Urteil des BVerwG vom 08.05.2014

Botschaft, Unterbrechung der Verjährung, Abschiebung, Sudan

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
BVerwG 1 C 3.13
VGH 11 S 362/13
Verkündet
am 8. Mai 2014
Werner
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 8. Mai 2014
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Berlit,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Dörig, Prof. Dr. Kraft,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Fricke und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Maidowski
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Verwal-
tungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 12. April 2013
geändert. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil
des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10. Januar 2013
wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungs- und des
Revisionsverfahrens.
G r ü n d e :
I
Der Kläger, ghanaischer Staatsangehöriger, kam 2004 im Alter von 20 Jahren
nach Deutschland und stellte einen Asylantrag mit der Begründung, er sei als
sudanesischer Staatsangehöriger das Opfer politischer Verfolgung geworden.
Der Antrag wurde abgelehnt; diese Entscheidung wurde im April 2005 rechts-
kräftig.
In der Folgezeit versuchte die Ausländerbehörde, die Staatsangehörigkeit und
Identität des Klägers zu ermitteln, um seine Abschiebung vorzubereiten. Zu die-
sem Zweck gab sie dem Kläger auf, in Begleitung von Polizeibeamten bei meh-
reren in Betracht kommenden afrikanischen Botschaften vorzusprechen, um auf
diese Weise Identitätspapiere zu beschaffen. Derartige Vorsprachen fanden am
27. Juli 2005 (Sudan), am 23. März 2006 (Nigeria), am 30. Oktober 2006
(Sudan) und am 7. Januar 2010 (Tschad) statt, führten jedoch nicht zur Fest-
stellung einer Staatsangehörigkeit. Entsprechend dem vor jedem derartigen
Termin erlassenen Bescheid wurde der Kläger jeweils am Vorabend oder in den
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frühen Morgenstunden der angeordneten Vorsprache an seiner Unterkunft ab-
geholt und in Polizeifahrzeugen, begleitet durch zwei oder drei Polizeibeamte,
zu der Botschaft gebracht, während ihm für die Rückfahrt eine Bahnfahrkarte
ausgehändigt wurde. Zusätzlich wurde 2006 eine Sprachanalyse durchgeführt,
die ebenfalls kein eindeutiges Ergebnis erbrachte. Im Sommer 2010 wurde der
Kläger Vater eines Kindes deutscher Staatsangehörigkeit und legte daraufhin
Identitätspapiere zum Nachweis seiner ghanaischen Staatsangehörigkeit vor.
Mit Schreiben vom 9. September 2010 wandte sich der Beklagte an den Kläger,
forderte ihn zur Zahlung von Kosten zur Vorbereitung seiner Abschiebung in
Höhe von 6 089,77 € auf und gab ihm Gelegenheit, sich zum beabsichtigten
Erlass eines förmlichen Leistungsbescheids zu äußern. Einzelheiten dazu, wel-
che Vorsprachetermine dieser Aufforderung zu Grunde lagen, waren nicht an-
gegeben. Zum Erlass des angekündigten Leistungsbescheids kam es erst am
8. März 2012; in dem Bescheid waren die Gesamtkosten nach den Vorsprache-
terminen aufgeschlüsselt (3 048,34 € für den Termin am 30. Oktober 2006;
3 041,43 € für den Termin am 7. Januar 2010).
Der Kläger erhob Anfechtungsklage, die er jedoch während des erstinstanzli-
chen Verfahrens zurücknahm, soweit die Kosten für den Termin bei der Bot-
schaft des Tschad am 7. Januar 2010 betroffen waren. Im Übrigen hob das
Verwaltungsgericht den Bescheid durch Urteil vom 10. Januar 2013 auf, weil es
die noch im Streit befindliche Forderung für verjährt hielt. Das Berufungsgericht
hat die Klage unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung durch Urteil
vom 12. April 2013 abgewiesen. Die Forderung sei materiell rechtmäßig. Der
Kläger habe sich beharrlich geweigert, seine Identität offenzulegen, so dass die
Vorsprache bei der Botschaft der Republik Sudan zu Recht angeordnet worden
sei; auch die konkreten Umstände der Vorsprache seien nicht zu beanstanden.
Verjährung sei nicht eingetreten, weil die vierjährige Festsetzungsverjährungs-
frist durch die Zahlungsaufforderung vom 9. September 2010 unterbrochen
worden sei.
Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, die streitgegenständliche Forde-
rung sei schon der Höhe nach zu beanstanden, weil er die angeordnete Mitwir-
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kung bei der Klärung seiner Identität nicht verweigert habe; deshalb sei eine
Begleitung durch Polizeibeamte nicht erforderlich gewesen. Im Übrigen sei die
Forderung verjährt. Die Zahlungsaufforderung vom 9. September 2010 sei zu-
gleich die Anhörung zum Erlass eines Leistungsbescheids gewesen und habe
schon deshalb die Festsetzungsverjährung vor Eintritt der Fälligkeit der Forde-
rung nicht unterbrechen können.
