Urteil des BVerwG vom 09.08.2004

Vertrauensperson, Anhörung, Unterrichtung, Versetzung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
Beschluss
BVerwG 1 WB 28.05
In dem Wehrbeschwerdeverfahren
,
…, …,
- Bevollmächtigte:
Rechtsanwälte …,
…, … -
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz als Vorsitzende,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Widmaier,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Deiseroth
sowie
Oberstleutnant Reinecke
und Stabshauptmann Janssen
als ehrenamtliche Richter
am 20. Juni 2005
b e s c h l o s s e n :
Der Bescheid des Amtschefs des Personalamtes der Bundeswehr vom
9. August 2004 und der Beschwerdebescheid des Bundesministers der Vertei-
digung vom 4. März 2005 werden aufgehoben.
Der Bundesminister der Verteidigung wird verpflichtet, den Antrag des An-
tragstellers vom 23. Mai 2003 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Ge-
richts neu zu bescheiden.
- 2 -
Die dem Antragsteller im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht er-
wachsenen notwendigen Auslagen werden dem Bund auferlegt.
G r ü n d e :
I
Der 1954 geborene Antragsteller ist Berufssoldat, dessen Dienstzeit voraussicht-
lich mit Ablauf des 31. März 2008 enden wird. Er wurde am 18. Januar 2000 zum
Hauptmann (Hptm) ernannt und mit Wirkung vom 1. November 1999 in eine Plan-
stelle der Besoldungsgruppe (BesGr) A 11 eingewiesen. Er gehört der Ausbil-
dungs- und Verwendungsreihe (AVR) … an. Zum 1. Juli 2002 wurde er auf den
nach BesGr A 11 bewerteten Dienstposten Verkehrsoffizier, Teileinheit/Zeile …,
beim Logistikzentrum der Bundeswehr (LogZBw), Teileinheit H., in W. versetzt.
Nach seiner Wahl in den örtlichen Personalrat (ÖPR) bei dem LogZBw im Oktober
2002 wird der Antragsteller seit dem 10. Oktober 2002 unter Nutzung einer Stelle
des zbV-Etats in der BesGr A 11 Z geführt. Der Kommandeur (Kdr) LogZBw stellte
ihn mit Schreiben vom 20. November 2002 von seiner dienstlichen Tätigkeit frei.
Nach der Wiederwahl des Antragstellers in den ÖPR im Mai 2004 wurde seine
Freistellung vom Dienst durch Schreiben des Kdr LogZBw vom 24. Juni 2004
aufrechterhalten. Der Antragsteller ist Vorsitzender des ÖPR beim LogZBw und
darin Sprecher der Gruppe der Soldaten.
Mit Schreiben an das Personalamt der Bundeswehr (PersABw) vom 23. Mai 2003
beantragte der Antragsteller, ihn „auf einen A 12 Dienstposten einzuweisen“; im
Falle der Ablehnung des Antrages bat er um Beteiligung des Personalrates beim
LogZBw.
Auf Aufforderung des PersABw, eine Stellungnahme abzugeben, erklärte der ÖPR
beim LogZBw mit Schreiben vom 16. Juni 2002 (richtig: 2003) unter anderem, es
sei zu vermuten, dass jahrgangsjüngere Soldaten mit schlechterem Leistungsbild
bereits in die BesGr A 12 eingewiesen worden seien. Darin liege eine Benachteili-
gung des Antragstellers. Es werde um Mitteilung der herangezogenen
- 3 -
Vergleichspersonen und um Bekanntgabe der Eignungsreihenfolge für den An-
tragsteller aus Anlass der im Juni 2002 durchgeführten Auswahlkonferenz für
Fachdienstoffiziere gebeten.
Mit Bescheid vom 24. Juni 2003 lehnte das PersABw den Antrag des Antragstel-
lers ab und führte zur Begründung aus, sein Anliegen sei sachgerecht als Antrag
auf Nachzeichnung und (fiktive) Versetzung auf einen Dienstposten der BesGr
A 12 auszulegen. Dieser Antrag sei abzulehnen, weil sich der Antragsteller in der
Auswahlkonferenz A 13/A 12 für Heeresuniformträger, die vom 9. bis 11. Juli 2002
im PersABw durchgeführt worden sei, nicht habe durchsetzen können.
Nachdem der Antragsteller dagegen mit Schreiben vom 9. Juli 2003 Beschwerde
eingelegt hatte, hob das PersABw mit Schreiben vom 10. Oktober 2003 seinen
Bescheid vom 24. Juni 2003 auf und teilte dem Antragsteller mit, dass über seinen
Antrag neu entschieden werde. Mit Schreiben vom 22. Oktober 2003 teilte der
Antragsteller dem PersABw mit, dass er weiterhin im Falle der Ablehnung seines
Antrages die Beteiligung des ÖPR beim LogZBw wünsche.
Im Rahmen der durch Schreiben des PersABw vom 15. Dezember 2003 veran-
lassten Beteiligung der Gruppe der Soldaten/Soldatenvertreter im ÖPR führte die-
ser mit Schreiben vom 27. Februar 2004 gegenüber dem Kdr LogZBw unter ande-
rem aus, dass ihm Informationen vorenthalten würden, die er benötige, um zu ei-
ner sachgerechten Entscheidung zu kommen. Erst nach Vorlage bestimmter er-
gänzender Unterlagen sehe sich der ÖPR im Stande, eine Stellungnahme ab-
zugeben. Es werde daher gebeten, folgende Unterlagen und Daten zur sachge-
rechten Information vorzulegen:
„1. Liste der Vergleichspersonen, die am Anfang der Freistellung des
Hptm K. festgelegt werden musste.
2. Auswahlkriterien, die bei der Auswahlkonferenz (09. - 11. Juli 2002) zur
Entscheidungsfindung beigetragen haben. Die Angaben des Personalam-
tes im Bescheid vom 24.06.2003 sind nicht aussagekräftig und für uns
nicht nachvollziehbar.
3. Nennung der Soldaten, die mit Hptm K. vergleichbar sind und für eine
Förderung A 12/A 13 ausgewählt wurden.
- 4 -
4. Nennung des erforderlichen Beurteilungsdurchschnittes für eine erfolg-
reiche Auswahl.“
Dieses Schreiben war vom stellvertretenden Vorsitzenden des ÖPR und vom stell-
vertretenden Sprecher der Soldatengruppe unterzeichnet.
Der Kdr LogZBw legte dem PersABw diese Äußerung des ÖPR vor und bat, die
geforderten Angaben zur Verfügung zu stellen. Dies lehnte das PersABw mit
Schreiben vom 7. April 2004 mit der Begründung ab, dass weder die Vertrauens-
person noch die Gruppe der Soldaten/Soldatenvertreter einen Anspruch auf In-
formation über den Dienststellenleiter gegenüber den personalbearbeitenden Stel-
len habe. Der Anhörungsanspruch der Vertrauensperson bestehe allein gegen-
über dem nächsten Disziplinarvorgesetzten. Es werde daher erneut der Vertrau-
ensperson (Gruppe der Soldaten/Soldatenvertreter) beim ÖPR Gelegenheit gege-
ben, sich zum Sachverhalt zu äußern.
Mit Schreiben vom 14. Juli 2004, das vom 2. stellvertretenden Vorsitzenden des
ÖPR und dem stellvertretenden Gruppensprecher der Soldaten unterschrieben
war, teilte der ÖPR dem Kdr LogZBw mit, es sei nicht möglich, eine sachgerechte
Stellungnahme zu fertigen, sofern die Bitte nach Informationen nicht erfüllt werde.
Mit Bescheid vom 9. August 2004 lehnte der Amtschef des PersABw den Antrag
ab, den er als Antrag auf Versetzung auf einen nach BesGr A 12 bewerteten
Dienstposten ansah. Zur Begründung führte er aus, dass im Zeitpunkt der Frei-
stellung des Antragstellers im Oktober 2002 durch die Personalführung eine sog.
