Urteil des BVerwG vom 28.04.2015

Dienstzeit, Nebentätigkeit, Pflicht zur Dienstleistung, Innere Medizin

BVerwGE: nein
Fachpresse: ja
Sachgebiet:
Vorlagen, Anträge und Beschwerden nach der WBO in
truppendienstl. Angelegenheiten
Sachgebietsergänzung:
Wehrbeschwerdeverfahrensrecht
Rechtsquelle/n:
SG § 20
Stichworte:
Nebentätigkeit; Ausübung während der Dienstzeit; Inanspruchnahme von
Einrichtungen, Personal oder Material des Dienstherrn;
Bundeswehrkrankenhaus; Fachsanitätszentrum.
Leitsatz/-sätze:
Zu den Voraussetzungen für die Genehmigung der Ausübung einer
Nebentätigkeit während der Dienstzeit durch einen Sanitätsoffizier der
Bundeswehr.
Beschluss des 1. Wehrdienstsenats vom 28. April 2015 - BVerwG 1 WB 35.14
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 WB 35.14
In dem Wehrbeschwerdeverfahren
des Herrn Oberfeldarzt …,
…,
- Bevollmächtigte:
…,
… -
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz als Vorsitzende,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Eppelt,
den ehrenamtlichen Richter Oberst i.G. Zeh und
den ehrenamtlichen Richter Oberstleutnant Schiffers
am 28. April 2015 beschlossen:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e :
I
Der Antragsteller begehrt die Erteilung einer Nebentätigkeitsgenehmigung.
Der 19.. geborene Antragsteller ist Berufssoldat; seine Dienstzeit endet voraus-
sichtlich mit Ablauf des 31. Januar 20... Zum Oberfeldarzt wurde er mit Wirkung
vom 1. Januar 19.. befördert. Der Antragsteller wird derzeit als Leiter der Fach-
ärztlichen Untersuchungsstelle für … des Fachsanitätszentrums …, Außenstelle
…, verwendet.
Mit Formularschreiben vom 3. Juli 2012 beantragte der Antragsteller die Geneh-
migung zur Ausübung einer Nebentätigkeit während der Dienstzeit. Die Art der
Tätigkeit ist mit "Behandlung von zivilen Patienten auf internistischem Fachge-
biet", die zeitliche Inanspruchnahme mit maximal fünf Stunden pro Woche be-
schrieben. Die zu erwartenden Entgelte werden auf ca. 2 500 € pro Jahr je nach
Patientenaufkommen geschätzt. Eine Inanspruchnahme von Einrichtungen,
Personal oder Material des Dienstherrn sei "bei Bedarf" erforderlich; insoweit
wird darauf verwiesen, dass die in äußerst geringem Umfang zu betreibende
Behandlung von Zivil-/Privatpatienten in der regulären Dienstzeit erfolgen müs-
se, weil ansonsten Laboruntersuchungen an das Fremdlabor, Endoskopien
oder andere technische Untersuchungen nicht stattfinden bzw. durchgeführt
werden könnten.
Mit Bescheid vom 13. Februar 2013 lehnte der Kommandeur des Kommandos
Regionale Sanitätsdienstliche Unterstützung den Antrag vom 3. Juli 2012 ab.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Inanspruchnahme von Einrichtun-
gen, Personal oder Material des Dienstherrn grundsätzlich nur außerhalb der
Dienstzeit zulässig sei; auch eine nur teilweise Inanspruchnahme in einem Un-
tersuchungs-, Begutachtungs- oder Behandlungsfall sei nicht zulässig.
Hiergegen erhob der Antragsteller mit Schreiben vom 22. Februar 2012 (richtig:
2013) Beschwerde. Seiner Auffassung nach habe seinem Antrag unter Berück-
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sichtigung der historischen Entwicklung des Sanitätsdienstes der Bundeswehr
in den letzten Jahren und Jahrzehnten und unter Würdigung der örtlichen Ge-
gebenheiten am Dienstort … stattgegeben werden müssen.
