Urteil des BVerwG vom 27.03.2014

Weiterbildung, Ausbildung, Dienstzeit, Facharzt

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 WB 20.13
In dem Wehrbeschwerdeverfahren
des Herrn Leutnant (SanOA) ...,
- Bevollmächtigter:
Rechtsanwalt ...,
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
den ehrenamtlichen Richter Major Eicke und
den ehrenamtlichen Richter Leutnant Rittig
am 27. März 2014 beschlossen:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e :
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Der Antragsteller wendet sich dagegen, dass in seiner Verwendungsplanung
eine Ausbildungszusage für eine Gebietsarztweiterbildung ausgeschlossen wird
und eine klinische Weiterbildung im Rahmen seiner aktuellen Verpflichtungszeit
nicht vorgesehen ist.
Der ... geborene Antragsteller ist Soldat auf Zeit mit einer auf 15 Jahre festge-
setzten Dienstzeit, die voraussichtlich mit Ablauf des 30. September 2021 en-
det. Zum Leutnant wurde er mit Wirkung vom 1. Oktober 2009 ernannt. Mit wi-
derruflicher Verpflichtungserklärung vom 30. August 2006 hatte sich der An-
tragsteller verpflichtet, 15 Jahre Wehrdienst zu leisten. Er trat zum 1. Oktober
2006 seinen Grundwehrdienst an und wurde mit Wirkung vom 1. April 2007 in
das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen. In den folgenden Jahren
durchlief er die für einen Soldaten im Fliegerischen Dienst vorgesehene Ausbil-
dung zum Luftfahrzeugführer.
Auf der Grundlage einer am 11. Januar 2011 durchgeführten Informationsver-
anstaltung erklärte er am 20. Januar 2011, in die Laufbahn der Sanitätsoffiziere
mit Medizinstudium wechseln zu wollen. Mit Schreiben vom 14. Juni 2011 gab
das Personalamt der Bundeswehr dem Begehren statt und übernahm den An-
tragsteller ab dem 1. Juli 2011 als Sanitätsoffizier-Anwärter in den Zentralen
Sanitätsdienst der Bundeswehr. Seit dem 1. Oktober 2011 ist er zum Studium
gemäß § 11 SUV beurlaubt und studiert Humanmedizin in B.. Das Ende des
Studiums ist für den 31. Dezember 2017 vorgesehen.
Ausweislich eines Vermerks über ein Personalgespräch vom 23. August 2012
unterschreibe der Antragsteller die für die SanOA-Laufbahn vorgesehene Ver-
pflichtungserklärung zum SaZ 22 (17 Jahre Verpflichtungszeit für die Laufbahn
der SanOA zuzüglich der Vordienstzeit) nicht. Er wolle die am 30. August 2006
unterschriebene widerrufliche Verpflichtungserklärung mit einer Dienstzeit von
15 Jahren beibehalten. Die Nachfrage des Antragstellers, ob er eine Facharzt-
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zusage erhalte, wenn er sich nunmehr für eine Dienstzeit von 22 Jahren ver-
pflichte, wurde ausweislich des Vermerks verneint.
