Urteil des BVerwG vom 25.03.2010

Versetzung, Ermessen, Leiter, Soldat

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 WB 37.09
In dem Wehrbeschwerdeverfahren
der Frau Oberfeldarzt ... ...,
..., ...
- Bevollmächtigte:
...,
..., ... -
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
den ehrenamtlichen Richter Oberst i.G. Wienbreier und
den ehrenamtlichen Richter Major Dressel
am 25. März 2010 beschlossen:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e :
I
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung betrifft einen Konkurrentenstreit um
die Besetzung des nach Besoldungsgruppe A 15 bewerteten Dienstpostens des
Leiters einer Fachärztlichen Untersuchungsstelle
beim
Bundeswehrkrankenhaus B....
Die 1957 geborene Antragstellerin ist Berufssoldatin; ihre Dienstzeit endet
voraussichtlich mit Ablauf des 30. September 2019. Zuletzt wurde sie am 7. Juli
2005 zum Oberfeldarzt (Besoldungsgruppe A 15) befördert. Die Antragstellerin
wird
seit 1.
Juni 2005
als Fachärztin für Dermatologie am
Bundeswehrkrankenhaus B... verwendet.
In einem Telefongespräch mit ihrem zuständigen Personalführer am 17. April
2008 äußerte die Antragstellerin ihr Interesse daran, innerhalb des
Bundeswehrkrankenhauses B... von ihrem derzeitigen Dienstposten Leiter
Spezialdiagnostik (Teileinheit/Zeile ...) auf den zum 1. August 2008
nachzubesetzenden Dienstposten Leiter Fachärztliche Untersuchungsstelle ...
(Teileinheit/Zeile ...) zu wechseln, weil dieser mit der stellvertretenden
Abteilungsleitung verbunden sei.
Mit Schreiben vom 28.
April 2008 an den Chefarzt des
Bundeswehrkrankenhauses B... beantragte die Antragstellerin förmlich den
Dienstpostenwechsel. Das Bundeswehrkrankenhaus B... - Zentraler Stab S 1 -
leitete den Antrag unter dem 20. Mai 2008 an das Personalamt der Bundeswehr
weiter, wo er am 26. Mai 2008 einging.
Bereits am 21. Mai 2008 hatte das Personalamt der Bundeswehr in der
Konferenz „Verwendungsentscheid ...“ entschieden, den Dienstposten
Teileinheit/Zeile ... ab 1. August 2008 mit Oberstabsarzt Dr. E... zu besetzen.
Nach dem Protokoll der Konferenz vom 21. Mai 2008 wurden für die Besetzung
des Dienstpostens sechs Bewerber, nämlich die Oberstabsärzte Dr. E..., Dr.
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G..., Dr. R..., Dr. K..., Dr. A. R... und Dr. C. R..., nicht aber die Antragstellerin
betrachtet.
Mit Schreiben vom 10. Juni 2008 teilte das Personalamt der Bundeswehr der
Antragstellerin mit, dass der von ihr gewünschte Dienstposten im Zeitpunkt des
Eingangs ihres Antragsschreibens bereits wieder besetzt gewesen sei. Ihrem
Antrag könne deshalb nicht stattgegeben werden.
Mit Schreiben vom 4. Juli 2008 legte die Antragstellerin daraufhin „Widerspruch“
gegen die Ablehnung ihres Antrags auf Dienstpostenwechsel ein. Mit
Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 9. Januar 2009 rügte die Antragstellerin
insbesondere die mangelnde Vollständigkeit der Unterlagen über das
Besetzungsverfahren. Ihr Wunsch, den Dienstposten zu wechseln, sei bereits
seit dem Jahre 2005, spätestens aber seit dem Telefonat mit ihrem
Personalführer am 17. April 2008 beim Personalamt bekannt gewesen. Sie
hätte daher bei der Auswahlentscheidung mitbetrachtet werden müssen.
Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 24. Juni 2009 beantragte die
Antragstellerin die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, weil die
Beschwerde über vier Monate lang nicht bearbeitet worden sei. Der
Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - legte den Antrag zusammen mit
seiner Stellungnahme vom 8. Juli 2009 dem Senat vor.
Zur Begründung trägt die Antragstellerin insbesondere vor:
Es sei auffällig, dass im Laufe des über ein Jahr währenden Streits um die
Stellenbesetzung die unterschiedlichsten Argumente verwendet worden seien.
Zunächst habe es geheißen, der begehrte Dienstposten sei bereits besetzt
gewesen, bevor ihr Antrag eingetroffen sei. Sodann sei ausgeführt worden,
dass der ausgewählte Konkurrent Dr. E... über die bessere dienstliche
Beurteilung
verfüge.
Nunmehr
werde argumentiert,
dass nur
Beförderungsbewerber, nicht aber Umsetzungsbewerber berücksichtigt worden
seien. Dies alles deute auf eine willkürliche und nachgeschobene
Personalgrundentscheidung hin. Zwar sei in der Rechtsprechung anerkannt,
dass der Dienstherr eine Personal- bzw. Organisationsgrundentscheidung, nur
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Beförderungsbewerber zu berücksichtigen, treffen könne; diese Festlegung
müsse aber spätestens vor der Auswahlentscheidung erfolgen. Da die
Organisationsgrundentscheidung die Rechte des betroffenen Soldaten
beschränke, unterliege sie zudem einer Dokumentationspflicht, um der Gefahr
willkürlicher Entscheidungen vorzubeugen. Eine zeitlich vor der
Besetzungsentscheidung getroffene Personalgrundentscheidung sei vorliegend
weder nachgewiesen noch in den vorgelegten Unterlagen dokumentiert. Weil
sie, die Antragstellerin, rechtswidrig von vornherein nicht mitbetrachtet worden
sei, liege bei der Personalentscheidung ein vollständiger Ermessensausfall vor.
Im Übrigen wäre, wenn ihr die Stelle Leiter ... übertragen worden wäre, ihr
derzeitiger ebenfalls nach Besoldungsgruppe A 15 bewerteter Dienstposten für
eine Besetzung mit Beförderungsbewerbern frei geworden.
Die Antragstellerin beantragt,
die Entscheidung des Personalamts der Bundeswehr
betreffend die Besetzung des Dienstpostens Leiter/Leiterin
... im Bundeswehrkrankenhaus B... mit Herrn Dr. E...
aufzuheben und den Bundesminister der Verteidigung zu
verpflichten, über die Besetzung des vorstehenden
Dienstpostens unter Beachtung der Rechtsauffassung des
Gerichts erneut zu entscheiden.
Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Der Antrag sei unzulässig, weil die Antragstellerin keine Verletzung ihrer Rechte
geltend machen könne. Unter Berücksichtigung des von ihr geäußerten
Interesses sei vor der Auswahlkonferenz entschieden worden, lediglich
Förderungsbewerber in die Auswahl einzubeziehen. Diese
Organisationsgrundentscheidung
sei
als dienstinterner Akt nicht mit
Rechtsmitteln angreifbar. Gleiches müsse dann für die auf dieser Grundlage
getroffene Verwendungsentscheidung zugunsten eines der betrachteten
Förderungsbewerber gelten. Die Antragstellerin habe keinen Anspruch darauf,
dass im Vorfeld einer Personalentscheidung eine
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Organisationsgrundentscheidung getroffen werde, die auch sie berücksichtige.
Es sei auch nicht erforderlich, die Organisationsgrundentscheidung gesondert
zu dokumentieren; es reiche aus, wenn sie sich über die Bekanntgabe der
betrachteten Kandidaten indirekt aus dem Auswahlprotokoll ergebe.