Der Vertreter des Bundesinteresses bei dem Bundesverwaltungsgericht betei-
ligt sich nicht am Verfahren.
II
Die zulässige Revision ist begründet. Das Berufungsgericht hat die im Ergebnis
zutreffende Entscheidung des Verwaltungsgerichts unter Verstoß gegen revisi-
bles Recht geändert und die Klage abgewiesen. Der gegen den Kläger ergan-
gene Leistungsbescheid vom 8. März 2012 ist jedoch, soweit er noch Gegen-
stand des Klageverfahrens ist, rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen
Rechten. Zwar ist der geltend gemachte Anspruch auf Erstattung der für die
Vorbereitung der Abschiebung entstandenen Kosten entgegen der Auffassung
des Verwaltungsgerichts nicht verjährt (dazu 1.). Die Kostenforderung ist jedoch
wegen Unverhältnismäßigkeit der Amtshandlungen, deren Kosten geltend ge-
macht werden, rechtswidrig, so dass die Klage begründet und der Bescheid
aufzuheben ist (dazu 2.).
Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des angefochtenen Bescheids ist die
Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (8. März
2012), mithin das Aufenthaltsgesetz in der Fassung des Gesetzes vom 22. No-
vember 2011 (BGBl I S. 2258, AufenthG) und das Verwaltungskostengesetz
vom 23. Juni 1970 in der Fassung des Gesetzes vom 7. März 2011 (BGBl I
S. 338, VwKostG). Die Aufhebung dieses Gesetzes durch das Gesetz zur
Strukturreform des Gebührenrechts des Bundes vom 7. August 2013 (BGBl I
S. 3154) wirkt sich auf das vorliegende Verfahren nicht aus; im Übrigen ver-
weist das Aufenthaltsgesetz auch in seiner aktuellen Fassung weiterhin auf die
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bis zum 14. August 2013 geltende Fassung des Verwaltungskostengesetzes
(vgl. § 70 Abs. 2 AufenthG). Die im Rahmen der Prüfung des Leistungsbe-
scheids zu beurteilende Rechtmäßigkeit der am 30. Oktober 2006 durchgeführ-
ten begleiteten Vorsprache des Klägers bei der Botschaft der Republik Sudan
und der damit im Zusammenhang stehenden Amtshandlungen hingegen be-
stimmt sich nach der zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechtslage, also nach dem
Aufenthaltsgesetz in der Fassung des Gesetzes vom 21. Juni 2005 (BGBl I
S. 1818) und nach dem Verwaltungskostengesetz in der Fassung des Kosten-
rechtsmodernisierungsgesetzes vom 5. Mai 2004 (BGBl I 2004, 718, VwKostG)
(vgl. Urteil vom 16. Oktober 2012 - BVerwG 10 C 6.12 - BVerwGE 144, 326 =
Buchholz 402.242 § 66 AufenthG Nr. 2, jeweils Rn. 12).
1. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass der Gel-
tendmachung des streitgegenständlichen Anspruchs auf Erstattung von Kosten
für Maßnahmen zur Vorbereitung einer Abschiebung jedenfalls nicht, wie es
das Verwaltungsgericht angenommen hat, die Verjährung entgegensteht.
Nach § 66 Abs. 1 AufenthG hat der Ausländer die Kosten zu tragen, die im Zu-
sammenhang mit der Durchsetzung einer Abschiebung entstehen. Den Umfang
der zu erstattenden Kosten bestimmt § 67 Abs. 1 AufenthG; sie umfassen u.a.
die bei der Vorbereitung der Maßnahme entstehenden Verwaltungskosten so-
wie sämtliche durch eine erforderliche Begleitung des Ausländers entstehenden
Kosten einschließlich der Personalkosten. Die Kosten werden nach § 67 Abs. 3
AufenthG durch Leistungsbescheid in Höhe der tatsächlich entstandenen Kos-
ten erhoben. Derartige Ansprüche verjähren sechs Jahre nach Eintritt der Fäl-
ligkeit, d.h. nach Bekanntgabe der Kostenentscheidung an den Kostenschuld-
ner (§ 70 Abs. 1 Satz 1 AufenthG i.V.m. § 17 VwKostG).
Nach diesen Grundsätzen ist im vorliegenden Fall noch keine Verjährung einge-
treten. Der geltend gemachte Anspruch bezieht sich zwar auf Kosten für Amts-
handlungen, die bereits im Oktober 2006 vorgenommen worden sind. Zu einer
Erhebung der Kosten im Sinne des § 67 Abs. 3 AufenthG durch Leistungsbe-
scheid und damit zur Fälligkeit der Forderung ist es jedoch erst am 9. März
2012 durch die Zustellung des Leistungsbescheids vom 8. März 2012 an den
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Kläger gekommen, so dass die sechsjährige Fälligkeitsverjährung mit dem Ab-
lauf des Jahres 2012 in Gang gesetzt worden (§ 20 Abs. 1 Satz 2 VwKostG)
und mithin noch nicht abgelaufen ist.