Mit Bescheid vom 6. Mai 2013 wies der Inspekteur des Sanitätsdienstes der
Bundeswehr die Beschwerde zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass
nach den geltenden Richtlinien die Inanspruchnahme von Einrichtungen, Per-
sonal oder Material des Dienstherrn bei Ausübung einer Nebentätigkeit grund-
sätzlich nur außerhalb der Dienstzeit zulässig sei; die Voraussetzungen für eine
Ausnahme lägen bei einer regionalen Sanitätseinrichtung wie dem Fachsani-
tätszentrum … nicht vor. Soweit es sich um die Notfallbehandlung von zivilen
Patienten handele, sei dies keine Nebentätigkeit, sondern eine Tätigkeit im Ne-
benamt. Ansonsten sei es nicht die Aufgabe des Dienstherrn, die Durchführung
einer Nebenbeschäftigung zu fördern oder die notwendigen Rahmenbedingun-
gen hierfür zu schaffen.
Hiergegen erhob der Antragsteller mit Schreiben vom 6. Juni 2013 weitere Be-
schwerde.
Mit Bescheid vom 3. April 2014 wies der Generalinspekteur der Bundeswehr die
weitere Beschwerde zurück. Zur Begründung führte er aus, dass dahingestellt
bleiben könne, ob überhaupt die Grundvoraussetzungen für eine Nebentätigkeit
während des Dienstes nach § 20 Abs. 3 Satz 1 SG vorlägen; das dafür erfor-
derliche dienstliche Interesse sei weder ausreichend dargelegt noch sonst er-
kennbar. Für eine Ausnahme nach § 20 Abs. 3 Satz 3 SG seien keine Umstän-
de ersichtlich, aus denen sich ein besonders begründeter Fall ableiten ließe;
der Antragsteller habe nicht substantiiert vorgetragen, weshalb Laboruntersu-
chungen, Endoskopien oder andere technische Untersuchungen nicht außer-
halb der regulären Dienstzeit des Sanitätszentrums durchgeführt werden könn-
ten. Eine Ausnahme nach Nr. 10 Abs. 4 Satz 1 der Inanspruchnahmerichtlinien
wegen fehlender Trennbarkeit der Nebenbeschäftigung von der Dienstzeit aus
wesentlichen technischen Gründen komme nur in Bundeswehrkrankenhäusern,
Instituten der Bundeswehr oder Kreiswehrersatzämtern (jetzt: Karrierecentern),
nicht aber in Fachsanitätszentren in Betracht. Die frühere Zuordnung des dama-
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ligen Facharztzentrums … unter das Bundeswehrkrankenhaus … spiele keine
Rolle; der Dienstherr sei frei, eine einmal getroffene organisatorische Zuord-
nung zu verändern. Gemäß § 20 Abs. 3 SG sei die Ausübung von Nebentätig-
keiten während der Dienstzeit grundsätzlich unerwünscht. Wäre bei der Neuor-
ganisation des Sanitätsdienstes der Anwendungsbereich der Richtlinien auf
Fachsanitätszentren ausgedehnt worden, hätte sich die Vorschriftenlage noch
weiter von dem gesetzgeberischen Grundsatz entfernt. Eine Anpassung
und/oder Erstreckung des Anwendungsbereichs der Richtlinien auf Fach-
sanitätszentren sei deshalb nicht angezeigt.
Hiergegen hat der Antragsteller mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom
2. Mai 2014 die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt. Der
Generalinspekteur der Bundeswehr hat den Antrag mit seiner Stellungnahme
vom 6. August 2014 dem Senat vorgelegt.
