Urteil des BVerwG vom 20.01.2009

Ausbildung, Soldat, Beschwerdefrist, Versetzung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 WB 38.08
In dem Wehrbeschwerdeverfahren
des Herrn Oberstleutnant ...,
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
den ehrenamtlichen Richter Oberstarzt Dr. Glaser und
den ehrenamtlichen Richter Major Algner
am 20. Januar 2009 beschlossen:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e :
I
Der Antragsteller wendet sich gegen die Entscheidung des Personalamts der
Bundeswehr (in der Gestalt des dazu ergangenen Beschwerdebescheids des
Bundesministeriums der Verteidigung), eine von ihm beantragte Auslandsver-
wendung zum 1. Juli 2008 als Fluglehrer/Einsatzstabsoffizier bei der 3. Deut-
schen Luftwaffenausbildungsstaffel USA zum 1. Juli 2008 abzulehnen.
Der 1970 geborene Antragsteller ist Berufssoldat mit der verwendungsbezoge-
nen besonderen Altersgrenze des 41. Lebensjahres (BO 41). Seine Dienstzeit
wird voraussichtlich mit Ablauf des 31. Juli 2011 enden. Er wurde am 30. Mai
2005 zum Major und am 12. September 2008 zum Oberstleutnant ernannt.
Nach seiner Ausbildung zum Strahlflugzeugführer wurde er u.a. auf den Waf-
fensystemen F-4F Phantom und MiG 29 eingesetzt. Er absolvierte erfolgreich
die Umschulung auf das Waffensystem EUROFIGHTER. Seit dem 1. Januar
2006 wird er als ...stabsoffizier und ...stabsoffizier EUROFIGHTER im
...geschwader ... in N. verwendet.
Mit Schreiben vom 29. Mai 2007 bewarb sich der Antragsteller auf eine Stellen-
ausschreibung des Personalamts der Bundeswehr, die das Luftwaffenfüh-
rungskommando per Lotus Notes am 21. Mai 2007 bekannt gegeben hatte.
Danach war zum 1. Juli 2008 mit Ausbildungsbeginn am 1. Oktober 2007 bei
der ... Deutschen Luftwaffenausbildungsstaffel USA, ..., der nach Besoldungs-
gruppe A 13 bewertete Dienstposten eines Fluglehrberechtigungsstabsoffi-
ziers/Einsatzstabsoffiziers für die Dauer von drei Jahren zu besetzen. Die Be-
werbung des Antragstellers befürwortete der Kommodore des ...geschwaders ...
in seiner Stellungnahme vom 11. Juni 2007 mit Nachdruck. Der Kommandeur
der 1. Luftwaffendivision schloss sich der Befürwortung am 20. Juni 2007 an,
wies aber darauf hin, dass der aktuelle Bedarf an ausgebildeten
Luftfahrzeugführern für das Waffensystem EUROFIGHTER einen Verzicht (auf
den Antragsteller) grundsätzlich nicht geboten erscheinen lasse; dieser sei
jedoch für die ausgeschriebene Verwendung besonders qualifiziert und auf-
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grund seines bisherigen Werdeganges, seiner untadeligen Berufsauffassung
und seiner integren Persönlichkeit hervorragend geeignet.
Die Bewerbung lehnte das Personalamt der Bundeswehr mit dem angefochte-
nen Bescheid vom 28. August 2007 mit der Begründung ab, dass im Auswahl-
verfahren einem anderen Bewerber der Vorzug gegeben worden sei.
Gegen diese ihm am 19. September 2007 eröffnete Entscheidung legte der
Antragsteller mit Schreiben vom 29. Oktober 2007 Beschwerde ein, die am
30. Oktober 2007 bei seinem nächsten Disziplinarvorgesetzten und am
19. November 2007 beim Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - einging.
Er machte u.a. geltend, für ihn sei nicht nachvollziehbar, weshalb seine Bewer-
bung abgelehnt worden sei, obwohl er alle in der Stellenausschreibung gefor-
derten Voraussetzungen erfülle.
Der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - wies die Beschwerde mit Be-
scheid vom 21. Januar 2008, dem Antragsteller eröffnet am 28. Januar 2008,
als unzulässig zurück.
