Urteil des BVerwG vom 19.02.2003

Bares Geld, Hotel, Annahme Von Geschenken, Vorteilsannahme

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IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
BVerwG 1 D 14.02
BDiG I VL 1/02 und I VL 2/02
In dem Disziplinarverfahren
g e g e n
1. den Bauoberrat ... ,
...,
und
2. den Technischen Regierungsamtsrat ... ,
...,
hat das Bundesverwaltungsgericht, 1. Disziplinarsenat,
in der nichtöffentlichen Hauptverhandlung am 19. Februar 2003,
an der teilgenommen haben
Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsgericht
A l b e r s ,
Richter am Bundesverwaltungsgericht
M a y e r ,
Richterin am Bundesverwaltungsgericht
H e e r e n ,
Oberregierungsrat Johann B r e y
und Regierungshauptsekretär Ralf K a t t
sowie
Leitender Regierungsdirektor ...
für den Bundesdisziplinaranwalt,
Rechtsanwalt ...
als Verteidiger zu 1,
- 2 -
Rechtsanwalt Matthias ... ,
als Verteidiger zu 2
und
Justizangestellte ...
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
Die Berufung des Bundesdisziplinaranwalts gegen
das Urteil des Bundesdisziplinargerichts, Kam-
mer I - ... -, vom 6. März 2002 wird zurückge-
wiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens und die dem
Bauoberrat ... sowie die dem Technischen
Regierungsamtsrat ... hierin erwachsenen
notwendigen Auslagen werden dem Bund auferlegt.
G r ü n d e :
I.
1. In den ordnungsgemäß eingeleiteten Disziplinarverfahren hat
der Bundesdisziplinaranwalt den Beamten ... und den Beamten
... jeweils gleich lautend angeschuldigt,
dass sie Dienstreisen in der Zeit vom 6. bis 10. März 1994,
21. bis 23. Juni 1995 und 2. bis 4. August 1995 in ihren
Reisekostenabrechnungen gegenüber dem Bundesamt ... falsch
abgerechnet haben,
die hierbei angefallenen Bewirtungskosten von der Firma A.
haben übernehmen lassen
sowie die Dienstreise vom 21. Juni bis 23. Juni 1995 insge-
samt - einschließlich eines Unterhaltungsprogramms - auf
Kosten der Firma A. unternommen haben
- 3 -
und damit Zuwendungen in Bezug auf ihr Amt ohne die erfor-
derliche Zustimmung angenommen haben.
2. Das Bundesdisziplinargericht hat das den Beamten vorgewor-
fene Verhalten als erwiesen angesehen und durch Urteil vom
6. März 2002 den am ... geborenen Beamten zu 1 (bisher: Bau-
oberrat) in das Amt eines Baurats (Besoldungsgruppe A 13) und
den am ... geborenen Beamten zu 2 (bisher: Technischer Regie-
rungsamtsrat) in das Amt eines Technischen Regierungsamtmanns
versetzt. Es hat folgenden Sachverhalt festgestellt:
2.1 Mit Urteil des Amtsgerichts ... vom 31. August 1998 wurden
die Beamten wegen Vorteilsannahme sowie Betruges in jeweils
drei Fällen verurteilt (Az.: 2105 Js 29049/96 - 27 Ls 225/97).
Das Urteil wurde von den Beamten nur teilweise - nämlich wegen
der Verurteilung wegen Vorteilsannahme und im Übrigen be-
schränkt auf die Gesamtstrafenbildung - angefochten. Das Land-
gericht ... änderte daraufhin mit Urteil vom 20. April 1999,
rechtskräftig seit dem 28. September 1999, dieses Urteil nur
im Rechtsfolgenausspruch ab, und zwar dahin, dass der Beamte
... zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 90 DM und
der Beamte ... zu einer Gesamtgeldstrafe von 150 Tagessätzen
zu je 70 DM verurteilt wurden (Az.: 2105 Js 29049/96 - 8 Ns).
In den Gründen zu diesem Urteil wird folgendes ausgeführt:
"Der Strafrichter bei dem Amtsgericht ... hat am 31.08.1998
die Angeklagten ... und ... der Vorteilsannahme sowie des
Betruges in jeweils drei Fällen schuldig gesprochen. Er hat
den Angeklagten ... zu einer Gesamtgeldstrafe von
200 Tagessätzen (nach den Urteilsgründen und nach dem Sit-
zungsprotokoll zu einer Gesamtgeldstrafe von
220 Tagessätzen) zu je 90 DM und den Angeklagten ... zu ei-
ner Gesamtgeldstrafe von 220 Tagessätzen zu je 70 DM verur-
teilt.
Bezüglich der Verurteilung wegen Betruges in jeweils drei
Fällen enthält das Urteil vom 31.08.1998 (Seite 5 unten bis
Seite 6) folgende Sachverhaltsfeststellungen:
- 4 -
'1. Im Rahmen der Entwicklung fand eine Vielzahl von Be-
sprechungen wegen der Prüfgeräte der Fa. A. statt, an der
jeweils die beiden Angeklagten teilnahmen. Diese - im Übri-
gen genehmigten - Dienstreisen fanden zwischen dem 06. und
10. März 1994, dem 21. bis 23. Juni 1995 und dem 02. bis
04. August 1995statt. Im Anschluss hieran rechneten sie
die Reisekosten gegenüber der Behörde ab. Dabei gaben sie
dem ... gegenüber pflichtwidrig nicht an, dass bezüglich
dieser Dienstreisen die Fa. A. jeweils die Kosten der Be-
wirtung übernommen hatte und anlässlich der Dienstreise vom
21. - 23. Juni 1995 zusätzlich auch die Übernachtungskos-
ten. Entsprechende Angaben sind gegenüber dem Dienstherrn
zu machen. Auf den Formularen für die Reisekostenabrechnung
wird unter dem Abschnitt 7. hierauf besonders hingewiesen.
Die Frage nach der unentgeltlichen Unterkunft - bzw. Ver-
pflegung - wurde insoweit durch die Angeklagten jeweils mit
"nein" beantwortet.
Aufgrund dessen erhielten die beiden Angeklagten jeweils zu
Unrecht folgende Spesen ausgezahlt:
- bezüglich der Dienstreise vom 06. — 10. März 1994: DM 13,65
- bezüglich der Dienstreise vom 21. — 23. Juni 1995: DM 131,70
- bezüglich der Dienstreise vom 02. — 04.08.1995: DM 27,30 ...'
...
Gegen das Urteil vom 31.08.1998 haben die beiden Angeklag-
ten Rechtsmittel eingelegt. ... (Ihre Berufungen) haben die
Angeklagten ... beschränkt, ... (und zwar) auf den Vorwurf
der Vorteilsnahme (und die Gesamtstrafe) ... Die ... Beru-
fungsbeschränkungen sind wirksam. Das Urteil des Strafrich-
ters ist dadurch ... (mit dem Schuldspruch wegen Betrugs in
drei Fällen und der dafür ausgeworfenen Einzelgeldstrafen)
... rechtskräftig geworden. Die dem Schuldspruch wegen Be-
truges in drei Fällen zugrunde liegenden, oben aufgeführten
Feststellungen sind für die Strafkammer bindend.
... (Soweit das Urteil nicht rechtskräftig geworden ist,
hat) die Strafkammer ... bezüglich beider Angeklagten den
Schuldspruch wegen Vorteilsannahme bestätigt, die Einzel-
geldstrafen hierfür ermäßigt und auch die Gesamtgeldstrafen
herabgesetzt.
... In der Berufungsverhandlung sind folgende Feststellun-
gen getroffen worden:
1. ...
2. ...
