Urteil des BVerwG vom 26.10.2006

Ausbildung, Schule, Weisung, Dienstleistung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 WB 10.06
In dem Wehrbeschwerdeverfahren
des Herrn Hauptfeldwebel …,
…,
- Bevollmächtigte:
Rechtsanwältin …
… -
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze als Vorsitzenden,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Widmaier und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
sowie
Oberstleutnant Dilthey und
Hauptfeldwebel Winkelmann
als ehrenamtliche Richter
am 26. Oktober 2006 beschlossen:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
- 2 -
G r ü n d e :
I
Der … geborene Antragsteller ist Berufssoldat, dessen Dienstzeit voraussicht-
lich mit Ablauf des 31. Dezember 2023 enden wird. Derzeit wird er als Stati-
onsausbilder bei der ... Inspektion der Schule … in A. verwendet.
Zur Umsetzung des Erlasses des Bundesministeriums der Verteidigung
- PSZ III 2 - vom 22. Juni 2004 zu den Voraussetzungen der Gewährung eines
Auslandsverwendungszuschlages (AVZ) für temporäre Kräfte bestimmte das
Einsatzführungskommando der Bundeswehr (EinsFüKdo) durch Weisung vom
30. Juli 2004 für alle Kontingente, dass temporär eingesetzte Kräfte nur dann
Anspruch auf AVZ hätten, wenn sie auf Dienstposten kommandiert würden,
welche in der Dienstpostenliste der entsprechenden Kontingente abgebildet
seien; dieser vorhandene Dienstposten stelle den im genannten Erlass erwähn-
ten, für die Gewährung des AVZ erforderlichen direkten Zusammenhang mit der
zu erfüllenden Aufgabe des Kontingentes her. Das EinsFüKdo verfügte
deshalb, dass in allen Kontingenten Dienstposten grundsätzlich für Materialprü-
fungskommandos, Prüfgruppen nach § 78 BHO, Einsatzkameratrupps und die
Beratungsgruppe Absicherung/Expertengruppe Schutz eingerichtet würden. Für
alle anderen temporär eingesetzten Soldaten sei eine Dienstreise zu beantra-
gen.
Mit weiterer Weisung vom 9. Februar 2005 teilte das EinsFüKdo mit, ab
1. Januar 2005 seien weitere Dienstposten für temporäre Kräfte für Tätigkeiten
eingerichtet, die unabdingbar für die materielle und personelle Einsatzbereit-
schaft des Kontingents seien. Dies seien Dienstposten für IT-Abstrahlprüf-
trupps; Verstärkungskräfte des Militärischen Abschirmdienstes; Instandset-
zungstrupps Ton, Sender, Video; Videoaufnahmetrupps und interkulturelle Ein-
satzberater für OpInfo-Einsätze; Erfassungs-, Übersetzungs- und Auswerteper-
sonal sowie Betriebs- und Instandsetzungspersonal Elektronische Kampffüh-
rung; Vermessungstrupps; Geologie- und Bohrtrupps; Verstärkungskräfte Sani-
tätsdienst; Verstärkungspersonal CIMIC sowie für Einsatzprüfer und Verfah-
1
2
3
- 3 -
rensoptimierer der Gruppen Weiterentwicklung der Truppenschulen. In dieser
Weisung wurde erneut bestimmt, dass für alle anderen temporär eingesetzten
Soldaten, die im Auftrag einer inländischen Dienststelle in die deutschen
Einsatzkontingente reisen, eine Dienstreise zu beantragen sei.
Mit E-Mail vom 14. September 2005 stellte das Bundesministerium der Vertei-
digung - FüS I 1 - klar, dass es sich sowohl bei der „einsatzvorbereitenden“ als
auch bei der „einsatzbegleitenden“ Ausbildung um unterstützende Maßnahmen
handele, die nicht zu den Aufgaben des von der Bundesregierung in der Perso-
nalstärke festgelegten Einsatzkontingentes gehörten. Zukünftig sei daher das
gesamte Ausbildungspersonal nur noch mit Dienstreiseanordnung zu entsen-
den.