Zur Begründung führt der Antragsteller insbesondere aus:
Er habe ein Recht auf Ausübung der beantragten Nebentätigkeit unter Inan-
spruchnahme von Einrichtungen, Personal und Material des Dienstherrn. Die
seit 1996 bis heute unverändert geltenden Inanspruchnahmerichtlinien seien
fehlerhaft angewendet worden. Die Richtlinien hätten der geänderten Organisa-
tionsstruktur der Bundeswehr angepasst oder so ausgelegt werden müssen,
dass sie mit der heutigen Organisationsstruktur in Einklang stünden. Bis zur
Umstrukturierung des Sanitätsdienstes sei seine Dienststelle als "Facharztzen-
trum … Bundeswehrkrankenhaus …" bezeichnet worden; da es sich um die
Nebenstelle eines Bundeswehrkrankenhauses gehandelt habe, sei ihm bis zum
5. Februar 2012 eine entsprechende Nebentätigkeitsgenehmigung innerhalb
der Dienstzeit und unter Inanspruchnahme von Einrichtungen, Personal und
Material des Dienstherrn erteilt worden. Die heutige Dienststellenbezeichnung
laute auf "Fachsanitätszentrum … Teileinheit …" und sei der regionalen Sani-
tätsversorgung und nicht mehr konkret dem Bundeswehrkrankenhaus … zuge-
ordnet. Es handle sich insoweit jedoch nur um eine bloße Umbenennung. Wenn
bei einem Facharztzentrum die Erteilung einer Nebentätigkeitsgenehmigung
zulässig gewesen sei, müsse dies auch bei einem Fachsanitätszentrum gelten.
Die fachärztlichen Untersuchungsstellen der Fachsanitätszentren seien über-
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wiegend aus der früheren organisatorischen Unterstellung unter Bundeswehr-
krankenhäuser (Facharztzentren) hervorgegangen und personell, materiell und
in ihrem Tätigkeits- und Aufgabenspektrum weiterhin mit fachärztlichen Unter-
suchungsstellen an Bundeswehrkrankenhäusern vergleichbar. Die heutigen
Fachsanitätszentren seien deshalb entweder unter den in Nr. 10 Abs. 4 der In-
anspruchnahmerichtlinien genannten Begriff des Bundeswehrkrankenhauses zu
subsumieren oder im Wege der Auslegung neben den Bundeswehrkranken-
häusern, Instituten und Kreiswehrersatzämtern als viertes Tatbestandsmerkmal
aufzunehmen.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschwerdebescheid des Inspekteurs Kommando
Sanitätsdienst der Bundeswehr vom 6. Mai 2013 in der
Fassung des Beschwerdebescheids des Generalinspek-
teurs der Bundeswehr vom 3. April 2014 aufzuheben und
seinem, des Antragstellers, Antrag vom 3. Juli 2012 auf
Ausübung einer Nebentätigkeit mit Inanspruchnahme von
Einrichtungen, Personal und Material des Dienstherrn
stattzugeben.
Der Generalinspekteur der Bundeswehr beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er verweist auf die Gründe seines Beschwerdebescheids vom 3. April 2014.
Ergänzend wird ausgeführt, dass es im gerichtlich nicht überprüfbaren Organi-
sationsermessen des Erlasshalters liege, wie er auf eine Änderung des An-
knüpfungstatbestandes reagiere. Die vom Antragsteller geforderte Auslegung
halte sich nicht mehr im Rahmen des möglichen Wortsinnes. Nr. 10 Abs. 4
Satz 1 der Inanspruchnahmerichtlinien knüpfe formal an Organisationseinrich-
tungen mit einer über die einschlägige Sollorganisation festgelegten Struktur
an; was zum Bereich der Bundeswehrkrankenhäuser oder der Institute der
Bundeswehr zähle, sei der jeweils aktuellen Strukturfestlegung des militäri-
schen Organisationsbereichs zu entnehmen. Der Antragsteller habe keinen An-
spruch darauf, dass frühere Regelungen nach einer Organisationsänderung
aufrechterhalten würden; insoweit bestehe kein Vertrauensschutz. Eine analoge
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Anwendung von Nr. 10 Abs. 4 Satz 1 der Inanspruchnahmerichtlinien scheitere
bereits am entgegenstehenden Willen des Erlasshalters, so dass es an der für
eine Analogiebildung notwendigen planwidrigen Regelungslücke fehle. Auch ein
Sonderfall im Sinne der Ausnahmeregelung des § 20 Abs. 3 Satz 3, die neben
den Anforderungen des § 20 Abs. 4 SG stehe, liege nicht vor. Der Antragsteller
habe nicht nachvollziehbar dargelegt, dass er Endoskopien oder andere techni-
sche Untersuchungen unbedingt während der Dienstzeit vornehmen müsse.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug
genommen. Die Beschwerdeakte des Generalinspekteurs der Bundes-
wehr - Az.: B1 01/14 - und die Personalgrundakte des Antragstellers, Hauptteile
A bis D, haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
II
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.
