Urteil des BVerwG vom 10.11.2008

Versetzung, Teilzeitbeschäftigung, Regiment, Ermessen

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 WB 32.07
In dem Wehrbeschwerdeverfahren
des Herrn Stabsfeldwebel ...,
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
am 10. November 2008 beschlossen:
Das Verfahren wird eingestellt.
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G r ü n d e :
I
Der Antragsteller wurde mit Fernschreiben der Stammdienststelle der Bundes-
wehr vom 9. Mai 2007 rückwirkend zum 1. November 2006 und mit Dienstantritt
am 3. September 2007 auf den Dienstposten eines Sanitätsfeldwebels Material
und Registraturfeldwebels bei der .../...regiment ... in M. versetzt. Seine
hiergegen gerichtete Beschwerde wies der Bundesminister der Verteidigung mit
Bescheid vom 10. Juli 2007 zurück. Unter dem 20. Juli 2007 beantragte der An-
tragsteller die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts.
Mit Bescheid vom 10. April 2008 gewährte die Stammdienststelle der Bundes-
wehr dem Antragsteller für die Zeit vom 1. Juli 2008 bis einschließlich 30. Juni
2011 gemäß § 28 Abs. 5 SG Urlaub unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge
für die Betreuung seiner drei Kinder (geboren 1993, 1995 und 1998). Der An-
tragsteller hat daraufhin mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 30. Sep-
tember 2008 den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt; der Bun-
desminister der Verteidigung hat der Erledigungserklärung mit Schreiben vom
7. Oktober 2008 zugestimmt.
II
Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend
für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des
§ 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen und gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m.
§ 20 Abs. 3 WBO nur noch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Für
die Kostenentscheidung sind die im Prozessrecht allgemein geltenden Grund-
sätze maßgebend. Danach ist bei übereinstimmender Erledigungserklärung
über die Kosten nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen
Sach- und Streitstandes zu entscheiden (vgl. § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 20
Abs. 3 WBO, § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO; stRspr, vgl. zuletzt Beschluss vom
22. April 2008 - BVerwG 1 WB 4.08 - m.w.N.).
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Es besteht keine Veranlassung, die dem Antragsteller im Verfahren vor dem
Bundesverwaltungsgericht erwachsenen notwendigen Auslagen gemäß § 20
Abs. 1 Satz 1 WBO dem Bund aufzuerlegen. Denn der Antrag auf gerichtliche
Entscheidung wäre voraussichtlich erfolglos geblieben. Die Versetzung des An-
tragstellers zur .../...regiment ... in M. stellt sich nach dem bisherigen Sach- und
Streitstand als rechtmäßig dar.
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats hat ein Soldat grundsätzlich keinen
Anspruch auf eine bestimmte fachliche oder örtliche Verwendung oder auf Ver-
wendung auf einem bestimmten Dienstposten. Ein dahingehender Anspruch
lässt sich auch nicht aus der Fürsorgepflicht ableiten. Vielmehr entscheidet der
zuständige Vorgesetzte oder die zuständige personalbearbeitende Stelle über
die Verwendung eines Soldaten, sofern hierfür ein dienstliches Bedürfnis be-
steht, nach seinem bzw. ihrem pflichtgemäßen Ermessen. Das ihm nach § 3
Abs. 1 SG zustehende Verwendungsermessen hat das Bundesministerium der
Verteidigung im Sinne der Gewährleistung einer gleichmäßigen Verwaltungs-
praxis (Art. 3 Abs. 1 GG) - unter anderem - in den Richtlinien zur Versetzung,
zum Dienstpostenwechsel und zur Kommandierung von Soldaten vom 3. März
1988 (VMBl S. 76, zuletzt geändert am 11. August 1998 ) - Ver-
setzungsrichtlinien - gebunden.