Mit einem an das „Bundesministerium der Verteidigung, Postfach 1328, 53003
Bonn“ gerichteten Schriftsatz vom 11. Februar 2008 beantragte der Antragstel-
ler durch seine Bevollmächtigten die gerichtliche Entscheidung des Bundes-
verwaltungsgerichts. Dieser Schriftsatz wurde am 11. Februar 2008 per Telefax
an die Telefax-Empfangsstelle des Führungsstabs des Heeres im Bundesminis-
terium der Verteidigung versandt. Auf Hinweis des Geschäftszimmers und auf
ergänzende Nachfrage haben die Bevollmächtigten den Antrag am 12. Februar
2008 per Telefax an den Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - übermit-
telt. Dieser hat den Antrag mit seiner Stellungnahme vom 15. Mai 2008 dem
Senat vorgelegt.
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Zur Begründung seines Rechtsschutzbegehrens trägt der Antragsteller insbe-
sondere vor:
Entgegen der im Beschwerdebescheid geäußerten Auffassung sei er an der
Einhaltung der Beschwerdefrist durch Krankheit gehindert gewesen. Wegen
einer schweren Grippeerkrankung sei er vom 2. Oktober bis zum 7. Oktober
2007 und vom 15. Oktober bis zum 28. Oktober 2007 „k.z.H.“ geschrieben wor-
den. In der dazwischen liegenden Woche (vom 8. bis 12. Oktober 2007) sei er
über Gebühr in den militärischen Dienst eingespannt gewesen, sodass die
Krankheit nicht habe ausheilen können. Innerhalb von drei Tagen nach Been-
digung der Krankheit habe er die Beschwerde eingelegt. In der Sache bestreite
er ein besseres Eignungs-, Leistungs- und Befähigungsprofil des für die Aus-
landsverwendung ausgewählten Soldaten. Er selbst verfüge im Vergleich zu
dem ausgewählten Mitbewerber über ein weitaus besseres Sprachleistungspro-
fil in Englisch. Als Fluglehrer auf der F-4F Phantom sei er nicht lediglich zwei bis
drei Jahre wie der Mitbewerber, sondern von 2001 bis 2006 tätig gewesen.
Außerdem habe er bereits seit 2004 Dienst als Einsatzoffizier/Einsatzstabs-
offizier auf Staffel-, Gruppen- und Geschwaderebene geleistet. Der ausgewähl-
te Mitbewerber sei hingegen erst seit Ende 2006 als S 3 V (Verlegeoffizier) tä-
tig. Soweit die beantragte Auslandsverwendung mit entgegenstehenden dienst-
lichen Belangen abgelehnt werde, weil auf seinen Erfahrungsstand als Jagd-
flugzeugführer EUROFIGHTER nicht verzichtet werden könne, sei dem entge-
genzutreten. Über einen Zeitraum von zwei Jahren habe er aufgrund der größe-
ren Anzahl an EUROFIGHTER-Piloten weniger als 130 Stunden geflogen. Das
Minimum im Jahr betrage 70 Stunden, um den „Scheinerhalt“ zu sichern. Dies
stelle einen „katastrophalen“ Stundensatz dar, der die im Bescheid behauptete
dienstliche Unabkömmlichkeit nicht tragen könne. Die in der Auslandsverwen-
dung notwendige Qualifikation für einen Luftfahrzeugeinsatzstabsoffizier erfor-
dere eine intensive Einarbeitung über mehrere Jahre. Diese besonderen Erfah-
rungen und Kenntnisse könnten nicht mit einer einzigen Ausbildung oder mit
nur einem Lehrgang erworben werden. Der ausgewählte Soldat habe im Ge-
gensatz zu ihm, dem Antragsteller, nie eine Fluglehrberechtigung auf Kampf-
flugzeugen erworben. Die erforderliche fliegerische Ausbildung müsse entgegen
der Auffassung des Bundesministers der Verteidigung nicht ausnahmslos vor
der Besetzung eines Dienstpostens erfolgen. Tatsächlich würden Dienstposten
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der Ausbildung bzw. Umschulung besetzt, beispielsweise die Dienstposten
Kommodore, Staffelkapitän, Kommandeur Fliegende Gruppe im
...geschwader ... In anderen Geschwadern werde ähnlich verfahren.
Der Antragsteller beantragt,
den Bescheid des Personalamts der Bundeswehr vom
28. August 2007 und den Beschwerdebescheid des Bun-
desministers der Verteidigung vom 21. Januar 2008 auf-
zuheben und den Bundesminister der Verteidigung zu
verpflichten, über die Besetzung des Dienstpostens Flug-
lehrer/Einsatzstabsoffizier bei der ... Deutschen Luftwaf-
fenausbildungsstaffel USA unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden,
hilfsweise
festzustellen, dass die Besetzung dieses Dienstpostens
mit einem anderen Stabsoffizier rechtswidrig war.
Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er hält den Antrag auf gerichtliche Entscheidung für zulässig, weil der am
11. Februar 2008 an das Bundesministerium der Verteidigung - Fü H I 2 - per
Telefax übermittelte Schriftsatz noch innerhalb der Antragsfrist beim Bundes-
ministerium der Verteidigung eingegangen sei. Entscheidend für den rechtzeiti-
gen Eingang sei nicht der Eingang beim zuständigen Referat innerhalb des Mi-
nisteriums.
Der Antrag sei jedoch unbegründet, weil die Beschwerde des Antragstellers
vom 29. Oktober 2007 verfristet sei. Gegen den am 19. September 2007 eröff-
neten ablehnenden Bescheid des Personalamts vom 28. August 2007 habe der
Antragsteller erst nach Ablauf der Beschwerdefrist Beschwerde eingelegt. An
der Einhaltung der Beschwerdefrist sei er nicht durch einen unabwendbaren
Zufall im Sinne des § 7 Abs. 1 WBO gehindert gewesen. Der Umstand, dass er
vom 2. bis 7. Oktober 2007 sowie erneut vom 15. bis 28. Oktober 2007 „krank
zu Hause“ gewesen sei, habe ihn nicht gehindert, in der am 8. Oktober 2007
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beginnenden Woche während des militärischen Dienstes bis zum Ablauf der
Drei-Tages-Frist am 10. Oktober 2007 eine Beschwerde einzulegen. Eine nur
eingeschränkte Dienstfähigkeit reiche für die Annahme eines Hinderungsgrun-
des im Sinne des § 7 Abs. 1 WBO nicht aus. Aus der Stellungnahme des
Kommodore des ...geschwaders ... vom 2. Juli 2008 ergebe sich, dass der An-
tragsteller in den Zeiträumen vom 19. September bis 12. Oktober 2007, insbe-
sondere aber vom 8. bis 12. Oktober 2007 keine „Forderungsnachweise für die
Zahlung der Vergütung für Soldaten mit besonderer zeitlicher Belastung“ oder
„Dienstblätter“ geführt habe, welche eine besondere zeitliche Belastung doku-
mentierten. Ein dazu notwendiger Dienstplan sei durch seine Vorgesetzten
ebenfalls nicht erstellt worden. Entgegen der Darstellung des Antragstellers,
dass früher zwei bis drei Stabsoffiziere seine Tätigkeit ausgeübt hätten, sei für
die Verwendung des Antragstellers stets nur ein Stabsoffizier vorgesehen. Der
Antragsteller sei nach seiner Umschulung auf das Waffensystem EURO-
FIGHTER (vom 3. Januar bis 22. Juni 2006) entsprechend seiner Ausbildung
als ...stabsoffizier und ...stabsoffizier EUROFIGHTER im Stab ...geschwader ...
eingesetzt.
In der Sache sei es für den Antragsteller nicht mehr möglich (gewesen), zum
Stichtag 1. Oktober 2007 die zwingend vor der Versetzung auf den von ihm an-
gestrebten Dienstposten zu absolvierende Ausbildung auf dem Flugzeugmuster
„GROB 120“ zu beginnen. Im Gegensatz zur Ausbildung könne allerdings die
Versetzung auf einen Dienstposten regelmäßig auch noch rückwirkend erfol-
gen, so dass hier hinsichtlich der Versetzung auf den Auslandsdienstposten
noch keine Unmöglichkeit vorliege. Der Antragsteller könne ohne die erforderli-
che Ausbildung aber nicht dienstpostengerecht verwendet werden.
Wegen des Vorbringens im Einzelnen wird auf den Inhalt der Schriftsätze der
Beteiligten sowie der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bun-
desministers der Verteidigung - PSZ I 7 - 134/08 - und die Personalgrundakte
des Antragstellers, Hauptteile A bis D, haben dem Senat bei der Beratung vor-
gelegen.
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II
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.
Zwar kann der Antrag als im Sinne des § 17 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 21 Abs. 2
Satz 1 WBO frist- und formgerecht eingelegt angesehen werden. Dies hat der
Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - in seiner Vorlage an den Senat
zutreffend ausgeführt.
Der in Sache gestellte Hauptantrag ist auch (weiterhin) zulässig.