„Vergleichsgruppe“ erstellt worden sei, die alle Offiziere der AVR … umfasst habe,
die zum Zeitpunkt seiner Freistellung auf einem nach BesGr A 11 bewerteten
Dienstposten geführt und auf den sie im Jahr 1999 förderlich versetzt worden sei-
en. Innerhalb dieser Vergleichsgruppe sei der Antragsteller im Eignungs- und Leis-
tungsvergleich auf Platz 3 in der Rangfolge eingereiht worden. Seit seiner Freistel-
lung sei bisher kein Soldat dieser Vergleichsgruppe auf einen nach BesGr A 12
bewerteten Dienstposten versetzt worden.
Hiergegen legte der Antragsteller mit Schreiben vom 22. August 2004 Beschwerde
ein und machte unter anderem geltend, dass sich die Begründungen der Be-
- 5 -
scheide vom 9. August 2004 und vom 24. Juni 2003 inhaltlich widersprächen. Zu
seinem Antrag habe er total unterschiedliche Aussagen erhalten. Im Zeitpunkt
seiner Freistellung sei er außerhalb seiner ursprünglichen AVR auf einem Dienst-
posten Verkehrsoffizier eingesetzt gewesen. Deshalb habe eine Vergleichsgruppe
mit anderen Verkehrsoffizieren gebildet werden müssen, um Gerechtigkeit zu ge-
währleisten. Außerdem seien ihm persönlich Kameraden bekannt, die jünger im
Lebensjahr seien, derselben Verwendungsreihe angehörten und schlechter als er
beurteilt seien; diese seien gleichwohl für Dienstposten der BesGr A 12 oder A 13
ausgewählt worden. Darüber hinaus habe ein ordnungsgemäßes Anhörungsver-
fahren nach dem Soldatenbeteiligungsgesetz nie stattgefunden. Eine Information
des Personalrates sei nicht erfolgt. Er beantrage auch im Beschwerdeverfahren
die Beteiligung des Personalrates bzw. der zuständigen Vertrauensperson im
LogZBw.
Auf eine entsprechende Aufforderung des Bundesministers der Verteidigung
(BMVg) - PSZ I 7 - erklärte die stellvertretende Vertrauensperson der Offiziere im
ÖPR mit Schreiben vom 12. Januar 2005, dass sie eine sachgerechte Stellung-
nahme als Vertrauensperson nur abgeben könne, wenn folgende ergänzende In-
formationen erteilt würden:
„1. Liste der Vergleichspersonen, die zu Beginn der Freistellung des Hptm
K. festgelegt worden sein müsste.
2. Im Juni 2002 und 2004 hat jeweils eine Auswahlkonferenz für Fach-
dienstoffiziere stattgefunden, in der eine Reihung der Soldaten bezüglich
Förderung vorgenommen wurde. Auch hier bitte ich um Bekanntgabe des
aktuellen Platzes in der Eignungsreihenfolge für Hptm K. Dies insbeson-
dere auch deshalb, weil einerseits gem. Schreiben PersABw-T 5 vom
24.06.03 Hptm K. nicht berücksichtigt worden sei, andererseits gemäß
Schreiben PersABw Amtschef vom 09.08.04 Hptm K. auf Platz 3 der Eig-
nungsreihenfolge gestanden hätte.
3. Nennung des erforderlichen Beurteilungsdurchschnittes für eine erfolg-
reiche Auswahl.“
Diese Informationen wurden nicht erteilt.
- 6 -
Mit Schreiben vom 16. Februar 2005 erklärte die stellvertretende Vertrauensper-
son der Offiziere im ÖPR gegenüber dem Kdr LogZBw, dass sie sich nicht in der
Lage sehe, eine qualifizierte Stellungnahme abzugeben.
Daraufhin wies der BMVg - PSZ I 7 - mit Bescheid vom 4. März 2005 die Be-
schwerde des Antragstellers zurück.
Gegen diese ihm am 10. März 2005 eröffnete Entscheidung richtet sich der Antrag
auf gerichtliche Entscheidung vom 24. März 2005, den der BMVg - PSZ I 7 - mit
seiner Stellungnahme vom 18. Mai 2005 dem Senat vorgelegt hat.
Zur Begründung trägt der Antragsteller insbesondere vor:
Die angefochtenen Bescheide seien rechtswidrig, weil die beantragte Anhörung
nach § 23 Abs. 1 SBG fehlerhaft und unvollständig erfolgt sei. Darüber hinaus
stelle es eine Fürsorgepflichtverletzung dar, dass innerhalb der AVR … die Ver-
gleichsgruppe, in der er betrachtet worden sei, erst gebildet worden sei, nachdem
der im Vergleich zu ihm ungünstiger beurteilte Hptm M. bereits zum 1. Oktober
2002 auf einen nach BesGr A 12 bewerteten Dienstposten versetzt worden sei.
Bereits in dem Auswahlverfahren, welches zur Versetzungsentscheidung zu
Gunsten des Hptm M. geführt habe, hätte er - der Antragsteller - mitbetrachtet
werden müssen. Der Amtschef des PersABw möge erläutern, warum entgegen
den Auswahlkriterien des § 3 SG der leistungsschwächere Hptm M. auf einen
Dienstposten nach BesGr A 12 versetzt worden sei. Es sei der ungute Eindruck
entstanden, dass er - der Antragsteller - in der Auswahlkonferenz im Juli 2002
nicht mitbetrachtet, sondern im Bereich der Verkehrsoffiziere geführt worden sei
und aus diesem Grunde bei der Auswahlkonferenz keine Berücksichtigung gefun-
den habe. Im Übrigen sei unzutreffend, dass er nur vorübergehend auf einem sei-
ner AVR fremden Dienstposten als Verkehrsoffizier eingesetzt werden sollte. Die
zugrunde liegende Versetzungsverfügung habe eine voraussichtliche Verwen-
dungsdauer bis zum 30. Juni 2005, mithin drei Jahre, vorgesehen. Eine derartige
Zeitspanne könne nicht nur als vorübergehende Verwendung bezeichnet werden.
Der Antragsteller beantragt,
- 7 -
den Bescheid des Amtschefs des PersABw vom 9. August 2004 und den
Beschwerdebescheid des BMVg vom 4. März 2005 aufzuheben und den
Amtschef des PersABw zu verpflichten, über seinen Antrag vom 23. Mai
2003 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu ent-
scheiden.
Der BMVg beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Auch als freigestelltes Mitglied des ÖPR habe der Antragsteller keinen Anspruch
auf eine bestimmte Verwendung oder auf einen bestimmten Dienstposten. Er sei
nach der Maßgabe der Richtlinie für die Förderung vom Dienst freigestellter Sol-
datinnen und Soldaten vom 11. Juli 2002 bei Auswahlentscheidungen stets auf-
grund der Zuordnung zu einer Vergleichsgruppe mitbetrachtet worden. Dabei sei-
en die Zugehörigkeit zur selben AVR bzw. zu demselben Verwendungsbereich,
zum im Wesentlichen gleichen Werdegang und das Beurteilungs-, Eignungs- und
Leistungsbild nach einer ganzheitlichen Betrachtung maßgeblich gewesen. Im
Falle des Antragstellers sei seine Zugehörigkeit zur Kraftfahrzeug-/Panzertechnik
(AVR …) berücksichtigt worden. Innerhalb einer Vergleichsgruppe dieser AVR von
zehn Soldaten sei der Antragsteller auf der Grundlage seiner letzten Beurteilung
aus dem März 2002 gereiht worden und habe den dritten Platz belegt. Diese Stufe
seiner fiktiven Verwendungsplanung habe nach wie vor Bestand. Bisher sei nur
der in der Eignungsreihenfolge auf Platz 1 gesetzte Soldat zum 1. November 2004
auf einen Dienstposten der BesGr A 12 versetzt, in die entsprechende Planstelle
jedoch noch nicht eingewiesen worden. Soweit der Antragsteller die Förderung
des Hptm Müller beanstande, sei dessen Versetzung auf einen nach BesGr A 12
dotierten Dienstposten beim Stab II. Korps in U. nicht Gegenstand des Beschwer-
deverfahrens gewesen. Eine Versetzung des Antragstellers auf einen nach BesGr
A 12 bewerteten Dienstposten sei auch deshalb nicht in Frage gekommen, weil
der Antragsteller in seiner Beurteilung vom 31. März 2002 keinen eindeutigen
Vorschlag für eine derartige Verwendung erhalten habe.