Der Antrag sei im Übrigen unbegründet. Die Antragstellerin habe grundsätzlich
keinen Anspruch auf eine bestimmte örtliche oder fachliche Verwendung oder
auf Verwendung auf einem bestimmten Dienstposten. Eine Verpflichtung, sie
antragsgemäß zu versetzen, bestünde nur dann, wenn das Ermessen fehlerfrei
nur mit diesem Ergebnis ausgeübt werden könne; dies sei hier nicht der Fall. Ihr
Versetzungsbegehren habe nicht mit dienstlichen Belangen in Einklang
gebracht werden können, weil das Personalamt rechtmäßig entschieden habe,
Dr. E... auf den strittigen Dienstposten zu versetzen. Im Übrigen sei es sach-
und ermessensgerecht, in Zeiten knapper werdender Planstellen ausschließlich
Soldaten zu betrachten, für die die positive Personalauswahl die Verwendung
auf einem höher bewerteten Dienstposten darstellen würde. Auch sei es
unzulässig, auf alternative Besetzungsketten zu verweisen. Zur Nachbesetzung
habe nur der streitgegenständliche Dienstposten angestanden; die
Rechtmäßigkeitsprüfung könne sich daher nur hierauf beziehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der
Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministers der
Verteidigung - PSZ I 7 - Az.: ... - und die Personalgrundakte der Antragstellerin
haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
II
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.
Die Entscheidung des Personalamts der Bundeswehr vom 21. Mai 2008, den
nach Besoldungsgruppe A
15 bewerteten Dienstposten eines
Sanitätsstabsoffiziers Dermatologe/Leiter Fachärztliche Untersuchungsstelle ...
(Teileinheit/Zeile ...) beim Bundeswehrkrankenhaus B... ab 1. August 2008 mit
dem damaligen Oberstabsarzt Dr. E... zu besetzen, verletzt die Antragstellerin
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nicht in ihren Rechten. Die Antragstellerin hat auch keinen Anspruch auf eine
erneute Auswahlentscheidung.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist zulässig. Der Rechtsstreit hat sich
insbesondere nicht dadurch erledigt, dass der strittige Dienstposten inzwischen
mit dem ausgewählten Bewerber Dr. E... besetzt worden ist. Nach ständiger
Rechtsprechung des Senats verfestigt sich eine einmal getroffene militärische
Verwendungsentscheidung nicht dahin, dass der durch sie begünstigte Soldat
eine rechtlich gesicherte Position erwirbt, auf dem ihm zugewiesenen
Dienstposten verbleiben zu können; er müsste es vielmehr hinnehmen, von
seinem Dienstposten wegversetzt zu werden, wenn die Antragstellerin bei der
Stellenbesetzung ihm gegenüber rechtswidrig übergangen worden wäre (vgl.
Beschlüsse vom 16. Dezember 2008 - BVerwG 1 WB 19.08 - Rn. 29 m.w.N.
sowie zuletzt vom 27. Januar 2010 - BVerwG 1 WB 52.08 -).
Der Antrag ist jedoch unbegründet.
Die Antragstellerin musste bei der am Leistungsgrundsatz bzw. Grundsatz der
Bestenauslese (Art. 33 Abs. 2 GG, § 3 Abs. 1 SG) orientierten
Auswahlentscheidung nicht mitbetrachtet werden, weil der Bewerberkreis
zulässigerweise auf Soldaten beschränkt war, für die der Dienstposten eine
höherwertige Verwendung darstellt.
1. Die Antragstellerin hat, weil sie bereits einen nach Besoldungsgruppe A 15
bewerteten Dienstposten (und auch einen entsprechenden Dienstgrad) innehat,
keinen unmittelbaren Anspruch darauf, dass die Entscheidung über den von ihr
begehrten Dienstpostenwechsel am Maßstab des Art. 33 Abs. 2 GG und § 3
Abs. 1 SG erfolgt.