Trotz dieser Weisungen beantragte der S 1-StOffz der Schule beim EinsFüKdo,
zwei Soldaten, darunter auch den Antragsteller, die nicht zu den in den Wei-
sungen vom 30. Juli 2004 und 9. Februar 2005 festgelegten Gruppen gehörten,
auf einen temporären Dienstposten im Einsatzland zu kommandieren, weil die
Schule dort eine „Spezialausbildung, Instandsetzungsausbildung
Kfz/Panzertechnik, Ausbildungsklasse 70 und 120 t“ durchführe. Darüber hin-
aus würden „im direkten Verbund mit der Ausbildung die vor Ort befindlichen
Fahrzeugkräne instandgesetzt und Fristenarbeiten durchgeführt“ und „regel-
mäßig das projektbezogene logistische Konzept der Fahrzeugkräne, schwer,
überprüft und nach Rückkehr mit der Gruppe Weiterentwicklung besprochen
und angepasst“. Diesen Antrag wies das EinsFüKdo - J 3 Balkan - am 26. Au-
gust 2005 zurück und verwies darauf, dass Soldaten, die in Einsatzkontingen-
ten lediglich „einsatzbegleitende“ Ausbildung durchführten, keinen Anspruch auf
den AVZ hätten. Diese Entscheidung wurde dem Antragsteller am 5. Sep-
tember 2005 eröffnet.
Am 1. September 2005 erließ die Schule den „Befehl für die Erkundung/ Durch-
führung von Kommandierungen zu DEU H Ktgt KFOR (L) im Einsatzgebiet“ zur
„Ausbildungsunterstützung Instandsetzung FK schwer, 70/120 t für DEU H Ktgt
KFOR (L) vom 27.09. bis 13.10.2005“. Unter 1. „Lage“ heißt es, „das laufende
Einsatzkontingent KFOR hat Fahrzeugkräne, schwer, 70/120 t in der Nutzung.
4
5
6
- 4 -
Wegen fehlendem Ausbildungsgerät bei deutschen Truppenteilen bzw. bei
Schule muss die Ausbildung des Instandsetzungspersonals zwingend im
Einsatzland erfolgen.“ Unter 2. „Auftrag“ heißt es: „Fachpersonal Schule führt
Instandsetzungsausbildung an Wehrmaterial durch und unterstützt DEU H Ktgt
KFOR bei Kontingentwechsel“. Absicht sei es, „durch Präsenz von Fachperso-
nal in den Einsatzgebieten die Effizienz des logistischen Systems zu steigern“.
Dazu werde im Zeitraum 27. September bis 13. Oktober 2005 neben dem An-
tragsteller auch Hauptmann R. ins Einsatzgebiet entsandt. Letzterem wurde
aufgegeben, für sich und den Antragsteller rechtzeitig Dienstreiseanträge zu
stellen.
Gemäß diesem Befehl beantragte Hauptmann R. am 12. September 2005 für
sich und den Antragsteller als Mitreisenden die Dienstreise nach P. vom
26. September bis 14. Oktober 2005, die vom Chef des Stabes im Führungs-
stab des Heeres im Auftrag des Bundesministeriums der Verteidigung am
29. September 2005 angeordnet wurde. In dem Formular ist als Reisezweck
angegeben „Ausbildung InstPers Kran 70 t/120 t“.
Bereits mit Schreiben vom 6. September 2005, das an den Chef des Stabes
des EinsFüKdo adressiert war, legte der Antragsteller unter der Überschrift
„Auslandsverwendungszuschlag für temporäre Kräfte, hier: Beschwerde gegen
die Entsendung in das Einsatzland als Dienstreisender im Zeitraum 27.09. bis
13.10.2005“ Beschwerde ein, die vom Bundesminister der Verteidigung (BMVg)
nach Klarstellung durch die Bevollmächtigte des Antragstellers als Antrag auf
gerichtliche Entscheidung gewertet und mit einer Stellungnahme dem Senat
vorgelegt worden ist.