§ 20 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwKostG, wonach der Anspruch auf Zahlung von
Kosten spätestens mit dem Ablauf des vierten Jahres nach der Entstehung der
Kosten verjährt, steht dem nicht entgegen. Denn § 70 Abs. 1 AufenthG regelt
die Verjährung von Kostenerstattungsansprüchen im Sinne des § 66 Abs. 1
AufenthG abschließend als einen Anwendungsfall der Fälligkeitsverjährung
(Zahlungsverjährung) mit der Folge, dass diese Ansprüche der gesonderten
vierjährigen Festsetzungsverjährung nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwKostG
nicht unterliegen (ebenso Hailbronner, Ausländerrecht § 70 AufenthG Rn. 2 f.;
Kloesel/Christ/Häußer, Ausländerrecht, § 70 AufenthG Rn. 2). Der Senat folgt
nicht der u.a. vom Berufungsgericht vertretenen Gegenauffassung, wonach An-
sprüche nach § 66 Abs. 1 AufenthG sowohl der Festsetzungsverjährung als
auch - ab Fälligkeit - der Zahlungsverjährung nach § 70 Abs. 1 AufenthG unter-
worfen sind (ausführlich VGH Mannheim, Urteil vom 30. Juli 2009 - 13 S
919/09 - InfAuslR 2009, 403 <403 f.>; ebenso VGH München, Urteil vom
6. April 2011 - 19 BV 10.304 - InfauslR 2012, 38 <38>, wieder offengelassen
allerdings im Beschluss vom 23. April 2013 - 10 C 12.1887 - juris Rn. 25 f.;
VGH Kassel, Urteil vom 13. Juni 2012 - 5 A 2371/11 - InfAuslR 2012, 320
<321>; Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, § 70 Rn. 7 f.; anders noch die Vorbe-
arbeitung).
Aus dem an den Zeitpunkt der Fälligkeit einer Forderung anknüpfenden Wort-
laut des § 70 Abs. 1 AufenthG lässt sich allerdings lediglich ableiten, dass diese
Vorschrift nur die Zahlungsverjährung erfasst, d.h. zur Gewährleistung von
Rechtsfrieden den Zeitraum begrenzt, innerhalb dessen eine fällig gestellte
Forderung gegen den Schuldner durchgesetzt werden darf. Eine Aussage dazu,
ob die Forderung innerhalb eines bestimmten Zeitraums nach Abschluss der
kostenpflichtigen Amtshandlung (vgl. § 11 VwKostG) festgesetzt und damit fällig
gestellt werden muss (Festsetzungsverjährung) enthält der Wortlaut der Norm
nicht. Auch ihre Entstehungsgeschichte bietet kein eindeutiges Bild. Zwar war
sowohl im AuslG 1965 (§ 24 Abs. 2) als auch im AuslG 1990 (§ 82 Abs. 1) die
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Pflicht des Ausländers geregelt, die Abschiebungskosten zu tragen; das AuslG
1990 (§ 83 Abs. 3) enthielt zudem eine Vorschrift über die Unterbrechung der
Verjährung bei Unerreichbarkeit des Schuldners. Jedoch wurde erst durch das
AsylVfG 1992 die sechsjährige Fälligkeitsverjährung in § 83 AuslG 1990 einge-
fügt, um die auf Grund spezifischer tatsächlicher Erschwernisse im Ausländer-
recht - etwa der häufig problematischen Identifikation und Auffindung der Kos-
tenschuldner - schwierige Beitreibung von Zurückweisungs-, Zurückschiebungs-
und Abschiebungskosten zu erleichtern (vgl. BTDrucks 12/2062 S. 46). In der
Folge wurden die Einzelregelungen zur Verjährung nur noch geringfügig um
klarstellende Hinweise auf das Verwaltungskostengesetz ergänzt und aus
Gründen der Übersichtlichkeit (BTDrucks 15/420 S. 94) in einer eigenen Vor-
schrift (§ 70 AufenthG) zusammengefasst. Dieser Entstehungsgeschichte lässt
sich ein weitergehender Wille des Gesetzgebers, die Verjährung abschließend
zu regeln, ebenso wenig eindeutig entnehmen wie das Gegenteil.
Nach Systematik und Zielsetzung des § 70 AufenthG ist die allgemeine Rege-
lung zur Festsetzungsverjährung in § 20 Abs. 1 VwKostG nicht anzuwenden.
