Urteil des BVerwG vom 25.06.2013

Grundsatz der Gleichbehandlung, Tgv, Dienstort, Fahrtkosten

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 WB 42.12, 1 WB 44.12
In dem Wehrbeschwerdeverfahren
des Herrn Oberstabsfeldwebel ...,
- Bevollmächtigte:
Rechtsanwälte ...,
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
den ehrenamtlichen Richter Oberst Reinelt und
den ehrenamtlichen Richter Oberfeldwebel Zwing
am 25. Juni 2013 beschlossen:
Die Verfahren BVerwG 1 WB 42.12 und BVerwG 1 WB
44.12 werden zu gemeinsamer Beratung und Entschei-
dung verbunden.
Der Antrag wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e :
I
Der Antragsteller begehrt als freigestelltes Mitglied des Gesamtvertrauensper-
sonenausschusses die Erstattung von Kosten für Heimfahrten von seinem
Dienstort (Sitz des Gesamtvertrauenspersonenausschusses) zum Wohnort.
Der 1963 geborene Antragsteller ist Berufssoldat; seine Dienstzeit endet vo-
raussichtlich am 31. Mai 2018. Zuletzt wurde er am 29. Februar 2012 zum
Oberstabsfeldwebel befördert. Er wurde bis zum 31. März 2011 bei der
.../Sanitätslehrregiment in ... verwendet und zum 1. April 2011 zum Heeresamt,
zunächst in ..., ab 1. August 2011 in ..., versetzt.
Nachdem er bereits dem 4. Gesamtvertrauenspersonenausschuss beim Bun-
desministerium der Verteidigung angehört hatte, wurde der Antragsteller im Fe-
bruar 2008 erneut zum Mitglied des 5. Gesamtvertrauenspersonenausschusses
gewählt. Mit Bescheid des Bundesministeriums der Verteidigung - PSZ I 2 -
vom 28. April 2008 wurde er zur Wahrnehmung der Tätigkeit des stellvertreten-
den ... im 5. Gesamtvertrauenspersonenausschuss von seiner dienstlichen Tä-
tigkeit freigestellt. Mit Verfügung der Stammdienststelle der Bundeswehr vom
5. August 2008 wurde der Antragsteller hierfür für die Zeit vom 5. Mai 2008 bis
12. März 2012 zur Dienstleistung zum ... in ... kommandiert; die Umzugskosten-
vergütung wurde nicht zugesagt.
Der Antragsteller behielt seinen ersten Wohnsitz in ... (Niederbayern) bei und
nahm sich in ... eine weitere private Unterkunft. Für den Zeitraum vom 9. Mai
2008 bis 24. Mai 2009 wurden ihm für Fahrten (Hin- und Rückfahrt) zwischen ...
und ... die Kosten in Form von Trennungsgeld (Reisebeihilfe) für monatlich je
eine Heimfahrt in Höhe der günstigsten Reisemöglichkeit mit einem Bahnticket
2. Klasse unter Anrechnung einer BahnCard 50 erstattet.
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Mit Schreiben vom 3. März 2009 beantragte der Antragsteller beim Bundesamt
für Wehrverwaltung die Neu- bzw. Nachberechnung seiner Fahrtkosten und be-
gehrte die Erstattung der ihm tatsächlich entstandenen Fahrtkosten. Dem
Schreiben war eine tabellarische Aufstellung der jeweils mit einem privaten
Kraftfahrzeug durchgeführten Fahrten zwischen ... und ... (Entfernung 581 km)
beigefügt. Unter dem 1. Mai 2009, 8. Juni 2009, 26. Juni 2009 und 12. April
2010 ergänzte der Antragsteller die Aufstellung um weitere durchgeführte Fahr-
ten.
Mit Bescheid vom 26. Juni 2009 lehnte das Bundesamt für Wehrverwaltung
eine weitergehende Erstattung von Fahrtkosten ab. Dem Antragsteller stehe
gemäß § 15 Abs. 1 BRKG und §§ 3 und 5 TGV nur die ihm bereits gewährte
Reisebeihilfe für jeweils eine Heimfahrt pro Monat in der bewilligten Höhe zu.
