Urteil des BVerwG vom 30.07.2013

Öffentliche Sicherheit, Terrorismus, Duldung, Unionsbürger

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
BVerwG 1 C 9.12
VGH 11 S 897/11
Verkündet
am 30. Juli 2013
Werner
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 30. Juli 2013
durch die Präsidentin des Bundesverwaltungsgerichts Eckertz-Höfer,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Dörig,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Fricke sowie
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Maidowski und Dr. Fleuß
für Recht erkannt:
Der Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom
10. Juni 2010 in der Fassung vom 7. Dezember 2011 wird
dahin geändert, dass die gesetzlichen Wirkungen der
Ausweisung auf die Dauer von fünf Jahren befristet wer-
den. Im Übrigen wird die Revision des Klägers gegen das
Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg
vom 7. Dezember 2011 zurückgewiesen.
Der Kläger trägt 9/10, der Beklagte 1/10 der Kosten des
Revisionsverfahrens.
G r ü n d e :
I
Der 1969 geborene Kläger türkischer Staatsangehörigkeit reiste 1995 in die
Bundesrepublik Deutschland ein. Er ist verheiratet und hat inzwischen sieben
Kinder, von denen mehrere - u.a. ein im Jahre 2005 geborener Sohn - die deut-
sche Staatsangehörigkeit besitzen. Eines der anderen Kinder hat eine bis 2014
befristete Aufenthaltserlaubnis, die übrigen sowie seine Ehefrau verfügen über
eine Niederlassungserlaubnis. Nach Beschäftigungen in unterschiedlichem Um-
fang und bei wechselnden Arbeitgebern ist der Kläger seit Juli 2009 bei einer
Gebäudereinigung tätig.
Der Kläger wurde im Januar 1997 in den Vorstand des Kurdischen Volkshauses
H. gewählt, im Dezember 1998 in den Vorstand des Gebetshauses Ehmede
Xane H. und wurde in dieser Funktion mehrfach bestätigt. Neben seinem Enga-
gement für diese Vereine sowie für Nachfolgeorganisationen nach Auflösung
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der Vereine nahm er u.a. an Veranstaltungen kurdischer Organisationen teil,
wurde wegen Verstoßes gegen ein vereinsrechtliches Betätigungsverbot ver-
urteilt und unterzeichnete die Erklärung „Auch ich bin ein PKK’ler“.
Am 17. Juli 2007 beantragte er eine Niederlassungserlaubnis. In einer sich an-
schließenden Sicherheitsbefragung gab er an, „nur Kurde“ zu sein und sich
nicht für die PKK oder den KONGRA-GEL zu interessieren. Im Mai 2009 erhob
er Untätigkeitsklage auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis. Während des
erstinstanzlichen Klageverfahrens erließ der Beklagte am 10. Juni 2010 den
streitgegenständlichen Bescheid, durch den der Kläger ausgewiesen (Ziffer 1)
und ihm die Abschiebung angedroht (Ziffer 2) wurde; außerdem wurde sein An-
trag auf Erlass einer Niederlassungserlaubnis abgelehnt (Ziffer 3) und eine wö-
chentliche Meldepflicht verbunden mit einer Aufenthaltsbeschränkung (Ziffer 4)
angeordnet. Später hob der Beklagte Ziffer 2 des Bescheids auf, während Zif-
fer 3 nach Rücknahme der Klage bestandskräftig wurde. Das Verwaltungsge-
richt hob die Ziffern 1 und 4 des Bescheids auf, weil die exilpolitischen Aktivitä-
ten des Klägers für die PKK nicht erkennen ließen, dass von ihm eine gegen-
wärtige Gefährlichkeit ausgehe. Am 2. Dezember 2011 wurde dem Kläger „bis
auf weiteres“ eine Duldung aus familiären Gründen mit der Erlaubnis zur Aus-
übung einer Beschäftigung erteilt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die erstinstanzliche Entscheidung durch Urteil
vom 7. Dezember 2011 geändert und die Klage insoweit abgewiesen. Zur Be-
gründung hat er ausgeführt: Rechtsgrundlage für die Ausweisung sei § 55
i.V.m. § 54 Nr. 5 AufenthG. Die PKK sei als den Terrorismus unterstützende
Vereinigung einzustufen. Der Kläger habe sie u.a. durch Vorstandstätigkeiten in
PKK-nahen Vereinigungen und durch Teilnahme an zahlreichen Veranstaltun-
gen unterstützt. Die Ausweisung sei auch unter Ermessensgesichtspunkten
nicht zu beanstanden. Ausweisungsschutz stehe dem Kläger im Hinblick auf
sein jüngstes Kind zwar zu. Ein Verstoß gegen Art. 8 EMRK oder Art. 6 GG lie-
ge aber schon deshalb nicht vor, weil der Kläger zur Wahrung der Familienein-
heit bis auf Weiteres geduldet werde. Gegen ihn spreche im Übrigen seine nach
wie vor mangelhafte Integration in die Lebensverhältnisse in Deutschland. Der
Umstand, dass sein jüngstes Kind die deutsche Staatsangehörigkeit besitze,
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ändere daran nichts. Denn seine Ausweisung werde nicht dazu führen, dass
dieses Kind faktisch zur Ausreise gezwungen sei. Vielmehr könne es auch un-
abhängig von der Duldung des Klägers mit Mutter und Geschwistern, die ent-
weder deutsche Staatsangehörige seien oder eine Niederlassungserlaubnis
hätten, in Deutschland bleiben und versorgt werden.
Mit der Revision macht der Kläger im Wesentlichen geltend, dass auch die
Ausweisung eines von zwei unterhaltsverpflichteten Elternteilen einen Eingriff in
den Unionsbürgerstatus des betroffenen Kindes darstelle. Zudem verletze das
Berufungsurteil § 54 Nr. 5 AufenthG. Es fasse den Begriff der Unterstützung
des Terrorismus schon objektiv zu weit, weil es darunter schon eine Öffentlich-
keitsarbeit in Form von bloßen Sympathiekundgebungen verstehe. In subjekti-
ver Hinsicht sei erforderlich, dass der Unterstützer in seinen Willen die Absicht
aufnehme, mit seinem Handeln auch die terroristischen Aktivitäten der Vereini-
gung unterstützen zu wollen. Als verfahrensfehlerhaft rügt die Revision, das
Berufungsgericht habe keine hinreichenden Feststellungen zu der Frage getrof-
fen, ob die Vereinigungen, denen der Kläger angehört hat, den Terrorismus un-
terstützten. Auch seien keine Feststellungen dazu getroffen worden, ob der Klä-
ger die Eignung seines Verhaltens als Unterstützung des Terrorismus in seinen
Willen aufgenommen habe. Aus diesen Gründen sei die Ausweisung rechtswid-
rig; hilfsweise sei sie mit sofortiger Wirkung zu befristen.
