Urteil des BVerwG vom 07.07.2009

Amt, Vertrauensperson, Unterrichtung, Beratung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 WB 22.09
In dem Wehrbeschwerdeverfahren
des Herrn Hauptmann ...,
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Müller,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den ehrenamtlichen Richter Oberst Reinelt und
den ehrenamtlichen Richter Hauptmann Schneider
am 7. Juli 2009 beschlossen:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e :
I
Der Antragsteller wendet sich gegen das ihm vom Personalamt der
Bundeswehr bekannt gegebene Ergebnis der Beratung der
Perspektivkonferenz der Offiziere des militärfachlichen Dienstes im Jahr 2008,
in der ihm die individuelle Förderperspektive A 11 zuerkannt wurde.
Der ... geborene Antragsteller ist Berufssoldat in der Laufbahn der Offiziere des
militärfachlichen Dienstes. Seine Dienstzeit wird voraussichtlich mit Ablauf des
31. März 2016 enden. Er wurde am 13. Dezember 2002 zum Hauptmann
ernannt und in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 11 eingewiesen. Seit
dem 1. Oktober 2003 wird er als Personaloffizier im ...amt in K. verwendet.
Das Personalamt der Bundeswehr teilte dem Antragsteller mit Schreiben vom
14. November 2008 mit, die Perspektivkonferenz der Offiziere des
militärfachlichen Dienstes im Jahr 2008 habe ihm die individuelle
Förderperspektive A 11 zuerkannt. Die individuelle Förderperspektive werde
grundsätzlich im Abstand von zwei Jahren überprüft und bei Bedarf aktualisiert.
Das Schreiben wurde dem Antragsteller am 17. Dezember 2008 mit
„Ergänzenden Erläuterungen zu den Perspektivkonferenzen“ eröffnet.
Mit Schreiben vom 29. Dezember 2008 legte der Antragsteller gegen die ihm
zuerkannte individuelle Förderperspektive Beschwerde ein und beantragte die
Offenlegung der Konferenzergebnisse gegenüber seiner Personalvertretung,
dem Örtlichen Personalrat beim ...amt. Zur Begründung führte er aus, er sehe
sich aufgrund seines Lebensalters
als benachteiligt an. Trotz
überdurchschnittlicher Beurteilung nach den neuen Beurteilungsbestimmungen
und wiederholter Höchstwertung in der Entwicklungsprognose habe er nur die
letzte von fünf möglichen Perspektiven erhalten. Die Wertung der
Perspektivkonferenz werde seinem Werdegang nicht gerecht, der durch die
sechs Jahre dauernde Verwendung als Disziplinarvorgesetzter bzw.
Kompaniechef sowie durch eine für Offiziere seiner Laufbahn ungewöhnlich
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hohe Zahl von Versetzungen und Dienstpostenwechseln geprägt sei.
Auslandseinsatz, wiederholte Leistungsprämien und nachgewiesene Flexibilität
und Weiterbildungsbereitschaft bei der Wahrnehmung völlig neuer
verantwortungsvoller Aufgabenfelder fänden in dem Konferenzergebnis keinen
Niederschlag. Noch im Jahr 2006 hätten ihn seine Vorgesetzten für den
Wechsel in die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes als in
außergewöhnlichem Maße geeignet befunden; jetzt reiche es nicht einmal mehr
für A 12. Aufgrund des nach den alten Beurteilungsbestimmungen für ihn
geltenden vierjährigen Beurteilungszeitraums sehe er sich gegenüber
lebensjüngeren Offizieren in der Reihung benachteiligt. Außerdem
beeinträchtige ihn die fehlende Zuerkennung von Punkten für seinen
Auslandseinsatz. Auch die Tatsache, dass bei der planmäßigen Beurteilung
eine Reihung innerhalb der Vergleichsgruppe ohne Berücksichtigung der
jeweiligen Ausbildungs- und Verwendungsreihe erfolge, erweise sich für ihn als
nachteilig.
Die Beschwerde wies der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - mit
Bescheid vom 25. März 2009 mit der Begründung zurück, die Ergebnisse der
Beratungen von Perspektivkonferenzen stellten
keine anfechtbaren
Maßnahmen im Sinne der Wehrbeschwerdeordnung dar.
