Urteil des BVerwG vom 06.02.2014

Luftwaffe, Anweisung, Freies Ermessen, Soldat

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 WB 35.13
In dem Wehrbeschwerdeverfahren
des Herrn Hauptmann …,
…,
- Bevollmächtigte:
Rechtsanwälte …,
… -
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
die ehrenamtliche Richterin Oberstabsveterinär Dr. Emmler und
die ehrenamtliche Richterin Stabsarzt Große
am 6. Februar 2014 beschlossen:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
G r ü n d e :
I
Der Antragsteller begehrt seine Zuordnung zum „Zukunftspersonal der Heeres-
fliegertruppe - Fliegerisches Personal -“.
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Der 1968 geborene Antragsteller ist Berufssoldat in der Laufbahn der Offiziere
des militärfachlichen Dienstes des Heeres in der Heeresfliegertruppe; seine
Dienstzeit wird voraussichtlich mit Ablauf des 31. Oktober 2024 enden. Er wur-
de am 30. Juli 2004 zum Hauptmann ernannt und mit Wirkung vom 1. Juli 2004
in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 11 eingewiesen. In der Perspektiv-
konferenz der Offiziere des militärfachlichen Dienstes 2008 erhielt er die indivi-
duelle Förderperspektive „A 12 K“. Seit dem 1. Juli 1991 wurde er erstmals auf
einem fliegerischen Dienstposten verwendet. Er war zunächst bei der … in F.,
sodann seit dem 1. Januar 1996 bei der … in B. eingesetzt. Dort wird er seit
dem 1. Juli 2010 als Verbindungshubschrauberführeroffizier verwendet.
Ausweislich des Untersuchungsergebnisses vom 4. Februar 1988 und der Ärzt-
lichen Mitteilung für die Personalakte nach Belegart 90/5 vom 29. September
1989 war der Antragsteller nach Begutachtung durch das Flugmedizinische In-
stitut der Luftwaffe „vorübergehend nicht wehrfliegerverwendungsfähig“ bis zum
18. April 1988 bzw. bis zum 14. Dezember 1989. Nach der Ärztlichen Mitteilung
des Flugmedizinischen Instituts der Luftwaffe vom 30. Juli 1996 war der Antrag-
steller „nicht wehrfliegerverwendungsfähig“. Das Flugmedizinische Institut der
Luftwaffe stellte anschließend in den Ärztlichen Mitteilungen vom 21. April 1997,
vom 1. Oktober 1997 und vom 30. September 1998 jeweils fest, dass der An-
tragsteller „wehrfliegerverwendungsfähig II mit Sondergenehmigung“ sei; diese
Sondergenehmigung schließe die Tropendienstverwendungsfähigkeit ein.
Nach der Ärztlichen Mitteilung des Flugmedizinischen Instituts der Luftwaffe
vom 30. Juni 1999 war der Antragsteller wiederum „nicht wehrfliegerverwen-
dungsfähig“. Unter Bezugnahme auf die Sondergenehmigung vom 21. April
1997 und aufgrund einer Sondergenehmigung vom 1. Juli 1999 stellte das Flug-
medizinische Institut der Luftwaffe in der Ärztlichen Mitteilung vom 1. Juli 1999
fest, dass der Antragsteller „wehrfliegerverwendungsfähig II mit Sondergeneh-
migung“ sei; die Sondergenehmigung schließe die Tropendienstverwendungs-
fähigkeit jedoch nicht ein. Diesen Befund bestätigte der Fliegerarzt der … unter
dem 28. September 2000. Vom 8. November 2000 bis zum 30. Januar 2001
war der Antragsteller nach Begutachtung durch das Flugmedizinische Institut
der Luftwaffe „vorübergehend nicht wehrfliegerverwendungsfähig“.
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Unter Bezugnahme auf die Sondergenehmigung vom 1. Juli 1999 stellte das
Flugmedizinische Institut der Luftwaffe jeweils in Ärztlichen Mitteilungen für die
Personalakte nach Belegart 90/5 in den Jahren 2001 bis 2007 fest, dass der
Antragsteller „wehrfliegerverwendungsfähig II mit Sondergenehmigung“ sei,
wobei die Sondergenehmigung die Tropendienstverwendungsfähigkeit nicht
einschließe. Nach einer weiteren vorübergehend fehlenden Wehrfliegerverwen-
dungsfähigkeit (vom 5. September 2008 bis zum 20. November 2008) war der
Antragsteller nach den Ärztlichen Mitteilungen des Flugmedizinischen Instituts
der Luftwaffe vom 9. April 2009, vom 11. Dezember 2009 sowie vom 19. April
2010 jeweils „nicht wehrfliegerverwendungsfähig“.
In den Ärztlichen Mitteilungen vom 16. August 2010, vom 11. Oktober 2010,
vom 16. Februar 2012 und vom 21. September 2012 stellte das Flugmedizini-
sche Institut der Luftwaffe fest, dass der Antragsteller „wehrfliegerverwendungs-
fähig II mit Sondergenehmigung“ sei; die Sondergenehmigung wurde jeweils
befristet. In gesonderten Begutachtungsergebnissen zur Tropendienstverwen-
dungsfähigkeit stellte das Institut fest, dass die jeweils erteilte Sondergenehmi-
gung die Tropendienstverwendungsfähigkeit nicht einschließe.
