Urteil des BVerwG vom 18.08.2003

Arbeitsamt, Bedürftigkeit, Unterhaltsbeitrag, Internet

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 DB 13.03
BDiG VII BK 2/03
In dem Beschwerdeverfahren
des früheren Oberwerkmeisters ... ,
...,
- Verteidiger:
Rechtsanwalt ...,
... -
wegen Neubewilligung eines Unterhaltsbeitrages,
hat der 1. Disziplinarsenat des Bundesverwaltungsgerichts
am 18. August 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht A l b e r s und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht M a y e r und Dr. H. M ü l l e r
beschlossen:
Die Beschwerde des früheren Oberwerkmeisters ... gegen den
Beschluss des Bundesdisziplinargerichts, Kammer VII - ... -, vom
21. Mai 2003 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
G r ü n d e :
Die nach § 85 Abs. 5 BDG, § 110 Abs. 6 i.V.m. § 79 BDO zulässige Beschwerde ist nicht
begründet. Der frühere Beamte, dem von September 1999 bis einschließlich März 2003 wie-
derholt ein Unterhaltsbeitrag gewährt worden war, hat keinen Anspruch auf Weiterbewilli-
gung dieser Leistung.
Gemäß § 110 Abs. 2 Satz 2 BDO kann ein Unterhaltsbeitrag erneut bewilligt werden, wenn
die Voraussetzungen des § 77 BDO vorliegen. Nach dessen Absatz 1 Satz 1 muss der frü-
here Beamte nach seiner wirtschaftlichen Lage der Unterstützung bedürftig und ihrer nicht
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unwürdig sein. Darüber hinaus darf er seine Bedürftigkeit nicht selbst zu vertreten haben
(stRspr, z.B. Beschluss vom 9. November 2000 - BVerwG 1 DB 17.00 -). Ob und inwieweit
der frühere Beamte, der eines Unterhaltsbeitrags nicht unwürdig ist, eines solchen bedürftig
ist, kann offen bleiben; denn eine erneute Bewilligung eines Unterhaltsbeitrags scheitert
daran, dass er eine - unterstellte - Bedürftigkeit selbst zu vertreten hat.
Der Senat hatte den früheren Beamten mit oben genanntem Beschluss vom 9. November
2000 (a.a.O.) ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, dass er sich in ausreichendem
Maße um die Aufnahme einer anderen Erwerbstätigkeit bemühen und dies dem Gericht ge-
genüber glaubhaft machen muss, um mit einer erneuten Bewilligung eines Unterhaltsbei-
trags rechnen zu können. Im Beschluss vom 9. November 2000 (a.a.O.) heißt es dazu u.a.:
"Entscheidend kommt es in diesem Zusammenhang auf die persönliche Initiative zur
Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess, auf die Bereitschaft sowie auf die Aktivi-
täten zur Erlangung einer neuen Tätigkeit an, nicht darauf, ob diese Anstrengungen
auch tatsächlich zum Erfolg geführt haben. Der uneingeschränkt oder vermindert ar-
beitsfähige frühere Beamte, der nach Wegfall seiner Dienstleistungspflicht täglich zur
Arbeitsplatzsuche genügend Zeit hat (vgl. Beschluss vom 20. August 1998 - BVerwG
1 DB 10.98 -), ist gehalten, alle ihm möglichen und zumutbaren Anstrengungen zu
unternehmen, um eine unterhaltssichernde neue Arbeit zu finden. Er muss sich
ernsthaft, intensiv und nachhaltig während des gesamten Bewilligungszeitraums um
eine solche Erwerbstätigkeit bemühen. Dies gilt auch dann, wenn sich die Wieder-
eingliederung des früheren Beamten in den Arbeitsprozess bei den an seinem
Wohnort oder dessen Umgebung bestehenden Verhältnissen, aufgrund der Arbeits-
marktlage oder infolge seiner persönlichen Umstände schwierig gestaltet. Dem frühe-
ren Beamten ist es auch zuzumuten, einfache Arbeiten, die keine oder nur eine ge-
ringe Qualifikation voraussetzen, anzunehmen. Mit zunehmendem zeitlichen Abstand
von der Verurteilung des früheren Beamten müssen höhere Anforderungen an seine
Darlegungs- und Nachweispflicht sowie an die Intensität seines Bemühens um eine
sein Auskommen sichernde Beschäftigung gestellt werden ... Ein arbeitsfähiger frü-
herer Beamter ist regelmäßig mindestens einmal darüber zu belehren, dass und auf
welche Weise er sich im Bewilligungszeitraum ernsthaft darum zu bemühen hat, eine
ihm zumutbare, ggf. auch einfachere, neue Beschäftigung zu finden. Zu diesen
ernsthaften Bemühungen gehört insbesondere, dass er sich unverzüglich nach
rechtskräftig festgestellter Dienstentfernung bei dem für ihn zuständigen Arbeitsamt
als Arbeitssuchender meldet, sich gleich von Anfang an ständig mehrmals pro Woche
auf Stellenangebote hin bewirbt und dass er auch selbst - soweit sinnvoll und
zumutbar - Bewerbungen in entsprechenden Medien (z.B. Zeitung, Internet) aufgibt.