Das Beteiligungsverfahren nach § 23 Abs. 1 und § 30 Satz 3 SBG sei ordnungs-
gemäß durchgeführt worden. Die Gruppe der Soldaten im Personalrat bzw. die
Vertrauensperson der Offiziere im Personalrat beim LogZBw hätten unter Berück-
- 8 -
sichtigung des Beschlusses des Senats vom 18. Januar 1994 - BVerwG 1 WB
14.93 - keinen mittelbaren oder unmittelbaren Informationsanspruch gegenüber
den personalbearbeitenden Dienststellen. Der Informationsanspruch sei aus-
schließlich gegen den nächsten Disziplinarvorgesetzten gerichtet.
Wegen des Vorbringens im Einzelnen wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Be-
teiligten und der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des BMVg - PSZ I
7 - 251/05 - sowie die Personalgrundakte des Antragstellers, Hauptteile A bis C
haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
II
Der Antrag ist zulässig und begründet.
Nach § 8 BPersVG dürfen Personalratsmitglieder wegen ihrer Tätigkeit hinsichtlich
ihrer beruflichen Entwicklung weder benachteiligt noch begünstigt werden. Ferner
darf nach § 46 Abs. 3 Satz 6 BPersVG auch die Freistellung eines Personalrats-
mitglieds nicht zur Beeinträchtigung des beruflichen Werdeganges führen. Dies gilt
für Soldatenvertreter im Personalrat entsprechend (§§ 48, 51 Abs. 3 Satz 1 SBG).
Ein vom Dienst freigestellter Soldat als Personalratsmitglied hat allerdings wie je-
der andere Soldat grundsätzlich keinen Anspruch auf eine bestimmte örtliche oder
fachliche Verwendung oder auf Verwendung auf einem bestimmten Dienstposten.
Vielmehr entscheidet über seine Verwendung der zuständige militärische Vorge-
setzte nach Maßgabe des dienstlichen Bedürfnisses nach seinem pflichtgemäßen
Ermessen, wobei die ihm obliegende Fürsorgepflicht dem Soldaten gegenüber
angemessen zu berücksichtigen ist. Dies gilt auch dann, wenn für das Personal-
ratsmitglied eine fiktive Versetzung in Betracht zu ziehen ist (Beschlüsse vom
7. November 1991 - BVerwG 1 WB 160.90 -
244 = ZBR 1992, 177>, vom 29. Juli 1997 - BVerwG 1 WB 23.97 -
236.1 § 10 SG Nr. 23 = ZBR 1997, 402 [LS]> und vom 23. Juni 2004 - BVerwG
1 WB 25.03 -). Die getroffene Ermessensentscheidung ist gerichtlich nur darauf
überprüfbar, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder
- 9 -
von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden
Weise Gebrauch gemacht worden ist (§ 114 VwGO analog; Beschlüsse vom
30. Juli 1980 - BVerwG 1 WB 79.79 - und vom 23. Juni
2004 - BVerwG 1 WB 25.03 -). Die vom Antragsteller angestrebte Verpflichtung
des BMVg, seinen Antrag auf Versetzung auf einen nach BesGr A 12 bewerteten
Dienstposten neu zu bescheiden, besteht dann, wenn die angegriffenen Beschei-
de Ermessensfehler im dargelegten Sinne aufweisen und die Sache nicht spruch-
reif ist. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
Der angefochtene Ablehnungsbescheid des Amtschefs des PersABw vom
9. August 2004 in Gestalt des Beschwerdebescheides des BMVg vom 4. März
2005 ist wegen eines Ermessensfehlers rechtswidrig. Denn vor der Ablehnungs-
entscheidung erfolgte keine rechtsfehlerfreie Anhörung nach § 20 i.V.m. § 23
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SBG zu der vom Antragsteller beantragten Versetzung; des-
halb sind die gesetzlichen Grenzen des Ermessens nicht eingehalten worden.
Das Bundesministerium der Verteidigung hat das ihm in diesem Zusammenhang
zustehende Ermessen unter Beachtung der in §§ 8, 46 Abs. 3 BPersVG normier-
ten Vorgaben rechtsfehlerfrei in der „Richtlinie für die Förderung vom Dienst frei-
gestellter Soldatinnen und Soldaten“ vom 11. Juli 2002 - PSZ I 1 - Az 16-32-
00/28 - dahin gebunden, dass freigestellte Soldatinnen/Soldaten wie alle Solda-
tinnen/Soldaten mit gleichen Laufbahnvoraussetzungen zu fördern und regelmäßig
in die Planungsvorgänge für die Dienstpostenbesetzung einzubeziehen sind
(Nrn. 1, 3 der Richtlinie). Sie sind nach Nr. 3.1 der Richtlinie während ihrer Frei-
stellung - gegebenenfalls zunächst fiktiv - eignungs-, befähigungs- und leistungs-
gerecht auf einen höher bewerteten Dienstposten zu versetzen. Nach Nr. 3.2 der
Richtlinie ist der Zeitpunkt der fiktiven Versetzung auf einen höher bewerteten
Dienstposten durch die personalbearbeitende Stelle festzustellen und ihnen
schriftlich mitzuteilen.
Die beabsichtigte Ablehnung einer derartigen Versetzung löst eine Beteiligungs-
pflicht nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SBG aus. Eine Versetzung stellt nach dieser
Vorschrift nicht nur eine beteiligungsfähige, sondern in der Regel auch eine betei-
ligungspflichtige Maßnahme dar (Beschluss vom 27. Februar 2003 - BVerwG
- 10 -
1 WB 57.02 -
2003, 212 = NVwZ-RR 2003, 512 = DVBl 2003, 754 = DokBer 2003, 281>). Ein
Ausnahmefall liegt hier nicht vor.
Auf das Schreiben des PersABw vom 15. Dezember 2003 an den Kdr LogZBw,
die Gruppe der Soldaten/Soldatenvertreter beim ÖPR zum Sachverhalt anzuhö-
ren, hat der ÖPR mit dem vom stellvertretenden Vorsitzenden sowie vom stellver-
tretenden Sprecher der Soldatengruppe unterzeichneten Schreiben vom 27. Feb-
ruar 2004 eine Erklärung abgegeben und um Beantwortung von vier einzelnen
Fragen gebeten. Beim LogZBw handelt es sich gemäß Anlage 4/1
17. Spiegelstrich ZDv 10/2 um eine Dienststelle im Sinne des § 49 Abs. 1 Satz 1
SBG, so dass nach § 52 Abs. 1 Satz 1 SBG „die Soldatenvertreter“, also die in
dieser Dienststelle in den Personalrat gewählten Soldaten, in Angelegenheiten, die
nur die Soldaten betreffen, die Befugnisse der Vertrauensperson haben. Eine sol-
che „Angelegenheit“ ist die Versetzung i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB. § 52
Abs. 1 Satz 1 SBG knüpft an die Regelung in § 38 BPersVG an, die gemäß § 48
Satz 1 und § 49 Abs. 2 Satz 3 SBG (mit Ausnahme von Angelegenheiten nach der
Wehrbeschwerdeordnung und der Wehrdisziplinarordnung) auch in den
personalratsfähigen Dienststellen der Bundeswehr anzuwenden ist. § 38 Abs. 2
Satz 1 BPersVG bestimmt, dass in Angelegenheiten, die lediglich die Angehörigen
einer Gruppe betreffen, nach gemeinsamer Beratung im Personalrat nur die Ver-
treter dieser Gruppe zur Beschlussfassung berufen sind. Damit werden durch § 52
Abs. 1 Satz 1 SBG dem Personalrat in Gestalt der zur Entscheidung berufenen
Soldatenvertreter Beteiligungsrechte nach § 23 SBG zugewiesen (so auch Be-
schluss vom 1. November 2001 - BVerwG 6 P 10.01 -
Buchholz 252 § 52 SBG Nr. 2 = RiA 2003, 35 = PersV 2002, 73
>).
