Urteil des BVerwG vom 24.01.2012

Versetzung, Verfügung, Dienstort, Fürsorgepflicht

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 WB 31.11
In dem Wehrbeschwerdeverfahren
des Herrn Oberstleutnant …,
…,
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Rothfuß,
den ehrenamtlichen Richter Oberst i.G. Stock und
den ehrenamtlichen Richter Oberstleutnant Gelpke
am 24. Januar 2012 beschlossen:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e :
I
Der Antragsteller wendet sich gegen eine Verfügung des Personalamts der
Bundeswehr, mit der seine Versetzung vom … der Bundeswehr in … zum
Streitkräfteunterstützungskommando in … angeordnet worden ist.
Der 1958 geborene Antragsteller ist Berufssoldat, dessen Dienstzeit voraus-
sichtlich mit Ablauf des 30. August 2018 enden wird. Er ist verheiratet und hat
drei 1986, 1990 und 1993 geborene Kinder. Er wurde am 28. März 2002 zum
Oberstleutnant ernannt und mit Wirkung vom 1. Januar 2002 in eine Planstelle
der Besoldungsgruppe A 14 eingewiesen. Seit dem 1. Dezember 2008 war er
zunächst auf dem nach Besoldungsgruppe A 14/A 13 bewerteten Dienstposten
eines IT-Stabsoffiziers und Referenten, Teileinheit/Zeile (TE/ZE) …, beim … der
Bundeswehr in … eingesetzt. Zum 1. April 2010 trat in dieser Dienststelle eine
neue Stärke- und Ausrüstungsnachweisung (STAN) in Kraft; in den vorange-
gangenen STAN-Verhandlungen wurde der vom Antragsteller innegehabte
Dienstposten der Besoldungsgruppe A 15 zugeordnet. Daraufhin versetzte das
Personalamt den Antragsteller zum 1. April 2010 auf ein „dienstpostenähnliches
Konstrukt“ (z.b.V.-Dienstposten) der Besoldungsgruppe A 14 im … der Bun-
deswehr.
Mit der im vorliegenden Verfahren angegriffenen Verfügung des Personalamts
vom 2. Februar 2011 wurde der Antragsteller zum 1. April 2011 mit Dienstantritt
am 16. Mai 2011 zum Streitkräfteunterstützungskommando in … auf den nach
Besoldungsgruppe A 13/A 14 bewerteten Dienstposten eines IT-Stabsoffiziers,
TE/ZE …, versetzt. Diese Versetzung hatte das Personalamt dem Antragsteller
mit Vororientierung vom 13. Oktober 2010 zum 15. November 2010 angekün-
digt. In seiner Stellungnahme vom 21. Oktober 2010 bat der Antragsteller, von
der Versetzung abzusehen, weil seine Tochter derzeit die Abschlussklasse im
Gymnasium besuche, sodass ein Wechsel des Wohnortes das zeitgerechte
Ablegen der Abitur-Prüfung unmöglich machen werde. Er beantragte zugleich
die Anhörung der Vertrauensperson und erklärte, er verzichte nicht auf die Ein-
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haltung der Drei-Monats-Frist. Mit E-Mail vom 22. Oktober 2010 sprach sich das
… der Bundeswehr für den Verbleib des Antragstellers in dieser Dienststelle
aus. Der Personalrat beim … der Bundeswehr stimmte der beabsichtigten kurz-
fristigen Versetzung des Antragstellers in seiner Sitzung vom 30. November
2010 nicht zu.
Das Personalamt teilte dem … der Bundeswehr daraufhin mit E-Mail vom
2. November 2010 mit, es sei weiterhin beabsichtigt, den Antragsteller zum
schnellstmöglichen Zeitpunkt zum Streitkräfteunterstützungskommando - … -
zu versetzen; dadurch solle der dienstliche Bedarf in diesem Bereich mit einem
Stabsoffizier gedeckt werden, der über Rüstungserfahrung und Führungskom-
petenz verfüge und auch den Dezernatsleiter vertreten könne. Zugleich sei be-
absichtigt, den Antragsteller von einem „dienstpostenähnlichen Konstrukt“ auf
einen festen Dienstposten in Heimatnähe beziehungsweise in Tagespendlerent-
fernung zu verfügen. Am 13. Januar 2011 erörterten Vertreter das Personal-
amts (Personalführer und Rechtsberater) mit dem Personalrat die geplante
Maßnahme. Mit Schreiben vom 28. Januar 2011 teilte der Personalrat beim …
der Bundeswehr mit, dass der Personalrat in seiner Sitzung am 25. Januar
2011 der beabsichtigten Versetzung zugestimmt habe. Im Rahmen der Erörte-
rung sei dargelegt worden, dass der angegebene Versetzungshinderungsgrund
bei Einhaltung der dreimonatigen Schutzfrist zum nächstmöglichen Verset-
zungszeitpunkt nicht mehr bestehe.
