Urteil des BVerwG vom 19.05.2011

Marine, Vergleich, Dokumentation, Versetzung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 WB 28.10
In dem Wehrbeschwerdeverfahren
des Herrn Kapitänleutnant…,
…,
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
den ehrenamtlichen Richter Kapitän zur See Kautzky und
den ehrenamtlichen Richter Kapitänleutnant Sommer-Weisheit
am 19. Mai 2011 beschlossen:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e :
I
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung betrifft einen Konkurrentenstreit um
die Besetzung des nach Besoldungsgruppe A 12 bewerteten Dienstpostens des
„Prozessbeauftragten Personal“ in der Abteilung P. (= Personal…, …; aktuelle
Bezeichnung: Abteilung O.) im …amt in R. .
Der 1959 geborene Antragsteller ist Berufssoldat; seine Dienstzeit wird voraus-
sichtlich mit Ablauf des … 2014 enden. Er wurde am … 1994 zum Kapitänleut-
nant ernannt und mit Wirkung vom … 1994 in eine Planstelle der Besoldungs-
gruppe A 11 eingewiesen. In der Perspektivkonferenz der Offiziere des militär-
fachlichen Dienstes wurde ihm im Jahr 2008 die individuelle Förderperspektive
A 11 zuerkannt. Seit dem … 2003 wird der Antragsteller als Stabs- und Versor-
gungsdienstoffizier im …amt in R. verwendet.
Am 7. Mai 2009 entschied der Abteilungsleiter III des Personalamts der Bun-
deswehr, den nach Besoldungsgruppe A 12 bewerteten Dienstposten Perso-
nal-/Organisationsoffizier Streitkräfte, Teileinheit/Zeile … („Prozessbeauftragter
Personal“) in der Abteilung P. im …amt in R. mit dem Beigeladenen zu beset-
zen. Der 1962 geborene Beigeladene ist seit dem … 2006 in eine Planstelle der
Besoldungsgruppe A 12 eingewiesen.
Mit Schreiben vom 2. Juni 2009 bewarb sich der Antragsteller um den strittigen
Dienstposten. Zur Begründung führte er aus, er sei für diese Aufgabe hinrei-
chend qualifiziert und nehme sie seit dem 1. April 2003 im Auftrag seines Abtei-
lungsleiters wahr. Zwar habe er im Herbst 2003 eine Abfrage zu einer Verset-
zung auf einen anderen nach Besoldungsgruppe A 12 bewerteten Dienstposten
im Hinblick auf den unmittelbar bevorstehenden Rollout des Personalwirt-
schaftssystems abgelehnt; man habe ihm aber versichert, ihn erneut für eine
A 12 -Verwendung zu betrachten.
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Der damalige Chef des Stabes …amt, sein Nachfolger und der Amtschef …amt
unterstützten dieses Gesuch in ihren Stellungnahmen vom 2. Juni 2009 und
vom 15. Januar 2010.
Den Antrag lehnte das Personalamt mit Bescheid vom 17. Juni 2009 mit der
Begründung ab, dass im Hinblick auf die dem Antragsteller zuerkannte indivi-
duelle Laufbahnperspektive A 11 dessen Verbleib auf seinem jetzigen Dienst-
posten bis zum Dienstzeitende verfügt worden sei. Für die Besetzung des strit-
tigen Dienstpostens sei der Beigeladene vorgesehen, der für diese Aufgaben-
stellung qualifiziert und bereits in der Vergangenheit in die dem Dienstposten
entsprechende Besoldungsgruppe A 12 eingewiesen worden sei. Diesen Be-
scheid hat das Personalamt auf die Beschwerde des Antragstellers nach Mittei-
lung des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - am 17. Januar 2010 auf-
gehoben.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 28. Januar 2010 lehnte das Personalamt
den Antrag vom 2. Juni 2009 erneut ab und führte zur Begründung aus, für die
Besetzung des in Rede stehenden Dienstpostens sei ein Eignungs- und Leis-
tungsvergleich maßgeblich gewesen, in dem sowohl der Antragsteller als auch
der Beigeladene betrachtet worden seien. Fachlich hätten beide Kandidaten in
der Vergangenheit nachgewiesen, dass sie für den Dienstposten qualifiziert
seien. Aufgrund einer durchgängig besseren Bewertung sei der Beigeladene
ausgewählt worden; dieser sei im Übrigen bereits in eine Planstelle der Besol-
dungsgruppe A 12 eingewiesen und auch auf einem A 12-Dienstposten einge-
setzt gewesen.
Die gegen diesen Ablehnungsbescheid und die in ihm mitgeteilte Auswahlent-
scheidung eingelegte Beschwerde des Antragstellers vom 10. Februar 2010
wies der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - mit Bescheid vom 5. Mai
2010 zurück. Darin führte er aus, dass gegenwärtig noch keine Dienstposten-
beschreibung für den strittigen Dienstposten vorliege; auf dem Dienstposten
seien aber folgende Hauptaufgaben zu leisten:
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1. Wahrnehmung der Aufgaben als Prozessbeauftragter
der Marine für SASPF Hauptprozess Personal; Koordinie-
rung dazu prozessbezogener Forderungen und Abläufe
des Hauptprozesses Personal bei der Steuerung und Um-
setzung gegenüber anderen Organisationsbereichen,
2. Erarbeitung von Forderungen und konzeptionellen
Grundlagen zur Gestaltung des Informationsaustausches
an den Schnittstellen der Prozesse in SASPF, dem Busi-
ness Information Warehouse und den DV-Verfahren in
den Bereichen Personal, Ausbildung und Organisation,
3. Einbringung der SASPF-Expertise in die Grundlagenar-
beit des Personalmanagements; Zuarbeit und Unterstüt-
zung des Einführungsmanagements SASPF der Marine im
Hauptprozess Personal; Einbringung von Forderungen an
den Hauptprozess Organisation und Individualausbildung
unter Berücksichtigung der Grundlagen des Personalma-
nagements.
