Urteil des BVerwG vom 24.01.2006

Berechnung der Frist, Weiterbildung, Dienstzeit, Zahnarzt

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
Beschluss
BVerwG 1 WB 43.05
In dem Wehrbeschwerdeverfahren
,
…, …,
- Bevollmächtigter:
Rechtsanwalt …,
…, … -
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Pietzner,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Deiseroth,
sowie
Oberfeldarzt Bosse und
Major Schmidt
als ehrenamtliche Richter
am 24. Januar 2006
b e s c h l o s s e n :
Der Antrag wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e :
I
Der 1968 geborene Antragsteller war Soldat auf Zeit (SaZ) mit einer festgesetzten
Dienstzeit von 15 Jahren und sieben Monaten, die mit Ablauf des 31. Dezember
2005 geendet hat. Vom 1. Juli 1987 bis zum 30. Juni 1989 hatte er Wehrdienst als
Reserveoffizieranwärter im Status eines SaZ geleistet. Am 1. November 1989
nahm er an der Universität R. das Studium der Zahnmedizin auf und legte am
14. April 1992 die zahnärztliche Vorprüfung erfolgreich ab.
Zum 1. Juni 1992 wurde der Antragsteller als Anwärter für die Laufbahn der Offi-
ziere des Sanitätsdienstes eingestellt. Vom 1. Oktober 1992 bis 31. März 1995
wurde er im Wege der Beurlaubung kommandiert, um auf Kosten des Bundes das
Studium der Zahnmedizin abzuschließen. Am 8. Dezember 1994 erhielt er die
Approbation als Zahnarzt. Am 30. August 1996 folgte die zahnärztliche Promotion.
Seit dem 19. Dezember 1994 war der Antragsteller Sanitätsstabsoffizier (San-
StOffz) Zahnarzt und wurde vom 1. Juli 2001 bis zum Ende seiner Dienstzeit als
Leiter der Zahnarztgruppe W. im Sanitätszentrum K. (bis zum 31. März 2005
…sanitätszentrum N.) verwendet. Zum Oberstabsarzt wurde er am 1. Juli 1997
ernannt.
Das Dienstzeitende des Antragstellers war zunächst auf den 31. Mai 2008 festge-
setzt worden. In einem Klageverfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht
R. - RO 1 K 03.2943 - betreffend die Ablehnung eines Antrags auf Dienstzeitver-
kürzung nach § 40 Abs. 7 SG schlossen der Antragsteller als Kläger und die Bun-
desrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium der Verteidi-
gung, als Beklagte am 28. April 2004 einen Vergleich. Darin verpflichtete sich die
Bundesrepublik Deutschland, die Dienstzeit des Antragstellers mit dem Dienst-
zeitende 31. Dezember 2005 neu festzusetzen. Der Antragsteller verzichtete im
Gegenzug auf weitere Anträge betreffend eine Dienstzeitverkürzung.
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Mit Schreiben vom 23. August 2004 beantragte der Antragsteller beim Personal-
amt der Bundeswehr (PersABw) eine „Ausbildung zur Erlangung der vollen kas-
senzahnärztlichen Vorbereitungszeit während meiner Dienstzeit als SaZ mit dem
Ziel der Niederlassungsmöglichkeit als Kassenzahnarzt nach Beendigung meiner
Dienstzeit“. Es bestehe die Möglichkeit einer sechsmonatigen Freistellung vom
militärischen Dienst als SanStOffz Zahnarzt unter Belassung der Geld- und Sach-
bezüge, während der die Ausbildung in Form einer nichtselbstständigen Tätigkeit
in einer zivilen Praxis erfolgen könne.