Gegen diesen ihm am 30. März 2009 eröffneten Bescheid richtet sich der
Antrag des Antragstellers vom 1. April 2009 auf Entscheidung des
Bundesverwaltungsgerichts. Den Antrag hat der Bundesminister der
Verteidigung - PSZ I 7 - mit seiner Stellungnahme vom 21. April 2009 dem
Senat vorgelegt.
Zur Begründung seines Rechtsschutzbegehrens trägt der Antragsteller
ergänzend insbesondere vor:
Der in seiner Beschwerde gestellte Antrag, das Ergebnis
der
Perspektivkonferenz I 2008 der Offiziere des militärfachlichen Dienstes dem
Örtlichen Personalrat beim ...amt offenzulegen, sei bisher nicht beschieden
worden. Darüber hinaus habe das Personalamt inzwischen einen von ihm
angestrebten Dienstposten im ...amt, der nach Besoldungsgruppe A 12
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bewertet sei, nicht mit ihm, sondern mit einem anderen Soldaten besetzt.
Insoweit liege eine Konkurrentenklage zwar nicht in seiner Absicht. Diese
Auswahlentscheidung dokumentiere aber die konkreten Folgen der ihm
gegenüber getroffenen Perspektivbestimmung. Im Übrigen habe die
Unterabteilung des Bundesministeriums der Verteidigung über seine
Beschwerde entschieden, die auch für die verfahrensmaßgeblichen Erlasse
verantwortlich sei. Darin sehe er einen Interessenkonflikt zu seinen Lasten.
Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er hält den Antrag, soweit er sich gegen die Zuerkennung der individuellen
Förderperspektive A 11 richtet, für unzulässig, weil die Ergebnisse der
Beratungen einer Perspektivkonferenz als Elemente innerdienstlicher Willens-
und Meinungsbildung im Rahmen der Vorbereitung von
Personalentscheidungen noch nicht unmittelbar die Rechte eines Soldaten
berührten. Diese Ergebnisse stellten deshalb keine anfechtbaren Maßnahmen
im Sinne der Wehrbeschwerdeordnung dar. Soweit der Antragsteller mit der
Beschwerde die Offenlegung der Konferenzergebnisse gegenüber dem
Örtlichen Personalrat beim ...amt anstrebe, lägen die maßgeblichen
Voraussetzungen des § 30 SBG nicht vor. Die Zuerkennung einer individuellen
Förderperspektive werde vom Geltungsbereich dieser Vorschrift nicht erfasst.
Das gelte auch für die Beteiligungstatbestände nach § 23 Abs. 1 SBG.
Hinsichtlich seines Begehrens, auf einen nach Besoldungsgruppe A 12
bewerteten Dienstposten im ...amt versetzt zu werden, werde der Antragsteller
einen gesonderten Bescheid erhalten. Der angefochtene Beschwerdebescheid
sei formell ordnungsgemäß nach der „Anordnung über die Übertragung der
Zeichnungsbefugnis bei Beschwerden und Anträgen auf Entscheidung des
Bundesverwaltungsgerichts in truppendienstlichen Angelegenheiten“ vom Leiter
des Referats PSZ I 7 im Bundesministerium der Verteidigung im Auftrag des
Ministers gezeichnet worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der
Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministers der
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Verteidigung - PSZ I 7 - 378/09 - sowie die Personalgrundakte des
Antragstellers, Hauptteil A bis D, haben dem Senat bei der Beratung
vorgelegen.
II
Der Antragsteller hat keinen förmlichen Sachantrag gestellt.
Sein Vorbringen ist sach- und interessengerecht dahin auszulegen, dass er
beantragt, die ihm in der Perspektivkonferenz der Offiziere des militärfachlichen
Dienstes im Jahr 2008 zuerkannte individuelle Förderperspektive A 11
(mitgeteilt durch Schreiben des Personalamts der Bundeswehr vom 14.
November 2008) sowie den Beschwerdebescheid des Bundesministers der
Verteidigung - PSZ I 7 - vom 25. März 2009 aufzuheben und den
Bundesminister der Verteidigung zu verpflichten, unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichts über seine individuelle Förderperspektive neu
entscheiden zu lassen (nachfolgend 1). Außerdem beantragt er die
Verpflichtung des Bundesministers der Verteidigung, das Ergebnis der
Perspektivkonferenz der Offiziere des militärfachlichen Dienstes im Jahr 2008
dem Örtlichen Personalrat beim ...amt offenzulegen (nachfolgend 2).