Mit Schreiben vom 18. September 2012, dem Bevollmächtigten des Antragstel-
lers nach Angabe des Bundesministeriums der Verteidigung am selben Tag per
Telefax übersandt, teilte das Personalamt der Bundeswehr dem Antragsteller
unter dem Betreff „Verwendungsplanung in Kenntnis einer Verpflichtungszeit
von 15 Jahren“ mit, dass nach seiner 4,25-jährigen Ausbildung in der Teilstreit-
kraft Luftwaffe bis zu seinem Wechsel in die Laufbahn der Sanitätsoffizieran-
wärter und unter Zugrundelegung einer Regelstudiendauer von 6 Jahren für das
Studium der Humanmedizin eine unter 5-jährige Restdienstzeit bis zum Ende
seiner derzeitigen Verpflichtungsdauer von 15 Jahren verbleibe. Die ungünstige
Relation zwischen alimentierter Ausbildung (Studium) und verbleibender
Dienstzeit als Sanitätsoffizier schließe eine spätere Ausbildungszusage in Be-
zug auf eine Gebietsarztweiterbildung aus. Die weitere Verwendungsplanung
des Antragstellers werde deshalb dergestalt festgelegt, dass er nach Erhalt der
Approbation in einer Regionalen Sanitätseinrichtung als Truppenarzt unter
fachärztlicher Anleitung eines Allgemeinmediziners eingesetzt werde. Eine kli-
nische Weiterbildung sei im Rahmen der aktuellen Verpflichtungszeit ausdrück-
lich nicht vorgesehen.
Mit seiner zunächst als „Widerspruch“ bezeichneten Beschwerde vom 24. Sep-
tember 2012, am selben Tage eingegangen beim Personalamt der Bundes-
wehr, beim Bundesminister der Verteidigung - R II 2 - eingegangen am 19. Ok-
tober 2012, wandte sich der Antragsteller dagegen, dass die Ausbildungszusa-
ge in Bezug auf eine Gebietsarztweiterbildung ausgeschlossen und die klini-
sche Weiterbildung im Rahmen der aktuellen Verpflichtungszeit nicht vorgese-
hen werde. Nr. 5.13 des Rahmenerlasses für die Einstellung, rechtliche Stel-
lung, Ausbildung, Betreuung und Fürsorge der Sanitätsoffizier-Anwärter vom
17. Oktober 2007 schreibe vor, dass der Sanitätsoffizier-Anwärter für die Dauer
der ersten klinischen Einweisungsphase einem der klinischen Fachgebiete zu-
geordnet werde. Die klinische Ausbildung sei deshalb Vorschrift, auf sie könne
nicht verzichtet werden. Zudem sei es erklärtes Ziel der Bundeswehr, den
Facharztbedarf zu decken. Damit werbe sie auch auf ihrer Internetseite.
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Schließlich habe die angekündigte Maßnahme auch vor der allgemeinen Für-
sorgepflicht des Arbeitgebers keinen Bestand.
Mit Bescheid vom 14. Januar 2013, dem Antragsteller eröffnet am 24. Januar
2013, wies der Bundesminister der Verteidigung - R II 2 - die Beschwerde zu-
rück. Auch wenn der Betreff des Bescheides vom 18. September 2012 „Ver-
wendungsplanung“ angebe, sei ihm als wehrbeschwerdefähige Maßnahme die
(Teil-)Entscheidung zu entnehmen, dass für den Antragsteller im Rahmen sei-
ner aktuellen Verpflichtungszeit eine klinische Weiterbildung ausdrücklich nicht
vorgesehen sei. Die Beschwerde sei als fristgerecht eingelegt anzusehen, weil
sie zwar nicht innerhalb der am 18. Oktober 2012 endenden Monatsfrist der § 5
Abs. 1, § 6 Abs. 1 WBO bei einer dort vorgesehenen Stelle eingegangen sei,
sondern erst am 19. Oktober 2012 beim Bundesministerium der Verteidigung.