Der Soldat hat grundsätzlich keinen Anspruch auf eine bestimmte fachliche
oder örtliche Verwendung oder auf Verwendung auf einem bestimmten
Dienstposten. Ein dahingehender Anspruch lässt sich auch nicht aus der
Fürsorgepflicht ableiten. Vielmehr entscheidet der zuständige Vorgesetzte über
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die Verwendung eines Soldaten, sofern hierfür ein dienstliches Bedürfnis
besteht, nach seinem pflichtgemäßen Ermessen (stRspr, vgl. Beschluss vom
25. April 2007 - BVerwG 1 WB 31.06 - BVerwGE 128, 329 <332> = Buchholz
449 § 3 SG Nr. 41 m.w.N.). Dabei ist zu beachten, dass Art. 33 Abs. 2 GG
jedem Deutschen ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem
öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung gewährt.
Der sich hieraus ergebende Leistungsgrundsatz oder Grundsatz der
Bestenauslese gilt nicht nur bei der Einstellung in den öffentlichen Dienst,
sondern auch bei Beförderungsentscheidungen; ihm korrespondiert ein
Anspruch des Einstellungs- oder Beförderungsbewerbers auf ermessens- und
beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung (vgl. BVerfG,
Kammerbeschluss vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - NVwZ 2007, 1178 = ZBR
2008, 169).
§ 3 Abs. 1 SG übernimmt die Grundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG in das
Dienstverhältnis der Soldaten und erstreckt sie über Ernennungen hinaus
ausdrücklich auf Verwendungsentscheidungen. Diese Erweiterung der
Reichweite des Leistungsgrundsatzes ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass
in der Praxis der Bundeswehr die Entscheidung über die höherwertige
Verwendung die nachfolgende Entscheidung über eine der Dotierung des
Dienstpostens entsprechende Beförderung in ein höheres Statusamt wesentlich
vorprägt. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist deshalb ein Eignungs-
und Leistungsvergleich am Maßstab des Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 SG
regelmäßig dann vorzunehmen, wenn über die Bewerbung mehrerer Soldaten
um eine für sie jeweils höherwertige Verwendung zu entscheiden ist
(„Förderungsbewerber“); ein Eignungs- und Leistungsvergleich ist hingegen
nicht geboten, wenn der von einem Bewerber innegehabte und der von ihm
angestrebte Dienstposten besoldungsmäßig gleich bewertet sind
(„Versetzungsbewerber“; vgl. Beschlüsse vom 26. September 2000 - BVerwG 1
WB 73.00 - Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 23 = NZWehrr 2001, 123, vom 21. März
2002 - BVerwG 1 WB 78.01 - m.w.N. sowie zuletzt vom 27. Januar 2010 -
BVerwG 1 WB 52.08 - Rn. 26; ebenso zur beamtenrechtlichen Versetzung oder
Umsetzung ohne Statusänderung Urteil vom 25. November 2004 - BVerwG 2 C
17.03 - BVerwGE 122, 237 <240> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 31).
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Die Antragstellerin wird bereits seit ihrer Versetzung zum 1. Juni 2005 vom
damaligen Bundeswehrkrankenhaus L... zum Bundeswehrkrankenhaus B... auf
einem nach Besoldungsgruppe A 15 bewerteten Dienstposten (zunächst
Teileinheit/Zeile
..., dann ...) verwendet.
Der
von ihr beantragte
Dienstpostenwechsel innerhalb des Bundeswehrkrankenhauses B... auf den
ebenfalls nach Besoldungsgruppe A 15 bewerteten Dienstposten Teileinheit/
Zeile ... ist nicht auf eine höherwertige Verwendung gerichtet und unterliegt
deshalb - für sich betrachtet - nicht den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG
und § 3 Abs. 1 SG.
2. Die Antragstellerin hat auch keinen Anspruch darauf, in den Eignungs- und
Leistungsvergleich, den das Personalamt unter den sechs
Förderungsbewerbern vorgenommen hat, einbezogen zu werden.