1. Der gegen das Ergebnis der Beratung der Perspektivkonferenz der Offiziere
des militärfachlichen Dienstes im Jahr 2008 gerichtete Antrag ist unzulässig,
weil er nicht eine gemäß § 17 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 21 Abs. 1, Abs. 2
Satz 1 WBO anfechtbare Maßnahme betrifft.
Die Ergebnisse der Beratungen von Perspektivkonferenzen und die
Zuerkennung einer individuellen Förderperspektive sind nach ständiger
Rechtsprechung des Senats keine - gerichtlich isoliert angreifbaren -
Maßnahmen im Sinne des § 17 Abs. 3 WBO, weil sie als Elemente
innerdienstlicher Willens- und Meinungsbildung im Rahmen der Vorbereitung
von Personalentscheidungen noch nicht unmittelbar die Rechte eines Soldaten
berühren (Beschlüsse vom 9. November 2005 - BVerwG 1 WB 34.05 -
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Buchholz 311 § 17 WBO Nr. 59 = NZWehrr 2006, 209, vom 25. April 2007 -
BVerwG 1 WB 31.06 -
Buchholz 449 § 3 SG Nr. 41>, vom 30. April 2008 - BVerwG 1 WB 44.07 -, vom
20. Januar 2009 - BVerwG 1 WB 69.08 und 1 WB 74.08 - und vom 28. April
2009 - BVerwG 1 WB 3.09 -).
Auf diese Rechtsprechung des Senats ist der Antragsteller schon durch den
Beschwerdebescheid des Bundesministers der Verteidigung vom 25. März
2009 hingewiesen worden. An ihr hält der Senat fest.
Nach der Richtlinie für die Perspektivbestimmung und die langfristige
Verwendungsplanung der Offiziere des militärfachlichen Dienstes (R 5/05) des
Bundesministeriums der Verteidigung (PSZ I 1 <40> - Az.: 16-30-01/5) vom 21.
Juli 2005 ist die Entscheidung über die individuelle Förderperspektive eines
Offiziers des militärfachlichen Dienstes das Ergebnis einer Bestenauslese auf
der Grundlage eines Eignungs-, Befähigungs- und Leistungsvergleiches im
Rahmen regelmäßig stattfindender Perspektivkonferenzen; aus den
Konferenzentscheidungen ergibt sich jedoch kein Rechtsanspruch, die jeweils
festgelegte Förderperspektive zu erreichen (Nr. 4.1.1 der Richtlinie). Die in der
Perspektivkonferenz festgestellte individuelle Förderperspektive bildet nach Nr.
4.2 der Richtlinie die Basis für die Verwendungsentscheidungen, begründet
jedoch weder einen Anspruch auf noch die Einbeziehung in Entscheidungen
über bestimmte Verwendungen. Bei den Ergebnissen einer
Perspektivkonferenz handelt es sich somit lediglich um
Vorbereitungshandlungen, die noch keine Entscheidungen über die konkrete
Verwendung oder über die Besetzung eines konkreten Dienstpostens
beinhalten und auch sonst keine unmittelbaren Wirkungen für die Rechtssphäre
eines Soldaten haben (stRspr, vgl. zuletzt Beschlüsse vom 28. April 2009 -
BVerwG 1 WB 20.09 und BVerwG 1 WB 3.09 -).
Gleiches ergibt sich aus der Teilkonzeption Personalmanagement der
Bundeswehr (TK PersMgmtBw) des Bundesministeriums der Verteidigung (PSZ
I 1 - Az.: 09-10-10/8) vom 2. April 2004 (Nr. 2.4.4.3, Seite 25 f.). Danach ist die
individuelle Förderperspektive, die bei Berufssoldatinnen und Berufssoldaten in
regelmäßig stattfindenden Perspektivkonferenzen festgelegt wird und das
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Ergebnis eines umfassenden ganzheitlichen Eignungs- und Leistungsvergleichs
darstellt, so frühzeitig und differenziert zu bestimmen, dass „zeitgerecht die
Planung und Einsteuerung in die verschiedenen Dotierungshöhen und
entsprechende Verwendungen erfolgen kann“. Die „so festgestellte individuelle
Förderperspektive ist die Grundlage für die individuelle Verwendungsplanung“.