- 5 -
3. Beide Angeklagten waren als Beamte beim Bundesamt ... in
K. mit der Beschaffung der ... befasst. Hierbei handelt es
sich um ein multinationales ...vorhaben, das sich 1995 noch
im Phasenstand der Entwicklung befand. Im Rahmen dieser
Entwicklung musste eine Stromversorgung für das systemeige-
ne ...gerät (...) entwickelt werden. Diese besteht aus den
Komponenten Ladegerät, Prüfgerät, Batterie, Tragebehälter
und Stromversorgungskabel. Das Projekt ... wurde im ... vom
Referat ... betreut. Leiter dieses Referats war der Zeuge
Pfau. Vorhabenmanager für das Projekt ... war Baudirektor
B. Diesem nachgeordnet arbeiteten drei Sachbearbeiter, un-
ter anderem der Angeklagte ... Dieser war als Sachbearbei-
ter - ..., Systemtechnik ... und Herstellung der Versor-
gungsreife - unter anderem für die Erarbeitung des Strom-
versorgungskonzepts für das ... des ... und für die Her-
stellung/Beschaffung von Prototypen der zur Stromversorgung
benötigten Geräte (Batterien, Prüf- und Ladegerät, Zubehör)
verantwortlich. Zur Erfüllung dieser Aufgabe war er unter
anderem auf die Unterstützung des Referats ... angewiesen.
Dieses war für das Fachgebiet Batterieladetechnik zustän-
dig. Es wurde im Januar ... in ... umbenannt. Der Angeklag-
te ... musste insbesondere bezüglich der Zusammenstellung
der Bieterfirmen, der fachtechnischen Beurteilung der Ange-
bote und Leistungsfähigkeit der Anbieter auf die Kompetenz
und Erfahrung des Referats ... zurückgreifen. Der Angeklag-
te ... hatte für die Einhaltung der systemeigenen Vorgaben
zu sorgen. Die übergeordnete Zuständigkeit und damit letzt-
endlich auch die Entscheidung über die Auswahl der einzel-
nen Komponenten des Vorhabens lag bei ihm bzw. bei dem
vorhabenverantwortlichen Referat ...
Der Angeklagte ..., der in der ... einen Ruf als Experte
für Batterien und deren Behandlung genießt, war als Angehö-
riger des Referats ... für die Auswahl der Batterie und die
Festlegung der Batteriebehandlungsmethode zuständig. Er be-
stimmte den erforderlichen Leistungsumfang für die Anpas-
sung eines handelsüblichen Ladegeräts, benannte mögliche
Bieterfirmen und bewertete die eingegangenen Angebote in
fachtechnischer Hinsicht. Dies erfolgte in Abstimmung mit
dem Angeklagten ...
Am 09.02.1993 übersandte der Angeklagte ... eine Leistungs-
beschreibung u.a. für Batterieprüfgeräte mit Zubehör an das
Vertragsreferat ... und bat um Angebotseinholung bei den
Firmen N., ..., und S., .... Am 22.06.1993 schlug der Ange-
klagte ... dem Angeklagten ... die Firma St., ..., als wei-
teren Hersteller von Batterieprüfgeräten vor. Diese legte
ein Angebot vor, das den bisher billigsten Anbieter N. ge-
- 6 -
ringfügig unterbot. Bezugnehmend auf dieses Angebot fertig-
ten die Angeklagten am 30.08.1993 einen gemeinsam unter-
zeichneten Vermerk, der wie folgt lautet:
... arbeitet seit vielen Jahren mit Fa. N. zusammen. Nach
Kenntnisstand ... haben die kompetenten Entwickler die Fir-
ma N. verlassen und arbeiten jetzt für die Firma St. Damit
war für die Durchführung und die Fertigung der dringend be-
nötigten Batterieprüfgeräte in Frage gestellt. Firma N.
verfügt u.E. derzeit nicht über die personellen Kapazitä-
ten, um den Auftrag ordnungsgemäß abzuwickeln. Daher ist es
aus unserer Sicht dringend erforderlich, den Vertrag an
Firma St. zu vergeben. Firma S. scheidet aus, da das Ange-
bot etwa 100 % über dem Angebot der Firma St. liegt' (BewO
Bl. 55).
Am 30.09.1993 erhielt die Firma St. den Zuschlag auf ihr
Angebot. Die Auftragserteilung an St. erfolgte am
15.10.1993.
St. übertrug die Entwicklung und Lieferung von Soft- und
Hardware sowie die Erstellung entsprechender Dokumentation
in einem Entwicklungsvertrag vom 04./07.10.1993auf die
Firma A., ... Der Zeuge M. ist Geschäftsführer und Inhaber
der Firma. Es handelt sich bei der A. um eine Einzelfirma.
Die St. hat der A. Darlehen gewährt, die diese 'abarbei-
tet'.
Bei der Entwicklung des Batterieprüfgerätes traten Schwie-
rigkeiten auf. Insbesondere stellte sich heraus, dass sich
das Gerät nicht in der ursprünglich vorgesehenen Form rea-
lisieren ließ. Anlässlich der Dienstreise der Angeklagten
zur A. vom 08. bis 10.03.1994 wurde deshalb über eine Modi-
fizierung/Erweiterung des ursprünglich vorgesehenen Leis-
tungsumfangs gesprochen. Es wurde vereinbart, dass St. zu-
sätzlich zu den Prüfgeräten kostenlos drei Ladegeräte lie-
fern sollte.
Mit Schreiben vom 20.07.1994 an das ... zu Händen des Ange-
klagten ... machte der Zeuge M. für diese Mehrleistung je-
doch Kosten in Höhe von 68.073,10 DM geltend. In Vermerken
vom 03. und 19.08.1994 begründete der Angeklagte ... die
Modifikation der Leistungsbeschreibung mit technischen
Zwängen und bat um Einholung eines Zusatzangebots für diese
Mehrleistung. St. bot diese Mehrleistung mit Schreiben vom
23.09.1994 zu einem Preis von 68.037,10 DM an. In einem
weiteren Vermerk vom 07.11.1994 stellte der Angeklagte ...
fest, dass eine Ausschreibung für die Mehrleistung nicht
- 7 -
möglich gewesen sei, da die Grundleistung bereits von St.
erbracht worden sei und die Voraussetzung für die Trennung
Prüfgerät/Ladegerät darstelle. Daraufhin wurde am
02.12.1994 ein Änderungsvertrag mit der Firma St. geschlos-
sen, der die Mehrleistung einschloss. Dadurch erhöhte sich
der Gesamtauftragswert von 165.951,90DM auf 233.989,-- DM.
Im Rahmen der Entwicklung fanden mehrere Besprechungen zwi-
schen Mitarbeitern der A., insbesondere dem Zeugen M. und
den beiden Angeklagten statt. Ab Mai 1995 stand innerhalb
des ... eine konkrete Entscheidung über die Serienreifma-
chung der Stromversorgung für das ... an. Die Herstellung
der Serienreife umfasst alle Aktivitäten, die notwendig
sind, um das Entwicklungsergebnis zur serienreifen Ferti-
gung zu führen. In die zu treffende Entscheidung über die
Serienreifmachung waren die beiden Angeklagten eingebunden.
In Telefonaten am 29.05.1995 unterrichteten beide Angeklag-
ten den Zeugen M. Bei diesen Telefonaten wurde vereinbart,
dass die Angeklagten den Zeugen M. zu einer Besprechung
aufsuchen, die in der Zeit vom 21. bis 23.06.1995 stattfin-
den soll.
