Urteil des BVerwG vom 17.02.2009

Anhörung, Vertrauensperson, Schule, Dienstverhältnis

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 WB 37.08
In dem Wehrbeschwerdeverfahren
des Örtlichen Personalrats bei ...,
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
den ehrenamtlichen Richter Oberst i.G. Kling und
den ehrenamtlichen Richter Stabsfeldwebel Jäger
am 17. Februar 2009 beschlossen:
Der Beschwerdebescheid des Bundesministers der Ver-
teidigung - PSZ I 7 - vom 14. Februar 2008 wird aufgeho-
ben.
Der Bundesminister der Verteidigung wird verpflichtet, das
Beteiligungsverfahren mit dem Antragsteller zu der beab-
sichtigten Ablehnung der Übernahme von Oberfeldwebel
W. in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten unter Be-
achtung der Rechtsauffassung des Gerichts fortzusetzen.
Die dem Antragsteller im Verfahren vor dem Bundesver-
waltungsgericht erwachsenen notwendigen Auslagen wer-
den dem Bund auferlegt.
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G r ü n d e :
I
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung betrifft die Pflicht, im Rahmen der
Anhörung zu einer beabsichtigten Personalmaßnahme die vom Personalrat ab-
gegebene Stellungnahme mit diesem zu erörtern (§ 20 Satz 3 SBG).
Unter dem 2. Juni 2003 hatte der bei der ...schule R. verwendete Oberfeldwebel
W. einen Antrag auf Übernahme in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten
gestellt und hierzu die Beteiligung des Örtlichen Personalrats bei der ...schule
R. beantragt. Die (damalige) Stammdienststelle des Heeres lehnte die
Übernahme mit Bescheid vom 20. Juli 2004 ab. Die von Oberfeldwebel W. nach
erfolgloser Beschwerde erhobene Klage zum Verwaltungsgericht S. hatte
Erfolg. Mit rechtskräftigem Urteil vom 14. November 2006 (Az.: 16 A 181/05)
verpflichtete das Verwaltungsgericht die beklagte Bundesrepublik Deutschland,
über den Antrag auf Übernahme in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten
unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden; eine
ordnungsgemäße Anhörung des Personalrats sei nicht erfolgt, weil dessen
Fragen zu der beabsichtigten Personalmaßnahme nicht beantwortet worden
seien und mangels eines Ergebnisses der Anhörung keine Stellungnahme des
Personalrats in die Personalentscheidung habe einbezogen werden können.
Mit Schreiben vom 20. Februar 2007 leitete die Stammdienststelle der Bundes-
wehr ein erneutes Beteiligungsverfahren ein und bat den Kommandeur der
...schule, den Personalrat - den Antragsteller im vorliegenden Verfahren - an-
zuhören, ihm die Gründe für die beabsichtigte Ablehnung der Übernahme von
Oberfeldwebel W. in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten zu erläutern und
die Anhörungsniederschrift und gegebenenfalls die Stellungnahme des An-
tragstellers vorzulegen. Unter dem 16. März 2007 wandte sich der Antragsteller
an den Kommandeur der ...schule und bat zur Vorbereitung einer abschließen-
den Stellungnahme um die Beantwortung von drei Fragen. Mit Schreiben vom
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26. März 2007, das der Kommandeur an den Antragsteller weiterleitete, antwor-
tete die Stammdienststelle der Bundeswehr auf die gestellten Fragen.
Mit Schreiben vom 11. Mai 2007 erklärte der Antragsteller, dass er der beab-
sichtigten Ablehnung des Antrags von Oberfeldwebel W. nicht zustimme. Aus
den vorliegenden Unterlagen gehe hervor, dass im Geburtsjahrgang und in der
Ausbildungs- und Verwendungsreihe von Oberfeldwebel W. ein höherer Bedarf
gegeben gewesen sei. Oberfeldwebel W. hätte deshalb, nachdem der erhöhte
Bedarf festgestellt worden sei, in den Stand eines Berufssoldaten versetzt wer-
den müssen, bevor sein Geburtsjahrgang zusätzlich und nachträglich hätte
ausgeschrieben und entschieden werden dürfen.
Unter dem 13. Juni 2007 wandte sich die Stammdienststelle der Bundeswehr
an den Kommandeur der ...schule und erklärte, dass der Antragsteller mit dem
Schreiben vom 11. Mai 2007 eine Stellungnahme abgegeben habe; der Kom-
mandeur werde gebeten, beim Antragsteller anzufragen, ob Bedarf für eine Er-
örterung der Stellungnahme bestehe. Mit Schreiben vom 25. Juni 2007 antwor-
tete der Antragsteller, dass das Soldatenbeteiligungsgesetz eine Erörterung
vorschreibe und aus seiner, des Antragstellers, Sicht diese Erörterung mit dem
Ziel der Einigung zwingend erforderlich sei.
