Urteil des BVerwG vom 04.11.2014

Ausbildung, Bundesamt, Weiterbildung, Ermessen

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 WB 34.14
In dem Wehrbeschwerdeverfahren
des Herrn Hauptfeldwebel ...,
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer
am 4. November 2014 beschlossen:
Das Verfahren wird eingestellt.
Die dem Antragsteller im Verfahren vor dem Bundesver-
waltungsgericht einschließlich der im vorgerichtlichen Ver-
fahren erwachsenen notwendigen Aufwendungen werden
zur Hälfte dem Bund auferlegt.
G r ü n d e :
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Der Rechtsstreit betraf die Ausplanung des Antragstellers aus der für ihn vorge-
sehenen Ausbildung zum „Geprüften Industriemeister Fachrichtung ...“.
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Der 19.. geborene Antragsteller ist Soldat auf Zeit, dessen auf 12 Jahre festge-
setzte Dienstzeit mit Ablauf des 2. Juli 20.. enden wird. Er wurde mit Wirkung
vom 1. November 2013 zum Hauptfeldwebel ernannt. Seit dem 1. Januar 20..
wird er als „...-Mechanikerfeldwebel ...“ bei der 5./...regiment ... (ehemals: ...
Abteilung ...) in F. verwendet. Auch zuvor war er bei verschiedenen Staffeln der
... Abteilung ... als ...elektronik-Unteroffizier bzw. als ...elektronik-Feldwebel je-
weils für das ... eingesetzt.
Die (damalige) Stammdienststelle der Bundeswehr teilte dem Antragsteller mit
einer ersten Planungsinformation vom 30. August 2012 mit, dass in der „Zivilbe-
ruflichen Aus- und Weiterbildung der Soldatinnen auf Zeit und Soldaten auf Zeit
im Rahmen der militärfachlichen Ausbildung“ (ZAW) vom 3. Mai 2013 bis zum
30. April 2014 seine Teilnahme an der Fortbildung „Geprüfter Industriemeister
Fachrichtung ...“ vorgesehen sei.
Daraufhin beantragte der damalige nächste Disziplinarvorgesetzte des Antrag-
stellers mit Schreiben vom 22. November 2012 die Umplanung des Antragstel-
lers. Er führte zur Begründung aus, dass der Antragsteller als ...elektronik-
Feldwebel/-Unteroffizier ... im II. und III. Einsatzkontingent ... ab März 2013 ein-
geplant sei. Der Antragsteller befinde sich in einer Mangel-, Ausbildungs- und
Verwendungsreihe für diesen Einsatz und werde daher dringend benötigt, um
den Einsatzklarstand nicht zu gefährden. Das Bundesamt für das Personalma-
nagement der Bundeswehr stimmte mit Bescheid vom 11. Januar 2013 der be-
antragten Umplanung zu und änderte die bereits erlassene Kommandierungs-
verfügung.
Mit der Planungsinformation vom 2. September 2013 gab das Bundesamt für
das Personalmanagement der Bundeswehr dem Antragsteller seine Einplanung
für die oben bezeichnete Fortbildung für den Zeitraum vom 6. Mai 2014 bis zum
27. März 2015 bekannt. Die entsprechende Kommandierungsverfügung wurde
unter dem 24. Oktober 2013 erstellt.
Mit Schreiben vom 14. November 2013 beantragte der Antragsteller seine Aus-
planung aus der in Rede stehenden Fortbildung. Er legte dar, dass er nach sei-
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ner Dienstzeit nicht die Absicht habe, weiterhin im ...technischen Bereich tätig
zu sein. Deshalb sei die geplante Ausbildung unzweckmäßig. Außerdem werde
sich der ihm abgezogene „BFD-Anspruch“ nachteilig für ihn und die Ausbildung
auswirken; dies werde letztendlich durch finanziellen Mehraufwand von seiner
Seite ausgeglichen werden müssen.