Die Auswahl unter den sechs Bewerbern musste aufgrund eines Eignungs- und
Leistungsvergleichs am Maßstab des Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 SG
erfolgen, weil es für diese Bewerber jeweils um eine höherwertige Verwendung
ging. Es ist davon auszugehen, dass dem Personalamt rechtzeitig - nämlich
bereits seit den ihrer Versetzung zum Bundeswehrkrankenhaus B...
vorausgehenden Personalgesprächen (Aktenvermerk vom 3. März 2005:
„Oberstabsarzt Dr. S... teilt mit, dass ihr primäres Interesse der Verwendung als
FU-Stellenleiterin in BwKrhs B..., Abt. Dermatologie gilt. Dieser Wunsch wird
zur Kenntnis genommen.“) und aktuell durch das Telefonat mit ihrem
Personalführer am 17. April 2008 - bekannt war, dass auch die Antragstellerin
an einem Wechsel auf den Dienstposten Teileinheit/Zeile ... interessiert ist.
Diese Tatsache zwang das Personalamt jedoch nicht, die Antragstellerin in den
Eignungs- und Leistungsvergleich einzubeziehen.
Die dem Bundesminister der Verteidigung zustehende Organisations- und
Personalhoheit berechtigt ihn und die in seinem Auftrag handelnden
personalbearbeitenden Stellen, bei der Besetzung eines freien Dienstpostens
vor der Auswahlentscheidung
nach einem im Wesentlichen
personalwirtschaftlich bestimmten Ermessen festzulegen, ob der Dienstposten
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im Wege einer förderlichen Besetzung (mit anschließender Beförderung in den
dem Dienstposten entsprechenden Dienstgrad) oder mittels einer Versetzung
ohne derartige Förderung oder durch Dienstpostenwechsel besetzt werden soll
(vgl. - auch zum Folgenden - insb. Beschluss vom 20. August 2003 - BVerwG 1
WB 23.03 - Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 32 = DokBer B 2004, 86; ferner
Beschluss vom 27. Januar 2010 - BVerwG 1 WB 52.08 - ; ebenso für das
Beamtenrecht Urteile vom 25. November 2004 - BVerwG 2 C 17.03 - BVerwGE
122, 237 <240> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 31 und vom 21. Juni 2007
- BVerwG 2 A 6.06 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 35 = DokBer B 2007,
312). Der Bundesminister der Verteidigung ist dabei im Rahmen pflichtgemäßen
Ermessens in der Entscheidung frei, ob er die Betrachtung je auf
Versetzungsbewerber oder auf Förderungsbewerber beschränkt, oder aber
neben
Bewerbern für eine höherwertige Verwendung auch
Versetzungsbewerber einbezieht, deren Versetzung keine dienstlichen Belange
entgegenstehen. Er kann sein Organisationsermessen auch dahin ausüben,
dass er sowohl Versetzungsbewerber als auch Förderungsbewerber mit dem
Ziel der Bestenauslese in das Auswahlverfahren einbezieht und alle Bewerber
ausschließlich nach Maßgabe des § 3 Abs. 1 SG nach Eignung, Befähigung
und Leistung beurteilt. Der Bundesminister der Verteidigung ist dann aufgrund
seiner Selbstbindung und aus Gründen der Gleichbehandlung (§ 6 SG i.V.m.
Art. 3 Abs. 1 GG) gehalten, den Maßstab des § 3 Abs. 1 SG uneingeschränkt
auf alle in die Auswahl einbezogenen Bewerber und damit auch auf die
Versetzungsbewerber anzuwenden. Welches Modell der Bundesminister der
Verteidigung seiner Entscheidung über die Besetzung eines freien
Dienstpostens zugrunde legt, hat er -
gleichsam als
„Organisationsgrundentscheidung” - spätestens vor der Auswahlentscheidung
festzulegen.
