Urteil des BVerwG vom 26.06.2012

Slv, Gleichbehandlung, Anweisung, Soldat

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 WB 34.11
In dem Wehrbeschwerdeverfahren
der Frau Oberbootsmann …,
…,
- Bevollmächtigte:
…,
… -
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz als Vorsitzende,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Burmeister,
den ehrenamtlichen Richter Kapitän zur See Scheuer und
die ehrenamtliche Richterin Hauptbootsmann Konz
am 26. Juni 2012 beschlossen:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e :
I
Die Antragstellerin begehrt die Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militär-
fachlichen Dienstes.
Die 1980 geborene Antragstellerin ist Soldatin auf Zeit mit einer auf 12 Jahre
festgesetzten Dienstzeit, die mit Ablauf des 28. Februar 2019 endet. Zum Ober-
bootsmann wurde sie mit Wirkung vom 1. März 2010 befördert. Sie ist der Ver-
wendungsreihe 61 (Stabsdienst) zugeordnet und wird derzeit auf dem Dienst-
posten eines Stabsdienstfeldwebels Streitkräfte im …kommando in H. einge-
setzt.
Mit Formularantrag vom 23. Juli 2010 (Datierung handschriftlich geändert auf
den 24. August 2010) beantragte die Antragstellerin ihre Zulassung zur Lauf-
bahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes für das Auswahljahr 2011.
Mit Bescheid vom 15. November 2010 lehnte die Stammdienststelle der Bun-
deswehr die Bewerbung ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Ge-
burtsjahrgang der Antragstellerin nach den Vorgaben des Bedarfsträgers für al-
le Offizierverwendungen nicht mehr zur Bedarfsdeckung aufgerufen worden sei.
Die Erstbewerberregelung sei auf die Antragstellerin nicht anwendbar, weil sie
in den vergangenen Jahren bereits mindestens einmal die Möglichkeit zur Teil-
nahme am Auswahlverfahren gehabt habe.
Hiergegen legte die Antragstellerin mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom
16. Dezember 2010 Beschwerde ein. Mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom
17. März 2011 führte sie zur Begründung vor allem an, dass sie nach der Erst-
bewerberregelung im Auswahlverfahren hätte betrachtet werden müssen.
Mit Bescheid vom 9. Mai 2011 wies der Bundesminister der Verteidigung
- PSZ I 7 - die Beschwerde zurück. Nach der Aktuellen Anweisung und Informa-
tion zur Personalführung für das Auswahljahr 2011 habe in der Verwendungs-
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reihe 61 nur in den Geburtsjahrgängen 1982 bis 1984 ein Bedarf bestanden;
der Geburtsjahrgang 1980 sei nicht mehr aufgerufen worden. Auch die Voraus-
setzungen für eine Ausnahme nach der Erstbewerberregelung hätten im Falle
der Antragstellerin nicht vorgelegen. Diese Regelung sehe lediglich vor, dass
Antragstellern aus nicht mehr aufgerufenen Geburtsjahrgängen, die sich wegen
fehlender Teilnahmevoraussetzungen in den vorangegangenen Jahren nicht
hätten bewerben können, eine einmalige Möglichkeit der Teilnahme am Aus-
wahlverfahren zum nächstmöglichen Zeitpunkt einzuräumen sei. Die Antragstel-
lerin habe aber bereits für das Auswahljahr 2010 alle Voraussetzungen für die
Teilnahme erfüllt; insbesondere habe für sie zum Vorlagetermin 30. September
2009 eine planmäßige Beurteilung vorgelegen. Da die Antragstellerin damit be-
reits für das Zulassungsjahr 2010 einen Antrag hätte stellen können, diesen je-
doch nicht gestellt habe, sei ihr Begehren, sie in das Auswahlverfahren 2011
als Erstbewerberin einzubeziehen, abzulehnen gewesen. Unabhängig davon
werde darauf hingewiesen, dass sie sich im Auswahlverfahren 2010 nicht hätte
durchsetzen können. Dort seien in der Verwendungsreihe 61 aus dem Geburts-
jahrgang 1980 zwei Soldaten ausgewählt worden, die über einen Punktsum-
menwert von 627,487 Punkten oder höher verfügten; die Antragstellerin verfüge
dagegen nur über einen Punktsummenwert von 441,381 Punkten. Wäre die
Erstbewerberregelung für die Antragstellerin im Auswahljahr 2011 zur Anwen-
dung gekommen, hätte sie sich erneut mit dem gleichen Punktsummenwert ge-
genüber den letztübernommenen Soldaten aus dem Auswahljahr 2010 verglei-
chen lassen müssen. Im Auswahljahr 2011 hätten zwei Soldaten im Rahmen
der Erstbewerberregelung aus dem Geburtsjahrgang 1980 am Auswahlverfah-
ren teilgenommen; sowohl der hierbei bestgeeignete Bewerber mit einem
Punktsummenwert von 644,968 Punkten als auch der andere Soldat seien je-
doch aus haushalterischen und strukturellen Gründen nicht für eine Übernahme
ausgewählt worden.
Mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 7. Juni 2011 beantragte die Antrag-
stellerin hiergegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Der An-
trag wurde vom Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - mit seiner Stel-
lungnahme vom 17. Juni 2011 dem Senat vorgelegt.
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Zur Begründung wiederholt die Antragstellerin im Wesentlichen ihre Ausführun-
gen aus dem Beschwerdeverfahren und begehrt, so gestellt zu werden, als wür-
de sie der Erstbewerberregelung unterfallen.
Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er verweist auf die im Beschwerdebescheid mitgeteilten Gründe für die Ableh-
nung des Zulassungsantrags.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Ak-
ten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministers der Verteidi-
gung - PSZ I 7 - Az.: …/11 - und die Personalgrundakte der Antragstellerin ha-
ben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
II
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.
1. Die Antragstellerin hat keinen konkreten Sachantrag gestellt. Ihr Rechts-
schutzbegehren ist sach- und interessengerecht dahin auszulegen, dass sie
beantragt, den Ablehnungsbescheid der Stammdienststelle der Bundeswehr
vom 15. November 2010 in der Gestalt des Beschwerdebescheids des Bun-
desministers der Verteidigung vom 9. Mai 2011 aufzuheben und den Bundes-
minister der Verteidigung zu verpflichten, den Antrag auf Zulassung zur Lauf-
bahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes für das Auswahljahr 2011 un-
ter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
2. Dieser Sachantrag ist zulässig.
Seiner Zulässigkeit steht insbesondere nicht entgegen, dass der nach Nr. 932
ZDv 20/7 maßgebliche Zulassungstermin 1. Oktober 2011 bereits verstrichen
ist. Der Rechtsstreit hat sich hierdurch nicht in der Hauptsache erledigt, weil ei-
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ne rückwirkende Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen
Dienstes rechtlich zulässig ist und aufgrund einer Ausnahmegenehmigung noch
erfolgen könnte, wenn der Zulassungsantrag in der Sache erfolgreich wäre
(stRspr, vgl. Beschluss vom 11. März 2008 - BVerwG 1 WB 8.08 -
nicht veröffentlicht in Buchholz 450.1 § 5 WBO Nr. 1> sowie zuletzt Beschluss
vom 20. September 2011 - BVerwG 1 WB 38.10 - juris Rn. 20
veröffentlicht in Buchholz 449 § 3 SG Nr. 61 und NZWehrr 2012, 119> m.w.N.).
3. Der Antrag ist jedoch nicht begründet.
Die Entscheidung der Stammdienststelle, die Zulassung zur Laufbahn der Offi-
ziere des militärfachlichen Dienstes abzulehnen, und der Beschwerdebescheid
des Bundesministers der Verteidigung sind rechtmäßig und verletzen die An-
tragstellerin nicht in ihren Rechten.
a) Die , die den angegriffenen Entscheidungen zugrunde liegt, ist
rechtlich nicht zu beanstanden.