Den Ausplanungsantrag lehnte das Bundesamt für das Personalmanagement
der Bundeswehr mit dem angefochtenen Bescheid vom 27. Januar 2014 ab. Es
wies darauf hin, dass der Antragsteller ab dem 3. Januar 2017 einen Anspruch
auf Berufsförderung habe. Die Teilnahme an der geplanten Ausbildung sei die
letzte Möglichkeit, ihn dienstpostengerecht zu qualifizieren. Eine zeitliche Ver-
schiebung sei aufgrund der dann fehlenden Restnutzungszeit auf dem Dienst-
posten nicht mehr möglich.
Gegen diesen Bescheid legte der Antragsteller mit Schreiben vom 26. Februar
2014 Beschwerde ein. Er machte im Wesentlichen geltend, dass seine effektive
Restdienstzeit von lediglich einem Jahr und neun Monaten unterhalb der vom
Dienstherrn geforderten Nutzungszeit von zwei Jahren liege. Für ihn sei auch
nicht nachzuvollziehen, dass durch eine zivile Weiterbildungsmaßnahme militär-
fachliche Aufgaben, speziell an dem Waffensystem ... und mit Auftragsschwer-
punkten in Kriegs- und Krisengebieten, entscheidend verbessert werden könn-
ten.
Mit Schreiben vom 14. April 2014 legte der Antragsteller weitere Beschwerde
ein, in der er auf die noch nicht beschiedene Beschwerde verwies und die Dau-
er der Bearbeitung seines Rechtsbehelfs rügte. Den mit der weiteren Be-
schwerde verbundenen Antrag auf „Aussetzung“ der Kommandierung zum
Lehrgang lehnte das Bundesministerium der Verteidigung - R II 2 - mit Bescheid
vom 25. April 2014 ab.
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Am 6. Mai 2014 trat der Antragsteller seinen Dienst bei der Bundeswehrfach-
schule/ZAW-Betreuungsstelle in K. zu Beginn des in Rede stehenden Lehr-
gangs an. Er wurde allerdings vom Truppenarzt bis Ende Mai 2014 als „Krank
zu Hause“ begutachtet. Daraufhin hob das Bundesamt für das Personalma-
nagement der Bundeswehr mit der 1. Korrektur vom 6. Mai 2014 zur Komman-
dierungsverfügung vom 24. Oktober 2013 die Kommandierung des Antragstel-
lers zum Lehrgang wieder auf. Anschließend leistete der Antragsteller wieder
Dienst bei der 5./...regiment ... in F..
Auf Rückfrage des Bundesministeriums der Verteidigung - R II 2 - vom 13. Juni
2014 erklärte der Antragsteller mit Schriftsatz vom 25. Juni 2014, dass er an
seinem Rechtsbehelf vom 14. April 2014 festhalte, zumal sich sein Rechts-
schutzbegehren nicht nur auf seine individuelle Person beziehe, sondern als
personenübergreifende Sache angesehen werden müsse, die eine Vielzahl von
Kameraden seiner Dienstgradgruppe - unabhängig von ihrer Ausbildungs- und
Verwendungsreihe - betreffe.
Die weitere Beschwerde des Antragstellers hat das Bundesministerium der Ver-
teidigung - R II 2 - als Antrag auf Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts
gewertet. Diesen Antrag hat es mit Schreiben vom 8. August 2014 dem Senat
zur Entscheidung vorgelegt und darauf hingewiesen, dass das Bundesamt für
das Personalmanagement der Bundeswehr mit E-Mail vom 23. Juli 2014 mitge-
teilt habe, dass eine Maßnahme der zivilberuflichen Aus- und Weiterbildung für
den Antragsteller bis zu seinem Rechtsanspruch auf berufsfördernde Maßnah-
men nicht mehr geplant sei.
Mit Rücksicht auf die endgültige Ausplanung hat der Antragsteller mit Schrift-
satz vom 29. September 2014 den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt
erklärt.
