. Dieser Bestimmung sei der nächsthöhere Vorgesetzte
hier gefolgt und habe seine Aussagen zur Begründung der Förderungswürdig-
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keit in einer erneuten Stellungnahme präzisiert, um dem Begehren des An-
tragstellers Rechnung zu tragen. Da diese Neufassung der Stellungnahme ab-
weichend zum Entwurf zusätzliche Aussagen enthalten habe, die der An-
tragsteller als negativ habe empfinden können, sei ihm im Einklang mit Nr. 627
ZDv 20/6 ein überarbeiteter Entwurf ausgehändigt und zugleich Gelegenheit zur
Stellungnahme eingeräumt worden. Dieses Vorgehen sei von Fürsorge getra-
gen gewesen. Die schriftliche Stellungnahme des Antragstellers vom
24. November 2005 habe dem stellungnehmenden nächsthöheren Vorgesetz-
ten im Zeitpunkt der Endfassung seiner Stellungnahme am 10. Januar 2006
nicht vorgelegen. Es sei Sache des Antragstellers gewesen, rechtzeitig vor dem
ihm gesetzten Termin (5. Januar 2006) für die Übermittlung seiner Äußerung an
den Leiter des Zentrums für Nachwuchsgewinnung ... zu sorgen. Durch das
geschilderte Verfahren seien dem Antragsteller im Übrigen keine Laufbahn-
nachteile entstanden, weil die Beurteilung am 8. März 2006 an die Stamm-
dienststelle des Heeres weitergeleitet worden sei und damit noch zeitgerecht in
das Verwendungsplanungsverfahren für die Besetzung von Oberstabsfeldwe-
bel-Dienstposten bei der Stammdienststelle des Heeres habe einfließen kön-
nen.
Wegen des Vorbringens im Einzelnen wird auf den Inhalt der zwischen den Be-
teiligten gewechselten Schriftsätze und der Akten Bezug genommen. Die Be-
schwerdeakten des Stellvertreters des Generalinspekteurs der Bundeswehr und
Inspekteur der Streitkräftebasis - Fü S/RB 25-05-11/17.06 - und - Fü S/ Pers
25-05-00/12.06 - sowie die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem
Senat bei der Beratung vorgelegen.
II
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.
Der Antragsteller hat keinen formellen Sachantrag gestellt.
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Soweit der Antragsteller in seinem Schriftsatz vom 14. September 2006 rügt,
„im gesamten Beurteilungszeitraum“ habe kein Beurteilungsgespräch durch den
Leiter des Zentrums für Nachwuchsgewinnung ... stattgefunden, kann hieraus
sinngemäß sein Rechtsschutzbegehren entnommen werden, die Stellung-
nahme dieses nächsthöheren Vorgesetzten vom 11. Januar 2006 aufzuheben.
Dieser Antrag ist zulässig.
Die Stellungnahme eines höheren Vorgesetzten zu einer Beurteilung stellt nach
ständiger Rechtsprechung des Senats eine selbständig anfechtbare Maßnahme
im Sinne des § 17 WBO dar (Beschlüsse vom 22. Februar 1978 - BVerwG
1 WB 74.77 - BVerwGE 63, 3 <5>, vom 21. Juli 1992 - BVerwG 1 WB 87.91 -
BVerwGE 93, 279 = NZWehrr 1992, 255, vom 3. Juli 2001 - BVerwG 1 WB
17.01 - Buchholz 236.11 § 1a SLV Nr. 16 und vom 18. August 2004 - BVerwG
1 WB 15.04 - Buchholz 236.110 § 2 SLV 2002 Nr. 4 = NZWehrr 2005, 117
soweit nicht veröffentlicht>). Zwar findet gemäß § 1 Abs. 3 WBO eine Be-
schwerde gegen dienstliche Beurteilungen nicht statt. Gleichwohl kann der Sol-
dat eine Beurteilung wie auch die Stellungnahme des höheren Vorgesetzten mit
der Begründung anfechten, sie verstoße gegen Rechte, die ihm in Bezug auf
die Erstellung von Beurteilungen eingeräumt sind (Beschlüsse vom 6. März
2001 - BVerwG 1 WB 117.00 - BVerwGE 114, 80 = Buchholz 236.11 § 1a SLV
Nr. 15 m.w.N., vom 3. Juli 2001 a.a.O. m.w.N. und vom 18. August 2004
a.a.O.). Die aufgrund der gesetzlichen Ermächtigung in § 2 Abs. 2 Satz 1 SLV
erlassene ZDv 20/6 weist in Nr. 1102 Buchst. b Abs. 2 im Übrigen klarstellend
darauf hin, dass eine Beschwerde statthaft ist, wenn der Beurteilte z.B. einen
Verstoß gegen die Anhörungs- und Erörterungspflichten nach Nr. 626 bis 629
ZDv 20/6 geltend macht. Das ist hier geschehen.