Hiergegen erhob der Antragsteller mit Schreiben vom 12. Juli 2009 Beschwer-
de. Zur Begründung trug er vor, dass er jedes Wochenende von ... an seinen
Wohnort ... pendle. Eine Nutzung der Deutschen Bahn sei wegen der schlech-
ten Verbindungen, vor allem sonntags, nicht möglich, sodass er stets sein Pri-
vatkraftfahrzeug nutze. Die hierfür entstehenden Kosten würden durch die ge-
währten Erstattungen nicht annähernd gedeckt. Diese Kosten seien jedoch auf
sein Mandat und die Freistellung für den Gesamtvertrauenspersonenausschuss
zurückzuführen, sodass sie der Kostentragungspflicht des Bundesministeriums
der Verteidigung gemäß § 45 Abs. 1 SBG unterlägen. Die praktizierte Ausle-
gung und Anwendung der Trennungsgeldverordnung behindere die Mandats-
wahrnehmung der nicht in der Nähe von ... wohnenden Soldaten. Das Benach-
teiligungsverbot des § 14 Abs. 1 SBG verbiete es, Mitglieder des Gesamtver-
trauenspersonenausschusses mit Kosten zu belasten, die diese bei ordnungs-
gemäßer Wahrnehmung des Mandats nicht vermeiden könnten. Bei der derzei-
tigen Erstattungspraxis werde er finanziell schlechter gestellt als ein mit ihm
vergleichbarer Inhaber eines Dienstpostens bei seiner Einheit in ...; dies versto-
ße gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung.
Mit Bescheid vom 9. März 2010 wies das Bundesamt für Wehrverwaltung die
Beschwerde zurück. Es bestätigte die Gründe seines Bescheids vom 26. Juni
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2009 und erläuterte die Grundsätze der Reisebeihilfe gemäß § 5 TGV, die nicht
mit einer Erstattung von Reisekosten nach dem Bundesreisekostengesetz ver-
gleichbar sei. Im Übrigen bestünden auch an Sonntagen zumutbare Zugverbin-
dungen für die Heimfahrten des Antragstellers.
Hiergegen erhob der Antragsteller mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom
4. Mai 2010 Klage zum Verwaltungsgericht Köln, mit der er sein Begehren wei-
terverfolgte. Zur Begründung verwies er ergänzend auf den Beschluss des
Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Januar 2004 - BVerwG 6 P 9.03 - sowie
auf die entsprechenden Regelungen in § 8 und § 44 Abs. 1 BPersVG.
Mit Beschluss vom 26. April 2012 - 9 K 2733/10 - erklärte das Verwaltungsge-
richt Köln den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten für unzulässig und ver-
wies den Rechtsstreit an das Truppendienstgericht Nord.
Mit Verfügung vom 25. Mai 2012 wies das Truppendienstgericht die Beteiligten
darauf hin, dass seiner Auffassung nach der Antrag auf gerichtliche Entschei-
dung erst zulässig sei, wenn eine weitere Beschwerde erfolglos geblieben sei.
Unter Bezugnahme hierauf erhob der Antragsteller mit Schreiben vom 11. Juni
2012 weitere Beschwerde, wobei er im Wesentlichen seinen bisherigen Vortrag
wiederholte.
Mit Bescheid vom 29. Juni 2012 wies der Bundesminister der Verteidigung
- R II 2 - die weitere Beschwerde als unzulässig zurück. Einer inhaltlichen Über-
prüfung stehe bereits die Rechtshängigkeit beim Truppendienstgericht ent-
gegen. Unabhängig davon sei die weitere Beschwerde nicht statthaft, weil diese
in Verwaltungsangelegenheiten nicht vorgesehen sei. Um eine solche handele
es sich, weil die Erstattung von Reisekosten in § 30 SG geregelt sei und diese
Bestimmung ausdrücklich von der Rechtswegzuweisung an die Wehrdienstge-
richte durch § 17 Abs. 1 WBO ausgenommen sei. Im dienstaufsichtlichen Teil
des Bescheids bestätigte der Bundesminister der Verteidigung die Rechtsauf-
fassung des Bundesamts für Wehrverwaltung.