Ergänzend erklärte der Antragsteller mit Schreiben seiner - am 17. November
2004 - bevollmächtigten Rechtsanwälte S. (Sachbearbeiter: Rechtsanwalt E.) vom
24. Februar 2005, dass er eine Freistellung vom militärischen Dienst vom 1. Juni
bis 30. November 2005 unter Belassung der Geld- und Sachbezüge zur Erlangung
der vollen kassenzahnärztlichen Vorbereitungszeit während seiner Dienstzeit
beantrage. Darüber hinaus sei sein Antrag auch darauf gerichtet, zur „Dienstleis-
tung zivile Weiterbildung Zahnmedizin“ abkommandiert zu werden.
Den Antrag des Antragstellers, den Bundesminister der Verteidigung (BMVg) im
Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihn für die Zeit vom 1. Juli bis
zum 31. Dezember 2005 unter Belassung der Geld- und Sachbezüge vom militä-
rischen Dienst freizustellen, hat der Senat mit Beschluss vom 30. Juni 2005
- BVerwG 1 WDS-VR 2.05 - zurückgewiesen.
Den Antrag des Antragstellers festzustellen, dass der Bescheid des BMVg vom
27. April 2005 (mit dem sein auf Gewährung von Sonderurlaub unter Belassung
der Geld- und Sachbezüge gerichteter Antrag abgelehnt worden war) rechtswidrig
ist, hat der Senat mit Beschluss vom 22. September 2005 - BVerwG 1 WB 32.05 -
ebenfalls zurückgewiesen.
Den Antrag vom 23. August 2004 in der Fassung vom 24. Februar 2005 auf
Kommandierung des Antragstellers zur „Dienstleistung zivile Weiterbildung Zahn-
medizin“ lehnte das PersABw mit Bescheid vom 24. Mai 2005 ab. Dieser Bescheid
wurde an die damaligen Bevollmächtigten des Antragstellers, Rechtsanwälte S.,
übermittelt und ging ausweislich des Eingangsstempels dort am 27. Mai 2005 ein.
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Mit Schreiben seines gegenwärtigen Bevollmächtigten Rechtsanwalt E., der zuvor
als Sachbearbeiter des vorliegenden Verfahrens in der Anwaltskanzlei der frühe-
ren Bevollmächtigten des Antragstellers, Rechtsanwälte S., tätig war, legte der
Antragsteller unter dem Datum 13. Juni 2005 gegen den Bescheid vom 24. Mai
2005 Beschwerde ein.
Diesen Rechtsbehelf hat der BMVg - PSZ I 7 - als Antrag auf gerichtliche Ent-
scheidung des Bundesverwaltungsgerichts gewertet und mit seiner Stellungnahme
vom 13. September 2005 dem Senat vorgelegt.
Zur Begründung trägt der Antragsteller insbesondere vor:
Eine Ablehnung seines Freistellungsantrages würde ihn in seinen Grundrechten
nach Art. 3 Abs. 1 GG, der sowohl im arbeits- als auch im verwaltungsrechtlichen
Bereich unmittelbare Geltung habe, verletzen. Aus dem „SanOA-Brief“ vom 8. Juni
1993 sowie aus den „Richtlinien für die Einstellung, Aus- und Weiterbildung der
Sanitätsoffizier-Anwärter und Sanitätsoffiziere“ im Erlass des Bundesministeriums
der Verteidigung - InSan II 3 - Az.: 16-05-13 - vom 3. März 1997 folge, dass
sämtlichen Humanmedizinern die Möglichkeit eingeräumt werde, durch eine
sechsmonatige Abkommandierung zur zivilen Weiterbildung Humanmedizin die
allgemeine Kassenzulassung während der Dienstzeit unter Belassung der Geld-
und Sachbezüge zu erlangen. Dies ergebe sich auch aus - als Beispiel beigefüg-
ten - Abkommandierungsverfügungen des PersABw zur zivilen Weiterbildung
Humanmedizin zugunsten anderer Soldaten. Die Unterscheidung gegenüber den
SanOffz Zahnarzt werde jedoch durch keinen sachlichen Grund gerechtfertigt.