Der Antrag ist jedoch unbegründet.
Die Stellungnahme des Leiters des Zentrums für Nachwuchsgewinnung ... vom
11. Januar 2006 ist rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen
Rechten.
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Dienstliche Beurteilungen und hierzu abgegebene Stellungnahmen sind ge-
richtlich nur beschränkt nachprüfbar. Die Rechtmäßigkeitskontrolle hat sich
darauf zu beschränken, ob der beurteilende bzw. der stellungnehmende Vorge-
setzte den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er
sich frei bewegen kann, verkannt hat, von einem unrichtigen Sachverhalt aus-
gegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Er-
wägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Wenn
der Bundesminister der Verteidigung auf der Grundlage des § 2 Abs. 2 SLV
Richtlinien für die Abgabe dienstlicher Beurteilungen erlassen hat, kann das
Gericht ferner prüfen, ob diese Richtlinien eingehalten worden sind und mit den
gesetzlichen Regelungen, speziell mit denen der Soldatenlaufbahnverordnung
über die dienstliche Beurteilung, und mit sonstigen Rechtsvorschriften in Ein-
klang stehen (Beschlüsse vom 6. März 2001 a.a.O. und vom 3. Juli 2001 a.a.O.
jeweils m.w.N.).
Die angefochtene Stellungnahme hält diese Grenzen des Beurteilungsspiel-
raums ein. Insbesondere weist sie keinen Verstoß gegen Verfahrensvorschrif-
ten auf.
Die in Nr. 626 Abs. 1 ZDv 20/6 festgelegte Pflicht, den Soldaten zu Aussagen,
Behauptungen oder Wertungen anzuhören, die für ihn ungünstig sind oder ihm
nachteilig werden können und die zur Aufnahme in die Personalakten bestimmt
sind, ist zwingend; sie findet ihre gesetzliche Grundlage in § 29 Abs. 5 Satz 1
SG. Die strikte Anhörungspflicht gilt nach Nr. 626 Abs. 2 ZDv 20/6 insbesonde-
re vor der Verwertung entsprechender Aussagen, Behauptungen oder Wertun-
gen in Stellungnahmen des nächsthöheren Vorgesetzten oder weiterer höherer
Vorgesetzter (ebenso: Beschluss vom 28. November 2000 - BVerwG 1 WB
90.00 - Buchholz 236.11 § 1a SLV Nr. 12 = ZBR 2001, 249). Nr. 629 ZDv 20/6
verlangt - zusätzlich zur Anhörung - die Einhaltung des Verfahrens der Entwurf-
aushändigung und -erörterung nach Nrn. 627 ff. ZDv 20/6 bei Stellungnahmen
von Vorgesetzten, wenn diese über die Aussagen, Behauptungen oder Wer-
tungen des beurteilenden Vorgesetzten hinausgehende abweichende Formulie-
rungen oder Wertungen aufzunehmen beabsichtigen, die für den Soldaten un-
günstig sind oder ihm nachteilig werden können. Sind diese Voraussetzungen in
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der Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten erfüllt, ist diese Stel-
lungnahme dem beurteilten Soldaten nach Nr. 907 Buchst. c ZDv 20/6 vor der
Weitergabe an weitere höhere Vorgesetzte zu eröffnen.
Diese Verfahrensbestimmungen hat der nächsthöhere Vorgesetzte vor der
Endfassung seiner Stellungnahme vom 11. Januar 2006 eingehalten. Die Stel-
lungnahme unterlag der Anhörungs- und Erörterungspflicht, weil sie in Ab-
schnitt L.01 die Herabsetzung des Einzelmerkmals „Belastbarkeit“ im Abschnitt
F der Beurteilung von der Wertungsstufe „6“ auf die Wertungsstufe „5“ enthält
und im Übrigen im Abschnitt L.02 eine vorrangige Förderung des Antragstellers
nicht empfiehlt. Mit diesen Äußerungen wich der stellungnehmende Vorgesetzte
von den - für den Antragsteller günstigeren - Aussagen, Behauptungen und
Wertungen des erstbeurteilenden Vorgesetzten ab.