Rechtsgrundlagen für die Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfach-
lichen Dienstes sind § 40 Abs. 1 SLV sowie Kapitel 8 der aufgrund der Ermäch-
tigung in § 44 SLV vom Bundesministerium der Verteidigung erlassenen „Be-
stimmungen über die Beförderung und für die Einstellung, Übernahme und Zu-
lassung von Soldatinnen und Soldaten“ (ZDv 20/7). Nach § 40 Abs. 1 SLV und
Nr. 801 ZDv 20/7 steht die Zulassung im Ermessen des Bundesministeriums
der Verteidigung und setzt Bedarf und Eignung des Bewerbers voraus. Die
Auswahl erfolgt gemäß Nr. 805 ZDv 20/7 nach der „Richtlinie für die Auswahl
von Feldwebeln für die Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachli-
chen Dienstes“ vom 19. Dezember 2008 (BMVg PSZ I 1 <30> - 16-05-12/16 -
Auswahlrichtlinie -) sowie der gemäß Nr. 2.2 Satz 1 der Auswahlrichtlinie zeit-
gerecht vor dem jeweiligen Abgabetermin von der Stammdienststelle zu veröf-
fentlichenden „Aktuellen Anweisung und Information zur Personalführung
SDBw“ (AAIP SDBw).
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Hinsichtlich des Bedarfs legt gemäß Nr. 1.4 der Auswahlrichtlinie der zuständi-
ge Führungsstab im Bundesministerium der Verteidigung auf der Grundlage der
strukturellen Vorgaben und der haushälterischen Möglichkeiten die Ergän-
zungsquoten an Offizieranwärterinnen und Offizieranwärtern des militärfachli-
chen Dienstes für das jeweilige Zulassungsjahr bezogen auf den Geburtsjahr-
gang und differenziert nach Ausbildungs- und Verwendungsreihen/Werde-
gängen fest. Diese Bedarfsträgervorgaben sind für die nachgeordneten Dienst-
stellen bindend. Die Stammdienststelle gibt in der von ihr zu veröffentlichenden
AAIP SDBw - unter anderem - den Personenkreis, der für die Antragstellung im
Auswahljahr in Betracht kommt, die aufgerufenen Ausbildungs- und Verwen-
dungsreihen/Werdegänge unter Beachtung des strukturellen Bedarfs in den
Geburtsjahrgängen bzw. im Jahrgangsband sowie Möglichkeiten für die Umset-
zungen in andere Ausbildungs- und Verwendungsreihen/Werdegänge/Uniform-
trägerbereiche bekannt (Nr. 2.2 Satz 2 der Auswahlrichtlinie). Gemäß Nr. 8.1
der Auswahlrichtlinie (Erstbewerberregelung) ist außerdem Antragstellern aus
nicht mehr aufgerufenen Geburtsjahrgängen, die sich wegen fehlender Teil-
nahmevoraussetzungen in ihrer Ausbildungs- und Verwendungsreihe/ihrem
Werdegang in den vorangegangenen Jahren noch nicht für das Auswahlverfah-
ren bewerben konnten, die einmalige Möglichkeit der Teilnahme am Auswahl-
verfahren zum nächstmöglichen Zeitpunkt einzuräumen. Alle antragsberechtig-
ten Soldatinnen und Soldaten sind durch die nächsten Disziplinarvorgesetzten
rechtzeitig über die gültige AAIP SDBw zu informieren (Nr. 2.2 Satz 3 der Aus-
wahlrichtlinie)
Gegen diese Regelung bestehen keine rechtlichen Bedenken. Der Senat hat in
ständiger Rechtsprechung gebilligt, dass die zuständigen militärischen Stellen
die Laufbahnzulassung nicht nur im Hinblick auf den fachlichen Verwendungs-
bereich, sondern auch hinsichtlich des jeweiligen Geburtsjahrgangs von Ge-
sichtspunkten des Bedarfs und der Personalstruktur abhängig machen. Es stellt
ein berechtigtes Anliegen der Personalführung dar, der Laufbahn der Offiziere
des militärfachlichen Dienstes nur dann weitere Offiziere zuzuführen, wenn hier-
für - auch unter dem Blickwinkel der Herstellung einer ausgewogenen Alters-
struktur in der jeweiligen Ausbildungs- und Verwendungsreihe - ein Bedarf be-
steht und die Verwendung in der neuen Laufbahn sichergestellt ist (stRspr, vgl.