Demzufolge
war nach § 52 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SBG der Personalrat
in Gestalt der zur Entscheidung berufenen Soldatenvertreter vom Kdr LogZBw als
Dienststellenleiter (§ 52 Abs. 1 Satz 2 SBG i.V.m. § 7 Satz 1 BPersVG) und
nächster Disziplinarvorgesetzter (§ 20 Satz 1, § 23 Abs. 1 Satz 1 SBG) anzuhö-
ren.
Diese Anhörung entsprach jedoch nicht den gesetzlichen Anforderungen in § 20
und § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SBG. Denn der ÖPR beim LogZBw hatte durch sei-
nen stellvertretenden Vorsitzenden und den stellvertretenden Sprecher der Solda-
- 11 -
tengruppe den Kdr LogZBw mit dem genannten Schreiben vom 27. Februar 2004
zur sachgerechten Beratung vor Abgabe einer Stellungnahme um weitere Infor-
mationen zu insgesamt vier Fragen und somit um eine umfassende Unterrichtung
im Sinne des § 52 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 20 und § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SBG
gebeten. Diese Unterrichtung ist nicht erfolgt.
Nach den vorbezeichneten Vorschriften haben die Soldatenvertreter (im Personal-
rat) in Angelegenheiten, die nur die Soldaten betreffen, mithin also auch bei der
Ablehnung einer Versetzung, „die Befugnisse einer Vertrauensperson“. Sie bilden
gemäß § 49 Abs. 2 Satz 1 SBG eine weitere Gruppe im Sinne des § 5 BPersVG.
Auch wenn gemäß der Vorschrift des § 38 Abs. 2 BPersVG, die nach § 49 Abs. 2
Satz 3 SBG (außer in Angelegenheiten nach der Wehrbeschwerde- und der
Wehrdisziplinarordnung) für die in den Personalrat gewählte Gruppe der Soldaten
Anwendung findet, nur die „Vertreter dieser Gruppe“, also die Soldatenvertreter im
Personalrat zur Beschlussfassung berufen sind, wird durch die in § 52 Abs. 1
Satz 1 SBG erfolgte Befugniszuweisung der Status der Soldatenvertreter als
Gruppe innerhalb des Personalrates nicht geändert. Sie sind integrierter Teil des
Personalrates (Beschlüsse vom 24. September 1985 – BVerwG 6 P 21.83 -
und vom 19. Februar
1987 – BVerwG 6 P 11.85 -
510>) und kein eigenständiges Vertretungsorgan im Sinne des § 1 Abs. 2 SGB.
Demgemäß wird nach § 32 Abs. 3 Satz 2 BPersVG auch in Angelegenheiten, die
nur eine Gruppe (hier: die der Soldaten) des Personalrates betreffen, der Perso-
nalrat durch seinen Vorsitzenden, und wenn dieser nicht der Gruppe (der Solda-
ten) angehört, durch diesen gemeinsam mit einem der Gruppe angehörenden
Vorstandsmitglied vertreten. Das Anhörungsbegehren ist demzufolge in einer von
§ 52 Abs. 1 Satz 1 SBG i.V.m. § 23 Abs. 1 Nr. 1 SBG erfassten Angelegenheit von
der anhörenden Stelle an den in der genannten Weise vertretenen Personalrat zu
richten, wobei dann allein die in ihm vertretenen Soldatenvertreter zur Be-
schlussfassung über die abzugebende Stellungnahme befugt sind. Anschließend
ist die von den Soldatenvertretern (allein) beschlossene Stellungnahme durch die
nach § 49 Abs. 2 Satz 2 SBG i.V.m. § 32 Abs. 3 Satz 2 BPersVG Vertretungsbe-
rechtigten, nämlich den Vorsitzenden des Personalrates gegebenenfalls gemein-
- 12 -
sam mit einem der Gruppe der Soldaten angehörenden Vorstandsmitglied, an die
anhörende Stelle zu übermitteln.
Die Befugnis, wie eine Vertrauensperson bei beteiligungspflichtigen Maßnahmen
und Entscheidungen „rechtzeitig und umfassend“ unterrichtet zu werden, steht
dem Personalrat in Gestalt der Soldatenvertreter zu. Diese Verpflichtung trifft, wie
sich aus § 23 Abs. 1 Satz 1 SBG unzweideutig ergibt, „den nächsten Disziplinar-
vorgesetzten“ (vgl. Beschluss vom 24. März 2004 - BVerwG 1 WB 46.03 -
),
hier also den Dienststellenleiter in Gestalt des Kdr LogZBw. Der nächste Diszipli-
narvorgesetzte ist nach § 20 Satz 1, § 23 Abs. 1 Satz 1 SBG für die ordnungsge-
mäße Information und Beteiligung der Vertrauensperson und damit auch gemäß
§ 52 Abs. 1 Satz 1 SBG des Personalrates in Gestalt der Soldatenvertreter ver-
antwortlich. Dies gilt ohne Rücksicht darauf, welche Stelle in der Sache die Per-
sonalentscheidung trifft. Denn das Gesetz hat in Abwägung der damit verbunde-
nen Vor- und Nachteile bewusst die anhörende Stelle von der personalbearbei-
tenden Stelle getrennt. § 23 Abs. 1 Satz 1 SBG begründet freilich keinen Anspruch
auf ein Anhörungs- und Informationsrecht im Sinne des § 20 Satz 1 SBG ge-
genüber anderen Personen/Stellen als dem nächsten Disziplinarvorgesetzten;
anderes ergibt sich auch nicht aus § 18 SBG (Beschluss vom 24. März 2004
- BVerwG 1 WB 46.03 - m.w.N.).
Die sich aus § 20 Satz 1 SBG ergebende Verpflichtung, die Vertrauensperson und
damit gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1 SBG in Angelegenheiten, die nur die Soldaten
betreffen, auch den Personalrat in Gestalt der Soldatenvertreter rechtzeitig und
umfassend zu unterrichten, erfordert die Mitteilung sämtlicher Informationen, die
im Hinblick auf die Aufgaben und Befugnisse der anzuhörenden Stelle innerhalb
ihres Zuständigkeitsbereichs für eine sachgerechte Beurteilung der beteiligungs-
pflichtigen Maßnahme und des dieser zugrunde liegenden Sachverhalts von Be-
deutung sind. Der genaue Gegenstand und der Umfang der mitzuteilenden Infor-
mationen richten sich nach den Umständen des Einzelfalles. Maßgeblich sind da-
bei neben den Aufgaben und Befugnissen der anzuhörenden Stelle die rechtlichen
Voraussetzungen sowie diejenigen Kriterien der beteiligungspflichtigen
Maßnahme, die voraussichtlich für die spätere Entscheidung - hier für die Ableh-
- 13 -
nung der beantragten Maßnahme - maßgeblich sind. Nicht von der Pflicht zur
rechtzeitigen und umfassenden Information erfasst sind damit Umstände, die sich
nicht auf die konkret zu treffende Maßnahme beziehen, dafür ohne jede Relevanz
sind oder lediglich die (vorbereitende) interne Entscheidungsfindung auf Seiten
des Dienstherrn betreffen (z.B. Aktenvermerke zu Telefonaten mit der vorgesetz-
ten Dienststelle). Maßgebend ist dabei ein objektiver Maßstab. Außerdem stehen
der Vertrauensperson bzw. dem Personalrat in Gestalt der Soldatenvertreter keine
Informationsrechte über personenbezogene Daten zu, die datenschutzrechtlich für
dritte Personen geschützt sind.
Dies ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut und dem Regelungszusammenhang als
auch aus der Entstehungsgeschichte und dem daraus ableitbaren Zweck der Re-
gelung.