Die Beschwerde habe aber bereits ab dem 24. September 2012 dem Personal-
amt der Bundeswehr vorgelegen, das verpflichtet gewesen sei, sie innerhalb
des üblichen Geschäftsganges an das Bundesministerium der Verteidigung
weiterzuleiten. Da das nicht erfolgt sei, sei sie als fristgerecht eingelegt zu wer-
ten. Die Beschwerde sei aber unbegründet, weil ein Soldat grundsätzlich keinen
Anspruch auf eine bestimmte Verwendung oder auf eine bestimmte Weiterbil-
dungsmaßnahme innerhalb der bisher festgelegten Dienstzeit habe. Mit Schrei-
ben des Personalamts der Bundeswehr vom 14. Juni 2011 sei dem Antragstel-
ler lediglich mitgeteilt worden, dass für ihn ein Studium der Fachrichtung Hu-
manmedizin vorgesehen sei, nicht aber Weiterbildungszeiten im Rahmen der
Ausbildung zum Facharzt. Ein Anspruch auf die gewünschte Weiterbildung
könne sich nur dann ergeben, wenn der Antragsteller eine entsprechende
schriftliche Zusage erhalten hätte. Das sei ausdrücklich nicht der Fall. Grund-
sätzlich sei für ein angemessenes Verhältnis zwischen der Ausbildungszeit ei-
nes Soldaten und der Nutzungszeit für den Dienstherrn zu sorgen. Insoweit
werde ein Verhältnis von 40 Prozent zu 60 Prozent oder besser angestrebt. Bei
seiner gegenwärtigen Verpflichtungserklärung über eine Dienstzeit von 15 Jah-
ren betrage die Nutzungszeit nach dem Studium der Humanmedizin höchstens
ca. 4 Jahre und 9 Monate. Sie sei damit deutlich kürzer als die Ausbildungs-
dauer zum Mediziner, sodass eine weitere Ausbildung des Antragstellers zu
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Lasten der Nutzungszeit für den Dienstherrn nicht geboten sei. Dabei sei die
bisherige Ausbildungszeit in der Luftwaffe noch gar nicht berücksichtigt.
Gegen diesen Bescheid hat der Antragsteller am 19. Februar 2013 die Ent-
scheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt. Den Antrag hat der Bun-
desminister der Verteidigung - R II 2 - mit seiner Stellungnahme vom 28. Fe-
bruar 2013 dem Senat vorgelegt.
Zur Begründung seines Rechtsschutzbegehrens vertieft der Antragsteller sein
Beschwerdevorbringen und macht insbesondere geltend, er habe schon mehr-
fach vorgetragen, dass in der Informationsveranstaltung zur Studienplatzverga-
be im Juli 2011 kein Hinweis darauf erfolgt sei, dass er eine neue Verpflich-
tungserklärung über 22 Jahre zu unterzeichnen habe. Eine Informationsveran-
staltung mit diesem Inhalt habe es nicht gegeben. Sie ergebe sich auch nicht
aus den Akten. Das Personalamt der Bundeswehr habe es versäumt, ihn darü-
ber aufzuklären. Erst Ende November 2011 habe man ihm eine Weiterverpflich-
tungserklärung über 22 Jahre vorgelegt. Diese habe er nicht unterschrieben
unter Verweis auf die bereits bestehende ursprüngliche Verpflichtungserklä-
rung, die zunächst von der personalbearbeitenden Stelle nicht gefunden wor-
den sei. Ein Personalgespräch mit dem Sanitätsdienst habe nie und lediglich
eine Informationsveranstaltung stattgefunden zu der Möglichkeit, in eine Ver-
wendung außerhalb des Fliegerischen Dienstes zu wechseln. Von einer Ver-
längerung der Verpflichtungserklärung sei damals nicht die Rede gewesen. Die
Mitteilung, dass nach Erhalt der Approbation eine klinische Weiterbildung aus-
drücklich nicht vorgesehen sei, sei allein deshalb erfolgt, weil er die begehrte
Weiterverpflichtungserklärung nicht unterschrieben habe. Das verstoße gegen
das Schikaneverbot. Sein Laufbahnwechsel sei seitens des Antragsgegners
ausdrücklich nicht von seiner Weiterverpflichtungserklärung abhängig gemacht
worden. Erst im Nachhinein, als das Versehen aufgefallen sei, habe man ver-
sucht, ihn mit der Drohung, ihn notfalls aus der Bundeswehr zu entlassen oder
auch unter Verlust des Studienplatzes in die Truppe zurückzuführen, zur Unter-
schrift anzuhalten. Zudem verstehe er nicht, wie man ihm die Verwendung als
Weiterbildungsassistent an den Bundeswehrkrankenhäusern und Fachsanitäts-
zentren versagen könne, während der Antragsgegner gleichzeitig auf vielen
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Gebieten Weiterbildungsassistenten suche, wie dies im Internet auf seiner Seite
zu lesen sei. Sein Antrag auf Laufbahnwechsel sei auf Anregung des Dienst-
herrn erfolgt, der gebeten habe, die Cockpits zu räumen um die wenigen ver-
bleibenden Flugstunden effektiver unter weniger Crews aufteilen zu können.