Für Rechtsstreitigkeiten von Soldaten um die Erteilung einer Nebentätigkeits-
genehmigung ist der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten eröffnet, weil der
Antragsteller die Verletzung eines Rechts, das im Zweiten Unterabschnitt des
Ersten Abschnittes des Soldatengesetzes mit Ausnahme der §§ 24, 25, 30 und
31 - nämlich in § 20 SG - geregelt ist, geltend machen kann (vgl. BVerwG, Be-
schluss vom 26. Oktober 2012 - 1 WDS-VR 6.12 und 7.12 - BVerwGE 145, 24
Rn. 27; ebenso zuvor z.B. Beschlüsse vom 28. Oktober 1980 - 1 WB 139.79 -
BVerwGE 73, 87 <88> und vom 3. Mai 1984 - 1 WB 10.83 - NZWehrr 1985, 25
<25 f.>). Sachlich zuständig ist das Bundesverwaltungsgericht (§ 22 i.V.m. § 21
Abs. 1 Satz 1 WBO).
Der auf den Ausgangsbescheid vom 13. Februar 2013 zu erstreckende und in
dieser Form zulässige Antrag ist unbegründet.
Der ablehnende Bescheid des Kommandeurs des Kommandos Regionale Sani-
tätsdienstliche Unterstützung vom 13. Februar 2013 und die Beschwerdebe-
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scheide des Inspekteurs des Sanitätsdienstes der Bundeswehr vom 6. Mai
2013 und des Generalinspekteurs der Bundeswehr vom 3. April 2014 sind
rechtmäßig. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf die unter dem 3. Juli
2012 beantragte Genehmigung für die Ausübung einer Nebentätigkeit während
der Dienstzeit.
Die entgeltliche Behandlung von zivilen Patienten auf internistischem Fachge-
biet bedarf als Nebentätigkeit der vorherigen Genehmigung (§ 20 Abs. 1 Satz 1
SG). Die Genehmigung wurde gemäß § 20 Abs. 3 und 4 SG zu Recht versagt.
Gemäß § 20 Abs. 3 Satz 1 SG darf der Soldat Nebentätigkeiten nur außerhalb
des Dienstes ausüben, es sei denn, sie werden auf Verlangen seines Diszipli-
narvorgesetzten ausgeübt oder es besteht ein dienstliches Interesse an der
Ausübung der Nebentätigkeit. Der Antragsteller hat die Genehmigung aus-
drücklich für die Ausübung einer Nebentätigkeit "während der Dienstzeit" bean-
tragt. Ein Verlangen seines Disziplinarvorgesetzten auf Ausübung während der
Dienstzeit oder ein entsprechendes dienstliches Interesse, das aktenkundig zu
machen wäre (§ 20 Abs. 3 Satz 2 SG), liegt nicht vor.
Ausnahmen von dem Gebot, Nebentätigkeiten nur außerhalb des Dienstes
auszuüben (§ 20 Abs. 3 Satz 1 SG), dürfen nur in besonders begründeten Fäl-
len, insbesondere im öffentlichen Interesse, zugelassen werden, wenn dienstli-
che Gründe nicht entgegenstehen und die versäumte Dienstzeit nachgeleistet
wird (§ 20 Abs. 3 Satz 3 SG). Bei den Tatbestandsmerkmalen des "besonders
begründeten Falls" und der ggf. entgegenstehenden "dienstlichen Gründe"
handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe, die gerichtlich in vollem Um-
fang überprüfbar sind (vgl. Eichen, in: Walz/Eichen/Sohm, SG, 2. Aufl. 2010,
§ 20 Rn. 76; ebenso für die gleichlautende beamtenrechtliche Vorschrift des
§ 101 Abs. 1 Satz 3 BBG Geis, in: GKÖD, Stand 2014, § 101 BBG Rn. 2).