Die im Gesetz normierte Verpflichtung, die Vertrauensperson und damit auch den
Personalrat in Gestalt der Soldatenvertreter nicht nur rechtzeitig, sondern auch
„umfassend“ zu unterrichten, verlangt zwingend, alle Informationen zur Verfügung
zu stellen, die den Gegenstandsbereich der anhörungspflichtigen Maßnahme
betreffen und - im Hinblick auf die Aufgaben und Befugnisse nach einem objekti-
ven Maßstab - für die Abgabe der Stellungnahme zu der anstehenden Personal-
entscheidung von Relevanz sind. Die gesetzliche Regelung schließt nach dem
Normtext mithin eine Verweigerung solcher entscheidungsrelevanter Informatio-
nen aus, die nach der subjektiven Einschätzung des Dienststellenleiters, der per-
sonalbearbeitenden Stelle oder des BMVg nur unwesentliche Bedeutung für die
anhörungspflichtige Maßnahme haben. Maßgeblich ist vielmehr eine objektive Be-
trachtung, die die erforderliche Vollständigkeit („umfassend“) der mitzuteilenden
Informationen nach ihrer objektiven Entscheidungsrelevanz unter Berücksichti-
gung der Aufgaben und Befugnisse der anzuhörenden Stelle bemisst.
Auch der Regelungszusammenhang spricht für diese Auslegung. Da die umfas-
sende Unterrichtungspflicht eine besondere Ausprägung der in § 18 SBG veran-
kerten allgemeinen Grundsätze zur engen Zusammenarbeit (Abs. 2) und zur Un-
terstützungspflicht (Abs. 3) darstellt, darf der Disziplinarvorgesetzte keine objektiv
entscheidungsrelevanten Informationen zurückhalten. Aus § 18 Abs. 3 Satz 3
- 14 -
Halbsatz 1 SBG, wonach auch die Möglichkeit der Einsichtnahme in die „erforder-
lichen Unterlagen“ zu eröffnen ist, folgt zudem, dass selbst hinsichtlich der schrift-
lichen Informationsgrundlagen, die in der Regel nur eine Teilmenge aus der Ge-
samtheit aller zur Verfügung stehenden Informationen darstellen, lediglich eine
Beschränkung auf das Erforderliche, nicht jedoch darüber hinaus erfolgen darf.
Zudem ist die in § 20 Satz 1 SBG normierte Pflicht zur rechtzeitigen und umfas-
senden Information mit der in den folgenden Sätzen 2 und 3 des § 20 SBG zum
Ausdruck kommenden Zielsetzung verknüpft: Die rechtzeitige und umfassende
Informationsgewährung soll die Grundlage dafür schaffen, dass die anzuhörende
Stelle die ihr vom Gesetz eingeräumte Gelegenheit zur Stellungnahme (Satz 2) zu
den beabsichtigten Maßnahmen und zu deren Erörterung (Satz 3) hinreichend
wahrnehmen kann. Eine sachgerechte Stellungnahme und eine sachdienliche
Erörterung setzen eine entsprechende Auseinandersetzung mit dem Anhörungs-
tatbestand voraus, die aber nur bei hinreichender, vorausgehender Durchdringung
des Sachverhalts und unter Berücksichtigung aller entscheidungsrelevanten Um-
stände erreicht werden kann. Das in § 18 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 2 SBG normierte
Einwilligungserfordernis des Betroffenen hinsichtlich der Einsichtnahme in seine
Personalakte macht außerdem deutlich, dass sich der Gesetzgeber mit der Frage
der Einschränkung der Pflicht zur Weitergabe von Informationen an die Vertrau-
ensperson auseinander gesetzt hat. Dem lässt sich entnehmen, dass er die Erfül-
lung der Pflicht zur (rechtzeitigen und) umfassenden Unterrichtung im Übrigen
nicht vom Willen und der Entscheidung anderer (namentlich der personalbearbei-
tenden Stelle) abhängig machen wollte.
Auch die Entstehungsgeschichte der genannten Regelungen spricht für diese
Auslegung. In der Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Ersten
Gesetzes zur Änderung des Soldatenbeteiligungsgesetzes vom 9. Oktober 1996
heißt es:
„Dem Disziplinarvorgesetzten wird die Pflicht auferlegt, die Vertrauensperson
nicht nur rechtzeitig, sondern auch umfassend zu informieren. Durch das
Merkmal ‚umfassend’ soll erreicht werden, dass die Vertrauensperson vor
Abgabe einer Stellungnahme zu einer beabsichtigten Maßnahme über die
entscheidungserheblichen Tatsachen unterrichtet ist. Diesem Ziel dient auch
die Einräumung der Möglichkeit, in die erforderlichen Unterlagen Einsicht zu
nehmen. Die Pflicht des Vorgesetzten, die Stellungnahme der Vertrauens-
- 15 -
person in seine Überlegungen einzubeziehen, wird durch die Erörterung ver-
stärkt.“ (BTDrucks 13/5740, S. 18 zu Nr. 17 <§ 20>).
Im weiteren Gesetzgebungsverfahren ist diese Zielsetzung nicht in Frage gestellt
worden. Die Anknüpfung an das Merkmal der Entscheidungserheblichkeit de-
monstriert, dass der Gesetzgeber den Umfang der Unterrichtung nicht dem Belie-
ben des Anhörenden, dessen vorgesetzten Dienststellen oder der personalbear-
beitenden Stelle anheim gestellt sehen wollte. Zugleich wird damit zum Ausdruck
gebracht, dass nicht alle mit dem in Rede stehenden Sachverhalt in irgendeiner
Weise in Verbindung stehenden, sondern eben „lediglich“ diejenigen Tatsachen
mitzuteilen sind, die für die Entscheidung von Relevanz sind. Mit dieser Regelung
war ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
(BTDrucks 13/5740 S. 1) ausdrücklich namentlich die Zielsetzung einer „Stärkung
der Beteiligungsmöglichkeiten der Vertrauensperson in den Streitkräften durch
qualitative und quantitative Erweiterung der Beteiligungstatbestände“ sowie einer
„vertiefte(n) Integration der Vertreter der Soldaten in die Regelungen des Bundes-
personalvertretungsgesetzes“ verbunden. In § 20 SBG alter Fassung (a.F.) vom
16. Januar 1991 (BGBl I S. 47) war eine solche umfassende Unterrichtungspflicht
im Normtext noch nicht vorgesehen; die Anhörung war lediglich mit einer rechtzei-
tigen (nicht: umfassenden) Mitteilung der anhörungspflichtigen Maßnahmen und
Entscheidungen verbunden. Allerdings war in § 18 Abs. 3 Satz 2 SBG a.F. bereits
die allgemeine Pflicht zur umfassenden Unterrichtung der Vertrauensperson als
ein Grundsatz für die Zusammenarbeit normiert. Sie war der damaligen Vorgän-
gerregelung in § 35 Abs. 5 Satz 2 SG (in der Fassung der Bekanntmachung vom
19. August 1975, BGBl I S. 2273) entnommen worden, wonach der Vertrauens-
mann über Angelegenheiten, die seine Aufgaben betreffen, rechtzeitig und um-
fassend zu unterrichten war. Die sich auch auf die Neuregelung des § 20 SBG
beziehende allgemeine Zielsetzung, die Beteiligungsmöglichkeiten der Vertrau-
ensperson zu stärken, belegt mithin, dass der Gesetzgeber die frühere gesetzliche
Regelung jedenfalls im Rahmen der Anhörung der Vertrauensperson bzw. des
Personalrates in Gestalt der Soldatenvertreter durch den Disziplinarvorgesetzten
für unzureichend hielt und deshalb durch Einfügung des Tatbestandsmerkmals
„umfassend“ erweitern wollte. Eine restriktive Interpretation der Vorschrift wäre mit
dieser Regelungsabsicht nicht zu vereinbaren.