Dementsprechend ist - ausweislich des von ihm selbst unterschriebenen For-
mulars - die Stellungnahme dem Antragsteller am 2. Januar 2006 im Entwurf
ausgehändigt und mit ihm am 4. Januar 2006 erörtert worden.
Der stellungnehmende Vorgesetzte hat in seinem Schreiben vom 18. Januar
2006 an das Personalamt der Bundeswehr im Einzelnen dargelegt, der An-
tragsteller habe ihn am 4. Januar 2006 angerufen und gemeldet, er benötige
noch Zeit bis zum kommenden Wochenende, um sich zu diesem Entwurf zu
äußern. Daraufhin habe er, der Leiter des Zentrums für Nachwuchsgewinnung
..., einen Termin zur Vorlage der Stellungnahme bis zum 10. Januar 2006 ge-
setzt. Bis zu diesem Termin und darüber hinaus bis zum Tage des Schreibens
habe der Antragsteller eine Stellungnahme nicht vorgelegt.
Dieser Erklärung, die der Stellvertreter des Generalinspekteurs der Bundeswehr
und Inspekteur der Streitkräftebasis in der Vorlage an den Senat vom
15. August 2006 (Seite 3) im Einzelnen wiedergegeben hat, ist der Antragsteller
in der Sache nicht entgegengetreten. Der Senat geht deshalb davon aus, dass
dem Antragsteller bis zum 10. Januar 2006 Gelegenheit gegeben war, gemäß
Nr. 627 Buchst. c ZDv 20/6 zu dem Entwurf der Stellungnahme eine Äußerung
abzugeben.
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Die nachträglich am 24. Januar 2006 vom Antragsteller vorgelegte Äußerung
konnte, da sie erst nach Abschluss der Stellungnahme vom 11. Januar 2006
überreicht wurde, zulässigerweise nach Nr. 628 Buchst. d i.V.m. Nr. 1001
ZDv 20/6 als Gegenvorstellung gewertet werden.
Lediglich klarstellend weist der Senat darauf hin, dass der Antragsteller keinen
Anspruch auf die Stellungnahme weiterer höherer Vorgesetzter hat. Denn nach
Nr. 909 Buchst. a Satz 1 ZDv 20/6 ist den weiteren höheren Vorgesetzten die
Stellungnahme freigestellt.
Soweit der Antragsteller in seinem Schreiben vom 14. September 2006 zusätz-
lich rügt, der nächsthöhere Vorgesetzte habe - entgegen Nr. 508 ZDv 20/6 -
(vor Abgabe seiner Stellungnahme) kein Beurteilungsgespräch geführt, liegt
auch insoweit kein Verfahrensfehler vor. Einerseits hat nach Nr. 508 Buchst. e
ZDv 20/6 ein unterbliebenes Beurteilungsgespräch nicht die Aufhebung der
Beurteilung zur Folge. Darüber hinaus ist der nächsthöhere Vorgesetzte zur
Führung eines solchen Gesprächs rechtlich nicht verpflichtet. Die Regelungen
in Nr. 507 Buchst. a und in Nr. 508 Buchst. a ZDv 20/6, denenzufolge der Beur-
teiler den zu Beurteilenden möglichst in persönlicher Aussprache kennenlernen
und mindestens einmal im Beurteilungszeitraum mit ihm ein Beurteilungsge-
spräch führen soll, richten sich nur an den Erstbeurteiler. Für den nächsthöhe-
ren Vorgesetzten besteht eine derartige Verpflichtung nicht (Beschlüsse vom
19. November 1998 - BVerwG 1 WB 45.98 - und vom 9. Dezember 1999
- BVerwG 1 WB 48.99 -).
Sollte den Schriftsätzen des Antragstellers vom 24. Juni und 14. September
2006 im Übrigen das Rechtsschutzziel zu entnehmen sein, er rüge Mängel im
Anhörungs- und Erörterungsverfahren, könnte sich hieraus sein Antrag erge-
ben, feststellen zu lassen, dass die Stellungnahme des Leiters des Zentrums
für Nachwuchsgewinnung Ost vom 11. Januar 2006 verfahrensfehlerhaft zu-
stande gekommen ist.
Dieser Antrag wäre unzulässig.