Auch ihm, dem Antragsteller, müsse deshalb als Zahnmediziner diese Möglichkeit
eingeräumt werden. Bei Ablehnung der Freistellung wäre auch die Fürsorgepflicht
des Dienstherrn verletzt.
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Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 20. Oktober 2005 legt der Antragstel-
ler ergänzend dar, sein Bevollmächtigter habe die Beschwerde vom 13. Juni 2005
am selben Tag auf postalischem Wege versandt. Hierfür stehe der Bevollmächtig-
te als Zeuge zur Verfügung. Am 27. Juni 2005 habe er beim PersABw auf eine
schnelle Beschwerdeentscheidung gedrängt. Nachdem das PersABw mit Schrei-
ben vom 28. Juni 2005 den Bescheid vom 24. Mai 2005 noch einmal übersandt
habe, sei die Beschwerdeschrift erneut per Telefax am 6. Juli 2005 an das
PersABw übersandt worden. Da der Bescheid des PersABw vom 24. Mai 2005
keine Rechtsbehelfsbelehrung enthalten habe, gelte in entsprechender Anwen-
dung des § 58 VwGO eine Jahresfrist für die Einlegung des Rechtsbehelfs.
Mit weiterem Schreiben vom 7. Dezember 2005 trägt der Bevollmächtigte des An-
tragstellers vor, dass der Eingangsstempel auf dem Bescheid des PersABw vom
24. Mai 2005 von der Rechtsanwaltskanzlei S. in W. stamme, die den Antragstel-
ler in einem früheren Verfahren vertreten habe. Dieser Bescheid sei von dieser
Kanzlei - mangels Mandat - an den Unterfertigten (Rechtsanwalt E.) weitergeleitet
worden, sodass dieser (Rechtsanwalt E.) ihn am 1. Juni 2005 zur Kenntnis ge-
nommen habe. Als Bevollmächtigter habe er am 13. Juni 2005 mehrmals ver-
sucht, die Beschwerde per Telefax zu versenden, was jedoch aufgrund techni-
scher Probleme nicht gelungen sei. Deshalb sei der Schriftsatz am selben Tage
per Post versendet worden.
Der Antragsteller beantragt
festzustellen, dass die Ablehnung seines Antrages vom 23. August 2004
durch den Bescheid des PersABw vom 24. Mai 2005 rechtswidrig ist.
Der BMVg beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Das ursprüngliche Verpflichtungsbegehren des Antragstellers sei auf ein unmögli-
ches Ziel gerichtet gewesen. Nach Abschnitt II Nr. 2 (5) des Erlasses vom 3. März
1997 erfordere die allgemein-zahnärztliche Versorgung der Soldatinnen/Soldaten
in der Bundeswehr von den SanOffz Zahnarzt grundsätzlich keine über die Ap-
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probation als Zahnarzt hinausgehende Aus- und Weiterbildung. Die vom Antrag-
steller erstrebte zivile Weiterbildung zur Erlangung der kassenzahnärztlichen Zu-
lassung sei im Ausbildungs- und Verwendungsgang der SanOffz Zahnarzt nicht
vorgesehen. Deshalb habe das Begehren des Antragstellers, als SanStOffz
Zahnarzt zwecks Erlangung seiner kassenzahnärztlichen Zulassung zu einer zivi-
len Weiterbildung kommandiert zu werden, nicht realisiert werden können.