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Beschluss vom 28. Oktober 2008 - BVerwG 1 WB 32.08 - Rn. 21 m.w.N. sowie
zuletzt Beschluss vom 13. Dezember 2011 - BVerwG 1 WB 37.10 - Rn. 69; für
den Laufbahnwechsel vgl. Beschluss vom 28. Juni 2011 - BVerwG 1 WB
56.10 - Rn. 21).
Die bei der Bedarfsermittlung erfolgende Anknüpfung (unter anderem) an den
Geburtsjahrgang des Bewerbers verstößt auch nicht gegen Grundsätze der
Gleichbehandlung (vgl. hierzu auch Beschluss vom 28. Oktober 2008 - BVerwG
1 WB 32.08 - Rn. 27). Die ausdrücklichen - an Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG ange-
lehnten - Diskriminierungsverbote des § 3 Abs. 1 SG für Verwendungsentschei-
dungen („ohne Rücksicht auf Geschlecht, sexuelle Identität, Abstammung, Ras-
se, Glauben, Weltanschauung, religiöse oder politische Anschauungen, Heimat,
ethnische oder sonstige Herkunft“) beziehen sich nicht auf das Alter des Sol-
daten. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vom 14. August 2006
(BGBl I S. 1897), das sich unter anderem gegen Benachteiligungen wegen des
Alters richtet (§§ 1, 8 Abs. 1, § 10 AGG), ist auf Soldaten nicht, auch nicht ent-
sprechend (Umkehrschluss aus § 24 AGG), anwendbar. Für Soldaten gilt viel-
mehr das Gesetz über die Gleichbehandlung der Soldatinnen und Soldaten
(SoldGG) vom 14. August 2006 (BGBl I S. 1904). Anders als das Allgemeine
Gleichbehandlungsgesetz erstreckt sich dieses Gesetz jedoch nicht auf (mögli-
che) Benachteiligungen wegen des Alters (siehe § 1 SoldGG); der Gesetzgeber
hat bei der Umsetzung europäischer Gleichbehandlungsrichtlinien insoweit be-
wusst von der durch Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom
27. November 2000 (ABl EG Nr. L 303 S. 16) eröffneten Möglichkeit Gebrauch
gemacht, auf eine Umsetzung für den Bereich der Streitkräfte zu verzichten
(vgl. zur Begründung im Einzelnen BTDrucks 16/1780 S. 27).
Das bestehende Auswahlverfahren für die Zulassung zur Laufbahn der Offiziere
des militärfachlichen Dienstes bedarf schließlich, auch soweit dabei an den Ge-
burtsjahrgang des Bewerbers angeknüpft wird, keiner normativen Regelung
(unmittelbar durch ein Gesetz oder durch eine auf der Grundlage einer gesetzli-
chen Ermächtigung ergangene Rechtsverordnung). Zwar hat der Senat ent-
schieden, dass Höchstaltersgrenzen für die Laufbahnzulassung nicht allein
durch Verwaltungsvorschriften festgelegt werden dürfen, sondern dem Anwen-
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dungsbereich des Vorbehalts des Gesetzes unterliegen und deshalb eine nor-
mative Regelung erfordern (Beschluss vom 20. September 2011 - BVerwG
1 WB 48.10 - BVerwGE 140, 342 = Buchholz 449.2 § 20 SLV 2002 Nr. 1
weils Rn. 26 ff.>). Die Möglichkeit der Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des
militärfachlichen Dienstes hängt jedoch nicht von einer fest bestimmten Alters-
grenze, sondern von der Bedarfslage ab, die sich je nach fachlichem Verwen-
dungsbereich für Bewerber aus den verschiedenen Geburtsjahrgängen unter-
schiedlich darstellen kann. Außerdem eröffnet die genannte Erstbewerberrege-
lung jedem (potentiellen) Bewerber um die Laufbahnzulassung die zumindest
einmalige Möglichkeit der Teilnahme am Auswahlverfahren nach dem Grund-
satz der Bestenauslese (Art. 33 Abs. 2 GG, § 3 Abs. 1 SG) ohne Rücksicht auf
das Alter und den geburtsjahrgangsbezogenen Bedarf.
