Urteil des BVerwG vom 26.03.2015

Subjektives Recht, Soldat, Rechtsschutz, Zufall

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 WB 41.14
In dem Wehrbeschwerdeverfahren
des Herrn Hauptmann ...,
- Bevollmächtigte:
...,
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
den ehrenamtlichen Richter Oberst i.G. Neumann und
den ehrenamtlichen Richter Hauptmann Wilhelm
am 26. März 2015 beschlossen:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e :
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Dem Antragsteller geht es um den Fortbestand seiner Verpflichtung zur fliegeri-
schen Inübunghaltung; im Zusammenhang damit wendet er sich dagegen, nicht
dem Zukunftspersonal der Heeresfliegertruppe zugeordnet worden zu sein.
Der 19.. geborene Antragsteller ist Berufssoldat in der Laufbahn der Offiziere
des militärfachlichen Dienstes der Heeresfliegertruppe; seine Dienstzeit endet
voraussichtlich mit Ablauf des 28. Februar 20... Er wurde am 21. März 20.. zum
Hauptmann befördert und mit Wirkung vom 1. Juni 20.. in eine Planstelle der
Besoldungsgruppe A 12 eingewiesen. Derzeit wird der Antragsteller bei der ...
in B. verwendet.
Mit Bescheid vom 31. Oktober 2012 teilte das Personalamt der Bundeswehr
dem Antragsteller zunächst mit, dass er in der Personalauswahlkonferenz "Zu-
kunftspersonal der Heeresfliegertruppe - Fliegerisches Personal" im Jahr 2012
betrachtet und als Zukunftspersonal fliegerischer Dienst beraten worden sei. Mit
Bescheid vom 20. März 2013, ausgehändigt am 10. April 2013, teilte das Per-
sonalamt dem Antragsteller sodann mit, dass er auf der Basis des gebilligten
Kriterienkataloges des Inspekteurs des Heeres nicht zum Zukunftspersonal der
Heeresfliegertruppe fliegerischer Dienst beraten worden sei. Hiergegen erhob
der Antragsteller mit Schreiben vom 19. April 2013 Beschwerde.
Das Bundesministerium der Verteidigung - R II 2 - wies die Beschwerde mit Be-
scheid vom 3. Juli 2013 als unzulässig zurück. Der Bescheid wurde dem An-
tragsteller am 12. November 2013 gegen Empfangsbekenntnis ausgehändigt;
dem Bevollmächtigten des Antragstellers wurde unter dem 4. Juli 2013 eine
Kopie des Beschwerdebescheids übersandt. Zur Begründung führte das Bun-
desministerium der Verteidigung aus, dass eine Beschwer des Antragstellers
nicht vorliege. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung zu Perspektivkonfe-
renzen bilde die Nichtzuordnung zum Zukunftspersonal der Heeresfliegertruppe
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lediglich die Basis für spätere konkrete Verwendungsentscheidungen. Die
Rechte des Antragstellers seien hinreichend dadurch geschützt, dass er sowohl
konkrete Verwendungsentscheidungen bei der personalbearbeitenden Stelle
beantragen könne, als auch gegen konkrete Verwendungsentscheidungen bzw.
gegen die Ablehnung entsprechender Anträge einen Rechtsbehelf einlegen
könne. Im dienstaufsichtlichen Teil des Bescheids wurde dem Antragsteller mit-
geteilt, dass die zunächst erfolgte Zuordnung zum Zukunftspersonal unter Be-
rücksichtigung des Kriterienkatalogs fehlerhaft gewesen sei, weshalb sie mit
dem Bescheid vom 20. März 2013 habe korrigiert werden müssen.