Zur Begründung trägt der Antragsteller vor:
Ziel des Verfahrens sei es, die ungerechtfertigte und willkürliche Ungleichbe-
handlung von Soldaten, die sich aufgrund dienstlicher Verpflichtungen in ein
Krisengebiet begeben müssten, zu beseitigen, indem allen einschlägigen Be-
troffenen ein Anspruch auf Gewährung des AVZ zugebilligt werde. Es gebe
keine objektiv nachvollziehbare Begründung dafür, warum für ihn als Ausbilder
im Unterschied zu dem im Erlass vom 9. Februar 2005 angeführten „Einsatz-
7
8
9
- 5 -
prüfer und Verfahrensoptimierer der Gruppen Weiterentwicklung der Truppen-
schulen“ kein temporärer Dienstposten eingerichtet werde. Dabei solle es sich
um Personal handeln, das für die materielle und personelle Einsatzbereitschaft
des EinsFüKdo unabdingbar sei. Dies gelte jedoch auch für seine Tätigkeit. So
sei er neben seinem Auftrag zur Ausbildung ebenfalls damit betraut gewesen,
die bei seinem Eintreffen im Einsatzgebiet sämtlich reparaturbedürftig gewese-
nen Krane instandzusetzen und damit eine allgemeine Dienstleistung für den
Kontingentführer zu erbringen, der zur Durchführung seines militärischen Auf-
trags auf funktionstüchtiges Gerät angewiesen sei. Für die Instandsetzungsar-
beiten sei der Kontingentführer auch zwingend auf die Hilfe des fachkundigen
Personals der Schule angewiesen gewesen, weil die Kontingentangehörigen zu
einer Reparatur der komplexen und modernen Technik ohne entsprechende
Schulung bzw. Unterstützung überhaupt nicht fähig gewesen seien. Er sei vor
Ort nicht nur denselben Belastungen ausgesetzt gewesen wie die Kontingent-
angehörigen (Unterbringung in Massenunterkünften inklusive der damit ver-
bundenen hygienischen Folgen, klimatische Besonderheiten im Einsatzgebiet
etc.), sondern auch verpflichtet gewesen, den Anordnungen des EinsFüKdo
Folge zu leisten und sich so in die Organisations- und Kommandostruktur vor
Ort einzugliedern. Da er zudem die Ausbildung nach Maßgabe des Kontingent-
führers durchzuführen gehabt habe, sei auch das Kriterium des Wechsels des
disziplinären Unterstellungsverhältnisses zu bejahen. Die Behauptung, aufgrund
der geringeren Dauer seiner Einsätze sei er mit den in den Erlassen vom
30. Juli 2004 und 9. Februar 2005 genannten Personengruppen nicht ver-
gleichbar, sei ohne Auflistung der Einsatzzeiten dieses Personals nicht nach-
vollziehbar.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
festzustellen, dass die Anordnung einer Dienstreise vom
29. September 2005 rechtswidrig war und der Antragstel-
ler stattdessen hätte kommandiert werden müssen.
Der BMVg beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
10
11
- 6 -
Er hält den Feststellungsantrag wegen Wiederholungsgefahr für zulässig, aber
unbegründet. Zu den originären dienstlichen Aufgaben des als Stationsausbil-
der verwendeten Antragstellers gehöre eindeutig die Aus- und Weiterbildung
von anderen Soldaten. Bei seiner im Einsatzland ausgeübten Tätigkeit handele
es sich um eine einzelne, abgrenzbare Aufgabe im Sinne von § 2 Abs. 1 BRKG
und der Nr. 12 Buchst. b Alt. 1 ZDv 14/5 B 171, die nicht mit einer Kommandie-
rung, sondern mit einer Dienstreise zu erledigen sei. Dabei sei es unerheblich,
dass diese Tätigkeit im Interesse des Einsatzkontingentes gelegen habe. Die
Aus- und Weiterbildung von Soldaten sei nie ein Selbstzweck der Schulen.
Vielmehr hätten diese immer den Auftrag, das Personal der militärischen Ver-
bände zur Erfüllung des Auftrages zu befähigen. Das gelte auch für im Einsatz-
land durchgeführte Wartungsarbeiten an dem dort verfügbaren Spezialgerät wie
den schweren Fahrzeugkränen 70 t/120 t. Der Gleichbehandlungsgrundsatz sei
auch nicht verletzt worden, da seit dem 14. September 2005 das gesamte
Ausbildungspersonal nur noch mit Dienstreiseanordnung zu entsenden sei.