Das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers, den Bundesminister der Vertei-
digung - unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide vom 28. August 2007
und vom 21. Januar 2008 - zu verpflichten, über die beantragte Auslandsver-
wendung als Fluglehrer/Einsatzstabsoffizier bei der ... Deutschen Luftwaffen-
ausbildungsstaffel USA neu zu entscheiden, hat sich noch nicht mit Ablauf des
Besetzungsstichtags am 1. Juli 2008 erledigt.
Zwar ist nach der vom Luftwaffenführungskommando am 21. Mai 2007 übermit-
telten Stellenausschreibung des Personalamts der Bundeswehr der vom An-
tragsteller angestrebte Dienstposten bei der ... Deutschen Luftwaffenausbil-
dungsstaffel USA ab 1. Juli 2008 zu besetzen und zuvor ab 1. Oktober 2007 die
erforderliche Fluglehrerausbildung zu absolvieren (gewesen). Die Versetzung
auf den Dienstposten erfolgt nach der Stellenausschreibung (erst) mit be-
standener Ausbildung. Auf diese grundsätzlichen Modalitäten bei einer Aus-
landsverwendung hatte das Personalamt den Antragsteller im Personalge-
spräch vom 7. Februar 2007 hingewiesen. Dementsprechend hat der An-
tragsteller seine Bewerbung auch ausdrücklich auf den angestrebten Dienst-
posten „zum 01.07.2008 mit Ausbildungsbeginn am 01.10.2007“ bezogen.
In seinem Schriftsatz vom 2. Oktober 2008 hat der Bundesminister der Vertei-
digung - PSZ I 7 - ergänzend dargelegt, dass die Tätigkeit als Fluglehrberechti-
gungsstabsoffizier auf dem in Rede stehenden Dienstposten eine in den USA
anerkannte Ausbildung zum Fluglehrberechtigten auf dem Flugzeugmuster
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„GROB 120“ erfordere. Die zur Erlangung dieser Fluglehrberechtigung notwen-
dige Ausbildung dauere ca. sechs Monate und erfolge ausnahmslos vor der
Besetzung des Dienstpostens. Hierdurch solle verhindert werden, dass ein in
die USA versetzter Soldat bei Nichtbestehen der Ausbildung wieder nach
Deutschland zurückversetzt werden müsse und dadurch hohe vermeidbare
Kosten entstünden. Der Bundesminister der Verteidigung betont, dass insoweit
eine andere Situation als bei der Besetzung inländischer Dienstposten eines
Kommodore oder Staffelkapitäns vorliege. Der ausgewählte Soldat habe die
Fluglehrberechtigung auf dem Flugzeugmuster „GROB 120“ am 12. Juni 2008
bestanden und seinen Dienst bei der ... Deutschen Luftwaffenausbildungsstaffel
USA angetreten.
Demgegenüber ergibt sich aber aus dem Schriftsatz des Bundesministers der
Verteidigung - PSZ I 7 - vom 14. Januar 2009, dass nach wie vor eine (rückwir-
kende) Versetzung auf den in Rede stehenden Auslandsdienstposten möglich
ist. Da die Ausbildung auf dem Flugzeugmuster „GROB 120“ offensichtlich als
Einzelausbildung des zur Versetzung vorgesehenen Offiziers durchgeführt wird,
ist es jedenfalls nicht tatsächlich oder rechtlich ausgeschlossen, den Antragstel-
ler im Falle seines Obsiegens in der Sache noch nachträglich in eine solche
Einzelausbildung einzusteuern und ihn - unter Revision der bisher getroffenen
Auswahl- und Versetzungsentscheidung - auf den angestrebten Dienstposten
zu versetzen.
Der Senat lässt angesichts der letztgenannten Äußerung des Bundesministers
der Verteidigung - PSZ I 7 - dahinstehen, ob die zwischenzeitlich erfolgte Be-
förderung des Antragstellers zum Oberstleutnant (Besoldungsgruppe A 14) ein
(haushalts-)rechtliches Hindernis für seine Versetzung auf den nach der Stel-
lenausschreibung lediglich nach Besoldungsgruppe A 13 bewerteten Auslands-
dienstposten darstellen könnte.
Denn der Hauptantrag ist jedenfalls unbegründet.
Der angefochtene Bescheid des Personalamts vom 28. August 2007 ist be-
standskräftig geworden, weil der Antragsteller gegen ihn nicht fristgerecht Be-
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schwerde eingelegt hat. Der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - hat
das zutreffend in dem Bescheid vom 21. Januar 2008 festgestellt.
