Urteil des BVerwG vom 23.02.2005

Dienstliche Anordnung, Pflicht zur Dienstleistung, Anzeige, Verwaltung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
BVerwG 1 D 1.04
VG 31 D 265/04
(vormals BDiG VII VL 2/03)
In dem Disziplinarverfahren
g e g e n
den Regierungssekretär … ,
…,
hat das Bundesverwaltungsgericht, Disziplinarsenat,
in der nichtöffentlichen Hauptverhandlung am 23. Februar 2005,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsgericht
A l b e r s ,
Richter am Bundesverwaltungsgericht
M a y e r ,
Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. M ü l l e r ,
Technischer Fernmeldeamtsrat P o h l i g
und Justizamtsinspektorin F o r m a n n
als ehrenamtliche Richter
sowie
Oberregierungsrätin …
als Vertreterin der Einleitungsbehörde,
- 2 -
Rechtsanwalt …,
als Verteidiger
und
Justizangestellte …
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
Auf die Berufung des Regierungssekretärs …
wird das Urteil des Bundesdisziplinargerichts, Kammer VII
- … -, vom 6. November 2003 mit Ausnahme der Kostenent-
scheidung aufgehoben.
Die jeweiligen Dienstbezüge des Beamten werden um ein
Zwanzigstel auf die Dauer von drei Jahren gekürzt.
Die Kosten des Berufungsverfahrens und die dem Beamten
hierin erwachsenen notwendigen Auslagen haben der Beamte
zu zwei Dritteln und der Bund zu einem Drittel zu tragen.
G r ü n d e :
I.
1. Der Bundesdisziplinaranwalt hat den … Beamten, der bis zu seiner Ernennung
zum Regierungssekretär am 1. Juli 2004 aufgrund Laufbahnwechsels zuletzt Poli-
zeimeister im BGS war, angeschuldigt, dadurch ein Dienstvergehen begangen zu
haben, dass er
1. am 1. und 2. August 1996, 10. und 11. Februar 1997, 10. März -
13. März 1997, 26. Januar 1998 und am 31. August 1999, also an insge-
samt zehn Tagen dem Dienst schuldhaft ohne Genehmigung und ohne
Vorlage eines ärztlichen Attests oder sich sonst zu entschuldigen sowie
am 5. August 1996, 14. November 1996, vom 27. - 31. Juli 1998, am
2. und 3. November 1998, mithin neun Tage unentschuldigt dem Dienst
ferngeblieben ist,
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2. von dem Ergebnis der sozialmedizinischen Untersuchung, wonach er
eingeschränkt dienstfähig war, keine Kenntnis genommen hat, obwohl ihm
dies möglich und zumutbar war und infolgedessen in der Zeit vom 10. Au-
gust 1999 bis 30. August 1999 ohne Grund dem Dienst ferngeblieben ist,
3. den Dienstfrieden gestört hat, indem er sich gegenüber den Auszubil-
denden in herabsetzender und dekonstruktiver Weise über die Personen
der ausbildenden Beamten wie auch über Art und Inhalt der Ausbildung
geäußert hat,
4. sich in der Zeit von September bis Oktober 1997 gegenüber dem Aus-
zubildenden W. unangemessen geäußert und ihn durch private Telefonan-
rufe innerhalb und außerhalb der Dienstzeit belästigt hat,
5. sich während seiner Dienstunfähigkeit vom 21. November -
27. November 2000 sowie 1. Dezember 2000 bis 4. März 2001 diagnosti-
schen und therapeutischen Maßnahmen seines behandelnden Arztes D.
entzogen hat, indem er Untersuchungstermine nicht wahrgenommen, eine
angeordnete Entziehungskur nicht angetreten und verordnete Medikamen-
te nicht eingenommen sowie medizinisch indizierte Empfehlungen igno-
riert hat.
2. Das Bundesdisziplinargericht hat mit Urteil vom 6. November 2003 entschieden,
dass die jeweiligen Dienstbezüge des Beamten auf die Dauer von 60 Monaten um
ein Zwanzigstel gekürzt werden. Es hat die Vorwürfe in allen Anschuldigungspunkten
als erwiesen angesehen und hat die festgestellte Handlungsweise des Beamten als
vorsätzlich, teils grob fahrlässig begangenes einheitliches Dienstvergehen gewertet,
das erhebliches Gewicht habe. Der Beamte sei an 16 Tagen schuldhaft dem Dienst
ferngeblieben und habe an drei Tagen des entschuldigten Fernbleibens keine Dienst-
unfähigkeitsbescheinigung oder Dienstunfähigkeitsmeldung vorgelegt. Er habe dar-
über hinaus bewusst ein Schreiben seiner Dienststelle ignoriert, von dem er habe
annehmen können, dass es um die Frage der Dienstfähigkeit und seine Verwendung
in der Behörde gehe. Dieses Verhalten habe bewirkt, dass er nahezu drei Wochen
keinen Dienst geleistet habe, obwohl er hierfür dienstfähig gewesen sei. Dieses Ver-
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halten sei daher ähnlich einzustufen wie ein schuldhaftes Fernbleiben vom Dienst.
Hinzu kämen die Verfehlungen in den Anschuldigungspunkten 3, 4 und 5, so dass
der Beamte - insgesamt gesehen - eigentlich degradiert werden müsste. Da er sich
aber als Polizeimeister noch im Eingangsamt seiner Laufbahn befinde, müsse unter
Ausschöpfung der Höchstlaufzeit von 60 Monaten eine Gehaltskürzung ausgespro-
chen werden.
3. Hiergegen hat der Beamte durch seinen Verteidiger rechtzeitig Berufung eingelegt
und beantragt, auf eine mildere Maßnahme zu erkennen. Zur Begründung macht er
im Wesentlichen geltend:
Zum Anschuldigungspunkt 1:
Es sei bereits nicht nachvollziehbar, wie das Bundesdisziplinargericht zu dem
Schluss komme, er, der Beamte, sei an insgesamt 16 Tagen dem Dienst unerlaubt
ferngeblieben. Aus der dienstinternen Fehlzeitenliste (Stand: 4. November 1998) er-
gäben sich für den Zeitraum von Oktober 1995 bis Dezember 1998 lediglich zehn
Tage "unentschuldigter" Abwesenheit. Die angeschuldigten Fehlzeiten vom 1. bis
2. August 1996, vom 14. November 1996 und vom 27. bis 31. Juli 1998 seien in der
Fehlzeitenübersicht nicht vermerkt. Für die beiden zuletzt genannten Zeiträume sei
ihm zudem nachträglich Erholungsurlaub bewilligt und damit das Fernbleiben vom
Dienst rückwirkend genehmigt worden (§ 184 Abs. 1 BGB).
Hinsichtlich der festgestellten unerlaubten Abwesenheit am 1. und 2. August 1996
stütze sich die Vorinstanz auf die Aussagen der Zeugen A., M. und Dr. D., die aus
ihrer Erinnerung berichtet hätten, er, der Beamte, sei an beiden Tagen nicht zum
Dienst erschienen. Es sei aber völlig unglaubhaft, dass sich die Zeugen nach so lan-
ger Zeit noch daran erinnern könnten, ob ein Kollege oder Patient an einem be-
stimmten Tag im Dienst gewesen sei. Das habe auch der Zeuge M. eingeräumt. Der
Zeuge Dr. D. habe zudem ausgesagt, es sei nicht auszuschließen, dass die Eintra-
gungen im Krankenmeldebuch unvollständig und unrichtig seien. Nichts anderes er-
gebe sich aus der in diesem Rahmen vorgelegten Aktennotiz und dem ergänzenden
Vermerk vom 12. Dezember 1996. Die nicht datierte Aktennotiz schließe mit Bemer-
kungen über Dienstzeiten im November 1996, so dass die Notiz wohl frühestens zu
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diesem Zeitpunkt unterschrieben worden sei. Auch der vorgelegte Vermerk sei offen-
kundig erst am 12. Dezember 1996, d.h. im Nachhinein, gefertigt worden. Dies
schwäche die Beweiskraft der Urkunden und damit die Richtigkeit der Angaben.
Soweit das Bundesdisziplinargericht von einem "unentschuldigten" Fernbleiben vom
Dienst am 10. und 11. Februar 1997, vom 10. bis 13. März 1997 und am 26. Januar
1998 ausgehe, stütze es sich in erster Linie auf die Aussagen des Zeugen S. Es sei
jedoch ebenfalls höchst unglaubhaft, dass sich der Zeuge nach mehr als zwei Jahren
noch an derartige Vorfälle mit exakter Datumsangabe erinnern könne, zumal er sich
offensichtlich nicht auf besondere schriftliche Erinnerungsvermerke gestützt habe.
Zum Anschuldigungspunkt 2:
Soweit die Vorinstanz bei der Bemessung der Maßnahme den Zeitraum vom 10. bis
30. August 1999 letztlich wie "schuldhaftes Fernbleiben vom Dienst" gewertet habe,
setze sich das Urteil in Widerspruch zum Senatsbeschluss vom 18. September 2002.
Der Senat habe den Verlustfeststellungsbescheid für denselben Zeitraum aufgeho-
ben, da er, der Beamte, mangels Kenntnis vom Untersuchungsergebnis dem Dienst
nicht schuldhaft ferngeblieben sei.
Zum Anschuldigungspunkt 3:
Er, der Beamte, bestreite weiter, sich gegenüber den beiden Auszubildenden Sch.
und W. bezüglich deren Ausbilder negativ mit den Worten "falsch", "hinterhältig" und
sie seien "mit Vorsicht zu genießen" geäußert zu haben. Beide Auszubildende hätten
sich auch nicht daran erinnern können, dass er, der Beamte, entsprechende Äuße-
rungen beleidigender oder verächtlicher Art gemacht habe. Schließlich sei auch die
erstinstanzliche Wertung nicht nachvollziehbar, durch die angeblichen Äußerungen
seien die Auszubildenden in Angst um ihren Ausbildungsplatz versetzt worden und
hätten sich "ausgehorcht" gefühlt.
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Zum Anschuldigungspunkt 4:
Es sei zutreffend, dass er den Auszubildenden W. zweimal privat angerufen habe,
um sich nach dem Verlauf eines Lehrganges zu erkundigen und seine Hilfe anzubie-
ten. Ein solcher Vorgang sei disziplinarrechtlich unerheblich. Es sei zudem nicht un-
gewöhnlich, dass man in einer Behörde wie an jedem Arbeitsplatz einige Kollegen in
einem freundschaftlichen, kollegialen Sinne "netter" finde als andere Kollegen. Er,
der Beamte, müsse aber ausdrücklich zurückweisen, den Auszubildenden zu einem
Treffen gedrängt zu haben. Offensichtlich habe der Zeuge W. sein, des Beamten,
Verhalten aus einer bestimmten Empfindlichkeit heraus subjektiv als "Anmache"
empfunden. Dies sei jedoch aus objektiver Sicht disziplinarrechtlich irrelevant.
Zum Anschuldigungspunkt 5:
Er, der Beamte, sei den Facharztterminen stets nachgekommen und habe durch ei-
gene Aktivitäten seine gesundheitlichen Beeinträchtigungen in den Griff bekommen.
Er habe sein Gewicht reduziert und im Sommer 2000 der Durchführung einer Alko-
holentziehungskur zugestimmt. Durch eigenes Handeln sei er alkoholabstinent ge-
worden, so dass er nicht mehr habe therapiert werden müssen. Er habe auch seine
Depressionen überwunden. Für das Bundesdisziplinargericht seien ärztliche Anord-
nungen offenbar sakrosankt, so dass deren Nichtbefolgung ungeachtet individueller
Besonderheiten unmittelbar disziplinarrechtlich relevant sei. Damit aber werde die
Dienstpflicht zur Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit der Beamten weit
überspannt.
Nach alledem sei es unverhältnismäßig, eine Gehaltskürzung auf die Höchstdauer
von 60 Monaten auszusprechen.
II.