Im vorliegenden Fall hat der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - erklärt,
dass unter Berücksichtigung des im Personalgespräch geäußerten Interesses
der Antragstellerin vor der Auswahlkonferenz entschieden worden sei, lediglich
Förderungsbewerber in die Auswahlentscheidung einzubeziehen. Er hat dies
dahingehend erläutert, dass es in Zeiten knapper werdender Planstellen sach-
und ermessensgerecht sei, ausschließlich Soldaten zu betrachten, für die die
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positive Personalauswahl die Verwendung auf einem höher bewerteten
Dienstposten und damit eine (Be-)Förderung darstellen würde. Dieser
Festlegung entspricht es, dass in der Auswahlkonferenz des Personalamts für
den nach Besoldungsgruppe A 15 bewerteten Dienstposten auch tatsächlich
ausschließlich Bewerber im Dienstgrad eines Oberstabsarztes
(Besoldungsgruppe A 14) betrachtet wurden.
Diese Organisationsgrundentscheidung ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Innerhalb der weit zu fassenden Organisationsfreiheit des Dienstherrn stellt es
eine ermessensfehlerfreie personalpolitische Erwägung dar, die Nachbesetzung
eines frei gewordenen Dienstpostens zur frühzeitigen Förderung geeigneter
Soldaten einzusetzen. Das Personalamt musste auch nicht dem Einwand der
Antragstellerin folgen, dass, wenn ihr der begehrte Dienstposten übertragen
worden wäre, mit ihrem derzeitigen, ebenfalls nach Besoldungsgruppe A 15
bewerteten
Dienstposten
wiederum ein für eine Besetzung mit
Förderungsbewerbern
geeigneter Dienstposten frei geworden
wäre.
Gegenstand der Auswahlentscheidung und deren gerichtlicher Überprüfung ist
ausschließlich
der hier strittige Dienstposten
Teileinheit/Zeile
....
„Besetzungsketten“ müssen bei der Auswahlentscheidung nicht berücksichtigt
werden, zumal für die Nachbesetzung des gegebenenfalls von einem
ausgewählten Versetzungsbewerber freigemachten Dienstpostens ganz andere
Anforderungen und Bewerberkreise in Betracht zu ziehen sein können als bei
dem aktuell zu besetzenden; davon abgesehen könnte auch der beabsichtigten
Besetzung dieses freigemachten Dienstpostens mit einem Förderungsbewerber
wiederum der Einwand, dass bei der Auswahl eines Versetzungsbewerbers ein
Förderungsdienstposten frei werde, entgegengehalten werden, was
„Nachbesetzungsketten“ mit potentiell unabsehbarer Länge zur Folge hätte.
Die Antragstellerin hat auch keinen Anspruch darauf, dass eine
Organisationsgrundentscheidung getroffen wird, die ihre Mitbetrachtung im
Eignungs- und Leistungsvergleich eröffnet. Wie dargelegt (oben 1.) kann ein
Soldat seine Bewerbung nicht auf Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 SG stützen,
wenn der von ihm innegehabte und der von ihm angestrebte Dienstposten
besoldungsmäßig gleich bewertet sind. Dementsprechend ergibt sich aus Art.
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33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 SG auch kein Anspruch auf eine
Organisationsgrundentscheidung, die neben Förderungsbewerbern auch
Versetzungsbewerber in die Auswahl einbezieht. Die nach pflichtgemäßem
Ermessen zu treffende Organisationsgrundentscheidung würde in einem
solchen
Fall vielmehr die Reichweite des Leistungsprinzips
als
Auswahlmaßstab erweitern, ohne dass dem ein Rechtsanspruch des
Versetzungsbewerbers korrespondiert.
3. Für die Organisationsgrundentscheidung, nur Förderungsbewerber in die
Auswahl einzubeziehen, liegt auch ein hinreichender Nachweis vor.
