Urteil des BVerwG vom 26.02.2015

Bundesamt, Versetzung, Bataillon, Verfügung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 WB 1.15
In dem Wehrbeschwerdeverfahren
der Frau Hauptfeldwebel …,
…,
- Bevollmächtigte:
Rechtsanwälte …,
… -
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
den ehrenamtlichen Richter Oberstleutnant von Löwenstern und
die ehrenamtliche Richterin Stabsfeldwebel Schälicke
am 26. Februar 2015 beschlossen:
Der Antrag wird als unzulässig verworfen.
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G r ü n d e :
I
Die Antragstellerin wendet sich gegen die verzögerte Bearbeitung eines Verset-
zungsantrags.
Die 19.. geborene Antragstellerin ist Berufssoldatin; ihre Dienstzeit endet vo-
raussichtlich mit Ablauf des 30. April 20.. Mit Wirkung vom 1. November 20..
wurde sie zum Hauptfeldwebel befördert. Sie wird nach Auflösung ihrer frühe-
ren Einheit, der …bataillon … in M., seit dem 1. April 2014 als …feldwebel
Streitkräfte bei der …regiment … in M. verwendet.
Die Antragstellerin ist verheiratet. Ihr Ehemann ist ebenfalls Berufssoldat und
derzeit beim …bataillon … in M. eingesetzt. Sie haben einen im Dezember 20..
geborenen Sohn.
Mit Schreiben vom 7. April 2014 beantragte die Antragstellerin zum Zwecke der
Familienzusammenführung ihre Versetzung an den Standort M.
Mit Schreiben vom 2. Juni 2014 stellte die Antragstellerin einen weiteren Ver-
setzungsantrag, der sich auf den konkreten Dienstposten eines Militärisches
Nachrichtenwesen Feldwebel/Bootsmann Streitkräfte beim …bataillon … in M.
(Objekt-ID …) bezog.
Mit Schreiben vom 24. Juni 2014 erhob die Antragstellerin (Untätigkeits-) Be-
schwerde, weil ihre Versetzungsanträge vom 7. April 2014 und 2. Juni 2014
(sowie weitere Anträge) noch nicht beschieden worden seien.
Mit Bescheid vom 11. August 2014, der Antragstellerin am 3. September 2014
telefonisch und am 9. September 2014 förmlich eröffnet, lehnte das Bundesamt
für das Personalmanagement der Bundeswehr (im Folgenden: Bundesamt für
das Personalmanagement) den Versetzungsantrag vom 2. Juni 2014 ab, weil
der begehrte Dienstposten bereits anderweitig verbindlich nachgeplant sei.
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Hiergegen erhob die Antragstellerin mit Schreiben vom 10. September 2014
Beschwerde, weil sie sich bei der Dienstpostenbesetzung aufgrund zu langer
Bearbeitungszeiten benachteiligt sehe. Mit Schreiben vom 24. Oktober 2014
erhob die Antragstellerin weitere Beschwerde, weil sie auf die Beschwerde vom
10. September 2014 noch keinen abschließenden Bescheid erhalten habe.
Unter dem 20. Oktober 2014 teilte das Bundesamt für das Personalmanage-
ment mit, dass beabsichtigt sei, die Antragstellerin zum 1. November 2015 auf
den Dienstposten eines …feldwebel Bundeswehr im …bataillon … nach M. zu
versetzen. In einem Personalgespräch am 27. Oktober 2014 erklärte sich die
Antragstellerin mit der geplanten Versetzung einverstanden. Mit Verfügung
Nr. … vom 12. November 2014 ordnete das Bundesamt für das Personalma-
nagement daraufhin die angekündigte Versetzung der Antragstellerin zum
1. November 2015 an; die Verfügung trägt unter anderem den Vermerk, dass
sie gleichzeitig als abschließender Bescheid auf das Gesuch der Antragstellerin
vom 7. April 2014 gelte.
Mit Bescheid vom 14. November 2014, zugestellt am 1. Dezember 2014, wies
das Bundesministerium der Verteidigung - R II 2 - die (Untätigkeits-) Beschwer-
de vom 24. Juni 2014 in Bezug auf den Versetzungsantrag vom 2. Juni 2014
zurück. Die Beschwerde sei unzulässig, weil die Antragstellerin sie bereits ein-
gelegt habe, bevor das Bundesamt für das Personalmanagement von ihrem
Anliegen Kenntnis erlangt habe.