Der Antragsteller beantragt,
die Entscheidung des Personalamtes der Bundeswehr
vom 18. September 2012 in Gestalt des Beschwerdebe-
scheides des Bundesministers der Verteidigung vom
14. Januar 2013 aufzuheben, wonach für ihn, den Be-
schwerdeführer, im Rahmen der aktuellen Verpflichtungs-
zeit von 15 Jahren keine klinische Weiterbildung vorgese-
hen ist.
Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er verteidigt den Inhalt seines Beschwerdebescheides und weist darauf hin,
dass der Antragsteller im Juli 2011 bei einer Veranstaltung zur Studienplatzver-
gabe darauf hingewiesen worden sei, dass er eine neue Weiterverpflichtungs-
erklärung über 22 Jahre zu unterzeichnen habe, falls er eine klinische Weiter-
bildung wünsche. Eine auf diese neue Verpflichtungszeit lautende Weiterver-
pflichtungserklärung sei sodann zur Aushändigung an ihn versandt worden. Da-
raufhin habe der Antragsteller ein Personalgespräch zur Klärung der Hinter-
gründe dieser Weiterverpflichtungserklärung begehrt, das am 22. August 2012
(gemeint wohl: 23. August 2012) stattgefunden habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Ak-
ten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministers der Verteidi-
gung - R II 2 - … und die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem Se-
nat bei der Beratung vorgelegen.
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1. Der Antrag ist statthaft und auch im Übrigen zulässig.
Es handelt sich um eine Streitigkeit über die dienstliche Verwendung des An-
tragstellers, für die gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO die Wehrdienstgerichte
- hier nach § 21 Abs. 1 WBO das Bundesverwaltungsgericht - sachlich zustän-
dig sind (stRspr; vgl. z.B. Beschluss vom 26. Oktober 2012 - BVerwG 1 WDS-
VR 6.12 und 7.12 - BVerwGE 145, 24 Rn. 23 = NZWehrr 2013, 34).
Der Antragsteller hat das Schreiben des Personalamts der Bundeswehr vom
18. September 2012, mit dem ihm die für ihn vorgesehene Verwendungspla-
nung mitgeteilt wurde, nicht insgesamt angegriffen, sondern nur insoweit, als
darin für ihn im Rahmen der aktuellen Verpflichtungszeit von 15 Jahren eine
spätere Ausbildungszusage in Bezug auf eine Gebietsarztweiterbildung ausge-
schlossen wird und eine klinische Weiterbildung ausdrücklich nicht vorgesehen
ist. Darin liegt eine dienstliche Maßnahme hoheitlicher Natur, die auf der Grund-
lage eines bestehenden Vorgesetztenverhältnisses ergangen ist und damit eine
hinreichend konkrete und bestimmte wehrbeschwerdefähige Entscheidung dar-
stellt (vgl. Beschluss vom 25. März 1976 - BVerwG 1 WB 105.75 - BVerwGE
53, 160f.).