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Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 16. Juli 2012 beantragte der An-
tragsteller hiergegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Der
Bundesminister der Verteidigung - R II 2 - legte den Antrag zusammen mit sei-
ner Stellungnahme vom 20. Juli 2012 dem Senat vor. Dieses Verfahren wird un-
ter dem Aktenzeichen BVerwG 1 WB 42.12 geführt.
Mit Beschluss vom 24. Juli 2012 - N 1 SL 1/12 - erklärte sich das Truppen-
dienstgericht Nord für sachlich unzuständig und verwies das bei ihm anhängige
Verfahren an das Bundesverwaltungsgericht, weil dieses nach der Entschei-
dung des Bundesministers der Verteidigung über die weitere Beschwerde ge-
mäß § 21 Abs. 1 WBO zur Entscheidung berufen sei. Das an den Senat ver-
wiesene Verfahren wird unter dem Aktenzeichen BVerwG 1 WB 44.12 geführt.
Zur Begründung seines Rechtsschutzbegehrens nimmt der Antragsteller im
Wesentlichen Bezug auf seinen Vortrag im Beschwerdeverfahren sowie im Ver-
fahren vor dem Verwaltungsgericht und vor dem Truppendienstgericht. Sein An-
trag sei in jedem Falle zulässig, unabhängig davon, ob man von einer truppen-
dienstlichen Angelegenheit oder von einer Verwaltungsangelegenheit ausgehe.
Der Antragsteller beantragt,
ihm unter Aufhebung des versagenden Bescheids des
Bundesamts für Wehrverwaltung vom 26. Juni 2009 sowie
der Beschwerdebescheide des Bundesamts für Wehrver-
waltung vom 9. März 2010 und des Bundesministers der
Verteidigung - R II 2 - vom 29. Juni 2012 antragsgemäß
die Erstattung der tatsächlich entstandenen Kosten für
Fahrten zwischen seinem Wohnort ... und seinem Dienst-
ort ... zu gewähren.
Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er hält den Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 16. Juli 2012 aus den
Gründen seines Bescheids über die weitere Beschwerde für unzulässig. Zu
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dem vom Truppendienstgericht an den Senat verwiesenen Verfahren hat er
sich nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Ak-
ten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministers der Verteidi-
gung - R II 2 Az.: ... -, die Akte des Truppendienstgerichts Nord - N 1 SL 1/12 -
und die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem Senat bei der Bera-
tung vorgelegen.
II
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.
1. Die Verfahren BVerwG 1 WB 42.12 und BVerwG 1 WB 44.12 werden zu ge-
meinsamer Beratung und Entscheidung verbunden, weil sie den gleichen Ge-
genstand betreffen (§ 23a Abs. 2 WBO i.V.m. § 93 Satz 1 VwGO).
2. Über den mit Klageschrift vom 4. Mai 2010 gestellten Antrag auf gerichtliche
Entscheidung (BVerwG 1 WB 44.12) ist schon wegen der bindenden Verwei-
sung (§ 17a Abs. 2 Satz 3 GVG) durch das Verwaltungsgericht Köln (Beschluss
vom 26. April 2012 - 9 K 2733/10 -) im Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten
zu entscheiden.
Die Verweisung ist im Übrigen, entgegen der Auffassung des Bundesministers
der Verteidigung, zu Recht erfolgt, weshalb auch für den unter dem 16. Juli
2012 gestellten weiteren Antrag auf gerichtliche Entscheidung (BVerwG 1 WB
42.12), sofern ihm selbständige Bedeutung zukommen sollte (dazu nachfol-
gend 3.), der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten eröffnet ist. Der Antrag-
steller begehrt die Erstattung von Fahrtkosten nicht als Soldat, sondern in sei-
ner Eigenschaft als (freigestelltes) Mitglied des Gesamtvertrauenspersonen-
ausschusses. Er beansprucht damit nicht Reisekostenvergütung nach § 30
Abs. 1 Satz 1 SG, die wegen der Ausnahme dieser Bestimmung in § 17 Abs. 1
Satz 1 WBO vor den (allgemeinen) Verwaltungsgerichten geltend zu machen
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wäre (§ 82 Abs. 1 SG, § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Er stützt seine Forderung
vielmehr auf den speziellen Anspruch auf Reisekostenvergütung für die Mitglie-
der des Gesamtvertrauenspersonenausschusses (§ 45 Abs. 1 SBG) sowie auf
das soldatenbeteiligungsrechtliche Behinderungs- und Benachteiligungsverbot
(§ 36 Abs. 5 i.V.m. § 14 Abs. 1 SBG). Über derartige Rechtsschutzbegehren,
mit denen Mitglieder des Gesamtvertrauenspersonenausschusses geltend ma-
chen, in der Ausübung ihrer Befugnisse behindert oder wegen ihrer Tätigkeit
benachteiligt zu werden, ist gemäß § 36 Abs. 5 i.V.m. § 16 SBG im Rechtsweg
zu den Wehrdienstgerichten zu entscheiden (vgl. näher Beschluss vom
17. Februar 2009 - BVerwG 1 WB 17.08 - Buchholz 449.7 § 36 SBG Nr. 1
Rn. 24 m.w.N.).