Mit weiterem Bescheid vom 18. Dezember 2014 erklärte das Bundesministeri-
um der Verteidigung - R II 2 - die (Untätigkeits-) Beschwerde der Antragstellerin
vom 24. Juni 2014 in Bezug auf den Versetzungsantrag vom 7. April 2014 für
gegenstandslos, weil dem Anliegen der Antragstellerin inzwischen stattgegeben
worden sei und deshalb - auch hinsichtlich der Untätigkeit - Abhilfe vorliege.
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Mit Bescheid vom 4. Februar 2015 schließlich wies das Bundesministerium der
Verteidigung - R II 2 - die Beschwerde der Antragstellerin vom 10. September
2014 zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass das Bundesministerium
der Verteidigung für die Entscheidung über die Beschwerde - trotz Einlegung
einer weiteren Beschwerde - zuständig sei. Der Versetzungsantrag vom 2. Juni
2014 sei zu Recht abgelehnt worden, weil der begehrte Dienstposten zur För-
derung einer anderen Soldatin (Stabsunteroffizier (FA) T.) benötigt worden sei;
im Übrigen sei die Antragstellerin für den Dienstposten nicht geeignet (fehlen-
der kaufmännischer Eingangsberuf).
Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 22. Dezember 2014, eingegangen
beim Bundesministerium der Verteidigung am selben Tage, hat die Antragstel-
lerin die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts gegen den Beschwerde-
bescheid vom 14. November 2014 beantragt. Das Bundesministerium der Ver-
teidigung - R II 2 - hat diesen Antrag mit seiner Stellungnahme vom 5. Januar
2015 dem Senat vorgelegt.
Zur Begründung führt die Antragstellerin insbesondere aus:
Sie habe sich mit Schreiben vom 24. Juni 2014 über die Nichtbescheidung ihrer
Anträge vom 7. April und 2. Juni 2014 beschwert. Dass die Beschwerde bezüg-
lich des Antrags vom 2. Juni 2014 unzulässig gewesen sei, werde ausdrücklich
zugestanden. Die Beschwerde hinsichtlich des Versetzungsantrags vom 7. April
2014 sei jedoch zulässig und begründet. Das Bundesamt für das Personalma-
nagement habe den Antrag vom 7. April 2014 nicht in der gebotenen Eile bear-
beitet. Die Tatsache, dass sie über einen Zeitraum von fünf Monaten im Unge-
wissen gelassen worden sei, sei rechtswidrig, verletze die Fürsorgepflicht und
benachteilige sie.
Die Antragstellerin beantragt,
1. festzustellen, dass die Untätigkeitsbeschwerde vom
24. Juni 2014 bezogen auf die Nichtbearbeitung des An-
trags vom 7. April 2014 zulässig und begründet war,
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2. festzustellen, dass die Nichtbearbeitung des Antrags
vom 7. April 2014 rechtswidrig war und sie, die Antragstel-
lerin, in ihren subjektiven Rechten verletzt.
Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung sei unzulässig, soweit er den ableh-
nenden Bescheid des Bundesamts für das Personalmanagement vom 11. Au-
gust 2014 betreffe. Diese Entscheidung sei nicht Gegenstand des mit Schrei-
ben vom 24. Juni 2014 eingeleiteten und mit Beschwerdebescheid vom 14. No-
vember 2014 abgeschlossenen Beschwerdeverfahrens gewesen; es fehle in-
soweit an einem Vorverfahren. Im Übrigen sei der Antrag unbegründet, weil die
verfrüht eingelegte Untätigkeitsbeschwerde aus den im Beschwerdebescheid
genannten Gründen zurecht zurückgewiesen worden sei.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug
genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministeriums der Verteidi-
gung - R II 2 - Az.: 1416/14 - und die Personalgrundakte der Antragstellerin la-
gen dem Senat bei der Beratung vor.
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Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist unzulässig.
Der hier gegenständliche Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 22. Dezem-
ber 2014 richtet sich ausdrücklich (nur) gegen den Beschwerdebescheid des
Bundesministeriums der Verteidigung - R II 2 - vom 14. November 2014. Mit
dem Bescheid vom 14. November 2014 hat das Bundesministerium der Vertei-
digung die (Untätigkeits-) Beschwerde der Antragstellerin vom 24. Juni 2014
(nur) in Bezug auf ihren Versetzungsantrag vom 2. Juni 2014 zurückgewiesen.