Die Berufung des Beamten hat teilweise Erfolg; sie führt zu einer Kürzung der
Dienstbezüge auf die Dauer von drei Jahren.
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Das Disziplinarverfahren ist nach bisherigem Recht, d.h. auch nach In-Kraft-Treten
des Bundesdisziplinargesetzes am 1. Januar 2002 nach den Verfahrensregeln und
-grundsätzen der Bundesdisziplinarordnung fortzuführen (vgl. zum Übergangsrecht
z.B. Urteil vom 20. Februar 2002 - BVerwG 1 D 19.01 - NVwZ 2002, 1515). Aller-
dings finden auf so genannte Altfälle - wie hier - ausnahmsweise die Vorschriften des
Bundesdisziplinargesetzes Anwendung, wenn und soweit diese den beschuldigten
Beamten materiellrechtlich besser stellen (vgl. zuletzt Urteil vom 8. September 2004
- BVerwG 1 D 18.03 - ZBR 2005, 91 ff.).
Das Rechtsmittel ist unbeschränkt eingelegt. Der Beamte bestreitet zum Teil die
Richtigkeit der erstinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen. Der Senat hat daher
den Sachverhalt selbst zu ermitteln und disziplinarrechtlich zu würdigen.
1. Aufgrund der zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemachten Beweismittel
und der Einlassungen des Beamten, soweit diesen gefolgt werden kann, ist in den
einzelnen Anschuldigungspunkten von folgendem Sachverhalt und folgender diszi-
plinarrechtlicher Würdigung auszugehen:
Anschuldigungspunkt 1 (Vorwurf unerlaubten und unentschuldigten Fernblei-
bens vom Dienst)
a) 1., 2. und 5. August 1996
aa) Der bei der Behörde, Abteilung Verwaltung, in L. beschäftigte Beamte hat an den
genannten drei Arbeitstagen (Donnerstag, Freitag und Montag) keinen Dienst geleis-
tet. Dies ergibt sich bereits aus einem von dem Zeugen A. gefertigten datumslosen
Vermerk, der Abwesenheitszeiten des Beamten von April 1996 bis 4. November
1996 mit dem Hinweis enthält, im Mai, Juni und Juli sei keine Anwesenheitsliste ge-
führt worden; dem Vermerk lässt sich insbesondere entnehmen, dass der Beamte
am 1., 2. und 5. August 1996 "unentschuldigt" gefehlt hat. Jener Vermerk wird von
Regierungsamtmann R. in seinem Vermerk vom 12. Dezember 1996 in Bezug ge-
nommen und nochmals festgestellt, der Beamte sei am 1., 2. und 5. August 1996
unerlaubt dem Dienst ferngeblieben; Entschuldigungen seien nicht vorgetragen wor-
den. Dass der Beamte an den genannten drei Tagen keinen Dienst geleistet hat, ob-
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wohl er zumindest an den beiden ersten Tagen nicht dienstunfähig war - eine
Krankmeldung hinsichtlich des letzten Tages liegt ebenfalls nicht vor -, wird ferner
bestätigt durch die Aussagen der Zeugen M., A. und Dr. D.. Leitender Regierungsdi-
rektor a.D. A. war im fraglichen Zeitraum … der unmittelbare Vorgesetzte des Beam-
ten; Studiendirektor M. war A.'s Vertreter. Medizinaloberrat Dr. D. ist als Arzt im kura-
tiven Bereich beim Sanitätsdienst der Behörde tätig.
Der Zeuge M. hat am 5. November 1999 u.a. ausgesagt, er könne sich heute nicht
mehr genau an die Tage erinnern, an denen der Beamte nicht im Dienst gewesen
sei. Dieser habe allerdings an jenen Tagen im August 1996 gefehlt, als er, der Zeu-
ge, Herrn A. vertreten habe. Der Beamte sei auch an mehreren Tagen dem Dienst
ungenehmigt ferngeblieben. Diese Aussage hat der Zeuge am 11. September 2000
im Wesentlichen wiederholt und ergänzend angegeben, es habe sich um drei Tage
"unentschuldigten" Fernbleibens vom Dienst gehandelt. Er habe am dritten Tag der
Abwesenheit veranlasst, dass mehrere Beamte in der Wohnung des Beamten Nach-
schau halten sollten, weil er diesen für psychisch labil und selbstmordgefährdet
gehalten habe. - Als dem Zeugen M. der datumslose Vermerk des Zeugen A. vor-
gehalten wurde, hat er bestätigt, dass die dort genannten Fehlzeiten auf seinen An-
gaben beruhten, falls der Zeuge A. zu den entsprechenden Zeiten abwesend gewe-
sen sei.
Der Zeuge A. hat am 1. November 1999 u.a. ausgesagt, er sei damals in Urlaub ge-
wesen. Bei seinem Dienstantritt (12. August 1996) habe ihm sein Vertreter M. mitge-
teilt, dass der Beamte u.a. am 1., 2. und 5. August 1996 "unentschuldigt" gefehlt ha-
be. Auch soweit damals keine Anwesenheitslisten geführt worden seien, hätten in
dem personalmäßig überschaubaren Fachbereich die Abwesenden sofort festgestellt
werden können. Ergänzend hat der Zeuge am 2. November 2000 u.a. bestätigt, dass
der datumslose Vermerk von ihm gefertigt worden sei und, soweit es sich um Fehl-
zeiten des Beamten während seiner, des Zeugen, Abwesenheit gehandelt habe, der
Vermerk dieser Fehlzeiten auf Angaben seines Vertreters beruht hätten.
Der Zeuge Dr. D. hat am 21. Oktober 1999 u.a. ausgesagt, am 1., 2. und 5. August
1996 hätten weder eine Krankmeldung des Beamten noch eine Eintragung in der
ärztlichen Karteikarte vorgelegen. Diese Aussage hat der Zeuge am 11. September
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2000 im Wesentlichen wiederholt und ergänzend u.a. angegeben, Krankheitstage
bzw. Tage der Dienstunfähigkeit vermerke er in seinen ärztlichen Aufzeichnungen.
Bis in das Jahr 2000 hinein sei darüber hinaus ein Krankenmeldebuch geführt wor-
den. Wenn der Beamte einmal nicht im Krankenmeldebuch vermerkt worden sei, so
hätte seine Dienstunfähigkeit dadurch bekannt werden müssen, dass er sich beim
Dienstvorgesetzten oder in der Krankenabteilung meldet. Dass eine Eintragung in
das Krankenmeldebuch vergessen werde, dürfte nur sehr selten vorkommen, zumal
das Krankenmeldebuch auch dem Dienstvorgesetzten vorgelegt werde. Bei dieser
Gelegenheit würden Unstimmigkeiten beseitigt. Aufgrund seiner, des Zeugen, ärztli-
chen Aufzeichnungen stehe fest, dass der Beamte u.a. am 1., 2. und 5. August 1996
dienstfähig bzw. teildienstfähig gewesen sei. Er sei auch von anderen Ärzten nicht
dienstunfähig geschrieben gewesen. In einem solchen Fall hätte er, der Zeuge, von
diesen Ärzten sog. "gelbe Zettel" erhalten. Für den Zeitraum vom 6. bis 9. August
1996 habe allerdings eine Krankschreibung des "Kassenarztes" vorgelegen. Er, der
Zeuge, halte es deshalb für möglich, dass der Beamte auch schon am Montag, den
5. August 1996, dienstunfähig erkrankt gewesen sei, dies aber nicht gemeldet habe.
Aufgrund des damaligen Krankheitsbildes sei es jedoch unwahrscheinlich, dass der
Beamte bereits vor dem Wochenende (3./4. August), d.h. am 1. und 2. August 1996
dienstunfähig erkrankt gewesen sei. Denn dann hätte er sich spätestens am Montag
(5. August) beim Arzt vorstellen müssen.
Diese weitgehend übereinstimmenden und nachvollziehbaren, zum Teil selbstkriti-
schen Aussagen der Zeugen, die mit den in Bezug genommenen tatzeitnahen Ver-
merken im Wesentlichen in Einklang stehen, sind glaubhaft. Sie entkräften die mit
der Berufung vorgebrachten Zweifel hinsichtlich der Beweiskraft der Urkunden und
der Glaubhaftigkeit der Zeugenaussagen.
bb) Damit steht fest, dass der damals nicht dienstunfähige Beamte am 1. und 2. Au-
gust 1996 dem Dienst unerlaubt ferngeblieben ist und insoweit - wie angeschuldigt -
vorsätzlich schuldhaft seine Pflichten gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 BBG verletzt hat.
Hinsichtlich des 5. August 1996 wird dem Beamten lediglich vorgeworfen, "unent-
schuldigt" nicht zum Dienst erschienen zu sein; insoweit sei von einer Verletzung der
entsprechenden Anzeige- und Nachweispflicht auszugehen. Zusammenfassend
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heißt es in der Anschuldigungsschrift, der Beamte sei dem Dienst "unentschuldigt"
ferngeblieben (Verstoß gegen § 73 Abs. 1 Satz 2 BBG) und habe damit auch gegen
die dienstliche Anordnung zur unverzüglichen Anzeige- und Nachweispflicht von
Fehltagen gegenüber seinen Vorgesetzten verstoßen. Dadurch habe er seine Pflich-
ten gemäß § 54 Satz 1 BBG (Pflicht zur vollen Hingabe an den Beruf) und § 55
Satz 2 BBG (Gehorsamspflicht) verletzt.
Entgegen der Auffassung der Vorinstanz hat der Beamte nicht gegen § 73 Abs. 1
Satz 2 BBG verstoßen. Nach dieser Vorschrift ist Dienstunfähigkeit infolge Krankheit
auf Verlangen nachzuweisen. Gegenüber dem Tatbestand des unerlaubten Fern-
bleibens vom Dienst (§ 73 Abs. 1 Satz 1 BBG) handelt es sich bei der Attestvorlage-
pflicht gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 BBG um einen selbstständigen Pflichtentatbestand
(vgl. z.B. Beschluss vom 28. Februar 2000 - BVerwG 1 DB 26.99 -; Urteil vom 13. Ju-
li 1999 - BVerwG 1 D 81.97 - ZBR 1999, 424 = Buchholz 232 § 73 BBG Nr. 13 =
DokBerB 2000, 23, jeweils m.w.N.). Das Bestehen einer von der Dienststelle generell
oder im Einzelfall angeordneten Attestvorlagepflicht ist nicht erwiesen. Bei den Akten
befinden sich lediglich Merkblätter bezüglich der Heilfürsorgevorschriften für den
BGS (§ 70 Abs. 2 BBesG), die dem Beamten ausgehändigt worden waren, sowie
eine Belehrung des Beamten über rechtliche Folgen eines schuldhaft unerlaubten
Fernbleibens vom Dienst für das Dienstverhältnis. Ein Verstoß gegen § 73 Abs. 1
Satz 2 BBG kommt auch nicht im Hinblick auf die so genannte Drei-Tage-Regelung
(vgl. dazu Urteil vom 13. Juli 1999 a.a.O. m.w.N.) in Betracht. Zwar war der Beamte
in der anschließenden Zeit vom 6. bis 9. August 1996 nach Aussage des Zeugen
Dr. D. nachweislich krank geschrieben. Damit verblieb für den 5. August 1996 als
einzelnem Tag nach der Drei-Tage-Regelung jedoch kein Raum mehr für eine ge-
sonderte Attestvorlagepflicht.