Sachlich zuständig ist das Bundesverwaltungsgericht (§ 21 Abs. 1 WBO). Im
Verfahren BVerwG 1 WB 44.12 folgt dies bereits aus der bindenden Verwei-
sung (§ 18 Abs. 3 WBO) durch das Truppendienstgericht (Beschluss vom
24. Juli 2012 - TDG N 1 SL 1/12 -).
3. Es kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei dem zusätzlichen, unter dem
16. Juli 2012 gestellten Antrag auf gerichtliche Entscheidung (BVerwG 1 WB
42.12) um einen selbständigen Antrag - mit der Folge, dass er wegen anderwei-
tiger Rechtshängigkeit als unzulässig zu verwerfen wäre (§ 17 Abs. 1 Satz 2
GVG i.V.m. § 23a Abs. 2 WBO) -, oder aber - was der Intention des Antragstel-
lers eher entsprechen dürfte - nur um eine unselbständige Wiederholung des
Rechtsschutzbegehrens innerhalb des bereits anhängigen, vom Truppen-
dienstgericht nachträglich an den Senat verwiesenen Rechtsstreits (BVerwG
1 WB 44.12) handelt.
Die Verdoppelung der Verfahren beruht letztlich auf der Vorgehensweise des
Truppendienstgerichts (Verfügung vom 25. Mai 2012), im Rahmen des bei ihm
anhängigen Verfahrens noch ein außergerichtliches Verfahren über die weitere
Beschwerde durchführen zu lassen. Denn die daraufhin ergangene Entschei-
dung des Bundesministers der Verteidigung über die weitere Beschwerde
zwang zum einen das Truppendienstgericht, den Rechtsstreit gemäß § 18
Abs. 3, § 21 Abs. 1 WBO an den Senat zu verweisen, zum anderen und gleich-
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zeitig aber auch den Antragsteller, einen (weiteren) Antrag auf gerichtliche Ent-
scheidung zu stellen, schon um zu verhindern, dass ihm die Bestandskraft des
Bescheids über die weitere Beschwerde entgegengehalten werden kann. Die
prozessuale Verdoppelung der Verfahren dürfte sich deshalb jedenfalls kosten-
rechtlich nicht zum Nachteil des Antragstellers auswirken, wenn sein Rechts-
schutzbegehren in der Sache erfolgreich wäre.
4. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist jedoch unbegründet. Der An-
tragsteller hat keinen Anspruch auf die von ihm begehrte, über die bewilligte
Reisebeihilfe hinausgehende Fahrtkostenerstattung.
Gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 SBG hat das Bundesministerium der Verteidigung
die dem Gesamtvertrauenspersonenausschuss aus dessen Tätigkeit entste-
henden Kosten zu tragen; für Reisen, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwen-
dig sind, erhalten Mitglieder des Gesamtvertrauenspersonenausschusses ge-
mäß § 45 Abs. 1 Satz 2 SBG Reisekostenvergütung nach dem Bundesreise-
kostengesetz (BRKG) vom 26. Mai 2005 (BGBl I S. 1418). Ihrem Zweck nach
vergleichbare und im Wesentlichen gleichlautende Bestimmungen finden sich
im Personalvertretungsrecht des Bundes und der Länder, insbesondere in § 44
Abs. 1 BPersVG, sodass die zu diesen Vorschriften ergangene Rechtsprechung
für die Auslegung von § 45 Abs. 1 SBG herangezogen werden kann.