Das Bundesministerium der Verteidigung - R II 2 - hat sich dieser Erledigungs-
erklärung mit Schreiben vom 9. Oktober 2014 angeschlossen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Ak-
ten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministeriums der Ver-
teidigung - R II 2 - Az.: 507/14 - und die Personalgrundakte des Antragstellers
haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
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Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend
für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung von
§ 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen und gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m.
§ 20 Abs. 3 WBO nur noch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Für
die Kostenentscheidung sind die im Prozessrecht allgemein geltenden Grund-
sätze maßgebend. Danach ist bei übereinstimmender Erledigungserklärung
über die Kosten nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen
Sach- und Streitstandes zu entscheiden (§ 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 3
WBO, § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO; stRspr, vgl. z.B. Beschlüsse vom 22. April
2008 - BVerwG 1 WB 4.08 - m.w.N. und vom 17. Oktober 2013 - BVerwG 1 WB
43.13 -).
Billigem Ermessen entspricht es, die dem Antragsteller erwachsenen notwendi-
gen Aufwendungen zur Hälfte dem Bund aufzuerlegen, weil der Antragsteller
einerseits vom Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr hin-
sichtlich der strittigen Ausplanung endgültig klaglos gestellt worden ist, während
andererseits seine Rüge bezüglich der Dauer der Bearbeitung seiner Be-
schwerde und sein Wunsch nach einer personenübergreifenden Prüfung der
Angelegenheit bei einer streitigen Entscheidung des Senats ohne Erfolg geblie-
ben wären.
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. z.B. Beschlüsse vom
5. August 2010 - BVerwG 1 WDS-VR 3.10 -, vom 27. Juli 2011 - BVerwG 1 WB
21.11 -, vom 17. Juli 2012 - BVerwG 1 WB 35.12 - Buchholz 450.1 § 20 WBO
Nr. 4 Rn. 17 und vom 17. Oktober 2013 - BVerwG 1 WB 43.13 -) sind in der
Regel die notwendigen Aufwendungen (vollständig) dem Bund aufzuerlegen,
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wenn die übereinstimmenden Erledigungserklärungen darauf beruhen, dass der
Antragsteller klaglos gestellt worden ist, indem das Bundesministerium der Ver-
teidigung oder die in seinem Auftrag handelnde Stelle der Bundeswehr aus
eigener Veranlassung dem mit dem Rechtsschutzantrag verfolgten Begehren
stattgegeben hat. Resultiert dieses Nachgeben bei gleichgebliebener Sach- und
Rechtslage allein auf einer geänderten Rechtsauffassung des Entscheidungs-
trägers der Bundeswehr, ist es billig, den Bund mit sämtlichen notwendigen
Aufwendungen des jeweiligen Antragstellers zu belasten (stRspr, vgl. z.B. Be-
schlüsse vom 9. Mai 2014 - BVerwG 1 WB 60.13 - Rn. 13 und vom 26. August
2014 - BVerwG 1 WB 15.14 - Rn. 18). Bedingung einer solchen Kostenent-
scheidung ist, dass mit der Klaglosstellung eine zuvor angekündigte oder be-
reits zu Lasten des jeweiligen Antragstellers getroffene Maßnahme oder Ent-
scheidung revidiert wird.