Mit Bescheid des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr
vom 22. Mai 2013, ausgehändigt am 30. Mai 2013, wurde dem Antragsteller
mitgeteilt, dass er im Rahmen der aktuellen Maßnahmen zur Neuausrichtung
der Streitkräfte, der damit verbundenen Reduzierung des Personalkörpers der
Heeresfliegertruppe sowie der Entwicklung der verfügbaren Flugstunden für die
zukunftsfähigen Hubschraubermuster ... grundsätzlich ab 1. Juni 2013 von der
fliegerischen Inübunghaltung zu entpflichten wäre. Wegen der auf den Antrag
auf Ausnahmegenehmigung vom 12. April 2013 hin festgestellten dienstlichen
Notwendigkeit werde von der Entpflichtung jedoch zunächst, längstens bis zum
30. Juni 2015, abgesehen.
Hiergegen erhob der Antragsteller mit Schreiben vom 31. Mai 2013 Beschwer-
de. Zur Begründung verwies er darauf, dass er derzeit den Dienstposten des
stellvertretenden Leiters des ... an der ... besetze, für den der Einsatz als Luft-
fahrzeugführer auf dem Muster ... vorgesehen sei. Diese Vorgabe erfülle er
durch den seit Jahren in der Hubschrauberführerausbildung stattfindenden Ein-
satz als Fluglehrer .... Ebenso erfülle er alle übrigen Bedingungen zum Erhalt
seiner Berechtigungen im fliegerischen Dienst.
Mit Bescheid vom 24. Juli 2014, ausgehändigt am 6. August 2014, wies das
Bundesministerium der Verteidigung - R II 2 - die Beschwerde als unzulässig
zurück. Die Anordnung der fliegerischen Inübunghaltung erfolge ausschließlich
im dienstlichen Interesse; der Antragsteller habe keinen Anspruch darauf, zur
fliegerischen Inübunghaltung verpflichtet zu werden.
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Hiergegen hat der Antragsteller mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom
19. August 2014 die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt.
Das Bundesministerium der Verteidigung - R II 2 - hat den Antrag mit seiner
Stellungnahme vom 3. September 2014 dem Senat vorgelegt.
Zur Begründung führt der Antragsteller insbesondere aus:
Er wende sich gegen den Bescheid vom 22. Mai 2013 und den Beschwerdebe-
scheid vom 24. Juli 2014 und erstrebe im Rahmen der Überprüfung derselben
auch die Feststellung, dass die ihm mit Bescheid vom 20. März 2013 und Be-
schwerdebescheid vom 3. Juli 2013 mitgeteilte Entscheidung, er sei nicht zum
Zukunftspersonal der Heeresfliegertruppe fliegerischer Dienst beraten worden,
rechtswidrig sei. Er habe den Beschwerdebescheid vom 3. Juli 2013 nicht an-
gefochten, weil er auf die dortige Erläuterung vertraut habe. Der 1. Wehrdienst-
senat habe nunmehr mit Beschluss vom 6. Februar 2014 - 1 WB 35.13 - klarge-
stellt, dass die Entscheidung der Personalauswahlkonferenz, einen Soldaten
nicht dem Zukunftspersonal der Heeresfliegertruppe zuzuordnen, eine gericht-
lich anfechtbare dienstliche Maßnahme darstelle. Hinsichtlich der fliegerischen
Inübunghaltung habe der Senat dagegen mit Beschluss vom 24. Januar 2012
- 1 WB 6.11 - entschieden, dass insofern kein subjektives Recht des Soldaten
auf Fortdauer seiner Verpflichtung bestehe. Das Bundesministerium der Vertei-
digung habe ihm daher in dem Beschwerdebescheid vom 3. Juli 2013 nicht nur
dezidiert geraten, einen Rechtsbehelf nicht in Anspruch zu nehmen, der statt-
haft gewesen wäre; es habe ihm auch empfohlen, zuzuwarten und Maßnahmen
anzufechten, die auf der Grundlage vorangegangener Senatsentscheidungen
nicht anfechtbar seien. Die Berufung auf die Bestandskraft des Beschwerdebe-
scheids vom 3. Juli 2013 sei deshalb rechtsmissbräuchlich und verletze die Für-
sorgepflicht. Der Beschwerdebescheid vom 24. Juli 2014 stelle zudem ein wi-
dersprüchliches Verhalten dar, weil mit dem Beschwerdebescheid vom 3. Juli
2013 ein Vertrauenstatbestand dahingehend geschaffen worden sei, dass er,
der Antragsteller, sich in Zukunft gegen eine Verwendungsentscheidung wie die
Entpflichtung mit Rechtsmitteln wenden könne.