Der Beklagte verteidigt die angegriffene Entscheidung. Er hat im Verlauf des
Revisionsverfahrens die Wirkungen der Ausweisung auf sieben Jahre befristet.
II
Die Revision ist im Wesentlichen unbegründet. Das Berufungsgericht hat die
Ausweisung des Klägers und die ihm auferlegte Meldepflicht und Aufenthalts-
beschränkung ohne Verstoß gegen revisibles Recht als rechtmäßig eingestuft.
Weder liegt ein Verstoß gegen § 54 Nr. 5 (1.) oder § 54a AufenthG (2.) vor noch
widerspricht die Handhabung dieser Vorschriften im vorliegenden Fall dem
Recht der Europäischen Union (3.). Erfolg hat die Revision nur, soweit sie die
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Befristung der Wirkungen der Ausweisung auf einen Zeitraum von mehr als fünf
Jahren durch den Beklagten angreift (4.).
Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung der Ausweisung, der Meldepflicht und
der Aufenthaltsbeschränkung sowie der vom Kläger hilfsweise begehrten sofor-
tigen Befristung der Wirkungen der Ausweisung ist die Sach- und Rechtslage
im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Beru-
fungsgerichts. Rechtsänderungen während des Revisionsverfahrens sind aller-
dings zu beachten, wenn das Berufungsgericht - entschiede es anstelle des
Bundesverwaltungsgerichts - sie zu berücksichtigen hätte (stRspr, vgl. Urteil
vom 10. Juli 2012 - BVerwG 1 C 19.11 - BVerwGE 143, 277 = Buchholz
402.242 § 11 AufenthG Nr. 9 jeweils Rn. 12 m.w.N.). Der Entscheidung sind
deshalb die Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes i.d.F. der Bekanntma-
chung vom 25. Februar 2008 (BGBl I S. 162), zuletzt geändert durch Art. 1 des
Gesetzes zur Anpassung von Rechtsvorschriften des Bundes infolge des Bei-
tritts der Republik Kroatien zur Europäischen Union vom 17. Juni 2013 (BGBl I
S. 1555), zugrunde zu legen. Hierdurch hat sich die Rechtslage hinsichtlich der
entscheidungserheblichen Bestimmungen aber nicht geändert.
1. Die Ausweisung des Klägers ist rechtmäßig. Sie findet ihre Rechtsgrundlage
in § 54 Nr. 5, § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, § 55 Abs. 1 AufenthG.
1.1 Das Aufenthaltsgesetz ist anwendbar. Es wird nicht durch das Gesetz über
die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU) verdrängt (vgl.
§ 1 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG), da dieses Gesetz auf den Kläger keine Anwendung
findet. Nach § 1 FreizügG/EU regelt dieses Gesetz nur die Einreise und den
Aufenthalt von Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten der Europäischen
Union sowie, unter den Voraussetzungen der §§ 3 und 4 FreizügG/EU (vgl. § 2
Abs. 2 Nr. 6 FreizügG/EU), ihrer Familienangehörigen. Der Kläger ist zwar Va-
ter mehrerer Kinder, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Er erfüllt
aber nicht die Voraussetzungen, um als Familienangehöriger die Rechte nach
dem FreizügG/EU zu erhalten. Hierfür wäre gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 Frei-
zügG/EU vielmehr Voraussetzung, dass ihm die Kinder (als die stammberech-
tigten Unionsbürger) Unterhalt gewähren. Das ist indes nicht der Fall.
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1.2 Die Ausweisung des Klägers ist auch nicht am Maßstab von Art. 14 Abs. 1
des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrats EWG/Türkei über die Entwick-
lung der Assoziation (ARB 1/80) zu messen, da der Kläger eine assoziations-
rechtliche Rechtsposition nicht erworben hat. Seine zwischen dem 1. Juli 2002
und dem 31. Mai 2009 liegenden Beschäftigungszeiten konnten ihm - ungeach-
tet der Frage, ob die weiteren Voraussetzungen einer Zugehörigkeit zum regu-
lären Arbeitsmarkt und einer ordnungsgemäßen Beschäftigung vorgelegen ha-
ben - im Hinblick auf den mehrfachen Arbeitgeberwechsel bestenfalls eine
Rechtsposition nach Art. 6 Abs. 1 Spiegelstrich 1 ARB 1/80 vermitteln, die je-
doch durch den jeweils nächstfolgenden Arbeitgeberwechsel erloschen wäre.
Auch aus seiner im Juli 2009 begonnenen und zum maßgeblichen Entschei-
dungszeitpunkt andauernden Beschäftigung kann der Kläger eine assoziations-
rechtliche Position nicht ableiten, da er vor Ablauf eines Jahres seit Arbeitsbe-
ginn durch den streitgegenständlichen Bescheid vom 10. Juni 2010 ausgewie-
sen worden ist und damit nicht mehr über eine gesicherte Position auf dem Ar-
beitsmarkt verfügt (vgl. EuGH, Urteil vom 20. September 1990 - Rs. C-192/89,
Sevince - NVwZ 1991, 255 Rn. 27 ff. <32>).
1.3 Die Voraussetzungen des § 54 Nr. 5 AufenthG sind gegeben. Nach dieser
Vorschrift liegt ein Ausweisungsgrund vor, wenn Tatsachen die Schlussfolge-
rung rechtfertigen, dass der Ausländer einer Vereinigung angehört oder ange-
hört hat, die den Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung
unterstützt oder unterstützt hat. Dabei gilt sowohl für das Tatbestandsmerkmal
„Vereinigung, die den Terrorismus unterstützt“ als auch für das Vorliegen von
Indiztatsachen, die den Schluss auf eine Zugehörigkeit des Ausländers zu der
Vereinigung oder ihre Unterstützung rechtfertigen, der normale Beweismaßstab
der vollen gerichtlichen Überzeugung. Der reduzierte Beweismaßstab, wonach
diese Tatsachen eine entsprechende Schlussfolgerung lediglich rechtfertigen,
nicht aber zur vollen gerichtlichen Überzeugung beweisen müssen, bezieht sich
nur auf die Frage, ob der betroffene Ausländer der Vereinigung tatsächlich an-
gehört oder sie individuell unterstützt (hat) (vgl. Urteile vom 15. März 2005
- BVerwG 1 C 26.03 - BVerwGE 123, 114 = Buchholz 402.240 § 8
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AuslG Nr. 25 und vom 25. Oktober 2011 - BVerwG 1 C 13.10 -
BVerwGE 141, 100 Rn. 16).