Für die Aufgabenwahrnehmung auf dem Dienstposten seien sowohl der An-
tragsteller als auch der ausgewählte Kandidat grundsätzlich geeignet. Der An-
tragsteller habe dem Prozessbeauftragten Marine, Hauptprozess Personal, er-
folgreich zugearbeitet; der ausgewählte Offizier habe als DV-Verbindungs-
offizier PERFIS und SASPF-Ausfächerungsoffizier nachgewiesen, dass er die
fachlichen Voraussetzungen für die genannte Tätigkeit besitze. Der Beigelade-
ne sei im Vergleich zum Antragsteller jedoch leistungsstärker. Das folge aus
den maßgeblichen aktuellen Beurteilungen aus dem Jahr 2008. Der ausgewähl-
te Offizier verfüge darüber hinaus über einen Eignungsvorsprung, weil er im
Gegensatz zum Antragsteller zuvor erfolgreich auf der A 12-Ebene verwendet
worden sei. Deshalb erhalte er für die Beurteilung aus dem Jahr 2008 noch ei-
nen zusätzlichen Leistungszuschlag.
Gegen diesen ihm am 17. Mai 2010 zugestellten Bescheid hat der Antragsteller
am 15. Juni 2010 die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt.
Den Antrag hat der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - mit seiner Stel-
lungnahme vom 18. Juni 2010 dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Zur Begründung seines Rechtsschutzbegehrens trägt der Antragsteller insbe-
sondere vor:
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Er sei im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung des Abteilungsleiters III des Per-
sonalamts der Bundeswehr vom 8. (richtig: 7.) Mai 2009 nicht mitbetrachtet
worden; auch bei Erlass des Bescheids des Personalamts vom 17. Juni 2009
habe ein Eignungs- und Leistungsvergleich zwischen ihm und dem Beigelade-
nen nicht stattgefunden. Für ihn sei nicht nachvollziehbar, wie angeblich am
8. Mai 2009 zwischen dem Personalamt und dem …amt ein Einvernehmen
über die Besetzung des Dienstpostens habe erzielt werden können, obwohl erst
am 2. Juni 2009 von seiner Seite ein entsprechender Versetzungsantrag ge-
stellt worden sei. Bei der Auswahlentscheidung, insbesondere bei dem Ver-
gleich der Beurteilungen, sei der Inhalt der befürwortenden Stellungnahmen des
ehemaligen und des gegenwärtigen Chefs des Stabes …amt sowie des Amts-
chefs …amt vom 2. Juni 2009 und vom 15. Januar 2010 unberücksichtigt
geblieben. In der planmäßigen Beurteilung 2008 habe sein nächsthöherer Vor-
gesetzter ausgeführt, dass er in seiner Eigenschaft als Prozessbeauftragter Ma-
rine für den Hauptprozess Personal ihn, den Antragsteller, als einen kaum zu
ersetzenden Berater ansehe; es stehe fest, dass er, der Antragsteller, uneinge-
schränkt das Potential für Verwendungen auf der A 12-Ebene aufweise; bei
Verwendungen auf dieser Ebene mit Bezug zu SASPF komme man am An-
tragsteller als dem Fachmann im Personalwirtschaftssystem in einem mögli-
chen Auswahlverfahren einfach nicht vorbei. Diese Äußerung habe das Perso-
nalamt bei der Auswahlentscheidung ebenfalls nicht beachtet und insbesondere
nicht erkannt, dass darin eine gewisse Relativierung des Durchschnittswerts der
Aufgabenerfüllung von 7,44 liege. Die aktuellen Beurteilungen aus dem Jahr
2008 seien auch deshalb differenziert zu bewerten, weil der Beigeladene zu
diesem Zeitpunkt bereits auf einem A 12- Dienstposten im Organisationsbereich
Streitkräftebasis, er, der Antragsteller, jedoch in einer A 11-Verwendung im Or-
ganisationsbereich Marine, also in einer gänzlich anderen Vergleichsgruppe,
betrachtet worden sei.
Der Antragsteller beantragt,
die zugunsten des Beigeladenen getroffene Auswahlent-
scheidung aufzuheben und den Bundesminister der Ver-
teidigung zu einer Neubescheidung des Versetzungsan-
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trags vom 2. Juni 2009 unter Beachtung der Rechtsauf-
fassung des Gerichts zu verpflichten.
Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Die Auswahlentscheidung sei in Gestalt des Beschwerdebescheids vom 5. Mai
2010 rechtmäßig. Der Beschwerdebescheid enthalte die Dokumentation der
wesentlichen Auswahlerwägungen für die Entscheidung des Abteilungsleiters III
des Personalamts vom 7. Mai 2009 und die Entscheidung des Personalamts
vom 28. Januar 2010. Auf der Grundlage der Anforderungen des Dienstpostens
und eines durchgeführten Eignungs- und Leistungsvergleichs sei die Auswahl
des Beigeladenen rechtmäßig, weil dieser im Vergleich der maßgeblichen aktu-
ellen planmäßigen Beurteilungen leistungsstärker und in Folge seiner bereits
zuvor erfolgten Verwendung auf der A 12-Ebene auch prinzipiell besser geeig-
net sei als der Antragsteller. Die am 8. Mai 2009 mit dem …amt durchgeführte
Besprechung habe keine materielle Auswirkung auf die Auswahlentscheidung
gehabt, sondern lediglich aus Gründen der Akzeptanzförderung der Einbindung
der zuständigen Vorgesetzten nach Maßgabe der Nr. 305 ZDv 20/1 („Personal-
führung für Soldaten der Bundeswehr“) gedient.