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die von der zuständigen militärischen
Stelle ermittelte Bedarfslage in den einzelnen Verwendungsbereichen und Ge-
burtsjahrgängen wehrdienstgerichtlich nicht überprüfbar ist. Die Bedarfsermitt-
lung dient der Verwirklichung planerischer Vorstellungen und ist eine organisa-
torische Maßnahme, mit deren Hilfe das Bundesministerium der Verteidigung
die erforderlichen und verfassungsrechtlich zulässigen Aufgaben der Bundes-
wehr realisieren will. Bei solchen planerischen Vorstellungen und organisatori-
schen Maßnahmen handelt es sich um Zweckmäßigkeitsfragen, die - wenn sie
ein dienstliches Bedürfnis für eine bestimmte Verwendung eines bestimmten
Soldaten begründen oder ausschließen - bei der richterlichen Kontrolle einzel-
ner Personalmaßnahmen, außer bei Rechtsverstößen, als vorgegeben hinge-
nommen werden müssen. Es gehört nicht zu den Aufgaben der Wehrdienstge-
richte, ihre Vorstellungen über die Organisation der Streitkräfte an die Stelle
derjenigen der dazu berufenen Organe zu setzen (stRspr, vgl. Beschluss vom
28. Juni 2011 - BVerwG 1 WB 56.10 - Rn. 23 m.w.N.).
b) Auch die der Vorschriften auf die Bewerbung der Antragstellerin
ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Die Stammdienststelle und der Bundesminister der Verteidigung haben zutref-
fend den Bedarf für eine Laufbahnzulassung der Antragstellerin verneint. Ge-
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mäß Anlage 5 zu Nr. 8.3 der AAIP SDBw zum Auswahlverfahren für die Zulas-
sung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes - Auswahljahr
2011 - wurden für die Verwendungsreihe 61 (Stabsdienst) nur die Geburtsjahr-
gänge 1982 bis 1984, nicht aber die davorliegenden Geburtsjahrgänge 1979 bis
1981 aufgerufen. Damit war in der Verwendungsreihe der Antragstellerin ein
Bedarf für ihren Geburtsjahrgang 1980 nicht (mehr) gegeben.
Rechtlich nicht zu beanstanden ist aber auch, dass die Stammdienststelle und
der Bundesminister der Verteidigung die Anwendung der Erstbewerberregelung
auf die Antragstellerin abgelehnt haben. Die „Möglichkeit der Teilnahme am
Auswahlverfahren zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ gemäß Nr. 8.1 der Aus-
wahlrichtlinie sowie Nr. 3.3 der AAIP SDBw für das Auswahljahr 2011 war für
die Antragstellerin nicht erst für das Auswahljahr 2011, sondern bereits für das
Auswahljahr 2010 gegeben. Von dieser „einmaligen Möglichkeit“ hat die An-
tragstellerin keinen Gebrauch gemacht.