Der Angeklagte ... bat den Zeugen M. bei einem der vorge-
nannten Telefongespräche, für ihn ein Doppelzimmer und für
den Angeklagten ... ein Einzelzimmer in einem ... Hotel für
die Zeit vom 21. bis 23.06.1995 zu buchen. Dabei teilte der
Angeklagte ... dem Zeugen M. mit, dass seine Ehefrau mit
nach ... kommen werde. Außerdem teilte er M. mit, dass bei
allen der Wunsch bestehe, eine Aufführung des Musicals ...
zu besuchen. Der Zeuge M. kam den Wünschen des Angeklagten
... nach. Er buchte noch am 29.05.1995 beim Hotel ... in
..., einem Hotel mit großem Komfort, die gewünschten Zim-
mer. Dem Hotel teilte er mit, 'dass wir für die Übernach-
tungskosten nebst Frühstück der Herren - ... - 1 x Einzel-
zimmer - ... - 1 x Doppelzimmer (21.06. - Anreise -
23.06.1995 Abreise) aufkommen' (BewO Bl. 103).
Zugleich bat er um entsprechende Rechnung. Ferner bat er
das Hotel um Besorgung der Eintrittskarten für das Musical
.... Die Dienstreise vom 21. bis 23.06.1995 haben die bei-
den Angeklagten in Begleitung der Ehefrau des Angeklagten
... unternommen. Sie wohnten im Hotel ..., besuchten mit
dem Ehepaar M. das Musical ... und ließen sich von M. be-
wirten. Nach der Abreise übersandte das Hotel ... am
23.06.1995 die Rechnungen über einen Gesamtbetrag von
1.933,50 DM der Firma A., die die Rechnungen am 03.07.1995
mittels Scheck bezahlte und den Betrag als Betriebsausgaben
verbuchte. Die Rechnung betreffend den Angeklagten ... en-
dete mit 1.194,60 DM, wobei in diesem Betrag die Kosten für
- 8 -
die Eintrittskarten für das Musical ... von 575 DM enthal-
ten waren (5 Karten zu je 115 DM), des Weiteren die Kosten
der Mini-Bar von 29 DM, des Weiteren Telefonkosten und
sonstige Verzehrkosten von 50,60 DM. Die Rechnung betref-
fend den Angeklagten ... endete mit 738,90 DM und beinhal-
tete neben den Übernachtungskosten die Kosten der Mini-Bar
von 31 DM und Telefonkosten sowie Verzehrkosten von
87,90 DM. Außerdem zahlte M. die Kosten des Abendessens im
Hotel ... von 208,10 DM. Aufgewendet hat M. einen Betrag
von insgesamt 2.141,60 DM (1.194,60 DM, 738,90 DM, 208,10
DM).
Die beiden Angeklagten besprachen mit dem Zeugen M. Fragen
der Serienreifmachung für das ..., die bisher an tech-
nischen Schwierigkeiten gescheitert war und schon mehrere
Besprechungen erforderlich gemacht hatte. Sie kamen zu dem
Ergebnis, dass die von der A. hergestellten Prototypen den
Anforderungen entsprachen. Der Zeuge M. rechnete mit Auf-
trägen für die A. bzw. die St.
Der Zeuge M. hat die Kosten des Hotelaufenthalts und der
Eintrittskarten übernommen, um die Angeklagten zu veranlas-
sen, etwaige noch vorhandene Bedenken gegen die von der A.
entwickelten Geräte zurückzustellen und die Firma bei der
Frage der Angebotseinholung und Auftragserteilung positiv
zu berücksichtigen. Das haben die Angeklagten erkannt. Sie
haben die finanziellen Zuwendungen wie selbstverständlich
angenommen, wobei sie sich darüber einig waren, dass sie
sich für die Zuwendungen dienstlich erkenntlich zeigen wer-
den. Dies geschah denn nun auch.
Die Dienstreise war beendet am 23.06.1995, einem Freitag.
Bereits am Montag, dem 26.06.1995, führten die Angeklagten
im ... die Zustimmung zur Serienreifmachung herbei. Noch am
selben Tag teilte der Angeklagte ... dem Zeugen M. telefo-
nisch mit, dass das ... der Serienreifmachung zugestimmt
habe. Die Firma St. werde in Kürze zur Angebotsabgabe auf-
gefordert. Der Auftrag solle zu 50 bis 75 % in 1995, der
Rest Anfang 1996 abgewickelt werden. Der Zeuge M. fertigte
am 26.06.1995 folgenden Vermerk:
'... Herr ... teilte soeben telef. mit, dass das ... der
Serienreifmachung zugestimmt hat. D.h. dass ST. zur Ange-
botsabgabe in Kürze aufgefordert wird. Der Auftrag soll in
1995 (ca. 50 % - 75 %) und Anfang 1996 (Rest) abgeschlossen
sein. Das Inst.-Konzept wird am 11.07.95 in ... (...) bzw.
am 15.08.95 in ... (...) im Hinblick auf MES (Materialer-
haltungsstufe) festgelegt. Bei ... würde dann das ... bzw.
... einen Rahmeninstandsetzungsauftrag mit STE. abschlie-
- 9 -
ßen.' (BewO Bl. 105)
Die A. rechnete für die Stromversorgung ... mit einem Auf-
trag über 240 Ladegeräte, 240 Tragbehälter sowie 720 Batte-
rien.
Mit Schreiben vom 01.09.1995 übersandte der Zeuge M. den
Entwurf für ein Lastenheft über die Serienreifmachung der
Stromversorgung ... an den Angeklagten ... Mit Vermerk vom
19.04.1996 übersandte der Angeklagte ... das Lastenheft an
das Vertragsreferat ... - ... mit der Bitte, A. zur Ange-
botsabgabe aufzufordern. Diese Aufforderung erging am
15.05.1996. Wegen der im Zusammenhang mit dem Ermittlungs-
verfahren gegen Baudirektor ... H. getroffenen Feststellun-
gen über die Zuverlässigkeit von A. wurde die Firma seit
Mitte 1996 von der Teilnahme am Wettbewerb um ...aufträge
ferngehalten. In Vermerken vom 02. und 08.07.1996 stellte
der Angeklagte ... daraufhin fest, dass mit A. keine Ver-
träge geschlossen werden dürfen.
Nach Beendigung der Dienstreise am 23.06.1995haben die An-
geklagten ihren Aufenthalt in dem Hotel mit großem Komfort
und die Kostenübernahme durch die A. gegenüber ihrem
Dienstherrn verschleiert. Mit ihren Reisekostenabrechnungen
legten sie jeweils eine Rechnung des Gasthofs '...' in ...
über zwei Übernachtungen vom 21. bis 23.06.1995über 120 DM
vor. Diese Scheinrechnungen hatte ihnen der Zeuge M. auf
ihre Bitten hin besorgt.
Nach Entdeckung der Tat sprachen sich die beiden Angeklag-
ten untereinander und mit dem Zeugen M. ab. Man verständig-
te sich auf die Aussage, dass sämtliche Kosten der Dienst-
reise vom 21. bis 23.06.1995 von den Angeklagten in bar an
M. übergeben worden seien. Entsprechende Aussagen wurden
gemacht. Im weiteren Verlauf des Ermittlungsverfahrens
räumten die Angeklagten ein, dass die A. die Übernachtungs-
kosten übernommen hat.
Die Angeklagten haben sich zu ihren persönlichen Verhält-
nissen im Sinne der hierzu getroffenen Feststellungen ein-
gelassen.