1.3.1 Eine Vereinigung unterstützt den Terrorismus in diesem Sinne, wenn sie
sich selbst terroristisch betätigt oder wenn sie die Begehung terroristischer Ta-
ten durch Dritte veranlasst, fördert oder befürwortet. Die Schwelle der Strafbar-
keit muss dabei nicht überschritten sein, da § 54 Nr. 5 AufenthG der präventi-
ven Gefahrenabwehr dient und die Eingriffsmöglichkeiten des Aufenthaltsrechts
auch die Vorfeldunterstützung durch so genannte Sympathiewerbung erfasst
(Urteil vom 25. Oktober 2011 a.a.O. Rn. 20 f.)
.
Für die Kurdische Arbeiterpartei PKK und ihre Nachfolgeorganisationen hat das
Berufungsgericht festgestellt, dass es sich um Vereinigungen in diesem Sinne
handelt, weil sie seit 1997 ihre Ziele auch mit terroristischen Mitteln verfolgt ha-
ben und zudem in der vom Rat der Europäischen Union erstellten Liste terroris-
tischer Organisationen (vgl. Ziff. 2.15 des Anhangs zu der Durchführungsver-
ordnung Nr. 687/2011 des Rates vom 18. Juli 2011) erfasst sind. Dies ist
von der Revision nicht angegriffen worden und revisionsrechtlich auch nicht zu
beanstanden (vgl. EuGH, Urteil vom 9. November 2010 - Rs. C-57/09 und
C-101/09 - NVwZ 2011, 285 Rn. 90; BVerwG, Beschluss vom 7. Dezember
2010 - BVerwG 1 B 24.10 - juris Rn. 4).
1.3.2 Die individuelle Unterstützung einer terroristischen Vereinigung oder einer
eine solche unterstützenden Vereinigung im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG er-
fasst alle Verhaltensweisen, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Ak-
tionsmöglichkeiten der Vereinigung auswirken. Darunter kann die Mitgliedschaft
in der terroristischen oder unterstützenden Vereinigung ebenso zu verstehen
sein wie eine Tätigkeit für eine solche Vereinigung ohne gleichzeitige Mitglied-
schaft. Auch die bloße Teilnahme an Demonstrationen oder anderen Veranstal-
tungen kann eine Unterstützung in diesem Sinne darstellen, wenn sie geeignet
ist, eine positive Außenwirkung im Hinblick auf die durch § 54 Nr. 5 AufenthG
missbilligten Ziele zu entfalten. Auf einen nachweisbaren oder messbaren Nut-
zen für diese Ziele kommt es nicht an, ebenso wenig auf die subjektive Vor-
werfbarkeit der Unterstützungshandlungen. Im Hinblick auf den Schutz der Mei-
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nungsäußerungsfreiheit und das Gebot der Verhältnismäßigkeit staatlicher Ein-
griffe in die grundrechtlich geschützte Betätigungsfreiheit des Einzelnen erfüllen
allerdings solche Handlungen den Tatbestand der individuellen Unterstützung
nicht, die erkennbar nur auf einzelne, mit terroristischen Zielen und Mitteln nicht
im Zusammenhang stehende - etwa humanitäre oder politische - Ziele der Ver-
einigung gerichtet sind (Urteil vom 15. März 2005 a.a.O. S. 124 ff. bzw.
S. 18 ff.).
Das Berufungsgericht hat ohne Verstoß gegen revisibles Recht festgestellt,
dass der Kläger individuelle Unterstützung in diesem Sinne geleistet hat, indem
er u.a. im Vorstand zweier PKK-naher Vereinigungen tätig war und an zahlrei-
chen Veranstaltungen teilgenommen hat, die nach ihrem Anlass und Inhalt der
Unterstützung der PKK dienten. Die in diesem Zusammenhang erhobene Ver-
fahrensrüge der Revision, das Oberverwaltungsgericht habe keine eigenen
Feststellungen dazu getroffen, dass die YEK-KOM als Dachverband kurdischer
Vereine den Terrorismus unterstütze, greift nicht durch. Das Berufungsgericht
hat als Grundlage für diese Feststellung eine Stellungnahme des Landesamtes
für Verfassungsschutz als plausibel eingeschätzt und sich ihre Aussage zu ei-
gen gemacht, nachdem in der mündlichen Verhandlung ein Mitarbeiter des
Landesamtes gehört worden war. Damit hat das Berufungsgericht eigene Fest-
stellungen getroffen. Die Aufklärungsrüge der Revision greift im Übrigen schon
deshalb nicht durch, weil der Kläger sein Begehren, ein (weiteres) Sachver-
ständigengutachten einzuholen, nicht hinreichend - etwa mit Mängeln der ge-
nannten Stellungnahme - begründet und zudem die Möglichkeit versäumt hat,
durch einen Beweisantrag in der Berufungsinstanz sein Begehren zu verfolgen.
Dem Berufungsgericht musste sich die Erforderlichkeit einer weiteren Beweis-
aufnahme nicht aufdrängen.
Nicht zu beanstanden ist schließlich, dass das Berufungsgericht sich für seine
Feststellungen auch auf länger zurückliegende Aktivitäten des Klägers gestützt
hat. Aus dem Umstand, dass der Kläger sich von diesen Aktivitäten nicht dis-
tanziert, sondern sie ohne Unterbrechung fortgeführt hat, folgt, dass sie zur ge-
genwärtigen Gefährlichkeit des Klägers im Sinne von § 54 Nr. 5 Halbs. 2
AufenthG noch beitragen (vgl. Urteil vom 30. April 2009 - BVerwG 1 C 6.08 -
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BVerwGE 134, 27 = Buchholz 451.901 Assoziationsrecht Nr. 52 jeweils
Rn. 34 f.).
1.3.3 Für den Ausländer muss schließlich die eine Unterstützung der Vereini-
gung, ihrer Bestrebungen oder ihrer Tätigkeit bezweckende Zielrichtung seines
Handelns erkennbar und ihm deshalb zurechenbar sein (Urteil vom 15. März
2005 a.a.O. S. 125 bzw. S. 19 f.). Auf eine über diese Erkennbarkeit hinausge-
hende innere Einstellung des Ausländers kommt es nicht an.
Dass auch diese Tatbestandsvoraussetzung im vorliegenden Fall gegeben ist,
hat das Berufungsgericht ohne Verstoß gegen revisibles Recht für den Kläger
daraus abgeleitet, dass ihm aufgrund seiner Vorstandstätigkeit und durch die
Teilnahme an zahlreichen Veranstaltungen mit offenkundiger die PKK unter-
stützender Zielrichtung der Bezug der von ihm unterstützten Vereinigungen zur
PKK ebenso wenig entgangen sein kann wie die mögliche Unterstützungswir-
kung seines eigenen Verhaltens. Entgegen der insoweit erhobenen Verfahrens-
rüge waren deshalb weitere Feststellungen zum subjektiven Tatbestand im
Hinblick auf die einzelnen vom Kläger versehenen Tätigkeiten und den einzel-
nen besuchten Veranstaltungen nicht erforderlich. Die Erkennbarkeit der PKK-
Nähe der von ihm unterstützten Vereine sowie der Eignung seines eigenen
Verhaltens als Unterstützung folgt im Übrigen auch aus seinem Verhalten in der
mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht, in der der Kläger keinerlei
Zweifel an seiner Verehrung für Öcalan und an seiner Anhängerschaft zur PKK
- möge sie als terroristisch eingestuft werden oder nicht - gelassen hat.