Sie bildet damit „regelmäßig die Basis, ist jedoch kein Präjudiz für
Verwendungsentscheidungen“. Sie begründet überdies „weder einen Anspruch
auf entsprechende Verwendungen noch ergibt sich daraus ein genereller
Ausschluss von zukünftigen entsprechenden Verwendungen“.
Der Antragsteller verkennt in diesem Zusammenhang, dass in den
Perspektivkonferenzen nicht über die Besetzung bestimmter Dienstposten
entschieden wird und die Konferenzergebnisse nicht bestimmte
Verwendungsentscheidungen präjudizieren. Auswahl-
und
Verwendungsentscheidungen werden vielmehr auch durch die Ergebnisse der
Beurteilungen und durch den Verwendungsaufbau des einzelnen Soldaten
maßgeblich bestimmt.
Weder Art. 33 Abs. 2 GG noch § 3 Abs. 1 SG oder das Rechtsstaatsprinzip
gebieten die selbstständige Anfechtbarkeit der Zuerkennung einer individuellen
Förderperspektive. Das Prinzip der Bestenauslese und die Grundsätze eines
rechtsstaatlichen Verfahrens wirken zwar auch auf die Vorbereitung
militärischer Verwendungsentscheidungen ein; diesem Zweck dienen ersichtlich
die zitierte Richtlinie und die Teilkonzeption Personalmanagement der
Bundeswehr. Hieraus folgt jedoch nicht, dass auch der Rechtsschutz des
Soldaten entsprechend vorzuverlagern wäre. Es genügt - auch unter dem
Blickwinkel der Garantie eines effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1
GG) -, dass der Soldat gegen eine ihn belastende Verwendungsentscheidung
zugunsten eines Konkurrenten oder gegen die Ablehnung eines eigenen
Antrags auf eine bestimmte -
förderliche
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Verwendung im
Wehrbeschwerdeverfahren vorgehen kann und in diesem Rahmen
gegebenenfalls auch überprüft wird, ob die Zuerkennung der individuellen
Förderperspektive, soweit sie bei der Verwendungsentscheidung eine
entscheidungserhebliche Rolle gespielt hat, rechtmäßig war und ohne
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Verfahrensfehler erfolgte (vgl. Beschlüsse vom 20. Januar 2009 - BVerwG 1
WB 69.08 und 1 WB 74.08 - und vom 28. April 2009 - BVerwG 1 WB 3.09 -).
Hiernach hat der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - im
Beschwerdebescheid vom 25. März 2009 die Ergebnisse der Beratungen von
Perspektivkonferenzen zutreffend als nicht anfechtbare Maßnahmen qualifiziert.
Der Senat weist darauf hin, dass dieser Bescheid auch formellrechtlich nicht zu
beanstanden ist. Er ist im Auftrag des Bundesministers der Verteidigung
ergangen und vom Leiter des Referates PSZ I 7 unterzeichnet worden.
Über Beschwerden gegen truppendienstliche
Entscheidungen des
Personalamts der Bundeswehr bzw. der bei diesem Amt angesiedelten
Perspektivkonferenz der Offiziere des militärfachlichen Dienstes (vgl. Nr. 3.1
der „Ergänzenden Erläuterungen zu den Perspektivkonferenzen“) entscheidet
nach Maßgabe des § 9 Abs. 1 WBO der Bundesminister der Verteidigung.
Dieser kann nach § 9 Abs. 2 Satz 1 WBO seine Zeichnungsbefugnis weiter
übertragen. Die Vorschrift hat den Zweck, die erhebliche Arbeitsbelastung zu
mindern, die den Bundesminister als obersten Disziplinarvorgesetzten trifft. Auf
der Grundlage von § 9 Abs. 2 Satz 1 WBO hat der Bundesminister der
Verteidigung die Anordnung über die Übertragung der Zeichnungsbefugnis bei
Beschwerden und Anträgen auf Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts
in truppendienstlichen Angelegenheiten vom 8. Dezember 1997 (VMBl 1998 S.