In der Sache selbst haben die Angeklagten den äußeren Sach-
verhalt, der durch Schriftstücke belegt ist, eingeräumt,
bestreiten jedoch, dass der Zeuge M. sie zu einer konkreten
Diensthandlung habe bewegen wollen. Diesem sei es einzig um
die Herstellung eines positiven Klimas gegangen. Bei den
Gesprächen mit M. seien immer nur technische Fragen behan-
delt worden. Man habe diesem keine Gegenleistung verspro-
- 10 -
chen, sondern im Gegenteil immer wieder auf neu auftretende
Probleme hingewiesen, die die Firma ST. habe bewältigen
müssen. Sämtliche Diensthandlungen im Rahmen der Entwick-
lung des Projekts seien rechtmäßig gewesen. Das Hotel '...'
sei ihnen vorher nicht bekannt gewesen. Bei der Ankunft vor
dem Hotel seien sie vor vollendete Tatsachen gestellt wor-
den. Sie hätten deshalb die Zimmer nehmen müssen. Man sei
bestrebt gewesen, die Reise als ganz normale Dienstreise
aussehen zu lassen, weshalb M. die Quittung eines anderen
Hotels besorgt habe.
Die Einlassungen der Angeklagten sind im Sinne der getrof-
fenen Feststellungen widerlegt.
Es mag sein, dass den Angeklagten, die schon öfter Dienst-
reisen nach ... unternommen und in ... Hotels übernachtet
haben, das Hotel '...' nicht bekannt war und dass sie vor
vollendeten Tatsachen gestanden haben. Dies hinderte sie
jedoch nicht, das Hotelzimmer zu bezahlen und die Rechnung
mit der Reisekostenabrechnung einzureichen. Es wären dann
eben Absetzungen erfolgt. Tatsächlich befanden sich die An-
geklagten auch nicht in einer Zwangslage. Sie haben nicht
nur die Hotelkosten nicht bezahlt, sondern auch nicht die
Karten für '...'.
Die Angeklagten hatten auch nicht nur mit technischen Fra-
gen zu tun. Nach der Aussage des Zeugen P. war es auch Auf-
gabe des Angeklagten ..., den Arbeitsfortschritt bei A. zu
überwachen und das Ergebnis zu bewerten, insbesondere ob
die entwickelten Geräte den Anforderungen entsprachen, wo-
bei der Angeklagte einen Beurteilungsspielraum hatte, der
für Auftragsvergaben Bedeutung hatte. Nach der Aussage des
Zeugen F. hatte der Angeklagte ... geeignete Batterien zur
Energieversorgung vorzuschlagen, wobei auch ihm ein für
Auftragsvergaben bedeutsamer Beurteilungsspielraum zukam.
Dass den Angeklagten sehr wohl ein gewisser Einfluss auf
die Auftragsvergabe zustand, lässt sich im Übrigen auch an
der Vergabe des Auftrags an ST. sowie der nachträglichen
Erweiterung des Vertrages ablesen.
Es steht auch fest, dass die Angeklagten die finanziellen
Zuwendungen als Gegenleistung für Diensthandlungen vorge-
nommen haben, nämlich für die positive Endbewertung der von
A. entwickelten Geräte für die Serienreifmachung und für
die Empfehlung, A. bzw. St. zur Angebotsabgabe aufzufor-
dern. Bei Erhalt der Zuwendungen stand die Entscheidung ü-
ber die Serienreifmachung unmittelbar bevor. Es war auch
darüber zu befinden, welche Firma zur Angebotsabgabe aufge-
fordert wird. Die Übernahme der Hotelkosten pp. durch M.
kann lebensnah nur dahin ausgelegt werden, dass er die An-
- 11 -
geklagten veranlassen wollte, etwaige noch vorhandene Be-
denken gegen die von A. entwickelten Geräte zurückzustellen
und die Firma bei der Angebotseinholung und Auftragsertei-
lung positiv zu berücksichtigen. Gegen die Annahme, M. habe
sich nur das allgemeine Wohlwollen der Angeklagten sichern
wollen, spricht auch die Tatsache, dass er etwa 2.000 DM
aufwendete. Das haben auch die Angeklagten erkannt. Sie
wussten, dass die betreffenden Entscheidungen anstanden,
dass die Firmen mit erheblichen technischen Schwierigkeiten
zu kämpfen hatten und endlich in Serie gehen wollten. In
diesem Zusammenhang konnten die Angeklagten die Handlung
des Zeugen M. nur so verstehen und haben sie zur Überzeu-
gung der Strafkammer auch nur so verstanden, dass M. ihnen
ein Angebot gemacht hat, das sie angenommen haben. Sie ha-
ben nicht einmal den Versuch gemacht, das Hotel selbst zu
bezahlen. Sie haben vielmehr den Zeugen M. aufgefordert,
ihnen Quittungen eines anderen Hotels zu besorgen, um die
Annahme des gewährten Vorteils vor ihrem Dienstherrn zu
verschleiern.
Die Aussage des Zeugen M. wirkt für die Angeklagten nicht
entlastend. Er hat sich bei seiner Vernehmung vor der
Strafkammer gewunden und keine klare Aussage gemacht. Auf
die 'Gretchenfrage', weshalb er die Zuwendungen gemacht ha-
be, konnte er keine plausible Erklärung geben. Er hat zwar
erklärt, dass er die Aufwendungen steuerlich abgesetzt ha-
be, jedoch wisse er nicht mehr 100 %ig, warum er bezahlt
habe. Auf weitere Frage erklärte er: 'Ich bin etwas in der
Zwickmühle.' Das ist nachvollziehbar, weil er wieder an
...-Aufträge kommen will. Auf Frage des Oberstaatsanwalts
erklärte er: 'Vielleicht habe ich mir vorgestellt, dass die
Geschäftsverbindung noch intensiviert würde.' Auf weitere
Nachfrage erklärte er, man könne sagen, die Beziehung soll-
te intensiviert und das Verhältnis sollte noch positiver
werden. Nach der Überzeugung der Strafkammer wollte der
Zeuge sich nicht festlegen und aus Furcht vor geschäftli-
chen Nachteilen keine eindeutige Aussage machen. Die Straf-
kammer ist des Weiteren davon überzeugt, dass der Zeuge M.
die Zuwendungen nicht deshalb gewährt hat, um lediglich das
allgemeine Wohlwollen oder die Geneigtheit der Angeklagten
zu sichern. Es stand konkret die Entscheidung über die Se-
rienreifmachung an. Am Freitag, dem 23.06.1995waren die
Vorteile angenommen. Am Montag, dem 26.06.1995war bereits
die Gegenleistung gewährt."
Das Oberlandesgericht ... verwarf die Revisionen der Beamten
mit Beschluss vom 27. September 1999 als offensichtlich unbe-
gründet, da die Nachprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund
- 12 -
der Revisionsrechtfertigung keine Rechtsfehler ergeben habe
(Az.: 1 Ss 233/99 - 2105 Js 29049/96 Ei STA ...).
2.2 Die strafgerichtlichen Feststellungen hat das Bundesdis-
ziplinargericht wie folgt ergänzt:
"Beide Beamte räumen den dreifachen Betrug zum Nachteil
des Dienstherrn, wie im Urteil des Amtsgerichts ... fest-
gestellt, unumwunden ein. Ergänzend haben sie vor der Kam-
mer erklärt, die Quittungen des Gasthofs 'Zur '...' vom
21. bis 23. Juni 1995 vorgelegt hatten, habe ihnen seiner-
zeit der Zeuge M. von der Fa. A. besorgt, nachdem sie die-
sen wegen der reisekostenrechtlichen Probleme, die durch
den Aufenthalt in dem recht teuren Hotel '...' entstanden
waren, informiert hatten und dieser die Beschaffung akzep-
tabler Hotelquittungen vorgeschlagen hatte."