1.4 Die Ausweisung ist trotz des dem Kläger zukommenden besonderen Aus-
weisungsschutzes nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG nicht zu beanstan-
den. Insbesondere wahrt die Entscheidung das Gebot der Verhältnismäßigkeit
und ist frei von Ermessensfehlern.
1.4.1 Dem Kläger kommt der besondere Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 1
Satz 1 Nr. 4 AufenthG zu Gute, weil er in familiärer Lebensgemeinschaft mit
deutschen Familienangehörigen lebt. Nach § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG darf er
deshalb nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und
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Ordnung ausgewiesen werden. Solche Gründe liegen in der Regel vor, wenn
der Tatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG erfüllt ist (§ 56 Abs. 1 Satz 3
AufenthG). Dies ist hier der Fall. Anhaltspunkte dafür, dass das Verhalten des
Klägers unterhalb der Schwelle des § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG liegen und
damit ein atypischer Ausnahmefall gegeben sein könnte, hat das Berufungsge-
richt wegen der Hartnäckigkeit des Klägers bei seiner exilpolitischen Tätigkeit
und seiner in der Berufungsverhandlung zum Ausdruck gebrachten Nähe zur
PKK und Verehrung für Öcalan nicht gesehen. Dies ist auch wegen der mehr-
jährigen Tätigkeit des Klägers in den Vorständen zweier PKK-naher Vereine
und seiner übrigen exilpolitischen Aktivitäten nicht zu beanstanden.
1.4.2 Als Folge des besonderen Ausweisungsschutzes muss über eine Auswei-
sung in den Fällen des § 54 AufenthG nach Ermessen entschieden werden,
§ 56 Abs. 1 Satz 5 AufenthG. Dabei sind zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit
unter Berücksichtigung aller konkreten Umstände des Einzelfalles die für die
Ausweisung sprechenden öffentlichen Belange und die privaten Interessen an
einem Verbleib des Ausländers in Deutschland gegeneinander abzuwägen (Ur-
teil vom 14. Februar 2012 - BVerwG 1 C 7.11 - BVerwGE 142, 29 Rn. 25). Ne-
ben den aus Art. 6 Abs. 1 und 2 GG folgenden familiären und ehelichen Belan-
gen müssen auch alle anderen gewichtigen persönlichen Interessen in die Ent-
scheidung einbezogen werden, insbesondere soweit sie dem durch Art. 2
Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK geschützten Privatleben zuzuordnen sind.
Gemessen an diesen Maßstäben erweist sich die Ausweisung des Klägers als
verhältnismäßig. Dabei kann offenbleiben, ob sie den hohen Anforderungen an
eine generalpräventiv begründete Ausweisung genügt (vgl. dazu Urteil vom
14. Februar 2012 a.a.O. Rn. 24), denn jedenfalls liegen gewichtige spezialprä-
ventive Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vor, die die Auswei-
sung rechtfertigen. Der Kläger ist über lange Zeit im Vorfeld des Terrorismus
unterstützend tätig gewesen und hat sich hiervon auch im für die Berufungsent-
scheidung maßgeblichen Zeitpunkt nicht nur nicht distanziert, sondern seine
Haltung nochmals bestätigt. Dabei umfasst seine Tätigkeit zwar keine eigenen
Gewaltakte und keine unmittelbare Verstrickung in terroristische Aktivitäten.
Durch seine mehrjährige Vorstandstätigkeit in zwei Vereinigungen und die vom
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Berufungsgericht im Übrigen festgestellten Aktivitäten unterscheidet er sich al-
lerdings auch deutlich von einem einfachen Unterstützer, der durch bloße Teil-
nahme an einschlägigen Veranstaltungen zwar ebenfalls den Tatbestand des
§ 54 Nr. 5 AufenthG erfüllt, dabei jedoch ein eher niedriges Profil aufweist. Im
Hinblick auf diese Feststellungen ist das öffentliche Interesse an der Auswei-
sung des Klägers von hohem Gewicht.
Das Berufungsgericht hat die schützenswerten Belange des Klägers und seiner
Familie unter Zugrundelegung der in der Rechtsprechung entwickelten Kriterien
ohne Rechtsverstoß dahin gewürdigt, dass dem öffentlichen Interesse an seiner
Ausweisung hinreichend gewichtige private Interessen des Klägers an einem
dauerhaften Verbleib in Deutschland nicht gegenüberstehen. Nach den Fest-
stellungen des Berufungsgerichts hat sich der Kläger trotz seiner langjährigen
Anwesenheit in Deutschland wegen seiner nach wie vor schlechten Sprach-
kenntnisse und seiner starken Hinwendung auf die kurdische Exilgemeinschaft
kaum in die deutsche Gesellschaft integriert. Für seinen Verbleib in Deutsch-
land spricht hingegen, dass er in familiärer Gemeinschaft mit seiner Ehefrau
und seinen Kindern lebt und die Familie durch seine Erwerbstätigkeit unterhält.
Mehrere Kinder, darunter sein sechsjähriger Sohn, sind deutsche Staatsange-
hörige, seine Ehefrau und die übrigen Kinder - bis auf eines - sind daueraufent-
haltsberechtigt. Dem durch Art. 6 Abs. 2 GG und Art. 8 EMRK geschützten Inte-
resse des Klägers und seines jüngsten unterhaltsberechtigten Sohnes, die fami-
liäre Lebensgemeinschaft fortsetzen zu können, solange der Sohn auf den Klä-
ger angewiesen ist, hat der Beklagte dadurch Rechnung getragen, dass er den
Aufenthalt des Klägers im Hinblick auf diesen Umstand aus familiären Gründen
bis auf Weiteres duldet. Dem Wortlaut der erteilten Duldung entnimmt der Se-
nat, dass diese langfristig, nämlich für den Zeitraum, in dem der jüngste Sohn
des Klägers auf diesen angewiesen ist, erteilt worden ist. Dies führt dazu, dass
der Aufenthalt des Klägers zwar rechtswidrig und er selbst ausreisepflichtig ist
(§ 60a Abs. 3 AufenthG), dass jedoch die Ausweisung vorläufig - solange sich
die Umstände, die bei Erteilung der Duldung gegeben waren, nicht ändern -
nicht vollstreckt werden kann. Unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßig-
keit ist dies nicht zu beanstanden. Die in der fortbestehenden Ausreisepflicht
des Klägers liegende Einschränkung seiner Rechte ist erforderlich und geeig-
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net, der von ihm ausgehenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit zu begeg-
nen, trägt aber durch die Aussetzung der Vollstreckung dem Übermaßverbot
hinreichend Rechnung.