Gemäß § 6 Abs. 1 WBO darf die Beschwerde frühestens nach Ablauf einer
Nacht und muss binnen zwei Wochen eingelegt werden, nachdem der Be-
schwerdeführer von dem Beschwerdeanlass Kenntnis erhalten hat. Kenntnis
von dem Beschwerdeanlass hat ein Soldat, wenn ihm die Umstände bekannt
sind, aus denen sich die von ihm empfundene Beeinträchtigung ergibt (vgl. Be-
schlüsse vom 30. Juni 2006 - BVerwG 1 WB 18.06 - Buchholz 450.1 § 6 WBO
Nr. 4 = NZWehrr 2007, 127 und vom 16. Dezember 2008 - BVerwG 1 WB
19.08 -). Kenntnis vom Beschwerdeanlass erlangt bei Konkurrentenstreitigkei-
ten - wie hier - der betroffene Soldat, wenn er entweder von der endgültig ge-
troffenen Verwendungsentscheidung zugunsten des Konkurrenten oder davon
Kenntnis erhält, dass er selbst nicht auf dem angestrebten Dienstposten ver-
wendet werden soll (Beschlüsse vom 6. November 1985 - BVerwG 1 WB
26.85 -, vom 6. September 2007 - BVerwG 1 WB 14.07 -, vom 13. August 2008
- BVerwG 1 WB 45.07 - und
vom 16. Dezember 2008 - BVerwG 1 WB 19.08 -).
Mit dem ihm am 19. September 2007 aktenkundig eröffneten Bescheid vom
28. August 2007 hat der Antragsteller Kenntnis davon erlangt, dass ein anderer
Soldat und nicht er selbst für die von ihm angestrebte Auslandsverwendung
ausgewählt worden war. Die erst später erhaltene Kenntnis von der konkreten
Person des ausgewählten Mitbewerbers begründete keinen gesonderten, selb-
ständigen Beschwerdeanlass, der eine - neue - Beschwerdefrist im Sinne des
§ 6 Abs. 1 WBO hätte auslösen können (vgl. Beschlüsse vom 18. Juli 2000
- BVerwG 1 WB 39.00 - und vom 18. Oktober 2001 - BVerwG 1 WB 40.01 -).
Die Beschwerdefrist endete daher mit Ablauf des 4. Oktober 2007 (§ 187
Abs. 1, § 188 Abs. 2 Alt. 1, § 193 BGB). Bis zu diesem Zeitpunkt war eine Be-
schwerde des Antragstellers weder bei dessen nächstem Disziplinarvorgesetz-
ten (§ 5 Abs. 1 Satz 1 WBO) noch beim Bundesministerium der Verteidigung
als der für die Entscheidung über die Beschwerde zuständigen Stelle (§ 5
Abs. 1 Satz 2, § 9 Abs. 1 WBO) eingegangen. Die vom Antragsteller erst am
29. Oktober 2007 formulierte und am Folgetag bei seinem nächsten Diszipli-
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narvorgesetzten eingegangene Beschwerde hat die Beschwerdefrist nicht ge-
wahrt.
Die Frist hat sich nicht bis zum 30. Oktober 2007 verlängert, weil der An-
tragsteller nicht bis zu diesem Tag im Sinne des § 7 Abs. 1 WBO durch militäri-
schen Dienst, Naturereignisse oder andere unabwendbare Zufälle an der Frist-
einhaltung gehindert war.
Zwar war er - wie auch der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - bestä-
tigt - am Tag des Fristablaufs „krank zu Hause“. Dieser Umstand allein stellt
jedoch keinen unabwendbaren Zufall für seine Hinderung an der Fristeinhaltung
dar. Ein unabwendbarer Zufall im Sinne des § 7 Abs. 1 WBO ist ein Ereignis,
das unter den gegebenen, nach der Besonderheit des Falles zu berücksichti-
genden Umständen auch durch äußerste, diesen Umständen angemessene
und vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt des Soldaten weder abzuwehren
noch in seinen schädlichen Folgen zu vermeiden ist (stRspr, Beschluss vom 12.