Mit der am 11. Februar 2011 eröffneten Verfügung vom 2. Februar 2011 ordne-
te das Personalamt zum 1. April 2011 mit Dienstantritt am 16. Mai 2011 die
Versetzung des Antragstellers auf den angekündigten Dienstposten eines
IT-Stabsoffiziers beim Streitkräfteunterstützungskommando in … an. Die Um-
zugskostenvergütung wurde nicht zugesagt.
Gegen diese Verfügung legte der Antragsteller mit Schreiben vom 14. Februar
2011 Beschwerde ein, mit der er im Wesentlichen geltend machte, dass im
Rahmen der Personalauswahl für die Nachbesetzung des Dienstpostens ledig-
lich das … der Bundeswehr und innerhalb dieses Amtes nur Soldaten auf
z.b.V.-Dienstposten betrachtet worden seien. Eine Betrachtung aller in Frage
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kommenden Soldaten im … und außerhalb des Amtes sei nicht durchgeführt
worden. Damit habe man ohne zwingenden sachlichen Grund eine spezifische
Gruppe von Soldaten einer Vorauswahl unterzogen. Im Gegensatz zu ver-
gleichbaren Kameraden der Teilstreitkraft Heer auf der Ebene der Besoldungs-
gruppe A 13/A 14, die als IT-Stabsoffizier beziehungsweise Rüstungsstabsoffi-
zier die Voraussetzungen für den Dienstposten in … erfüllten und bereits seit
sechs bis acht Jahren ohne Versetzung im … ihren Dienst leisteten, sei er
selbst seitdem bereits zweimal versetzt worden. Gegenüber den genannten
Kameraden verfüge er nicht über ein „Alleinstellungsmerkmal“, das nur ihn für
den genannten Dienstposten befähige. Die Tatsache, dass er nach gerade zwei
Jahren im … erneut versetzt werden solle, stelle einen eklatanten Verstoß ge-
gen die Pflicht zur Gleichbehandlung dar. Die Aufgaben auf dem Dienstposten
in … erforderten keine Spezialkenntnisse, sondern beinhalteten querschnittliche
Rüstungsstabsoffizier-Aufgaben, die jeder Rüstungsstabsoffizier wahrnehmen
könne. Vor dem Hintergrund der in den nächsten Monaten anstehenden Struk-
turmaßnahmen halte er Versetzungen nur dann für dringend geboten, wenn sie
direkte Einsatzrelevanz hätten oder die Besetzung des Dienstpostens zwingend
erforderlich sei, um Schaden von der Bundeswehr abzuwehren. Das sei bei
dem strittigen Dienstposten nicht der Fall. Die Versetzungsabsicht sei ihm erst
am 15. Oktober 2010 ohne vorherige Kontaktaufnahme mitgeteilt worden. Ein
Personalgespräch zur Erfragung seiner Interessen habe nicht stattgefunden.
Der 15. November 2010 sei als geplantes Versetzungsdatum festgesetzt wor-
den. Das stelle eine überraschend kurzfristige Personalplanung mit substanziel-
len Eingriffen in die Lebensumstände des Betroffenen dar. Die Entfernung von
seinem jetzigen Dienstort/Wohnort zu dem neuen Dienstort betrage
70 Kilometer und damit mehr als das Doppelte dessen, was gemäß § 3 des
Bundesumzugskostengesetzes als normale Entfernung zwischen Wohnort und
Dienststelle angesehen werde.
Die Beschwerde wies der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - mit Be-
scheid vom 8. April 2011 zurück. Zur Begründung führte er aus, der Antragstel-
ler habe nicht bestritten, für den zukünftigen Dienstposten geeignet zu sein. Bei
der „Querversetzung“ verwendungsgleicher Soldaten sei der Dienstherr nicht
verpflichtet, einen Eignungs-, Leistungs- und Befähigungsvergleich vorzuneh-
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men und im Rahmen der Bestenauslese den qualifiziertesten Kandidaten aus-
zuwählen. Im Übrigen sei es personalwirtschaftlich dringend geboten, bei einer
Besetzungsentscheidung vorrangig Soldaten zu betrachten, die - wie der An-
tragsteller - auf einem „dienstpostenähnlichen Konstrukt“ verwendet würden.