Mit Info-Brief vom 13. Juli 2012 „zur Entpflichtung von Luftfahrzeugführern und
Besatzungsangehörigen im Heer“ unterrichtete der Inspekteur des Heeres die
Angehörigen der Heeresfliegertruppe darüber, dass die Verkleinerung und Um-
strukturierung der Heeresfliegertruppe und die Ausrichtung der künftigen Ein-
satzbedarfe am neuen Fähigkeitsprofil des Heeres mit einer Reduzierung der
Zahl der Waffensysteme einhergehen werde. Es würden daher zukünftig weni-
ger Besatzungen benötigt. Ebenso werde es Reduzierungen in den betroffenen
Ausbildungs- und Verwendungsreihen und in deren Regeneration geben. Bei
der Nutzung der kostbaren Flugstunden müsse die Inübunghaltung auf den un-
abweisbaren und geringeren Kernbedarf der neuen Struktur ausgerichtet wer-
den. Eine Konsequenz der Umstrukturierung werde sein, dass etliche Besat-
zungen der Verbände in andere nicht-fliegende Verwendungen überführt wer-
den müssten und ein Teil der Inübunghalter ihre Erlaubnisse und Berechtigun-
gen verlieren würden. Zugleich ermächtigte der Inspekteur des Heeres den Ge-
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neral der Heeresfliegertruppe, notwendige Veränderungen mit der Herausgabe
der „Besonderen Anweisung für den fliegerischen Dienst im Heer“ neu zu re-
geln. Mit dieser - unter dem 19. Juli 2012 erlassenen - Besonderen Anweisung
legte der General der Heeresfliegertruppe unter anderem die Grundlagen für
die Besetzung fliegerischer Dienstposten und die zwingend einzuhaltenden
Vorgaben fest.
Am 3. September 2012 billigte der Inspekteur des Heeres den Entscheidungs-
vorschlag seines Stabes zur „Migration der Heeresfliegertruppe“ und den beige-
fügten „Kriterien- und Maßnahmenkatalog“, in dem unter anderem die verbindli-
che Basis für die Identifizierung und Auswahl des Zukunftspersonals durch die
Personalauswahlkonferenz „Zukunftspersonal der Heeresfliegertruppe - Fliege-
risches Personal“ festgelegt ist. Diese Konferenz fand erstmals am 9. und
10. Oktober 2012 statt.
Mit Schreiben vom 31. Oktober 2012, eröffnet am 23. November 2012, teilte
das Personalamt der Bundeswehr dem Antragsteller mit, dass er in der Perso-
nalauswahlkonferenz „Zukunftspersonal der Heeresfliegertruppe - Fliegerisches
Personal“ im Jahr 2012 im Eignungs-, Befähigungs- und Leistungsvergleich und
unter Berücksichtigung der strukturellen Rahmenbedingungen betrachtet wor-
den sei; auf der Basis des gebilligten Kriterienkataloges des Inspekteurs des
Heeres habe er aber nicht zum Zukunftspersonal der Heeresfliegertruppe - Flie-
gerischer Dienst - beraten werden können. Sollten sich im Rahmen der weite-
ren Ausplanung der zukünftigen Struktur der Heeresfliegertruppe Änderungen
ergeben, die zu einem Bedarf oder Überhang an Personal führten, werde eine
neue Beratung durchgeführt. Sollte er davon betroffen sein, werde er darüber in
schriftlicher Form informiert.
Mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 4. Dezember 2012 legte der An-
tragsteller gegen diesen Bescheid Beschwerde ein. Er machte geltend, es sei
nicht zu erkennen, warum er nicht zum Zukunftspersonal der Heeresfliegertrup-
pe gehören solle. Er sei erneut zu bescheiden.
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Nachdem der Bundesminister der Verteidigung - R II 2 - vom Personalamt der
Bundeswehr die dort über den Antragsteller erstellten Konferenzunterlagen he-
rangezogen hatte, wies er mit Beschwerdebescheid vom 31. Januar 2013 die
Beschwerde als unzulässig zurück. Zur Begründung führte er aus, das Ergebnis
der Auswahlkonferenz „Zukunftspersonal“ stelle - ebenso wie die Ergebnisse
der Perspektivkonferenzen - lediglich eine vorbereitende und deshalb nicht
selbstständig anfechtbare Maßnahme dar. Die Zuordnung bzw. Nichtzuordnung
zum Zukunftspersonal bilde lediglich die Basis für spätere konkrete Verwen-
dungsentscheidungen. Gegen diese Verwendungsentscheidungen könne sich
der Antragsteller dann mit entsprechenden Anträgen und Rechtsbehelfen weh-
ren. In den dienstaufsichtlichen Feststellungen des Beschwerdebescheids führ-
te der Bundesminister der Verteidigung aus, dass die Zuordnungsentscheidung
sachgerecht und rechtlich nicht zu beanstanden sei, weil der Antragsteller nicht
über eine uneingeschränkte Wehrfliegerverwendungsfähigkeit und nicht über
die Tropendienstverwendungsfähigkeit verfüge. Deshalb seien nicht die Vo-
raussetzungen erfüllt, um auf den Luftfahrzeugmustern TIGER oder NH 90 aus-
gebildet zu werden.