Gemäß Nr. 3.2 der AAIP SDBw für das Auswahljahr 2010 waren für dieses
Auswahljahr Unteroffiziere mit Portepee antragsberechtigt, für die eine planmä-
ßige Beurteilung bis zum 30. September des Antragsjahres der Bewerbung vor-
lag (oder die Voraussetzungen für die Erstellung einer planmäßigen Bewerbung
gegeben waren), deren Dienstzeitende nicht vor dem 31. März des Auswahljah-
res lag und die einem Geburtsjahrgang und einer Ausbildungs- und Verwen-
dungsreihe/Bereichskennung Luftwaffe/Verwendungsreihe angehörten, die in
dieser AAIP SDBw zur Bedarfsdeckung aufgerufen waren. Diese Vorausset-
zungen erfüllte die Antragstellerin. Für sie lag in Gestalt der Beurteilung vom
23. November 2009 eine planmäßige Beurteilung in Form der Anlassbeurteilung
(siehe Nr. 202 Buchst. a, Nr. 204 Buchst. a <1> ZDv 20/6) zum Vorlagetermin
30. September 2009 vor, ihre Dienstzeit endete nicht vor dem 31. März 2010
und ihr Geburtsjahrgang 1980 zählte zu den für die Verwendungsreihe 61
(Stabsdienst) zur Bedarfsdeckung aufgerufenen Jahrgängen 1980 bis 1983
(siehe Anlage zu Nr. 9.4 der AAIP SDBw für das Auswahljahr 2010). Die An-
tragstellerin gehörte damit bereits bei dem vorangegangenen Auswahlverfahren
2010 zum antragsberechtigten Personenkreis und hätte sich bereits damals um
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die Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes bewer-
ben können.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Antragstellerin 2010
noch nicht die erforderliche - wegen ihrer Einstellung im Dienstgrad Obermaat
reduzierte - Mindestdienstzeit von vier Jahren aufgewiesen hat (siehe im Ein-
zelnen Nr. 801 3. Spiegelstrich ZDv 20/7, Nr. 3.4 der Auswahlrichtlinie sowie
Nr. 3.1 der AAIP SDBw für das Auswahljahr 2010). Wie der Bundesminister der
Verteidigung - R II 2 - mit Schreiben vom 6. Juni 2012 erläutert und klargestellt
hat, steht die fehlende Mindestdienstzeit (Nr. 3.1 der AAIP SDBw) der Möglich-
keit, sich als antragsberechtigter Unteroffizier mit Portepee (Nr. 3.2 der AAIP
SDBw) zu bewerben und im Auswahlverfahren betrachtet zu werden, nicht ent-
gegen, sondern führt lediglich dazu, dass der Soldat, wenn seine Bewerbung
erfolgreich ist, für eine Zulassung in einem späteren Auswahljahr, in dem er die
Voraussetzung der Mindestdienstzeit erfüllt, vorgesehen wird.
Die Antragstellerin kann - schließlich - keine Teilnahme am Auswahlverfahren
als Erstbewerberin unabhängig von den konkreten Maßgaben der Regelung in
Nr. 8.1 der Auswahlrichtlinie und Nr. 3.3 der AAIP SDBw für das Auswahljahr
2011 beanspruchen. Die Erstbewerberregelung stellt eine Durchbrechung des
- rechtlich nicht zu beanstandenden (siehe oben 3.a) - Grundsatzes dar, dass
eine Laufbahnzulassung nur im Rahmen des auf den jeweiligen Geburtsjahr-
gang und die jeweilige Ausbildungs- und Verwendungsreihe bezogenen Be-
darfs erfolgt; sie eröffnet geeigneten Bewerbern ausnahmsweise die einmalige
Chance der Zulassung, obwohl aus personalwirtschaftlicher Sicht ein konkreter
Bedarf nicht besteht. Diese Möglichkeit der bedarfsunabhängigen Bewerbung
lässt sich indes nicht von den in der Erstbewerberregelung festgelegten Bedin-
gungen ablösen. Die Antragstellerin hat nur einen Anspruch auf Gleichbehand-
lung im Rahmen der vom Bundesministerium der Verteidigung im Wege der
Selbstbindung erlassenen Verwaltungsvorschriften (vgl. Beschluss vom
27. Februar 2003 - BVerwG 1 WB 57.02 - BVerwGE 118, 25 <27> = Buchholz
252 § 23 SBG Nr. 2 ).
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Im Übrigen hat der Bundesminister der Verteidigung im Beschwerdebescheid
substanziiert dargelegt, dass die Antragstellerin selbst dann, wenn sie in den
Auswahljahren 2010 oder 2011 betrachtet worden wäre, nach dem Eignungs-
vergleich der Bewerber nicht für die Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des
militärfachlichen Dienstes ausgewählt worden wäre. Dem ist die Antragstellerin
nicht entgegengetreten.
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