Der Beamte hat aber vorsätzlich seine Anzeige- und Meldepflichten gemäß § 55
Satz 2 i.V.m. § 54 Satz 1 BBG dadurch verletzt, dass er seine krankheitsbedingte
Dienstunfähigkeit am 5. August 1996 seiner Dienststelle nicht unverzüglich mitgeteilt
hat (vgl. zur Anzeige- und Meldepflicht bei Dienstunfähigkeit, z.B. Beschluss vom
29. Februar 2000 - BVerwG 1 DB 25.99 - Buchholz 232 § 73 BBG Nr. 17 m.w.N.).
Aufgrund übereinstimmender glaubhafter Zeugenaussagen steht fest, dass der Be-
amte schon vor dem 5. August 1996 über seine entsprechende Dienstpflicht belehrt
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war. So hat der Zeuge A. ausgesagt, anlässlich eines Personalführungsgesprächs
am 20. März 1996 mit dem Beamten habe er diesem klar gemacht, dass er es nicht
dulden würde, dass der Beamte krank zu Hause bleibe, ohne sich vorher "abzumel-
den". Am 29. Mai 1996 und bei weiteren Telefongesprächen habe er dem Beamten
das Verfahren bei Krankmeldungen deutlich gemacht. Der Zeuge Dr. D. hat angege-
ben, vom Sanitätsdienst sei der Beamte mehrmals darauf hingewiesen worden, dass
er sich schon am ersten Tag seiner Krankheit bei der Dienststelle zu melden habe.
b) 14. November 1996, 27. bis einschließlich 31. Juli 1998
aa) Der Beamte hat an den genannten sechs Arbeitstagen (Donnerstag, Montag bis
einschließlich Freitag) keinen Dienst geleistet, was von ihm eingeräumt wird. Ihm war
für die entsprechenden Tage lediglich nachträglich auf Antrag Erholungsurlaub bewil-
ligt worden.
bb) Damit steht fest, dass der Beamte an den genannten sechs Arbeitstagen vorsätz-
lich gegen § 73 Abs. 1 Satz 1 BBG verstoßen hat; er war dem Dienst unerlaubt fern-
geblieben.
Mit der Anschuldigungsschrift wird ein entsprechender Disziplinarvorwurf erhoben. In
der Einzelbegründung ist ein Verstoß gegen § 73 Abs. 1 Satz 2 BBG nicht aufge-
führt, wird vielmehr ausdrücklich das Senatsurteil vom 20. Mai 1998 - BVerwG 1 D
57.96 - erwähnt. Danach lässt eine nachträgliche Urlaubsbewilligung den Tatbestand
des unerlaubten Fernbleibens vom Dienst nicht entfallen. Dies ist von dem Beamten
auch nicht anders verstanden worden, wie sein Verteidigungsverhalten zeigt: Er
macht eine rückwirkende Genehmigung des ursprünglich unerlaubten Fernbleibens
vom Dienst und damit dessen nachträgliches "Erlaubt sein" geltend.
Der Einwand des Beamten greift nicht durch. Ein unerlaubtes Fernbleiben vom
Dienst liegt nur dann nicht vor, wenn dem Beamten für den betreffenden Zeitraum
vorher wirksam Urlaub bewilligt worden ist; eine nachträgliche Urlaubsbewilligung
- wie hier - lässt den vollendeten Disziplinartatbestand für den verflossenen Zeitraum
nicht rückwirkend entfallen (Senatsurteil vom 20. Mai 1998 a.a.O.; Köhler/Ratz, BDG,
3. Aufl., B II 3 Rn. 11; anders ist insoweit die Rechtslage bei § 9 BBesG). Entgegen
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der Auffassung des Beamten ergibt sich auch aus § 184 Abs. 1 BGB nichts anderes.
Am Wortlaut der Vorschrift, dass die nachträgliche Zustimmung (Genehmigung)
grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurückwirkt, wird
deutlich, dass diese Regelung nur für Rechtsgeschäfte gilt. Geht es aber - wie hier -
um die Frage, ob eine Rechtsverletzung zur Tatzeit deshalb nicht vorgelegen hat,
weil der nach dem Gesetz Zuständige mit dem Tatverhalten einverstanden war, so
kommt einer solchen Einwilligung tatbestandsausschließende oder rechtfertigende
Wirkung nur dann zu, wenn die Einwilligung bereits vor der Tat ausgesprochen war.
Im Disziplinarrecht gilt insoweit nichts anderes als im Strafrecht (vgl. zu Letzterem
BGHSt 7, 294 <295>; 17, 359 <360>).
c) 10. und 11. Februar 1997, 10. bis einschließlich 13. März 1997
aa) Der Beamte hat an den genannten Arbeitstagen (Rosenmontag, Fastnachts-
dienstag sowie Montag bis einschließlich Donnerstag) keinen Dienst geleistet.
Die Richtigkeit des entsprechenden Vorwurfs hat der Beamte mit Schreiben vom
17. März 1997 an den Leiter der Abteilung Verwaltung der Behörde bei Lichte bese-
hen eingeräumt. Das Schreiben hat folgenden Wortlaut:
"Betr.: Fehlzeiten am 10.-12.02.1997;
10.-13.03.1997
hier: Stellungnahme
Bezug: Mündliche Weisung ROI St./PHM S.
Sehr geehrter Herr T.,
seit Herbst 1996 befinde ich mich in psychotherapeutischer Behandlung. Die
Gründe sind vielfach und meine Verfassung ist immer wieder Zwängen unter-
worfen, die ich leider noch nicht steuern kann. Bei all meiner Kraft die ich für
mich benötige, muß ich wieder lernen, besser mit mir umzugehen. D.h. auch
für mich, meine Arbeit nicht zu vernachlässigen, was mir an den o.a. Tagen
passiert ist.
Ich werde mir allergrößte Mühe geben, dass es zu keinen Versäumnissen in
der Zukunft kommt. Meine fachärztliche Behandlung hält z.Zt. noch an.
Am 12.02.1997 war ich vom Arzt der Behörde von jedem Dienst befreit."
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Dem Betreffvermerk dieses Schreibens entsprechend enthält auch die Anwesen-
heitsliste der Verwaltung für Februar 1997 am 10. und 11. und für März 1997 vom
10. bis 13. März 1997 die Vermerke: Nicht erschienen. Nach der Fehlzeitenübersicht
vom 4. November 1998 war der Beamte im Februar 1997 an drei Tagen und im März
1997 an vier Tagen "unentschuldigt" abwesend. Der Sachverhalt des unerlaubten
Fernbleibens vom Dienst wird ferner bestätigt durch die schriftlichen Vermerke des
Zeugen S. vom 10., 11., 12. und 13. März 1997 sowie durch die glaubhaften Aussa-
gen der Zeugen S. und Dr. D. Polizeioberkommissar S. war damals im inneren
Dienst der Behörde für die Nachweisführung über die An- und Abwesenheit aller Po-
lizeivollzugsbeamten in der Verwaltung zuständig.
Der Zeuge S. hat am 4. November 1999 unter anderem ausgesagt, am 10. Februar
1997 sei der Beamte nicht zum Dienst erschienen. Einen Arzttermin beim Sanitäts-
dienst habe er nicht wahrgenommen. Zu Hause sei er telefonisch nicht zu erreichen
gewesen (Anrufbeantworter). Auch am Folgetag habe er keinen Dienst geleistet und
habe sich nicht telefonisch gemeldet (Anrufbeantworter). Am 12. Februar 1997 sei er
in Zivil zum Dienst erschienen, habe aber nach Alkohol gerochen und einen unge-
pflegten Eindruck hinterlassen. Er, der Zeuge, sei mit dem Beamten dann zum Sani-
tätsdienst gegangen, der diesen krankgeschrieben habe. Der Beamte sei auch in der
Zeit vom 10. bis 13. März 1997 nicht zum Dienst erschienen. Er habe den Beamten
vergeblich angerufen. Eine Nachschau am 12. und 13. März 1997 sei ebenfalls er-
folglos geblieben. Diese Aussagen hat der Zeuge am 2. November 2000 im Wesent-
lichen wiederholt und vertieft. Ergänzend hat er angegeben, der Beamte sei ihm da-
durch aufgefallen, dass er häufig am ersten Arbeitstag nach einem Urlaub
oder einem Krankenhausaufenthalt gefehlt habe. Er, der Zeuge, habe sich dann bei
der Wache und dem Sanitätsdienst nach dem Beamten erkundigt. Regelmäßig - wie
am 10. und 11. Februar 1997 - sei der Beamte dann auch zu Hause telefonisch nicht
erreichbar gewesen (Anrufbeantworter). Über die entsprechenden Fehlzeiten habe er
sich immer einen Vermerk angefertigt. Hinsichtlich des Zeitraums 10. März bis
13. März 1997 könne er aus seiner Erinnerung nur sagen, dass der Beamte "unent-
schuldigt" gefehlt habe.
Der Zeuge Dr. D. hat am 21. Oktober 1999 u.a. ausgesagt, am 10. und 11. Februar
sowie vom 10. bis 13. März 1997 hätten von dem Beamten weder eine Krankmel-
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dung noch eine Eintragung in der ärztlichen Karteikarte vorgelegen. Diese Aussage
hat der Zeuge am 11. September 2000 im Wesentlichen wiederholt und ergänzend
u.a. angegeben, aufgrund seiner ärztlichen Aufzeichnungen stehe fest, dass der Be-
amte u.a. am 10. und 11. Februar sowie vom 10. bis 13. März 1997 dienstfähig bzw.
teildienstfähig gewesen sei. Er sei auch von anderen Ärzten nicht dienstunfähig ge-
schrieben gewesen.
Die weitgehend übereinstimmenden und nachvollziehbaren Aussagen der Zeugen,
die nicht nur mit den Anwesenheitslisten und Fehlzeitenübersichten, sondern auch
mit der schriftlichen Einlassung des Beamten vom 17. März 1997 in Einklang stehen,
sind glaubhaft. Sie entkräften die mit der Berufung vorgebrachten Zweifel hinsichtlich
der Glaubhaftigkeit der Aussagen des Zeugen S. Anhaltspunkte für alkohol- oder
krankheitsbedingte Dienst- oder Schuldunfähigkeit des Beamten an den genannten
Tagen sind nicht ersichtlich und werden von ihm auch nicht geltend gemacht.
bb) Damit steht fest, dass der Beamte am 10. und 11. Februar 1997 sowie vom
10. bis einschließlich 13. März 1997 dem Dienst unerlaubt ferngeblieben ist und in-
soweit - wie angeschuldigt - vorsätzlich schuldhaft seine Pflichten gemäß § 73 Abs. 1
Satz 1 BBG verletzt hat.
d) 26. Januar 1998
aa) Der Beamte hat an jenem Montag keinen Dienst geleistet. Dies ergibt sich bereits
aus der Anwesenheitsliste der Verwaltung für Januar 1998, die für den 26. den Ver-
merk enthält: Nicht erschienen. Nach der vom Verteidiger mit der Berufungsbegrün-
dung vorgelegten Fehlzeitenübersicht vom 4. November 1998 war der Beamte im
Januar 1998 an einem Tag "unentschuldigt" abwesend. Der Sachverhalt des uner-
laubten Fernbleibens vom Dienst wird ferner bestätigt durch die glaubhaften Aussa-
gen der Zeugen S. und Dr. D.