Das eingestandene betrügerische Verhalten der Beamten stehe
auch aufgrund der Bindungswirkung nach § 18 Abs. 1 Satz 1 BDO
für das Gericht durch das Strafurteil des Amtsgerichts ... vom
31. August 1998 fest.
Die Bindungswirkung nach § 18 Abs. 1 Satz 1 BDO bestehe für
die Kammer auch hinsichtlich der strafgerichtlichen Feststel-
lungen des Landgerichts ... im rechtskräftigen Berufungsurteil
vom 20. April 1999 zur Vorteilsannahme der Beamten.
3. Das Bundesdisziplinargericht hat den festgestellten Sach-
verhalt wie folgt gewürdigt:
Mit dem bindend festgestellten Sachverhalt hätten die Beamten
nicht nur gegen Strafvorschriften verstoßen, sondern auch ge-
gen die Pflichten eines jeden Beamten, innerhalb des Dienstes
der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Be-
ruf erfordert, die Anordnungen und allgemeinen Richtlinien der
Vorgesetzten zu befolgen und Belohnungen und Geschenke in Be-
zug auf ihre Ämter nicht ohne Zustimmung der zuständigen
Dienstbehörde anzunehmen (§ 54 Satz 3, § 55 Satz 2, § 70 BBG).
- 13 -
Diese Pflichtverletzungen stellten ein einheitliches Dienst-
vergehen im Sinne von § 77 Abs. 1 Satz 1 BBG dar, das eine
Maßnahme mit Außenwirkung erfordere. Verbotene Geschenkannah-
men in Bezug auf das Amt gehörten zu den schwersten Dienst-
pflichtverletzungen, die ein Beamter begehen könne, auch wenn
sie hier nicht in der Form der einfachen oder schweren Be-
stechlichkeit begangen sein sollten. Nach der Rechtsprechung
ziehe schon die Annahme von Geschenken oder Belohnungen in Be-
zug auf das Amt jedenfalls dann grundsätzlich die Entfernung
aus dem Dienst nach sich, wenn der Beamte die ihm als Äquiva-
lent des angebotenen, geforderten oder gewährten Vorteils an-
gesonnene pflichtwidrige Amtshandlung auch tatsächlich vorge-
nommen oder wenn er bares Geld angenommen habe. Die Höchstmaß-
nahme könne aber im Einzelfall auch aus anderen Erschwerungs-
gründen in Betracht kommen. Solche Umstände könnten hier mit
Blick auf die nachgewiesenen Betrugsfälle zum Nachteil des
Dienstherrn und die wiederholte Annahme von Vorteilen erwogen
werden. Der verursachte Schaden von insgesamt 172,65 DM sei
aber als gering zu bezeichnen und würde bei isolierter Be-
trachtung des Betrugskomplexes nicht mehr als eine Gehaltskür-
zung rechtfertigen, die aber im Hinblick auf § 14 BDO nicht
hätte ausgesprochen werden dürfen. Es bestehe überdies ein en-
ger Sachzusammenhang zwischen Vorteilsannahme und Betrugshand-
lungen im Sinne eines einheitlichen, zeitlich begrenzten Hand-
lungskomplexes. Mildernd sei auch zu berücksichtigen, dass die
Beamten teilweise eine nicht gewollte, vielmehr unerwartete
Situation akzeptiert hätten. Insoweit könne eine besondere
Versuchungslage nicht ausgeschlossen werden, die den Gesamt-
wert der empfangenen Vorteile ganz erheblich mitbestimmt habe.
Dann aber erscheine es vor allem mit Blick auf das sonst sehr
positive dienstliche Erscheinungsbild der beiden Beamten ver-
tretbar, das jeweilige Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn
noch nicht als völlig zerstört anzusehen und den Beamten noch
einmal eine Chance zur Bewährung zu geben. Zu ihren Gunsten
seien ihre jahrzehntelang überdurchschnittlichen dienstlichen
- 14 -
Leistungen sowie ihr dauerhaftes außergewöhnliches Engagement
für dienstliche Belange, ihre bisherige dienst- und straf-
rechtliche Unbescholtenheit, sowie letztlich auch die lange
Verfahrensdauer seit Anfang August 1995 und die von der straf-
gerichtlichen Verurteilung ausgehende erzieherische Wirkung
auf die Beamten zu beachten. Eine Disziplinarmaßnahme mit Au-
ßenwirkung, d.h. eine Degradierung der Beamten sei allerdings
wegen der Schwere der festgestellten Dienstvergehen wie auch
unter generalpräventiven Gesichtspunkten unerlässlich.
4. Gegen dieses Urteil hat der Bundesdisziplinaranwalt recht-
zeitig Berufung eingelegt und beantragt, die Beamten unter
Aufhebung des angefochtenen Urteils aus dem Dienst zu entfer-
nen. Er begründet dies wie folgt: Die Kammer habe den Betrugs-
handlungen zu wenig Bedeutung beigemessen. Angesichts des
zeitlichen Auseinanderfallens der drei Handlungen könne nicht
zugunsten der Beamten von einem "einheitlichen, zeitlich be-
grenzten Handlungskomplex" ausgegangen werden. Stattdessen
müsse erschwerend das Nachtatverhalten berücksichtigt werden
(Bestellung von Scheinrechnungen, abgesprochene Aussagen nach
Aufdeckung), das eine erhöhte kriminelle Energie erkennen las-
se. Es könne auch nicht davon die Rede sein, dass die Beamten
in dem luxuriösen Hotel "..." eine für sie unerwartete Situa-
tion angetroffen hätten. Die Initiative für die Zimmerreser-
vierung sei hier von den Beamten ausgegangen. Für sie habe
aufgrund vorausgegangener Dienstreisen nach ... keine Veran-
lassung bestanden, die Zimmer von dem Zeugen M. buchen zu las-
sen. Die Eintrittskarten für das Musical seien von den Beamten
sogar gefordert worden, was besonders schwer wiege. All diese
Vorteile seien ganze drei Tage vor Erteilung jenes Zuschlags
entgegengenommen worden, auf dessen Erteilung die Beamten
fachlich entscheidenden Einfluss gehabt hätten. Die Beamten
hätten somit in einer besonderen Vertrauensstellung versagt.
Im Übrigen habe das Bundesdisziplinargericht Milderungsgründe
berücksichtigt, die im Falle eines völligen Bruchs des Ver-
- 15 -
trauens es nicht rechtfertigen könnten, von der Höchstmaßnahme
abzusehen.
Die Beamten treten der Berufung entgegen. Entgegen der Auffas-
sung des Bundesdisziplinaranwalts lasse sich dem Urteil des
Landgerichts in der Strafsache entnehmen, dass sie im Hotel
"..." vor vollendete Tatsachen gestellt worden seien. Die Ini-
tiative zu einer Reservierung in speziell diesem Hotel sei
nicht von ihnen ausgegangen. Aufgrund ihrer früheren Erfahrun-
gen mit einer nicht nur in ihrer Abteilung verbreiteten Übung
im ..., die Reservierungen aus ganz praktischen Gründen durch
die Gesprächspartner vor Ort vornehmen zu lassen, seien sie
davon ausgegangen, dass Mittelklassezimmer gebucht würden und
sie selbst die Hotelrechnung zu begleichen hätten. Der Zeuge
M. habe sich zur Bezahlung der Hotelrechnung erst bereit er-
klärt, als sie sich wegen der nicht erstattungsfähigen Höhe
der Hotelkosten beschwert hätten. Auch sei es nicht richtig,
dass sie die Zuwendung der Karten für das Musical gefordert
hätten. Es sei allein darum gegangen, überhaupt an Karten he-
ranzukommen. Selbstverständlich hätten sie die Absicht gehabt,
die Karten zu bezahlen, und M. beim Betreten des Theaters auch
um Nennung des Preises gebeten. Der Zeuge habe ihnen jedoch
erklärt, dass sie wegen der Unannehmlichkeiten mit dem Hotel
auch hier seine Gäste sein sollten.
