Urteil des BVerwG vom 24.06.2008

Behinderung, Anfechtung, Anhörung, Bekanntgabe

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 WB 43.08
In dem Wehrbeschwerdeverfahren
1. des Herrn Oberstabsgefreiter ...,
2. des Herrn Hauptmann ...,
3. des Herrn Leitender Regierungsdirektor ...,
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
am 24. Juni 2008 beschlossen:
Der Rechtsstreit wird hinsichtlich des Antragstellers zu 3
zur gesonderten Verhandlung und Entscheidung unter
dem Aktenzeichen 1 WB 49.08 abgetrennt.
Im Übrigen ist der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten
unzulässig.
Der Rechtsstreit wird insoweit an das Verwaltungsgericht
Köln verwiesen.
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G r ü n d e :
I
Die Antragsteller haben mit Schriftsatz vom 30. Mai 2008, beim Bundesverwal-
tungsgericht eingegangen am 2. Juni 2008, die Wahlen zum Örtlichen Perso-
nalrat des Bundesministeriums der Verteidigung und zum Hauptpersonalrat
beim Bundesministerium der Verteidigung nach § 25 BPersVG angefochten und
beantragt, die Wahlen für ungültig zu erklären.
Der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - meint, für das Verfahren sei
das Verwaltungsgericht Köln sachlich und örtlich zuständig.
II
1. Nachdem der Antragsteller zu 3 mit Schriftsatz vom 20. Juni 2008, bei Ge-
richt eingegangen am 23. Juni 2008, seinen Antrag auf gerichtliche Entschei-
dung zurückgenommen hat, war das Verfahren entsprechend § 93 VwGO zur
gesonderten Verhandlung und Entscheidung abzutrennen, weil mit der Wirk-
samkeit der Rücknahmeerklärung kein Raum mehr für eine Verweisung an das
zuständige Gericht verbleibt.
2. Für die Anfechtung der Wahlen zum Örtlichen Personalrat im Bundesminis-
terium der Verteidigung und zum Hauptpersonalrat ist der Rechtsweg nicht zu
den Wehrdienstgerichten, sondern zu den allgemeinen Verwaltungsgerichten
gegeben.
Nach § 25 BPersVG können unter anderem drei Wahlberechtigte binnen einer
Frist von 12 Arbeitstagen, vom Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an
gerechnet, die Wahl beim Verwaltungsgericht anfechten. Verwaltungsgerichte
im Sinne dieser Vorschrift sind nicht die Wehrdienstgerichte. Für eine von § 40
Abs. 1 VwGO abweichende Zuweisung der Streitigkeiten an die Wehrdienstge-
richte bedürfte es einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung, wie sie etwa in
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den §§ 5, 47 SBG für die Anfechtung der Wahl der Vertrauenspersonen bzw.
der Wahl zum Gesamtvertrauenspersonenausschuss vom Gesetzgeber getrof-
fen wurde.
Im Übrigen entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwal-
tungsgerichts (vgl. zuletzt Beschlüsse vom 27. November 2007 - BVerwG 1 WB
39.06 - juris Rn. 13 ff. = DokBer 2008, 152 und vom 28. Mai 2008 - BVerwG
1 WB 50.07 -), dass Streitigkeiten über Aufgaben und Befugnisse der Perso-
nalvertretungen aller Stufen, insbesondere darüber, wann sie zu beteiligen sind,
grundsätzlich gemäß § 83 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG zur Zuständigkeit der
allgemeinen Verwaltungsgerichte gehören. Diese Vorschrift stellt insofern eine
Generalklausel für alle Rechtsfragen dar, die sich aus der Wahrnehmung von
Aufgaben und Befugnissen der Personalvertretungen ergeben (Ilbertz/
Widmaier, BPersVG, 10. Aufl. 2004, § 83 Rn. 14 m.w.N.; Gronimus/Krisam/
Wienzeck, Die Beteiligungsrechte der Personalvertretungen, 5. Aufl. 2005, § 83
Rn. 7; Altvater/Hamer/Kröll/Lemcke/Peiseler, BPersVG, 6. Aufl. 2008, § 83
Rn. 4, 10).
Soweit abweichend von der generellen Rechtswegzuweisung an die allgemei-
nen Verwaltungsgerichte nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsge-
richts der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten (ausnahmsweise) dann er-
öffnet ist, wenn sich der bei einer personalratsfähigen militärischen Dienststelle
gebildete Personalrat auf eine Behinderung in seinen Beteiligungsrechten in
Angelegenheiten beruft, die nur die Soldaten betreffen (vgl. dazu Beschlüsse
vom 1. November 2001 - BVerwG 6 P 10.01 - BVerwGE 115, 223 = Buchholz
252 § 52 SBG Nr. 2, vom 24. März 2004 - BVerwG 1 WB 33.03 - PersV 2005,
273, vom 26. Oktober 2006 - BVerwG 1 WB 17.06 - BVerwGE 127, 85 =
Buchholz 450.1 § 9 WBO Nr. 1 = NZWehrr 2007, 128 und zuletzt vom 28. Mai
2008 - BVerwG 1 WB 50.07 -), liegen diese Voraussetzungen hier nicht vor,
weil es sich bei den Wahlanfechtungen weder um die Behinderung eines Per-
sonalrates in seinen Beteiligungsrechten noch um eine Gruppenangelegenheit
der Soldaten handelt.
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Nach Anhörung der Antragsteller, des Bundesministers der Verteidigung
- PSZ I 7 - und des Bundeswehrdisziplinaranwalts gemäß § 17a Abs. 2 Satz 1
GVG ist der Rechtsstreit gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 18 Abs. 3 WBO an
das nach § 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 82 Abs. 1 ArbGG für den Sitz des Bun-
desministeriums der Verteidigung örtlich zuständige Verwaltungsgericht Köln
(§ 1 Abs. 2 Buchst. e Ausführungsgesetz zur Ver-
waltungsgerichtsordnung vom 26. März 1960 , zu-
letzt geändert durch Gesetz vom 26. Februar 2008 ) zu
verweisen.
Über die Verweisung kann der Senat in der Besetzung ohne ehrenamtliche
Richter entscheiden (Beschluss vom 17. Januar 2006 - BVerwG 1 WB 3.05 -
juris Rn. 15 = Buchholz 450.1 § 21 WBO Nr. 3 ).
Golze Dr. Frentz Dr. Langer
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