In der Sache sei die Entscheidung der Auswahlkonferenz, ihn nicht dem Zu-
kunftspersonal der Heeresfliegertruppe zuzuordnen, rechtswidrig und verletze
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seine Rechte. Es fehle insoweit bereits an einer nachvollziehbaren Begründung.
Insbesondere sei in dem maßgeblichen Kriterienkatalog nicht festgelegt, dass
eine Restdienstzeit von mindestens fünf Jahren nach Abschluss der Ausbildung
auf einem Luftfahrzeugmuster der Zukunft (...) zum Stichtag 31. Dezember
2012 vorhanden sein müsse. Im Übrigen handele es sich bei dem Luftfahr-
zeugmuster ..., für das er bis zu seinem Dienstzeitende vorgesehen sei, sehr
wohl um ein Luftfahrzeugmuster der Zukunft.
Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Nichtzuordnung zum Zukunftspersonal der Heeres-
fliegertruppe sei bestandskräftig. Es liege auch kein rechtsmissbräuchliches
oder widersprüchliches Verhalten vor. Die Entscheidung des 1. Wehrdienstse-
nats vom 6. Februar 2014, dass die Zuordnung zum Nichtzukunftspersonal eine
anfechtbare Maßnahme darstelle, habe nicht der vom Bundesministerium der
Verteidigung vertretenen Rechtsauffassung entsprochen. Man habe sich bis
dahin vielmehr an der ständigen Rechtsprechung zu Perspektivkonferenzen
orientiert; darin liege keine rechtsmissbräuchliche Pflichtverletzung. Ebenso
wenig liege ein widersprüchliches Verhalten vor. Soweit der Antragsteller auf
den Rechtsschutz gegen Verwendungsentscheidungen verwiesen worden sei,
seien damit Versetzungen und Kommandierungen gemeint, nicht aber die hier
gegenständliche Entpflichtung von der fliegerischen Inübunghaltung. Auf diese
habe der Antragsteller keinen Anspruch.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug
genommen. Die Beschwerdeakten des Bundesministeriums der Verteidigung
- R II 2 - Az.: 555/13 und 981/14 - und die Personalgrundakte des Antragstel-
lers, Hauptteile A bis D, haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
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Der Antragsteller hat keinen Sachantrag gestellt. Bei sachgerechter Auslegung
seines Rechtsschutzbegehrens beantragt er, das Bundesministerium der Ver-
teidigung - unter Aufhebung des Bescheids des Bundesamts für das Personal-
management der Bundeswehr (im Folgenden: Bundesamt für das Personalma-
nagement) vom 22. Mai 2013 und des Beschwerdebescheids vom 24. Juli
2014 - zu verpflichten, ihn, den Antragsteller, über den 1. Juni 2013 hinaus zur
fliegerischen Inübunghaltung zu verpflichten, hilfsweise das Absehen von der
Entpflichtung über den 30. Juni 2015 hinaus zu verlängern (dazu 1.), sowie das
Bundesministerium der Verteidigung - unter Aufhebung des Bescheids des Per-
sonalamts der Bundeswehr vom 20. März 2013 und des Beschwerdebescheids
vom 3. Juli 2014 - außerdem zu verpflichten, ihn, den Antragsteller, dem Zu-
kunftspersonal fliegerischer Dienst zuzuordnen (dazu 2.).
1. Soweit es um die Fortdauer der Verpflichtung zur fliegerischen Inübunghal-
tung geht, ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung unzulässig, weil dem
Antragsteller hierfür die Antragsbefugnis fehlt. Denn nach der ständigen Recht-
sprechung des Senats erfolgt die einen Soldaten verpflichtende Anordnung zur
fliegerischen Inübunghaltung ausschließlich im dienstlichen Interesse; der Sol-
dat hat kein geschütztes subjektives Recht auf Fortdauer seiner Verpflichtung
zur fliegerischen Inübunghaltung (vgl. - auch zum gesamten Folgenden - insb.
BVerwG, Beschluss vom 24. Januar 2012 - 1 WB 6.11 - Buchholz 450.1 § 17
WBO Nr. 81 Leitsatz und Rn. 16 ff. sowie zuletzt Beschluss vom 27. November
2014 - 1 WB 11.14 - Rn. 32 ff.).
Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO (hier i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO) kann ein
Soldat die Wehrdienstgerichte anrufen, wenn sein Antrag eine Verletzung sei-
ner Rechte oder eine Verletzung von Pflichten eines Vorgesetzten ihm gegen-
über zum Gegenstand hat, die im Zweiten Unterabschnitt des Ersten Abschnitts
des Soldatengesetzes mit Ausnahme der §§ 24, 25, 30 und 31 geregelt sind.
Das gerichtliche Verfahren nach der Wehrbeschwerdeordnung dient damit dem
individuellen, subjektiven Rechtsschutz des Soldaten; es ist kein Instrument
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einer objektiven Rechtskontrolle oder einer allgemeinen Aufsicht über die Bun-
deswehr. Der Soldat kann nur ein ihm persönlich zustehendes Recht ("sein
Recht") bzw. eine Verletzung ihm persönlich dienender Pflichten ("Pflichten …
ihm gegenüber") geltend machen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. Mai 2011
- 1 WB 39.10 - Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 79 Rn. 17).
Dem Antragsteller steht ein derartiges subjektives Recht, vom Bundesministeri-
um der Verteidigung oder vom Bundesamt für das Personalmanagement zu
verlangen, ihn zur fliegerischen Inübunghaltung zu verpflichten, nicht zu.
Die Entscheidung des Bundesministeriums der Verteidigung oder der von ihm
beauftragten zuständigen personalbearbeitenden Stelle, ob und in welchem
zeitlichen oder inhaltlichen Umfang ein Soldat zur Erhaltung der Erlaubnisse
und Berechtigungen im fliegerischen Dienst der Bundeswehr verpflichtet wer-
den soll, beruht auf der Organisations- und Planungshoheit des Bundesministe-
riums der Verteidigung. Diese Organisations- und Planungshoheit erstreckt sich
auch auf die Feststellung des militärischen Bedarfs, der seinerseits an dem sich
aus Art. 87a GG ergebenden Gebot zu orientieren ist, das Gefüge der Streit-
kräfte so zu gestalten, dass sie ihren militärischen Aufgaben gewachsen sind
(BVerfG, Beschluss vom 18. Februar 1970 - 2 BvR 531/68 - BVerfGE 28, 36;
BVerwG, Beschlüsse vom 19. Mai 1981 - 1 WB 123.79 - BVerwGE 73, 182
<184> und vom 18. November 1997 - 1 WB 33.97 -). Die Frage, ob für die (wei-
tere) fliegerische Inübunghaltung eines Soldaten eine dienstliche Notwendigkeit
unter Berücksichtigung des militärischen Bedarfs besteht, beruht auf planerisch-
organisatorischen Gesichtspunkten und damit weitgehend auf militärischen
Zweckmäßigkeitserwägungen, bei denen auch haushaltsrechtliche Aspekte der
Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten sind. Derartige Zweckmäßig-
keitserwägungen sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats einer ge-
richtlichen Nachprüfung entzogen (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 4. Novem-
ber 2004 - 1 WB 28.04 - m.w.N.).
In Konkretisierung seiner diesbezüglichen Organisations- und Planungshoheit
hat das Bundesministerium der Verteidigung - Fü S I 1 - in Nr. 1 und Nr. 2 des
Erlasses betreffend die "Verpflichtung zur Erhaltung der Erlaubnisse und Be-
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rechtigungen im fliegerischen Dienst der Bundeswehr" vom 26. Juni 2008
(VMBl. 2008, 142) festgelegt, dass die Verpflichtung zur fliegerischen Inübung-
haltung für Luftfahrzeugführer, Waffensystemoffiziere und Luftfahrzeugoperati-
onsoffiziere in Betracht kommt und von der dienstlichen Notwendigkeit abhängt,
die entsprechenden fliegerischen Fähigkeiten und Fertigkeiten zu erhalten, bzw.