Der Beigeladene hatte Gelegenheit zur Äußerung, hat jedoch keine Stellung-
nahme abgegeben und auch keinen Antrag gestellt.
Er ist durch Verfügung des Personalamts der Bundeswehr vom 9. Oktober 2009
zum 1. Januar 2010 auf den strittigen Dienstposten versetzt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Ak-
ten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministers der Verteidi-
gung - PSZ I 7 - … - und die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem
Senat bei der Beratung vorgelegen.
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II
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.
Der Antragsteller hat durch seine Bevollmächtigten einen Sachantrag gestellt,
mit dem er sich sowohl gegen die zugunsten des Beigeladenen getroffene
Auswahlentscheidung als auch gegen die Ablehnung des Versetzungsantrags
vom 2. Juni 2009 wendet und eine neue Bescheidung anstrebt. Dieses Rechts-
schutzbegehren legt der Senat dahin aus, dass der Antragsteller beantragt, die
Entscheidung des Personalamts der Bundeswehr vom 7. Mai 2009, den nach
Besoldungsgruppe A 12 bewerteten Dienstposten Personal-/Organisations-
offizier Streitkräfte, Teileinheit/Zeile … („Prozessbeauftragter Personal“), Abtei-
lung P., beim …amt in R. mit dem Beigeladenen zu besetzen, sowie die Be-
scheide des Personalamts vom 28. Januar 2010 und des Bundesministers der
Verteidigung vom 5. Mai 2010 aufzuheben und den Bundesminister der Vertei-
digung zu verpflichten, über die Besetzung dieses Dienstpostens und über den
Versetzungsantrag des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung
des Gerichts neu zu entscheiden.
1. Dieser Antrag ist zulässig.
Der Rechtsstreit hat sich nicht dadurch erledigt, dass der strittige Dienstposten
inzwischen mit dem Beigeladenen besetzt worden ist.
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats verfestigt sich eine einmal getrof-
fene militärische Verwendungsentscheidung nicht dahin, dass der durch sie
begünstigte Soldat eine rechtlich gesicherte Position erwirbt, auf dem ihm zu-
gewiesenen Dienstposten verbleiben zu können; er müsste es vielmehr hin-
nehmen, von seinem Dienstposten wegversetzt zu werden, wenn der An-
tragsteller bei der Stellenbesetzung ihm gegenüber rechtswidrig übergangen
worden wäre (vgl. z.B. Beschlüsse vom 16. Dezember 2008 - BVerwG 1 WB
19.08 - Rn. 29 m.w.N.
Buchholz 449 § 3 SG Nr. 50>, vom 27. Januar 2010 - BVerwG 1 WB 52.08 -
Rn. 16
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SG Nr. 54> und vom 23. Februar 2010 - BVerwG 1 WB 36.09 - Rn. 22
weit nicht abgedruckt in BVerwGE 136, 19, Buchholz 449.2 § 2 SLV 2002
Nr. 17 und NZWehrr 2011, 36>).
Das gilt ebenso, wenn ein Antragsteller - wie hier - nicht ausdrücklich die förmli-
che, den ausgewählten Konkurrenten betreffende Versetzungsverfügung an-
greift, sondern - zum Beispiel mangels näherer Kenntnis von dieser Verfügung -
sein Rechtsschutzbegehren auf seinen eigenen Versetzungsantrag und/oder
auf die Anfechtung der zugunsten des anderen Kandidaten getroffenen Aus-
wahlentscheidung konzentriert und eine neue Entscheidung über die Besetzung
des angestrebten Dienstpostens verlangt (vgl. Beschlüsse vom 27. Januar 2010
- BVerwG 1 WB 52.08 - a.a.O. Rn. 17 und vom 13. April 2011 - BVerwG 1 WB
21.10 -).
2. Der Antrag ist jedoch unbegründet.
Die Entscheidung des Personalamts der Bundeswehr vom 7. Mai 2009, den
strittigen Dienstposten mit dem Beigeladenen zu besetzen, ist in der Fassung
des Beschwerdebescheids des Bundesministers der Verteidigung vom 5. Mai
2010 rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten. Der
Antragsteller hat keinen Anspruch auf eine erneute Auswahlentscheidung (dazu
nachfolgend a) und b). Der Bescheid des Personalamts der Bundeswehr vom
28. Januar 2010 ist ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden. Der Antragsteller
hat keinen Anspruch auf Neubescheidung seines Antrags auf Versetzung be-
ziehungsweise auf Umsetzung auf den strittigen Dienstposten (dazu nachfol-
gend c).
a) Die angefochtene Auswahlentscheidung ist hinreichend dokumentiert.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu beamtenrechtli-
chen Konkurrentenstreitigkeiten um Beförderungsämter folgt aus Art. 33 Abs. 2
in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG die Verpflichtung des Dienstherrn, die sei-
ner Entscheidung zugrundeliegenden wesentlichen Auswahlerwägungen
schriftlich niederzulegen, um eine sachgerechte Kontrolle durch den unterlege-
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nen Bewerber und ggf. durch das Gericht zu ermöglichen (vgl. BVerfG,
Kammerbeschluss vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - BVerfGK 11, 398 <402 f.>
= NVwZ 2007, 1178 = ZBR 2008, 169). § 3 Abs. 1 SG übernimmt die Grundsät-
ze des Art. 33 Abs. 2 GG in das Dienstverhältnis der Soldaten und erstreckt sie
über Ernennungen hinaus ausdrücklich auf Verwendungsentscheidungen. Der
Senat hat deshalb eine entsprechende Verpflichtung zur Dokumentation der
wesentlichen Auswahlerwägungen auch für Entscheidungen angenommen, die
- wie im vorliegenden Fall - ein Konkurrenzverhältnis um eine höherwertige mili-
tärische Verwendung betreffen (vgl. Beschlüsse vom 25. April 2007 - BVerwG
1 WB 31.06 - BVerwGE 128, 329 <335 f.> = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 41, vom
16. Dezember 2008 - BVerwG 1 WB 19.08 - a.a.O. Rn. 36 und vom 23. Februar
2010 - BVerwG 1 WB 36.09 - Rn. 26).