Aus dem Normzweck und dem systematischen Zusammenhang mit den Rege-
lungen zu den Kostentragungspflichten für Abschiebungskosten folgt nämlich,
dass § 70 AufenthG als abschließend zu verstehen ist: Für die Kosten, die
durch die Durchsetzung einer räumlichen Beschränkung, die Zurückweisung,
Zurückschiebung oder Abschiebung entstehen, haften nach § 66 Abs. 4
AufenthG unter jeweils im Einzelnen festgelegten Voraussetzungen Arbeitge-
ber, Auftraggeber von Subunternehmern, Generalunternehmer sowie Personen,
die nach § 96 AufenthG strafbare Handlungen begehen, und zwar vorrangig vor
den betroffenen Ausländern. Gegenüber einem grundsätzlich zahlungspflichti-
gen Ausländer dürfen Erstattungsansprüche daher erst dann und nur insoweit
durchgesetzt werden, als die Kosten von den anderen Kostenschuldnern nicht
beigetrieben werden können (§ 66 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 AufenthG); im Streitfall
ist hierfür die Behörde darlegungs- und ggf. beweispflichtig. Dies kann zu er-
heblichen Verzögerungen bei der Festsetzung von Ansprüchen gegenüber
einem zahlungspflichtigen Ausländer führen, weil eine Festsetzung ihm gegen-
über erst dann sinnvoll und unproblematisch möglich ist, wenn feststeht, in wel-
chem Umfang eine Beitreibung gegenüber ggf. mehreren vorrangig zu bean-
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spruchenden Kostenschuldnern gescheitert ist. Mit diesen durch Sachgesetz-
lichkeiten der Aufenthaltsbeendigung und des Aufenthaltsrechts bedingten Ver-
zögerungen ist die Geltung einer vierjährigen Festsetzungsverjährung unver-
einbar. Sie gefährdete das gesetzgeberische Ziel einer Erleichterung der effek-
tiven Durchsetzung bestehender Erstattungsforderungen, da Beitreibungsver-
suche gegenüber mehreren vorrangigen Kostenschuldnern einschließlich der
jeweils denkbaren Rechtsschutzverfahren den zur Verfügung stehenden Fest-
setzungszeitraum in vielen Fällen deutlich überschreiten würden. Eine Festset-
zung des beizutreibenden Anspruchs gegenüber dem Ausländer schon vor Ab-
schluss dieser Verfahren wird jedoch im Hinblick darauf, dass erst feststehen
muss, inwieweit die vorrangigen Beitreibungsversuche erfolgreich gewesen
sind, vielfach nicht möglich sein.
Rechtsstaatlich problematischen Auswirkungen einer derartigen Beschränkung
auf eine Regelung der Fälligkeitsverjährung muss durch eine zügige, konse-
quente und hinreichend strenge Handhabung von Erstattungsansprüchen vor-
gebeugt werden. Aus dem Fehlen einer Vorschrift zur Festsetzungsverjährung
kann nicht geschlossen werden, die Fälligstellung einer im Raum stehenden
Forderung dürfe ohne Vorliegen sachlicher Gründe beliebig lange verzögert
werden. Vielmehr ist die der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden verpflich-
tete Behörde gehalten, Ansprüche, deren Voraussetzungen vorliegen, geltend
zu machen, sobald dies möglich ist, um den jeweiligen Kostenschuldner nicht
länger als erforderlich darüber im ungewissen zu lassen, ob noch eine Erstat-
tungsforderung auf ihn zukommt. Macht sie hiervon keinen Gebrauch, kommt
auch der Rückgriff auf den Gedanken der Verwirkung in Betracht.
Auf die im Verfahren kontrovers erörterte Frage, ob das dem Kläger zugegan-
gene Schreiben vom 9. September 2010 als Zahlungsaufforderung anzusehen
ist und ggf. eine Unterbrechung der Verjährung bewirkt haben könnte (vgl. § 20
Abs. 3 VwKostG), kommt es vor diesem Hintergrund nicht an. Deshalb muss
auch nicht geklärt werden, ob dieses Schreiben überhaupt als eine zur Verjäh-
rungsunterbrechung geeignete Zahlungsaufforderung angesehen werden konn-
te.
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2. Der streitgegenständliche Bescheid ist jedoch entgegen der Auffassung des
Berufungsgerichts rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Zwar
handelt es sich bei den Kosten, die gegenüber dem Kläger geltend gemacht
werden, um Abschiebungskosten im Sinne des § 66 Abs. 1, § 67 Abs. 1 und 3
AufenthG (dazu 2.1). Auch steht einer Prüfung der Rechtmäßigkeit nicht ent-
gegen, dass der Kläger die Anordnung der begleiteten Vorsprache bei der Bot-
schaft des Sudan nicht angefochten hat (dazu 2.2). Die Kosten verursachende
Maßnahme war jedoch unverhältnismäßig und deshalb rechtswidrig. Sie ver-
letzte den Kläger in seinen Rechten, so dass die dadurch entstandenen Kosten
ihm gegenüber nicht geltend gemacht werden dürfen (dazu 2.3).