Gegen diese ihm am 11. Februar 2013 eröffnete Entscheidung hat der Antrag-
steller mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 8. März 2013 die Entschei-
dung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt. Der Bundesminister der Ver-
teidigung - R II 2 - hat den Antrag mit seiner Stellungnahme vom 3. Juni 2013
dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Zur Begründung seines Rechtsschutzbegehrens trägt der Antragsteller insbe-
sondere vor:
Das Ergebnis der Auswahlkonferenz sei nicht zur bedeutungslosen und unver-
bindlichen Entscheidungsbasis degeneriert. Vielmehr stelle es eine anfechtbare
Maßnahme dar. In der Sache enthalte das vom Personalamt vorgelegte Perso-
nalblatt Mängel. So sei in der Rubrik „Einsatz“ sein Auslandseinsatz UNOSOM
(Somalia 1993) nicht erfasst. Auch seine Verwendungsbreite werde in dem
Personalblatt nicht in angemessener Form abgebildet. Die im Abschnitt „Ver-
wendungen/Beurteilungen“ des Personalblatts enthaltenen Buchstabenkombi-
nationen a, sta, wa und die Ziffer 5 seien unbekannt. Aus dem Personalver-
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gleichsbogen sei eine Betrachtung nach Geburtsjahrgängen zu ersehen, die
indessen rechtswidrig sei. Die im Vergleichsbogen bei anderen Offizieren auf-
geführten Aspekte, die zu deren Auswahl als Zukunftspersonal geführt hätten,
seien inhaltlich nicht nachvollziehbar. Seine eigene Nichtauswahl sei durch
sachfremde Erwägungen geprägt. Die im Bereich des Heeres getroffenen Be-
stimmungen für die Auswahlkonferenz reichten als Ermächtigungsgrundlage für
die getroffene Entscheidung nicht aus. Zwar sei es richtig, dass er nicht tropen-
dienstverwendungsfähig sei. Er könne aber jederzeit einen Antrag auf Ausnah-
megenehmigung stellen. Überdies sei das Vorliegen der Tropendienstverwen-
dungsfähigkeit kein zwingendes Kriterium, um als Zukunftspersonal ausgewählt
zu werden. Drei Offiziere seien von der Auswahlkonferenz dem Zukunftsperso-
nal zugeordnet worden, ohne jeweils über die Tropendienstverwendungsfähig-
keit zu verfügen.
Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er verteidigt den Inhalt seines Beschwerdebescheids und vertritt in der Sache
die Auffassung, dass die Entscheidung der Auswahlkonferenz „Zukunftsperso-
nal“ schon deshalb gerechtfertigt gewesen sei, weil der Antragsteller das zwin-
gende Erfordernis der Tropendienstverwendungsfähigkeit nicht erfülle. Hinsicht-
lich der drei von ihm namentlich benannten Offiziere habe sich herausgestellt,
dass diese nicht über die erforderliche Tropendienstverwendungsfähigkeit ver-
fügten. Insoweit habe er das Bundesamt für das Personalmanagement der
Bundeswehr beauftragt, bei diesen Offizieren die weitere Zugehörigkeit zum
„Zukunftspersonal Heeresflieger“ unter besonderer Berücksichtigung der Dauer
ihrer gesundheitlichen Einschränkungen zu überprüfen. Im Übrigen stelle die
Auswahl von Soldaten im Rahmen der Auswahlkonferenz „Zukunftspersonal“
kein Kriterium für höherwertige Verwendungen dar, sondern lediglich ein Pla-
nungsinstrument zur Reglementierung der fliegerischen Inübunghaltung. Auch
die Soldaten, die als „Nicht-Zukunftspersonal“ identifiziert worden seien, könn-
ten bei entsprechender Eignung, Befähigung und Leistung sowie bei dienstli-
chem Bedarf eine Förderung erfahren. Der Antragsteller habe im Rahmen der
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Perspektivkonferenz die Förderperspektive A 12 erhalten. Er werde auch künf-
tig für zu besetzende Dienstposten der Dotierungshöhe A 12 mitbetrachtet wer-
den; soweit er sich im Eignungs- und Leistungsvergleich durchsetzen könne,
werde er auch ausgewählt und gefördert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Ak-
ten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministers der Verteidi-
gung - R II 2 - Az.: …/13 - und die Personalgrundakte des Antragstellers,
Hauptteile A - D haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
II
Der anwaltlich vertretene Antragsteller hat lediglich den - prozessualen - Antrag
auf gerichtliche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts gestellt, ohne
einen konkreten Sachantrag zu formulieren. Dies hat er auch im gerichtlichen
Verfahren nicht nachgeholt.
Im Kern richtet sich sein Rechtsschutzbegehren gegen die Entscheidung der
Personalauswahlkonferenz „Zukunftspersonal der Heeresfliegertruppe - Fliege-
risches Personal -“ (im Folgenden: Auswahlkonferenz „Zukunftspersonal“), ihn
nicht dem „Zukunftspersonal“ der Heeresfliegertruppe - Fliegerisches Personal -
zuzuordnen. Sein Vorbringen ist daher - auch unter Berücksichtigung seines
Neubescheidungsbegehrens in der Beschwerde vom 4. Dezember 2012 - sach-
und interessengerecht als Antrag auszulegen, die ihm mit Bescheid des Perso-
nalamts der Bundeswehr vom 31. Oktober 2012 eröffnete Ablehnungsentschei-
dung der Auswahlkonferenz „Zukunftspersonal“ und den Beschwerdebescheid
des Bundesministers der Verteidigung vom 31. Januar 2013 aufzuheben und
den Bundesminister der Verteidigung zu verpflichten, ihn, den Antragsteller,
dem „Zukunftspersonal“ der Heeresfliegertruppe - Fliegerisches Personal - zu-
zuordnen, hilfsweise, über seine Zuordnung zu diesem Zukunftspersonal unter
Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
1. Mit diesem Inhalt ist der Sachantrag zulässig.
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a) Für den Antrag ist das Bundesverwaltungsgericht sachlich zuständig.