Schwerwiegende persönliche Gründe für ein Absehen von der Versetzung lä-
gen nicht vor. Die Tochter des Antragstellers könne das Abitur von dem bisheri-
gen Wohnort der Familie aus ablegen, weil dem Antragsteller in der Verset-
zungsverfügung die Umzugskostenvergütung nicht zugesagt worden sei und
deshalb keine Notwendigkeit bestehe, den Familienwohnsitz zu verlegen. Die
vom Antragsteller geltend gemachte Versetzungshäufigkeit stehe der vorgese-
henen Verwendung ebenfalls nicht entgegen. Der Antragsteller sei vom 1. Juli
2003 bis zum 14. Januar 2007 - insgesamt etwa dreieinhalb Jahre - als Daten-
verarbeitungs-Organisationsstabsoffizier und Rüstungsstabsoffizier im … der
Bundeswehr verwendet worden. Da ihm seinerzeit die Umzugskostenvergütung
zugesagt worden sei, sei die Familie an den Dienstort … umgezogen. Während
der anschließenden Verwendung des Antragstellers im Deutschen Anteil …
vom 15.
Januar 2007 bis zum 30. November 2008 habe die Familie in … woh-
nen bleiben können, weil dem Antragsteller mit der zugrunde liegenden Verset-
zungsverfügung die Umzugskostenvergütung nicht zugesagt worden sei. Mit
der anschließenden Versetzungsverfügung des Personalamts vom
18. November 2008 sei der Antragsteller dann mit Dienstantritt am 1. Dezember
2008 erneut zum … der Bundeswehr nach … versetzt worden; an diesem
Dienstort habe er bis zum 15. Mai 2011 Dienst geleistet. Angesichts dieser Um-
stände - insbesondere der jeweils angemessenen Stehzeit und der teilweisen
Nichtzusage der Umzugskostenvergütung - könne ein Verstoß gegen die Für-
sorgepflicht des Dienstherrn nicht festgestellt werden. Das dienstliche Interes-
se, den Antragsteller wie vorgesehen beim Streitkräfteunterstützungskomman-
do zu verwenden und ihn dort zu etatisieren, sei im Übrigen auch höher zu be-
werten als die höhere Häufigkeit seiner Versetzungen.
Gegen diese ihm am 15. April 2011 eröffnete Entscheidung hat der Antragstel-
ler mit Schriftsatz vom 29. April 2011 die Entscheidung des Bundesverwal-
tungsgerichts beantragt. Den Antrag hat der Bundesminister der Verteidigung
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- PSZ I 7 - mit seiner Stellungnahme vom 31. Mai 2011 dem Senat zur Ent-
scheidung vorgelegt.
Zur Begründung seines Rechtsschutzbegehrens wiederholt und vertieft der An-
tragsteller sein Beschwerdevorbringen und macht ergänzend geltend, er sei für
den Dienstposten nicht hinreichend qualifiziert. Ein Vergleich seiner Qualifika-
tionen mit den Anforderungen in der Aufgabenbeschreibung für den Dienstpos-
ten zeige, dass es sich um eine fachlich hoch qualifizierte Stelle für umfassend
ausgebildete und erfahrene Fernmeldestabsoffiziere oder Stabsoffiziere mit Er-
fahrung im Fernmeldewesen handele. Diese Voraussetzungen erfülle er nicht.
Seine ursprüngliche Truppengattung sei die Artillerie. Im Rahmen seiner mehr-
jährigen Tätigkeit für die NATO im Ausland sei er zu einem „Information Pro-
cessing Engineer“, also zu einem Fachmann für Informationsverarbeitung, nicht
aber für Informationsübertragung ausgebildet worden; anschließend habe man
ihn auch so eingesetzt. In seinen militärischen Verwendungen sei er zu keinem
Zeitpunkt mit Übertragungstechnik und den entsprechenden Einsatzgrundsät-
zen befasst gewesen. Truppengattungsspezifische Eigenschaften der Füh-
rungsunterstützungstruppe der Streitkräftebasis und die dort angewendeten
Einsatzgrundsätze und die Kommunikationssysteme seien ihm nur oberflächlich
bekannt. Zu keinem Zeitpunkt habe er in einer G 6-Abteilung gearbeitet. Dies
gelte auch für den Zeitraum seiner Verwendung in …, wo er in der
G 2-Abteilung tätig gewesen sei. Mit dem Bereich Führungsunterstützung habe
er nichts zu tun.