Im Hinblick auf eine mögliche Neubewilligung des Unterhaltsbeitrags durch das Bun-
desdisziplinargericht ist der frühere Beamte ferner darauf hinzuweisen, dass er seine
vergeblichen Bemühungen um die Erlangung eines neuen Arbeitsplatzes durch Vor-
lage von nachprüfbaren schriftlichen Belegen - dazu gehören z.B. Durchschriften von
Bewerbungen, Absagen, Ausdrucke von E-Mails, Angabe von Zeitpunkt und An-
schriften der Firmen, bei denen er sich nur mündlich beworben hat - gegenüber dem
Gericht glaubhaft machen muss. Eine solche "Belehrung" ist erstmals im Beschluss
des Bundesdisziplinargerichts vom 24. Mai 2000 erfolgt und vom Beschwerdeführer
derzeit und in Zukunft zu beachten."
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In seiner letzten stattgebenden Bewilligungsentscheidung - Beschluss vom 29. Oktober
2002 - BDiG VII BK 8/02 - hatte das Bundesdisziplinargericht den früheren Beamten eben-
falls darauf hingewiesen, welche Anforderungen er erfüllen muss, um erneut mit einer Bewil-
ligung rechnen zu können. Im Beschluss vom 29. Oktober 2002 (a.a.O.) ist dazu u.a. ausge-
führt:
"Der ehemalige Beamte muss aber das nächste halbe Jahr intensiv nutzen, nunmehr
sich eine Erwerbsquelle zu erschließen. Er wird sich täglich dafür einzusetzen haben
durch Bewerbungen, Stellenanzeigen, Vorsprache beim Arbeitsamt etc. und er wird
dies dem Gericht durch schriftliche Nachweise belegen müssen, sollte er keinen Er-
folg haben und sich um eine Weiterbewilligung bemühen. Für einen Zeitraum von ei-
nem halben Jahr erwartet das Gericht mindestens 20 bis 25 Bewerbungen."
Diesen Anforderungen hat der über seine Verhaltenspflichten im Hinblick auf eine mögliche
Weitergewährung des Unterhaltsbeitrags hinreichend informierte frühere Beamte im hier
maßgebenden - letzten - Bewilligungszeitraum (Oktober 2002 bis einschließlich März 2003)
nicht ausreichend Rechnung getragen. Nach eigenen Angaben hat er sich in den genannten
sechs Monaten lediglich zehnmal schriftlich beworben und hat entsprechende Nachweise
vorgelegt. Hierbei kann offen bleiben, ob eine dieser Bewerbungen - die "Beauftragung mit
der Vermittlung" durch eine Vermittlungsagentur - als eigenständige Bewerbung für eine
konkrete neue Arbeitsstelle angesehen werden kann, da auch dann die Bemühungen insge-
samt nicht ausreichend wären. Die von dem früheren Beamten angeblich durchgeführten
weiteren 11 telefonischen Bewerbungen sind - trotz ausdrücklicher Aufforderung des Bun-
desdisziplinargerichts - weder durch Angabe des Firmennamens noch etwa des Zeitpunkts
seiner Bewerbung glaubhaft gemacht worden. Für einen Bewilligungszeitraum von einem
halben Jahr kann dies insgesamt nicht als Nachweis intensiver Bemühungen um einen neu-
en Arbeitsplatz angesehen werden. Der nach eigenen Angaben gesunde und damals
46jährige frühere Beamte hatte nach Wegfall seiner Dienstleistungspflicht täglich genügend
Zeit zur Arbeitsplatzsuche. Knapp zwei Bewerbungen pro Monat - ohne Berücksichtigung der
nicht glaubhaft gemachten telefonischen Bewerbungen - lassen nicht erkennen, dass er
diese Zeit hierfür intensiv genutzt hat.