91) erlassen, die - gestuft nach der Bedeutung der Angelegenheiten - die
Zeichnungsbefugnisse im Einzelnen festlegt. Gemäß Nr. 1.2 2. Spiegelstrich
der Anordnung unterzeichnet Entscheidungen über Beschwerden in
truppendienstlichen Angelegenheiten, wenn - wie hier - Betroffener der
Beschwerde der Amtschef des Personalamts der Bundeswehr ist, der
Referatsleiter PSZ III 5 (nunmehr: PSZ I 7) im Bundesministerium der
Verteidigung. Diese Anordnung hält der Beschwerdebescheid vom 25. März
2009 ein.
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Gegen die Regelung des § 9 Abs. 2 Satz 1 WBO bestehen keine rechtlichen
Bedenken (Beschluss vom 29. Januar 2008 - BVerwG 1 WB 4.07 - Buchholz
450.1 § 17 WBO Nr. 69).
Die vorstehenden Ausführungen belegen bereits, dass die vom Antragsteller
beanstandete Beschwerdeentscheidung nicht vom Referat PSZ I 1 getroffen
worden ist, das die Formulierung der zitierten Richtlinie für die
Perspektivbestimmung vom 21. Juli 2005 und der
Teilkonzeption
Personalmanagement der Bundeswehr vom 2. April 2004 federführend
bearbeitet hat. Unabhängig hiervon wäre eine formelle Rechtswidrigkeit des
Beschwerdebescheides nur dann zu erwägen, wenn aus der vom Antragsteller
pauschal unterstellten „Interessenkollision“ die Möglichkeit eines individuellen
Ausschlussgrundes oder einer Befangenheit in der Person des Vorgesetzten
abzuleiten wäre, der über die Beschwerde entschieden hat. Dafür wäre
Voraussetzung, dass der Antragsteller substantiiert personenbezogene
Gesichtspunkte vorträgt, die einen individuellen Ausschlussgrund oder die
Besorgnis der Befangenheit nahe legen könnten (vgl. dazu Dau, WBO, 5. Aufl.
2009, § 9 Rn. 10, 11 m.w.N.). Derartige Aspekte sind jedoch weder geltend
gemacht noch für den Senat ersichtlich. Soweit das Bundesministerium der
Verteidigung als Erlassgeber in der zitierten Richtlinie und in der Teilkonzeption
Personalmanagement der Bundeswehr Einzelheiten der Perspektivkonferenzen
geregelt hat, handelt es sich dabei nicht um einzelfallbezogene (Vor-
)Entscheidungen, sondern um eine generelle Steuerung der Verwaltungspraxis
zur Gewährleistung des Gleichheitsgrundsatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG.
2. Der mit der Beschwerde gestellte Antrag, den Bundesminister der
Verteidigung zu verpflichten, das Ergebnis der Perspektivkonferenz der
Offiziere des militärfachlichen Dienstes im Jahr 2008 dem Örtlichen Personalrat
beim ...amt offenzulegen, hat ebenfalls keinen Erfolg.
Seine Zulässigkeit begegnet durchgreifenden Bedenken. Denn dieser Antrag
lässt nicht - wie erforderlich - die Möglichkeit der Verletzung eines subjektiven
Rechts des Antragstellers durch eine truppendienstliche Maßnahme oder
Unterlassung erkennen (§ 17 Abs. 1, Abs. 3 i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO).