2.1 Die geltend gemachten Fahrt-, Personal- und sonstigen Kosten für die be-
gleitete Vorsprache bei der Botschaft des Sudan am 30. Oktober 2006 sind der
Art nach Kosten, die im Sinne des § 66 Abs. 1 AufenthG durch die Abschiebung
entstanden sind, insbesondere bei der Vorbereitung dieser Maßnahme und
durch eine Begleitung des Klägers (§ 67 Abs. 1 Nr. 2 und 3, Abs. 3 AufenthG,
vgl. Urteil vom 3. November 1987 - BVerwG 1 C 2.87 - Buchholz 402.24 § 24
AuslG Nr. 11 S. 12 ff.). Es handelt sich um Kosten für Amtshandlungen oder
Maßnahmen, die dem Ziel dienten, eine Abschiebung des Klägers durch Ermitt-
lung seiner Staatsangehörigkeit und damit des Abschiebungszielstaates zu er-
möglichen bzw. ihre Vereitelung zu verhindern (vgl. Urteil vom 29. Juni 2000
- BVerwG 1 C 25.99 - BVerwGE 111, 284, 287 = Buchholz 402.240 § 83 AuslG
Nr. 1). Dies umfasst sowohl die Kosten für den Transport in Dienstfahrzeugen
zum Sitz der Botschaft als auch die Kosten für die Rückfahrt mit öffentlichen
Verkehrsmitteln sowie die Personalkosten für eine Begleitung durch Polizeibe-
amte. Ob diese Kosten zur Erreichung des Zwecks der Maßnahmen erforderlich
oder im engeren Sinne verhältnismäßig waren, ist in diesem Zusammenhang
ohne Belang. Dass es zu einer Abschiebung des Klägers nicht gekommen ist,
ändert ebenfalls nichts daran, dass der Anwendungsbereich der Vorschrift er-
öffnet ist (VGH Kassel, Beschluss vom 12. Juni 2012 - 5 A 388/12 - juris Rn. 18;
OVG Lüneburg, Beschluss vom 18. März 2009 - 7 LA 145/08 - juris Rn. 6 ff.;
OVG Koblenz, Urteil vom 27. Juli 2006 - 7 A 11671/05 - juris Rn. 23; Funke-
Kaiser, in: GK-AufenthG, § 66 Rn. 13 m.w.N).
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2.2 Der Senat ist an einer Prüfung der Rechtmäßigkeit der auf Grund dieser
Anordnung durchgeführten Vorsprache nicht gehindert, weil der Kläger gegen
die mit Rechtsbehelfsbelehrung versehene Anordnung der begleiteten Vorspra-
che bei der Botschaft vom 19. Oktober 2006 keinen Rechtsbehelf eingelegt hat.
Denn der Verwaltungsakt hat sich innerhalb der laufenden Rechtsmittelfrist
durch Vollzug erledigt, so dass die aus dem Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit
abgeleiteten Wirkungen der Bestandskraft - insbesondere die Gewährleistung
von Rechtssicherheit und Rechtsfrieden durch Unanfechtbarkeit des Verwal-
tungsaktes - einer Inzidentprüfung im Rahmen der Durchsetzung einer Kosten-
erstattungsforderung nicht entgegenstehen dürfen. Die (fristgebundene) An-
fechtungsklage ist mit der Erledigung nicht mehr statthaft. Soweit die vollzogene
Anordnung vom 19. Oktober 2006 die rechtliche Grundlage nicht nur für die im
Rahmen der begleiteten Vorsprache am 30. Oktober 2006 durchgeführten
Maßnahmen, sondern zugleich für die Kostenforderung gegen den Kläger bil-
det, durfte sich der Kläger auf den Rechtsschutz gegen einen etwaigen Kosten-
bescheid beschränken. Wäre der Kläger in einer derartigen Situation zunächst
auf eine (Fortsetzungsfeststellungs-)Klage gegen die Anordnung vom 19. Okto-
ber 2006 verwiesen, müsste er nach Abschluss dieses Verfahrens bzw. parallel
dazu gegen den Kostenbescheid vorgehen, um das Ergebnis des Fortsetzungs-
feststellungsstreits in jenen Anfechtungsstreit zu übernehmen. Dies würde sei-
nen Rechtsschutz unzumutbar erschweren.
2.3 Der angegriffene Leistungsbescheid ist jedoch rechtswidrig, weil er den
Kläger für Kosten einer rechtswidrigen, ihn in seinen Rechten verletzenden
Maßnahme in Anspruch nimmt.