Der Antragsteller kann danach keine Reisekostenvergütung nach den Grund-
sätzen der §§ 2 ff. BRKG verlangen (dazu a). Ihm steht nur - wie bereits bewil-
ligt - Trennungsgeld und Reisebeihilfen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 und 3 BRKG
i.V.m. §§ 3 und 5 der Verordnung über das Trennungsgeld bei Versetzungen
und Abordnungen im Inland (Trennungsgeldverordnung - TGV) vom 29. Juni
1999 (BGBl I S. 1533) zu (dazu b). Dies verstößt nicht gegen das Behinde-
rungs- und Benachteiligungsverbot (§ 36 Abs. 5 i.V.m. § 14 Abs. 1 SBG) oder
gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) (dazu c).
a) In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 44 Abs. 1
Satz 2 BPersVG ist geklärt, dass dem Begriff der „Reise, die zur Erfüllung der
Aufgaben des Personalrats notwendig ist“, eine dem Begriff der Dienstreise im
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Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 BRKG parallele Wertung zugrunde liegt, die auch
die entsprechende Anwendung der Bestimmungen des Bundesreisekostenge-
setzes zur Reisekostenvergütung (§ 1 Abs. 2 i.V.m. §§ 4 bis 10 BRKG) rechtfer-
tigt (vgl. Beschluss vom 12. November 2009 - BVerwG 6 PB 17.09 - Buchholz
251.92 § 42 SAPersVG Nr. 1 Rn. 8; ebenso BAG, Urteil vom 27. Juli 2011
- 7 AZR 412.10 - BAGE 138, 360 Rn. 26 f. zur Kostenerstattung für Reisen von
Mitgliedern einer Schwerbehindertenvertretung). Reisen im Sinne von § 44
Abs. 1 Satz 2 BPersVG sind danach solche, die erforderlich sind, um personal-
vertretungsrechtliche Angelegenheiten außerhalb des Orts der Personalratstä-
tigkeit zu erledigen (vgl. Ilbertz/Widmaier/Sommer, BPersVG, 12. Aufl. 2012,
§ 44 Rn. 8). Beispiele sind etwa Fahrten zur Teilnahme an Unfalluntersuchun-
gen oder Prüfungen, die nicht am Dienststellensitz stattfinden, oder zur Abhal-
tung von Sprechstunden in räumlich entfernten, personalvertretungsrechtlich
nicht verselbständigten Teilen der Dienststelle (Beschluss vom 12. November
2009 a.a.O. Rn. 7). Entsprechend handelt es sich bei Reisen im Sinne von § 45
Abs. 1 Satz 2 SBG um solche, die erforderlich sind, um Geschäfte des Gesamt-
vertrauenspersonenausschusses außerhalb der Dienststätte des Gesamtver-
trauenspersonenausschusses zu erledigen.
Auf dieser Grundlage ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsge-
richts weiter geklärt, dass Fahrten freigestellter Mitglieder von ihrem Wohnort
zum Sitz der Stufenvertretung, wenn dieser weder mit dem Wohnort noch mit
dem Sitz der bisherigen Dienststelle identisch ist, Reisen im Sinne von
§ 44 Abs. 1 Satz 2 BPersVG darstellen. Zwar sind auch diese Fahrten durch die
Personalratstätigkeit verursacht. Im Gegensatz zu den genannten Beispielsfäl-
len handelt es sich jedoch um Fahrten Sitz der regelmäßigen Tätigkeit.
Dieser Sachverhalt lässt sich auch bei weitestmöglicher Heranziehung von Ana-
logiegedanken dem Begriff der Dienstreise nicht mehr zuordnen, für welchen
die Aufgabenerfüllung der Dienststätte zwingend und welcher Aus-
gangspunkt und Zentrum aller Regelungen zur Reisekostenvergütung ist (vgl.