an dem Erfordernis einer sachgerechten Erfüllung der Aufgaben auf dem jewei-
ligen Dienstposten zu orientieren ist. Die Anordnung der fliegerischen Inübung-
haltung erfolgt demnach ausschließlich im dienstlichen Interesse und nicht im
Interesse des betroffenen Soldaten. Es besteht daher kein geschütztes subjek-
tives Recht eines Soldaten, die Aufhebung der Anordnung einer fliegerischen
Inübunghaltung in Frage zu stellen oder eine erneute Anordnung dieses Inhalts
vom Bundesministerium der Verteidigung zu verlangen. Ein derartiges Recht
folgt weder aus persönlichen noch aus wirtschaftlichen Aspekten, etwa aus dem
Interesse, eine einmal erworbene Befähigung wie den Militärflugzeugführer-
schein behalten zu können. Die dem Antragsteller fehlende Antragsbefugnis
lässt sich auch nicht durch den Wegfall von mit dem Flugdienst verbundenen
Zulagenberechtigungen begründen. Zwar hat ein Soldat, wenn die Verpflichtung
zur Inübunghaltung angeordnet ist, einen Rechtsanspruch auf die entsprechen-
den Zulagen; diese Folge einer Verpflichtung zur fliegerischen Inübunghaltung
begründet jedoch kein subjektives Recht darauf, dass eine solche Verpflichtung
angeordnet wird.
Damit fehlt es auch an einem Anspruch, das Absehen von der Entpflichtung
über den 30. Juni 2015 hinaus zu verlängern.
2. Soweit es dem Antragsteller darum geht, dem Zukunftspersonal fliegerischer
Dienst zugeordnet zu werden, ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung un-
begründet, weil die Entscheidung der Personalauswahlkonferenz "Zukunftsper-
sonal der Heeresfliegertruppe - Fliegerisches Personal", den Antragsteller nicht
dem Zukunftspersonal fliegerischer Dienst zuzuordnen, bestandskräftig gewor-
den ist.
a) Nach § 17 Abs. 4 Satz 1 WBO (hier i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO) ist der
Antrag auf gerichtliche Entscheidung innerhalb eines Monats nach Zustellung
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des zurückweisenden Beschwerdebescheids einzulegen. Es kann dahingestellt
bleiben, ob die unter dem 4. Juli 2013 erfolgte Zusendung einer Kopie des Be-
schwerdebescheids des Bundesministeriums der Verteidigung - R II 2 - vom
3. Juli 2013 an den Bevollmächtigten des Antragstellers eine wirksame Zustel-
lung darstellt. Jedenfalls wurde der Bescheid, mit dem die Beschwerde gegen
die Nichtzuordnung zum Zukunftspersonal fliegerischer Dienst zurückgewiesen
wurde, dem Antragsteller persönlich am 12. November 2013 durch Übergabe
gegen Empfangsbekenntnis zugestellt (§ 12 Abs. 1 Satz 3 WBO i.V.m. § 5
Abs. 1 Nr. 1 WDO). Die Monatsfrist des § 17 Abs. 4 Satz 1 WBO begann dem-
nach am 13. November 2013 und endete nach der im Wehrbeschwerdeverfah-
ren entsprechend anwendbaren Regelung des § 57 Abs. 2 VwGO in Verbin-
dung mit § 222 Abs. 1 ZPO, § 188 Abs. 2, § 187 Abs. 1 BGB mit Ablauf des
12. Dezember 2013.
Innerhalb dieser Frist hat der Antragsteller keinen Antrag auf gerichtliche Ent-
scheidung unmittelbar gegen den Beschwerdebescheid vom 3. Juli 2013 ge-
stellt. Auch der - am selben Tag beim Bundesministerium der Verteidigung ein-
gegangene (§ 21 Abs. 1 Satz 2 WBO) - Schriftsatz seines Bevollmächtigten
vom 19. August 2014, mit dem der Antragsteller die Entscheidung des Bundes-
verwaltungsgerichts wegen seiner Entpflichtung von der fliegerischen Inübung-
haltung beantragt und sich in diesem Zusammenhang gegen seine Nichtzuord-
nung zum Zukunftspersonal fliegerischer Dienst gewandt hat, ist insoweit ver-
spätet.
b) Der Fristablauf wurde auch nicht durch Umstände gehemmt, die im Sinne
von § 7 WBO (hier i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 und § 17 Abs. 5 Satz 2 WBO) als
unabwendbarer Zufall zu werten sind.