Mit Schreiben an den Antragsteller vom 3. Juli 2007, dort eingegangen am
19. Juli 2007, erklärte die Stammdienststelle, dass auch nach erneuter Bewer-
tung der Antragsunterlagen des Oberfeldwebels W. sowie der Stellungnahme
des Antragstellers keine Änderung der beabsichtigten Entscheidung erfolgen
könne. Außerhalb der Reihung könne Oberfeldwebel W. nicht in das Dienstver-
hältnis eines Berufssoldaten übernommen werden. Der Sachverhalt sei dem
Antragsteller gegenüber umfassend dargestellt worden.
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Mit Schreiben vom 30. Juli 2007 erhob der Antragsteller Beschwerde, weil eine
ordnungsgemäße Beteiligung nicht erfolgt sei. Er habe auf die Anfrage der
Stammdienststelle erklärt, dass er eine Erörterung für erforderlich halte. Mit
dem Schreiben vom 3. Juli 2007 habe die Stammdienststelle nunmehr jedoch
das Beteiligungsverfahren unrechtmäßig vorzeitig und einseitig beendet.
Mit Bescheid vom 14. Februar 2008 wies der Bundesminister der Verteidigung
- PSZ I 7 - die Beschwerde zurück. Er sei für die Beschwerdeentscheidung zu-
ständig, weil nur er zugleich weiterer Disziplinarvorgesetzter des Kommandeurs
der ...schule und fachlich vorgesetzte Stelle gegenüber der Stammdienststelle
der Bundeswehr sei. Die Beschwerde sei unbegründet, weil der Kommandeur
der ...schule die Anhörung ohne Rechtsfehler durchgeführt habe. Ein Abbruch
des Beteiligungsverfahrens liege nicht vor. Auch eine Erörterung der beabsich-
tigten Personalmaßnahme sei erfolgt. Ein mündliches Beteiligungsverfahren,
insbesondere für die Erörterung, sei im Soldatenbeteiligungsgesetz nicht vor-
gegeben. Der Kommandeur habe durch die Übermittlung des Schreibens der
Stammdienststelle vom 3. Juli 2007 zum Ausdruck gebracht, dass eine Über-
nahme von Oberfeldwebel W. außerhalb der Reihung nicht vorgenommen wer-
den könne. Damit sei offenkundig gewesen, dass die Einwände des Antragstel-
lers geprüft, aber nicht als überzeugend bewertet worden seien. Dem Erforder-
nis, dass sich der Dienststellenleiter mit der Stellungnahme und Meinung des
Personalrats auseinandersetzen müsse, sei damit Genüge getan.
Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 29. Februar 2008 beantragte der
Antragsteller die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Der Antrag
wurde vom Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - mit seiner Stellungnah-
me vom 15. Mai 2008 dem Senat vorgelegt. Die Stammdienststelle der Bun-
deswehr hat im Hinblick auf das laufende Gerichtsverfahren die Entscheidung
über den Antrag von Oberfeldwebel W. auf Übernahme in das Dienstverhältnis
eines Berufssoldaten zurückgestellt.
Zur Begründung trägt der Antragsteller ergänzend zu dem Beschwerdevorbrin-
gen insbesondere vor:
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§ 20 SBG sehe neben der Möglichkeit zur Stellungnahme ausdrücklich deren
Erörterung vor. Schon nach dem Wortlaut der Norm sei das Anhörungsverfah-
ren mit der bloßen Entgegennahme der Stellungnahme nicht abgeschlossen.
Auch Nr. 229 ZDv 10/2 ordne an, dass in der Regel ein Gespräch durchzufüh-
ren sei. Dasselbe ergebe sich aus der Rechtsprechung des Bundesarbeitsge-
richts und des Bundesverwaltungsgerichts zum Personalvertretungsrecht. Da-
nach bedeute „erörtern“ schon begrifflich, dass ein Gespräch zwischen den Be-
teiligten stattfinde. Eine Erörterung setze die Bereitschaft voraus, den Ge-
sprächspartner Argumente bilden und vortragen zu lassen und sich mit diesen
Argumenten auch ernsthaft auseinanderzusetzen. In einem persönlichen Ge-
spräch finde der Austausch von Argumenten wesentlich effektiver und zielge-
richteter statt als bei der Entgegennahme von schriftlichen Stellungnahmen.
Unerheblich sei, dass die Umsetzung dieser verfahrensrechtlichen Vorschriften
möglicherweise einen erhöhten Aufwand erfordere. Der Kommandeur der
...schule treffe zwar nicht die Entscheidung in der Sache, könne aber, voraus-
gesetzt, dass er hinreichend informiert und vorbereitet werde, durchaus die Dis-
kussion im Auftrag der personalbearbeitenden Stelle und stellvertretend für
diese führen. Ebenso könne der Kommandeur dann auch die Ergebnisse der
Erörterung der personalführenden Dienststelle gegenüber darlegen und vertre-
ten.
Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Der Erörterungspflicht sei durch den Kommandeur der ...schule durch Zuleitung
der erneuten Stellungnahme der Stammdienststelle vom 3. Juli 2007 genügt
worden. Der Antragsteller habe keinen verfahrensrechtlichen Anspruch auf eine
weitergehende mündliche Erörterung des Sachverhalts. Im Soldatenbeteili-
gungsgesetz stellten sich die rechtlichen und tatsächlichen Umstände der Be-
teiligung anders dar als im Bundespersonalvertretungsgesetz. Eine mündliche
Erörterung sei in Personalangelegenheiten der Soldaten nur eingeschränkt
sinnvoll; sie mache insbesondere dort keinen Sinn, wo die Personalentschei-
dung nicht auf der Ebene des anhörungsverpflichteten Disziplinarvorgesetzten
bzw. Dienststellenleiters getroffen werde. Ein gegenseitiger Meinungsaustausch
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im Sinne einer Diskussion könne nur dann effektiv sein, wenn sich das aus dem
Gespräch entwickelte Meinungsbild auch auf die zu treffende Maßnahme
auswirken könne. Dies sei jedoch dort, wo eine personalbearbeitende Stelle die
Entscheidung über die Maßnahme treffe, regelmäßig nicht der Fall. Der für das
Beteiligungsverfahren zuständige Disziplinarvorgesetzte bzw. Dienststellenleiter
wäre in einer Diskussion darauf beschränkt, den Standpunkt der
personalbearbeitenden Stelle darzulegen und die Argumente der Vertrau-
ensperson bzw. des Personalrats zur Kenntnis zu nehmen und an die per-
sonalbearbeitende Stelle weiterzugeben. Die gesprächsweise Ausein-
andersetzung zwischen dem Antragsteller und dem Kommandeur wäre deshalb
eine reine Formsache und angesichts der ausführlich im schriftlichen Weg
übermittelten Ansichten zur Übernahmefähigkeit von Oberfeldwebel W. im kon-
kreten Falle auch überflüssig. Schließlich sei die Erörterung im Anhörungsver-
fahren des § 20 SBG, anders als etwa im Mitwirkungsverfahren des § 72
BPersVG, nicht mit der Pflicht verbunden, das Verfahren mit dem Ziel der Eini-
gung durchzuführen. Insgesamt sei daher für eine effektive und praktische
Handhabbarkeit des Beteiligungsverfahrens in Personalangelegenheiten auch
im Rahmen einer Erörterung lediglich geboten, dass ein Meinungsaustausch
über die unter Umständen unterschiedlichen Standpunkte erfolge. Weder der
Wortlaut des § 20 SBG und der ZDv 10/2 noch die Begrifflichkeit selbst verbö-
ten es, eine Erörterung im schriftlichen Verfahren durchzuführen.
Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf den Inhalt der Schriftsätze der
Beteiligten sowie der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bun-
desministers der Verteidigung - PSZ I 7 - Az.: 196/08 - hat dem Senat bei der
Beratung vorgelegen.
II
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat Erfolg.
1. Der Antragsteller hat keinen förmlichen Sachantrag gestellt. Er ist - im Ge-
gensatz zu dem Bundesminister der Verteidigung - der Auffassung, dass das
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hier strittige Beteiligungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist, weil eine ord-
nungsgemäße Erörterung im Sinne von § 20 Satz 3 SBG noch nicht stattgefun-
den hat. Das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers ist deshalb sach- und
interessengerecht so auszulegen, dass er beantragt, den Beschwerdebescheid
vom 14. Februar 2008 aufzuheben und den Bundesminister der Verteidigung zu
verpflichten, das Beteiligungsverfahren zu der beabsichtigten Ablehnung der
Übernahme von Oberfeldwebel W. in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten
unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts fortzusetzen. Dieser
Antrag umfasst alle zwischen den Beteiligten strittigen Einzelfragen der Erörte-
rungspflicht.