Klarzustellen ist allerdings, dass aus den besonderen Umständen des vorlie-
genden Falles nicht das Erfordernis abgeleitet werden kann, dass in jedem
durch das Vorhandensein eines Kindes deutscher Staatsangehörigkeit gekenn-
zeichneten Fall eine Duldung aus familiären Gründen erteilt werden müsste, um
die Vollstreckbarkeit der Ausweisung aufzuschieben. Vielmehr können sich be-
sonders schwerwiegende Ausweisungsgründe je nach ihrem Gewicht und je
nach dem Gewicht gegenläufiger Gründe in einer derartigen Konstellation auch
ohne Erteilung eines Vollstreckungsaufschubs durchsetzen mit der Folge, dass
die sofortige Vollstreckung der Ausweisung nicht als unverhältnismäßig anzu-
sehen wäre. Ob dies auch für den vorliegenden Fall gilt, muss angesichts der
dem Kläger erteilten Duldung nicht entschieden werden.
Auch die Ermessensausübung des Beklagten lässt Rechtsfehler nicht erken-
nen. Der Beklagte hat die Notwendigkeit einer Ermessensentscheidung erkannt
und deren gesetzliche Grenzen beachtet.
1.5 Der Rechtmäßigkeit der Ausweisung steht auch nicht entgegen, dass der
Beklagte die gesetzlichen Wirkungen der Ausweisung nach § 11 Abs. 1 Satz 1
und 2 AufenthG nicht bereits bei Erlass der Ausweisungsverfügung befristet
hat. Seit Inkrafttreten des § 11 AufenthG in der Neufassung durch das Gesetz
zur Umsetzung aufenthaltsrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union und
zur Anpassung nationaler Rechtsvorschriften an den EU-Visakodex vom
22. November 2011 (BGBl I S. 2258) - Richtlinienumsetzungsgesetz 2011 - ha-
ben Ausländer zwar grundsätzlich einen Anspruch darauf, dass die Ausländer-
behörde mit einer Ausweisung zugleich das daran geknüpfte gesetzliche Einrei-
se- und Aufenthaltsverbot sowie die Titelerteilungssperre befristet (Urteil vom
10. Juli 2012 - BVerwG 1 C 19.11 - BVerwGE 143, 277 = Buchholz 402.242
§ 11 AufenthG Nr. 9 jeweils Rn. 30). Fehlt die notwendige Befristung der Aus-
weisung, hat das aber nicht zur Folge, dass eine als solche rechtmäßige Aus-
weisung aufzuheben ist. Vielmehr ist in der Anfechtung der Ausweisung zu-
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gleich - als Minus - für den Fall der Bestätigung der Rechtmäßigkeit der Aus-
weisung ein (Hilfs-)Antrag auf Verpflichtung der Ausländerbehörde zu einer an-
gemessenen Befristung ihrer Wirkungen zu sehen (Urteile vom 10. Juli 2012
a.a.O. jeweils Rn. 39 und vom 14. Mai 2013 - BVerwG 1 C 13.12 - juris Rn. 24;
Beschluss vom 14. März 2013 - BVerwG 1 B 17.12 - NVwZ-RR 2013, 574
Rn. 9 ff.).
2. Auch die Anordnung einer Meldepflicht und einer Aufenthaltsbeschränkung
gemäß § 54a AufenthG durch Ziffer 4 des streitgegenständlichen Bescheids
sind nicht zu beanstanden.
Nach § 54a Abs. 1 Satz 1 AufenthG unterliegt ein Ausländer, gegen den eine
vollziehbare Ausweisungsverfügung u.a. nach § 54 Nr. 5 AufenthG besteht, der
Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufent-
haltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländer-
behörde nichts anderes bestimmt. Nach Absatz 2 der Vorschrift ist sein Aufent-
halt auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, soweit diese keine ab-
weichenden Festlegungen trifft. Diese erst auf Vorschlag des Vermittlungsaus-
schusses in das Gesetz eingefügten Vorschriften (BTDrucks 15/3479 S. 9) die-
nen der Gefahrenabwehr. Sie sollen die von den nach § 54 Nr. 5, 5a und 5b
AufenthG ausgewiesenen Ausländern ausgehende Gefahr einer Weiterführung
von Handlungen im Vorfeld des Terrorismus eindämmen, gerade auch in Fäl-
len, in denen mit einer baldigen Aufenthaltsbeendigung nicht zu rechnen ist
(BR, 802. PlProt. vom 9. Juli 2004, S. 338 ff.). Die Ausländerbehörde hat die
Möglichkeit, die gesetzliche Ausgestaltung der Überwachungsmaßnahmen je
nach dem Gewicht der konkreten Gefahr zu modifizieren; dabei hat sie den mit
einer Meldepflicht und einer Aufenthaltsbeschränkung verbundenen Grund-
rechtseingriff unter Wahrung des Gebots der Verhältnismäßigkeit zu beschrän-
ken und - insbesondere bei länger andauernder Unmöglichkeit der Aufenthalts-
beendigung - unter Kontrolle zu halten.
Der angegriffene Bescheid konkretisiert die gesetzlichen Verhaltenspflichten
durch die Regelung, weder von der gesetzlich im Normalfall vorgesehenen
Meldehäufigkeit noch von der Aufenthaltsbeschränkung auf den Bezirk der zu-
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ständigen Ausländerbehörde abzuweichen. Dies ist unter dem Gesichtspunkt
der Verhältnismäßigkeit nicht zu beanstanden. Anhaltspunkte dafür, dass vom
Kläger eine geringere Gefahr ausgeht als von anderen Ausländern, die auf der
Grundlage von § 54 Nr. 5 AufenthG ausgewiesen werden, so dass die gesetzli-
chen Verhaltenspflichten des § 54a Abs. 1 und 2 AufenthG aus Gründen der
Verhältnismäßigkeit abzuschwächen wären, sind weder festgestellt noch vorge-
tragen. Der Umstand, dass der Kläger über eine Duldung von voraussichtlich
mehrjähriger Dauer verfügt, musste zu einer Verlängerung der Meldefrist keinen
Anlass geben, da der Grund für die Duldung unabhängig von der vom Beru-
fungsgericht festgestellten starken Neigung des Klägers ist, seine Unterstüt-
zungstätigkeit weiterzuführen.
3. Die Auslegung der Rechtsgrundlagen für die Ausweisung des Klägers und
ihre Handhabung im vorliegenden Einzelfall sind unionsrechtlich nicht zu bean-
standen. Dies gilt auch für die Anordnung einer Meldepflicht und Aufenthaltsbe-
schränkung.