Nach der Rechtsprechung des Senats haften der Ausländer und die übrigen in
§ 66 AufenthG genannten Kostenschuldner für die Kosten einer Abschiebung
nur dann, wenn die zur Durchsetzung der Abschiebung ergriffenen Amtshand-
lungen und Maßnahmen den Ausländer nicht in seinen Rechten verletzen. Bei
Maßnahmen, die zwar objektiv rechtswidrig sind, aber nicht selbstständig in
Rechte des Ausländers eingreifen, entfällt eine Erstattungspflicht, wenn die
Kosten bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären (§ 14 Abs. 2
Satz 1 VwKostG). Dies betrifft insbesondere unselbstständige Durchführungs-
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akte, die nicht in die Rechtssphäre des Ausländers eingreifen, etwa die Beauf-
tragung eines Dolmetschers, die Buchung einer Bahnfahrt bzw. eines Fluges
oder die nähere Ausgestaltung einer angeordneten Begleitung des Ausländers
- etwa die Auswahl der begleitenden Beamten - bei Maßnahmen zur Vorberei-
tung oder Durchführung der Abschiebung (Urteil vom 16. Oktober 2012
- BVerwG 10 C 6.12 - BVerwGE 144, 326 = Buchholz 402.242 § 66 AufenthG
Nr. 2, jeweils Rn. 20 - 23).
Im vorliegenden Fall war die Anordnung einer begleiteten Vorsprache des Klä-
gers bei der Botschaft der Republik Sudan unverhältnismäßig und daher
rechtswidrig; sowohl die Anordnung der Vorsprache als auch die Anordnung der
Begleitung durch Polizeibeamte stellen Eingriffe in die Rechte des Adressaten
dar.
Rechtsgrundlage für die Anordnung des persönlichen Erscheinens bei der Bot-
schaft am 30. Oktober 2006 ist § 82 Abs. 4 Satz 1 AufenthG. Nach dieser Vor-
schrift kann, soweit es erforderlich ist, zur Vorbereitung von Maßnahmen nach
dem Aufenthaltsgesetz angeordnet werden, dass ein Ausländer bei den Vertre-
tungen des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, persön-
lich erscheint. (Erst) wenn der Ausländer einer solchen Anordnung nicht Folge
geleistet hat, darf sie nach § 82 Abs. 4 Satz 2 AufenthG zwangsweise durchge-
setzt werden. Die Ausgestaltung der Vorsprachepflicht nach § 82 Abs. 4
AufenthG hat die Behörde, unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzel-
falles, nach Ermessen vorzunehmen. Sie kann - und muss - es bei der bloßen
Vorspracheanordnung belassen, wenn sie davon ausgehen kann, dass der
Ausländer einer derartigen Anordnung voraussichtlich Folge leisten wird. Falls
sie hingegen auf Grund festgestellter tatsächlicher Umstände damit rechnen
muss, dass der Adressat eine Vorspracheanordnung missachten und damit
seine Mitwirkungspflicht nach § 82 AufenthG verletzen wird, muss sie auf ge-
eignete Weise sicherstellen, dass die Vorsprache ohne Zeitverzögerung statt-
finden und ihren Zweck erfüllen wird. So wird es regelmäßig nicht zu beanstan-
den sein, wenn die Behörde eine Begleitung während des Vorsprachetermins in
den Räumlichkeiten der Botschaft anordnet, um sicherzustellen, dass der Aus-
länder die ihm im Rahmen der Vorsprache gestellten Fragen sachgerecht be-
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antwortet und damit eine Klärung seiner Identität bzw. Staatsangehörigkeit er-
leichtert; eine derartige Begleitung ist ohnedies erforderlich, soweit einzelne
Botschaften unbegleitete Vorsprachen grundsätzlich ablehnen. Ist darüber hi-
naus davon auszugehen, dass der Ausländer bereits nicht in der Lage oder
nicht bereit sein wird, sich von seinem Aufenthaltsort zu der im Einzelfall be-
zeichneten Botschaft bzw. dem zuständigen Konsulat zu begeben, so kann die
Behörde auch dies auf geeignete Weise sicherstellen, insbesondere durch die
Anordnung einer Begleitung durch Polizeibeamte oder, weitergehend, eines
begleiteten Transports - jedenfalls auf dem Hinweg - in einem Dienstfahrzeug.
Anordnungen dieser Art stellen noch keine zwangsweise Durchsetzung einer
Vorspracheanordnung im Sinne von § 82 Abs. 4 Satz 2 AufenthG dar, sondern
sind als Maßnahmen der Vorbereitung und Sicherung der jederzeitigen
zwangsweisen Durchsetzung lediglich der - wenn auch selbstständig in Rechte
des Ausländers eingreifenden - Ausgestaltung der Vorspracheanordnung zuzu-
ordnen. Maßstab für die Rechtmäßigkeit einer derartigen Ausgestaltung ist der
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Jede über die bloße Anordnung der persön-
lichen Vorsprache bei einer Botschaft oder einem Konsulat hinausgehende
Maßnahme muss deshalb geeignet zur Erreichung des mit ihr verfolgten Ziels,
erforderlich und im engeren Sinne verhältnismäßig sein. In die Auswahl der je-
weils in Betracht kommenden Maßnahmen ist im Hinblick auf § 66 Abs. 1
AufenthG auch der Aspekt der durch die Maßnahmen verursachten Kosten ein-
zubeziehen; bei gleicher Eignung wird regelmäßig die kostengünstigere Maß-
nahme - etwa die Teilnahme an einem Gemeinschaftstransport anstelle einer
durch mehrere Beamte begleiteten Fahrt nur eines einzelnen Ausländers in
einem Dienstwagen der Polizei - vorzuziehen sein.