Für das Vorliegen eines "besonders begründeten Falls" ist dabei von dem
Grundsatz auszugehen, dass der Soldat innerhalb der für ihn geltenden Dienst-
zeit, die nicht zu seiner Disposition steht, die seiner Verwendung entsprechen-
de Pflicht zur Dienstleistung zu erfüllen und nicht einer privaten Nebentätigkeit
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nachzugehen hat. Die bloße Möglichkeit oder Bereitschaft, die versäumte
Dienstzeit nachzuleisten, ist für sich genommen nicht geeignet, eine Ausnahme
hiervon zu begründen; die Pflicht zur Nachleistung stellt - wie sich aus § 20
Abs. 3 Satz 3 SG (am Ende) ergibt - eine Konsequenz oder zusätzliche Bedin-
gung, jedoch keine Rechtfertigung für die ausnahmsweise Zulassung der Aus-
übung einer Nebentätigkeit während der Dienstzeit dar. Ein "besonders begrün-
deter Fall" kann deshalb nur dann vorliegen, wenn gewichtige materielle Grün-
de für die Ausübung der Nebentätigkeit gerade während der Dienstzeit gegeben
sind, die Vorrang vor der geschuldeten dienstlichen Tätigkeit beanspruchen.
Solche Gründe kommen eher in Betracht, wenn - wie sich aus der beispielhaf-
ten Hervorhebung in § 20 Abs. 3 Satz 3 SG ("insbesondere im öffentlichen Inte-
resse") ergibt - die Nebentätigkeit im öffentlichen Interesse und nicht nur im
persönlichen Interesse des Soldaten liegt.
Ein "besonders begründeter Fall" ist danach bei der vom Antragsteller ange-
strebten Nebentätigkeit nicht gegeben.
Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die vom Antragsteller beabsich-
tigte Behandlung von zivilen Patienten im öffentlichen Interesse, etwa wegen
sonst bestehender Mängel in der ärztlichen Versorgung, liegt. Soweit der An-
tragsteller unter Nr. 2 des Antragsformulars darauf verweist, dass die Behand-
lung von Zivil-/Privatpatienten in der regulären Dienstzeit erfolgen müsse, weil
ansonsten Laboruntersuchungen durch das Fremdlabor, Endoskopien oder an-
dere technische Untersuchungen nicht durchgeführt werden könnten, ist nicht
erkennbar, ob solche Untersuchungen in allen Fällen oder nur bei einem Teil
der Behandlungen stattfinden. Der Antragsteller hat - worauf der Generalin-
spekteur der Bundeswehr in seinem Beschwerdebescheid und dem Vorlage-
schreiben hinweist - auch nicht substantiiert dargelegt, warum die genannten
Untersuchungen, soweit sie stattfinden, unbedingt während der regulären
Dienstzeit vorzunehmen sind und nicht außerhalb der Dienstzeit des Fachsani-
tätszentrums durchgeführt können. Der bloße Umstand, dass sich die Untersu-
chungen aus der Perspektive des Antragstellers während der regulären Dienst-
zeit einfacher und vorteilhafter durchführen lassen, verleiht dem persönlichen
Interesse an der Nebentätigkeit keinen Vorrang gegenüber der innerhalb der
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Dienstzeit geschuldeten dienstlichen Tätigkeit und rechtfertigt nicht die Annah-
me eines "besonders begründeten Falls".