Nachdem ein Antrag des Klägers auf Gewährung des AVZ abgelehnt worden
war, erhob er nach erfolglosem Vorverfahren Klage vor dem Verwaltungsgericht
A., die auf Vorschlag des Berichterstatters vergleichsweise erledigt wurde. In
dem Vergleich sicherte die beklagte Bundesrepublik Deutschland dem An-
tragsteller eine erneute Entscheidung über seinen Antrag auf Gewährung eines
AVZ zu, sofern in dem vorliegenden Verfahren festgestellt werde, dass für den
Einsatz in der Zeit vom 26. September bis 14. Oktober 2005 eine Kommandie-
rung hätte erfolgen müssen.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der
zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze und der Akten Bezug genommen.
Die Verfahrensakte des BMVg - PSZ I 7 - 25-05-12 59/06 - sowie die Personal-
grundakte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
II
12
13
14
- 7 -
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung bleibt ohne Erfolg.
Der Feststellungsantrag ist zulässig.
Das ursprüngliche Rechtsschutzbegehren des Antragstellers, für den Zeitraum
vom 26. September bis 14. Oktober 2005 nach P. kommandiert zu werden, hat
sich durch Zeitablauf erledigt. Bei dieser Sachlage kann das Wehrbeschwerde-
verfahren in entsprechender Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO mit
einem Fortsetzungsfeststellungsantrag fortgesetzt werden (stRspr, Beschlüsse
vom 21. November 1995 - BVerwG 1 WB 53.95 - BVerwGE 103, 278 = Buch-
holz 252 § 9 SBG Nr. 1, vom 8. Mai 2001 - BVerwG 1 WB 15.01 - Buchholz
442.40 § 30 LuftVG Nr. 6 = NZWehrr 2001, 165 und vom 22. Juni 2005
- BVerwG 1 WB 1.05 - Buchholz 236.1 § 28 SG Nr. 6
licht>).
Das für einen derartigen Antrag erforderliche besondere Fortsetzungsfeststel-
lungsinteresse liegt hier vor. Dieses Interesse kann sich nach ständiger Recht-
sprechung des Senats unter anderem aus einer Wiederholungsgefahr ergeben
(Beschlüsse vom 11. Dezember 2003 - BVerwG 1 WB 14.03 - BVerwGE 119,
341 = NZWehrr 2004, 163 und vom 22. Juni 2005 a.a.O. m.w.N.). Die Wieder-
holungsgefahr setzt die konkret absehbare Möglichkeit voraus, dass in naher
Zukunft eine gleiche oder gleichartige Entscheidung zu Lasten des Antragstel-
lers zu erwarten ist (Beschluss vom 22. Juni 2005 a.a.O.). Der BMVg - PSZ I 7 -
hat im Hinblick auf die Funktion des Antragstellers die konkrete Wahrschein-
lichkeit einer Wiederholungsgefahr in seinem Vorlageschreiben an den Senat
bejaht.
Der Antrag ist jedoch unbegründet.
Die Dienstreiseanordnung vom 29. September 2005 war rechtmäßig und hat
den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt. Dieser hatte keinen Anspruch
auf Kommandierung in das Einsatzland vom 26. September bis 14. Oktober
2005 zu dem dort verfolgten Reisezweck.
15
16
17
18
19
20
- 8 -
Das dem zuständigen militärischen Vorgesetzten in § 3 Abs. 1 SG eingeräumte
Verwendungsermessen (vgl. dazu Beschluss vom 27. Juli 2006 - BVerwG 1 WB
15.06 - m.w.N.) hat das Bundesministerium der Verteidigung unter anderem in
der ZDv 14/5 B 171 („Bestimmungen über die Versetzung, den Dienst-
postenwechsel und die Kommandierung von Soldaten“) konkretisiert. Nach
Nr. 9 Abs. 1 ZDv 14/5 B 171 ist die Kommandierung der Befehl zur vorüberge-
henden (vorläufigen) Dienstleistung bei einer anderen Einheit (Dienststelle)
oder an einem anderen Standort (Dienstort) oder bei einer nichtamtlichen Stel-
le, z.B. bei einem Privatunternehmen. Durch eine derartige Maßnahme wird die
vorübergehende Verlagerung der allgemeinen, „vollen“ Dienstleistung des be-
troffenen Soldaten in eine andere Einheit bzw. in eine andere Dienststelle an-
geordnet. Sie entspricht daher - wenn auch nur vorläufig oder zeitweilig - einer
Versetzung (OVG Koblenz, Urteil vom 1. Juni 2001 - 10 A 12100/00 - IÖD 2001,
231 = juris Rn. 23; vgl. auch OVG Münster, Beschluss vom 13. März 2003 - 1 A
3635/00 - BWV 2003, 275 = juris Rn. 11). Zur Abgrenzung der Kommandierung
von der Dienstreise bestimmt Nr. 12 Buchst. a ZDv 14/5 B 171, dass eine
Kommandierung zu verfügen ist, wenn die vorübergehende anderweitige
Verwendung des Soldaten in einer allgemeinen Dienstleistung besteht;
demgegenüber ist nach Nr. 12 Buchst. b ZDv 14/5 B 171 eine Dienstreise im
Sinne des § 2 Abs. 1 BRKG anzuordnen, wenn der Soldat einzelne bestimmte
Aufgaben aufgrund seiner Dienststellung wahrnimmt oder wenn er bestimmte
Dienstgeschäfte im Auftrag seiner Dienststelle auszuführen hat. Bei einer
Dienstreise wechselt die disziplinare Unterstellung nicht, während dies bei einer
Kommandierung in der Regel der Fall ist.