Dass der Antragsteller seinen Antrag auf die Anfechtung dieser Regelung be-
schränkt hat, ohne ihn mit einem Verpflichtungsbegehren zu verbinden, ist nicht
zu beanstanden, da er sich in der derzeitigen Phase seines Studiums nur die
Möglichkeit einer klinischen Weiterbildung ohne Verlängerung der Dienstzeit auf
22 Jahre offen halten, sich auf eine konkrete klinische Weiterbildung aber noch
nicht festlegen will (vgl. dazu auch den mit Schriftsatz vom 5. März 2014 vorge-
legten Vermerk über ein Personalgespräch vom 9. September 2013 unter
Nr. 2.2).
Der Antrag auf Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist innerhalb der
Monatsfrist des § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 17 Abs. 4 Satz 1 WBO beim Bun-
desministerium der Verteidigung eingegangen.
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2. Der Antrag ist aber nicht begründet.
a) Dass die Beschwerde des Antragstellers nach Angabe des Bundesministers
der Verteidigung (ein Nachweis der Zustellung des Schreibens vom 18. Sep-
tember 2012 an den Antragsteller oder seinen Bevollmächtigten ist den Akten
nicht zu entnehmen) nicht innerhalb der Monatsfrist des § 6 Abs. 1 WBO bei der
nach § 5 Abs. 1 WBO zuständigen Stelle eingegangen ist, ist allerdings un-
schädlich, weil der Bundesminister der Verteidigung berücksichtigt hat, dass die
Beschwerde beim Personalamt der Bundeswehr so rechtzeitig eingegangen
war, dass dieses verpflichtet gewesen wäre, sie innerhalb des üblichen Ge-
schäftsganges - und damit rechtzeitig - an das Bundesministerium weiterzulei-
ten, und in der Sache entschieden hat.
b) Der Bescheid des Personalamts der Bundeswehr vom 18. September 2012
und der Beschwerdebescheid des Bundesministers der Verteidigung vom
14. Januar 2013 sind rechtmäßig und verletzen den Antragsteller nicht in seinen
Rechten. Dieser hat keinen Anspruch auf eine klinische Weiterbildung ohne
Verlängerung seiner bis zum 30. September 2021 festgesetzten Dienstzeit von
15 Jahren.
Ein Soldat hat grundsätzlich keinen Anspruch auf eine bestimmte fachliche oder
örtliche Verwendung. Ein dahingehender Anspruch lässt sich auch nicht aus der
Fürsorgepflicht ableiten. Vielmehr entscheidet der zuständige Vorgesetzte über
die Verwendung eines Soldaten, sofern hierfür ein dienstliches Bedürfnis be-
steht, nach seinem pflichtgemäßen Ermessen (stRspr; vgl. z.B. Beschlüsse
vom 6. Mai 1971 - BVerwG 1 WB 8.70 - BVerwGE 43, 215 <217>, vom 17. Mai
1988 - BVerwG 1 WB 53.87 - BVerwGE 86, 25 <26> = NZWehrr 1989, 257 und
vom 3. Juli 2001 - BVerwG 1 WB 24.01 - Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 26). Auch
die Frage, ob und unter welchen zeitlichen und inhaltlichen Voraussetzungen
einem Soldaten auf Zeit zusätzlich zu seinem Studium während der Dienstzeit
eine Weiterbildung zum Facharzt ermöglicht werden kann, obliegt der Ermes-
sensentscheidung des Bundesministeriums der Verteidigung (Beschluss vom
18. Dezember 2012 - BVerwG 1 WB 2.12 -). Die Ermessensentscheidung kann
von den Gerichten nur darauf überprüft werden, ob der Vorgesetzte den Sol-
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daten durch Überschreiten oder Missbrauch dienstlicher Befugnisse in seinen
Rechten verletzt (§ 17 Abs. 3 Satz 2 WBO) bzw. die gesetzlichen Grenzen des
ihm insoweit zustehenden Ermessens überschritten oder von diesem in einer
dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht
hat (§ 114 VwGO analog; stRspr; u.a. Beschlüsse vom 6. Mai 1971 a.a.O., vom
11. November 1975 - BVerwG 1 WB 24.75 - BVerwGE 53, 95 <97>, vom
30. Juli 1980 - BVerwG 1 WB 79.79 - BVerwGE 73, 51 f. und vom 30. August
2001 - BVerwG 1 WB 37.01 - Buchholz 311 § 17 WBO Nr. 45).