Im Übrigen sei die mit Bescheid des PersABw vom 24. Mai 2005 getroffene ab-
lehnende Entscheidung wegen Nichteinhaltung der Beschwerdefrist bestandskräf-
tig und damit unanfechtbar geworden. Der Bevollmächtigte des Antragstellers ha-
be den Rechtsbehelf vom 13. Juni 2005 nicht innerhalb der Zwei-Wochen-Frist
des § 6 Abs. 1 WBO eingelegt. Der Bevollmächtigte habe in seinem Beschwerde-
schreiben darauf hingewiesen, dass ihm der Bescheid des PersABw vom 24. Mai
2005 zur Bearbeitung vorliege. Insoweit habe er am 13. Juni 2005 Kenntnis von
dem Beschwerdeanlass gehabt. Die zweiwöchige Beschwerdefrist sei damit am
27. Juni 2005 um 24.00 Uhr abgelaufen. Tatsächlich sei der Beschwerdeschrift-
satz vom 13. Juni 2005 jedoch erst am 7. Juli 2005 beim BMVg als der für die
Entscheidung über den Rechtsbehelf nach § 5 Abs. 1 Satz 2 WBO zuständigen
Stelle eingegangen. Die Beschwerde sei im Übrigen auch nicht formgerecht ein-
gelegt worden. Sie hätte gemäß § 5 Abs. 1 WBO entweder bei dem nächsten Dis-
ziplinarvorgesetzten des Antragstellers oder beim BMVg als der für die Beschwer-
deentscheidung zuständigen Stelle eingelegt werden müssen. Demgegenüber
habe der Bevollmächtigte des Antragstellers den Rechtsbehelf wiederholt an das
PersABw und damit an eine unzuständige Stelle versandt. Gründe für eine Ver-
längerung der Beschwerdefrist im Sinne des § 7 WBO seien im Falle des Antrag-
stellers weder vorgetragen noch ersichtlich. Der Bescheid des PersABw vom
24. Mai 2005 habe einer Rechtsbehelfsbelehrung nicht bedurft. Er stelle eine
truppendienstliche Erstmaßnahme dar, für die eine Rechtsbehelfsbelehrung nach
der Wehrbeschwerdeordnung nicht vorgesehen sei. Der Hinweis des Bevollmäch-
tigten des Antragstellers auf eine entsprechende Anwendung des § 58 VwGO sei
verfehlt. Soweit der Antragsteller im Übrigen auf Kommandierungsverfügungen
verweise, durch welche seinen „Kollegen“ eine längerfristige „Freistellung“ gewährt
worden sei, handele es sich um Kommandierungsverfügungen für SanStOffz Ärzte
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und nicht für SanStOffz Zahnärzte. Zwischen diesen beiden Gruppen bestehe
keine Vergleichbarkeit.
Den Antrag des Antragstellers, das PersABw im Wege einer einstweiligen Anord-
nung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO zu verpflichten, ihn, den Antragsteller, un-
mittelbar, spätestens ab dem 6. September 2005, zur zivilen Weiterbildung Zahn-
medizin abzukommandieren und unter Beibehaltung der Geld- und Sachbezüge
vom militärischen Dienst freizustellen, hat der Senat mit Beschluss vom 21. Sep-
tember 2005 - BVerwG 1 WDS-VR 4.05 - zurückgewiesen.
Wegen des Vorbringens im Einzelnen wird auf den Inhalt der zwischen den Betei-
ligten gewechselten Schriftsätze und der Akten Bezug genommen. Die Verfah-
rensakte des BMVg - PSZ I 7 - 699/05 und 700/05 -, die Akte des BMVg
- PSZ I 8 - SO 445/03 -, die Personalgrundakte des Antragstellers und die Ge-
richtsakten in den Verfahren BVerwG 1 WDS-VR 2.05 und BVerwG 1 WDS-VR
4.05 sowie BVerwG 1 WB 32.05 haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
II
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.
Das Ausscheiden des Antragstellers aus dem Wehrdienstverhältnis steht aller-
dings der Fortführung des Verfahrens nicht entgegen. § 15 WBO stellt klar, dass
ein bereits anhängiges Wehrbeschwerdeverfahren nicht allein deshalb beendet
wird, weil der Beschwerdeführer durch Ausscheiden aus dem aktiven Dienst der
Bundeswehr seine Soldateneigenschaft verliert (Beschlüsse vom 17. Januar 1974
- BVerwG 1 WB 89.72 - und vom 22. Dezember 2004
- BVerwG 1 WB 41.03 - ).