Zur Dokumentation der wesentlichen Auswahlerwägungen verpflichtet ist dabei
primär die Stelle, die für die zu treffende Auswahlentscheidung zuständig ist. Im
Hinblick auf die in § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 WBO verankerte umfassende Kon-
troll- und Abänderungskompetenz kann die Dokumentationspflicht aber auch
von der gemäß § 9 Abs. 1 WBO zuständigen Beschwerdestelle erfüllt werden,
wenn und soweit sie eine eigene Sachentscheidung trifft (vgl. - auch zum Fol-
genden - näher Beschluss vom 27. Januar 2010 - BVerwG 1 WB 52.08 -
a.a.O.). Bestätigt die Beschwerdestelle die Ausgangsentscheidung und weist
sie die Beschwerde zurück (§ 13 Abs. 3 WBO), kann sie, falls eine Dokumenta-
tion bis dahin fehlt, in dem Beschwerdebescheid die wesentlichen Auswahler-
wägungen niederlegen oder eine vorhandene Dokumentation der Ausgangs-
entscheidung ergänzen oder inhaltlich fortschreiben (Beschluss vom
23. Februar 2010 - BVerwG 1 WB 36.09 - a.a.O.).
Nach diesen Maßstäben ist die Auswahlentscheidung für den strittigen Dienst-
posten im Beschwerdebescheid des Bundesministers der Verteidigung hinrei-
chend dokumentiert. Darin hat der Bundesminister der Verteidigung eine eigene
Sachentscheidung über die Beschwerde des Antragstellers getroffen. Die Be-
schwerde richtete sich nicht nur gegen die Ablehnung des Versetzungsantrags
vom 2. Juni 2009, sondern hatte auch - wie sich aus der Beschwerdebegrün-
dung vom 7. April 2010 ergibt - die zulasten des Antragstellers getroffene und
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im Bescheid des Personalamts vom 28. Januar 2010 mitgeteilte Auswahlent-
scheidung zum Gegenstand.
Insoweit hat der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - im Beschwerdebe-
scheid eine Auswahlentscheidung vorgenommen. Dazu war er
aus den nachfolgenden Gründen berechtigt. Deshalb kann offen bleiben, ob der
Abteilungsleiter III des Personalamts den Antragsteller am 7. Mai 2009 tatsäch-
lich in Auswahlentscheidung einbezogen und in einem Eignungs- und
Leistungsvergleich mit dem Beigeladenen betrachtet hat.
Innerhalb des durch die Beschwerde abgesteckten Rahmens erlangt die zu-
ständige Beschwerdestelle hinsichtlich der Ausgangsentscheidung eine umfas-
sende Kontroll- und Abänderungskompetenz, die sich auch auf die Überprüfung
von Entscheidungen erstreckt, die in Ausübung eines Beurteilungsspielraums
ergehen. Dabei ist die Beschwerdestelle nicht auf die Prüfung beschränkt, ob
ein Vorgesetzter oder eine Dienststelle der Bundeswehr den ihm oder ihr eröff-
neten Beurteilungsspielraum eingehalten hat, sondern kann die Bewertung und
Gewichtung innerhalb dieses Spielraums auch inhaltlich selbst vornehmen; sie
ist also insoweit nicht - wie die Gerichte - auf eine Rechtskontrolle beschränkt
(dazu im Einzelnen: Beschluss vom 27. Januar 2010 - BVerwG 1 WB 52.08 -
a.a.O. m.w.N.). Da die hier in Rede stehende Auswahlentscheidung und der
damit verbundene Beurteilungsspielraum nicht einem besonderen Gremium
beim Personalamt - etwa einem Prüfungsausschuss oder einer unabhängigen
Auswahlkommission - übertragen sind (Gegenteiliges haben auch die Verfah-
rensbeteiligten nicht geltend gemacht), war der Bundesminister der Verteidi-
gung - PSZ I 7 - als die gemäß § 9 Abs. 1 WBO zuständige Beschwerdestelle
ohne Einschränkung seiner Kontrollkompetenz berechtigt, die Auswahlent-
scheidung selbst zu treffen; zugleich war er verpflichtet, insoweit seine wesent-
lichen Auswahlerwägungen zu dokumentieren. Das ist auf Seite 4 und 5 des
Beschwerdebescheids geschehen.
b) Die angefochtene Auswahlentscheidung ist in der Sache rechtmäßig. Es ist
rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Beigeladene aufgrund seiner besseren
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Leistungsbewertung im Vergleich der maßgeblichen dienstlichen Beurteilungen
ausgewählt und dem Antragsteller vorgezogen worden ist.