Nach § 21 Abs. 1 WBO ist das Bundesverwaltungsgericht zur Überprüfung von
Entscheidungen des Bundesministers der Verteidigung berufen, die dieser als
truppendienstliche Erstmaßnahmen oder als Beschwerdeentscheidungen er-
lässt. Der Bundesminister der Verteidigung - R II 2 - hat mit dem angefochtenen
Beschwerdebescheid als gemäß § 9 Abs. 1 WBO zuständige Stelle über den
Rechtsbehelf gegen die (nicht status-, sondern verwendungsbezogene) Ent-
scheidung einer Auswahlkonferenz entschieden, die beim Personalamt der
Bundeswehr angesiedelt ist. In der vom Inspekteur des Heeres am 3. Sep-
tember 2012 gebilligten Vorlage mit dem „Kriterien- und Maßnahmenkatalog“ ist
unter Abschnitt II Nr. 3 festgelegt, dass die Auswahl des Zukunftspersonals der
Heeresfliegertruppe durch eine Personalauswahlkonferenz unter der Leitung
des Abteilungsleiters I des Personalamts der Bundeswehr erfolgt. Korrespon-
dierend dazu hat der Bundesminister der Verteidigung - R II 2 - in seiner Vorla-
ge an den Senat die Auswahlkonferenz „Zukunftspersonal“ als „Konferenz des
Personalamts der Bundeswehr“ bezeichnet; dementsprechend sind die für die
Auswahlentscheidung relevanten Unterlagen auch vom Personalamt vorgelegt
worden.
b) Die Entscheidung der Auswahlkonferenz „Zukunftspersonal“, einen Soldaten
nicht dem „Zukunftspersonal“ der Heeresfliegertruppe - Fliegerisches Personal -
(und auch nicht dem Reservepersonal) zuzuordnen, stellt eine anfechtbare
dienstliche Maßnahme im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 WBO
(hier in Verbindung mit § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO) dar.
aa) Der Bundesminister der Verteidigung stützt seine gegenteilige Auffassung
darauf, dass den Ergebnissen und Entscheidungen der Auswahlkonferenz „Zu-
kunftspersonal“ dieselbe Rechtsnatur zuzuschreiben sei wie den Ergebnissen
der Perspektivkonferenzen; letztere berührten noch nicht unmittelbar die Rechte
eines Soldaten und stellten keine gerichtlich isoliert angreifbaren Maßnahmen
dar.
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Es trifft zwar zu, dass die Ergebnisse der Beratungen von Perspektivkonferen-
zen und die Zuerkennung einer individuellen Förderperspektive nach ständiger
Rechtsprechung des Senats keine gerichtlich isoliert angreifbaren Maßnahmen
im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO sind, weil sie als Elemente innerdienstli-
cher Willens- und Meinungsbildung im Rahmen der Vorbereitung von Personal-
entscheidungen noch nicht unmittelbar die Rechte eines Soldaten berühren
(vgl. Beschlüsse vom 9. November 2005 - BVerwG 1 WB 34.05 - Buchholz 311
§ 17 WBO Nr. 59, vom 30. April 2008 - BVerwG 1 WB 44.07 - Buchholz 450.1
§ 17 WBO Nr. 71 und vom 27. April 2010 - BVerwG 1 WB 72.09 - Rn. 16
m.w.N.).
Einschränkend hat der Senat aber ausgesprochen, dass das Ergebnis der Per-
spektivkonferenzen eine - isoliert nach § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO - anfechtbare
Maßnahme darstellt, wenn es als Entscheidung zu qualifizieren ist, durch die
ein Soldat endgültig von jeder späteren höherwertigen Verwendung ausge-
schlossen wird (Beschluss vom 28. Mai 2008 - BVerwG 1 WB 19.07 - Rn. 19
; vgl. auch Be-
schlüsse vom 11. Januar 1983 - BVerwG 1 WB 129.82 - BVerwGE 76, 50 <51>,
vom 14. November 1995 - BVerwG 1 WB 44.95 - Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 5
S. 6 und vom 23. Oktober 2012 - BVerwG 1 WB 59.11 - Buchholz 450.1 § 17
WBO Nr. 84 Rn. 32) oder wenn in sonstiger Weise schon aus dem mitgeteilten
Ergebnis unmittelbar eine Rechtsverletzung des betroffenen Soldaten folgt, die
sich nicht erst in einer nachfolgenden Verwendungsentscheidung manifestiert
(Beschluss vom 27. April 2010 - BVerwG 1 WB 72.09 - Rn. 24).
Diese Differenzierungen des individuellen Rechtsschutzes gegen Auswahlkon-
ferenzergebnisse können auch zur Klärung der Rechtsnatur der hier strittigen
Entscheidung der Auswahlkonferenz „Zukunftspersonal“ herangezogen werden.