Wie sich aus einem Umkehrschluss zu Nr. 30 ZDv 14/5 Teil B 171 ergibt, gelten
diese Bestimmungen auch für Verwendungen im Ausland mit der Maßgabe,
dass Sonderregelungen für diese Verwendungen den Bestimmungen der
ZDv 14/5 B 171 vorgehen. Eine derartige Sonderregelung hat das Bundesmi-
nisterium der Verteidigung - PSZ III 2 - in dem Erlass vom 22. Juni 2004 getrof-
fen und darin ausgeführt, dass die Frage, ob für die in das Einsatzgebiet ent-
sandten Kräfte eine Kommandierung/Abordnung zu verfügen oder eine Dienst-
reise anzuordnen sei, von der jeweils zuständigen Dienststelle in Abstimmung
21
22
- 9 -
mit dem EinsFüKdo unter Berücksichtigung der in Nr. 12 ZDv 14/5 B 171 wie-
dergegebenen Abgrenzungskriterien zu entscheiden sei.
Unter Beachtung dieser Maßgaben stellt der im Dienstreiseantrag vom
12. September 2005 angegebene Reisezweck, nämlich die Ausbildung des In-
standsetzungspersonals für Kräne 70 t/120 t, der Grundlage der angegriffenen
Dienstreiseanordnung vom 29. September 2005 war, eine einzelne, bestimmte
Aufgabe im Sinne der Nr. 12 Buchst. b ZDv 14/5 B 171 dar. Der angegebene
Reisezweck entspricht auch dem im Befehl der Schule vom 1. September 2005
formulierten Auftrag, wonach das Fachpersonal der Schule „Instandsetzungs-
ausbildung an Wehrmaterial“ durchführt und das Kontingent bei Kontingent-
wechsel unterstützt. Für die Abgrenzung zwischen einzelner bestimmter Aufga-
be einerseits und allgemeiner Dienstleistung andererseits ist es rechtlich uner-
heblich, dass die befohlene Ausbildung wegen fehlenden Ausbildungsgeräts im
Inland im Einsatzland erfolgen musste. Ebenso unerheblich ist es, welches In-
teresse der Kontingentführer im Kosovo an der Ausbildungsunterstützung hatte.
Denn der BMVg weist zu Recht darauf hin, dass die von den Schulen der Bun-
deswehr durchgeführte Aus- und Weiterbildung von Soldaten nie einen Selbst-
zweck der Schulen darstellt, sondern immer dazu dienen soll, dass das ausge-
bildete Personal befähigt wird, die den jeweiligen militärischen Verbänden über-
tragenen Aufgaben zu erfüllen. So gehört zu den zentralen Aufgaben der Schu-
le die Planung, Steuerung und Ausführung bedarfsgerechter lehrgangsgebun-
dener Ausbildung nach dem Lehrgangskatalog und die Bereitstellung von Per-
sonal und Material zur Aus-, Fort- und Weiterbildung im Bereich der Materialer-
haltung. Jedenfalls unter diese zweite Kategorie fällt die hier durchgeführte
Maßnahme im K. Dass die Ausbildung des Instandsetzungspersonals anhand
konkreter Instandsetzungsarbeiten an den Kränen vorgenommen wurde, wider-
spricht dem angegebenen Reisezweck nicht. Sollten darüber hinaus in nen-
nenswertem Umfang von dem Antragsteller vor Ort reine Instandsetzungsarbei-
ten (ohne Ausbildung von dazu in erster Linie zuständigem Personal) durchge-
führt worden sein, wäre dies gegebenenfalls eine Abweichung vom angeordne-
ten Reisezweck, könnte aber die Rechtmäßigkeit der Dienstreiseanordnung
nicht in Frage stellen.