Der Zeuge S. hat am 4. November 1999 u.a. ausgesagt, der Beamte sei am
26. Januar 1998 nicht zum Dienst erschienen. Eine Nachfrage beim Sanitätsdienst
habe ebenfalls keine Erkenntnisse erbracht. Diese Aussage hat der Zeuge am
2. November 2000 im Wesentlichen wiederholt und vertieft.
- 15 -
Der Zeuge Dr. D. hat am 21. Oktober 1999 u.a. ausgesagt, am 26. Januar 1998 habe
von dem Beamten weder eine Krankmeldung noch eine Eintragung in der ärztlichen
Karteikarte vorgelegen. Diese Aussage hat der Zeuge am 11. September 2000 im
Wesentlichen wiederholt und ergänzend u.a. angegeben, aufgrund seiner ärztlichen
Aufzeichnungen stehe fest, dass der Beamte u.a. am 26. Januar 1998 dienstfähig
bzw. teildienstfähig gewesen sei. Er sei auch von anderen Ärzten nicht dienstunfähig
geschrieben gewesen.
bb) Damit steht fest, dass der Beamte am 26. Januar 1998 dem Dienst unerlaubt
ferngeblieben ist und insoweit - wie angeschuldigt - vorsätzlich schuldhaft seine
Pflichten gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 BBG verletzt hat.
e) 2. und 3. November 1998
aa) Der Beamte, der an den beiden Arbeitstagen keinen Dienst geleistet hat - was
von dem damals im Inneren Dienst der Behörde tätigen Zeugen, Polizeioberkommis-
sar a.D. E., bestätigt und von dem Beamten nicht bestritten wird -, war nach Auffas-
sung seiner Dienststelle an beiden Tagen krankheitsbedingt dienstunfähig. Dies be-
ruht offenbar auf dem ungepflegten und angetrunkenen Eindruck, den der Beamte
am 4. November 1998 gemacht hat; ab jenem Tag war er vom Behördenleiter vom
weiteren Dienst freigestellt und von Dr. D. unbefristet krankgeschrieben. Eine
Krankmeldung des Beamten für den 2. und 3. November 1998 liegt nicht vor.
bb) Wie zur Dienstabwesenheit am 5. August 1996 (Anschuldigungspunkt 1 unter
bb)) wird dem Beamten hier vorgeworfen, "unentschuldigt" nicht zum Dienst erschie-
nen zu sein (Verstoß gegen § 73 Abs. 1 Satz 2 BBG); Gründe, die das "Nichtanzei-
gen dieses Fernbleibens" rechtfertigen könnten, seien nicht ersichtlich. Zusammen-
fassend heißt es in der Anschuldigungsschrift, der Beamte sei dem Dienst "unent-
schuldigt" ferngeblieben (Verstoß gegen § 73 Abs. 1 Satz 2 BBG) und habe damit
auch gegen die dienstliche Anordnung zur unverzüglichen Anzeige - und Nachweis-
pflicht von Fehltagen gegenüber seinen Vorgesetzten verstoßen. Dadurch habe er
seine Pflichten gemäß § 54 Satz 1 BBG (Pflicht zur vollen Hingabe an den Beruf)
und § 55 Satz 2 BBG (Gehorsamspflicht) verletzt.
- 16 -
Entgegen der Auffassung der Vorinstanz hat der Beamte nicht gegen § 73 Abs. 1
Satz 2 BBG verstoßen, sondern hat vorsätzlich seine Anzeige- und Meldepflichten
gemäß § 55 Satz 2 i.V.m. § 54 Satz 1 BBG dadurch verletzt, dass er seine krank-
heitsbedingte Dienstunfähigkeit am 2. und 3. November 1998 seiner Dienststelle
nicht unverzüglich mitgeteilt hat; über diese Dienstpflicht war er wiederholt belehrt
worden (vgl. dazu insgesamt die Ausführungen zur Dienstabwesenheit am 5. August
1996: Anschuldigungspunkt 1 unter bb)). Anhaltspunkte dafür, dass der Beamte am
2. und 3. November 1998 alkoholbedingt nicht mehr in der Lage gewesen sein sollte,
seiner Anzeige- und Meldepflicht nachzukommen (§ 20 StGB), sind nicht ersichtlich
und werden von ihm auch nicht geltend gemacht.
f) 31. August 1999
aa) Der Beamte, der an jenem Dienstag keinen Dienst geleistet hat, war unstreitig
vom 4. November 1998 bis einschließlich 31. August 1999 von Dr. D. krankgeschrie-
ben. Die Krankschreibung sollte den Beamten von jeder Dienstleistung freistellen, bis
durch ein sozialmedizinisches Gutachten seine Verwendungsfähigkeit für den Poli-
zeivollzugsdienst geklärt war. Diese Klärung erfolgte durch das Gutachten vom
27. Juli 1999, dessen Ergebnis nebst Aufforderung zum Dienstantritt am nächsten
Arbeitstag dem Beamten mit Schreiben seiner Dienststelle vom 6. August 1999 mit-
geteilt wurde. Das dem Beamten durch Niederlegung zugestellte Schreiben vom
6. August 1999 hat dieser am 30. August 1999 bei der Postfiliale abgeholt. Dem Be-
amten kann nicht nachgewiesen werden, dass er schon zu einem früheren Zeitpunkt
Kenntnis vom Ergebnis des Gutachtens hatte (vgl. Senatsbeschluss vom 18. Sep-
tember 2002 - BVerwG 1 DB 13.02 - Buchholz 240 § 9 BBesG Nr. 23 - im vorange-
henden Verlustfeststellungsverfahren). Der Inhalt des Gutachtens wird vom Beamten
nicht angegriffen. Am 1. September 1999 stellte sich der Beamte bei Dr. D. vor. Die-
ser Termin war auf Vermittlung des Sanitätsbeamten, Polizeihauptmeister R., zu-
stande gekommen, der dem Beamten telefonisch mitgeteilt hatte, seine Krankschrei-
bung bestehe fort.
bb) Nach Auffassung des Senats ist der damals nicht dienstunfähige Beamte am
31. August 1999 dem Dienst unerlaubt ferngeblieben und hat insoweit - wie ange-
- 17 -
schuldigt - vorsätzlich schuldhaft seine Pflichten gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 BBG ver-
letzt.
Zwar ist der Senat in seinem Beschluss vom 18. September 2002 a.a.O. für den
31. August 1999 lediglich von einem "mindestens" fahrlässigen Verstoß gegen § 73
Abs. 1 Satz 1 BBG ausgegangen. Auf diese nicht abschließende Würdigung konnte
sich der Senat in jenem Verfahren beschränken. Denn die Feststellung vorsätzlichen
Handelns war für die Bestätigung eines Besoldungsverlusts gemäß § 9 BBesG nicht
erforderlich. Der Senat ist aber deshalb nicht gehindert, im Disziplinarverfahren seine
frühere Aussage konkretisierend ein vorsätzliches Verhalten - wie angeschuldigt -
anzunehmen.
Der Beamte hat zumindest bedingt vorsätzlich gehandelt. Zwar bestand seine forma-
le Krankschreibung durch den Behördenarzt bis einschließlich 31. August 1999 fort.
Darauf kann sich der Beamte hier jedoch nicht mit Erfolg berufen. Die verbindliche
und abschließende Entscheidung, ob sich ein krankgeschriebener Beamter im Zu-
stand der Dienstfähigkeit befindet, ist regelmäßig von der Behörde (Dienstvorgesetz-
ten) und nicht vom Amts- oder Betriebsarzt zu treffen. Dieser liefert hierzu lediglich
das erforderliche medizinische Tatsachenmaterial und ist dem Dienstvorgesetzten
gegenüber zur uneingeschränkten Auskunftserteilung verpflichtet. Im vorliegenden
Fall war die Krankschreibung durch den Behördenarzt unter der "auflösenden Bedin-
gung" einer Klärung der gesundheitlichen Eignung des Beamten für den Polizeivoll-
zugsdienst durch ein Gutachten des Sozialmedizinischen Dienstes erfolgt. Mit dem
Ergebnis des Gutachtens vom 27. Juli 1999 stand für alle Beteiligten die einge-
schränkte Dienstfähigkeit des Beamten fest. Dieser war daher allein schon aufgrund
seiner Kenntnis des Ergebnisses der Begutachtung gehalten, sich am nächsten Ar-
beitstag nach Erhalt des Schriftstückes, d.h. am 31. August 1999, zum Dienst zu
melden. Ist ein Beamter nach grundsätzlich vorrangigem amts- oder betriebsärztli-
chem Urteil zumindest eingeschränkt dienstfähig und ist ihm dies nachweisbar be-
kannt, so ist er unverzüglich zum Dienstantritt verpflichtet, ohne dass es zuvor einer
besonderen dienstlichen Aufforderung bedarf (vgl. dazu insgesamt Senatsbeschluss
vom 18. September 2002 a.a.O.).
- 18 -
Der Beamte kann sich weder mit Erfolg auf einen den Vorsatz ausschließenden Tat-
bestandsirrtum hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals "Dienstfähigkeit" (vgl. dazu
Urteil vom 9. April 2002 - BVerwG 1 D 17.01) noch auf einen Verbotsirrtum berufen.
Er kannte am 30. August 1999 das sozialmedizinische Untersuchungsergebnis und
die schriftliche Aufforderung seiner Dienststelle zum Dienstantritt. Damit hatte sich
für ihn erkennbar die frühere "formale" Krankschreibung von Dr. D. erledigt. Da - wie
erwähnt - die abschließende Entscheidung, ob sich ein krankgeschriebener Beamter
im Zustand der Dienstfähigkeit befindet und bejahendenfalls zum Dienst zu erschei-
nen hat, vom Dienstvorgesetzten und nicht vom betriebsärztlichen Dienst zu treffen
ist, bedurfte es keiner Rückfrage beim Sanitätsbeamten R. Dessen telefonische Aus-
kunft aufgrund der ihm vorliegenden Krankenunterlagen, die Krankschreibung beste-
he fort und dessen Hinweis, der Beamte solle sich mit Dr. D. in Verbindung setzen
- daraufhin erschien der Beamte am 1. September 1999 bei Dr. D. -, entband den
Beamten nicht von seiner Pflicht, zum Dienst zu erscheinen. Wenn er wirklich Zweifel
hinsichtlich seiner Verpflichtung zum Dienstantritt gehabt hätte, hätte er sich nicht bei
einem Sanitätsbeamten, sondern bei seinem Dienstvorgesetzten erkundigen müs-
sen. Dies hat er bewusst nicht getan und kann sich deshalb nicht mit Erfolg auf einen
Irrtum berufen.
Indem der Beamte am 31. August 1999 nicht zum Dienst erschienen ist, nahm er die
Möglichkeit, trotz (eingeschränkter) Dienstfähigkeit seiner Pflicht zur Dienstleistung
nicht nachzukommen, zumindest billigend in Kauf.
Ergebnis zu Anschuldigungspunkt 1:
Nach alledem ist der Beamte im Zeitraum 1. August 1996 bis einschließlich 31. Au-
gust 1999 an insgesamt 16 Tagen, d.h. über drei Arbeitswochen, dem Dienst vor-
sätzlich unerlaubt ferngeblieben (Verstoß gegen § 73 Abs. 1 Satz 1 BBG) und hat in
drei Fällen seine Anzeige- und Meldepflicht hinsichtlich krankheitsbedingter Dienst-
unfähigkeit vorsätzlich verletzt (Verstoß gegen § 55 Satz 2 i.V.m. § 54 Satz 1 BBG).
- 19 -
Anschuldigungspunkt 2 (Vorwurf schuldhaft unterlassener Kenntnisverschaf-
fung hinsichtlich des Ergebnisses der sozialmedizini-
schen Untersuchung mit der Folge etwa dreiwöchi-
ger Abwesenheit vom Dienst)
a) Wie zu Anschuldigungspunkt 1 unter f) näher ausgeführt, erschien der Beamte
nach längerer Krankschreibung erst am 1. September 1999 wieder beim ärztlichen
Dienst der Behörde, was als Dienstaufnahme angesehen wurde. Das dem Beamten
am 9. August 1999 durch Niederlegung zugestellte Schreiben seiner Dienststelle
vom 6. August 1999, in dem er über das Ergebnis der sozialmedizinischen Untersu-
chung unterrichtet und zum Dienstantritt am nächsten Arbeitstag aufgefordert wurde,
hat er erst am 30. August 1999 bei der Postfiliale abgeholt; das Benachrichtigungs-
schreiben über die niedergelegte Postsendung war bereits am 7. August 1999 in den
Hausbriefkasten des Beamten eingelegt worden. Gründe, weshalb er das Schreiben
nicht früher abgeholt hat, hat der Beamte nicht angegeben; die Abholung sei "unter-
gegangen".
Die von der Behörde ausgesprochene Feststellung des Verlusts der Dienstbezüge
des Beamten für den Zeitraum vom 10. August bis einschließlich 31. August 1999 ist
vom Senat durch den Beschluss vom 18. September 2002 a.a.O. mit Ausnahme der
Verlustfeststellung für den 31. August 1999 aufgehoben worden.