Dabei verwendet der Senat im Folgenden - in Anknüpfung an die Terminologie
der vom General der Heeresfliegertruppe am 29. März 2013 erlassenen „Be-
sonderen Anweisung für die Entpflichtung von Luftfahrzeugführern der Heeres-
fliegertruppe“ - in Abgrenzung zum Begriff des „Reservepersonals“ den Begriff
„Nicht-Zukunftspersonal“.
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bb) Im vorliegenden Verfahren stellt die Entscheidung der Auswahlkonferenz
„Zukunftspersonal“, den Antragsteller dem „Nicht-Zukunftspersonal“ zuzuord-
nen, allerdings keine Maßnahme dar, durch die der Antragsteller endgültig von
jeder späteren höherwertigen Verwendung ausgeschlossen wird. Dies folgt ei-
nerseits aus der Erklärung des Bundesministers der Verteidigung - R II 2 - im
Schriftsatz vom 10. Dezember 2013, der zufolge ein negatives Ergebnis der
Auswahlkonferenz in keiner Weise förderliche Verwendungsplanungen und die
Betrachtung der betroffenen Soldaten für höherwertige Verwendungen - im Fall
des Antragstellers für Dienstposten der Dotierungshöhe A 12 - ausschließt.
Auch die bereits zitierte „Besondere Anweisung für die Entpflichtung von Luft-
fahrzeugführern der Heeresfliegertruppe“ vom 29. März 2013 enthält keine Re-
gelungen, die eine Förderung des „Nicht-Zukunftspersonals“ auf höherwertige
Dienstposten verhindert. Im Gegenteil ergibt sich zum Beispiel für Soldaten, die
fünf Jahre vor dem Ende ihrer Dienstzeit stehen, aus Anlage 2 der vom Inspek-
teur des Heeres am 3. September 2012 gebilligten Vorlage zur „Migration der
Heeresfliegertruppe“ mit dem „Kriterien- und Maßnahmenkatalog“ ausdrücklich,
dass die Umsetzung des vom Fähigkeitstransfer betroffenen und entpflichteten
Personals auf besoldungsgerechte Dienstposten Vorrang vor anderen Maß-
nahmen, insbesondere vor Umsetzungen auf Planstellen des z.b.V.-Etats ha-
ben soll, um bei diesem Personenkreis eine „Spätförderung“ zur Erreichung des
Laufbahnziels nicht zu gefährden.
cc) Aus dem Ergebnis der Auswahlkonferenz „Zukunftspersonal“, einen Sol-
daten dem „Nicht-Zukunftspersonal“ zuzuordnen, folgt aber in sonstiger Weise
eine unmittelbare Rechtsverletzung des Betroffenen, die sich nicht erst in einer
nachfolgenden Verwendungsentscheidung manifestiert. Unter diesem Aspekt
stellt die Entscheidung der Auswahlkonferenz eine isoliert angreifbare Maß-
nahme im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 WBO dar. Das ergibt
sich aus folgenden Erwägungen:
In der Sache bedeutet die Entscheidung der Auswahlkonferenz „Zukunftsper-
sonal“ über die Zuordnung eines Soldaten zum „Nicht-Zukunftspersonal“ - an-
ders als die Entscheidung einer Perspektivkonferenz, die lediglich eine besol-
dungsbezogene Perspektive ohne Bezug zu spezifischen Dienstposten aus-
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spricht - zugleich die Entscheidung über die Änderung der konkreten Verwen-
dung dieses Soldaten, nämlich über die Änderung seiner fliegerischen in eine
nicht-fliegerische Verwendung. Die Zuordnung eines Soldaten zum „Nicht-
Zukunftspersonal“ - Fliegerischer Dienst - ist durch eine explizit dienstposten-
bezogene Komponente geprägt, denn sie bewirkt unmittelbar, dass der betrof-
fene Soldat seinen bisher innegehabten fliegerischen Dienstposten verliert.
Das folgt in erster Linie aus dem „Kriterien- und Maßnahmenkatalog“, der die
Basis für die Auswahlentscheidung der Konferenz bildet. Danach entscheidet
die Konferenz nach den Kriterien der gesundheitlichen Eignung des Kandidaten
und des strukturellen Bedarfs und hat überdies explizit zu prüfen, ob der Kandi-
dat „mit Perspektive und Verwendungsplanung realistisch wieder auf einem
fliegerischen Dienstposten der neuen Struktur verwendbar“ ist oder eben nicht.
Damit hat die Konferenz bereits in ihrer Auswahlentscheidung mehrere elemen-
tare Komponenten des Personaleinsatzes im fliegerischen Dienst zu bewerten,
deren Beurteilung sonst der personalbearbeitenden Stelle vorbehalten wäre.