Für die nach Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 SG gebotene Auswahl nach Eig-
nung, Befähigung und Leistung und für die gerichtliche Kontrolle der Auswahl-
entscheidung gelten nach der Rechtsprechung des Senats insbesondere die
nachfolgenden Grundsätze (vgl. zusammenfassend Beschlüsse vom
16. Dezember 2008 - BVerwG 1 WB 19.08 -
BVerwGE 133, 13 und in Buchholz 449 § 3 SG Nr. 50> und vom 23. Februar
2010 - BVerwG 1 WB 36.09 - a.a.O.):
Ein Soldat hat grundsätzlich keinen Anspruch auf eine bestimmte örtliche oder
fachliche Verwendung oder auf Verwendung auf einem bestimmten Dienstpos-
ten. Ein dahingehender Anspruch lässt sich auch nicht aus der Fürsorgepflicht
ableiten. Vielmehr entscheidet der zuständige Vorgesetzte über die Verwen-
dung eines Soldaten nach Maßgabe des dienstlichen Bedürfnisses nach sei-
nem pflichtgemäßen Ermessen, in dessen Rahmen bei der Konkurrenz um hö-
herwertige Dienstposten Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 SG zu berücksichti-
gen sind. Da Eignung, Befähigung und Leistung unbestimmte Rechtsbegriffe
wertenden Inhalts sind, steht dem zuständigen Vorgesetzten bei der Entschei-
dung über die Eignung eines Soldaten für eine bestimmte Verwendung im Sin-
ne des § 3 Abs. 1 SG ein Beurteilungsspielraum zu, den er unter Berücksichti-
gung des von dem Soldaten wahrzunehmenden Dienstpostens auszufüllen hat
(stRspr, vgl. Beschluss vom 26. November 1986 - BVerwG 1 WB 117.86 -
BVerwGE 83, 251 <253>). Demzufolge beschränkt sich die gerichtliche Nach-
prüfung der Eignung auf die Kontrolle, ob der Vorgesetzte bei der Entscheidung
den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen des Beurteilungs-
spielraums verkannt hat, ob er von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen
ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen
angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat (stRspr, vgl. Be-
schluss vom 14. September 1999 - BVerwG 1 WB 40, 41 und 42.99 - BVerwGE
111, 22 <23> = Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 21).
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Festlegungen über die Anforderungen an die Wahrnehmung eines Dienstpos-
tens (etwa in Form eines Anforderungsprofils als Maßstab der Anforderungen
an den/die Bewerber oder in Form einer im Auswahlverfahren herangezogenen
Aufgaben- und Tätigkeitsbeschreibung für den Dienstposten) unterliegen als
organisatorische Maßnahmen nach Maßgabe militärischer Zweckmäßigkeit
zwar nicht der gerichtlichen Kontrolle, binden aber die zuständige Stelle im
Auswahlverfahren; sie ihre Auswahlentscheidung an dem Anforderungsprofil
bzw. an der Aufgaben- und Tätigkeitsbeschreibung ausgerichtet hat, ist gericht-
lich in vollem Umfang überprüfbar. Für die eigentliche inhaltliche Bewertung der
Eignung der Kandidaten am Maßstab des Anforderungsprofils bzw. der Aufga-
ben- und Tätigkeitsbeschreibung verbleibt es allerdings bei der oben dargeleg-
ten eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung (vgl. dazu im Einzelnen Be-
schluss vom 16. Dezember 2008 - BVerwG 1 WB 39.07 - BVerwGE 133, 1 =
Buchholz 449 § 3 SG Nr. 49, jeweils Rn. 42).
Wenn mehrere Bewerber nach ihrer Eignung und Befähigung allen Anforde-
rungskriterien gerecht werden, haben - in der Regel durch dienstliche Beurtei-
lungen ausgewiesene - Abstufungen der Qualifikation Bedeutung (Beschlüsse
vom 25. April 2007 - BVerwG 1 WB 31.06 - a.a.O. S. 338 und vom 16. Dezem-
ber 2008 - BVerwG 1 WB 39.07 - a.a.O.; für das Beamtenrecht Urteil vom
16. August 2001 - BVerwG 2 A 3.00 - BVerwGE 115, 58 <61> = Buchholz 232
§ 8 BBG Nr. 54). Zur Ermittlung des Leistungsstandes konkurrierender Bewer-
ber ist dabei in erster Linie auf die zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung ak-
tuellsten Beurteilungen abzustellen, weshalb der letzten dienstlichen Beurtei-
lung regelmäßig eine ausschlaggebende Bedeutung zukommt; zur abgerunde-
ten Bewertung des Leistungs-, Eignungs- und Befähigungsbildes und seiner
Kontinuität ist es nach der Rechtsprechung des Senats darüber hinaus zuläs-
sig, in die Auswahlentscheidung auch frühere Beurteilungen bis zu den beiden
letzten planmäßigen Beurteilungen vor der aktuellen Beurteilung mit einzube-
ziehen (vgl. Beschlüsse vom 18. Oktober 2007 - BVerwG 1 WB 6.07 - Buchholz
449.2 § 2 SLV 2002 Nr. 9 m.w.N., und vom 23. Februar 2010 - BVerwG 1 WB
36.09 - a.a.O.).
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Die Entscheidung über die Besetzung des strittigen Dienstpostens steht im Ein-
klang mit diesen Grundsätzen.
aa) Der Bundesminister der Verteidigung hat die Auswahlentscheidung (in der
Gestalt der Dokumentation im Beschwerdebescheid) an der Aufgabenbeschrei-
bung für den strittigen Dienstposten ausgerichtet. Das ergibt sich aus der zu-
sammenfassenden Darstellung der Vorverwendungen des Antragstellers und
des Beigeladenen und aus ihrer vergleichenden Verknüpfung mit der Aufga-
benbeschreibung, die maßgeblich auf eine umfassende und bereichsübergrei-
fende SASPF-bezogene Expertise des Dienstposteninhabers abhebt.
Ohne Erfolg beanstandet der Antragsteller sinngemäß, dass es für den strittigen
Dienstposten noch kein förmliches Anforderungsprofil gebe. Innerhalb der zum
1. Oktober 2003 im …amt neu aufgestellten Abteilung P. sind als Gruppen die
bis dahin eigenständige Abteilung OS. (…), die Projektgruppe S. und das … C.