2. Der Antragsteller hat den richtigen Rechtsweg beschritten.
Beruft sich der bei einer Dienststelle der Bundeswehr gebildete Personalrat auf
eine Behinderung in seinen Beteiligungsrechten in Angelegenheiten, die nur die
Soldaten betreffen, so ist gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1, § 16 SBG, § 17 Abs. 1
Satz 1 WBO - abweichend von § 48 Satz 1 SBG, § 83 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG -
der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten gegeben (vgl. Beschlüsse vom
1. November 2001 - BVerwG 6 P 10.01 - BVerwGE 115, 223 <225 ff.> = Buch-
holz 252 § 52 SBG Nr. 2, vom 24. März 2004 - BVerwG 1 WB 33.03 - PersV
2005, 273 und vom 26. Oktober 2006 - BVerwG 1 WB 17.06 - BVerwGE 127,
85 <86> = Buchholz 450.1 § 9 WBO Nr. 1 = NZWehrr 2007, 128). Das ist hier
der Fall. Der Antragsteller macht geltend, in seinem Recht auf Anhörung, ins-
besondere Erörterung seiner Stellungnahme (§ 20 Satz 3 SBG) zu einer Per-
sonalmaßnahme, die wie die Übernahme in das Dienstverhältnis eines Berufs-
soldaten (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SBG) nur Soldaten betrifft, verletzt zu sein.
3. Der Antragsteller kann unmittelbar die Entscheidung des Bundesverwal-
tungsgerichts beantragen, weil über seine Beschwerde der Bundesminister der
Verteidigung entschieden hat (§ 21 Abs. 1 WBO).
Allerdings setzt eine Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nach
21 Abs. 1 WBO voraus, dass im vorangegangenen Beschwerdeverfahren die
gesetzlichen Zuständigkeitsvorschriften beachtet wurden (vgl. Beschluss vom
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vom 26. Oktober 2006 a.a.O. S. 86 ff.). Das ist hier geschehen. Der Bundesmi-
nister der Verteidigung hat zu Recht angenommen, dass er der Disziplinarvor-
gesetzte ist, der den Gegenstand der Beschwerde zu beurteilen hat und des-
halb zuständig für die Beschwerdeentscheidung war (§ 9 Abs. 1 Satz 1 WBO).
Gegenstand der Beschwerde sind vorliegend nicht (isoliert bzw. abstrakt) Fra-
gen der Anhörung gemäß § 20 SBG, sondern der Anhörung zu einer Perso-
nalmaßnahme im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 (hier: Nr. 3) SBG. Das in § 20
SBG gesetzlich formalisierte Anhörungsrecht kann von dem materiellen Beteili-
gungstatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 SBG nicht getrennt werden (vgl. Be-
schlüsse vom 24. März 2004 - BVerwG 1 WB 46.03 - Buchholz 252 § 23 SBG
Nr. 3 = NZWehrr 2005, 29 und vom 26. Oktober 2006 a.a.O. S. 87). Eine mit
der Beschwerde angreifbare Rechtsverletzung des Antragstellers kann deshalb
nicht isoliert in der (behaupteten) Missachtung der Anhörungsvorschrift des
§ 20 SBG liegen, sondern stets nur in der Verletzung des Anhörungsrechts in
Verbindung mit dem materiellen Beteiligungstatbestand. Da die Konstruktion
des Soldatenbeteiligungsgesetzes häufig zu einem Auseinanderfallen zwischen
der anhörenden Stelle - dem nächsten Disziplinarvorgesetzten (§ 23 Abs. 1
Satz 1 SBG) bzw. dem Dienststellenleiter (§ 52 Satz 2 SBG, § 7 BPersVG) -
und der für die Personalmaßnahme zuständigen personalbearbeitenden Stelle
(§ 23 Abs. 2 SBG) führt, ist erforderlich, dass über die Beschwerde ein Diszipli-
narvorgesetzter entscheidet, der im Rahmen der Abhilfe (§ 13 Abs. 1 Satz 1
WBO) sowohl auf den Anhörungspflichtigen als auch auf die personalbearbei-
tende Stelle einwirken kann; nur auf diese Weise ist ein effektiver Rechtsschutz
(sowohl für den betroffenen Soldaten als auch für die beteiligte Soldatenvertre-
tung) und zugleich eine wirksame Selbstkontrolle der Bundeswehr garantiert
(vgl. Beschluss vom 26. Oktober 2006 a.a.O. S. 89). Der Bundesminister der
Verteidigung war deshalb für den Beschwerdebescheid zuständig, weil nur er
zugleich weiterer Disziplinarvorgesetzter des Kommandeurs der ...schule als
Anhörungspflichtigem und fachlicher Vorgesetzter gegenüber der Stamm-
dienststelle der Bundeswehr als personalbearbeitender Stelle ist.
4. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist auch im Übrigen zulässig. Das
Rechtsschutzbegehren des Antragstellers ist insbesondere nicht in der Haupt-
sache erledigt, weil die Stammdienststelle der Bundeswehr die beabsichtigte
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Personalmaßnahme für die Dauer des Verfahrens vor dem Senat zurückgestellt
hat, so dass das Verwaltungsverfahren über den Antrag von Oberfeldwebel W.
auf Übernahme in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten gegebenenfalls
mit der hier strittigen Erörterung fortgesetzt werden kann.