Der Beamte, der den Sachverhalt nicht bestreitet, ist mit seiner Berufung der Ansicht,
im Hinblick auf den erwähnten Senatsbeschluss dürfe sein Verhalten bei der Bemes-
sung der Maßnahme nicht wie schuldhaftes Fernbleiben vom Dienst bewertet wer-
den.
b) Der Beamte hat durch das festgestellte Verhalten - wie angeschuldigt - vorsätzlich
schuldhaft seine Pflichten gemäß § 54 Satz 1 BBG verletzt; unerlaubtes Fernbleiben
vom Dienst und ein Gehorsamsverstoß (§ 55 Satz 2 BBG) werden ihm nicht zum
Vorwurf gemacht.
- 20 -
Wenn § 54 Satz 1 BBG bestimmt, dass sich der Beamte mit voller Hingabe seinem
Beruf zu widmen hat, so zielt diese Pflichtenregelung auf die Erfüllung der Dienstleis-
tungspflicht in qualitativ/inhaltlicher Hinsicht. In erster Linie bedeutet dies, dass der
Beamte dem Dienstherrn gegenüber verpflichtet ist, sich mit seiner vollen Arbeitskraft
für die Erfüllung der Dienstaufgaben einzusetzen (Urteil vom 9. August 1994
- BVerwG 1 D 54.93). Aus dieser Verpflichtung folgt z.B. das Gebot, die Arbeitskraft
im Interesse des Dienstherrn zu erhalten und eine verloren gegangene Arbeitskraft
alsbald wieder herzustellen (Urteil vom 9. Januar 1980 - BVerwG 1 D 40.79 -
BVerwGE 63, 322 <324>; Urteil vom 26. Juli 1983 - BVerwG 1 D 98.82 - BVerwGE
76, 103 <104>). Ist der Beamte krankheitsbedingt dienstunfähig und leistet vorüber-
gehend keinen Dienst - wie hier -, so trifft ihn - auch aufgrund seiner allgemeinen
Treuepflicht zum Dienstherrn - im Rahmen seiner Pflichten gemäß § 54 Satz 1 BBG
die Nebenpflicht, sicherzustellen, dass ihn Mitteilungen seiner Dienststelle unverzüg-
lich erreichen können (vgl. Senatsbeschluss vom 18. September 2002 a.a.O., vgl.
dazu auch Beschluss vom 8. August 1996 - BVerwG 1 DB 10.96 - DokBerB 1996,
307; Urteil vom 24. April 1980 - BVerwG 2 C 26.77 - BVerwGE 60, 118 <122> und
Urteil vom 7. September 2004 - BVerwG 1 D 20.03 - Buchholz 232 § 73 BBG Nr. 28).
Dieser Verpflichtung, während berechtigter Dienstabwesenheit seine dienstliche Er-
reichbarkeit - durch unverzügliche Abholung des dienstlichen Schreibens vom 6. Au-
gust 1999 und Kenntnisnahme von seinem Inhalt - sicherzustellen, hat der Beamte
zumindest bedingt vorsätzlich zuwider gehandelt. Er war bereits im Januar 1999 so-
zialmedizinisch untersucht worden und musste spätestens Mitte des Jahres 1999
damit rechnen, dass ihm schriftlich oder mündlich das Untersuchungsergebnis mitge-
teilt werden würde. Zwar enthielt das in den Hausbriefkasten des Beamten eingeleg-
te Benachrichtigungsschreiben über die niedergelegte Postsendung wegen der Wah-
rung des Postgeheimnisses keinen Hinweis auf den Absender der Sendung (vgl. da-
zu Hammer/Limpert, Postdienst - Bedingungen und Entgelte -, Stand 2000, Erläute-
rung 3 zu Ziff. 152), d.h. der Beamte konnte nicht sogleich ersehen, dass es sich um
ein Schreiben der Behörde handelte. Aufgrund der oben genannten Umstände muss-
te sich ihm jedoch aufdrängen, dass die niedergelegte Sendung eine für ihn wichtige
Mitteilung seiner Dienststelle enthalten konnte. Er war daher dienstrechtlich verpflich-
tet, die niedergelegte Sendung unverzüglich abzuholen und ihren Inhalt zur Kenntnis
- 21 -
zu nehmen, zumal es keine Anhaltspunkte dafür gibt - und vom Beamten insoweit
auch nichts vorgetragen wird -, dass ihm dies nicht möglich oder nicht zumutbar war.
Anschuldigungspunkt 3 (Vorwurf der Störung des Betriebsfriedens durch
herabsetzende Äußerungen gegenüber zwei Auszubil-
denden über deren Ausbilder)
a) Im September 1997 waren die damaligen Auszubildenden ... Sch. und ... W. dem
Sachbereich Organisation/Innerer Dienst zugeordnet und wurden dort von Regie-
rungsamtmann We. und Regierungsamtmann St. zum Verwaltungsfachangestellten
ausgebildet. Die Betreuung oblag Polizeioberkommissar S. Der Beamte saß mit bei-
den Auszubildenden in einem Dienstzimmer.
aa) Polizeioberkommissar S. wurde zu jener Zeit von den Auszubildenden angespro-
chen. Diese zeigten sich besorgt darüber, ob sie ihre Probezeit überstehen würden.
Hintergrund dieser Angst seien Äußerungen des Beamten gewesen, Herr St. und
Herr S. seien "mit Vorsicht zu genießen"; sie würden "Sachverhalte umdrehen" und
gegen sie, die Auszubildenden, verwenden. Herr We. würde gegen das Jugendar-
beitsschutzgesetz verstoßen, da die Auszubildenden des Öfteren über die festgeleg-
te Arbeitszeit hinaus beschäftigt würden und für die Ausbildung ein entsprechender
Ausbildungsplan nicht vorliege. Sie, die Auszubildenden, hätten zudem das Gefühl,
dass der Beamte sie über ihre Ausbilder aushorche.
Dieser Sachverhalt beruht auf den in sich stimmigen Aussagen des Zeugen S. vom
4. November 1999 und vom 2. November 2000. Der Zeuge hatte den Sachverhalt
am 2. Oktober 1997, d.h. tatzeitnah, in einem Vermerk niedergelegt; das Gespräch
mit den beiden Auszubildenden hatte danach am 18. September 1997 stattgefunden.
bb) Der Beamte bestreitet mit seiner Berufung im Wesentlichen, die ihm zur Last ge-
legten Äußerungen gemacht zu haben. Beide Auszubildenden hätten sich auch nicht
erinnern können, dass solche Äußerungen beleidigender oder verächtlicher Art gefal-
len seien.
- 22 -
cc) Nach Auffassung des Senats ist der dem Beamten zur Last gelegte Sachverhalt
erwiesen. Die Auszubildenden haben die Aussagen des Zeugen S. weitgehend - und
dies in glaubhafter Weise - bestätigt; damit stellt sich die Einlassung des Beamten
als Schutzbehauptung dar.
Der Zeuge W. hatte am 28. Oktober 1999 u.a. ausgesagt, er könne sich nach über
zwei Jahren an die Vorfälle natürlich nicht mehr so genau erinnern. Anfangs habe
der Beamte einen netten Eindruck gemacht. Dann habe er aber über die Herren We.
und St., auf jeden Fall über Herrn S., mindestens einmal negativ gesprochen. Sie
würden sich "falsch" geben, machten einen freundlichen Eindruck, dächten in Wirk-
lichkeit aber anders. Das Überziehen des Unterrichts durch Herrn We. verstoße ge-
gen das Jugendarbeitsschutzgesetz, zumal die Auszubildende Sch. damals noch
keine 18 Jahre alt gewesen sei. Er, der Zeuge, sei vom Beamten nach Einzelheiten
der Ausbildung befragt worden und habe sich insgesamt ausgehorcht gefühlt.
Am 11. Januar 2001 hat der Zeuge W. im Wesentlichen angegeben, er könne sich
an die Vorgänge im September 1997 noch insoweit erinnern, als sich der Beamte
gegenüber den Herren S., St. und We. zwar nicht beleidigend und verächtlich ma-
chend, jedoch abwertend geäußert habe. Er habe immer wieder danach gefragt,
welche Aufgaben die Ausbilder den Auszubildenden übertragen hätten, und ab-
schließend kritisiert, dass diese nicht Bestandteil der Ausbildung seien. Sie, die Aus-
zubildenden, würden "benutzt" und müssten aufpassen. Alle drei Herren seien
"falsch" und "hinterhältig".
Die im September 1997 erst 17-jährige Zeugin Sch. hatte am 28. Oktober 1999 u.a.
ausgesagt, der Beamte habe sie und den Zeugen W. ständig gefragt, was sie von
Herrn S. und Herrn We. hielten und was sie im Unterricht bei Herrn We. machten. Als
dieser einmal die Unterrichtszeit überzogen habe - der an diesem Tage behandelte
Unterrichtsstoff sei sehr interessant gewesen -, habe sich der Beamte darüber sehr
aufgeregt und gesagt, dies verstoße gegen das Jugendarbeitsschutzgesetz. Im Zu-
sammenhang mit einem anderen Vorfall habe der Beamte sinngemäß gesagt, noch
ein Ding und es kracht. Sie, die Zeugin, und der Zeuge W. hätten das Gefühl gehabt,
ausgehorcht zu werden und hätten, da sie noch in der Probezeit gewesen seien,
Angst bekommen. Der Beamte habe wohl Herrn S. und Herrn We. "in die Pfanne
- 23 -
hauen" wollen. Deshalb seien sie zu Herrn S. gegangen und hätten ihm berichtet.
Anschließend hätten sie versucht, sich von dem Beamten fernzuhalten.
Am 11. September 2000 hat die Zeugin Sch. ihre früheren Aussagen im Wesentli-
chen wiederholt. Ergänzend hat sie angegeben, an eine Äußerung des Beamten,
Herr S. sei "falsch", könne sie sich heute nicht mehr erinnern. Dies gelte auch im
Hinblick auf "nachweislich falsche Äußerungen" des Beamten oder "konkrete Äuße-
rungen beleidigender oder verächtlicher Art gegenüber Herrn S. und Herrn We.". Die
Zeugin hat aber bestätigt, sie hätten damals gedacht, der Beamte habe Herrn S. und
Herrn We. "in die Pfanne hauen" wollen.
b) Durch sein objektiv unkollegiales Verhalten hat der Beamte vorsätzlich die Pflicht
zur Wahrung des Betriebsfriedens als Teil der Pflicht zu achtungs- und vertrauens-
würdigem Verhalten (§ 54 Satz 3 BBG; vgl. dazu Urteil vom 4. April 2001 - BVerwG
1 D 15.00 - Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 27) verletzt. Soweit der Beamte ge-
genüber den Zeugen W. und Sch. wiederholt das dienstliche Verhalten ihrer Ausbil-
der kritisiert hat, ergibt sich aus der Art und Weise und aus dem Inhalt der von den
Zeugen bekundeten Äußerungen des Beamten, dass es diesem nicht um die Ver-
besserung der Ausbildung - insoweit wären Kritik und Widerspruch dienstrechtlich
möglicherweise nicht zu beanstanden -, sondern um eine persönliche Herabsetzung
der Ausbilder S., We. und St. ging. Dies zeigt sich zum einen an dem Bemühen des
Beamten, die Zeugen W. und Sch. über ihre Ausbilder "auszuhorchen". Der Beamte
hat seine Kritik auch nie gegenüber den Ausbildern selbst angebracht, was ebenfalls
dafür spricht, dass er in den Auszubildenden lediglich Verbündete im Konflikt mit sei-
nen Vorgesetzten gesucht hat. Der Beamte kann sich für sein Verhalten auch nicht
mit Erfolg auf die Wahrnehmung berechtigter Interessen (vgl. § 193 StGB) berufen.
Dieser Rechtfertigungsgrund findet im Disziplinarrecht keine Anwendung (Urteil vom
13. Dezember 2000 - BVerwG 1 D 34.98 - Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 24 =
NJW 2001, 3280 = DÖD 2001, 217 = ZBR 2002, 139 m.w.N.).