3.1 Die Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates
(Unionsbürgerrichtlinie) ist auf den Kläger nicht anwendbar. Sie regelt die Be-
dingungen, unter denen Unionsbürger und ihre Familienangehörigen ihr Recht
auf Freizügigkeit innerhalb des Hoheitsgebiets der Mitgliedstaaten wahrnehmen
können, das Recht dieser Personen auf Daueraufenthalt sowie die Beschrän-
kung dieser Rechte aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Ge-
sundheit und gilt für jeden Unionsbürger, der sein Freizügigkeitsrecht ausgeübt
hat, sowie seine Familienangehörigen. Familienangehörige im Sinne der Richt-
linie sind Verwandte in gerade aufsteigender Linie jedoch nur dann, wenn ihnen
von den stammberechtigten Unionsbürgern Unterhalt gewährt wird. Im vorlie-
genden Fall fehlt es an beiden Voraussetzungen. Nach den Feststellungen des
Berufungsgerichts haben die Kinder des Klägers, die deutsche Staatsangehöri-
ge sind, von ihrem Recht auf Freizügigkeit keinen Gebrauch gemacht. Zudem
gewähren sie ihm keinen Unterhalt.
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3.2 Die Ausweisungsentscheidung ist auch im Hinblick auf Art. 20, 21 des Ver-
trages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) nicht zu bean-
standen. Art. 20 Abs. 1 AEUV verleiht jeder Person, die die Staatsangehörigkeit
eines Mitgliedstaates besitzt, den Status eines Unionsbürgers. Dieser umfasst
nach Art. 20 Abs. 2 Satz 2 a), Art. 21 AEUV das Recht, sich im Hoheitsgebiet
der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten.
3.2.1 Nach der Rechtsprechung des EuGH steht dieser grundlegende Status
der Unionsbürger nationalen Maßnahmen entgegen, die bewirken, dass Uni-
onsbürgern der tatsächliche Genuss des Kernbestands der Rechte, die ihnen
der Unionsbürgerstatus verleiht, verwehrt wird. Dies gilt auch für minderjährige
Unionsbürger. Solange sie sich in einer Situation befinden, die durch eine recht-
liche, wirtschaftliche oder affektive Abhängigkeit von Drittstaatsangehörigen
bestimmt ist, darf auch durch - insbesondere aufenthaltsrechtliche - Maßnah-
men gegen diese nicht bewirkt werden, dass sich der minderjährige Unionsbür-
ger rechtlich oder faktisch gezwungen sieht, das Unionsgebiet zu verlassen.
Dabei ist es grundsätzlich unerheblich, ob sich die Maßnahme nur gegen einen
Elternteil oder gegen beide Eltern des Unionsbürgers oder auch gegen andere
Bezugspersonen richtet. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Unionsbürger
sein Freizügigkeitsrecht bereits ausgeübt hat oder nicht. Allerdings reicht der
bloße Wunsch, die Familiengemeinschaft mit allen Familienangehörigen im
Unionsgebiet aufrechtzuerhalten, nicht aus. Verhindert werden soll nämlich nur
eine Situation, in der der Unionsbürger für sich keine andere Wahl sieht als ei-
nem Drittstaatsangehörigen, von dem er rechtlich, wirtschaftlich oder affektiv
völlig abhängig ist, bei der Ausreise zu folgen bzw. sich zu ihm ins Ausland zu
begeben und deshalb das Unionsgebiet zu verlassen. Lebt er hingegen mit ei-
nem sorgeberechtigten Drittstaatsangehörigen zusammen, der über ein Dauer-
aufenthaltsrecht verfügt und eine Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit hat, so spricht
dies dagegen, dass eine aufenthaltsrechtliche Maßnahme gegen einen anderen
Drittstaatsangehörigen einen unionsrechtswidrigen Zwang zur Ausreise auslö-
sen könnte (vgl. EuGH, Urteile vom 19. Oktober 2004 - Rs. C-200/02, Zhu und
Chen - Slg. 2004, I-9925 Rn. 25 ff.; vom 8. März 2011 - Rs. C-34/09,
Zambrano - Slg. 2011, I-1177 Rn. 41 ff.; vom 5. Mai 2011 - Rs. C-434/09,
McCarthy - Slg. 2011, I-3375 Rn. 44 ff.; vom 15. November 2011
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- Rs. C-256/11, Dereci - NVwZ 2012, 97 Rn. 59 - 69; vom 8. November 2012
- Rs. C-40/11, Iida - NVwZ 2013, 357 Rn. 66 ff.; vom 6. Dezember 2012
- Rs. C-356/11, O. und S. - NVwZ 2013, 419 Rn. 52 ff. mit dem Hinweis auf
Rn. 44 der Anträge des Generalanwalts in dieser Sache; und vom 8. Mai 2013
- Rs. C-87/12 , Ymeraga - InfAuslR 2013, 259 Rn. 34 ff.).
Jede nationale Maßnahme eines Mitgliedstaats gegen drittstaatsangehörige
Bezugspersonen minderjähriger Unionsbürger muss sich daher an dem Verbot
messen lassen, einen derartigen Zwang zum Verlassen des Unionsgebiets
auszulösen und die Unionsbürgerschaft dadurch ihrer praktischen Wirksamkeit
zu berauben. Die Berufung auf Art. 20 und 21 AEUV ist allerdings auf seltene
Ausnahmefälle beschränkt (EuGH, Urteil vom 8. November 2012 a.a.O.
Rn. 71). Zu prüfen sind jeweils alle Umstände des konkreten Falles (EuGH, Ur-
teil vom 6. Dezember 2012 a.a.O. Rn. 53). Ob eine nationale Maßnahme den
Kernbestand der Unionsbürgerschaft in diesem Sinne beeinträchtigt, hat das
mitgliedstaatliche Gericht zu entscheiden.
3.2.2 Diese Grundsätze sind auf den vorliegenden Fall anwendbar. Zwar wen-
det sich der Kläger gegen seine Ausweisung, während den genannten Ent-
scheidungen des EuGH Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zugrunde
lagen; soweit zusätzlich Ausweisungsentscheidungen getroffen waren, bildeten
sie nicht den Streitgegenstand (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 15. November 2011
BeckRS 2011, 81625 Rn. 27). Doch der Umstand, dass es vorliegend nicht um
eine Situation der Familienzusammenführung geht, sondern um eine durch
Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgelöste Beendigung des
Aufenthalts eines Drittstaatsangehörigen, ändert grundsätzlich nichts an der
aufgeworfenen Frage, ob eine mitgliedstaatliche Maßnahme dazu führen kann,
einen Unionsbürger faktisch zu einem Verlassen des Unionsgebiets zu zwin-
gen. Diese Frage stellt sich auch dann, wenn eine Ausweisung ausgesprochen
worden ist. Denn auch in einem solchen Fall müssen die aus der Unionsbürger-
schaft folgenden Rechte betroffener Unionsbürger berücksichtigt werden, auch
wenn das Gewicht der für die Aufenthaltsbeendigung der Bezugsperson des
Unionsbürgers sprechenden Gründe regelmäßig stärker sein wird als in Fällen
der Familienzusammenführung. Ob und in welcher Weise dies den unionsrecht-
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lichen Maßstab, an dem die mitgliedstaatliche Maßnahme zu prüfen ist, beein-
flusst, muss aus den sogleich auszuführenden Gründen im vorliegenden Fall
nicht entschieden werden.