Im „Info-Brief“ des Inspekteurs des Heeres vom 13. Juli 2012, den dieser als
zuständiger Bedarfsträger für die Heeresfliegertruppe und - aufgrund der Kom-
petenzregelungen des Bundesministers der Verteidigung im Dresdner Erlass
vom 21. März 2012 (Abschnitt II Nr. 4) - als zuständiger Vorgesetzter aller Sol-
daten seines Organisationsbereichs herausgegeben hat, ist im Übrigen als
Konsequenz der notwendigen Veränderungen festgelegt, „dass etliche Besat-
zungen der Verbände in andere nicht-fliegende Verwendungen überführt wer-
den und, wie auch ein Teil der Inübunghalter, ihre Erlaubnisse und Be-
rechtigungen verlieren werden“. Dazu ergibt sich ergänzend aus der „Besonde-
ren Anweisung für die Entpflichtung von Luftfahrzeugführern der Heeresflieger-
truppe“ vom 29. März 2013, dass der Personalkonferenz
„Zukunftspersonal“ zum Stichtag 1. Juni 2013 die Entpflichtung für das betroffe-
ne Personal ausgesprochen wird. Speziell für Luftfahrzeugführer im Status ei-
nes Berufssoldaten, die als „Nicht-Zukunftspersonal“ qualifiziert worden sind, ist
danach auf der Grundlage des Konferenzergebnisses ohne jede Einschränkung
und ausnahmslos in Nr. 1.3.3 der Besonderen Anweisung die Entpflichtung zum
1. Juni 2013 angeordnet worden. Im Ergebnis legt damit bereits die Auswahl-
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konferenz „Zukunftspersonal“ mit der Zuordnung eines Berufssoldaten zum
„Nicht-Zukunftspersonal“ fest, dass keine dienstliche Notwendigkeit besteht,
diesen Soldaten weiter zur Inübunghaltung zu verpflichten. Die Entscheidung
über die Verpflichtung zur Inübunghaltung, über deren Verlängerung, ihre Fort-
dauer oder ihre Aufhebung obliegt sonst - nach Beteiligung des zuständigen
Bedarfsträgers - der zuständigen personalbearbeitenden Stelle (vgl. Nr. 3
Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 des Erlasses „Verpflichtung zur Erhaltung der Erlaubnisse
und Berechtigungen im fliegerischen Dienst der Bundeswehr“ - BMVg Fü S I 1 -
Az 19-02-08 - vom 26. Juni 2008 ). Mit der Entpflichtung
geht in der Regel die Anordnung der Einziehung des Militärflugzeugführer-
scheins Hubschrauber einher. Nach Nr. 176 ZDv 19/11 ist die fliegerische Akte
Teil der Personalakte der Soldaten. Sie wird bei der Dienststelle geführt, der die
jeweiligen Luftfahrzeugbesatzungen angehören oder der sie zum Flugdienst
zugeordnet sind. Die fliegerische Akte ist an die zuständige personalbearbei-
tende Dienststelle abzugeben, wenn die fliegerische Verwendung beendet ist
und keine Verpflichtung zur Erhaltung des fliegerischen Könnens mehr besteht.
In diesem Fall ist der Akte das Original oder die beglaubigte Kopie des Militär-
flugzeugführerscheins/Militärfahrzeugbesatzungsscheins einschließlich des
letzten gültigen Beiblatts beizufügen. Der abschließende Flugzeitennachweis
gemäß Anlage 2 ist beizuheften und die fliegerische Akte ist abzuschließen.
Vor dem Hintergrund dieser Regelungen hat die zuständige personalbearbei-
tende Stelle bei ihrer Entscheidung über die künftige Verwendung eines Sol-
daten, der dem „Nicht-Zukunftspersonal“ der Heeresfliegertruppe zugeordnet
ist, kein originäres freies Ermessen mehr bei der Frage, ob dieser Soldat auf ei-
nem fliegerischen Dienstposten verbleiben oder nicht fliegerisch verwendet
werden soll. Diese Auswahlentscheidung der personalbearbeitenden Stelle be-
züglich der fachlichen Art der Verwendung eines fliegerisch ausgebildeten und
eingesetzten Soldaten ist durch die Entscheidung der Auswahlkonferenz „Zu-
kunftspersonal“ nicht nur vorgeprägt, sondern mit der Zielrichtung einer not-
wendigen Wegversetzung bereits weitgehend vorweggenommen. Korrespon-
dierend dazu legt der „Kriterien- und Maßnahmenkatalog“ in Abschnitt II Nr. 4
fest, dass für Offiziere, die nicht zum Zukunftspersonal zählen, eine veränderte
berufliche Planung erfolgen . Unter anderem wegen dieser erheblichen
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Konsequenzen wird den betroffenen Soldaten das Ergebnis der Auswahlkonfe-
renz „Zukunftspersonal“ in einem förmlichen Bescheid mit dem Vermerk „Per-
sönlich. Personalangelegenheit“ eröffnet.
Ein Soldat hat bei einer Versetzungsentscheidung unter Beachtung der Rechts-
schutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie
Entscheidung. Er kann die gerichtliche Überprüfung einer Versetzungsent-
scheidung unter anderem darauf beanspruchen, ob die zuständige Stelle ihre
Entscheidung an den insoweit erlassenen ermessensbindenden Richtlinien,
Erlassen oder Verwaltungsvorschriften ausgerichtet hat. Dieser Rechtsschutz
ist hier - vorverlagert - gegen die angefochtene Entscheidung der Auswahlkon-
ferenz „Zukunftspersonal“ als truppendienstliche Maßnahme im Sinne des § 17
Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 WBO eröffnet, weil sie mit der Zuordnung eines
Soldaten zum „Nicht-Zukunftspersonal“ dessen Rechte berührt.
Nichts anderes ergäbe sich, wenn die zuständige personalbearbeitende Stelle
bei Soldaten, die dem „Nicht-Zukunftspersonal“ zugeordnet sind, im Einzelfall
aus Gründen eines erst nachträglich erkannten spezifischen Bedarfs vorläufig
von einer Wegversetzung von dem bisherigen fliegerischen Dienstposten abse-
hen sollte. In einer derartigen Konstellation unterwirft sich die personalbearbei-
tende Stelle einer neuen Forderung des Bedarfsträgers und trifft auch insoweit
keine Ermessensentscheidung. Genau deshalb ist in dem Bescheid des
Personalamts der Bundeswehr vom 31. Oktober 2012 auf die Möglichkeit einer
neuen „Beratung“ bei nachträglich auftretendem Bedarf hingewiesen worden.