Mit seinen negativen und abfälligen Bemerkungen gegenüber den Zeugen W. und
Sch. über deren Ausbilder hat der Beamte aber nicht nur den Betriebsfrieden erheb-
lich gestört, sondern hat auch gravierend in das Vertrauensverhältnis zwischen Aus-
bildern und Auszubildenden eingegriffen; auch dies verstößt gegen § 54 Satz 3 BBG.
- 24 -
Die hierdurch hervorgerufene Verunsicherung bei den Zeugen W. und Sch. war so
groß, dass diese Angst um den Erfolg ihrer Ausbildung bekamen. Dabei ist es recht-
lich unerheblich, ob diese Angst objektiv begründet war. Entscheidend war die vor-
hersehbar negative Auswirkung der Äußerungen auf den Betriebsfrieden in der
Dienststelle.
Anschuldigungspunkt 4 ("Belästigung" des Auszubildenden W.)
a) Der Auszubildende … W. hat am 28. Oktober 1999 als Zeuge u.a. ausgesagt, der
Beamte habe ihm gegenüber während der Arbeitszeit und mindestens drei-, viermal
bei privaten Telefonanrufen geäußert, dass er ihn "nett finde", mit ihm "gut reden
könne" und er ihn "so lieb habe wie seine Mutter". Bei den Telefonanrufen habe er
ihn, den Zeugen, auch gefragt, ob man sich nicht einmal treffen wolle. Diese "Anma-
che" sei ihm, dem Zeugen, sehr unangenehm gewesen. Er habe das Gefühl gehabt,
dass der Beamte schwul sein könne. Bei den Anrufen zu Hause habe er sich teilwei-
se von seinen Eltern verleugnen lassen.
Am 11. Januar 2001 hat der Zeuge seine früheren Aussagen im Wesentlichen wie-
derholt, aber angegeben, der Beamte habe sich mindestens fünfmal privat bei ihm
telefonisch gemeldet. Ergänzend hat der Zeuge ausgesagt, da er unsicher gewesen
sei, wie das Verhalten des Beamten aufzufassen sei und er, der Zeuge, auch Hem-
mungen gehabt habe, habe er den Beamten nicht darauf angesprochen. Er habe so
wenig wie möglich mit ihm zu tun haben wollen. Seine Eltern hätten dem Beamten
wohl klar gemacht, dass er nicht mehr anrufen solle.
Der Beamte, der einräumt, den Zeugen aus dienstlichen Gründen zweimal privat an-
gerufen zu haben, ist im Wesentlichen der Ansicht, die subjektive Empfindlichkeit des
Zeugen sei objektiv nicht berechtigt und auch für ihn nicht vorhersehbar gewesen
und daher disziplinarrechtlich unerheblich.
b) Der Senat hat den Beamten vom Vorwurf pflichtwidrigen Verhaltens freigestellt.
Ein fahrlässiges achtungs- und vertrauensunwürdiges Verhalten (§ 54 Satz 3 BBG)
ist ihm nicht nachzuweisen. Zugunsten des Beamten ist insgesamt von drei Anrufen
zu Hause und einem jedenfalls objektiv als - mit den Worten des Zeugen - "Anma-
- 25 -
che" im Dienst zu verstehenden einmaligen Verhalten auszugehen. Trotz der im Üb-
rigen glaubhaften Zeugenaussagen folgt der Senat insoweit der tatzeitnäheren ers-
ten Zeugenaussage. In diesem Umfang hat das aus der Sicht des Zeugen uner-
wünschte Verhalten des Beamten die Hürde einer Dienstpflichtverletzung noch nicht
überschritten; es fehlt ihm insoweit an Gewicht und Evidenz, um disziplinarrechtlich
relevant zu sein (sog. Bagatellverfehlung, vgl. dazu BVerfGE 39, 334 <350> zur poli-
tischen Treuepflicht).
Schon von ihrem objektiven Inhalt her sind die festgestellten Äußerungen kaum ge-
eignet, als achtungs- und vertrauensunwürdig eingestuft zu werden. Sie sind weder
ehrenrührig noch kränkend. Nichts anderes ergibt sich aus den äußeren Umständen
des Aussageverhaltens des Beamten. So mangelt es an Anhaltspunkten für ein hart-
näckiges und aufdringliches Einwirken auf den Zeugen. Dabei ist weiter von Bedeu-
tung, dass der Zeuge W. zur behaupteten "Tatzeit" - nach den Feststellungen im An-
schuldigungspunkt 3 in der Zeit ab September 1997 - bereits volljährig war und in
keinem Abhängigkeitsverhältnis zum Beamten stand.
Anschuldigungspunkt 5 ("Nichtbefolgung" polizeiärztlich angeordneter di-
agnostischer und therapeutischer Maßnahmen wäh-
rend Zeiten vorübergehender Dienstunfähigkeit)
a) Der damals im Zentralbereich Sachbereich 2 der Behörde, d.h. im Verwaltungs-
dienst, eingesetzte Beamte war in der Zeit vom 21. November bis 27. November
2000 sowie vom 1. Dezember 2000 bis 4. März 2001 krankheitsbedingt dienstunfähig
und infolgedessen dienstabwesend. Während dieser Zeit befand er sich zunächst in
ständiger Behandlung bei Medizinaloberrat Dr. D. Im Februar 2001 teilte Dr. D. dem
Sachbereich Personal der Behörde mit, dass der Beamte ärztliche Termine nicht
wahrgenommen und den Genesungsprozess beschleunigende und unterstützende
Maßnahmen verweigert habe. Daraufhin erteilte der Behördenleiter dem Beamten
am 15. Februar 2001, ausgehändigt am 5. März 2001, eine "Dienstliche Weisung
hinsichtlich Ihrer Mitwirkungspflicht zur Gesunderhaltung". Das Schreiben hat u.a.
folgenden Wortlaut:
- 26 -
"Ich weise Sie darauf hin, dass Sie gemäß § 54 Satz 1 BBG alle gebotenen
und zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen haben, um Ihre Dienstfähigkeit wie-
der herzustellen. Die Verletzung der Pflichten stellt ein Dienstvergehen im
Sinne des § 77 Abs. 1 BBG dar und wird disziplinarrechtliche Konsequenzen
nach sich ziehen.
Im Rahmen der Ihnen obliegenden Mitwirkungspflicht zur Wiederherstellung
der Dienstfähigkeit nach § 54 Satz 1 BBG gebe ich Ihnen daher auf,
- abgesprochene ärztliche Termine einzuhalten,
- den Genesungsprozess beschleunigende und unterstützende Maßnahmen,
die Ihnen seitens Dr. D. angeboten werden, wahrzunehmen."
Der Zeuge Dr. D. hat am 10. Juli 2001 u.a. ausgesagt, der Beamte sei zwar seit dem
13. November 2000 regelmäßig bei ihm erschienen - zuletzt am 2. April 2001, zuvor
am 19. Februar 2001 -, Facharzttermine habe er jedoch nicht immer eingehalten, da
es häufig zu einem Arztwechsel gekommen sei. Insbesondere wegen seiner chroni-
schen Erkrankungen habe er, der Zeuge, den Beamten in regelmäßigen Abständen,
zuletzt im Februar 2001, aufgefordert, sich einer Blutuntersuchung zu unterziehen.
Diesen Aufforderungen sei der Beamte nicht nachgekommen. Wegen einer anderen
internistischen Erkrankung (Stoffwechsel) sei der Beamte seit dem 4. Oktober 1999
in seiner Behandlung gewesen und damals aus diesem Grunde dienstunfähig ge-
schrieben worden. Erstmals am 12. November 1999 habe er dem Beamten empfoh-
len, wegen seiner Stoffwechselprobleme einen Internisten aufzusuchen. Gleichlau-
tende Aufforderungen seien bis Februar 2001 ausgesprochen worden, ohne dass der
Beamte dem nachgekommen sei. Mindestens seit September 1996 habe er, der
Zeuge, den Beamten auf sein Alkoholproblem hingewiesen. Seine, des Zeugen, Auf-
zeichnungen zur Alkoholproblematik des Beamten reichten bis August 2000; seit Ju-
ni/Juli 2000 stehe er, der Zeuge, deshalb in Kontakt mit der Behördenleitung. Dem
Beamten sei zu dieser Zeit die Durchführung einer Entziehungskur empfohlen wor-
den. Dies habe der Beamte jedoch mit dem Hinweis, er sei inzwischen abstinent,
abgelehnt. Er, der Zeuge, habe den Beamten auch wiederholt darauf hingewiesen,
dass er zur Gesunderhaltung seinen Blutdruck kontrollieren und sein Gewicht redu-
zieren müsse. Lediglich dem zuletzt genannten Verlangen sei er ansatzweise nach-
gekommen. Insbesondere habe er es auch abgelehnt, an der von ihm, dem Zeugen,
geleiteten Diätgruppe teilzunehmen und die Angebote zur sportlichen Betätigung
wahrzunehmen. Ferner habe er, der Zeuge, dem Beamten für seine Stoffwechseler-
- 27 -
krankung Medikamente zur Dauermedikation verschrieben. Der Beamte habe sich
lediglich ein Rezept ausstellen lassen, aber kein weiteres Rezept nachgefordert. Ob
er die Medikamente vorschriftsgemäß eingenommen habe, könne er nicht beurteilen.
Aufgrund des Ergebnisses einer Blutuntersuchung im November 2000 müsse dies
jedoch bezweifelt werden.
Der Beamte hat sich über seinen Verteidiger im Wesentlichen dahin eingelassen,
dass er am 30. Oktober 2000 dem Zeugen Dr. D. das Vertrauen entzogen habe und
dann überhaupt nicht mehr zur direkten Behandlung bei diesem gewesen sei. Bei
Fachärzten habe er alle Termine wahrgenommen. Laboruntersuchungen hätten wie-
der einen normalisierten Harnsäurespiegel und Blutdruckmessungen durch Dr. D.
wieder einen unauffälligen Blutdruck ergeben. Der erhöhte Blutdruck habe länger
zurückgelegen. Zu dieser positiven gesundheitlichen Entwicklung habe der von ihm,
dem Beamten, ausgeübte Fahrradsport beigetragen. Noch im Sommer 2000 habe er
der Durchführung einer Alkoholentziehungstherapie zugestimmt gehabt. Zwischen-
zeitlich habe er aber auch sein Alkoholproblem in den Griff bekommen, so dass so-
wohl eine Alkoholentziehungskur als auch eine Teilnahme an einer Diätgruppe nicht
mehr angezeigt gewesen seien; eine dienstlich geleitete Diätgruppe habe es zudem
nicht gegeben. Aufgrund dieser günstigen Entwicklung habe auch der Behördenleiter
nicht mehr auf der Durchführung einer Entziehungstherapie bestanden. Seine De-
pressionen habe er ebenfalls überwunden.
b) In diesem Anschuldigungspunkt hat der Senat den Beamten ebenfalls vom Vor-
wurf pflichtwidrigen Verhaltens freigestellt.