Der Antragsteller beantragt,
1. die Versetzungsverfügung des Personalamts der Bun-
deswehr vom 2. Februar 2011 aufzuheben beziehungs-
weise zu widerrufen und ihn, den Antragsteller, in …, be-
vorzugt im … der Bundeswehr zu belassen beziehungs-
weise zurückzuversetzen,
2. ihn für den Zeitraum seiner Dienstausübung beim
Streitkräfteunterstützungskommando in … schadlos zu
stellen.
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Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er verteidigt den Inhalt seines Beschwerdebescheids und trägt ergänzend vor,
dass der Antragsteller dem Anforderungsprofil des Dienstpostens in … entspre-
che. Der Antragsteller verfüge über das erforderliche Studium in Informatik be-
ziehungsweise Elektrotechnik/Fachrichtung Nachrichtentechnik und über das
notwendige Sprachleistungsprofil in Englisch (3332). Überdies habe er vor
Dienstantritt den geforderten Customer Product Management (CPM) - Lehrgang
absolviert; außerdem habe er Erfahrungen im Einsatz im erweiterten Aufgaben-
spektrum der Bundeswehr. Hinsichtlich der erforderlichen Vorverwendungen
habe der Antragsteller eingeräumt, Erfahrungen in der Stabsarbeit auf Kom-
mandoebene erworben zu haben. Auch im Übrigen erfülle der Antragsteller das
Anforderungsprofil, indem er im … mit der G 6-Abteilung im Einsatz gewesen
sei. Der G 6 sei der verantwortliche Führungsunterstützer, der den Komman-
deur in allen Fragen der Führungsunterstützung berate; daher habe der Antrag-
steller hier erhebliche Erfahrungen sammeln können, weil er als Information
Manager für die gesamte Informationsverarbeitung im Stab mit verantwortlich
gewesen sei. Eine entsprechende Qualifizierung des Antragstellers ergebe sich
aus seinen planmäßigen Beurteilungen zum 30. September 2005 und zum
30. September 2007.
Der Antrag auf Schadlosstellung sei unzulässig, weil der Antragsteller ihn erst-
mals im gerichtlichen Verfahren gestellt habe. Dieser Antrag sei auch unbe-
gründet, weil die Versetzung des Antragstellers zum Streitkräfteunterstützungs-
kommando rechtmäßig sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Ak-
ten Bezug genommen. Die Beschwerdeakten des Bundesministers der Vertei-
digung - PSZ I 7 - …, … und … -, die Personalgrundakte des Antragstellers so-
wie die Gerichtsakten BVerwG 1 WB 32.11 und BVerwG 1 WB 33.11 haben
dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
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II
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg
1. Der gegen die Versetzungsverfügung des Personalamts vom 2. Februar
2011 gerichtete Antrag ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet.
Diese Verfügung und der Beschwerdebescheid des Bundesministers der Ver-
teidigung vom 8. April 2011 sind rechtmäßig und verletzen den Antragsteller
nicht in seinen Rechten.
Ein Soldat hat grundsätzlich keinen Anspruch auf eine bestimmte fachliche oder
örtliche Verwendung oder auf Verwendung auf einem bestimmten Dienstpos-
ten. Ein dahingehender Anspruch lässt sich auch nicht aus der Fürsorgepflicht
ableiten. Vielmehr entscheidet der zuständige Vorgesetzte (bzw. die personal-
bearbeitende Stelle) über die Verwendung eines Soldaten, sofern hierfür ein
dienstliches Bedürfnis besteht, nach pflichtgemäßem Ermessen (stRspr, vgl.