Zentrum … zusammengefasst und mit der neu eingerichteten Gruppe Perso-
nal… verbunden worden. Diese Gruppen hat man um Anteile anderer Abteilun-
gen des …amtes ergänzt. Das Personalamt hat in dem (aufgehobenen) Be-
scheid vom 17. Juni 2009 sowie in dem angefochtenen Bescheid vom
28. Januar 2010 ausgeführt, dass der strittige Dienstposten im Bereich P. neu
einzurichten sei. Das hatte zuvor schon der Chef des Stabes …amt in seiner
Stellungnahme vom 2. Juni 2009 hervorgehoben. Vor diesem Hintergrund ist
die Erläuterung des Bundesministers der Verteidigung plausibel und nachvoll-
ziehbar, dass für den Dienstposten noch kein förmliches Anforderungsprofil
bzw. keine förmliche Dienstpostenbeschreibung habe entwickelt werden kön-
nen. Der Bundesminister der Verteidigung hat jedoch im Beschwerdebescheid
im Einzelnen die materiellen Hauptaufgaben des Dienstpostens beschrieben,
die der Antragsteller nicht in Frage gestellt hat.
bb) Der vom Bundesminister der Verteidigung auf der Grundlage dieser Aufga-
benbeschreibung vorgenommene Eignungsvergleich ist auch inhaltlich nicht zu
beanstanden. Dabei sind die Grenzen des Beurteilungsspielraums nicht über-
schritten worden. Der Bundesminister der Verteidigung hat im Beschwerdebe-
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scheid dargelegt, dass der Antragsteller und der Beigeladene in gleicher Weise
für die Besetzung des Dienstpostens grundsätzlich geeignet seien.
Der Antragsteller macht dagegen geltend, er sei für den Dienstposten besser
geeignet, weil ihm ein entsprechender Vorsprung in den Stellungnahmen der
Chefs des Stabes …amt sowie des Amtschefs des …amts bescheinigt worden
sei. Soweit er damit die unzureichende Berücksichtigung dieser Stellungnah-
men sowie des Inhalts der Beurteilung aus dem Jahr 2008 rügt, ist eine fehler-
hafte oder unvollständige Erfassung des entscheidungsmaßgeblichen Sachver-
halts durch den Bundesminister der Verteidigung nicht festzustellen. Schon in
den Bezügen 2, 3 und 4 des Bescheids des Personalamts vom 28. Januar 2010
sind die befürwortenden Stellungnahmen der drei genannten Vorgesetzten des
Antragstellers vom 2. Juni 2009 sowie vom 15. Januar 2010 aufgeführt. Der
Bundesminister der Verteidigung hat in seinem Beschwerdebescheid auf Seite
2 den Inhalt der drei Stellungnahmen im Einzelnen referiert und ist auf Seite 5
in einem eingehenden Vergleich der Beurteilungen insbesondere auf die Beur-
teilungen aus dem Jahr 2008 eingegangen.
Hiervon abgesehen konzentrieren sich die Einwände des Antragstellers auf die
- von ihm anders gewertete - Gewichtung seiner Qualifikation und einschlägigen
Vorverwendung bei der Bewertung seiner Eignung für den strittigen Dienstpos-
ten. Mit diesem Vorbringen kann der Antragsteller die getroffene Auswahlent-
scheidung nicht in Frage stellen, weil seine Rügen die gerichtlich nicht nach-
prüfbare eigentliche Eignungsbewertung betreffen und nicht festzustellen ist,
dass der Bundesminister der Verteidigung hierbei den anzuwendenden Begriff
oder den gesetzlichen Rahmen des Beurteilungsspielraums verkannt hat, von
einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstä-
be nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder Verfahrensvorschrif-
ten missachtet hat. Es ist dem zuständigen Vorgesetzten überlassen, welchen
der zur Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung zu rechnenden Umstände
er das größere und gegebenenfalls ausschlaggebende Gewicht beimisst (Be-
schluss vom 16. Dezember 2008 - BVerwG 1 WB 39.07 - a.a.O. m.w.N.).
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Bei der Erfassung des maßgeblichen Sachverhalts war folgendes zu berück-
sichtigen:
Der strittige Dienstposten ist in seinen drei Aufgabenschwerpunkten sowohl
strukturell als auch inhaltlich maßgeblich durch Erfordernisse einer spezifischen
SASPF-bezogenen Expertise des Dienstposteninhabers und seiner Fähigkeit
zu einer bereichsübergreifenden Koordinierung, Beratung und Zuarbeit (vor-
nehmlich unter dem Aspekt des Personalmanagements) geprägt. Über diese
spezifische Expertise verfügt der Beigeladene nach den Tätigkeits- und Aufga-
benbeschreibungen in seinen planmäßigen Beurteilungen zum 31. März 2008
und zum 31. März 2006 in besonderem Maße. Danach ist er seit dem 1. April
2003 bei P. 2 beziehungsweise der entsprechenden Vorgängerorganisation
eingesetzt. Sein originärer Aufgabenbereich umfasste als SAPF-Aus-
fächerungsoffizier alle Tätigkeiten, die notwendig sind, SAP an den verschiede-
nen Dienststellen einzuführen. Hierzu zählten insbesondere Veränderungsma-
nagement, Soll-Ist-Vergleich der IT-Infrastruktur und die Betreuung der Nutzer.