aa) Das Ermessen des Vorgesetzten wäre allerdings reduziert, wenn er sich
durch eine entsprechende Zusicherung im Sinn des § 38 VwVfG zu einer be-
stimmten Verwendung, hier der klinischen Weiterbildung, verpflichtet hätte. Da-
für gibt es aber keine Anhaltspunkte.
Eine Zusicherung, die das Ermessen der zuständigen Stelle über die Verwen-
dung eines Soldaten rechtswirksam bindet, liegt nach der Rechtsprechung des
Senats nur dann vor, wenn eine zur Überzeugung des Gerichts feststehende
eindeutige und auf ein bestimmtes Verhalten gerichtete Erklärung mit Bin-
dungswillen von einem Vorgesetzten abgegeben worden ist oder wird, der zu
dieser Erklärung aufgrund der Handlungszuständigkeit seiner Dienststelle und
seiner eigenen Stellung in dieser Dienststelle rechtlich befugt ist. Die Zusiche-
rung muss zwar, insoweit abweichend von § 38 Abs. 1 VwVfG, nicht notwendig
schriftlich erfolgen; sie muss aber entweder von einer Dienststelle der Bundes-
wehr oder von einer/einem bestimmten (militärischen) Vorgesetzten erklärt
werden, der bzw. dem die Entscheidungskompetenz in der Sache zugewiesen
ist (stRspr; vgl. z.B. Beschluss vom 30. September 2008 - BVerwG 1 WB
31.08 - ).
Das Schreiben des Personalamts der Bundeswehr vom 14. Juni 2011, mit dem
dem Antrag des Antragstellers auf Wechsel in die Laufbahn der Sanitätsoffizier-
Anwärter stattgegeben und die Absicht mitgeteilt wurde, ihn zum 1. Oktober
2011 zum Studium der Humanmedizin zu beurlauben, enthält keinen Hinweis
auf eine Verwendungsplanung nach Abschluss des Studiums.
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Auch auf der Informationsveranstaltung vom 11. Januar 2011, die für den An-
tragsteller die Grundlage seines Antrages auf Wechsel in die Laufbahn der Sa-
nitätsoffiziere mit Medizinstudium war (vgl. seinen Antrag vom 20. Januar
2011), kann eine solche Zusicherung nicht erteilt worden sein. Zwar ist zwi-
schen den Beteiligten streitig, ob bei dieser Informationsveranstaltung - oder
einer weiteren, die offenbar im Juli 2011 stattgefunden hat - auf die Notwendig-
keit einer Dienstzeitverlängerung auf 22 Jahre hingewiesen worden ist. Auch
wenn man insoweit den Vortrag des Antragstellers unterstellt, einen entspre-
chenden Hinweis habe es nicht gegeben, kann daraus aber nicht die Zusiche-
rung hergeleitet werden, jeder der potenziell interessierten Teilnehmer an die-
ser Veranstaltung könne innerhalb seiner jeweiligen Dienstzeitverpflichtung und
seiner jeweilig verbleibenden individuellen Restdienstzeit nach einem Studium
der Humanmedizin auch die klinische Weiterbildung innerhalb dieser Rest-
dienstzeit durchführen. Das ergibt sich nicht nur daraus, dass aus einem Unter-
lassen regelmäßig keine Zusicherung hergeleitet werden kann und dass eine
solche Informationsveranstaltung „informieren“, also nicht Entscheidungen mit
Rechtsbindungswillen treffen will, sondern auch daraus, dass auch nach dem
Vortrag des Antragstellers nicht ersichtlich ist, dass es sich bei den Veranstal-
tern um die für die Verwendungsentscheidungen zuständige Stelle gehandelt
hat.