5. Der Antrag ist begründet.
Im Rahmen der Anhörung des Antragstellers zu der beabsichtigten Ablehnung
der Übernahme von Oberfeldwebel W. in das Dienstverhältnis eines Berufssol-
daten hat eine ordnungsgemäße Erörterung im Sinne von § 20 Satz 3 SBG
(i.V.m. § 52 Abs. 1 Satz 1 SBG) bisher nicht stattgefunden. Der Beschwerde-
bescheid des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - vom 14. Februar
2008 ist deshalb aufzuheben und der Bundesminister der Verteidigung zu ver-
pflichten, das Beteiligungsverfahren mit dem Antragsteller unter Beachtung der
nachfolgenden Gründe fortzusetzen.
a) Das Soldatenbeteiligungsgesetz gliedert die Anhörung als eine der gesetzli-
chen Formen der Beteiligung der Vertrauensperson bzw. - in personalratsfähi-
gen Dienststellen der Bundeswehr - des (örtlichen) Personalrats (§ 52 Abs. 1
Satz 1 SBG) in mehrere Schritte, die sich auch in der in drei Sätze unterteilten
Fassung des Gesetzestextes widerspiegeln. Das Vertretungsorgan ist rechtzei-
tig und umfassend zu (§ 20 Satz 1 SBG); ihm ist Gelegenheit zur
zu der beabsichtigten Maßnahme zu geben (§ 20 Satz 2 SBG);
die Stellungnahme ist mit ihm zu (§ 20 Satz 3 SBG). Auch wenn im
Einzelfall praktische Abgrenzungsschwierigkeiten bestehen mögen, haben die
einzelnen Schritte jeweils eigene Bedeutung und eigenes Gewicht und sind be-
grifflich und rechtlich voneinander zu unterscheiden. Ein Schreiben etwa, mit
dem die Vertrauensperson oder der Personalrat um weitere Informationen zu
der beabsichtigten Maßnahme ersucht, stellt, auch wenn es eine bestimmte
Auffassung des Vertretungsorgans erkennen lässt, noch keine Stellungnahme
im Sinne von § 20 Satz 2 SBG dar; ein - gegebenenfalls auch ausgedehnter -
Informationsaustausch oder Schriftwechsel zur Vorbereitung der Stellungnahme
ersetzt nicht die Erörterung, die sich erst an eine abgegebene Stellungnahme
anschließen kann.
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Ebenso wie § 20 Satz 1 SBG hinsichtlich der rechtzeitigen und umfassenden
Unterrichtung gibt § 20 Satz 3 SBG der Vertrauensperson bzw. dem Personal-
rat hinsichtlich der Erörterung einen , der
, hier also dem nächsten Disziplinarvorgesetzten
(§ 23 Abs. 1 Satz 1 SBG) bzw. dem Dienststellenleiter (§ 52 Satz 2 SBG, § 7
BPersVG), geltend zu machen und von dieser zu erfüllen ist. Soweit, wie häufig
und auch im vorliegenden Fall, die zur Durchführung der Anhörung verpflichtete
Stelle und die für die Entscheidung über die beteiligungspflichtige Maßnahme
zuständige Stelle nicht identisch sind, darf diese vom Gesetzgeber bewusst
gewählte Konstruktion nicht zu einer Verkürzung der Rechte der Soldatenver-
tretung führen. Ebenso wie sich die anhörende Stelle zur Erfüllung des Informa-
tionsanspruchs nicht auf den eigenen Kenntnisstand beschränken darf, sondern
die objektiv erforderlichen Informationen gegebenenfalls bei der personalbear-
beitenden Stelle beschaffen muss (vgl. dazu Beschluss vom 20. Juni 2005
- BVerwG 1 WB 60.04 - Buchholz 252 § 20 SBG Nr. 1), kann sie sich der Erör-
terung der Stellungnahme mit der Vertrauensperson bzw. dem Personalrat nicht
unter Berufung auf mangelnde Dispositions- und Entscheidungsbefugnisse
entziehen, sondern muss sich gegebenenfalls von der für die Entscheidung
zuständigen Stelle entsprechend informieren und instruieren lassen. Wo dies im
Einzelfall erforderlich sein sollte, kann sich der Disziplinarvorgesetzte oder
Dienststellenleiter auch der Mithilfe der personalbearbeitenden Stelle bedienen
und einen kompetenten Vertreter dieser Stelle zu der Erörterung hinzuziehen.