Das Bundesverwaltungsgericht ist für den Antrag auch instanziell zuständig. Nach
§ 21 Abs. 1 WBO kann das Bundesverwaltungsgericht unmittelbar nur gegen Ent-
scheidungen und Maßnahmen des BMVg einschließlich der Entscheidungen über
Beschwerden oder weitere Beschwerden angerufen werden. Auf die Beschwerde
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des Antragstellers vom 13. Juni 2005 gegen den Bescheid des PersABw vom
24. Mai 2005 wäre der BMVg gemäß § 9 WBO für den Erlass eines Beschwerde-
bescheides im Sinne des § 12 Abs. 1 WBO sachlich zuständig. Die Zuständigkeit
des PersABw für die vom Antragsteller ursprünglich angestrebte Kommandie-
rungsentscheidung ergibt sich aus Nr. 19 Abs. 1 Buchst. a i.V.m. Nr. 17 Buchst. a
ZDv 14/5 B 171 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 ZDv 14/5 B 125. Unterbleibt eine Ent-
scheidung des BMVg über die Beschwerde gegen eine vom PersABw abgelehnte
Kommandierung, ist gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 2,
Abs. 4 Satz 1 WBO unmittelbar der Antrag auf gerichtliche Entscheidung des
Bundesverwaltungsgerichts zulässig (vgl. Beschlüsse vom 4. März 2004 - BVerwG
1 WB 32.03 -
2004, 626> und vom 22.November 2005 - BVerwG 1 WDS-VR 5.05 -).
Das vom Antragsteller ursprünglich verfolgte Rechtsschutzziel, den Bescheid des
PersABw vom 24. Mai 2005 aufzuheben und den BMVg zu verpflichten, ihn, den
Antragsteller, zur zivilen Weiterbildung Zahnmedizin abzukommandieren und unter
Beibehaltung der Geld- und Sachbezüge vom militärischen Dienst freizustellen, ist
- im Hinblick auf die vom Antragsteller vorrangig angestrebte sechsmonatige Kom-
mandierung - mit Ablauf des 1. Juli 2005, jedenfalls aber spätestens mit dem Ende
der Dienstzeit des Antragstellers bei der Bundeswehr am 31. Dezember 2005 in
der Hauptsache erledigt. Bei Erledigung der Hauptsache infolge Zeitablaufs kann
nach der auch im Wehrbeschwerdeverfahren entsprechend anwendbaren
Vorschrift des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zu einem Fortsetzungsfeststellungsan-
trag übergegangen werden (stRspr.: vgl. Beschlüsse vom 4. März 1976 - BVerwG
1 WB 54.74 - , vom 21. November 1995 - BVerwG
1 WB 53.95 - , vom
8. Mai 2001 - BVerwG 1 WB 15.01 -
NZWehrr 2001, 165> und vom 22. September 2005 - BVerwG 1 WB 32.05 -).
Ein derartiger Antrag setzt ein besonderes Fortsetzungsfeststellungsinteresse vo-
raus. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann sich dieses Fortsetzungs-
feststellungsinteresse aus einem Rehabilitierungsinteresse, aus einer Wiederho-
lungsgefahr oder aus der Absicht ergeben, einen Schadenersatzanspruch geltend
zu machen, sofern dieser nicht von vornherein als aussichtslos erscheint. Zusätz-
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lich kommt auch unter dem Gesichtspunkt effektiven Rechtsschutzes (Art. 19
Abs. 4 GG) ein berechtigtes Feststellungsinteresse in Betracht, wenn die erledigte
Maßnahme eine fortdauernde faktische Grundrechtsbeeinträchtigung nach sich
zieht (Beschlüsse vom 11. Dezember 2003 - BVerwG 1 WB 14.03 -
119, 341 = NZWehrr 2004, 163> und - BVerwG 1 WB 24.03 -
§ 6 SLV 2002 Nr. 1> jeweils m.w.N., vom 22. Januar 2004 - BVerwG 1 WB
34.03 -, vom 4. November 2004 - BVerwG 1 WB 29.04 - und vom 24. Februar
2005 - BVerwG 1 WB 19.04 -). Ein Feststellungsinteresse in diesem Sinne muss
der Antragsteller spezifiziert darlegen und geltend machen.