bb) Es sind auch keine sonstigen Ermessensfehler ersichtlich. Das Personalamt
der Bundeswehr hat mit seinem Ausschluss einer klinischen Weiterbildung in-
nerhalb der Verpflichtungszeit von 15 Jahren nicht dadurch ermessensfehler-
haft gehandelt, dass es eine Kosten-Nutzen-Relation in seine Abwägung einbe-
zogen hat. Es ist nicht zu beanstanden, dass es bei Sanitätsoffizieren im Status
eines Soldaten auf Zeit ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Ausbildungs-
und Nutzungszeiten sicherstellen willDementsprechend kann als Sanitätsoffi-
zieranwärter nach Nr. 3.3 Abs. 3 des Rahmenerlasses für die Einstellung, recht-
liche Stellung, Ausbildung, Betreuung und Fürsorge der Sanitätsoffizier-
Anwärter vom 17. Oktober 2007 (BMVg - FüSan II 3 - Az: 35-30-31/32-88-02)
nur eingestellt werden, wer sich u.a. für mindestens 17 Jahre Wehrdienst ver-
pflichtet. Es ist nicht ersichtlich, dass diese Regelung mit höherrangigem Recht
nicht in Einklang stünde (vgl. bereits zu der Vorgängerregelung Beschluss vom
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1. September 2005 - BVerwG 1 WB 18.05 - BVerwGE 124, 187 <200 f.>
= Buchholz 236.1 § 28 SG Nr. 7 S. 7 ). Sie konkretisiert den Gedan-
ken, dass das Studium im dienstlichen Interesse erfolgt, das heißt, dass die dort
erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten anschließend dem Dienstbetrieb zugu-
te kommen sollen. Deshalb überschreiten das Personalamt der Bundeswehr
und der Bundesminister der Verteidigung die gesetzlichen und verfassungsmä-
ßigen Grenzen des ihnen eingeräumten Ermessens nicht und machen davon
auch nicht in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise
Gebrauch, wenn sie nach einer - alimentierten - Ausbildung eine angemessene
Zeit fordern, in der der Dienstherr den Nutzen aus dieser Ausbildung ziehen
kann. Bei einer Studiendauer von 6 Jahren und einer danach verbleibenden
Restdienstzeit von weniger als 5 Jahren würde sich, wenn in dieser noch die
klinische Weiterbildung erfolgen würde, eine erhebliche Verschiebung der Kos-
ten-Nutzen-Relation zu Lasten des Dienstes als Truppenarzt ergeben. Dauer
und Kostenintensität der Offizierausbildung mit Studium nötigen den Bundesmi-
nister der Verteidigung aber, eine vernünftige Relation zwischen Ausbildungs-
zeit und praktischer Verwendung in der Truppe zu schaffen. Insoweit ist zu be-
rücksichtigen, dass die Ausbildung keinen Selbstzweck darstellt, sondern an
dienstlichen Bedürfnissen ausgerichtet werden muss (grundlegend: Beschluss
vom 1. April 1976 - BVerwG 1 WB 98.74 - BVerwGE 53, 163 <165>). Diese
Grundsätze gelten auch für die ärztliche Weiterbildung im Rahmen einer Fach-
arztausbildung (Beschluss vom 18. Dezember 2012 - BVerwG 1 WB 2.12 -).