- 16 -
Für die dargelegte Auslegung spricht letztlich auch der erkennbare Regelungs-
zweck. Wie sich aus § 1 Abs. 1 SBG ergibt, soll die Beteiligung der Soldaten, die
gemäß § 1 Abs. 2 SBG durch Vertrauenspersonen, Gremien der Vertrauensper-
sonen oder Personalvertretungen vertreten werden, nach den Bestimmungen des
Gesetzes zu einer wirkungsvollen Dienstgestaltung und zu einer fürsorglichen Be-
rücksichtigung der Belange des Einzelnen beitragen. Dieser doppelten gesetzli-
chen Zielsetzung, sowohl zu einer wirkungsvollen Dienstgestaltung als auch zu
einer fürsorglichen Berücksichtigung der Belange des Einzelnen beizutragen, kön-
nen die Vertrauensperson bzw. der Personalrat in Gestalt der Soldatenvertreter
nur gerecht werden, wenn die dafür erforderlichen Informationen nicht vorenthal-
ten werden. Auch die in § 18 Abs. 2 SBG normierte Grundsatzverpflichtung der
Vertrauensperson (bzw. des Personalrates in Gestalt der Soldatenvertreter) und
des Disziplinarvorgesetzten, im Interesse der Soldaten des Wahlbereiches und zur
Erfüllung des Auftrages der Streitkräfte mit dem Ziel der Verständigung „eng
zusammen“ zu arbeiten, kann nur dann sachgerecht erfüllt werden, wenn die In-
formationsgewährung nicht einseitig durch den Disziplinarvorgesetzten oder ande-
re Dienststellen der Bundeswehr beschränkt wird. Aufgrund der teilweise unter-
schiedlichen Interessenlage beider Seiten ist es von besonderer Bedeutung, dass
die Vertrauensperson (bzw. der Personalrat in Gestalt der Soldatenvertreter), die
gegenüber der anhörenden Stelle gleichgeordnet ist (vgl. Beschluss vom 5. März
1981 - BVerwG 1 WB 155.80 -; Wolf, SBG, 2005, § 18 RdNr. 10), hinsichtlich der
anhörungspflichtigen Maßnahme über ein Informationsniveau verfügt, das eine
verantwortliche Stellungnahme im Hinblick auf die in § 1 Abs. 1 und § 18 Abs. 2
SBG normierten Zielsetzungen gewährleistet. Demzufolge erfordert der Rege-
lungszweck der rechtzeitigen und umfassenden Unterrichtungspflicht im Rahmen
der Anhörung nach § 20 SBG, die Vertrauensperson bzw. den Personalrat in Ge-
stalt der Soldatenvertreter über jede anhörungspflichtige Maßnahme so in Kennt-
nis zu setzen, dass sie sich bei der gebotenen objektiven Betrachtung ein hinrei-
chend genaues eigenes Bild von der Sach- und Rechtslage als Grundlage für ihre
anschließend abzugebende Stellungnahme machen können. Es soll ihnen damit
ferner ermöglicht werden, die erhaltenen Informationen zu prüfen und gegebenen-
falls auch mit der/dem betroffenen Soldatin/Soldaten zu erörtern (vgl. auch Nr. 237
ZDv 10/2; ebenso Truppendienstgericht Süd, Beschluss vom 22. März 1995 - S 6
- 17 -
BLb 3/95 -; Müller, Die Beteiligungsrechte der Soldaten in den Streitkräften der
Bundeswehr, 2001, S. 82). Die Vertrauensperson bzw. der Personalrat in Gestalt
der Soldatenvertreter sollen so in die Lage versetzt werden, im Rahmen der
Anhörung und der dabei abzugebenden Stellungnahme selbstverantwortlich einen
fundierten Beitrag in der Sache hinsichtlich der anhörungspflichtigen Maßnahme
zu leisten. Dadurch soll der personalbearbeitenden Stelle zu einer möglichst um-
fassenden Beurteilung der Sach- und Rechtslage verholfen werden. Werden die
Vertrauensperson bzw. der Personalrat in Gestalt der Soldatenvertreter in diesem
Sinne umfassend unterrichtet, können sie entsprechend des § 1 Abs. 1 SBG nicht
nur zu einer wirkungsvollen Dienstgestaltung, sondern auch zu einer fürsorglichen
Berücksichtigung der Belange des betroffenen Soldaten beitragen. Dies fördert in
aller Regel beim Betroffenen auch die Akzeptanz der später unter
Berücksichtigung des Anhörungsergebnisses getroffenen Entscheidung der
zuständigen Stelle. Das setzt freilich voraus, dass der betroffene Soldat die Ge-
wissheit hat, dass seine Interessenlage bei der zu treffenden Entscheidung hin-
sichtlich aller relevanten Gesichtspunkte hinreichend berücksichtigt worden ist,
was sich aber u.a. nur dadurch erreichen lässt, dass die Vertrauensperson bzw.
der Personalrat in Gestalt der Soldatenvertreter im Rahmen der Anhörung nach
§ 20 SBG im dargelegten Sinne umfassend informiert worden sind. Ohne eine
solche umfassende Information wäre die vom Gesetz vorgesehene Anhörung
letztlich eine leere Formel.
Dieses Auslegungsergebnis der Regelung in § 52 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 20 Satz 1
SBG entspricht auch der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Pflicht des
Dienststellenleiters zur rechtzeitigen und umfassenden Unterrichtung der Perso-
nalvertretung, wie sie in § 68 Abs. 2 Satz 1 BPersVG vorgesehen ist, und damit
der mit der gesetzlichen Neuregelung verbundenen allgemeinen Zielsetzung einer
"vertiefte(n) Integration der Vertreter der Soldaten in die Regelungen des Bundes-
personalvertretungsgesetzes" (BTDrucks 13/5740, S. 1) . Zwar sind die im Bun-
despersonalvertretungsgesetz geregelten Aufgaben und Befugnisse des Perso-
nalrates nicht mit denjenigen einer Vertrauensperson bzw. des Personalrates in
Gestalt der Soldatenvertreter deckungsgleich. In beiden Regelungsbereichen se-
hen die gesetzlichen Vorschriften jedoch übereinstimmend vor, dass der jeweilige
Dienststellenleiter über beabsichtigte Maßnahmen und Entscheidungen, zu denen
- 18 -
eine Beteiligung stattzufinden hat, „rechtzeitig und umfassend“ zu unterrichten hat.
Nach der Rechtsprechung des für das Personalvertretungsrecht zuständigen
6. Senats des Bundesverwaltungsgerichts haben sich Art und Umfang der Unter-
richtung des Personalrates am Maßstab der Erforderlichkeit auszurichten. Ent-
scheidend ist, was der Personalrat nach Lage der Dinge für erforderlich halten
darf. Es gilt insoweit auch im Personalvertretungsrecht ein objektiver Maßstab
(vgl. u.a. Beschluss vom 9. Oktober 1996 - BVerwG 6 P 1.94 -
§ 79 BPersVG Nr. 4 = NVwZ-RR 1997, 551 = RiA 1997, 197 = PersV 1997, 171>).