Auch wenn dem Beamten unter Hinweis auf die "Dienstliche Weisung" vom 15. Fe-
bruar 2001 u.a. zur Last gelegt wird, polizeiärztlich angeordnete diagnostische und
therapeutische Maßnahmen während Zeiten vorübergehender Dienstunfähigkeit
"nicht befolgt" zu haben, so wird doch nicht der Vorwurf weisungswidrigen Verhaltens
erhoben. Es handelt sich bei dem Schreiben vom 15. Februar 2001 im Wesentlichen
um eine Belehrung über die Dienstpflichten des Beamten gemäß § 54 Satz 1 BBG
(Gesunderhaltungspflicht) und die Folgen einer Pflichtverletzung. Soweit dem Beam-
ten im Rahmen dessen aufgegeben wurde, ärztliche Termine einzuhalten und von
Dr. D. angebotene Maßnahmen wahrzunehmen, sind darin keine eigenständigen
- 28 -
dienstlichen Anordnungen zu sehen, die Grundlage eines Gehorsamsverstoßes ge-
mäß § 55 Satz 2 BBG sein können (vgl. dazu auch Urteil vom 22. Januar 1991
- BVerwG 1 D 23.90 - DokBerB 1991, 161 m.w.N.). § 55 Satz 2 BBG ist deshalb in
der Anschuldigungsschrift auch nicht erwähnt. Im Übrigen erfasst Anschuldigungs-
punkt 5 nur den Zeitraum krankheitsbedingter Dienstunfähigkeit bis zum 4. März
2001; die "Dienstliche Weisung" ist dem Beamten aber erst am nachfolgenden Tag
ausgehändigt und damit bekannt gegeben worden. Sie kann daher hier nicht Grund-
lage der disziplinarrechtlichen Beurteilung sein.
Entgegen der Auffassung der Vorinstanz hat der Beamte auch nicht gegen § 54
Satz 1 BBG verstoßen. Das Gebot, sich mit voller Hingabe seinem Beruf zu widmen,
umfasst die Verpflichtung zur Erhaltung der Gesundheit. Ein vorübergehend dienst-
unfähiger Beamter muss nicht nur alles ihm Zumutbare tun, um seine Arbeitskraft so
rasch wie möglich wieder herzustellen. Er hat auch alles zu unterlassen, was einer
raschen Wiederherstellung seiner Dienstfähigkeit entgegenwirken könnte. Dabei
setzt die Annahme einer Pflichtverletzung nach § 54 Satz 1 BBG nicht voraus, dass
im konkreten Fall ein bestimmtes Verhalten den Gesundungsprozess nachweisbar
hinausgezögert hat. Es reicht vielmehr aus, wenn das gezeigte Verhalten wegen ei-
ner ernstlich zu besorgenden Gefährdung generell geeignet ist, in der gegebenen
Situation die alsbaldige und nachhaltige Genesung zu beeinträchtigen (stRspr, z.B.
Urteil vom 15. August 2000 - BVerwG 1 D 77.98 - m.w.N.). Eine solche Schlussfolge-
rung kann hier für die Dienstabwesenheitszeiten 21. November bis 27. November
2000 sowie vom 1. Dezember 2000 bis 4. März 2001 nicht gezogen werden. Die
Wertung, das vom Zeugen Dr. D. beschriebene und mit der Anschuldigungsschrift
gerügte Verhalten des Beamten sei generell geeignet, seinen Gesundungsprozess
während der krankheitsbedingten Fehlzeiten zu verzögern, setzt die Kenntnis der
jeweiligen Erkrankung als Ursache der jeweiligen Dienstabwesenheit voraus (vgl.
Urteil vom 15. August 2000 a.a.O.). Daran mangelt es hier.
Die Tatsache der - zwischen den Beteiligten unstreitigen - krankheitsbedingten
Dienstabwesenheit des Beamten in den genannten Zeiträumen ist von der Einlei-
tungsbehörde und dem Bundesdisziplinaranwalt ohne nähere Hinweise auf die medi-
zinischen Ursachen in die Anschuldigung aufgenommen worden. Da dem Beamten
insoweit kein unentschuldigtes Fernbleiben vom Dienst zur Last gelegt wird, ist da-
- 29 -
von auszugehen, dass er damals privat- oder polizeiärztliche Arbeitsunfähigkeitsbe-
scheinigungen oder Atteste vorgelegt hat. Diese befinden sich jedoch nicht bei den
Akten. Zudem enthalten Arbeits- und Dienstunfähigkeitsbescheinigungen wegen der
ärztlichen Schweigepflicht regelmäßig keine Hinweise auf die zugrunde liegende Er-
krankung. Dies wird durch die in den Akten befindlichen Atteste, die andere Zeiten
der Dienstunfähigkeit des Beamten betreffen, bestätigt.
Ungeachtet dessen hält es der Senat nicht für erwiesen, dass das angeschuldigte
Verhalten des Beamten ursächlich und objektiv erheblich war, um eine Verzögerung
des Heilungsprozesses in den angegebenen Krankheitszeiträumen ernstlich zu be-
sorgen (vgl. Urteil vom 20. Mai 1998 a.a.O. m.w.N.). Dies gilt zunächst für die unter-
bliebene Blutuntersuchung. Nach Aussage des Zeugen Dr. D. fand eine solche im-
merhin im November 2000 statt. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die
zwischen Januar und März 2001 angeordnete, aber unterbliebene Blutuntersuchung
auf die Dauer der damaligen Dienstunfähigkeit nachteilig ausgewirkt hat. Auch hin-
sichtlich der übrigen Vorwürfe (Unterbleiben der Blutdruck-Kontrolle, Gewichtsreduk-
tion, Dauermedikation, Nichtaufsuchen eines Internisten) lässt sich nicht feststellen,
dass dieses Verhalten jeweils generell geeignet war, den Gesundungsprozess hin-
auszuzögern. Im Übrigen ist dem Beamten nicht zu widerlegen, dass er durch Befol-
gung einzelner ärztlicher Therapievorschläge sowie durch Eigentherapierung zumin-
dest einen Teil seiner gesundheitlichen Probleme reduziert und damit dazu beigetra-
gen hat, seinen Gesundungsprozess zu fördern. Dies gilt auch für das Alkoholprob-
lem. Nach eigenen Angaben war der Beamte im Sommer 2000 mit der Durchführung
einer Entziehungskur einverstanden. Unstreitig ist es ihm in der Zeit danach - wann,
ist nicht bekannt - gelungen, seine Alkoholproblematik zu überwinden mit der Folge,
dass sowohl der behandelnde Arzt als auch der damalige Dienstvorgesetzte nicht
mehr auf der Durchführung einer Therapie beharrten.
2. Das aufgrund der festgestellten Pflichtverletzungen in den Anschuldigungspunk-
ten 1, 2 und 3 vom Beamten vorsätzlich begangene, einheitliche Dienstvergehen
(§ 77 Abs. 1 Satz 1 BBG) ist von nicht unerheblichem Gewicht und macht eine Kür-
zung seiner Dienstbezüge auf die Dauer von drei Jahren erforderlich.
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a) Setzt sich das Dienstvergehen aus mehreren Dienstpflichtverletzungen zusam-
men, so bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach
der schwersten Verfehlung. Dies ist hier nach den Feststellungen im Anschuldi-
gungspunkt 1 das vorsätzliche unerlaubte Fernbleiben vom Dienst an insgesamt
16 Tagen, d.h. über drei Arbeitswochen, und die unentschuldigte Dienstabwesenheit
an drei Tagen. Das Gebot, überhaupt zum Dienst zu erscheinen, ist, wie der Senat in
ständiger Rechtsprechung betont (vgl. zuletzt Urteil vom 26. Februar 2004 - BVerwG
1 D 3.03 - m.w.N.), Grundpflicht eines jeden Beamten. Ohne die pflichtgemäße
Dienstleistung ihrer Mitarbeiter im Rahmen der Dienstpläne wäre die Verwaltung
- hier der Bundesgrenzschutz - nicht im Stande, die ihr gegenüber der Allgemeinheit
obliegenden Aufgaben ordnungsgemäß zu erfüllen. Deshalb kann einem Beamten,
der ohne triftigen Grund nicht zum vorgeschriebenen Dienst erscheint, nicht mehr
das Vertrauen entgegengebracht werden, das für eine gedeihliche Zusammenarbeit
unerlässlich ist. Verweigert ein Beamter den Dienst für einen längeren Zeitraum oder
wiederholt - auch für kürzere Zeitspannen -, so ergibt sich die Notwendigkeit, das
Beamtenverhältnis einseitig zu lösen, regelmäßig schon aus der Gesamtdauer der
Dienstverweigerung selbst sowie aus dem Umstand, dass das Erfordernis der
Dienstleistung und damit die Bedeutung ihrer Unterlassung für jedermann leicht zu
erkennen ist.
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Senat die Höchstmaßnahme stets in
den Fällen ausgesprochen, in denen der Beamte ununterbrochen oder in Teilschrit-
ten annähernd vier Monate oder gar länger unerlaubt vorsätzlich dem Dienst fern-
geblieben war (z.B. Urteile vom 12. Juni 1997 - BVerwG 1 D 10.95 - und vom 10. Ju-
ni 1998 - BVerwG 1 D 39.96 - insoweit in Sammlung Buchholz nicht abgedruckt).
Schon bei einem schuldhaft ungenehmigten Fernbleiben vom Dienst von ununter-
brochen ca. sieben Wochen bewegt sich die zu verhängende Maßnahme - je nach
den Umständen des Einzelfalls - im Grenzbereich zwischen Dienstentfernung und
Degradierung, wenn der Beamte vorsätzlich gehandelt hat (Urteil vom 22. April 1991
- BVerwG 1 D 62.90 - BVerwGE 93, 78 = DokBerB 1999, 189).
Nach diesem Maßstab der Dauer des vorsätzlich unerlaubten Fernbleibens vom
Dienst ist hier der Ausspruch einer längerfristigen Gehaltskürzung erforderlich. Unter
der Geltung des § 9 Abs. 1 Satz 1 BDO hat es der Senat im Fall eines sich aufgrund
- 31 -
einer Degradierung im Eingangsamt seiner Laufbahn befindenden Beamten, der dem
Dienst drei Wochen vorsätzlich und eine Woche fahrlässig ferngeblieben war, privat-
ärztliche Bescheinigungen verspätet vorgelegt hatte und zur bahnärztlichen Untersu-
chung sowie zur Vorsprache bei der Dienststelle nicht erschienen war, bei der vom
Bundesdisziplinargericht verhängten Gehaltskürzung auf die Dauer von vier Jahren
belassen (Urteil vom 6. Dezember 1994 - BVerwG 1 D 78.93 -). Ergänzend ist in dem
Urteil ausgeführt, angesichts der Dauer des Fernbleibens vom Dienst wäre zwar der
Ausspruch der Höchstlaufzeit der Gehaltskürzung (fünf Jahre) gerechtfertigt. Aus hier
nicht zu erörternden Gründen jenes Einzelfalls bringe jedoch auch die Laufzeit von
vier Jahren das Gewicht des Dienstvergehens hinreichend zum Ausdruck, so dass
es nicht geboten erscheine, von der Festsetzung des Bundesdisziplinargerichts ab-
zuweichen.
b) Wie der Senat mit Urteil vom 8. September 2004 a.a.O. entschieden hat, beurteilt
sich unter der Geltung des Bundesdisziplinargesetzes die Höchstlaufzeit einer Ge-
haltskürzung auch in so genannten Altfällen, die - wie hier - verfahrensrechtlich noch
nach der Bundesdisziplinarordnung fortzuführen sind, wegen der in der Herabset-
zung von höchstens fünf auf höchstens drei Jahre liegenden materiellrechtlichen
Besserstellung der Beamten nach § 8 Abs. 1 Satz 1 BDG; entsprechendes gilt für die
Möglichkeit der Abkürzung der Laufzeit des Beförderungsverbotes (§ 8 Abs. 4 Satz 2
BDG; s. dazu unten zu 4.). Danach hält es der Senat hier für erforderlich, den ge-
setzlichen Höchstrahmen des § 8 Abs. 1 Satz 1 BDG von drei Jahren Laufzeit der
Kürzung der Dienstbezüge auszuschöpfen.