An diesen Voraussetzungen fehlt es hier. Der Antragsteller hat zwar einen Fest-
stellungsantrag gestellt, jedoch ein - fortwirkendes - Feststellungsinteresse im
oben ausgeführten Sinne nicht dargelegt.
Selbst wenn in den Schreiben des Bevollmächtigten des Antragstellers vom
23. August 2005 und vom 12. September 2005 im Verfahren BVerwG 1 WB 32.05
ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse im Hinblick auf einen behaupteten Amts-
haftungsanspruch und einen ihm drohenden Schaden auch für das vorliegende
Verfahren dargelegt wäre, bliebe der Antrag des Antragstellers ohne Erfolg.
Der Feststellungsantrag ist jedenfalls unbegründet, weil der Bescheid des Pers-
ABw vom 24. Mai 2005 bestandskräftig geworden ist. Der Antragsteller hat diesen
Bescheid nicht rechtzeitig mit dem Rechtsmittel der Beschwerde angefochten.
Nach dem vom Antragsteller unbestrittenen Vorbringen des BMVg - PSZ I 7 - ist
die Beschwerde vom 13. Juni 2005, in der der Bevollmächtigte des Antragstellers,
Rechtsanwalt E., auf den ihm vorliegenden Bescheid vom 24. Mai 2005 ausdrück-
lich Bezug nimmt, erst am 7. Juli 2005 beim BMVg als der gemäß § 9 WBO für die
Beschwerdeentscheidung zuständigen Stelle eingegangen. Bestätigt wird dieser
Vortrag durch das Exemplar der Beschwerdeschrift vom 13. Juni 2005, welches
der BMVg vorgelegt hat. Dieses Schreiben trägt den Telefax-Sendeaufdruck 06-
07-2005 11.22 mit der Fax-Nummer und dem Namen des Bevollmächtigten des
Antragstellers (RA E.). Ersichtlich ist dieses Telefax beim PersABw in der Abtei-
lung IV 2 - an die die Beschwerde auch gerichtet war - eingegangen, denn über
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diesem Aufdruck findet sich der Telefax-Sendeaufdruck 07/07/2005 08:11 und die
Angabe der Fax-Nummer … der Abteilung IV des PersABw. Hieraus ist der
Schluss zu ziehen, dass der Bevollmächtigte des Antragstellers die Beschwerde
vom 13. Juni 2005 am 6. Juli 2005 an das PersABw gefaxt hat.
Damit hat der Antragsteller nicht fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid des
PersABw vom 24. Mai 2005 eingelegt.
Nach § 6 Abs. 1 WBO muss eine Beschwerde binnen zwei Wochen, nachdem der
Beschwerdeführer von dem Beschwerdeanlass Kenntnis erhalten hat, eingelegt
werden. Für die Berechnung der Frist gelten gemäß § 186 BGB die §§ 187 bis 193
BGB entsprechend. Kenntnis vom Beschwerdeanlass hatten die am
17. November 2004 vom Antragsteller bevollmächtigten Rechtsanwälte S. am
27. Mai 2005. An diesem Tag ging ihnen ausweislich des Eingangsstempels der
Bescheid des PersABw vom 24. Mai 2005 zu. Diese Kenntnis seiner Bevollmäch-
tigten muss sich der Antragsteller zurechnen lassen.