Beschlüsse vom 25. September 2002 - BVerwG 1 WB 30.02 -
veröffentlicht in Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 30> und vom 10. Oktober 2002
- BVerwG 1 WB 40.02 - jeweils m.w.N.). Diese Ermessensentscheidung kann
vom Wehrdienstgericht nur darauf überprüft werden, ob der Vorgesetzte den
Soldaten durch Überschreiten oder Missbrauch dienstlicher Befugnisse in sei-
nen Rechten verletzt (§ 17 Abs. 3 Satz 2 WBO) bzw. die gesetzlichen Grenzen
des ihm insoweit zustehenden Ermessens überschritten oder von diesem in
einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch
gemacht hat (§ 23a Abs. 2 WBO i.V.m. § 114 VwGO; Beschluss vom 24. März
2009 - BVerwG 1 WB 46.08 - Rn. 29). Die gerichtliche Überprüfung richtet sich
auch darauf, ob die vom Bundesministerium der Verteidigung im Wege der
Selbstbindung in Erlassen und Richtlinien festgelegten Maßgaben und Verfah-
rensvorschriften eingehalten sind (vgl. Beschluss vom 27. Februar 2003
- BVerwG 1 WB 57.02 - BVerwGE 118, 25 <27> = Buchholz 252 § 23 SBG
Nr. 2 ), wie sie sich hier
insbesondere aus den Richtlinien zur Versetzung, zum Dienstpostenwechsel
und zur Kommandierung von Soldaten vom 3. März 1988 (VMBl S. 76) in der
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zuletzt am 9. Juni 2009 (VMBl S. 86) geänderten Fassung (Versetzungsrichtli-
nien) ergeben.
Die Versetzungsverfügung weist keine Ermessensfehler auf.
Die Anfechtung einer Versetzungsverfügung erfasst grundsätzlich sowohl die
Weg- als auch die Zuversetzung.
a) Das dienstliche Bedürfnis für die Wegversetzung des Antragstellers von sei-
nem zuletzt innegehabten z.b.V.-Dienstposten im … der Bundeswehr liegt vor.
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats besteht ein dienstliches Bedürfnis
dafür, einen auf einem z.b.V.-Dienstposten verwendeten Soldaten baldmög-
lichst wieder auf einem Dienstposten gemäß der Stärke- und Ausrüstungs-
nachweisung (STAN) zu etatisieren. Planstellen z.b.V. oder „dienstpostenähnli-
che Konstrukte“ dürfen nach der in entsprechenden Richtlinien des Bundesmi-
nisteriums der Verteidigung festgelegten Verwaltungspraxis erst (und nur) in
Anspruch genommen werden, wenn es unter Anlegung eines strengen Maßsta-
bes bei Vorliegen eines dienstlichen Bedürfnisses für die Erfüllung von Aufga-
ben außerhalb eingerichteter STAN-Dienstposten unbedingt erforderlich ist.
Deshalb verlangen die Grundsätze einer ordnungsgemäßen Personalführung,
Soldaten und Soldatinnen nicht über eine längere Zeit in einer z.b.V.-Verwen-
dung zu belassen, sondern sie so bald wie möglich auf einen dienstgradgerech-
ten STAN-Dienstposten zu versetzen (stRspr, vgl. z.B. Beschluss vom
22. September 2005 - BVerwG 1 WB 21.05 - Rn. 30 m.w.N.).
b) Das dienstliche Bedürfnis für die Zuversetzung des Antragstellers nach …
liegt ebenfalls vor. Diese Voraussetzung ist regelmäßig erfüllt, wenn ein Dienst-
posten frei ist und besetzt werden muss (stRspr, vgl. z.B. Beschluss vom
22. September 2005 - BVerwG 1 WB 21.05 - Rn. 27 m.w.N.; ebenso Nr. 5
Buchst. a der Versetzungsrichtlinien). Der strittige Dienstposten beim Streitkräf-
teunterstützungskommando ist nach dem vom Antragsteller nicht in Frage ge-
stellten Vorbringen des Bundesministers der Verteidigung frei und zu besetzen.
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Das Personalamt und der Bundesminister der Verteidigung halten den Antrag-
steller für den Dienstposten unter Berücksichtigung der Anforderungen in der
Dienstpostenbeschreibung angesichts seiner Qualifikationen und seiner Vor-
verwendungen für fachlich geeignet. Die Eignung als Teil-Voraussetzung für die
Besetzung des Dienstpostens (vgl. Nr. 5 Buchst. g der Versetzungsrichtlinien)
ist gerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbar, weil die Entscheidung des Bun-
desministers der Verteidigung, wen er oder die von ihm insoweit beauftragte
Dienststelle für einen zu besetzenden Dienstposten als geeignet ansieht, im
Kern ein ihm vorbehaltenes Werturteil darstellt. Die gerichtliche Kontrolle ist
insoweit darauf beschränkt festzustellen, ob bei der Eignungsfeststellung ein
unrichtiger oder unvollständiger Sachverhalt zugrunde gelegt worden ist, der
Begriff der Eignung verkannt worden ist, sachfremde Erwägungen angestellt
wurden, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder Verfahrensvor-
schriften missachtet wurden (stRspr: vgl. z.B. Beschluss vom 27. Februar 2003
- BVerwG 1 WB 57.02 - BVerwGE 118, 25 = Buchholz 252 § 23 SBG Nr. 2).