Neben der Hauptverfehlung im Anschuldigungspunkt 1 kommt insbesondere dem
Fehlverhalten im Anschuldigungspunkt 2 nicht unerhebliches Gewicht zu. Zwar liegt
insoweit kein unerlaubtes Fernbleiben vom Dienst vor. Die Auswirkung der Pflichtver-
letzung stellt sich jedoch für die Dienststelle nicht anders als ein unerlaubtes Fern-
bleiben vom Dienst dar und ist deshalb entsprechend zu gewichten. Der Beamte hat
bewusst Nebenpflichten verletzt mit der Folge, dass er seiner Dienstleistungspflicht
erst mit etwa dreiwöchiger Verzögerung nachkommen konnte. Die in diesem Verhal-
ten insgesamt zum Ausdruck kommende Dienstauffassung lässt - ebenso wie auch
das wiederholte unentschuldigte Fernbleiben vom Dienst - erkennen, dass der Be-
amte seine persönlichen Interessen und Vorstellungen ohne Rücksicht auf die Not-
- 32 -
wendigkeiten eines geordneten Dienstbetriebes und eines kollegialen Umgangs in
der Dienststelle verfolgt hat. Dies hat bei den Kollegen nachweislich viel Unmut aus-
gelöst.
Hinzu kommt das Fehlverhalten im Anschuldigungspunkt 3. Indem sich der Beamte
gegenüber den jungen Auszubildenden grundlos negativ und abfällig über ihre Aus-
bilder geäußert hat, hat dieser in erheblichem Umfang den Betriebsfrieden und die
Grundsätze der Kollegialität verletzt. Solche Äußerungen über Vorgesetzte, Kollegen
und Mitarbeiter führen zu Spannungen in der Dienststelle, die für den Ablauf der
Dienstgeschäfte abträglich sind. Sie binden Verwaltungskapazitäten, die eigentlich
der Erledigung der Dienstgeschäfte zugute kommen müssten. Deshalb ist es ein
ebenso legitimes wie dringendes Anliegen jeder Verwaltung, dass die Dienstkräfte im
gegenseitigen Umgang die Zurückhaltung üben, die im Interesse eines von Span-
nungen weitgehend freien gegenseitigen Verhältnisses geboten und damit geeignet
ist, den Betriebsfrieden zu sichern. Wer dieses Gebot nicht beachtet und durch
grundlos negative und abfällige Bemerkungen über Kollegen das betriebliche Klima
schuldhaft belastet, macht sich einer nicht unerheblichen Pflichtwidrigkeit schuldig
(vgl. Urteil vom 13. Januar 1988 - BVerwG 1 D 127.86: u.a. fortgesetzte üble Nach-
rede gegenüber Vorgesetzten; vgl. auch Urteil vom 6. Juli 1987 - BVerwG 1 D
142.86 - ZBR 1987, 383 = DokBerB 1987, 263 = RiA 1987, 264: heimliche Tonband-
aufnahme eines Gesprächs mit dem Dienstvorgesetzten und Vorspielen gegenüber
Kollegen, und Urteil vom 15. März 2000 - BVerwG 1 D 58.98: verbale Angriffe gegen
Kollegen).
Insgesamt muss das Dienstvergehen des Beamten mangels beachtlicher - und auch
nicht geltend gemachter - Milderungsgründe mit einer spürbaren Kürzung der
Dienstbezüge von drei Jahren geahndet werden.
c) Während die Laufzeit der Gehaltskürzung durch die Schwere des Dienstverge-
hens bestimmt wird, sind für die Festlegung des Kürzungsbruchteils die wirtschaftli-
chen Verhältnisse des Beamten maßgebend. Bei Beamten des mittleren Dienstes,
wie im vorliegenden Fall, wird die Quote regelmäßig auf ein Zwanzigstel festgesetzt
(Urteil vom 21. März 2001 - BVerwG 1 D 29.00 - BVerwGE 114, 88). Auf diesen Kür-
- 33 -
zungssatz ist auch hier - insoweit in Übereinstimmung mit der Vorinstanz - zu erken-
nen.
3. Dem Ausspruch einer Kürzung der Dienstbezüge steht weder nach altem Recht
(§ 4 BDO) noch nach neuem Recht (§ 15 BDG) ein Verfolgungs- oder Maßnahme-
verbot wegen Zeitablaufs entgegen.
a) Eine "Verfolgungsverjährung" gemäß § 4 BDO ist noch nicht eingetreten. Nach
Absatz 2 der Vorschrift darf ein mit einer Gehaltskürzung zu ahndendes Dienstver-
gehen nicht mehr verfolgt werden, wenn seit dem Dienstvergehen mehr als drei Jah-
re verstrichen waren, bevor das förmliche Disziplinarverfahren eingeleitet worden ist.
Diese Drei-Jahresfrist ist im vorliegenden Fall beachtet worden. Der Fristenlauf be-
ginnt bei einem aus mehreren Pflichtverletzungen bestehenden Dienstvergehen - wie
hier - mit Vollendung der zeitlich letzten Pflichtverletzung; erst zu diesem Zeitpunkt
ist das Dienstvergehen vollendet (vgl. Urteil vom 8. September 1988 - BVerwG 1 D
70.87 - ZBR 1989, 245 = DokBerB 1989, 21 = RiA 1989, 133). Das war hier am
31. August 1999 (Anschuldigungspunkt 1 f)). Die Einleitungsverfügung datiert bereits
vom 10. Juli 2000 und ist dem Beamten und seinem Verteidiger am 17. Juli 2000 zu-
gestellt worden.
b) Im Ergebnis nichts anderes müsste gelten, wenn - zugunsten des Beamten - § 15
BDG Anwendung finden sollte. Nach Absatz 2 der Vorschrift darf eine Kürzung der
Dienstbezüge - dies entspricht der Gehaltskürzung nach altem Recht (§ 85 Abs. 2
Nr. 1 BDG) - nicht mehr ausgesprochen werden, wenn seit der Vollendung des
Dienstvergehens - hier am 31. August 1999 - mehr als drei Jahre vergangen sind.
Hiervon abgesehen ist diese Vorschrift jedoch auf Altfälle nicht anzuwenden. Auch
wenn das Maßnahmeverbot wegen Zeitablaufs (§ 15 Abs. 1 bis 3 BDG) und seine
Rechtsfolgen materiellrechtlicher Natur sind (vgl. Gansen, BDG, § 15 Rn. 1; Weiss
in: GKÖD, Band II, Teil 6, BDG § 14 Rn. 1 und § 15 Rn. 1) und einem Beamten in so
genannten Altverfahren nach der Bundesdisziplinarordnung grundsätzlich eine güns-
tigere materiellrechtliche Regelung nach neuem Recht zugute kommen muss (vgl.
Urteile vom 17. März 2004 - BVerwG 1 D 23.03 - BVerwGE 120, 218 und vom
8. September 2004 a.a.O.), so gilt dies nicht im Hinblick auf den Zeitablauf bei einer
verwirkten Kürzung der Dienstbezüge (§ 15 Abs. 2 BDG; im Urteil vom 8. September
- 34 -
2004 a.a.O. konnte der Senat die Frage der Geltung des § 15 Abs. 2 BDG für Altfälle
noch offen lassen, weil auch bei sinngemäßer Anwendung der Unterbrechungs- und
Hemmungstatbestände des § 15 Abs. 4 und 5 BDG noch kein maßnahmehindernder
Zeitablauf eingetreten war). Denn das neue Recht ist für den Beamten im Kern nicht
günstiger als das alte Recht. Nach § 4 Abs. 2 BDO und § 15 Abs. 2 BDG sind sowohl
Beginn (Vollendung des Dienstvergehens) und Dauer der "Verjährungsfrist" (Drei-
Jahresfrist) gleich. Es gibt lediglich unterschiedliche vorläufige bzw. endgültige Fris-
tenbeendigungstatbestände, die an die unterschiedliche gesetzliche Ausgestaltung
des behördlichen und gerichtlichen Disziplinarverfahrens nach altem und neuem
Recht anknüpfen (vgl. § 4 Abs. 2 BDO einerseits, § 15 Abs. 4 und 5 BDG anderer-
seits). Insoweit sind die Verfahrensregeln nach neuem Recht für den Beamten nicht
günstiger, sondern anders und damit nicht vergleichbar. Sie beanspruchen im Rah-
men des § 15 Abs. 2 BDG nur Anwendung auf Disziplinarverfahren, die nach dem
Bundesdisziplinargesetz (§§ 17 ff.) eingeleitet worden sind (vgl. dazu auch Urteil vom
17. März 2004 a.a.O.: "Die Verjährung mit ihren auf den Verfahrensgang bezogenen
Besonderheiten der Regelungen über die Unterbrechung und Hemmung von Fristen
steht hier nicht zur Diskussion").
4. Der Senat hat im Rahmen seines Ermessens gemäß § 8 Abs. 4 Satz 2 BDG da-
von abgesehen, die Laufzeit des mit der Kürzung der Dienstbezüge verbundenen
dreijährigen Beförderungsverbotes abzukürzen, zumal der Beamte erst im Juli 2004
die Laufbahn gewechselt hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 114 Abs. 2 und § 115 Abs. 5 BDO. Maßgebend
für die Kostenquote ist der in der Berufungsschrift angekündigte Antrag des Beamten
auf Ausspruch einer Maßnahme unterhalb der Kürzung der Dienstbezüge. Mit dem
Antrag in der Berufungsschrift wird das Ziel des Rechtsmittels bestimmt (vgl. Urteil
vom 8. September 2004 a.a.O. m.w.N.).
Albers Richter am Bundesverwaltungs- Müller
gericht Mayer befindet sich im
Urlaub und ist gehindert zu
unterschreiben.
Albers
Sachgebiet:
BVerwGE: nein
Materielles Beamtendisziplinarrecht
Fachpresse: ja
Rechtsquellen:
BBG § 54 Satz 1 und 3, § 55 Satz 2, § 73 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 77 Abs. 1 Satz 1
BDG § 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 2, § 15 Abs. 2
BDO § 4 Abs. 2, § 9 Abs. 1
Stichworte:
Beamter des mittleren Dienstes; vorsätzlich unerlaubtes Fernbleiben vom Dienst an
insgesamt 16 Tagen (über drei Arbeitswochen) und unentschuldigte Dienstabwesen-
heit an drei Tagen; bedingt vorsätzlich unterlassene Kenntnisverschaffung hinsicht-
lich des Ergebnisses der sozialmedizinischen Untersuchung mit der Folge etwa drei-
wöchiger Abwesenheit vom Dienst; Störung des Betriebsfriedens durch herabset-
zende Äußerungen gegenüber zwei Auszubildenden über deren Ausbilder; Freistel-
lung vom Vorwurf der Belästigung eines Auszubildenden und vom Vorwurf der Nicht-
befolgung polizeiärztlich angeordneter diagnostischer und therapeutischer Maßnah-
men während Zeiten vorübergehender Dienstunfähigkeit; Kürzung der Dienstbezüge
auf die Dauer von drei Jahren (Höchstlaufzeit gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 BDG); keine
Kürzung der Laufzeit des dreijährigen Beförderungsverbotes.
Leitsätze:
1. Leistet der Beamte wegen krankheitsbedingter Dienstunfähigkeit vorübergehend
keinen Dienst, so trifft ihn - auch aufgrund seiner allgemeinen Treuepflicht zum
Dienstherrn - im Rahmen seiner Pflichten gemäß § 54 Satz 1 BBG die Nebenpflicht,
sicherzustellen, dass ihn Mitteilungen seiner Dienststelle unverzüglich erreichen kön-
nen; zur Bedeutung einer entsprechenden Pflichtverletzung (im Anschluss an Be-
schluss vom 18. September 2002 - BVerwG 1 DB 13.02 - Buchholz 240 § 9 BBesG
Nr. 23).
2. Das Maßnahmeverbot wegen Zeitablaufs gemäß § 15 Abs. 2 BDG (Kürzung der
Dienstbezüge) ist auf sog. Altfälle, die verfahrensrechtlich noch nach der Bundesdis-
ziplinarordnung fortzuführen sind, nicht anzuwenden (noch offen gelassen im Urteil
vom 8. September 2004 - BVerwG 1 D 18.03 - ZBR 2005, 91 ff.).
Urteil des Disziplinarsenats vom 23. Februar 2005 - BVerwG 1 D 1.04
I. BDiG, Kammer VII - … - vom 06.11.2003 - Az.: BDiG VII VL 2/03 -