Der Sache nach bedeutet „Erörtern“ einen
, der grundsätzlich in einem Gespräch zwischen
der Vertrauensperson bzw. dem Personalrat und der anhörenden Stelle zu er-
folgen hat (vgl. in diesem Sinne auch Gronimus, Die Beteiligungsrechte der
Vertrauenspersonen in der Bundeswehr, 5. Aufl. 2005, § 20 SBG Rn. 21; Wolf,
SBG, Stand November 2008, § 20 Rn. 6). Das Element der Wechselseitigkeit
ergibt sich zum einen aus der Gegenüberstellung des Begriffs der Erörterung
mit dem der - einseitigen - Stellungnahme (§ 20 Satz 2 SBG). Es ist aber auch
vor dem Hintergrund des Grundsatzes der engen Zusammenarbeit mit dem Ziel
der Verständigung (§ 18 Abs. 2 SBG) zu sehen, der programmatisch die
„Grundhaltung“ (Wolf a.a.O. § 18 Rn. 8) der Akteure im Beteiligungsverfahren
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bestimmt. Der Pflicht zur Erörterung wird deshalb nicht durch die Abgabe einer
Gegen-Stellungnahme, sondern, wie dies auch Nr. 228 Abs. 2 ZDv 10/2 vor-
sieht, durch eine Auseinandersetzung mit den Gründen und Argumenten der
Vertrauensperson bzw. des Personalrats genügt. Für eine solche Auseinander-
setzung stellt grundsätzlich das - mündliche - Gespräch unter Anwesenden die
adäquate Form dar (ebenso Nr. 229 Abs. 1 ZDv 10/2), von der nur unter be-
sonderen Umständen oder mit Zustimmung der Vertrauensperson bzw. des
Personalrats abgewichen werden kann. Das Erfordernis der Mündlichkeit ist
zum einen im Begriff der Erörterung angelegt, ergibt sich zum anderen aber
auch daraus, dass der Gesetzgeber die Anhörung bewusst dem nächsten Dis-
ziplinarvorgesetzten bzw. dem Dienststellenleiter „vor Ort“ und nicht der „fer-
nen“ personalbearbeitenden Stelle übertragen hat.
Die vorstehende Auslegung des Begriffs der Erörterung im Sinne von § 20
Satz 3 SBG gleicht derjenigen des entsprechenden Begriffs in den Bestimmun-
gen über das personalvertretungsrechtliche Mitwirkungsverfahren (§ 72 Abs. 1
BPersVG und entsprechende landesrechtliche Vorschriften). Insoweit können
daher auch Anleihen bei der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Bundes-
verwaltungsgerichts (Beschlüsse vom 27. Januar 1995 - BVerwG 6 P 22.92 --
BVerwGE 97, 349 <354 f.> = Buchholz 250 § 72 BPersVG Nr. 1 und vom
19. August 2004 - BVerwG 2 B 54.04 - Buchholz 232 § 31 BBG Nr. 62; vgl.
auch Ilbertz/Widmaier, BPersVG, 11. Aufl. 2008, § 72 Rn. 4) und des Bundes-
arbeitsgerichts (insb. Urteil vom 15. August 2006 - 9 AZR 571/05 - BAGE 119,
181 <188 ff.> m.w.N.) gemacht werden, soweit dem die eigenständige Ausge-
staltung der Beteiligung der Soldaten nicht entgegensteht. Letzteres gilt insbe-
sondere für die Ausrichtung der Erörterung an dem Ziel der Verständigung im
Sinne einer inhaltlichen Einigung. Eine solche oder ähnliche
ist Bestandteil des Begriffs der Erörterung im Sinne des § 20 Satz 3 SBG.
Sie ergibt sich auch im personalvertretungsrechtlichen Mitwirkungsverfahren
nur mittelbar aus der Möglichkeit, die Angelegenheit im Falle des Dissenses der
übergeordneten Dienststelle vorzulegen (§ 72 Abs. 4 BPersVG). Eine insoweit
vergleichbare Regelung findet sich im Soldatenbeteiligungsgesetz nur für die
Beteiligungsformen des Vorschlagsrechts (§ 21 Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1
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SBG) und der Mitbestimmung (§ 22 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 SBG), nicht
aber für die hier in Rede stehende Beteiligungsform der Anhörung.
Eine Erörterung ist schließlich nicht in jedem Falle zwingend durchzuführen. Sie
ist nicht geboten, wenn sie funktionslos ist, weil Vertrauensperson bzw. Perso-
nalrat und personalbearbeitende Stelle übereinstimmen; das ist der Fall, wenn
die Vertrauensperson bzw. der Personalrat der beabsichtigten Maßnahme zu-
stimmt oder wenn die personalbearbeitende Stelle erklärt, dass sie der Stel-
lungnahme des Vertretungsorgans in vollem Umfang Rechnung tragen wird.