zum vorstehenden Beschluss vom 12. November 2009 a.a.O. Rn. 9; ebenso
BAG, Urteil vom 27. Juli 2011 a.a.O. Rn. 27; GKÖD, § 44 BPersVG Rn. 21;
Ilbertz/Widmaier/Sommer, a.a.O. § 44 Rn. 10; Kröll, in: Altvater/Baden/Kröll/
Lemcke/Peiseler, BPersVG, 7. Aufl. 2011, § 44 Rn. 23a und 25c). Entsprechen-
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des gilt wiederum für die Fahrten freigestellter Mitglieder des Gesamtvertrau-
enspersonenausschusses zwischen ihrem Wohnort außerhalb ... und der
Dienststätte im Bundesministerium der Verteidigung; auch diese Fahrten bilden
keine Reisen im Sinne von § 45 Abs. 1 Satz 2 SBG.
b) Rechtssystematisch sachgerechter Anknüpfungspunkt für die Erstattung von
Aufwendungen, die freigestellten Mitgliedern einer Stufenvertretung durch die
Personalratstätigkeit am Sitz der übergeordneten Dienststelle entstehen, ist
nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vielmehr das Tren-
nungsgeld nach § 15 Abs. 1 BRKG (vgl. Beschluss vom 12. November 2009
a.a.O. Rn. 9; ebenso BAG, Urteil vom 27. Juli 2011 a.a.O. Rn. 28 m.w.N.). Die
freigestellten Mitglieder einer Stufenvertretung sind insofern Beamten ver-
gleichbar, die ohne Zusage der Umzugskostenvergütung abgeordnet werden
(§ 15 Abs. 1 Satz 1 BRKG) (vgl. Beschluss vom 21. Mai 2007 - BVerwG 6 P
5.06 - Buchholz 251.5 § 42 HePersVG Nr. 1 Rn. 21). Entsprechendes gilt wie-
derum für die freigestellten Mitglieder des Gesamtvertrauenspersonenaus-
schusses, die Soldaten vergleichbar sind, die ohne Zusage der Umzugskosten-
vergütung an eine andere Stelle kommandiert werden (§ 15 Abs. 1 Satz 3
BRKG, § 1 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 Nr. 6 TGV), wie dies im Falle des Antrag-
stellers durch die Verfügung der Stammdienststelle der Bundeswehr vom
5. August 2008 auch tatsächlich erfolgt ist.
Ein freigestelltes Mitglied des Gesamtvertrauenspersonenausschusses, das
- wie der Antragsteller - nicht täglich zum Wohnort zurückkehrt und dem die täg-
liche Rückkehr auch nicht zuzumuten ist, erhält danach als Trennungsgeld die
ersten 14 Tage Trennungsreisegeld (§ 3 Abs. 1 Satz 1 TGV) und - unter der Vo-
raussetzung, dass eine Wohnung am bisherigen Wohnort beibehalten wird - ab
dem 15. Tag Trennungstagegeld sowie für die wegen der Kommandierung zu-
sätzlich genommene Unterkunft Trennungsübernachtungsgeld (§ 3 Abs. 2 bis 4
TGV). Außerdem kann er nach § 5 Abs. 1 Satz 1 TGV eine Reisebeihilfe bean-
spruchen, die bei bestimmten familiären Bindungen an den Wohnort (§ 3 Abs. 2
Satz 2 TVG) für jeden halben Monat, im Übrigen - wie auch im Falle des An-
tragstellers - für jeden Monat gewährt wird; diese Reisebeihilfe ist auf die ent-
standenen notwendigen Fahrauslagen bis zur Höhe der Kosten der für den Be-
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rechtigten billigsten Fahrkarte der allgemein niedrigsten Klasse ohne Zuschläge
eines regelmäßig verkehrenden Beförderungsmittels vom Dienstort zum bishe-
rigen Wohnort beschränkt (§ 5 Abs. 4 Satz 1 TGV).
Die vorstehenden Leistungen sind dem Antragsteller nach seinem Vortrag
- auch rechnerisch richtig - bewilligt und ausgezahlt worden. Der hier geltend
gemachte Anspruch auf Erstattung der tatsächlich entstandenen Fahrtkosten
(also ggf. über den in § 5 Abs. 4 TGV vorgesehenen Umfang hinaus) für alle
tatsächlich durchgeführten Heimfahrten zu seinem Wohnort (also ggf. über die
in § 5 Abs. 1 Satz 1 TGV vorgesehene Zahl hinaus) lässt sich aus § 15 Abs. 1
BRKG i.V.m. §§ 3 und 5 TGV indes nicht herleiten.
c) Die Anwendung der Regelungen der Trennungsgeldverordnung - in dem so-
eben unter b) dargestellten Umfang - auf freigestellte Mitglieder des Gesamtver-
trauenspersonenausschusses verstößt nicht gegen das Benachteiligungsverbot
(§ 36 Abs. 5 i.V.m. § 14 Abs. 1 SBG).