II.
Die Berufung hat keinen Erfolg.
Sie ist form- und fristgerecht gemäß § 80 Abs. 1, § 82 BDO
eingelegt worden und damit zulässig. Die Vorschriften der Bun-
desdisziplinarordnung sind hier maßgeblich; denn das Beru-
fungsverfahren ist auch nach dem In-Kraft-Treten des Bundes-
disziplinargesetzes am 1. Januar 2002 und dem gleichzeitigen
Außer-Kraft-Treten der Bundesdisziplinarordnung nach den Ver-
- 16 -
fahrensregeln und -grundsätzen des bisherigen Rechts fortzu-
führen (vgl. zum Übergangsrecht in § 85 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5
und 6 BDG: Urteile vom 20. Februar 2002 - BVerwG 1 D 19.01 -,
NVwZ 2002, 1515, m.w.N., und vom 5. März 2002 - BVerwG 1 D
8.01 -).
Die Berufung des Bundesdisziplinaranwalts ist auf die Diszip-
linarmaßnahme beschränkt. Er und die beiden Beamten ziehen den
erstinstanzlichen Schuldspruch und die ihn tragenden Tatsa-
chenfeststellungen nicht in Zweifel. Die Berufung weist ledig-
lich auf vermeintlich oder wirklich festgestellte Umstände
hin, die für die Bemessung der Maßnahme von Bedeutung sein
können. Der Senat ist daher an die Tat- und Schuldfeststellun-
gen gebunden. Er hat nur noch über die angemessene Diszipli-
narmaßnahme zu befinden.
1. Die Vorinstanz hat zu Recht davon abgesehen, gegen einen
der beiden Beamten die disziplinare Höchstmaßnahme zu verhän-
gen.
Die gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 BBG jeweils als ein einheitliches
zu bewertenden Dienstvergehen der beiden Beamten nach § 54
Sätze 2 und 3, § 70 BBG wiegen schwer. Sie werden durch die
Vorteilsannahmen geprägt. Dienstvergehen nach § 70 BBG werfen
in schweren Fällen - so auch hier - die Frage auf, ob ein wei-
teres Verbleiben des betroffenen Beamten in seinem öffentlich-
rechtlichen Dienstverhältnis noch tragbar ist. Die selbstlose,
uneigennützige, auf keinen Vorteil bedachte Führung der
Dienstgeschäfte ist eine der wesentlichen Grundlagen des Be-
rufsbeamtentums. Das Vertrauen der Öffentlichkeit in seine In-
tegrität trägt entscheidend zur Funktionsfähigkeit des Gemein-
wesens bei. Ein Beamter, der in Bezug auf sein Amt Belohnungen
oder Geschenke annimmt, setzt das Ansehen der Beamtenschaft
herab und gefährdet das Vertrauen seiner Behörde und der All-
gemeinheit in seine Zuverlässigkeit. Er erweckt hierdurch
- 17 -
zugleich den Verdacht, für Amtshandlungen allgemein käuflich
zu sein und sich bei seinen Dienstgeschäften nicht allein an
sachlichen Erwägungen zu orientieren, sondern sich auch von
dem Blick auf den ihm zugesagten, gewährten oder gar geforder-
ten Vorteil leiten zu lassen. Dies kann im Interesse einer ge-
ordneten und sachlich orientierten Verwaltung und im Interesse
eines allgemeinen Vertrauens in den Rechtsstaat, die beide für
das demokratische Gemeinwesen grundlegend sind, nicht hinge-
nommen werden.
Trotz dieses nicht ernst genug einzuschätzenden Hintergrunds
bestimmt sich auch im Falle der Annahme von Belohnungen oder
Geschenken die Einstufung des Dienstvergehens wegen der Band-
breite möglicher Handlungsformen nach den Umständen des Ein-
zelfalls. Die Verhängung der Höchstmaßnahme liegt nach der
ständigen Rechtsprechung des Senats vor allem dann nahe, wenn
der Beamte die ihm als Äquivalent des angebotenen, geforderten
oder gewährten Vorteils angesonnene Amtshand-
lung tatsächlich vorgenommen (a) oder wenn er bares Geld ange-
nommen oder sogar gefordert hat (b) und durchgreifende Milde-
rungsgründe fehlen (vgl. zuletzt: Urteil vom 20. Februar 2002
- BVerwG 1 D 19.01 - a.a.O., m.w.N.). Aber auch wenn andere
gewichtige Erschwerungsgründe vorliegen (c), kann je nach Lage
des Einzelfalls die Höchstmaßnahme in Betracht kommen (vgl.
Urteil vom 27. November 1996 - BVerwG 1 D 28.95 - Buchholz 235
§ 87 BDO Nr. 1; vgl. auch Urteile vom 2. November 1993
- BVerwG 1 D 60.92 - BVerwG 103, 36, und vom 24. Juni 1998
- BVerwG 1 D 23.97 - BVerwGE 113, 229).
a) Die Beamten haben zwar nach der am 23. Juni 1995, einem
Freitag, beendeten Dienstreise bereits am Montag, dem 26. Juni
1995, im Bundesamt ... die Zustimmung zur Serienreifmachung
herbeigeführt. Damit steht allerdings noch nicht fest, dass
die Beamten im Sinne der Rechtsprechung des Senats auch eine
Amtshandlung vorgenommen haben. Es sind keine
- 18 -
Anhaltspunkte dafür festgestellt, dass die Beamten etwa noch
vorhandene Bedenken pflichtwidrig hätten fallen lassen oder
aber die Angelegenheit zum Nachteil des Dienstherrn oder et-
waiger Konkurrenten beschleunigt hätten. Nicht jede Beschleu-
nigung aber ist eine pflichtwidrige Amtshandlung (vgl. Urteil
vom 11. Oktober 1995 - BVerwG 1 D 15.95 -). So verhält es sich
auch hier. Es ist jedenfalls nicht auszuschließen, dass unter
Sachgesichtspunkten die Zustimmung zur Serienreifmachung zu-
gunsten der Firma A. ohnehin unmittelbar anstand, die Beamten
den Vorteil nur noch mitgenommen oder allenfalls noch auf eine
geringfügige Beschleunigung der ohnehin alsbald anstehenden
Entscheidung hingewirkt haben.
b) Bares Geld haben die Beamten weder gefordert noch angenom-
men. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist daher die Höchstmaß-
nahme nicht angezeigt.
c) Aber auch erschwerende Umstände solchen Gewichts, die in
der Gesamtschau zur Höchstmaßnahme führen müssten, liegen
nicht vor.
aa) Zu Unrecht will die Berufung auf ein Fordern von Vorteilen
durch die Beamten abheben. Dafür gibt es nach den Feststellun-
gen der Vorinstanz keine Anhaltspunkte. Die Beamten haben zwar
vor dem Senat nochmals eingeräumt, dass die Initiative, die
Zimmer durch M. reservieren zu lassen, von ihnen ausgegangen
ist. Zu dieser Hilfestellung bestand allerdings nach den Um-
ständen des Einzelfalls aufgrund vorausgegangener Dienstreisen
nach ... wenig Veranlassung. Richtig ist auch, dass die Be-
stellung von Eintrittskarten für das Musical von den Beamten
ausdrücklich erbeten worden ist. Das alles beweist jedoch noch
nicht, dass sie diese Leistungen auch als eine unentgeltliche
Zuwendung ausdrücklich oder auch nur sinngemäß gefordert hät-
ten. Die Beamten berufen sich unwidersprochen auf eine nicht
nur in ihrer Abteilung verbreitete Übung im Bundesamt ..., die
- 19 -
Reservierungen aus ganz praktischen Gründen durch die Ge-
sprächspartner vor Ort vornehmen zu lassen. Aufgrund ihrer
früheren Erfahrungen damit seien sie davon ausgegangen, dass
- wie immer in solchen Fällen - Mittelklassezimmer gebucht
würden und sie selbst die Hotelrechnung zu begleichen hätten.