Bezogen auf den Versetzungsantrag vom 2. Juni 2014 hat die Antragstellerin
jedoch nichts zu beanstanden. Ausdrücklich gesteht sie im Schriftsatz ihres Be-
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vollmächtigten vom 12. Februar 2015 zu, dass ihre Beschwerde bezüglich des
Versetzungsantrags vom 2. Juni 2014 unzulässig gewesen sei; auch die beiden
Sachanträge beziehen sich nur auf den Versetzungsantrag vom 7. April 2014,
nicht auch auf den vom 2. Juni 2014. Es fehlt der Antragstellerin insoweit damit
an einer Beschwer.
Soweit sich die Antragstellerin in den Sachanträgen und der Begründung gegen
die aus ihrer Sicht verzögerte Bearbeitung ihres Versetzungsantrags vom
7. April 2014 wendet, ist dies nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Das Bundesministerium der Verteidigung - R II 2 - hat die (Untätigkeits-) Be-
schwerde der Antragstellerin vom 24. Juni 2014, soweit sie sich auf den Verset-
zungsantrag vom 7. April 2014 bezieht, nicht in dem hier gegenständlichen Be-
schwerdebescheid vom 14. November 2014, sondern in dem - weiteren - Be-
schwerdebescheid vom 18. Dezember 2014 behandelt und dort für gegen-
standslos erklärt. Einwände hiergegen kann die Antragstellerin deshalb nur mit
einem weiteren, innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschwerdebe-
scheids vom 18. Dezember 2014 zu stellenden Antrag auf gerichtliche Ent-
scheidung geltend machen; sie sind nicht Gegenstand des vorliegenden Wehr-
beschwerdeverfahrens. Das gleiche gilt für Einwände betreffend den Beschwer-
debescheid vom 4. Februar 2015.
Unabhängig davon weist der Senat darauf hin, dass eine gerichtliche Überprü-
fung der Gründe für Verzögerungen im Rahmen einer Untätigkeitsbeschwerde
nicht stattfindet (stRspr, vgl. - auch zum Folgenden - BVerwG, Beschluss vom
16. Januar 2008 - 1 WB 29.07 - Rn. 37 sowie zuletzt Beschluss vom 5. Februar
2015 - 1 WB 50.14 und 51.14 - Rn. 29). Die Wehrbeschwerdeordnung gibt dem
Soldaten, wenn über seinen Antrag, seine Beschwerde oder seine weitere Be-
schwerde nicht innerhalb eines Monats entschieden worden ist, die Möglichkeit,
das Verfahren im Wege der Untätigkeitsbeschwerde in die jeweils nächsthöhere
Instanz zu verlagern (§ 1 Abs. 2, § 16 Abs. 2, § 17 Abs. 1 Satz 2 WBO). Der
Gegenstand des Verfahrens wird hierdurch jedoch nicht verändert. Die jeweils
nächsthöhere Instanz befindet nicht über die Verzögerung des Verfahrens und
deren Ursachen oder Rechtfertigung, sondern über das von dem Soldaten mit
dem Antrag, der Beschwerde oder der weiteren Beschwerde ursprünglich ver-
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folgte Begehren. Gegenstand des Verfahrens könnte deshalb nur die von der
Antragstellerin mit dem Antrag vom 7. April 2014 begehrte Versetzung an den
Standort M. sein, die inzwischen - mit Einverständnis der Antragstellerin - zum
1. November 2015 angeordnet ist (Verfügung des Bundesamts für das Perso-
nalmanagement der Bundeswehr vom 12. November 2014), nicht jedoch eine
gesonderte gerichtliche Feststellung über eine eventuelle Verzögerung des Ver-
fahrens oder (zeitweise) „Nichtbearbeitung“ des Versetzungsantrags. Für einen
solchen Sachantrag fehlt das Rechtsschutzbedürfnis (vgl. BVerwG, Beschluss
vom 16. September 2004 - 1 WB 35.04 -).
Der Senat sieht von einer Belastung der Antragstellerin mit den Kosten des Ver-
fahrens ab, weil der Antrag auf gerichtliche Entscheidung zwar offensichtlich
unzulässig ist, jedoch angesichts der nicht allein von der Antragstellerin zu ver-
tretenden Unübersichtlichkeit der Verfahrenslage nicht missbräuchlich erscheint
(§ 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 1 WBO).
Dr. von Heimburg
Dr. Frentz
Dr. Langer
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