Auch insoweit ist zunächst darauf zu verweisen, dass nach der Rechtsprechung
des Bundesverwaltungsgerichts zum Personalvertretungsrecht die entspre-
chende Anwendung der Regelungen der Trennungsgeldverordnung keine Be-
denken unter dem Gesichtspunkt des Benachteiligungsverbots nach § 8 und
§ 107 Satz 1 BPersVG aufwirft. Durch § 15 Abs. 1 Satz 1 BRKG in Verbindung
mit den Vorschriften der Trennungsgeldverordnung ist grundsätzlich sicherge-
stellt, dass die betroffenen Personalratsmitglieder die ihnen entstehenden not-
wendigen Aufwendungen unter Berücksichtigung der häuslichen Ersparnis er-
stattet erhalten (vgl. Beschlüsse vom 21. Mai 2007 a.a.O. Rn. 22 und vom
12. November 2009 a.a.O. Rn. 10; ebenso BAG, Urteil vom 27. Juli 2011 a.a.O.
Rn. 30).
Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht die Kostenerstattung nach der
Trennungsgeldverordnung in Einzelfällen unter dem Gesichtspunkt des Be-
nachteiligungsverbots korrigiert, insbesondere dann, wenn dem Betroffenen bei
normgerechtem Verhalten zwangsläufig ein Vermögensnachteil entsteht. So
wurde entschieden, dass eine (landesrechtliche) Höchstbetragsregelung, die
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auf das Trennungsgeld bei auswärtigem Verbleiben zugeschnitten ist, nicht auf
das Trennungsgeld für freigestellte Mitglieder der Stufenvertretung anzuwenden
ist, die vom Sitz der Stufenvertretung außerhalb ihres Dienst- und Wohnorts
täglich an ihren Wohnort zurückkehren (Beschluss vom 21. Mai 2007 a.a.O.
Rn. 28 ff.). Ebenso wurde entschieden, dass die Regelungen zum Leistungs-
ausschluss für Fahrten innerhalb des Einzugsgebiets von 30 km (§ 1 Abs. 3
Nr. 1 TGV i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c des Bundesumzugskostengesetzes)
nicht auf das Trennungsgeld für freigestellte Personalratsmitglieder anzuwen-
den sind, die arbeitstäglich von ihrer Wohnung zu dem Sitz des Personalrats
außerhalb ihres Wohnorts und ihres bisherigen Dienstorts fahren (Beschluss
vom 28. November 2012 - BVerwG 6 P 3.12 - juris Rn. 19 ff.). Mit diesen Fällen
ist das Begehren des Antragstellers indes nicht vergleichbar. Für ihn geht es
nicht um das Trennungsgeld bei täglicher Rückkehr zum Wohnort (§ 6 TGV),
sondern um Trennungsgeld bei auswärtigem Verbleiben (§ 3 TGV). In dieser
Hinsicht hat der Antragsteller nicht geltend gemacht, dass etwa das ihm bewil-
ligte Trennungstagegeld (für den erhöhten Aufwand) oder das Trennungsüber-
nachtungsgeld (für die in ... genommene Unterkunft) unzulänglich wären.
Während Trennungstagegeld und Trennungsübernachtungsgeld die spezifi-
schen, aus der Freistellung und Kommandierung zum Gesamtvertrauensperso-
nenausschuss zwangsläufig resultierenden Aufwendungen abdecken, sind die
Zahl und Modalitäten der Heimfahrten des Antragstellers von seiner Unterkunft
in ... zur beibehaltenen Wohnung in ... im Wesentlichen durch persönliche
Gründe motiviert. Dem entspricht es, dass die Reisebeihilfe nach § 5 TGV, mit
der der Dienstherr Heimfahrten zur Pflege familiärer und anderer persönlicher
Beziehungen bezuschusst, nicht nach den Grundsätzen der Dienstreise, son-
dern eben nach familiären und sozialen Gesichtspunkten ausgestaltet ist (vgl.