Zu Unrecht stellt der gegenwärtige Bevollmächtigte des Antragstellers, Rechtsan-
walt E., den Fristbeginn am 27. Mai 2005 in seinem Schriftsatz vom 7. Dezember
2005 in Frage. Der gegenwärtige Bevollmächtigte hat mit seinem Schriftsatz vom
20. Oktober 2005 als Anlage 13 den Bescheid des PersABw vom 24. Mai 2005 mit
dem Eingangsstempel 27. Mai 2005 selbst vorgelegt. Für den vorliegenden
Streitgegenstand ist die Anwaltskanzlei S. in W. vom Antragsteller am
17. November 2004 beauftragt worden. Der damals in dieser Anwaltskanzlei tätige
gegenwärtige Bevollmächtigte Rechtsanwalt E. hat diese Vollmacht - mit einem
persönlich abgezeichneten Beglaubigungsvermerk - mit dem Schriftsatz der An-
waltskanzlei S. vom 19. November 2004 dem PersABw vorgelegt. Auf der Basis
dieser Vollmacht hat die Anwaltskanzlei S. in Gestalt des damaligen Sachbearbei-
ters des vorliegenden Verfahrens und gegenwärtigen Bevollmächtigten des An-
tragstellers, Rechtsanwalt E., mit Schreiben vom 24. Februar 2005 ausdrücklich
erklärt, dass der Antrag des Antragstellers vom 23. August 2004 auch darauf ge-
richtet sei, zur „Dienstleistung zivile Weiterbildung Zahnmedizin“ abkommandiert
zu werden. Die Rechtsanwälte S. haben gegenüber dem PersABw als der be-
scheiderteilenden Stelle auf dessen Anfrage vom 28. Juni 2005 erst mit Schreiben
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vom 4. Juli 2005 mitgeteilt, dass sie den Antragsteller nicht mehr anwaltlich vertre-
ten und das Mandat von Rechtsanwalt E. „weitergeführt“ werde.
Rechtsanwalt E. hat vor Erlass des hier streitigen Bescheids des PersABw vom
24. Mai 2005 am 9. Mai 2005 eine neue Vollmacht vom Antragsteller erhalten und
diese mit dem Eilantrag vom 16. Mai 2005 im Verfahren BVerwG 1 WDS-VR 2.05
an das Bundesministerium der Verteidigung übersandt. Dem PersABw wurde die-
se neuerliche Mandatierung jedoch erst mit der Vorlage der Beschwerde vom
13. Juni 2005 und mit dem o.g. Schriftsatz der Rechtsanwälte S. vom 4. Juli 2005
bekannt. Da die Rechtsanwälte S. dem PersABw bis zum 24. Mai 2005 weder ei-
nen Widerruf der erteilten Vollmacht noch eine Personalveränderung hinsichtlich
des gegenwärtigen Bevollmächtigten des Antragstellers mitgeteilt hatten, war das
PersABw berechtigt, den Bescheid vom 24. Mai 2005 an die Rechtsanwälte S. zu
übermitteln (vgl. § 14 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 VwVfG). Damit begann
die Frist zur Einlegung der Beschwerde gegen diesen Bescheid am 27. Mai 2005;
sie endete mit Ablauf des 10. Juni 2005.
Nachdem der gegenwärtige Bevollmächtigte des Antragstellers in seiner Be-
schwerde vom 13. Juni 2005 zunächst lediglich darauf hingewiesen hatte, der Be-
scheid vom 24. Mai 2005 liege ihm vor, hat er nunmehr - auf eine entsprechende
Aufklärungsverfügung des Senats - mit Schreiben vom 7. Dezember 2005 erklärt,
dass ihm der Bescheid vom 24. Mai 2005 von den Rechtsanwälten S. übermittelt
worden sei und ihm (bereits) am 1. Juni 2005 zur Kenntnis vorgelegen habe. Da-
mit hatte der gegenwärtige Bevollmächtigte des Antragstellers jedenfalls am
1. Juni 2005 - innerhalb der Beschwerdefrist - Kenntnis von dem Beginn der Be-
schwerdefrist am 27. Mai 2005. Er konnte feststellen, dass die Beschwerdefrist
danach mit Ablauf des 10. Juni 2005 enden würde. Bei einem durch einen
Rechtsanwalt vertretenen Soldaten muss grundsätzlich davon ausgegangen wer-
den, dass sein Bevollmächtigter die einzuhaltenden Beschwerde- oder Rechtsbe-
helfsfristen kennt bzw. kennen muss. Denn auch wenn der Bevollmächtigte sie
nicht kannte, hätte er sich durch Gesetzesstudium Kenntnis davon verschaffen
können und müssen (Beschluss vom 24. August 1994 - BVerwG 1 WB 55.93 -).