Das Beschwerdevorbringen des früheren Beamten ist nicht geeignet, eine andere Beurtei-
lung der Sachlage zu rechtfertigen. Der Senat verkennt nicht, dass es für den früheren Be-
amten im Hinblick auf seinen Ausbildungsberuf als Starkstromelektriker und seinen früheren
Tätigkeitsbereich bei der Bahn unter Berücksichtigung des derzeit angespannten Arbeits-
marktes schwierig ist, eine neue Beschäftigung zu finden. Diese Tatsache entbindet ihn je-
doch nicht von der Notwendigkeit, sich gleichwohl intensiv um einen - gegebenenfalls auch
unterwertigen - Arbeitsplatz zu bemühen und dies nachzuweisen. Anhaltspunkte dafür, dass
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ihm dies in den letzten sechs Monaten nicht möglich war, werden mit der Beschwerde nicht
vorgebracht. Soweit geltend gemacht wird, als Techniker sei er "mit derartigen bürokrati-
schen Vorgängen nicht ganz so vertraut", ist dies unerheblich. Von einem früheren Ober-
werkmeister (Besoldungsgruppe A 7 BBesG), der auf seine Verhaltenspflichten zur Erlan-
gung eines erneuten Unterhaltsbeitrags ausdrücklich und wiederholt schriftlich hingewiesen
worden ist, kann erwartet werden, dass er diese Hinweise verstanden hat, ernst nimmt und
sich - im eigenen Interesse - daran hält.
Offen bleiben kann, ob die Teilnahme an einer vom Arbeitsamt geförderten beruflichen Wei-
terbildungsmaßnahme den Betroffenen von einer intensiven Arbeitssuche befreit. Der frühe-
re Beamte hat zwar im Beschwerdeverfahren nachgewiesen, dass der Bescheid des Ar-
beitsamts H. vom Juli 2002, mit dem die Leistungsbewilligung versagt worden ist, im Sep-
tember 2002 aufgehoben wurde. Der frühere Beamte hat vorgetragen, dass er deshalb eine
weitere Ausbildungsmaßnahme durchführen kann, nicht aber, dass er eine derartige Maß-
nahme in dem zu beurteilenden Zeitraum, d.h. in der Zeit bis zum Auslaufen des zuletzt bis
zum 31. März 2003 bewilligten Unterhaltsbeitrags, auch tatsächlich durchgeführt hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 114 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 BDO.
Albers Mayer Müller
Sachgebiet:
BVerwGE:
nein
Neubewilligung eines Unterhaltsbeitrags
Fachpresse: nein
Rechtsquellen:
BDG § 85 Abs. 5
BDO § 77 Abs. 1 Satz 1, § 110 Abs. 2 Satz 2
Stichworte:
Früherer Bahnbeamter des mittelbaren Dienstes; erneuter Antrag auf Weiterbewilligung ei-
nes Unterhaltsbeitrags; kein nachweisbares intensives Bemühen um eine neue Erwerbstä-
tigkeit trotz Wissens um die entsprechende Verpflichtung; Zurückweisung der Beschwerde
gegen die Versagung eines Unterhaltsbeitrags.
Beschluss des 1. Disziplinarsenats vom 18. August 2003 - BVerwG 1 DB 13.03
I. BDiG, Kammer VII - ... -, vom 21.05.2003 - Az.: BDiG VII BK 2/03 -