3.2.3 Schon nach den sich aus der vorzitierten Rechtsprechung des EuGH zu
Fällen der Familienzusammenführung ergebenden Grundsätzen scheitert die
angegriffene Ausweisung im vorliegenden Fall nicht an Art. 20, 21 AEUV. Zwar
übt der Kläger zusammen mit seiner Ehefrau das Sorgerecht für seinen jüngs-
ten Sohn aus, der die deutsche Staatsangehörigkeit und damit die Unionsbür-
gerschaft besitzt. Auch leistet er ihm Unterhalt aus seiner Erwerbstätigkeit. Auf
der anderen Seite verfügen die - ebenfalls sorgeberechtigte - Mutter und fünf
Geschwister des jüngsten Sohnes des Klägers über ein Daueraufenthaltsrecht
oder über die deutsche Staatsangehörigkeit. Sie sind also rechtlich nicht zur
Ausreise gezwungen, sondern dürfen mit ihrem Kind bzw. Bruder dauerhaft in
Deutschland bleiben, wo die Familie ihren Lebensmittelpunkt hat. Sollte sich
etwa die Ehefrau des Klägers dennoch zu einer Ausreise zusammen mit ihrem
jüngsten Sohn entscheiden, läge darin nicht ein Fall des gegen den Unionsbür-
ger gerichteten unionsrechtswidrigen Zwangs zur Ausreise, sondern eine Folge
der freien Entscheidung seiner Mutter (Schlussanträge des Generalanwalts Bot
vom 27. September 2012 in der Sache C-356/11, O. und S.
zember 2012, a.a.O.> Rn. 42). Selbst wenn der Kläger das Unionsgebiet ver-
lassen müsste, wäre er im Übrigen nicht gehindert, weiterhin Unterhaltsleistun-
gen zu erbringen; sein jüngster Sohn könnte ggf. einen Anspruch auf ergän-
zende Sozialleistungen geltend machen. Umstände, aus denen sich eine affek-
tive Abhängigkeit des Kindes vom Kläger in einem Ausmaß ableiten ließe, das
über die genannten Umstände hinaus einen vom Unionsrecht missbilligten
Zwang zum Verlassen des Unionsgebiets auslösen könnte, hat das Berufungs-
gericht nicht festgestellt.
3.2.4 Zudem spricht viel dafür, dass die Ausweisung selbst bei Annahme eines
beachtlichen Abhängigkeitsverhältnisses des minderjährigen deutschen Kindes
zum Kläger mit Blick auf die diesem bis auf Weiteres erteilte Duldung in der
Deutung, die sie durch den Senat erfahren hat, mit Art. 20 und 21 AEUV im
Einklang stehen würde. Zwar ist davon auszugehen, dass in Fällen der Fami-
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lienzusammenführung die Erteilung einer bloßen Duldung anstelle eines Auf-
enthaltstitels den Anforderungen der EuGH-Rechtsprechung zum Unionsbür-
gerrecht nicht hinreichend Rechnung tragen würde. Sprechen keine gewichti-
gen Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung von erheblichem Gewicht
für eine Beendigung des Aufenthalts der Bezugsperson eines minderjährigen
Unionsbürgers, wird dem Verbot, den Unionsbürger einem unausweichlichen
Ausreisedruck auszusetzen, regelmäßig nur durch einen rechtmäßigen Aufent-
haltsstatus Genüge getan. Im vorliegenden Fall einer Ausweisung wegen Un-
terstützungshandlungen im Vorfeld des Terrorismus dürfte hingegen mit Blick
auf die vom Kläger ausgehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ord-
nung die auf ein tatsächliches Bleiberecht durch eine Aussetzung der Vollstre-
ckung beschränkte Erteilung einer unbefristeten Duldung mit Arbeitserlaubnis
verhältnismäßig und deshalb ausreichend sein, zumal dem Kläger hierdurch
nicht „“ (vgl. EuGH,
Urteil vom 8. März 2011 a.a.O. Rn. 43, Hervorhebung nicht im Original) und
damit sein minderjähriges deutsches Kind auch aus diesem Grund keinem un-
ausweichlichem Ausreisezwang ausgesetzt wird. Dies bedarf nach den vorste-
henden Ausführungen im vorliegenden Verfahren aber keiner abschließenden
Entscheidung. Von daher bedarf es auch keiner Vorlage an den EuGH zur wei-
teren Klärung der Grenzen, die Art. 20 und 21 AEUV aufenthaltsbeendenden
nationalen Maßnahmen setzen in Fällen, in denen von der Bezugsperson eines
minderjährigen Unionsbürgers Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ord-
nung ausgehen.
4. Soweit die Revision hilfsweise die vom Beklagten nachträglich vorgenomme-
ne Befristung der Wirkungen der Ausweisung auf sieben Jahre angreift, hat sie
teilweise Erfolg.
4.1 Der erst in der Revisionsinstanz gestellte Hilfsantrag des Klägers, mit dem
dieser die sofortige Befristung der Wirkungen der Ausweisung begehrt, ist zu-
lässig (vgl. Beschluss vom 14. März 2013 - BVerwG 1 B 17.12 - NVwZ-RR
2013, 574 Rn. 10 und Urteil vom 10. Juli 2012 - BVerwG 1 C 19.11 - BVerwGE
143, 277 = Buchholz 402.242 § 11 AufenthG Nr. 9 jeweils Rn. 28). Er verfolgt
den bereits in seinem Anfechtungsbegehren gegen die Ausweisung enthaltenen
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Hilfsantrag weiter, den das Berufungsgericht hier der Sache nach abgewiesen
hat.
4.2 Der Hilfsantrag ist jedoch nur teilweise begründet. Nachdem der Beklagte
während des Revisionsverfahrens eine Befristung für die Dauer von sieben Jah-
ren ausgesprochen hat, war vom Senat nur noch zu entscheiden, ob der Kläger
- bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt der Berufungsverhandlung - einen
Anspruch auf Festsetzung einer kürzeren Frist hat. Dies ist der Fall. Nach § 11
Abs. 1 Satz 1 AufenthG darf ein Ausländer, der ausgewiesen worden ist, nicht
erneut in das Bundesgebiet einreisen und sich darin aufhalten. Ihm wird nach
Satz 2 der Vorschrift auch bei Vorliegen der Voraussetzungen eines Anspruchs
nach diesem Gesetz kein Aufenthaltstitel erteilt. Satz 3 der Vorschrift ordnet an,
dass diese kraft Gesetzes eintretenden Wirkungen auf Antrag befristet werden.