Die
Organisationsgrundentscheidung unterliegt nicht unmittelbar der
Dokumentationspflicht, die die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
zu beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten um Beförderungsämter aus
Art. 33 Abs. 2 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG hergeleitet (vgl. BVerfG,
Kammerbeschluss vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - NVwZ 2007, 1178 = ZBR
2008, 169) und der Senat auch für Auswahlentscheidungen, die eine
höherwertige militärische Verwendung betreffen, anerkannt hat (vgl. Beschlüsse
vom 25. April 2007 - BVerwG 1 WB 31.06 - BVerwGE 128, 329 <335 f.> =
Buchholz 449 § 3 SG Nr. 41, vom 16. Dezember 2008 - BVerwG 1 WB 19.08 -
BVerwGE 133, 13 <14 f.> = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 50 sowie zuletzt vom 23.
Februar 2010 - BVerwG 1 WB 36.09 -). Die dort statuierte Pflicht, die
wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen, bezieht sich auf die
Auswahlentscheidung selbst, bei der dem zuständigen Vorgesetzten bzw. der
personalbearbeitenden Stelle ein Beurteilungsspielraum hinsichtlich der
Eignung des Soldaten für die fragliche Verwendung zukommt (stRspr, vgl.
Beschluss vom 26. November 1986 - BVerwG 1 WB 117.86 - BVerwGE 83, 251
<253> = NZWehrr 1987, 162); die Dokumentationspflicht stellt insofern zugleich
ein Korrektiv zu dem gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren
Beurteilungsspielraum dar. Um eine solche wertende Ausfüllung unbestimmter
Rechtsbegriffe aber geht es bei der hier in Rede stehenden
Organisationsgrundentscheidung nicht.
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Unabhängig davon ist jedoch unter dem Blickwinkel der
„verfahrensbegleitenden Absicherung der Einhaltung der Maßstäbe des Art. 33
Abs. 2 GG“ (BVerfG, Kammerbeschluss vom 9. Juli 2007 a.a.O.) auch für die
Organisationsgrundentscheidung ein Nachweis zu fordern, der verhindert, dass
die Grundlagen der Auswahlentscheidung nachträglich zulasten einzelner
Bewerber verändert werden; denn mit der Festlegung des Modells, nach dem
die Auswahl erfolgen soll, wird zugleich eine (Vor-) Entscheidung über den
Auswahlmaßstab getroffen. Allerdings dürfen die Anforderungen an die
diesbezügliche Dokumentation nicht überspannt werden. Zu berücksichtigen ist
insbesondere, dass Personalauswahlentscheidungen der Bundeswehr, wie
auch die hier gegenständliche, in der Regel ohne vorherige Ausschreibung des
Dienstpostens erfolgen. Ein Nachweis muss deshalb grundsätzlich auch in
anderer Form, wie zum Beispiel durch einen entsprechenden Vermerk in den
Akten des Auswahlverfahrens, geführt werden können, solange er die Funktion,
eine nachträgliche Veränderung der Auswahlgrundlagen zu verhindern, erfüllt.
Danach genügt es im vorliegenden Fall, wenn sich der maßgebliche Zuschnitt
des in Betracht gezogenen Bewerberkreises inzident aus dem Protokoll der
Auswahlkonferenz ergibt, das ausschließlich (Förderungs-) Bewerber im
Dienstgrad eines Oberstabsarztes aufführt.
Das Protokoll der
Auswahlkonferenz genügt als Nachweis auch insofern, als die
Organisationsgrundentscheidung „spätestens vor der Auswahlentscheidung“ zu
treffen ist. Denn die Auswahlkonferenz dient nicht der Sichtung möglicher
Bewerber, sondern der Auswahl aus einem bereits zuvor festgelegten
Bewerberkreis. Ein Protokoll, das - wie hier - als Entscheidungsgrundlage eine
tabellarische Übersicht über die der Auswahlkonferenz vorgestellten Bewerber
und deren Eignungs- und Leistungsbild sowie einen Entscheidungsvorschlag
des Personalführers enthält, ist deshalb zugleich als Nachweis für das im
konkreten Auswahlverfahren gewählte Modell geeignet. Da im vorliegenden Fall
das
Bewerberfeld
mit
sechs Fachärzten aus vier der fünf
Bundeswehrkrankenhäuser - allesamt im Dienstgrad eines Oberstabsarztes,
keiner im Dienstgrad eines Oberfeldarztes - breit gefächert ist, besteht auch
kein Anhaltspunkt dafür, dass es sich bei der Erklärung des Bundesministers
der Verteidigung, es sollten nur Förderungsbewerber in die Auswahl
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einbezogen werden, um den Versuch handelt, mit einer missbräuchlich
nachgeschobenen Begründung den Ausschluss der Antragstellerin zu
rechtfertigen.