Die Vertrauensperson bzw. der Personalrat kann aber auch auf eine Erörterung
ihrer bzw. seiner Stellungnahme verzichten. Dies ergibt sich daraus, dass das
Vertretungsorgan nur berechtigt, aber nicht verpflichtet ist, eine Stellungnahme
abzugeben; in Hinblick auf die Möglichkeit eines vollständigen Verzichts muss
es zulässig sein, auch auf einen Teilaspekt, die Erörterung der Stellungnahme,
zu verzichten. Ein solcher Verzicht kann sich aus einer ausdrücklichen Erklä-
rung der Vertrauensperson bzw. des Personalrats, im Einzelfall auch aus den
besonderen Umständen des jeweiligen Anhörungsverfahrens ergeben. Da die
Pflicht zur Erörterung der Stellungnahme nicht an ein Verlangen oder einen An-
trag der Vertrauensperson bzw. des Personalrats geknüpft ist, kann allerdings
aus dem Fehlen eines solchen Verlangens oder Antrags für sich genommen
nicht auf einen Verzicht geschlossen werden. Auf eine entsprechende Frage
durch den anhörenden Disziplinarvorgesetzten oder Dienststellenleiter ist die
Vertrauensperson bzw. der Personalrat jedoch gehalten, binnen angemessener
Frist zu antworten und klarzustellen, ob eine Erörterung gewünscht wird.
b) Nach diesen Maßstäben hat im vorliegenden Fall ordnungsgemäße
Erörterung der Stellungnahme des Antragstellers vom 11. Mai 2007 stattgefun-
den.
aa) Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SBG (hier i.V.m. § 52 Abs. 1 SBG und § 7
Satz 1 BPersVG) soll bei Anträgen auf Statuswechsel in das Dienstverhältnis
eines Berufssoldaten auf Antrag des betroffenen Soldaten der Personalrat
durch den Dienststellenleiter angehört werden. Einen solchen Antrag hat Ober-
feldwebel W. gleichzeitig mit seinem Antrag auf Umwandlung seines Dienstver-
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hältnisses vom 2. Juni 2003 gestellt. Umstände, die den vorliegenden Fall als
atypisch erscheinen ließen und deshalb eine Ausnahme von der nach der Soll-
Vorschrift in der Regel gebotenen Beteiligung in Form der Anhörung (§ 20 SBG)
rechtfertigen würden (vgl. Beschluss vom 27. Februar 2003 - BVerwG 1 WB
57.02 - BVerwGE 118, 25 <31 f.> = Buchholz 252 § 23 SBG Nr. 2 = NZWehrr
2003, 212 m.w.N.), sind weder geltend gemacht noch für den Senat ersichtlich.
bb) Der Antragsteller hat mit seinem Schreiben vom 11. Mai 2007 eine ab-
schließende Stellungnahme im Sinne von § 20 Satz 2 SBG zu der beabsichtig-
ten Ablehnung des Übernahmeantrags von Oberfeldwebel W. abgegeben. Da-
mit ist die grundsätzliche Pflicht aus § 20 Satz 3 SBG ausgelöst, die Stellung-
nahme mit dem Personalrat zu erörtern. Für einen Verzicht des Antragstellers
auf die Erörterung bestehen keine Anhaltspunkte. Vielmehr hat der Antragstel-
ler mit dem Schreiben vom 25. Juni 2007, ordnungsgemäß vertreten durch sei-
nen der Gruppe der Soldaten angehörenden Vorsitzenden (§ 48 Satz 1 SBG
i.V.m. § 32 Abs. 3 BPersVG), gegenüber dem Kommandeur der ...schule aus-
drücklich erklärt, dass er, der Antragsteller, die gesetzlich vorgeschriebene Er-
örterung für erforderlich halte. Dass dabei die Rechtsgrundlage der Erörte-
rungspflicht mit § 22 Abs. 1 SBG falsch bezeichnet bzw. einer anderen Beteili-
gungsform entnommen wurde, ist unschädlich, zumal sich auch die Stamm-
dienststelle in ihrem (Anfrage-)Schreiben vom 13. Juni 2007 auf dieselbe unzu-
treffende Rechtsgrundlage bezogen und damit die falsche Bezeichnung durch
den Antragsteller gewissermaßen „vorgegeben“ hat.
cc) Der Kommandeur der ...schule - als Dienststellenleiter - hat die Stellung-
nahme des Antragstellers vom 11. Mai 2007 nicht, wie erforderlich, mit diesem
erörtert.
Nach der unwidersprochenen Darstellung des Antragstellers (in der Beschwer-
de vom 30. Juli 2007) hat der Kommandeur lediglich ein Schreiben der Stamm-
dienststelle vom 3. Juli 2007 weitergeleitet, mit dem diese erklärte, dass auch
nach erneuter Bewertung der Antragsunterlagen des Oberfeldwebels W. sowie
der Stellungnahme des Antragstellers keine Änderung der beabsichtigten Ent-
scheidung erfolge, Oberfeldwebel W. nicht außerhalb der Reihung in das
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Dienstverhältnis eines Berufssoldaten übernommen werden könne und der
Sachverhalt dem Antragsteller gegenüber umfassend dargestellt worden sei.