23
- 10 -
Es kommt hinzu, dass in der Weisung des Bundesministeriums der Verteidi-
gung - FüS I 1 - vom 14. September 2005 angeordnet wurde, zukünftig „das
gesamte Ausbildungspersonal nur noch mit Dienstreiseanordnung zu entsen-
den“. Diese Weisung, die einer bereits am 14. Juli 2005 abgegebenen internen
Stellungnahme entspricht, stellt eine Sonderregelung für Auslandseinsätze im
Sinne der Nr. 30 ZDv 14/5 B 171 dar und beschreibt im Übrigen die im Zeit-
punkt der Anordnung der Dienstreise geübte Verwaltungspraxis. Da es sich bei
der ZDv nicht um eine Rechtsnorm, sondern um ermessensleitende und er-
messensbindende Verwaltungsvorschriften handelt, die Außenwirkung nur im
Rahmen des Anspruchs auf Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 GG entfalten,
kommt es für die Auslegung neben dem Wortlaut entscheidend auf die tatsäch-
liche Verwaltungspraxis an. Denn nur bei einer Abweichung von der in der Pra-
xis generell vorgenommenen Auslegung der Verwaltungsvorschriften kann ein
Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vorliegen. Eine derartige Ab-
weichung von der tatsächlichen Verwaltungspraxis seit der Weisung vom
14. September 2005 ist für den Senat nicht erkennbar und vom Antragsteller
auch nicht dargetan.
Der Antragsteller kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, die Dienstreise-
anordnung vom 29. September 2005 verstoße gegen den Gleichbehandlungs-
grundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG im Verhältnis zu den in den Erlassen vom
30. Juli 2004 und 9. Februar 2005 angeführten Fallgruppen, für die Dienstpos-
ten für temporäre Kräfte eingerichtet wurden. Die Entscheidung darüber, für
welche Zwecke bei Aufstellung eines Kontingents für einen Auslandseinsatz
Dienstposten eingerichtet werden, obliegt allein der Organisationsgewalt des
Dienstherrn und seiner Einschätzung, welche Dienstposten zur Erfüllung des
gestellten Auftrages erforderlich sind. Dabei nimmt er keine unmittelbar die
Rechtsstellung der einzelnen Soldaten betreffenden Bestimmungen vor, die im
Rahmen eines Wehrbeschwerdeverfahrens angegriffen werden können. Er
muss sich auch nicht von der Frage leiten lassen, welche Rechtsfolgen es für
die einzelnen Soldaten jeweils haben wird, ob sie entweder auf einen bestimm-
ten Dienstposten kommandiert oder ob zur Erbringung sonstiger Unterstüt-
zungsleistungen eine Dienstreise befohlen wird. Der einzelne betroffene Soldat
kann daher im Rahmen eines Wehrbeschwerdeverfahrens nicht die Überprü-
24
25
- 11 -
fung dieser Organisationsentscheidung anhand des Art. 3 Abs. 1 GG bean-
spruchen.
Ob die Gewährung des letztlich vom Antragsteller allein erstrebten AVZ zu
Recht davon abhängig gemacht wird, dass eine Kommandierung und nicht nur
eine Dienstreise vorlag, könnte nur im Zusammenhang mit einem Antrag auf
Gewährung der Zulage in einem Verfahren vor den allgemeinen Verwaltungs-
gerichten geklärt werden. Im Rahmen eines solchen Verfahrens wäre gegebe-
nenfalls zu prüfen, ob die Anknüpfung an eine Kommandierung als Vorausset-
zung für die Gewährung des AVZ mit den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG
vereinbar ist.
Golze Prof. Dr. Widmaier Dr. Frentz
26