Einen „besonders begründeten Fall“ kann der Antragsteller schließlich nicht aus
§ 20 Abs. 4 SG i.V.m. Nr. 10 Abs. 4 der Richtlinien des Bundesministeriums der
Verteidigung - InSan II 3 - für die „Inanspruchnahme von Einrichtungen, Perso-
nal oder Material des Dienstherrn/Arbeitgebers und die Entrichtung des Entgelts
durch Sanitätsoffiziere sowie beamtete und angestellte Ärzte, Zahnärzte, Tier-
ärzte und Apotheker der Bundeswehr im Rahmen der Nebentätigkeit“ vom
1. März 1996 (Inanspruchnahmerichtlinien) herleiten. Diese Bestimmungen re-
geln die Voraussetzungen und Bedingungen, unter denen Sanitätsoffiziere die
Nebentätigkeit nicht nur mit eigenen Mitteln ausüben, sondern dabei auch Mittel
des Dienstherrn in Anspruch nehmen dürfen (vgl. Nr. 1 Abs. 1 der Inanspruch-
nahmerichtlinien). Sie setzen dabei eine zulässige - genehmigungsfreie oder
allgemein oder im Einzelfall genehmigte - Nebentätigkeit voraus. § 20 Abs. 4
SG i.V.m. den Inanspruchnahmerichtlinien bilden deshalb keine Grundlage für
die Genehmigung der Nebentätigkeit als solcher, sondern lediglich für die Ge-
nehmigung bestimmter Modalitäten der Ausübung einer als solcher bereits ge-
nehmigten oder sonst zulässigen Nebentätigkeit.
Im Übrigen lägen die Voraussetzungen von Nr. 10 Abs. 4 Satz 1 der Inan-
spruchnahmerichtlinien, auf die sich der Antragsteller beruft, nicht vor. Nach
dieser Bestimmung ist die Nebenbeschäftigung zur deutlichen Abgrenzung von
dienstlich wahrzunehmenden Aufgaben des Haupt- und Nebenamtes zeitlich
genau festzulegen, sofern sie in Bundeswehrkrankenhäusern, Instituten der
Bundeswehr und Kreiswehrersatzämtern aus wesentlichen technischen Grün-
den - z.B. in den Fachgebieten Labor- und Nuklearmedizin, Röntgen- und
Strahlenheilkunde oder Endoskopie - nicht von der Dienstzeit/Arbeitszeit zu
trennen sein sollte. Unabhängig davon, ob insoweit eine Untrennbarkeit von
Nebenbeschäftigung und dienstlicher Tätigkeit "aus wesentlichen technischen
Gründen" gegeben ist, stellen die Fachsanitätszentren der Bundeswehr ein-
schließlich ihrer fachärztlichen Untersuchungsstellen - wie hier die fachärztliche
Untersuchungsstelle für Innere Medizin des Fachsanitätszentrums …, Außen-
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stelle … - keine Bundeswehrkrankenhäuser oder Institute der Bundeswehr dar;
sie fallen deshalb tatbestandlich nicht unter diese Regelung.
Daran ändert auch die frühere organisatorische Zuordnung der Dienststelle des
Antragstellers - unter der Bezeichnung "Facharztzentrum … Bundeswehr-
krankenhaus …" - zu einem Bundeswehrkrankenhaus nichts. Denn bei deren
Umwandlung in ein Fachsanitätszentrum handelt es sich nicht, wie es der An-
tragsteller darstellt, um eine bloße Umbenennung oder Änderung der Dienst-
stellenbezeichnung. Vielmehr wurde, nachdem das Bundeswehrkrankenhaus
… bereits 19.. geschlossen worden war, im Jahre 20.. auch das Bundeswehr-
krankenhaus … ersatzlos aufgelöst, womit der Anknüpfungspunkt für die orga-
nisatorische Zuordnung zu einem Bundeswehrkrankenhaus auf Dauer entfallen
ist. Eine erweiternde oder ergänzende Auslegung in dem Sinne, dass Fachsani-
tätszentren unter den Begriff der Bundeswehrkrankenhäuser zu subsumieren
oder diesen als weitere Einrichtung gleichzustellen wären, kommt angesichts
des eindeutigen Wortlauts der Vorschrift nicht in Betracht.
Dr. Frentz Dr. Langer
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