Er hat beim Koordinieren der Hauptprozesse, der Organisation der Ausbildung
der Projektmitarbeiter der Marine und bei der Bearbeitung der Schnittstellen von
PZO, PJO und EFO SASPF mitgearbeitet und den Dezernats- und Gruppenlei-
ter in allen fachlichen und organisatorischen Belangen unterstützt bzw. diesen
bei Abwesenheit vertreten. Der nächsthöhere Vorgesetzte hat in seiner Stel-
lungnahme zur planmäßigen Beurteilung des Beigeladenen zum 31. März 2008
in den „Aussagen zum Potenzial“ ausgeführt:
„Seine intellektuellen Fähigkeiten, die sich sowohl fachlich
als auch in Wort und Schrift bei der Stabsarbeit manifes-
tieren, befähigen Kapitänleutnant R. auch zu Aufgaben,
die der Stabsoffizierebene zuzurechnen sind. Er kommt
damit für anspruchsvolle Stabsarbeit in den Fachberei-
chen der Amtsebene als auch auf ministerieller Ebene in
Frage. Seine durch langjährig einschlägige Tätigkeit tiefen
Kenntnisse des SASPF-Projektes prädestinieren ihn be-
sonders für Dienstposten mit SASPF-Bezug, sowohl in der
SASPF-Sonderorganisation als auch an Stellen, wo
SASPF eingeführt oder ausgebildet wird, und zwar sowohl
bei der Umsetzung personalbasierter Prozesse als auch
bei querschnittlichen Projektanteilen. Ausdrücklich stelle
ich fest, dass dies keine fachliche Einengung ist, sondern
dass Kapitänleutnant R. in fachlicher und persönlicher
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Hinsicht beachtliche Breite und Tiefe besitzt und ebenso
auch für ‚herkömmliche’ Spitzenverwendungen seiner
Laufbahn/seines Kompetenzbereiches, z.B. als Personal-
führer bei PersABw III/SDBw oder im ZNGBw in Frage
kommt.“
Der Antragsteller ist nach den Tätigkeitsbeschreibungen in den planmäßigen
Beurteilungen 2006 und 2008 als Führer der Datenverarbeitungs-Verbindungs-
stelle tätig gewesen und verantwortlich für die Datenverarbeitungs-Unter-
stützung des Personalwesens im gesamten …amtsbereich; zu seinen Aufgaben
gehören Nutzerbetreuung und Durchführung nicht lehrgangsgebundener Wei-
terbildung der Nutzer, Qualitätssicherung des Datenbestandes, Durchführung
von Fachaufsichtsprüfungen im nachgeordneten Bereich, Informationsbereit-
stellung für die Amtsführung, Nutzungsadministration und die Zuarbeit für den
Prozessbeauftragten Hauptprozess Personal der Marine.
Die vom Bundesminister der Verteidigung vorgenommene Gewichtung der Vor-
verwendungen der Kandidaten als gleichwertig und der Verzicht auf eine stär-
kere Bewertung der Vertretungstätigkeiten des Antragstellers als Prozessbeauf-
tragter Hauptprozess Personal fallen in den Kernbereich des Eignungsurteils,
auf das sich der hier maßgebliche Beurteilungsspielraum bezieht. Für die weite-
re rechtliche Überprüfung ist deshalb davon auszugehen, dass der Antragsteller
ebenso wie der Beigeladene grundsätzlich in gleicher Weise für die Wahrneh-
mung des strittigen Dienstpostens geeignet ist.
cc) Die Auswahlentscheidung zugunsten des Beigeladenen durfte auf dessen
bessere Leistungsbewertung in der aktuellen Beurteilung gestützt werden.
Mit dieser Einschätzung hat der Bundesminister der Verteidigung auf das Aus-
wahlkriterium zurückgegriffen, dass nach der Rechtsprechung und nach den
Bestimmungen über die Beurteilungen der Soldatinnen und Soldaten der Bun-
deswehr (ZDv 20/6) vorrangig heranzuziehen ist (Beschluss vom 23. Februar
2010 - BVerwG 1 WB 36.09 - a.a.O.). Die aktuellsten Beurteilungen des Beige-
ladenen und des Antragstellers sind jeweils zum 31. März 2008 erstellt worden.
Bei diesen Beurteilungen besteht Identität des Beurteilungsstichtages; es er-
folgte eine gleichmäßige Beurteilung nach denselben Beurteilungsrichtlinien. Zu
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berücksichtigen ist aber, dass diese Beurteilung den Antragsteller noch im
Dienstgrad des Kapitänleutnants in der Besoldungsgruppe A 11, den Beigela-
denen hingegen schon im Dienstgrad eines Kapitänleutnants in der Besol-
dungsgruppe A 12 betrachtet hat.
Beziehen sich Beurteilungen konkurrierender Bewerber auf unterschiedliche
Statusämter, so ist nach ständiger Rechtsprechung anzunehmen, dass bei for-
mal gleicher Bewertung die Beurteilung des Soldaten im höheren Statusamt
grundsätzlich besser ist als diejenige des in einem niedrigeren Statusamt be-
findlichen Konkurrenten. Dem liegt die mit den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG
zu vereinbarende Überlegung zugrunde, dass an den Inhaber eines höheren
statusrechtlichen Amtes von vornherein höhere Erwartungen zu stellen sind als
an den Inhaber eines niedrigeren statusrechtlichen Amtes (BVerfG, Kammerbe-
schluss vom 20. März 2007 - 2 BvR 2470/06 - BVerfGK 10, 474 = DVBl 2007,
563; BVerwG, Beschlüsse vom 16. Dezember 2008 - BVerwG 1 WB 39.07 -
a.a.O. Rn. 58 und vom 13. April 2011 - BVerwG 1 WB 21.10 -). Das statusrecht-
liche Amt wird nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsge-
richts grundsätzlich durch die Zugehörigkeit zu einer Laufbahn und Laufbahn-
gruppe, durch das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe und durch die dem
jeweiligen Beamten (oder Soldaten) verliehene Amtsbezeichnung verliehen (Ur-
teil vom 24. Januar 1991 - BVerwG 2 C 16.88 - BVerwGE 87, 310 = Buchholz
237.7 § 28 NWLBG Nr. 8; Beschluss vom 15. Juni 1995 - BVerwG 2 B 16.95 -
Buchholz 240.1 BBesO Nr. 14). Hiernach ist der Beigeladene durch die zum
1. Juli 2006 vollzogene Einweisung in die Besoldungsgruppe A 12 Inhaber ei-
nes höheren statusrechtlichen Amtes als der Antragsteller. Der Beigeladene
erzielte in der aktuellen planmäßigen Beurteilung 2008 auf der neunstufigen
Skala einen besseren Durchschnittswert der Aufgabenerfüllung (7,86) als der
Antragsteller (7,44). Der vom Beigeladenen erzielte Durchschnittswert ist unter
dem Aspekt seines höheren Statusamtes deutlich höher zu bewerten. Dies hat
der Bundesminister der Verteidigung in dem angefochtenen Beschwerdebe-
scheid zutreffend unterstrichen. Damit verfügt der Beigeladene über ein signifi-
kant besseres Leistungsbild aus der maßgeblichen aktuellen dienstlichen Beur-
teilung als der Antragsteller.