Diese Voraussetzung liegt im Fall des Antragstellers im Hinblick auf die strittige
Ausplanung aus der Ausbildung zum „Geprüften Industriemeister Fachrichtung
...elektronik“ vor. Das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundes-
wehr hat unter dem 6. Mai 2014 die am 24. Oktober 2013 angeordnete Kom-
mandierung des Antragstellers zu der in Rede stehenden Ausbildung aufgeho-
ben. Die endgültige Ausplanung des Antragstellers aus der strittigen Ausbildung
ist erfolgt, nachdem der Antragsteller mit Schreiben vom 25. Juni 2014 erklärt
hatte, dass seine weitere Beschwerde als Antrag auf gerichtliche Entscheidung
gewertet werden solle. Im gerichtlichen Verfahren hat das Bundesministerium
der Verteidigung im Vorlageschreiben die Entscheidung des Bundesamtes für
das Personalmanagement der Bundeswehr vom 23. Juli 2014 übermittelt, dass
eine Maßnahme der zivilberuflichen Aus- und Weiterbildung für den Antragstel-
ler bis zu seinem Rechtsanspruch auf berufsfördernde Maßnahmen nicht mehr
geplant sei. Mit dieser Erklärung ist in der Sache dem angefochtenen Bescheid
vom 27. Januar 2014 die Grundlage entzogen und dem Rechtsschutzbegehren
des Antragstellers auf endgültige Ausplanung vollumfänglich Rechnung getra-
gen worden. Damit wurde auch die vorherige Ankündigung des Bundesministe-
riums der Verteidigung - R II 2 - in dem E-Mail-Schreiben vom 13. Juni 2014
hinfällig, dass das Bundesamt möglicherweise nochmals eine Kommandierung
des Antragstellers zu der strittigen Ausbildung verfügen werde. Diese Umstän-
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de rechtfertigen die - anteilige - Belastung des Bundes mit den notwendigen
Aufwendungen.
2. Soweit der Antragsteller in der weiteren Beschwerde die Dauer der Bearbei-
tung seines Rechtsbehelfs gerügt und außerdem im Schriftsatz vom 25. Juni
2014 bekräftigt hat, es solle eine personenübergreifende Prüfung stattfinden,
hätten diese Rechtsschutzbegehren bei einer Sachentscheidung des Senats
keinen Erfolg gehabt.
Die Art und Weise der Verfahrensbehandlung kann nicht zum Gegenstand
eines selbstständigen Verfahrens vor den Wehrdienstgerichten gemacht wer-
den. Mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung kann ein Antragsteller ge-
mäß § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO (hier i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO) nur geltend
machen, dass eine dienstliche Maßnahme oder die Unterlassung einer solchen
Maßnahme rechtswidrig sei. Der Begriff der Maßnahme im Sinne dieser Vor-
schrift setzt dabei eine dem öffentlichen Recht zugehörige Handlung oder Ent-
scheidung eines Vorgesetzten oder einer Dienststelle der Bundeswehr voraus,
die im Verhältnis der Über- und Unterordnung getroffen oder erbeten wird; da-
bei kommt es nicht darauf an, ob sie auch auf die Herbeiführung von Rechts-
wirkungen abzielt. Die Art und Weise der Verfahrensbehandlung stellt hingegen
für sich genommen keinen statthaften Beschwerdegegenstand dar; sie ist nicht
isoliert bzw. selbstständig anfechtbar (stRspr, vgl. z.B. Beschlüsse vom 25. Juni
2008 - BVerwG 1 WB 23.07 - Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 72 Rn. 18
= NZWehrr 2009, 26 und vom 26. August 2014 - BVerwG 1 WB 15.14 - Rn. 23).
Überdies ist die Betrachtung des Rechtsstreits des Antragstellers als „perso-
nenübergreifende Sache“ dem Wehrdienstgericht - hier gemäß § 21 Abs. 1
WBO dem Bundesverwaltungsgericht - gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO ver-
wehrt, weil ein Soldat im Wehrbeschwerdeverfahren nur eventuelle eigene
Rechtsverletzungen geltend machen kann, hingegen nicht mögliche Rechtsver-
letzungen seiner Kameraden im Sinne einer Popularklage beanstanden darf.
3. Der Senat schreibt dem Ausplanungsbegehren des Antragstellers ein doppelt
so großes Gewicht zu wie den beiden anderen Rügen seines Rechtsschutzbe-
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gehrens. Hiernach erscheint die hälftige Kostenbelastung des Bundes ange-
messen.
Dr. von Heimburg
Dr. Frentz
Dr. Langer