Gegen die vorgenannten Grundsätze haben das Personalamt und der Bun-
desminister der Verteidigung bei der Überprüfung der Eignung des Antragstel-
lers nicht verstoßen; insbesondere sind sie nicht von einem unrichtigen Sach-
verhalt ausgegangen.
Der Antragsteller selbst hat in seiner Beschwerde vom 14. Februar 2011 betont,
der strittige Dienstposten erfordere keine Spezialkenntnisse, sondern beinhalte
querschnittliche Aufgaben eines Rüstungsstabsoffiziers, die von jedem Rüs-
tungsstabsoffizier wahrgenommen werden könnten. Dass der Antragsteller über
umfangreiche und qualifizierte Erfahrungen - auch - als Rüstungsstabsoffizier
verfügt, die er vornehmlich im Rahmen seiner ersten Verwendung im … der
Bundeswehr gewonnen hat, bestreitet er nicht. Vor diesem Hintergrund besteht
zwischen dem Beschwerdevorbringen des Antragstellers und seiner erstmalig
im Antrag auf gerichtliche Entscheidung geltend gemachten Behauptung feh-
lender Eignung ein auffallender Widerspruch.
Dessen ungeachtet lässt sich auch unter Berücksichtigung der Aufgabenbe-
schreibung für den strittigen Dienstposten nicht feststellen, dass das Personal-
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amt bzw. der Bundesminister der Verteidigung die Grenzen des Beurteilungs-
spielraums bei der Bewertung der Eignung des Antragstellers für den Dienst-
posten überschritten hätten.
Nach der Aufgabenbeschreibung für den Dienstposten umfasst - im Rahmen
der Qualifikationsmerkmale - die „erforderliche Ausbildung“ das Hochschulstu-
dium Informatik und/oder Elektrotechnik, Fachrichtung Nachrichtentechnik, und
das Sprachleistungsprofil in Englisch der Stufe 3332. Dass der Antragsteller
diese Voraussetzungen erfüllt, ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Als
„erforderliche Vorverwendung“ verfügt der Antragsteller - ebenfalls unstreitig -
über Erfahrungen in der Stabsarbeit auf Kommandoebene. Auch die nach der
Dienstpostenbeschreibung notwendigen „beruflichen Erfahrungen“ und „beson-
deren Tauglichkeitsanforderungen“ (vor Dienstantritt absolvierter CPM-Lehr-
gang, Erfahrungen im Einsatz im erweiterten Aufgabenspektrum der Bundes-
wehr) weist der Antragsteller auf.
Soweit er in Abrede stellt, über eine Vorverwendung in Führungsfunktionen der
Führungsunterstützung oder der Fernmeldetruppe zu verfügen, ist auf Folgen-
des hinzuweisen: Der Dienstposten Teileinheit/Zeile … ist nach dem unbestrit-
ten gebliebenen Vorbringen des Bundesministers der Verteidigung dem Füh-
rungsgrundgebiet 6 zuzuordnen. Zu diesem Führungsgrundgebiet gehören die
Führungsunterstützung, das Fernmeldewesen, die Datenverarbeitung und die
IT-Sicherheit. Im Bereich der Datenverarbeitung und IT-Sicherheit ist der An-
tragsteller seit vielen Jahren verantwortlich eingesetzt und ausweislich der
planmäßigen Beurteilungen außergewöhnlich gut qualifiziert. Nach dem Inhalt
des International Evaluation Report vom 27. April 2007, der als internationaler
Beurteilungsbeitrag der planmäßigen Beurteilung zum 30. September 2007 bei-
gefügt ist, hat der Antragsteller im Rahmen seiner Tätigkeit als Datenverarbei-
tungsorganisations-Stabsoffizier in der G 2-Abteilung des … eng mit der
G 6-Abteilung zusammengearbeitet und dort Planungs- und Koordinierungstä-
tigkeiten geleistet. Überdies entsprach es auch einem ausdrücklichen Wunsch
des Antragstellers, aufgrund der von ihm erworbenen Qualifikationen und fach-
lichen Erfahrungen im Bereich des Führungsgrundgebietes 6 eingesetzt zu
werden. Diesen Wunsch hat er in den planmäßigen Beurteilungen vom