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Zu Unrecht macht der Antragsteller eine aus seiner Sicht erforderliche „Relati-
vierung“ seines Durchschnittswerts von 7,44 geltend. Die Aussagen des
nächsthöheren Vorgesetzten über seine Qualität als „Fachmann in der Marine
im Personalwirtschaftssystem“ sind im Abschnitt 8.4 der Beurteilung 2008 auf
das Potenzial des Antragstellers bezogen und beruhen auf einer eigenständi-
gen - prognostischen - Wertung dieses Vorgesetzten, der dabei an den
festgestellten Durchschnittswert in Abschnitt 3.2 gebunden ist. In diesem Zu-
sammenhang lässt der Antragsteller auch unberücksichtigt, dass der nächsthö-
here Vorgesetzte keine Änderungen der Wertungen in Abschnitt 3.1 der Beur-
teilung vorgenommen hat; damit hat er insoweit die Einschätzungen des beur-
teilenden Vorgesetzten und den festgestellten Durchschnittswert der Aufgaben-
erfüllung bestätigt. Davon abgesehen sind die Beurteilungen des Antragstellers
und des Beigeladenen jeweils bestandskräftig geworden. Der Bundesminister
der Verteidigung konnte diese Beurteilungen deshalb mit dem Inhalt, mit dem
sie in Bestandskraft erwachsen sind, der Auswahlentscheidung zugrunde legen
(Beschluss vom 23. Februar 2010 - BVerwG 1 WB 36.09 - a.a.O. Rn. 48 ff.).
c) Da - wie dargelegt - die Auswahlentscheidung des Personalamts in der Ge-
stalt des Beschwerdebescheids des Bundesministers der Verteidigung rechtlich
nicht zu beanstanden ist, erweist sich auch die Ablehnung des Versetzungsan-
trags des Antragstellers im Bescheid des Personalamts vom 28. Januar 2010
als rechtmäßig. Nach Nr. 4 2. Spiegelstrich (ggf. in Verbindung mit Nr. 23) der
Richtlinien zur Versetzung, zum Dienstpostenwechsel und zur Kommandierung
von Soldaten vom 3. März 1988 (VMBl S. 76) in der zuletzt am 9. Juni 2009
(VMBl S. 86) geänderten Fassung kann eine Versetzung oder ein Dienstpos-
tenwechsel verfügt werden, wenn der Soldat diese Maßnahme beantragt und
sie mit dienstlichen Belangen in Einklang zu bringen ist. Mit dienstlichen Belan-
gen ist eine Versetzung oder ein Dienstpostenwechsel nicht in Einklang zu
bringen, wenn der Dienstposten - wie hier - bereits aufgrund einer rechtmäßi-
gen Auswahl- und Verwendungsentscheidung anderweitig besetzt worden ist.
Ohne Erfolg rügt der Antragsteller in diesem Zusammenhang, dass das am
8. Mai 2009 zwischen dem Personalamt und dem …amt erzielte Einvernehmen
vor dem Hintergrund seines erst nachträglich gestellten Versetzungsantrages
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nicht plausibel sei. Das „Einvernehmen“ der personalbearbeitenden Stelle mit
der Dienststelle, bei der der zu besetzende Dienstposten angesiedelt ist, ist für
die materielle Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung nicht relevant. Nach
Nr. 305 ZDv 20/1 („Die Personalführung für die Soldaten der Bundeswehr“) sind
Kommandeure und Einheitsführer beziehungsweise vergleichbare Vorgesetzte
in Kommandobehörden und Stäben in die Planungen der personalbearbeiten-
den Stellen lediglich „einzubeziehen“, um eine hinreichend tragfähige Basis zu
erlangen, die Entscheidungen und Maßnahmen der Personalführung gegen-
über den betroffenen Soldaten zu vermitteln und gegebenenfalls zu erläutern.
Eine eigenständige Mitwirkungs- oder Entscheidungskompetenz wird durch die-
se Verwaltungsvorschriften den in Nr. 305 genannten Vorgesetzten nicht einge-
räumt.
3. Der Bund ist nicht mit den notwendigen Aufwendungen des Beigeladenen im
Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zu belasten. Dies kommt in ent-
sprechender Anwendung des § 21 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 20 Abs. 1
WBO nur dann in Betracht, wenn der Beigeladene im gerichtlichen Verfahren
Anträge stellt und deshalb hinsichtlich der Erstattung seiner notwendigen Auf-
wendungen in derselben kostenrechtlichen Position wie ein Antragsteller zu
sehen ist (Beschluss vom 13. April 2011 - BVerwG 1 WB 21.10 -). Diese Vor-
aussetzung erfüllt der Beigeladene im vorliegenden Verfahren nicht. Er hat sich
im Verfahren nicht geäußert und keine Anträge gestellt.
Golze Dr. Frentz Dr. Langer
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