Das sei auch bei den Reisen vor und nach der Reise vom 21. bis
23. Juni 1995 mit dem Zeugen M. so gehandhabt worden. Nur bei
dieser einen Reise habe der Zeuge sich zur Bezahlung der Ho-
telrechnung bereit erklärt, und zwar angeblich nur, weil sie
sich wegen der nicht erstattungsfähigen Höhe der Hotelkosten
beschwert hätten. Auch bei den Karten für das Musical sei es
allein darum gegangen, überhaupt an Karten heranzukommen.
Selbstverständlich hätten sie die Absicht gehabt, die Karten
zu bezahlen, und M. beim Betreten des Theaters auch um Nennung
des Preises gebeten. Der Zeuge habe ihnen jedoch erklärt, dass
sie wegen der Unannehmlichkeiten mit dem Hotel auch hier seine
Gäste sein sollten.
Entgegen der Auffassung der Berufung lassen sich diese Einlas-
sungen in ihrem Kern nicht etwa mit Feststellungen des Landge-
richts im Strafverfahren in Frage stellen. Das Gegenteil ist
der Fall. Das Landgericht hat ausdrücklich für möglich gehal-
ten, dass die Beamten mit einer Reservierung in einem Hotel
der Luxusklasse nicht gerechnet hatten und insoweit "vor voll-
endeten Tatsachen gestanden haben". Wenn ein solcher Gesche-
hensablauf als möglich unterstellt wird, kann nicht gut die
Rede davon sein, dass die Beamten von vornherein die Kosten-
übernahme durch M. gefordert hätten. M. hatte dem Hotel "..."
außerdem schon bei der Reservierung, d.h. etwa einen Monat vor
dem Aufenthalt der Beamten in ..., die Kostenübernahme durch
die Firma A. zugesagt. Es lässt sich nicht nachweisen, dass
die Beamten davon gewusst haben. Folgerichtig ist daher auch
das Landgericht von einem Angebot M. und nicht von einer For-
derung der Beamten ausgegangen. Die Beamten mochten sich zwar
nach der gut ein Jahr zuvor gezeigten "Großzügigkeit" M. den-
- 20 -
ken, dass sich dieser Ihnen gegenüber vielleicht noch weiter-
gehend "großzügig" zeigen würde. Sie mögen den möglichen Vor-
teil erhofft oder sogar gesucht haben. Von einer dreisten For-
derung des Vorteils oder gar der Darstellung ihrer Amtstätig-
keit als einer käuflichen ist das immer noch ein Stück ent-
fernt. Das gilt insbesondere dann, wenn die von ihnen darge-
stellte Praxis der Hotelreservierungen im Bundesamt ... ver-
breitet gewesen sein sollte.
bb) Nicht zu folgen ist der Berufung auch darin, dass die Be-
amten in einer besonderen Vertrauensstellung versagt hätten.
Nach den Feststellungen des Landgerichts hat den Beamten zwar
"sehr wohl ein gewisser Einfluss auf die Auftragsvergabe" zu-
gestanden, wie sich an der Vergabe des Auftrags an die Firma
ST. sowie der nachträglichen Erweiterung des Vertrages ablesen
lasse. Dieser Einfluss bestand jedoch in erster Linie in der
Formulierung technischer Anforderungen an den Auftragsgegens-
tand oder technischer Bedenken bei der Endbewertung der von
der Firma A. entwickelten Geräte. Auch wenn beiden Beamten in-
soweit durchaus bedeutsame Beurteilungsspielräume zukamen, wa-
ren sie doch nicht unmittelbar mit der Vergabeentscheidung be-
fasst, sondern nur technische Verantwortungsträger auf einer
Vorstufe dieser Entscheidung. Eine besondere Vertrauenspositi-
on in Bezug auf Vergabeentscheidungen hatten sie nicht inne.
Sie konnten diese nur mittelbar beeinflussen. Dafür aber, dass
sie in ihrer technischen Verantwortung versagt hätten, gibt es
keine Anhaltspunkte.
cc) Entgegen der Berufung kann auch das Nachtatverhalten mit
einem angeblichen besonderen kriminellen Unrechtsgehalt nicht
als ein Erschwerungsgrund solchen Gewichts berücksichtigt wer-
den, der mit weiteren Erschwerungsgründen zur Höchstmaßnahme
führen müsste. Zwar ist in dem Urteil des Landgerichts davon
die Rede, dass die Beamten falsche Urkunden erbeten und sich
- 21 -
ihrer bedient hätten, was auf eine erhöhte kriminelle Energie
schließen lasse. Um Falschurkunden im Sinne des Strafrechts
handelt es sich dabei jedoch nicht, sondern um echte Urkunden
mit unrichtigem Inhalt, die vom Hotelinhaber "gefälligkeits-
halber" ausgestellt worden sind. Sie sind Mittel des bestraf-
ten und auch angeschuldigten Betruges bei der Abrechnung der
zweiten Reise gewesen. Ihnen kommt daher über die drei Be-
trugshandlungen hinaus kein selbständiger Unrechtsgehalt zu.
Ähnliches gilt für die Bewertung des von der Berufung weiter-
hin angeführten abgesprochenen Aussageverhaltens nach Aufde-
ckung des pflichtwidrigen Handelns. Auch dieses lässt nicht
auf eine erhöhte kriminelle Energie schließen. Nicht nur die
beiden Beamten, sondern auch der anderweitig verfolgte Zeuge
M. sahen sich gravierenden strafrechtlichen Vorwürfen ausge-
setzt. Das unter ihnen abgesprochene Aussageverhalten ist Aus-
druck der seinerzeit noch allseits fehlenden Geständnisbereit-
schaft. Eine zusätzliche kriminelle Energie - wie etwa in der
Form weiterer strafbarer Handlungen oder der Verstrickung
Dritter in das begangene Unrecht - ist diesem Nachtatverhalten
nicht zu entnehmen.
d) Die verbleibenden Erschwerungsgründe rechtfertigen die
Höchstmaßnahme einer Entfernung aus dem Dienst nicht. Das gilt
zunächst für die Höhe und Art der hier angenommenen Vorteile.
Der Senat hat sich auch durch höhere Vorteile als die hier
nach Maßgabe der Rechnungen mit 734,60 DM (im Falle des Beam-
ten ..., zuzüglich eines Abendessens für ihn) bzw. 968,90 DM
(im Falle des Beamten ..., zuzüglich eines Abendessens für ihn
und seine Ehefrau) anzusetzenden Zuwendungen nicht veranlasst
gesehen, über eine Degradierung hinauszugehen (Urteil vom
2. November 1993 - BVerwG 1 D 60.92 - a.a.O.), insbesondere
wenn es wesentlich um vergängliche Vergnügungen ging (Urteil
vom 11. Oktober 1995 - BVerwG 1 D 15.95 -).