Der Beschwerdebescheid vom 3. Juli 2013 enthält eine zutreffende Rechts-
behelfsbelehrung (§ 7 Abs. 2, § 12 Abs. 1 Satz 4 WBO). Die Entscheidung dar-
über, ob von dem aufgezeigten Rechtsbehelf Gebrauch gemacht wird, liegt al-
lein in der Beurteilung und Verantwortung des Antragstellers. Auch soweit die
Entscheidung, von der Einlegung eines Rechtsbehelfs abzusehen, auf einer
unrichtigen Rechtsauffassung oder mangelnder Rechtskenntnis beruht, ist darin
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kein unabwendbarer Zufall im Sinne von § 7 Abs. 1 WBO zu sehen (stRspr, vgl.
z.B. BVerwG, Beschluss vom 12. August 2014 - 1 WB 51.13 - juris Rn. 24 und
Dau, WBO 6. Aufl. 2013, § 7 Rn. 12 m.w.N.; zur parallelen Vorschrift des § 60
Abs. 1 VwGO vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 7. Oktober 2009 - 9 B 83.09 -
Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 266 m.w.N.).
Ein unabwendbarer Zufall im Sinne von § 7 Abs. 1 WBO ergibt sich vorliegend
auch nicht aus einem rechtsmissbräuchlichen oder widersprüchlichen Verhalten
des Bundesministeriums der Verteidigung.
Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten in dem vom Antragsteller geltend ge-
machten Sinne, dass ihn das Bundesministerium der Verteidigung durch Fehlin-
formation von der Einlegung eines zulässigen Rechtsbehelfs abgehalten hätte,
liegt nicht vor.
Allerdings hat das Bundesministerium der Verteidigung die Beschwerde des
Antragstellers in dem Bescheid vom 3. Juli 2013 mit der Begründung als unzu-
lässig zurückgewiesen, bei der Entscheidung der Auswahlkonferenz "Zukunfts-
personal der Heeresfliegertruppe - Fliegerisches Personal" über die Zuordnung
oder Nichtzuordnung zum Zukunftspersonal handele es sich - ähnlich wie bei
der Entscheidung einer Perspektivkonferenz über die Zuerkennung einer indivi-
duellen Förderperspektive - um keine die Rechte des Soldaten unmittelbar be-
einträchtigende Maßnahme. Dieser Argumentation ist der Senat in dem Be-
schluss vom 6. Februar 2014 - 1 WB 35.13 - (Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 88
Rn. 22 ff., insb. Rn. 28 ff.), in dem er sich erstmals zur Maßnahmequalität der
Entscheidungen der Auswahlkonferenz "Zukunftspersonal der Heeresflieger-
truppe" geäußert hat, nicht gefolgt. Nach diesem Beschluss stellt die Entschei-
dung, einen Soldaten nicht dem Zukunftspersonal zuzuordnen, eine anfechtba-
re dienstliche Maßnahme im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO dar. Maßge-
bend hierfür war insbesondere die Erwägung, dass die Nichtzuordnung zum
Zukunftspersonal - anders als das Ergebnis einer Perspektivkonferenz - durch
eine explizit dienstpostenbezogene Komponente geprägt ist, weil sie die künfti-
ge Verwendung des betroffenen Soldaten bereits weitestgehend - nämlich im
Sinne einer Wegversetzung von einem fliegerischen Dienstposten - vorherbe-
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stimmt. Ein fristgerechter Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entschei-
dung gegen den Beschwerdebescheid vom 3. Juli 2013 wäre deshalb vom Se-
nat jedenfalls als zulässig behandelt worden.