2. Der Antrag ist jedoch unbegründet.
Die Entscheidung der Auswahlkonferenz „Zukunftspersonal“, den Antragsteller
dem „Nicht-Zukunftspersonal“ der Heeresfliegertruppe - Fliegerischer Dienst -
zuzuordnen, ist rechtmäßig und verletzt ihn nicht in seinen Rechten. Er hat kei-
nen Anspruch auf Zuordnung zum „Zukunftspersonal“ der Heeresfliegertruppe
- Fliegerischer Dienst - und auch nicht auf eine entsprechende Neubeschei-
dung.
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a) Die Entscheidung begegnet keinen Bedenken hinsichtlich ihrer formellen
Rechtmäßigkeit.
Dies gilt insbesondere für die Frage, ob die Entscheidung der Auswahlkonfe-
renz hinreichend dokumentiert ist.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Kammer-
beschluss vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - BVerfGK 11, 398 = NVwZ 2007,
1178 = ZBR 2008, 169) folgt bei beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten
um Beförderungsämter aus Art. 33 Abs. 2 i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG die Ver-
pflichtung des Dienstherrn, die seiner Entscheidung zugrunde liegenden we-
sentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen. § 3 Abs. 1 SG über-
nimmt die Grundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG in das Dienstverhältnis der Sol-
daten und erstreckt sie über Ernennungen hinaus ausdrücklich auf Verwen-
dungsentscheidungen. Der Senat hat deshalb eine entsprechende Verpflich-
tung zur Dokumentation der wesentlichen Auswahlerwägungen auch für Ent-
scheidungen angenommen, die ein Konkurrenzverhältnis um eine höherwertige
militärische Verwendung betreffen (Beschlüsse vom 25. April 2007 - BVerwG 1
WB 31.06 - BVerwGE 128, 329 = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 41, vom
16. Dezember 2008 - BVerwG 1 WB 19.08 - BVerwGE 133, 13 = Buchholz 449
§ 3 SG Nr. 50 und vom 13. April 2011 - BVerwG 1 WB 21.10 - Rn. 28). Zu den
Auswahlentscheidungen, die am Maßstab des Art. 33 Abs. 2 GG bzw. des § 3
Abs. 1 SG auszurichten sind, gehören auch die Entscheidungen über einen
Laufbahnaufstieg (BVerfG, Kammerbeschluss vom 10. Dezember 2008 - 2 BvR
2571/07 - NVwZ 2009, 389 = juris Rn. 10) und über die militärische Laufbahnzu-
lassung bzw. den Laufbahnwechsel (Beschlüsse vom 28. Oktober 2008
- BVerwG 1 WB 32.08 - Rn. 25 und vom 21. Juli 2011 - BVerwG 1 WB 46.10 -
Rn. 37 ). Sie
unterliegen ebenfalls der Dokumentationspflicht.
Im vorliegenden Verfahren geht es indessen weder um die Konkurrenz um hö-
herwertige Dienstposten noch um einen Laufbahnaufstieg noch um die Frage
der Zulassung zu einer militärischen Laufbahn oder um einen Laufbahnwech-
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sel, sondern um eine Auswahl, welcher Soldat in einer fliegerischen Verwen-
dung verbleiben darf.
Der Senat kann offenlassen, ob im vorbezeichneten Sinne eine förmliche Do-
kumentationspflicht für die Auswahlkonferenz „Zukunftspersonal“ bestanden
hat. Denn der entscheidende Sinn und Zweck der Dokumentation der wesentli-
chen Auswahlerwägungen, einerseits einem nicht ausgewählten Soldaten die
Möglichkeit der Kenntnisnahme der Gründe für die Ablehnung und andererseits
dem Gericht die Möglichkeit der eigenständigen Nachvollziehung der angegrif-
fenen Entscheidung zu eröffnen (Beschluss vom 16. Dezember 2008 - BVerwG
1 WB 19.08 - BVerwGE 133, 13 = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 50 jeweils Rn. 35),
ist hier erfüllt. In den Konferenzunterlagen des Personalamts der Bundeswehr
ist der ausschlaggebende Grund für die Zuordnung des Antragstellers zum
„Nicht-Zukunftspersonal“ - Fliegerischer Dienst - vermerkt; dieser Grund ist
auch im weiteren Verlauf des Verfahrens wiederholt vom Bundesminister der
Verteidigung bekräftigt worden. Danach hat den Ausschlag der Umstand gege-
ben, dass der Antragsteller nicht über die Tropendienstverwendungsfähigkeit
verfügt.
b) Die Entscheidung der Auswahlkonferenz „Zukunftspersonal“ ist auch mate-
riell rechtmäßig.
aa) Rechtsgrundlagen für die angefochtene Entscheidung sind der vom Inspek-
teur des Heeres am 3. September 2012 gebilligte „Kriterien- und Maßnahmen-
katalog“ und die vom General der Heeresfliegertruppe am 19. Juli 2012 erlas-
sene „Besondere Anweisung für den fliegerischen Dienst im Heer“. Zum Erlass
des „Kriterien- und Maßnahmenkataloges“ und zu weiteren Weisungen an den
General der Heeresfliegertruppe war der Inspekteur des Heeres aufgrund der
ihm im Dresdner Erlass vom 21. März 2012 vom Minister zugewiesenen Kom-
petenz- und Vorgesetztenstellung ermächtigt.