Die Frist ist gemäß Satz 4 unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls
festzusetzen und darf fünf Jahre nur überschreiten, wenn der Ausländer auf-
grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn
von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ord-
nung ausgeht.
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ergibt sich im vorliegenden Fall ein
Anspruch auf Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots auf
höchstens fünf Jahre. Die allein unter präventiven Gesichtspunkten zu bestim-
mende Frist darf hier zwar fünf Jahre grundsätzlich überschreiten, weil von dem
Kläger eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung
ausgeht. Denn nach den Feststellungen des Berufungsgerichts besteht in der
Person des Klägers weiterhin die Gefahr der Vorfeldunterstützung des Terro-
rismus (§ 54 Nr. 5 AufenthG) und damit eine erhebliche Gefahr für die öffentli-
che Ordnung. Bei der Bemessung der Frist sind in einem ersten Schritt das
Gewicht des Ausweisungsgrundes und der mit der Ausweisung verfolgte Zweck
zu berücksichtigen. Dabei bedarf es der prognostischen Einschätzung, wie lan-
ge das Verhalten des Klägers, das der zu spezialpräventiven Zwecken verfüg-
ten Ausweisung zugrunde liegt, das öffentliche Interesse an der Gefahrenab-
wehr zu tragen vermag. Der Senat geht davon aus, dass in der Regel ein Zeit-
raum von maximal zehn Jahren den Zeithorizont darstellt, für den eine Progno-
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se realistischerweise noch gestellt werden kann (vgl. Urteil vom 13. Dezember
2012 - BVerwG 1 C 20.11 - NVwZ 2013, 733 Rn. 40). Im vorliegenden Fall
kommt hinzu, dass der Zeitpunkt der Aufenthaltsbeendigung durch die dem
Kläger erteilte Duldung möglicherweise weit in die Zukunft verschoben ist, so
dass die Fristbestimmung auf typisierende Annahmen zurückgreifen muss. Da-
nach ist hier zu berücksichtigen, dass der Kläger nach den Feststellungen des
Berufungsgerichts keinerlei Neigung zeigt, von seiner Unterstützung der PKK
abzusehen.
Allerdings muss sich die nach der Gefahr für die öffentliche Ordnung ermittelte
Frist an höherrangigem Recht, d.h. verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen
(Art. 2 Abs. 1, Art. 6 GG) sowie den Vorgaben aus Art. 8 EMRK, messen las-
sen. Sie ist daher ggf. in einem zweiten Schritt zu relativieren. Dieses normative
Korrektiv bietet der Ausländerbehörde und den Verwaltungsgerichten ein
rechtsstaatliches Mittel, um die fortwirkenden einschneidenden Folgen des Ein-
reise- und Aufenthaltsverbots für die persönliche Lebensführung des Betroffe-
nen sowie ggf. seiner engeren Familienangehörigen zu begrenzen (vgl. Urteil
vom 10. Juli 2012 a.a.O. jeweils Rn. 42 m.w.N.). Dabei sind insbesondere die in
§ 55 Abs. 3 Nr. 1 und 2 AufenthG genannten schutzwürdigen Belange des Aus-
länders in den Blick zu nehmen. Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen,
dass der Kläger durch Erwerbstätigkeit seine Familie unterhält und mit ihr in
familiärer Lebensgemeinschaft lebt und dass mehrere seiner Kinder die deut-
sche Staatsangehörigkeit besitzen, so dass er über starke familiäre Bindungen
in Deutschland verfügt. Die Festsetzung einer Sperrfrist von fünf Jahren ist un-
ter Zugrundelegung der vom Senat entwickelten Kriterien daher verhältnismä-
ßig. Im Übrigen kann der Kläger jederzeit einen Antrag auf Verkürzung der von
der Beklagten festgesetzten Frist nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG stellen,
wenn sich die für die Festsetzung maßgeblichen Tatsachen nachträglich ändern
sollten.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Der Senat
gewichtet den gegen die Ausweisung gerichteten Anfechtungsantrag mit 4/5
und den gegen die Befristung gerichteten Antrag mit 1/5. Da der Kläger mit sei-
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nem Hilfsantrag nur teilweise obsiegt hat, hat er 9/10 der Kosten des Revi-
sionsverfahrens zu tragen.
Eckertz-Höfer
Prof. Dr. Dörig
Fricke
Dr. Maidowski
Dr. Fleuß
Sachgebiet:
BVerwGE:
ja
Ausländerrecht
Fachpresse:
ja
Rechtsquellen:
AEUV
Art. 20, 21
AufenthG
§ 54 Nr. 5, § 54a
EMRK
Art. 8
GG
Art. 6 Abs. 1
Stichworte:
Ausweisung; Terrorismus; Unterstützung; Vorfeld; Kind; Unionsbürgerschaft;
deutsche Staatsangehörigkeit; Daueraufenthaltsrecht; Unterhaltsleistung; Ver-
hältnismäßigkeit; Meldeauflage; Aufenthaltsbeschränkung; faktischer Zwang.
Leitsätze
1. Eine Ausweisung wegen Unterstützung des Terrorismus im Vorfeld nach
§ 54 Nr. 5 AufenthG kann auch dann rechtmäßig sein, wenn der Ausländer mit
einem minderjährigen Kind deutscher Staatsangehörigkeit in familiärer Lebens-
gemeinschaft lebt und ihm Unterhalt leistet. Die Behörde kann in geeigneten
Einzelfällen die Verhältnismäßigkeit einer solchen Ausweisung durch eine Dul-
dung aus familiären Gründen für den Zeitraum, in dem das Kind auf den Aus-
länder angewiesen ist, sicherstellen.
2. Die kraft Gesetzes bestehenden Meldeauflagen und Aufenthaltsbeschrän-
kungen nach § 54a Abs. 1 und 2 AufenthG müssen in jedem Einzelfall dem Ge-
bot der Verhältnismäßigkeit genügen. Deshalb muss die Ausländerbehörde An-
ordnungen nach § 54a AufenthG insbesondere in Fällen, in denen eine Auswei-
sung voraussichtlich während eines längeren Zeitraums nicht vollstreckt werden
kann, unter Kontrolle halten.
Urteil des 1. Senats vom 30. Juli 2013 - BVerwG 1 C 9.12
I. VG Stuttgart vom 14.02.2011 - Az.: VG 11 K 2424/10 -
II. VGH Mannheim vom 07.12.2011 - Az.: VGH 11 S 897/11 -