Nach diesen Grundsätzen gemessen ist die gegen den Kläger gerichtete An-
ordnung vom 19. Oktober 2006 rechtswidrig.
Es mag schon zweifelhaft sein, ob die Anordnung einer erneuten Vorsprache
bei der Botschaft des Sudan überhaupt zur Identitäts- und Herkunftsfeststellung
geeignet war, nachdem Mitarbeiter dieser Botschaft schon bei der Vorsprache
am 27. Juli 2005 erklärt und schriftlich bescheinigt hatten, der Kläger sei kein
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sudanesischer Staatsangehöriger. Im Hinblick darauf, dass in der Folgezeit so-
wohl ein Vertreter der nigerianischen Botschaft (Vorsprachetermin am 23. März
2006) als auch das von dem Beklagten in Auftrag gegebene Sprachgutachten
die Vermutung geäußert haben, der Kläger stamme aus dem Sudan, dürfte die
Entscheidung, dennoch einen weiteren Termin bei der Botschaft des Sudan
durchzuführen, jedoch immerhin aus der maßgeblichen Sicht ex ante vertretbar
gewesen sein. Denn die Behörde hat bei der Auswahl der ihr geeignet erschei-
nenden Maßnahmen zur Ermittlung des Abschiebungszielstaates einen weiten
Handlungsspielraum, der bei Zweifeln an der Richtigkeit der Auskunft einer Bot-
schaft die Anordnung einer weiteren Vorsprache bei derselben Botschaft recht-
fertigen kann. Ob im vorliegenden Fall über die genannten Umstände hinaus
hinreichend sichere tatsächliche Erkenntnisse für das Vorliegen solcher Zweifel
gegeben waren, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Weil sich die
Rechtswidrigkeit der Vorspracheanordnung bereits aus anderen Umständen
ergibt, ist insoweit eine Zurückverweisung des Rechtsstreits zur weiteren Sach-
aufklärung nicht erforderlich.
Die Anordnung der persönlichen und begleiteten Vorsprache vom 19. Oktober
2006 war rechtswidrig, weil der Beklagte keine greifbaren Anhaltspunkte dafür
hatte, der Kläger werde eine Anordnung der persönlichen Vorsprache bei der
Botschaft des Sudan ohne die Anordnung eines begleiteten Transports im Poli-
zeifahrzeug nicht befolgen.
Der Kläger hat die ihm nach § 82 Abs. 1 AufenthG und § 15 AsylVfG obliegen-
de Pflicht, Nachweise über seine persönlichen Verhältnisse - insbesondere über
seine Identität - vorzulegen, trotz Aufforderung nicht erfüllt und die zuständigen
Behörden im Zeitraum von September 2004 bis zur Geburt seines Kindes im
August 2010 über seine Staatsangehörigkeit getäuscht. Die sich daraus erge-
bende Unklarheit über seine Identität und über den richtigen Abschiebungsziel-
staat bietet eine ausreichende Grundlage für die gegen ihn erlassenen Vor-
spracheanordnungen. Aus seinem Verhalten konnte auch gefolgert werden,
dass er im Rahmen einer Vorsprache bei einer Botschaft möglicherweise ver-
suchen werde, die Identitätstäuschung aufrechtzuerhalten; auch die Anordnung
einer amtlichen Begleitung während der Vorsprachetermine war daher ohne
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Weiteres verhältnismäßig. Die Identitätstäuschung durch den Kläger rechtfertig-
te jedoch ohne zusätzliche Hinweise nicht die Annahme, er werde eine Anord-
nung nach § 82 Abs. 4 Satz 1 AufenthG, sich bei einer bestimmten Botschaft
oder einem Konsulat zu einem bestimmten Zeitpunkt einzufinden, nicht erfüllen
oder sich ihr sogar aktiv widersetzen. Das Berufungsgericht hat nicht festge-
stellt, dass der Kläger sich zu irgendeinem Zeitpunkt im Verfahren geweigert
hätte, sich zu den benannten Botschaften zu begeben. Deshalb war die schon
mit der ersten Vorspracheanordnung versehene Anordnung eines begleiteten
Transports zu der Botschaft nicht erforderlich; dem Kläger hätte wenigstens
einmal Gelegenheit gegeben werden müssen, eine solche Anordnung freiwillig
zu befolgen. Auch die weiteren Anordnungen - u.a. diejenige vom 19. Oktober
2006 - sind aus demselben Grund unverhältnismäßig, nachdem der Kläger alle
jeweils früheren Anordnungen befolgt hatte.