Unabhängig davon, dass der Senat damit die Anfechtbarkeit von Entscheidun-
gen der Auswahlkonferenz "Zukunftspersonal der Heeresfliegertruppe" anders
qualifiziert hat als das Bundesministerium der Verteidigung, handelt es sich bei
der in den Gründen des Beschwerdebescheids vom 3. Juli 2013 vertretenen
Rechtsauffassung nicht um eine rechtsmissbräuchliche Desinformation des An-
tragsteller mit dem Ziel, ihn von der Einlegung eines zulässigen Rechtsbehelfs
abzuhalten. Da der Beschluss des Senats vom 6. Februar 2014 bei Erlass des
Beschwerdebescheids vom 3. Juli 2013 noch nicht vorlag, bildeten die Gründe
des Beschwerdebescheids eine im Zeitpunkt der Entscheidung jedenfalls ver-
tretbare und in sich stimmige Argumentation; sie wird nicht dadurch - ex post -
rechtsmissbräuchlich, dass der Senat die nicht eindeutige Rechtslage später
anders beurteilt hat. Es lag vielmehr auch insoweit in der Verantwortung und
Risikosphäre des Antragstellers, im Lichte der Gründe des Beschwerdebe-
scheids von einem weiteren Rechtsbehelf Abstand zu nehmen oder - wie etwa
der Antragsteller in dem dem Beschluss des Senats vom 6. Februar 2014 zu-
grundeliegenden Verfahren BVerwG 1 WB 35.13 - die gerichtliche Entschei-
dung zu beantragen.
Das Bundesministerium der Verteidigung hat dem Antragsteller auch nicht in
rechtsmissbräuchlicher oder widersprüchlicher Weise empfohlen, anstatt des
Antrags auf gerichtliche Entscheidung gegen den Beschwerdebescheid vom
3. Juli 2013 einen - untauglichen, weil unzulässigen (siehe oben II.1.) - Antrag
auf gerichtliche Entscheidung gegen die Entpflichtung von der fliegerischen In-
übunghaltung zu stellen.
Zum einen bildet der Hinweis in dem Beschwerdebescheid vom 3. Juli 2013,
dem Antragsteller verbleibe die Möglichkeit des Rechtsschutzes bezogen auf
konkrete Verwendungsentscheidungen, die bloße Kehrseite oder Konsequenz
der vom Bundesministerium der Verteidigung vertretenen Rechtsauffassung,
dass die Entscheidung, einen Soldaten nicht dem Zukunftspersonal der Heeres-
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fliegertruppe zuzuordnen, keine anfechtbare dienstliche Maßnahme darstelle.
Mit dem Beschluss des Senats vom 6. Februar 2014 ist naturgemäß auch die-
ser Teil der Rechtsauffassung des Bundesministeriums der Verteidigung hinfäl-
lig geworden, ohne dass damit zugleich die Ausführungen in dem Beschwerde-
bescheid nachträglich rechtsmissbräuchlich würden.
Zum anderen meint der Hinweis auf den Rechtsschutz bezogen auf konkrete
Verwendungsentscheidungen ersichtlich nicht die Entpflichtung von der fliegeri-
schen Inübunghaltung, sondern die Besetzung konkreter Dienstposten - hier
insbesondere solche mit fliegerischer Tätigkeit -, für die sich der Antragsteller
für geeignet hält (vgl. zu den entsprechenden Fragen im Zusammenhang mit
dem Rechtsschutz gegen die Ergebnisse von Perspektivkonferenzen z.B.
BVerwG, Beschluss vom 28. April 2009 - 1 WB 20.09 - Rn. 17). Davon abgese-
hen beruht die Rechtsprechung des Senats, dass die Anordnung der fliegeri-
schen Inübunghaltung ausschließlich im dienstlichen Interesse und nicht im In-
teresse des betroffenen Soldaten erfolgt und daher Rechtsbehelfe gegen die
Entpflichtung von der fliegerischen Inübunghaltung keine Aussicht auf Erfolg
haben, nicht erst auf dem vom Bevollmächtigten des Antragstellers angeführten
Beschluss vom 24. Januar 2012 - 1 WB 6.11 - (Buchholz 450.1 § 17 WBO
Nr. 81), sondern auf einer langen ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl.
die Nachweise dort Rn. 21).
Wegen der Bestandskraft der Entscheidung, den Antragsteller nicht dem Zu-
kunftspersonal fliegerischer Dienst zuzuordnen, kommt es auf die inhaltlichen
Einwände des Antragstellers gegen diese Entscheidung nicht an.
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