auch Meyer/Fricke, Reisekosten im öffentlichen Dienst, Stand März 2013, § 5
TVG Rn. 7 ff.). Es unterliegt weitgehend dem freien Willensentschluss des An-
tragstellers, ob überhaupt und ggf. wie viele Heimfahrten er unternimmt; von
Zahl und Modalitäten der Heimfahrten hängt die Erfüllung seiner Aufgaben als
Mitglied des Gesamtvertrauenspersonenausschusses im Sinne von § 45 Abs. 1
Satz 2 SBG nicht ab. Hinsichtlich der Kostenerstattung für Heimfahrten muss
sich der Antragsteller deshalb mit anderen Soldaten, die unter Beibehaltung ih-
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rer Wohnung an einen entfernten Dienstort kommandiert werden, vergleichen
lassen. In dieser Hinsicht liegt eine Benachteiligung des Antragstellers nicht vor,
weil sich auch für diese Soldaten die Reisebeihilfe ausschließlich nach § 5 TGV
bemisst; im Gegenteil würde eine weitergehende Kostenerstattung für Heim-
fahrten von Mitgliedern des Gesamtvertrauenspersonenausschusses die Frage
nach einer ebenfalls unzulässigen Begünstigung (§ 36 Abs. 5 i.V.m. § 14 Abs. 1
SBG) aufwerfen. Man mag die geltende Regelung der Reisebeihilfe rechts- und
personalpolitisch für durchaus knapp bemessen halten; eine Korrektur unter
dem Gesichtspunkt des soldatenbeteiligungsrechtlichen Benachteiligungsver-
bots ist jedoch nicht geboten (ebenso im Ergebnis für die Kostenerstattung für
Heimfahrten von Mitgliedern einer Schwerbehindertenvertretung BAG, Urteil
vom 27. Juli 2011 a.a.O. Rn. 30).
Soweit sich der Antragsteller darüber hinaus auf das ebenfalls in § 36 Abs. 5
i.V.m. § 14 Abs. 1 SBG normierte Behinderungsverbot beruft, ist eine Behinde-
rung in der Ausübung seiner Befugnisse als Mitglied des Gesamtvertrauensper-
sonenausschusses durch die praktizierte Form der Kostenerstattung für Heim-
fahrten nicht ersichtlich. Im Übrigen würde für eine mögliche Verletzung des
Behinderungsverbots nichts anderes gelten als das eben zum Benachteili-
gungsverbot Gesagte.
Nichts Abweichendes ergibt sich ferner aus dem vom Antragsteller angeführten
Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Januar 2004 - BVerwG 6 P
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Buchholz 250 § 44 BPersVG Nr. 33; ebenso Beschluss vom 25. Juni
2009 - BVerwG 6 PB 15.09 - Buchholz 250 § 44 BPersVG Nr. 37). Danach ist
die Dienststelle zum Ausgleich der Mehrbelastung verpflichtet, wenn freigestell-
te Mitglieder eines Hauptpersonalrats für das ihnen bewilligte Trennungsüber-
nachtungsgeld Steuern und Sozialabgaben entrichten müssen. Die Ausgleichs-
pflicht setzt einen Anspruch auf Trennungsgeld (auf das Steuern und Sozialab-
gaben erhoben werden) voraus. Sie bildet jedoch keine Grundlage dafür, um
weitergehende Ansprüche, wie die hier geltend gemachte Forderung auf Erstat-
tung der tatsächlichen Kosten für alle Heimfahrten, zu begründen.
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Soweit der Antragsteller schließlich rügt, er sei finanziell schlechter gestellt als
ein Inhaber eines Dienstpostens an seinem früheren Dienstort ..., fehlt es an
der für eine (mögliche) Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art. 3
Abs. 1 GG) erforderlichen Vergleichbarkeit der Sachverhalte. Die herangezoge-
ne Vergleichsperson ist nicht wie der Antragsteller an einen neuen Dienstort
außerhalb des Einzugsgebiets kommandiert und kehrt anders als der Antrag-
steller, der auswärtig verbleibt, täglich zum Wohnort zurück.
Dr. von Heimburg
Dr. Frentz
Dr. Langer
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