Es entspricht im Übrigen ständiger Rechtsprechung des Senats, dass Verfügun-
gen wie die hier angefochtene Ablehnung einer Kommandierung als truppen-
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dienstliche Erstmaßnahme keiner Rechtsbehelfsbelehrung bedürfen (vgl. zuletzt
Beschlüsse vom 20. Juli 2004 - BVerwG 1 WDS-VR 3.04 -
WBO Nr. 1 = NZWehrr 2004, 258 [insoweit nicht veröffentlicht]> und vom
11. November 2004 - BVerwG 1 WB 33.04 - m.w.N.). Insbesondere die Kenntnis
der Beschwerdefrist nach § 6 Abs. 1 WBO kann bei allen Soldaten - und bei ihren
Bevollmächtigten - als bekannt vorausgesetzt werden (vgl. Beschlüsse vom
4. Dezember 1974 - BVerwG 1 WB 77.73 - , vom
9. März 2000 - BVerwG 1 WB 87.99 -, vom 18. Oktober 2001 - BVerwG 1 WB
49.01 - und vom 11. November 2004 - BVerwG 1 WB 33.04 -).
Zu einer rechtzeitigen Beschwerdeeinlegung wäre der gegenwärtige Bevollmäch-
tigte des Antragstellers auch in der ihm verbleibenden Frist von zehn Tagen in der
Lage gewesen. In seinen Schreiben vom 20. Oktober und 7. Dezember 2005 hat
der gegenwärtige Bevollmächtigte des Antragstellers nichts dazu vorgetragen,
dass ihm in diesem Sinne eine zeitgerechte Einlegung der Beschwerde bis zum
10. Juni 2005 nicht möglich gewesen wäre. Bis zum 10. Juni 2005 haben weder
der Antragsteller noch sein gegenwärtiger Bevollmächtigter Beschwerde eingelegt.
Angesichts dieser Sachlage kommt es auf die Frage der formgerechten Einlegung
der Beschwerde bei einer zuständigen Stelle nach § 5 Abs. 1 WBO nicht mehr an.
Auch der mit Schriftsatz des gegenwärtigen Bevollmächtigten vom 20. Oktober
2005 gestellte Beweisantrag, er habe die Beschwerde vom 13. Juni 2005 am sel-
ben Tag auf postalischem Wege versandt, bleibt ohne Erfolg. Es kann offen blei-
ben, ob dieser Beweisantrag hinsichtlich des Zugangs der Beschwerde bei der
zuständigen Stelle hinreichend substantiiert ist (vgl. Beschluss vom 9. November
2005 - BVerwG 1 WB 50.03 - m.w.N.). Jedenfalls ist dieser Beweisantrag nach
§ 21 Abs. 2 Satz 1, § 18 Abs. 2 Satz 2 WBO i.V.m. § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO i.V.m.
§ 244 Abs. 3 Satz 1 StPO als unzulässig abzulehnen. Denn die Behauptung des
Antragstellers bzw. seines Bevollmächtigten, die Beschwerde sei am 13. Juni
2005 vom gegenwärtigen Bevollmächtigten auf postalischem Wege versandt wor-
den, ist für das vorliegende Verfahren aus den oben dargelegten Gründen zur
Fristversäumung nicht erheblich.
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Prof. Dr. Pietzner Dr. Frentz Dr. Deiseroth
Bosse Schmidt