bb) Nach dem „Kriterienkatalog Zukunftspersonal“ dürfen bei den Kandidaten
für das Zukunftspersonal „keine dauerhaften flugmedizinischen oder medizini-
schen Einschränkungen oder Ausschlüsse in der Verwendungsfähigkeit (Krite-
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rien wie z.B. Tropenverwendungsfähigkeit) und dazugehörig kein dauerhafter
Ausschluss für Überlebenslehrgänge und einsatzvorbereitende Ausbildung“
vorliegen. Nach Nr. 2 der „Besonderen Anweisung für den fliegerischen Dienst
im Heer“ stellt unter anderem die Tropendienstverwendungsfähigkeit eine zwin-
gende Vorgabe für die Besetzung fliegerischer Dienstposten dar. Der Antrag-
steller ist unstreitig nicht tropendienstverwendungsfähig. Dies ergibt sich aus
den im Sachverhalt mitgeteilten Ärztlichen Mitteilungen für die Personalakte, in
denen das Flugmedizinische Institut der Luftwaffe seit 1999 durchgehend bis
zum 21. September 2012 festgestellt hat, dass der Antragsteller nicht tropen-
dienstverwendungsfähig ist und dass die ihm für die Wehrfliegerverwendungs-
fähigkeit II erteilte Sondergenehmigung die Tropendienstverwendungsfähigkeit
nicht einschließt. Der Antragsteller hat im Schriftsatz seiner Bevollmächtigten
vom 18. Juli 2013 ebenfalls eingeräumt, dass er nicht tropendienstverwen-
dungsfähig ist. Die von ihm offenbar gewünschte Einzelfallentscheidung nach
Maßgabe der Nr. 2, 2. Absatz der zitierten Besonderen Anweisung kommt nur
in Betracht, wenn „Einschränkungen“ der Verwendungsfähigkeit vorliegen. Bei
einem totalen Fehlen der Verwendungsfähigkeit, hier der Tropendienstverwen-
dungsfähigkeit, ist aber eine derartige Ausnahmegenehmigung nicht möglich.
Es ist danach nicht ermessensfehlerhaft, dass die Auswahlkonferenz „Zu-
kunftspersonal“ den Antragsteller wegen fehlender Tropendienstverwendungs-
fähigkeit dem „Nicht-Zukunftspersonal“ der Heeresfliegertruppe - Fliegerischer
Dienst - zugeordnet hat, ohne insoweit die Möglichkeit einer Ausnahmegeneh-
migung in Erwägung zu ziehen. Das Flugmedizinische Institut der Luftwaffe hat
die Erteilung einer derartigen Ausnahme- bzw. Sondergenehmigung für den
Antragsteller bereits seit Jahren geprüft und stets, zuletzt am 21. September
2012 und damit unmittelbar vor der Auswahlkonferenz abgelehnt.
Die vom Antragsteller genannten drei Berufungsfälle durchbrechen nicht die
Selbstbindung des Inspekteurs des Heeres und des Generals der Heeresflie-
gertruppe in den genannten Regelungen und Anweisungen. Denn der Bundes-
minister der Verteidigung, dem die drei Fälle nach eigener Darstellung nicht
bekannt waren, hat nach deren Bekanntgabe durch den Antragsteller unverzüg-
lich mit Schriftsatz vom 23. Oktober 2013 mitgeteilt, dass er das Bundesamt für
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das Personalmanagement der Bundeswehr beauftragt habe, bei diesen Offizie-
ren die weitere Zugehörigkeit zum Zukunftspersonal Heeresflieger unter beson-
derer Berücksichtigung der Dauer ihrer gesundheitlichen Einschränkungen zu
überprüfen. Für diese drei Offiziere hat der Bundesminister der Verteidigung
also nicht pauschal eine Ausnahme von dem Erfordernis der Tropendienstver-
wendungsfähigkeit ausgesprochen, sondern ausdrücklich an der Bewertung
festgehalten, dass eine fehlende dauerhafte Tropendienstverwendungsfähigkeit
die Zuordnung zum „Zukunftspersonal“ der Heeresfliegertruppe - Fliegerisches
Personal - ausschließt.
Dr. von Heimburg Dr. Frentz Dr. Langer
Sachgebiet:
BVerwGE:
nein
Wehrbeschwerderecht
Fachpresse:
ja
Rechtsquellen:
SG § 3 Abs. 1
WBO § 17 Abs. 3 Satz 1
Stichworte:
Auswahlkonferenz; Dienstliche Maßnahme; Heeresfliegertruppe; Verwen-
dungsentscheidung; Zukunftspersonal der Heeresfliegertruppe - Fliegerisches
Personal -.
Leitsatz:
Die Entscheidung der Personalauswahlkonferenz „Zukunftspersonal der Hee-
resfliegertruppe“, einen Soldaten nicht dem Zukunftspersonal der Heeresflieger-
truppe - Fliegerisches Personal - zuzuordnen, stellt eine gerichtlich anfechtbare
dienstliche Maßnahme im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO dar.
Beschluss des 1. Wehrdienstsenats vom 6. Februar 2014 - BVerwG 1 WB 35.13