Zwar enthält dieses Schreiben in der Bezugsliste keinen Hinweis auf das
Schreiben vom 25. Juni 2007, mit dem der Antragsteller auf der Durchführung
einer Erörterung bestanden hat; insofern hätte zweifelhaft sein können, ob das
Schreiben der Stammdienststelle vom 3. Juli 2007 bzw. dessen Übermittlung
durch den Kommandeur tatsächlich, wie es der Antragsteller auffasste, das Be-
teiligungsverfahren „vorzeitig und einseitig“ beenden sollte. Weder der Kom-
mandeur noch die Stammdienststelle sind jedoch dieser Auffassung entgegen-
getreten; auch der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - hat in dem Be-
schwerdebescheid die Sichtweise des Antragstellers zugrundegelegt, indem er
die Übermittlung des Schreibens der Stammdienststelle vom 3. Juli 2007 durch
den Kommandeur ausdrücklich als Erörterung in schriftlicher Form gewürdigt
(und als solche für rechtmäßig befunden) hat.
Die bloße Übermittlung oder Weiterleitung einer schriftlichen Gegenäußerung
der Stammdienststelle der Bundeswehr durch den Kommandeur der ...schule
an den Antragsteller stellt keine Erörterung in dem dargelegten Sinne eines
wechselseitigen mündlichen Informations- und Meinungsaustausches dar. Be-
sondere Umstände, die ein Abweichen von der grundsätzlich gebotenen Form
eines Gesprächs zwischen Personalrat und Dienststellenleiter rechtfertigen
würden, sind nicht ersichtlich.
Die Auffassung des Bundesministers der Verteidigung, dass eine mündliche
Erörterung dort keinen Sinn mache, wo die Personalentscheidung nicht auf der
Ebene des anhörungsverpflichteten Disziplinarvorgesetzten bzw. Dienststellen-
leiters getroffen werde, und in solchen Fällen daher die Erörterung „im schriftli-
chen Verfahren“ erfolge, findet - wie dargelegt (oben unter a) - keine Stütze im
Gesetz. Unabhängig davon überzeugt auch die Prämisse nicht, dass ein Infor-
mations- und Meinungsaustausch nur dann effektiv sein kann, wenn die ent-
scheidungsbefugte personalbearbeitende Stelle unmittelbar an dem Gespräch
beteiligt ist. Bei der Erörterung im Sinne des § 20 Satz 3 SBG geht es (noch)
um die Aufbereitung der Entscheidungsgrundlage für die Personalmaßnahme
und nicht schon um die Entscheidung selbst, in die das Ergebnis der Anhörung
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dann einzubeziehen ist (§ 23 Abs. 2 Satz 2 SBG). In diesem Verfahrensstadium
stellt ein - gegebenenfalls von der personalbearbeitenden Stelle vorbereiteter
und instruierter - Disziplinarvorgesetzter bzw. Dienststellenleiter durchaus einen
adäquaten Gesprächspartner für die Vertrauensperson bzw. den Personalrat
dar. Fehlende Dispositions- und Entscheidungsbefugnisse des Diszipli-
narvorgesetzten bzw. Dienststellenleiters müssen dabei für die Erörterung nicht
zwangsläufig einen Nachteil darstellen; sie können ebenso gut einem offenen,
nicht auf vorgegebene Linien fixierten Gespräch förderlich sein.
Nicht überzeugend ist demgemäß auch der weitere Einwand des Bundesminis-
ters der Verteidigung, dass, weil kein Einvernehmen zwischen dem Komman-
deur und dem Antragsteller hergestellt werden müsse, eine gesprächsweise
Auseinandersetzung „beteiligungsrechtlich zwecklos“ und eine „reine Formsa-
che“ sei. Dieser Einwand, der sich im Übrigen nicht nur gegen den Verfahrens-
schritt der Erörterung, sondern gegen die Beteiligungsform der Anhörung ins-
gesamt richtet, verkennt deren Eigenart. Als schwächste Form der Soldatenbe-
teiligung beruht die Anhörung nicht auf einem Einigungszwang, sondern - wie-
derum auch vor dem Hintergrund des Prinzips der engen Zusammenarbeit mit
dem Ziel der Verständigung (§ 18 Abs. 2 SBG) - (allein) auf der Chance der
Vertrauensperson bzw. des Personalrats, mit argumentativen Mitteln auf die
beabsichtigte Entscheidung einzuwirken. Dieser durch § 20 Satz 3 SBG ge-
währleisteten Chance darf jedenfalls nicht von Rechts wegen die Grundlage
dadurch entzogen werden, dass die personalbearbeitende Stelle die Entschei-
dung gedanklich vorwegnimmt und deshalb auch die Erörterung für von vorne-
herein zwecklos hält.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 20 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 21 Abs. 2
Satz 1 WBO.
Golze Dr. Frentz Dr. Langer
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