Gemäß Nr. 5 Buchst. c der Versetzungsrichtlinien lag ein dienstliches Bedürfnis
für die Wegversetzung vor, weil der bisherige Dienstposten (Sanitätsfeldwebel
Material/Katalogisierfeldwebel) des Antragstellers beim ...amt der Bundeswehr
in S. mit Wirkung zum 1. November 2006 weggefallen ist (STAN
Änderungsweisung Nr. ... vom 16. Oktober 2006). Für die Zuversetzung auf den
Dienstposten eines Sanitätsfeldwebels Material und Registraturfeldwebels bei
der .../...regiment ... in M. bestand ein dienstliches Bedürfnis, weil der
Dienstposten zu besetzen (Nr. 5 Buchst. a der Versetzungsrichtlinien) und der
Antragsteller hierfür aufgrund seiner Ausbildung und Vorverwendungen geeig-
net war.
Die Versetzungsverfügung leidet auch im Hinblick auf die persönlichen und fa-
miliären Belange des Antragstellers nicht an Rechts- oder Ermessensfehlern.
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Der Antragsteller hat keinen schwerwiegenden persönlichen Grund im Sinne
von Nr. 6 der Versetzungsrichtlinien dargelegt. Nicht zu beanstanden ist auch,
dass die Stammdienststelle der Bundeswehr und der Bundesminister der Ver-
teidigung die vom Antragsteller vorgetragenen sonstigen persönlichen Gründe
als nicht so gewichtig gewertet haben, dass ihnen gemäß Nr. 7 der Verset-
zungsrichtlinien der Vorrang vor den dienstlichen Belangen einzuräumen wäre.
Dem Wunsch des Antragstellers nach einer wohnortnahen Verwendung auf ei-
nem Dienstposten mit Teilzeitbeschäftigung, um hinreichend Zeit zur Betreuung
der drei Kinder und zum Führen des Haushalts zu haben, ist im Rahmen des
Möglichen Rechnung getragen worden. Der neue Dienstort ist nur geringfügig
weiter vom Wohnort entfernt als der bisherige (48 km statt 45 km); die Verlän-
gerung der effektiven Fahrzeit durch ungünstigere Verkehrsverbindungen ist
nicht unzumutbar. Dass die Fahrzeiten wegen der bewilligten Teilzeitbeschäfti-
gung (50 % der wöchentlichen Rahmendienstzeit) möglicherweise in einem un-
günstigen Verhältnis zur täglichen Arbeitszeit stehen, kann der Antragsteller
nicht dem Dienstherrn anlasten. Die Stammdienststelle und der Bundesminister
der Verteidigung haben auf Wunsch des Antragstellers verschiedene alternative
Verwendungsmöglichkeiten geprüft, die jedoch im Ergebnis (u.a. weil der
Dienstposten nicht teilzeitfähig war oder der Antragsteller nicht über die erfor-
derliche Ausbildung verfügte) nicht in Betracht kamen. Die angefochtene Ver-
setzung ist schließlich auch mit der Teilkonzeption Vereinbarkeit von Familie
und Dienst in den Streitkräften vom 21. Mai 2007 vereinbar. Aus der Teilkon-
zeption folgt kein Rechtsanspruch eines einzelnen Soldaten auf bestimmte
Maßnahmen; ebenso wenig steht die Teilkonzeption der Anordnung einer not-
wendigen Versetzung entgegen (vgl. Beschlüsse vom 9. Januar 2008 - BVerwG
1 WDS-VR 10.07 - und vom 29. April 2008 - BVerwG 1 WDS-VR 6.08 -). Dem
programmatischen Auftrag der Teilkonzeption sind die zuständigen Stellen mit
der Prüfung alternativer wohnortnaher Einsatzmöglichkeiten, aber auch - au-
ßerhalb des vorliegenden Verfahrens - mit der Bewilligung von Teilzeitbeschäf-
tigung sowie nicht zuletzt mit der Gewährung von Betreuungsurlaub hinlänglich
nachgekommen.
Golze Dr. Frentz Dr. Langer