Ein die Höchstmaßnahme rechtfertigendes Gewicht erhält die
- 22 -
Vorteilsannahme auch (noch) nicht durch die Dauer des Un-
rechtsverhaltens und dessen Intensität, wie sie insbesondere
an den drei zusätzlichen Betrugshandlungen bei den Reisekos-
tenabrechnungen deutlich geworden ist: Diese Betrugshandlungen
weisen zwar einen keineswegs zu vernachlässigenden selbständi-
gen Unrechtsgehalt auf. Sie erscheinen jedoch insofern in ei-
nem etwas milderen Licht, als sie dadurch mit verursacht sein
können, dass sie Teil einer Verdeckung der vorausgegangenen
Vorteilsannahme gewesen sind. Derjenige, der Verpflegungskos-
ten in seinem Reisekostenantrag nicht geltend macht, setzt
sich Fragen danach aus, ob, von wem und warum er eine unent-
geltliche Verpflegung erhalten hat. Dem wollten die Beamten
nach ihren Einlassungen vorbeugen. Der erste Betrug im An-
schluss an die Dienstreise vom März 1994 kann daher auch die
Folge eines unbedachten - selbstverständlich unrechtmäßigen -
Nachgebens gegenüber einer unerwarteten Versuchung sein. An-
haltspunkte dafür, dass die Beamten es schon beim ersten Be-
wirtungsfall von vornherein auf einen entsprechenden Vorteil
angelegt hätten, sind jedenfalls nicht ersichtlich.
Der zweite und dritte Fall der Vorteilsannahme mit nachfolgen-
dem Verdeckungsbetrug hingegen lagen zeitlich dicht beieinan-
der (Ende Juni 1995 und Anfang August 1995). Insoweit lässt
sich mit dem Bundesdisziplinargericht in der Tat von einem
"einheitlichen, zeitlich begrenzten Handlungskomplex" ausge-
hen. Für sich betrachtet hätten die Betrugshandlungen außerdem
in allen drei Fällen nach ihrem Unrechtsgehalt und bei einem
Schaden von jeweils insgesamt 172,65 DM nicht annähernd eine
Entfernung aus dem Dienst und auch keine Maßnahme mit Außen-
wirkung gerechtfertigt, sondern (theoretisch) allenfalls eine
Gehaltskürzung. Auch darin ist dem Bundesdisziplinargericht
beizupflichten. Dass die Betrugshandlungen in ihrem Unrechts-
gehalt weit hinter dem der Vorteilsannahmen zurückblieben, ha-
ben überdies auch die Strafrichter nicht anders gesehen. Dies
lässt sich an den von ihnen ausgeworfenen Einsatzstrafen able-
- 23 -
sen.
2. Eine mildere Maßnahme als die vom Bundesdisziplinargericht
ausgesprochene Degradierung hat der Senat unter Berücksichti-
gung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls der beiden Be-
amten ausgeschlossen. Auch wenn es sich um eine auf das Dis-
ziplinarmaß beschränkte Berufung des Bundesdisziplinaranwalts
mit dem Ziel der Verschärfung der Disziplinarmaßnahme handelt,
kommt zwar eine Milderung des erstinstanzlichen Ausspruchs
grundsätzlich in Betracht (§ 25 BDO i.V.m. § 301 StPO; vgl.
auch Urteile vom 16. Juni 1992 - BVerwG 1 D 11.91 - BVerwGE
93, 255, 258 f., und vom 6. Februar 2001 - BVerwG 1 D 67.99 -
Buchholz 232 § 54 Abs. 2 BBG Nr. 24 = ZBR 2002, 274). Derart
gewichtige mildernde Gesichtspunkte, die angesichts der Schwe-
re der erwiesenen Dienstvergehen eine noch mildere Maßnahme
ermöglichen würden, liegen hier aber nicht vor. Sie liegen
auch nicht in der aus der Sicht der Beamten unverschuldet lan-
gen Dauer des insbesondere durch vermeidbare Umwege im Straf-
verfahren hinausgezögerten Disziplinarverfahrens. Dabei han-
delt es sich hier zwar um einen keineswegs unbeachtlichen Ge-
sichtspunkt. Eine überlange Verfahrensdauer ermöglicht es le-
diglich nicht, von der Höchstmaßnahme abzusehen. Bei Diszipli-
narmaßnahmen, die der Pflichtenmahnung dienen, kann dieser Ge-
sichtspunkt jedoch mildernd zum Tragen kommen. Gegebenenfalls
können die unmittelbaren Belastungen, die über die Dauer eines
langwierigen Verfahrens erduldet werden mussten und die
dienstrechtlichen Nachteile, die damit verbunden sind, maßnah-
memildernd berücksichtigt werden (Urteile vom 24. Juni 1998
- BVerwG 1 D 23.97 - Buchholz 232 § 70 BBG Nr. 6, und vom
6. Februar 2001 - BVerwG 1 D 67.99 - a.a.O.). Unter Berück-
sichtigung aller Umstände kann dieser Gesichtspunkt hier je-
doch nicht zu einer Maßnahme unterhalb einer Degradierung füh-
ren. Bei dem gegebenen Zusammenwirken von Vorteilsannahme und
Betrug gegenüber dem Dienstherrn in drei Fällen, kann es auch
die Dauer von siebeneinhalb Jahren, die von der letzten Tat-
- 24 -
handlung bis zur rechtskräftigen letztinstanzlichen Entschei-
dung im Disziplinarverfahren verstrichen sind, nicht rechtfer-
tigen, von einer Maßnahme mit Außenwirkung abzusehen. Dagegen
spricht das Gewicht der nachgewiesenen Dienstvergehen. Dagegen
sprechen aber auch generalpräventive Erwägungen: In einem Amt,
das sich schwerpunktmäßig mit Beschaffungsvorgängen befasst,
wäre es als negatives "Vorbild" nicht hinnehmbar, wenn die
beiden Beamten nach dem im Amt und in der Presse bekannt ge-
wordenen Fehlverhalten weiterhin in den bisherigen Beförde-
rungsämtern mit ihren bisherigen Dienstbezeichnungen - und da-
mit scheinbar "ungeschoren" davon gekommen - ihrem Dienst
nachgehen würden. Darüber hinaus sind die unnötigen Verzöge-
rungen des Strafverfahrens, die während des ausgesetzten Dis-
ziplinarverfahrens eingetreten sind, bereits bei der Findung
des vom Landgericht abgemilderten Strafmaßes berücksichtigt
worden. Letztlich haben auch die Beamten selbst keine Veran-
lassung gesehen, gegen die Entscheidung des Bundesdisziplinar-
gerichts anzugehen.
- 25 -
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 114 Abs. 1 Satz 2, § 115
Abs. 3 Satz 1 BDO.
Albers Mayer Heeren
Sachgebiet:
BVerwGE:
nein
Materielles Disziplinarrecht
Fachpresse:
nein
Rechtsquellen:
BBG § 54 Sätze 2 und 3, § 70, § 77 Abs. 1 Satz 1
Stichworte:
Technische Beamte des gehobenen und des höheren Dienstes; Vor-
teilsannahme in Form der Übernahme von Bewirtungs-, Beherber-
gungs- und Theaterkosten bei drei Dienstreisen (Vorteile ins-
gesamt ca. 1 000 DM bzw. ca. 750 DM); Verdeckungsbetrug bei
der anschließenden Reisekostenabrechnung (Schaden: je 172 DM);
keine Vornahme einer pflichtwidrigen Amtshandlung; kein For-
dern des Vorteils; kein Versagen in einer besonderen Vertrau-
ensstellung, kein Versagen in technischer Verantwortung; Dis-
ziplinarmaß wie BDiG: Degradierung.
Urteil des 1. Disziplinarsenats vom 19. Februar 2003
- BVerwG 1 D 14.02 –
I. BDiG, Kammer I – ... -, vom 06.03.2002
- Az.: BDiG I VL 1/02 und 2/02 -