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Die Unterlassung der Anhörung oder (nur) der Unterrichtung (vgl. § 20 Satz 1
SBG) eines Beteiligungsorgans im Sinne des § 1 Abs. 2 SBG ist gegebenenfalls
von diesem Beteiligungsorgan in einem Wehrbeschwerdeverfahren zu
rügen (§ 16 i.V.m. § 52 Abs. 1 Satz 1 SBG). Ein Soldat kann diese
Unterlassung indessen nur im Zusammenhang mit einer beteiligungspflichtigen
Maßnahme geltend machen, die ihm gegenüber zugleich die Qualität einer
anfechtbaren truppendienstlichen Maßnahme im Sinne des § 17 Abs. 3 WBO
aufweist. Das ist z.B. bei Personalmaßnahmen gemäß § 23 Abs. 1 SBG der
Fall, bei denen die personalbearbeitende Stelle die Äußerung der
Vertrauensperson bzw. der Personalvertretung in die abschließende, den
einzelnen Soldaten betreffende Entscheidung einzubeziehen hat (§ 23 Abs. 2
SBG). Dieser kann eine fehlende oder unzureichende Beteiligung des
Beteiligungsorgans - im Sinne einer Verletzung seiner subjektiven Rechte - als
Ermessensfehler der abschließenden Personalentscheidung beanstanden
(stRspr, vgl. u.a. Beschlüsse vom 25. März 2008 - BVerwG 1 WDS-VR 4.08 -
Buchholz 449.7 § 23 SBG Nr. 6 und vom 28. Oktober 2008 - BVerwG 1 WB
49.07 - juris
und Buchholz vorgesehen>, jeweils m.w.N.). Dem Ergebnis der Beratungen von
Perspektivkonferenzen fehlt dagegen - wie dargelegt - die Rechtsnatur einer
truppendienstlichen Maßnahme. Die Frage einer Unterrichtung der
Personalvertretung über dieses Ergebnis entzieht sich daher einem Rügerecht
des Antragstellers.
Unabhängig davon ist der Antrag aber auch in der Sache unbegründet.
In personalratsfähigen Dienststellen der Bundeswehr nach § 49 Abs. 1 SBG, zu
denen nach Anlage 4 zur ZDv 10/2 das ...amt gehört, steht die Befugnis, gemäß
§ 52 Abs. 1 Satz 1 SBG in Angelegenheiten, die nur die Soldaten betreffen, wie
eine Vertrauensperson bei beteiligungspflichtigen Maßnahmen und
Entscheidungen rechtzeitig und umfassend gemäß § 20 SBG unterrichtet zu
werden, dem Personalrat in Gestalt der Soldatenvertreter zu (Beschluss vom
20. Juni 2005 - BVerwG 1 WB 60.04 - Buchholz 252 § 20 SBG Nr. 1 = PersV
2005, 388). Dieses Recht nimmt in Angelegenheiten eines Soldaten nach der
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Wehrbeschwerdeordnung die Vertrauensperson im Sinne des § 52 Abs. 2 Satz
1 SBG wahr.
Die Beteiligung im Sinne einer umfassenden Unterrichtung steht den
Soldatenvertretern bzw. der Vertrauensperson gemäß § 52 Abs. 2 Satz 1 SBG
jedoch nur bei anhörungspflichtigen Maßnahmen zu. Diese Voraussetzung
erfüllen die Ergebnisse der Beratungen von Perspektivkonferenzen indessen
nicht.
Die Ergebnisse der Beratungen von Perspektivkonferenzen gehören nicht zu
den in § 23 Abs. 1 SBG aufgeführten (in der Regel) beteiligungspflichtigen
Personalangelegenheiten. Sie betreffen auch nicht den Dienstbetrieb in der
Dienststelle (§ 24 SBG) oder sonstige Maßnahmen der Fürsorge im Sinne des
§ 30 Satz 1 SBG. Die Ergebnisse der Beratungen von Perspektivkonferenzen
erfüllen ferner nicht die Kriterien der „Berufsförderung“ im Sinne des § 26 SBG;
der Geltungsbereich dieser Vorschrift beschränkt sich auf die dienstlichen
Berufsförderungsmaßnahmen besonders für ausscheidende Soldaten auf Zeit
und auf berufs Maßnahmen. Deshalb kann offenbleiben, ob § 26 SBG
lediglich die Beteiligung der Vertrauensperson bzw. der Personalvertretung im
Sinne eines Vorschlagsrechts konstituiert oder - weitergehend - ein allgemeines
Informationsrecht der Vertrauensperson bzw. der Personalvertretung über
dienstlich geplante Maßnahmen eröffnet (zum Streitstand: Gronimus, Die
Beteiligungsrechte der Vertrauenspersonen in der Bundeswehr, 5. Aufl. 2005, §
26 SBG Rn. 11; Altvater/Hamer/Kröll/Lemcke/Peiseler, BPersVG, 6. Aufl. 2008,
§ 26 SBG Rn. 1).
Golze Dr. Müller Dr. Frentz
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