4. Die Antragstellerin hat schließlich auch unter anderen Gesichtspunkten
keinen Anspruch auf den begehrten Dienstpostenwechsel.
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Unabhängig von Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 SG entscheidet - wie
dargelegt (oben 1.) - der zuständige Vorgesetzte über die Verwendung eines
Soldaten, sofern hierfür ein dienstliches Bedürfnis besteht, nach seinem
pflichtgemäßen Ermessen. Diese Entscheidung kann vom Wehrdienstgericht
nur darauf überprüft werden, ob der Vorgesetzte den Soldaten durch
Überschreiten oder Missbrauch dienstlicher Befugnisse in seinen Rechten
verletzt (§ 17 Abs. 3 Satz 2 WBO) bzw. die gesetzlichen Grenzen des ihm
insoweit zustehenden Ermessens überschritten oder von diesem in einer dem
Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat
(§ 23a Abs. 2 WBO i.V.m. § 114 VwGO). Die gerichtliche Überprüfung richtet
sich auch darauf, ob die vom Bundesministerium der Verteidigung im Wege der
Selbstbindung in Erlassen und Richtlinien festgelegten Maßgaben und
Verfahrensvorschriften eingehalten sind (vgl. Beschluss vom 27. Februar 2003 -
BVerwG 1 WB 57.02 - BVerwGE 118, 25 <27> = Buchholz 252 § 23 SBG Nr. 2
), wie sie sich
insbesondere aus den Richtlinien zur Versetzung, zum Dienstpostenwechsel
und zur Kommandierung von Soldaten vom 3. März 1988 (VMBl S. 76) in der
zuletzt am 9.
Juni
2009
(VMBl S.
86) geänderten
Fassung
(Versetzungsrichtlinien) ergeben.
Danach ist die Entscheidung des Personalamts der Bundeswehr, den von der
Antragstellerin begehrten Dienstpostenwechsel abzulehnen, weil der strittige
Dienstposten Teileinheit/Zeile ... bereits wieder besetzt sei (Schreiben vom 10.
Juni 2008), rechtlich nicht zu beanstanden. Gemäß Nr. 23 i.V.m. Nr. 4 2.
Spiegelstrich der Versetzungsrichtlinien kann ein Dienstpostenwechsel verfügt
werden, wenn der Soldat den Dienstpostenwechsel beantragt und dieser mit
dienstlichen Belangen in Einklang zu bringen ist. Mit dienstlichen Belangen ist
ein Dienstpostenwechsel nicht in Einklang zu bringen, wenn der Dienstposten
bereits anderweitig besetzt worden ist und der Soldat - wie hier die
Antragstellerin aus den zu 1. und 2. dargelegten Gründen - nicht die Aufhebung
der Besetzungsentscheidung verlangen kann.
5. Nach alledem erweist sich der Antrag auf gerichtliche Entscheidung bereits
deshalb als unbegründet, weil die Antragstellerin bei der Bewerberauswahl nicht
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mitbetrachtet werden musste und sie auch sonst keinen Anspruch auf den
begehrten Dienstpostenwechsel hat; es fehlt deshalb jedenfalls an einer
Verletzung ihrer Rechte. Einer darüber hinausgehenden Überprüfung der
Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung, an der im Übrigen kein Anlass zu
Zweifeln besteht, bedarf es unter diesen Umständen nicht.
Golze Dr. Frentz Dr. Langer