Für eine objektive Betrachtung sprechen neben dem Wortlaut der Regelung, die
auf den Maßstab der Erforderlichkeit abstellt, auch die Erfordernisse des Daten-
schutzes. Das Merkmal der Erforderlichkeit ermöglicht eine angemessene Be-
rücksichtigung dieser Belange. Es trägt dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
Rechnung, ohne die Aufgabenerfüllung und die Wahrnehmung der Befugnisse des
Personalrates unnötig einzuschränken. Das bedingt allerdings notwendig, dass
sich das Maß des „Erforderlichen“ dort, wo Differenzierungen möglich sind, an den
Umständen des Einzelfalles auszurichten hat. Ausschlaggebend muss daher sein,
ob der Personalrat eine Information als für die ihm obliegende Prüfung bedeutsam
halten darf. Auch bei der Beteiligung des Personalrates nach dem
Bundespersonalvertretungsgesetz ist es nicht dessen Sache, zunächst einmal
- tendenziell unbegrenzt - alles potentiell erhebliche Abwägungsmaterial vom
Dienststellenleiter anzufordern und erst danach aufgrund wertender Betrachtung
das aufzugreifen, was er im Einzelfall für berücksichtigenswert hält. Ebenso wie
der Personalrat nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz sind auch die Ver-
trauensperson und der Personalrat in Gestalt der Soldatenvertreter keine mit all-
gemeinen Aufsichtsbefugnissen ausgestatteten Kontrollorgane, die der Rechts-
und Sachaufsicht nebengeordnet wären (so auch Beschluss vom 22. Dezember
1993 - BVerwG 6 P 26.92 -). Maßstab ist vielmehr der Standpunkt einer "objekti-
ven" Personalvertretung (Beschlüsse vom 26. Januar 1994 - BVerwG 6 P 21.92 -
= PersV 1994, 539> und vom 9. Oktober 1996 - BVerwG 6 P 1.94 - ), d.h.
die Sichtweise einer Personalvertretung, die alle von der beabsichtigten Maßnah-
me im Einzelfall betroffenen Belange umfassend und vertretbar würdigt. Das ge-
forderte Maß an Objektivität geht dabei freilich nicht soweit, dass der spezifische
Blickwinkel des kollektiven und/oder individuellen Schutzauftrages der Personal-
- 19 -
vertretung zu vernachlässigen wäre. Eine vertretbare Würdigung der Rechtslage
durch sie muss ausreichen, um einen Anspruch auf diejenigen Informationen aus-
zulösen, die auf dieser Grundlage als erforderlich anzusehen sind. Ein objektiv
vertretbarer Standpunkt der Personalvertretung ist daher für die Bestimmung des
Umfangs des ihr zustehenden Informationsanspruchs maßgeblich (Beschluss vom
9. Oktober 1996 - BVerwG 6 P 1.94 - ). Insoweit besteht in der Sache
kein Unterschied hinsichtlich der Art und des Umfangs der Pflicht zur Unterrich-
tung der Vertrauensperson bzw. des Personalrates in Gestalt der Soldatenvertre-
ter nach § 52 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 20 Satz 1 SBG.
Da die Pflicht zur rechtzeitigen und umfassenden Unterrichtung nach § 20 Satz 1
SBG nur die anhörende Stelle trifft, ist das dazu spiegelbildliche Informationsrecht
der Vertrauensperson bzw. des Personalrates in Gestalt der Soldatenvertreter
ausschließlich gegenüber dem Disziplinarvorgesetzten geltend zu machen. D.h.
aber nicht, dass die anhörende Stelle nur diejenigen (entscheidungserheblichen)
Informationen weiterzugeben hat, die ihr selbst vorliegen. Eine gegenteilige Aus-
legung der Unterrichtungspflicht stünde im Widerspruch zu dem nach dem Gesetz
gebotenen objektiven Maßstab bei der Bestimmung dessen, was die anzuhörende
Stelle nach Lage der Dinge hinsichtlich ihres Informationsbedarfs für erforderlich
halten darf. Woher die anhörende Stelle, hier der nächste Disziplinarvorgesetzte,
die Informationen bezieht, die zur rechtzeitigen und umfassenden Unterrichtung
nach § 20 Satz 1 SBG erforderlich sind, ist im Gesetz nicht näher geregelt. Aus
der gesetzlichen Regelung ergibt sich jedoch, dass insoweit nicht auf den Wis-
sensstand der anhörenden Stelle, sondern, wie oben in anderem Zusammenhang
bereits dargelegt, eben darauf abzustellen ist, was die anzuhörende Stelle nach
Lage der Dinge an Informationen nach einem objektiven Maßstab für erforderlich
halten darf. Fehlen der anhörenden Stelle zu der nach § 20 SBG durchzuführen-
den Unterrichtung einzelne erforderliche Informationen, muss sie sich diese be-
schaffen. Dazu hat sie gegebenenfalls an die personalbearbeitende Stelle heran-
zutreten. Das bei Personalmaßnahmen angesichts der gesetzlichen Regelung
typische Auseinanderfallen von anhörender und entscheidender Stelle berechtigt
nicht dazu, die durch § 20 SBG begründete Pflicht zur rechtzeitigen und umfas-
senden Unterrichtung auszuhöhlen oder gar leer laufen zu lassen.
- 20 -
Da bei Anhörungen in Personalangelegenheiten nach § 23 Abs. 1 Satz 1 SBG
vielfach neben den Betroffenen auch andere Soldaten - zum Teil auch aus ande-
ren Wahlbereichen als dem der zuständigen Vertrauensperson bzw. des Perso-
nalrates in Gestalt der Soldatenvertreter - involviert sind, umfasst die Unterrich-
tungspflicht nach § 20 Satz 1 SBG zudem, - unter Achtung der datenschutzrechtli-
chen Anforderungen - Informationen über die Entscheidungsgrundlagen hinsicht-
lich derjenigen Mitbewerber zur Verfügung zu stellen, die dem Betroffenen bei
einer vorgesehenen Auswahlentscheidung vorgezogen werden sollen. Im Hinblick
auf das informationelle Selbstbestimmungsrecht (Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG)
der Mitbewerber müssen sich die Angaben zu diesen Mitbewerbern auf das be-
schränken, was zur Durchführung der Aufgaben der anzuhörenden Stelle im da-
tenschutzrechtlichen Sinne erforderlich und zulässig ist. Ohne derartige Ver-
gleichsdaten wären die Vertrauensperson bzw. der Personalrat in Gestalt der Sol-
datenvertreter schwerlich in der Lage, die beabsichtigte Maßnahme oder Perso-
nalentscheidung nachzuvollziehen sowie mit einer eigenständigen, fundierten Stel-
lungnahme im Sinne des § 1 Abs. 1 SBG zu einer wirkungsvollen Dienstge-
staltung und zu einer fürsorglichen Berücksichtigung der Belange des Einzelnen
beizutragen.
Unter Beachtung der vorstehenden Maßgaben sind von den vier im Schreiben des
ÖPR vom 27. Februar 2004 gestellten Fragen nur die Fragen 2 und 4 erforderlich
gewesen, um den Soldatenvertretern im Personalrat eine sachgerechte Stellung-
nahme im oben dargelegten Sinne zu ermöglichen. Die Informationspflicht bezog
sich danach auf die Auswahlkriterien, die bei der Auswahlkonferenz im Juli 2002
zur Entscheidungsfindung herangezogen wurden. Auf diese Auswahlkonferenz
hatte sich das PersABw in seinem ursprünglichen Bescheid vom 24. Juni 2003 zur
Begründung der Ablehnung des Versetzungsantrages des Antragstellers bezogen
und die Bezugnahme auf diese Konferenz in seinem Aufhebungsbescheid vom
10. Oktober 2003 nicht revidiert. Darüber hinaus erweist sich auch die Mitteilung
des erforderlichen Beurteilungsdurchschnitts für eine erfolgreiche Auswahl nach
Maßgabe des Erlasses des Bundesministeriums der Verteidigung zur „Auswahl-
konferenz für Offiziere des militärfachlichen Dienstes für die Verwendungsstufen
Hauptmann (A 12) und Stabshauptmann im Heer“ vom 9. Januar 2002 - PSZ IV
4 - Az 16-30-00 - als notwendig. Da nach diesem Erlass sowohl Bedarfserwägun-
gen als auch Anforderungen der Bedarfsträger auf die Auswahlentscheidung Ein-
- 21 -
fluss haben, war die Auswahl nach Eignung, Befähigung und Leistung der zu be-
trachtenden Offiziere in einer ganzheitlichen Betrachtung (Nr. 2.2.1 des Erlasses)
unter anderem auch abhängig von einem bestimmten Beurteilungsdurchschnitt.