Mai 2005 - BVerwG 1 WB 11.05 - m.w.N.; vgl. auch Beschluss vom 15. Februar
1990 - BVerwG 1 WB 110.89 - NZWehrr 1990, 166). Der Fall einer Erkrankung
(auch bei einer truppenärztlichen „Krankschreibung“) stellt hiernach nur dann
einen unabwendbaren Zufall dar, wenn dem betroffenen Soldaten im Einzelfall
die Einhaltung der Frist auf Grund des Krankheitsbildes nicht zuzumuten war.
Dazu muss der Soldat näher darlegen und glaubhaft machen, inwiefern ihn
seine Krankheit gehindert hat, die Rechtsbehelfsfrist einzuhalten (Beschluss
vom 15. Februar 1990 a.a.O. m.w.N.). Diese Darlegung hat der Antragsteller
unterlassen. Es ist nicht ohne weiteres erkennbar, dass eine nicht spezifizierte
Grippeerkrankung den Antragsteller gehindert hätte, bis zum 4. Oktober 2007
mindestens fristwahrend Beschwerde einzulegen.
Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass der Antragsteller auch die
von ihm für die Woche vom 8. bis 12. Oktober 2007 geltend gemachte einge-
schränkte Dienstfähigkeit nicht nachgewiesen hat. Abgesehen davon reicht die
nur eingeschränkte Dienstfähigkeit eines Beschwerdeführers nicht für die An-
nahme eines Hinderungsgrundes im Sinne des § 7 Abs. 1 WBO aus (ebenso:
Böttcher/Dau, WBO, 4. Aufl. 1997, § 7 Rn. 8). Der Antragsteller hat ferner nicht
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glaubhaft gemacht, in diesem Zeitraum durch militärischen Dienst an der Ein-
haltung der Beschwerdefrist gehindert gewesen zu sein. Nach der Stellung-
nahme des Kommodore ...geschwader ... vom 2. Juli 2008 hat es in dieser Wo-
che keine Initiativen oder Belege des Antragstellers gegeben, welche eine be-
sondere zeitliche Belastung dokumentieren könnten.
Der notwendigen Darlegung der spezifischen krankheitsbedingten Hinderungs-
gründe steht kein besonderes verfahrensrechtliches Schutzbedürfnis eines
Rechtsmittelführers entgegen. Denn die Beschwerde erfordert - anders als der
Antrag auf gerichtliche Entscheidung (17 Abs. 4 Satz 1 WBO) - keine fristge-
bundene Begründung, sondern kann zunächst nur zur Fristwahrung eingelegt
werden. Das kann einem Rechtsmittelführer in der Regel zugemutet werden.
Die Verfristung der Beschwerde wird auch nicht durch § 7 Abs. 2 WBO ausge-
schlossen. Danach ist es als unabwendbarer Zufall im Sinne des § 7 Abs. 1
WBO auch anzusehen, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder
unrichtig erteilt worden ist. Der Bescheid des Personalamts vom 28. August
2007 bedurfte als truppendienstliche Erstmaßnahme indessen keiner Rechts-
behelfsbelehrung. Die Wehrbeschwerdeordnung schreibt Rechtsbehelfsbeleh-
rungen nur für ablehnende Beschwerdeentscheidungen vor (§ 12 Abs. 1 Satz 4,
§ 16 Abs. 4 WBO). Eine darüber hinausgehende verfassungsrechtliche
Verpflichtung zu einer derartigen Belehrung besteht nur bei truppendienstlichen
Erstmaßnahmen, die unmittelbar vom Bundesminister der Verteidigung erlas-
sen sind und gegen die deshalb als Rechtsbehelf nur der Antrag auf gerichtli-
che Entscheidung mit dem fristgebundenen Begründungszwang zu Gebote
steht (§ 21 Abs. 1 WBO). Ansonsten bedürfen truppendienstliche Erstmaß-
nahmen - wie hier der Bescheid des Personalamts - keiner Belehrung, weil der
Rechtsbehelf der Beschwerde und die dafür geltende Frist des § 6 Abs. 1 WBO
bei allen Soldaten als bekannt vorausgesetzt werden können (stRspr, vgl. Be-
schlüsse vom 25. April 2007 - BVerwG 1 WB 66.06 -, vom 11. März 2008
- BVerwG 1 WB 8.08 - DokBer 2008, 277 und vom 13. Oktober 2008 - BVerwG
1 WDS-VR 14.08 -).
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Da sich - wie dargelegt - das Rechtsschutzbegehren im Hauptantrag nicht erle-
digt hat, ist über den hilfsweise gestellten Feststellungsantrag nicht mehr zu
entscheiden.
Golze Dr. Frentz Dr. Langer
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