Nach Angaben des Bundesministeriums der Verteidigung wird für die Relation
von Ausbildung und Nutzen ein Verhältnis von 40 Prozent zu 60 Prozent oder
besser angestrebt. Das kann beim Antragsteller im Hinblick auf seine nur für 15
Jahre abgegebene Verpflichtungserklärung und die zunächst mehr als 4 Jahre
in der Laufbahn des Truppendienstes zugebrachte Zeit nicht mehr erreicht wer-
den. Vielmehr bleibt bei ihm nach einem planmäßigen Abschluss des Studiums
nach 6 Jahren nur noch eine Nutzungszeit von weniger als 5 Jahren, insgesamt
also weniger, als die Ausbildungszeit ausmacht. Würde in dieser Zeit noch die
angestrebte klinische Weiterbildung durchgeführt, würde der Nutzen, den der
Dienstherr aus dem Studium des Antragstellers durch dessen Verwendung als
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Truppenarzt ziehen will, weitgehend entfallen. Ein „Verstoß gegen das Schika-
neverbot“, wie es der Antragsteller rügt, ist darin nicht zu sehen.
Auch wenn man das Vorbringen des Antragstellers dahingehend auslegt, dass
er geltend machen will, er müsse einen Anspruch auf klinische Weiterbildung im
Rahmen der bisherigen Verpflichtungszeit von 15 Jahren aus dem Gesichts-
punkt des Vertrauensschutzes haben, weil bei der Informationsveranstaltung,
die ihn zum Antrag auf Laufbahnwechsel veranlasst hat, nicht auf die Notwen-
digkeit einer Dienstzeitverlängerung auf 22 Jahre hingewiesen worden sei, er-
gibt sich daraus kein Ermessensfehler bei der Ablehnung seines Begehrens.
Eine Informationsveranstaltung kann immer nur einer allgemeinen Unterrich-
tung dienen und ist generell nicht geeignet, konkretes Vertrauen im Sinne einer
anspruchsbegründenden Vertrauensposition aufzubauen. Wenn die Frage einer
möglichen klinischen Weiterbildung für den Antragsteller für seine Entschei-
dung, einen Antrag auf Laufbahnwechsel zu stellen, von grundlegender Bedeu-
tung war, hätte er sich vor dem Antrag im Hinblick auf seine konkrete Rest-
dienstzeit bei der dafür zuständigen personalbearbeitenden Stelle entsprechend
erkundigen und vergewissern müssen.
Schließlich ergibt sich ein Anspruch des Antragstellers auf klinische Weiterbil-
dung innerhalb der Verpflichtungszeit von 15 Jahren auch nicht daraus, dass
die klinische Ausbildung verbindlich zur Ausbildung zum Sanitätsoffizier gehö-
ren würde. Die Weiterbildung zum Facharzt ist nicht Teil dieser Ausbildung. Das
folgt aus § 30 Abs. 1 Nr. 3 und § 44 SLV i.V.m. Nr. 625 Satz 1, Nr. 624
ZDv 20/7. Danach endet die Ausbildung zum Sanitätsoffizier mit der Beförde-
rung zum Stabsarzt, Stabsveterinär oder Stabsapotheker. Die Beförderung zum
Stabsarzt oder Stabsveterinär setzt aber nur die Approbation als Ärztin oder
Arzt, Zahnärztin oder Zahnarzt oder Tierärztin oder Tierarzt voraus, keine
Facharztausbildung. Dementsprechend ist auch der o.g. Rahmenerlass für die
klinische Weiterbildung nicht einschlägig, denn er betrifft nur die Einstellung,
rechtliche Stellung, Ausbildung, Betreuung und Fürsorge der Sanitätsoffizier-
Anwärter und Sanitätsoffizier-Anwärterinnen.
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Soweit der Antragsteller meint, mit einer klinischen Weiterbildung würde er dem
Ziel der Bundeswehr helfen, ihren Facharzt-Bedarf zu decken, verkennt er,
dass bei seiner nur für 15 Jahre erklärten Dienstzeitverpflichtung nach Ab-
schluss seines Studiums und einer sich daran anschließenden Facharztausbil-
dung wenn überhaupt nur noch eine sehr kurze Restdienstzeit verbleiben wür-
de, in der er der Bundeswehr als Facharzt zur Verfügung stünde.
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Dr. Frentz
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