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15. August 1994 und vom 6. Juli 2007 jeweils in seinen persönlichen Vorstel-
lungen zum weiteren Werdegang geäußert. Außerdem ergibt sich aus der plan-
mäßigen Beurteilung des Antragstellers vom 28. Oktober 2009, dass sein be-
urteilender Vorgesetzter ihn im Abschnitt 5.1.3 sogar für eine Lehrverwendung
im Bereich der Führungsunterstützung empfohlen hat. Unter anderem dieser
Empfehlung hat sich der Antragsteller in Abschnitt 7 dieser planmäßigen Be-
urteilung ohne Einschränkung angeschlossen. Vor diesem Hintergrund geht
auch der Antragsteller selbst davon aus, dass er eine Tätigkeit im Führungs-
grundgebiet 6 aufgrund seiner erworbenen Qualifikationen angemessen wahr-
nehmen kann. Die Einschätzung des Personalamts, dass der Antragsteller für
die Wahrnehmung des Dienstpostens eines IT-Stabsoffiziers in diesem Bereich
geeignet ist, hält insofern die Grenzen des Beurteilungsspielraums ein und ist
deshalb rechtlich nicht zu beanstanden. Selbst wenn der Antragsteller für spe-
zielle Einzelkomponenten der auf dem Dienstposten wahrzunehmenden Aufga-
ben nicht in vollem Umfang ausgebildet sein sollte, kann er damit das dienstli-
che Bedürfnis für die Versetzung nicht erfolgreich in Frage stellen. Es entspricht
der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass es im gerichtlich nicht über-
prüfbaren Beurteilungsspielraum der personalbearbeitenden Stelle liegt zu ent-
scheiden, ob ein Soldat die für die künftige Verwendung erforderlichen Voraus-
setzungen in vollem Umfang besitzt. Dass die Übertragung eines neuen
Dienstpostens unter Umständen eine Einarbeitung und ggf. eine Schulung er-
fordert, stellt keinen Grund dar, von einer dienstlich gebotenen Versetzungsent-
scheidung abzusehen (vgl. z.B. Beschlüsse vom 16. Juni 1994 - BVerwG 1 WB
42.94 - und vom 16. Mai 2002 - BVerwG 1 WB 11.02 - m.w.N.).
c) Auch im Übrigen leidet die angefochtene Versetzungsverfügung nicht an
Rechts- oder Ermessensfehlern.
Dies gilt insbesondere für den Einwand des Antragstellers, auch andere geeig-
nete Offiziere hätten für den strittigen Dienstposten ausgewählt werden können.
Bei einer Besetzungsentscheidung, die - wie hier - nicht einen förderlichen
Dienstposten oder eine höherwertige Verwendung betrifft, sondern eine „Quer-
versetzung“ auf einen Dienstposten der Besoldungshöhe, die dem vom Betrof-
fenen zuvor innegehabten Dienstposten entspricht, ist der Dienstherr nicht ver-
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pflichtet, einen Eignungs- und Leistungsvergleich zwischen verschiedenen in
Betracht kommenden Kandidaten nach Maßgabe des Art. 33 Abs. 2 GG und
des § 3 Abs. 1 SG durchzuführen (vgl. z.B. Beschluss vom 25. März 2010
- BVerwG 1 WB 37.09 - BVerwGE 136, 204 = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 56).
Vielmehr ist die Besetzungsentscheidung an den Versetzungsrichtlinien auszu-
richten. Eine Besetzungsentscheidung der personalbearbeitenden Stelle wird
deshalb nicht dadurch ermessensfehlerhaft, dass für den nachzubesetzenden
Dienstposten möglicherweise auch andere geeignete Offiziere zur Verfügung
stehen. Die Frage, ob der zuständige Vorgesetzte oder die personalbearbeiten-
de Stelle einen Soldaten dienstlich bestmöglich einsetzt, berührt diesen nicht in
seinen Rechten (stRspr, vgl. z.B. Beschlüsse vom 20. Juli 1995 - BVerwG 1 WB
1.95 -, vom 3. September 1996 - BVerwG 1 WB 10.96 -, vom 26. Mai 1998
- BVerwG 1 WB 30.98 - und vom 30. August 2001 - BVerwG 1 WB 37.01 -
Buchholz 311 § 17 WBO Nr. 45).
Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG oder gegen die Fürsorgepflicht unter dem
Aspekt, den Kreis der zu betrachtenden Offiziere über die Gruppe der auf
z.b.V.-Dienstposten verwendeten Offiziere hinaus auszudehnen, ist nicht fest-
zustellen. Zutreffend weist der Bundesminister der Verteidigung darauf hin,
dass auf z.b.V.-Dienstposten verwendete Offiziere vorrangig für eine Etatisie-
rung auf einem regulären STAN-Dienstposten zu betrachten sind. Die vom An-
tragsteller geltend gemachte Häufigkeit seiner Versetzung rechtfertigt nicht die
Annahme eines Ermessensfehlers des Personalamts. Im Zeitraum zwischen
dem 1. Juli 2003 und dem 15. Mai 2011 ist der Antragsteller an zwei verschie-
denen Dienstorten verwendet worden; eventuelle Härten in persönlicher Hin-
sicht sind durch die Nichtzusage einer Umzugskostenvergütung gemildert wor-
den. Dass das Personalamt den Standort … noch dem Tagespendlerbereich
zugeordnet hat, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Vom Wohnort des Antrag-
stellers in … zum Dienstort in … benötigt man mit dem PKW etwa 45 bis 50
Minuten Fahrzeit. Der Hinweis des Antragstellers auf § 3 BUKG geht fehl. Die in
§ 3 Abs. 1 Buchst. c BUKG geregelte 30-km-Grenze hat lediglich Bedeutung für
die hier nicht relevante Frage, ob eine Zusage der Umzugskostenvergütung
ausgeschlossen ist. Dem Antragsteller hätte die Möglichkeit offen gestanden,
eine Zusage der Umzugskostenvergütung zu beantragen. Darauf hat er offen-
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sichtlich verzichtet. Ein Versetzungshinderungsgrund nach Nr. 6 der Verset-
zungsrichtlinien in der Person der 1993 geborenen Tochter des Antragstellers
liegt nicht vor. Das macht der Antragsteller im gerichtlichen Verfahren auch
nicht mehr geltend. Die dreimonatige Schutzfrist nach Nr. 21 der Versetzungs-
richtlinien hat das Personalamt eingehalten.
Die Anhörung des zuständigen Personalrats des … der Bundeswehr ist in Über-
einstimmung mit § 52 Abs. 1 Satz 1 und § 23 SBG in einer Weise durchgeführt
worden, die Rechte des Antragstellers nicht berührt. Diesbezügliche Formfehler
hat auch der Antragsteller nicht behauptet. Der Personalrat hat am 28. Januar
2011 eine Stellungnahme abgegeben und der Versetzung des Antragstellers
zugestimmt. Diese Stellungnahme ist - wie auch aus dem Beschwerdebescheid
ersichtlich - in die Versetzungsentscheidung einbezogen worden.
2. Der vom Antragsteller geltend gemachte Anspruch auf „Schadlosstellung“ be-
darf der Auslegung. Offensichtlich wünscht er damit die Realisierung eines
Folgenbeseitigungsanspruches für die aus seiner Sicht rechtswidrige Verwen-
dung in … seit dem 16. Mai 2011.
Dieser Anspruch steht dem Antragsteller nicht zu. Nach ständiger Rechtspre-
chung des Senats ist zwar ein Folgenbeseitigungsanspruch auch im Wehrbe-
schwerdeverfahren in entsprechender Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 2
VwGO möglich (vgl. z.B. Beschlüsse vom 20. September 2006 - BVerwG 1 WB
54.05 - Buchholz 450.1 § 13 WBO Nr. 1 und vom 24. März 2009 - BVerwG
1 WB 54.08 - Buchholz 449.2 § 40 SLV 2002 Nr. 5). Voraussetzung für das
Durchgreifen eines Folgenbeseitigungsanspruchs ist aber, dass die zugrunde
liegende Maßnahme oder Entscheidung eines militärischen Vorgesetzten oder
einer Dienststelle der Bundeswehr rechtswidrig ist. Diese Voraussetzung ist im
Fall des Antragstellers - wie dargelegt - nicht erfüllt.
Golze Dr. Frentz Rothfuß
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