Die Fragen 1 und 3 im Schreiben vom 27. Februar 2004 sind von der Unterrich-
tungspflicht indessen nicht erfasst. Frage 1 konzentriert sich nur auf die Liste „der
Vergleichspersonen“, also die Liste der Namen bestimmter Soldaten. Namen allein
stellen indessen keine „Entscheidungsgrundlagen“ im oben dargelegten Sinne dar,
über die die Personalvertretung informiert werden muss. Dies gilt auch für
Frage 3. Die Namen der - tatsächlich - ausgewählten Soldaten stellen keine „Ent-
scheidungsgrundlage“ dar; soweit die Frage 3 ergänzend auf die „Vergleichbar-
keit“ mit dem Antragsteller abhebt, kann sie unter dem Aspekt des § 3 SG nur so
verstanden werden, dass der Personalrat in Gestalt der Soldatenvertreter Informa-
tionen über den Eignungs- und Leistungsstand aus den Beurteilungen dieser Sol-
daten wünscht. Diese Informationen sind ohne Zustimmung der betroffenen Mit-
bewerber im Auswahlverfahren den Soldatenvertretern nicht mitzuteilen (vgl. § 29
Abs. 3 Satz 2 und 3 SG).
Auch im Beschwerdeverfahren hat eine ordnungsgemäße Anhörung nicht stattge-
funden. In diesem Verfahren ist gemäß § 30 Satz 3 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
SBG sowie nach Maßgabe des § 52 Abs. 2 SBG als Vertrauensperson der Solda-
tenvertreter der entsprechenden Laufbahngruppe anzuhören. In diesem Anhö-
rungsverfahren findet § 38 BPersVG nach § 49 Abs. 2 Satz 3 SBG keine Anwen-
dung (ebenso: Beschluss vom 1. November 2001 - BVerwG 6 P 10.01 -
S. 230>). Ausweislich der Mitteilung des ÖPR über die Ergebnisse der Personal-
ratswahl 2004 für das LogZBw am 11. und 12. Mai 2004 ist als Vertrauensperson
der Offiziere für die „Wahrnehmung der Befugnisse der Vertrauensperson in
WDO-/WBO-Angelegenheiten“ der Antragsteller selbst bestimmt. Sein 1. Vertreter
ist Oberstleutnant K. Da der Antragsteller hier Betroffener des Verfahrens ist, war
Oberstleutnant K. als stellvertretende Vertrauensperson der Offiziere nach Maß-
gabe des § 52 Abs. 2 SBG anzuhören. Dieser hat das Schreiben vom 12. Januar
2005, mit dem er den Kdr LogZBw um Informationen zu drei einzelnen Fragen bat,
auch unterschrieben. Unschädlich ist, dass dieses Schreiben unter dem Briefkopf
des ÖPR formuliert worden ist. Denn § 52 Abs. 2 SBG nimmt auf die
Wahrnehmung der Befugnisse der Vertrauensperson der Offiziere bzw. der jewei-
- 22 -
ligen Vertreter der Laufbahngruppe „im Personalrat“ Bezug. Überdies hat Oberst-
leutnant K. ausdrücklich im Text der Anfrage zum Ausdruck gebracht, dass er
selbst (als stellvertretende Vertrauensperson der Offiziere) um ergänzende Infor-
mationen bitte. Vor diesem Hintergrund ist im Beschwerdeverfahren des An-
tragstellers die richtigerweise zu beteiligende Person um ihre Stellungnahme ge-
beten worden.
Jedoch ist die Unterrichtungspflicht im Hinblick auf die im Schreiben der stellver-
tretenden Vertrauensperson der Offiziere im ÖPR vom 12. Januar 2005 gestellten
drei einzelnen Fragen nicht erfüllt worden. Eine Beantwortung der Frage nach dem
erforderlichen Beurteilungsdurchschnitt für eine erfolgreiche Auswahl wäre - wie
oben dargelegt - erforderlich gewesen. Darüber hinaus hätte die Frage nach
Bekanntgabe des aktuellen Platzes des Antragstellers in der Eignungsreihenfolge
ebenfalls beantwortet werden müssen. Denn diese Information ermöglicht der
Vertrauensperson eine Einschätzung der Wahrscheinlichkeit einer Versetzungs-
möglichkeit für den Antragsteller. Frage 1 war dagegen aus den oben schon dar-
gelegten Gründen nicht zu beantworten.
Da der Personalrat in Gestalt der Soldatenvertreter durch den Kdr LogZBw vor Er-
lass des Ausgangsbescheides des PersABw und die Vertrauensperson nach § 52
Abs. 2 und § 30 Satz 3 SBG vor Erlass des Beschwerdebescheides des BMVg
nicht umfassend im Sinne des § 20 Satz 1 i.V.m. § 18 Abs. 3 Satz 2 SBG
unterrichtet worden sind, ist die Anhörung rechtsfehlerhaft. Dieser Umstand und
die Nichteinbeziehung des - hier fehlenden - Ergebnisses der Anhörung in die Ent-
scheidung der personalbearbeitenden Stelle bzw. des BMVg als Beschwerdestelle
stellen einen Ermessensfehler dar (Beschluss vom 27. Januar 1998 - BVerwG
1 WB 51.97 - ), der zur
Rechtswidrigkeit der beteiligungspflichtigen Maßnahme führt. Die unterbliebene
umfassende Unterrichtung der Soldatenvertreter bzw. der Vertrauensperson hin-
sichtlich der in den Schreiben vom 27. Februar 2004 und vom 12. Januar 2005
zulässigerweise gestellten Fragen haben das PersABw und der BMVg zu vertre-
ten, weil es ihnen möglich war, die erforderlichen Informationen dem nächsten
Disziplinarvorgesetzten zur Verfügung zu stellen bzw. zur Verfügung stellen zu
lassen.
- 23 -
Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller die Aufhebung der ange-
fochtenen Personalentscheidung in entsprechender Anwendung des § 46 VwVfG
nicht beanspruchen könnte, liegen nicht vor. Dies wäre nur dann der Fall, wenn
offensichtlich wäre, dass die erfolgte Verletzung von Verfahrensvorschriften die
Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat (vgl. Beschluss vom 27. Februar
2003 - BVerwG 1 WB 57.02 - ). Im vorliegenden Falle lässt sich aber
nicht absehen, welche Gesichtspunkte der Personalrat in Gestalt der Soldatenver-
treter auf der Basis einer umfassenden Unterrichtung vorgetragen hätte und wie
das Ergebnis der Anhörung in die Personalentscheidung gemäß § 23 Abs. 2
Satz 2 SBG einbezogen worden wäre. Es ist jedenfalls nicht offensichtlich, dass
die unterbliebene ordnungsgemäße Anhörung ohne Einfluss auf die Entscheidung
in der Sache geblieben ist. Gegenteiliges hat auch der BMVg nicht substantiiert
dargetan. Angesichts dessen kann hier offen bleiben, ob eine Verletzung des dem
Personalrat in Gestalt der Soldatenvertreter nach § 52 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. §§ 20
und 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SBG zustehenden eigenständigen Beteiligungsrechts
einen Verstoß gegen „Vorschriften über das Verfahren“ im Sinne des § 46 VwVfG
darstellt, was nach verbreiteter Auffassung bei Regelungen zu verneinen ist, die
bestimmten Beteiligten in ihrem Interesse oder im Interesse einer besonderen
Befriedungs- und Konsensfunktion eine vom Ausgang des Verfahrens unabhängi-
ge, selbständig durchsetzbare Verfahrensposition einräumen (vgl. dazu u.a.
Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl. 2003, § 46 RdNr. 18 m.w.N.).
Da der Antragsteller durch die unvollständige Anhörung in seinem Recht auf ord-
nungsgemäße Beteiligung der Soldatenvertreter im ÖPR nach § 35 SG i.V.m. § 52
Abs. 1 Satz 1, §§ 20 und 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SBG bzw. der zuständigen Ver-
trauensperson nach § 52 Abs. 2 und § 30 Satz 3 SBG verletzt worden ist, hat er
gemäß § 19 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO mangels Spruchreife
Anspruch auf ermessenfehlerfreie Neubescheidung seines Antrages vom 23. Mai
2003.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 20 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1
WBO.
- 24 -
Dr. Frentz Prof. Dr. Widmaier Dr. Deiseroth
Reinecke Janssen