Hiervon abgesehen leidet die Vorgehensweise des Beklagten bei dem Einsatz
der Vorspracheanordnung nach § 82 Abs. 4 Satz 1 AufenthG an einem grund-
sätzlichen Mangel. Unmittelbar nach Abschluss des Asylverfahrens ist der Klä-
ger durch Schreiben vom 12. April 2005 über seine Mitwirkungspflichten nach
§ 15 AsylVfG sowie darüber unterrichtet worden, dass eine persönliche Vor-
sprache bei der Botschaft ausschließlich in Begleitung von Beamten der Grenz-
schutzdirektion Koblenz „möglich“ sei. Dies lässt erkennen, dass der Beklagte
den ihm eingeräumten Ermessensspielraum bei der Ausgestaltung der Vor-
sprachetermine und die Notwendigkeit, die ins Auge gefassten Anordnungen
am Maßstab der Verhältnismäßigkeit zu messen, nicht erkannt und sein Er-
messen nicht ausgeübt hat. Dies wird durch den Umstand bestätigt, dass die an
den Kläger gerichteten Anordnungen zwar zutreffend als „Begleitete Vorspra-
che bei der Botschaft / des Konsulats Ihres Heimatlandes“ bezeichnet wurden,
dass sie aber in der entsprechenden Mitteilung an die Polizeivollzugsbehörden
jeweils als „Zwangsvorführung ausländischer Staatsangehöriger“ eingestuft
wurden. Auch hieraus wird deutlich, dass dem Beklagten die Option einer frei-
willigen Befolgung der Vorspracheanordnungen ebenso wenig vor Augen stand
wie der Umstand, dass die Anordnung eines begleiteten Transports als zusätz-
licher Eingriff in die Rechte des Klägers einer tragfähigen Rechtfertigung be-
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durfte und nur auf der Grundlage aussagekräftiger Tatsachen zulässig gewesen
wäre.
Die Rechtswidrigkeit der Vorspracheanordnung vom 19. Oktober 2006 führt
dazu, dass der Kläger für die Kosten für den Vorsprachetermin am 30. Oktober
2006 nicht in Anspruch genommen werden darf. Eine Teilrechtswidrigkeit der
Anordnung steht auch im Hinblick darauf, dass die bloße Anordnung, bei der
Botschaft zu erscheinen, sowie die Anordnung einer Begleitung durch Polizei-
beamte im Termin selbst dem Verhältnismäßigkeitsgebot genügt haben mögen,
nicht in Rede. Denn der Beklagte hat das ihm eingeräumte Ermessen hinsicht-
lich der Ausgestaltung der Vorspracheanordnung insgesamt verkannt, so dass
der Bescheid vom 19. Oktober 2006 insgesamt fehlerhaft ist.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Prof. Dr. Berlit
Prof. Dr. Dörig
Prof. Dr. Kraft
Fricke
Dr. Maidowski
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Sachgebiet:
BVerwGE:
ja
Ausländerrecht
Fachpresse:
ja
Rechtsquellen:
AsylVfG
§ 15
AufenthG
§§ 66, 67, 70 Abs. 1, § 82 Abs. 4
VwKostG
§ 20
Stichworte:
Abschiebung; Abschiebungskosten; Erstattung; Verjährung; Fälligkeitsverjährung;
Festsetzungsverjährung; Verwirkung; Täuschung; Identitätsfeststellung; Abschie-
bungszielstaat; Vorsprache; Botschaft; Konsulat; Polizeibeamter; Begleitung;
Transport; Verhältnismäßigkeit; Eignung; Erforderlichkeit; Erledigung; Rechtsver-
letzung; Vorspracheanordnung; Ermessen.
Leitsätze:
1. Die nähere Ausgestaltung der gemäß § 82 Abs. 4 AufenthG an einen Ausländer
gerichteten Aufforderung, zur Feststellung seiner Identität bei einer Botschaft vor-
zusprechen, ist am Maßstab der Verhältnismäßigkeit zu messen. Eine Begleitung
durch Polizeibeamte schon für die Anreise zur Vorsprache darf nur angeordnet
werden, soweit hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme vorlie-
gen, dass ohne eine solche Begleitung der Zweck der Vorspracheanordnung nicht
erreicht werden kann.
2. Ansprüche auf Erstattung von Abschiebungskosten (§§ 66, 67 AufenthG) unter-
liegen nicht der allgemeinen Festsetzungsverjährung (§ 20 VwKostG), sondern
lediglich der abschließend in § 70 Abs. 1 AufenthG geregelten sechsjährigen Fäl-
ligkeitsverjährung.
Urteil des 1. Senats vom 8. Mai 2014 - BVerwG 1 C 3.13
I. VG
Stuttgart
vom 10.01.2013 - Az.: VG 11 K 924/12 -
II. VGH Mannheim vom 12.04.2013 - Az.: VGH 11 S 362/13 -