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Dabei lässt der Senat offen, ob eine ausschließlich auf die Verfahrenshandha-
bung gestützte und beschränkte Antragstellung dem Erfordernis Rechnung
trägt, sich gegen eine „Maßnahme“ eines Vorgesetzten oder einer vorgesetzten
Dienststelle im Sinne des § 17 Abs. 1, Abs. 3 WBO zu richten. Denn jedenfalls
hat der Antragsteller das für einen Feststellungsantrag erforderliche Feststel-
lungsinteresse nicht dargelegt. Darüber hinaus ist für den Senat auch nicht er-
kennbar, woraus sich ein materiell-rechtlicher Nachteil für den Antragsteller
durch diese Verfahrenshandhabung ergeben sollte. Denn der Stellvertreter des
Generalinspekteurs der Bundeswehr und Inspekteur der Streitkräftebasis hat in
seiner Vorlage an den Senat im Einzelnen vorgetragen, dass dem Antragsteller
durch das vollzogene Verfahren keine Laufbahnnachteile entstanden seien, weil
die Beurteilung am 8. März 2006 an die Stammdienststelle des Heeres
weitergeleitet worden sei und damit noch zeitgerecht in das Verwendungspla-
nungsverfahren für die Besetzung von Oberstabsfeldwebel-Dienstposten bei
der Stammdienststelle des Heeres habe einfließen können. Diesem Vorbringen
ist der Antragsteller nicht entgegengetreten.
Soweit den Schriftsätzen des Antragstellers vom 24. Juni und 14. September
2006 schließlich das Rechtsschutzziel zu entnehmen sein sollte, den Entwurf
der Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten vom 21. Dezember 2005
anzugreifen und insofern Verfahrensrügen zu erheben, wäre der Antrag eben-
falls unzulässig.
Nach § 17 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 21 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 WBO
ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nur zulässig, wenn der Antragstel-
ler eine dienstliche Maßnahme oder Unterlassung angreift und dabei eine Ver-
letzung seiner Rechte oder eine Verletzung von Pflichten eines Vorgesetzten
ihm gegenüber geltend macht. Das setzt voraus, dass die Maßnahme oder Un-
terlassung unmittelbar gegen den Soldaten gerichtet ist oder - obwohl an ande-
re Soldaten gerichtet - in Form einer Rechtsverletzung oder eines Verstoßes
gegen Vorgesetztenpflichten in seine Rechtssphäre hineinwirkt. Überlegungen,
Bewertungen, Stellungnahmen oder Zwischenentscheidungen, die lediglich der
Vorbereitung von truppendienstlichen Maßnahmen oder Personalmaßnahmen
dienen, sind als Elemente innerdienstlicher Meinungsbildung noch keine die
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Rechte eines Soldaten unmittelbar berührenden Maßnahmen; sie sind infolge-
dessen einer selbstständigen gerichtlichen Nachprüfung nicht zugänglich
(stRspr, Beschlüsse vom 13. Oktober 1998 - BVerwG 1 WB 29.98 - Buchholz
311 § 17 WBO Nr. 27, vom 27. Februar 2003 - BVerwG 1 WB 55.02 - Buchholz
311 § 17 WBO Nr. 51 = NZWehrr 2003, 171 und vom 25. April 2007 - BVerwG
1 WB 31.06 -).
Diese Grundsätze gelten auch für Entwürfe von Beurteilungen oder Stellung-
nahmen nächsthöherer Vorgesetzter oder weiterer Vorgesetzter. Auch sie die-
nen lediglich der Vorbereitung der abschließenden Beurteilung oder Stellung-
nahme; sie greifen wegen ihres vorläufigen Charakters, der durch die mögliche
Äußerung des Beurteilten im Eröffnungs- und Anhörungsverfahren inhaltlich
beeinflusst werden kann, noch nicht in geschützte Rechte des betroffenen Sol-
daten ein. Erst die Endfassung der Beurteilung oder Stellungnahme hat die
Rechtsnatur einer anfechtbaren Maßnahme. Bei dem dem Antragsteller mit
Schreiben vom 23. Dezember 2005 übersandten Text der Stellungnahme des
nächsthöheren Vorgesetzten vom 21. Dezember 2005 handelte es sich aus-
drücklich um den (neuen) Entwurf der Stellungnahme. Dieser ist nicht isoliert
anfechtbar.
Golze Dr. Frentz Dr. Langer
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