Urteil des BVerwG vom 16.07.2015

Aufenthalt, Unionsbürger, Europäische Union, Eugh

BVerwGE: nein
Fachpresse: ja
Sachgebiet:
Ausländerrecht
Rechtsquelle/n:
FreizügG/EU § 2 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 5 und 6; §§ 3, 4, 4a Abs. 1;
§ 5 Abs. 4
VwGO § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2
Richtlinie 2004/38/EG Art. 7 Abs. 1; Art. 14 Abs. 2; Art. 16
Stichworte:
Feststellung; Freizügigkeitsrecht; Nichtbestehen des Rechts auf Einreise und
Aufenthalt; Fünfjahresfrist; Verlustfeststellung; Daueraufenthaltsrecht;
rechtmäßiger Aufenthalt; ununterbrochen; ausreichender
Krankenversicherungsschutz; ausreichende Existenzmittel; Sozialhilfeleistungen;
unangemessen; Unterhalt.
Leitsätze:
1. Eine Verlustfeststellung nach § 5 Abs. 4 FreizügG/EU ist nicht bereits dann
ausgeschlossen, wenn ein Unionsbürger sich fünf Jahre ständig im Bundesgebiet
aufgehalten hat.
2. Das Entstehen eines Daueraufenthaltsrechts nach § 4a Abs. 1 FreizügG/EU
setzt voraus, dass der Betroffene während einer Aufenthaltszeit von mindestens
fünf Jahren ununterbrochen die Freizügigkeitsvoraussetzungen des Art. 7 Abs. 1
der Richtlinie 2004/38/EG erfüllt hat.
Urteil des 1. Senats vom 16. Juli 2015 - BVerwG 1 C 22.14
I. VG Stuttgart vom 29. April 2013
Az: VG 11 K 4099/12
II. VGH Mannheim vom 22. Januar 2014
Az: VGH 11 S 1399/13
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
BVerwG 1 C 22.14
VGH 11 S 1399/13
Verkündet
am 16. Juli 2015
...
Amtsinspektorin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In der Verwaltungsstreitsache
- 2 -
hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 16. Juli 2015
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Berlit,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Dörig und Prof. Dr. Kraft
sowie die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Fricke und Dr. Rudolph
für Recht erkannt:
Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-
Württemberg vom 22. Januar 2014 wird aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Ent-
scheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwie-
sen.
Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung
vorbehalten.
G r ü n d e :
I
Die Klägerin wendet sich gegen die Feststellung der Beklagten, dass ihr kein
Recht auf Einreise und Aufenthalt als Unionsbürgerin gemäß § 2 Abs. 1
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FreizügG/EU zustehe, sowie eine damit verbundene Ausreiseaufforderung und
Abschiebungsandrohung.
Die im August 1935 geborene Klägerin ist ungarische Staatsangehörige. Sie
ist - nach ihren Angaben - seit ihrer Geburt schwerbehindert, da ihr der rechte
Arm fehlt.
Die Klägerin reiste Ende des Jahres 2004 nach Deutschland ein und begründe-
te hier ihren ständigen Aufenthalt. Am 24. März 2006 sprach sie beim Bürgerbü-
ro der Beklagten vor und erklärte, sich als Familienangehörige im Bundesgebiet
aufzuhalten; sie wünsche die Ausstellung einer Bescheinigung über ihr Freizü-
gigkeitsrecht. Nachdem die Beklagte ermittelt hatte, dass die Klägerin in S.
wohnhaft und in ihren Datensätzen als Zeitpunkt der Anmeldung der 14. Mai
2005 vermerkt war, stellte sie der Klägerin am 28. März 2006 eine bis zum
27. September 2006 gültige Bescheinigung gemäß § 5 FreizügG/EU aus. Aus-
weislich der Eintragungen im Ausländerzentralregister verzog die Klägerin am
27. März 2008 wieder ins Ausland. Vom 10. Juli 2008 bis 30. September 2008
war sie im Bundesgebiet gemeldet. Nach Mitteilungen des Polizeipräsidiums S.
wurde die Klägerin für die Zeit vom 14. November 2008 bis 2. Dezember 2008
und die Zeit vom 23. April 2008 bis 4. Dezember 2009 wegen Beförderungser-
schleichung in öffentlichen Verkehrsmitteln angezeigt. Nach einem bei den Ak-
ten befindlichen Melderegisterauszug ist die Klägerin am 4. November 2009
wieder ins Bundesgebiet zugezogen. Im März 2010 teilte das Sozialamt der
Ausländerbehörde der Beklagten mit, die Klägerin habe anlässlich einer Vor-
sprache erklärt, keine Leistungen nach dem SGB XII beantragen zu wollen; ihre
Kinder würden sie finanziell unterstützen. Unter dem 24. März 2010 stellte die
Beklagte der Klägerin daraufhin eine Bescheinigung gemäß § 5 FreizügG/EU
mit unbefristeter Gültigkeit aus. Unter dem 31. März 2010 teilte das Sozialamt
der Beklagten mit, dass die Klägerin auf ihren Antrag vom 25. März 2010 seit
diesem Zeitpunkt Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII bezieht.
Mit Verfügung vom 14. Mai 2012 stellte die Beklagte das Nichtbestehen bzw.
den Verlust des Rechts der Klägerin auf Einreise und Aufenthalt nach § 2
Abs. 1 FreizügG/EU gemäß § 5 Abs. 5 FreizügG/EU (in der Fassung von Art. 1
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des Gesetzes zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes/EU und weiterer Vor-
schriften vom 2. Dezember 2014, BGBl. I S. 1922) fest, forderte die Klägerin
nach § 7 Abs. 1 FreizügG/EU auf, das Gebiet der Bundesrepublik spätestens
bis einen Monat nach Bestands- bzw. Rechtskraft dieser Verfügung zu verlas-
sen, und drohte ihr die Abschiebung nach Ungarn an, falls sie der Ausreise-
pflicht nicht fristgerecht nachkomme. Zur Begründung wurde ausgeführt, die
Klägerin sei nicht freizügigkeitsberechtigt nach § 2 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2
FreizügG/EU. Sie habe zwar freizügigkeitsberechtigte Familienangehörige, von
denen sie ein Recht auf Einreise und Aufenthalt ableiten könne, benannt. Eine
schutzwürdige tatsächliche Beziehung zu diesen sei jedoch nicht erkennbar.
Schließlich habe die Klägerin auch kein Daueraufenthaltsrecht nach § 4a
FreizügG/EU erworben, da sie sich noch nicht seit fünf Jahren ständig recht-
mäßig im Bundesgebiet aufhalte. Der Klägerin sei es nicht gelungen, den von
ihr geltend gemachten Daueraufenthalt nachzuweisen. Tatsächlich habe sie
sich - betrachte man die Meldedaten - nur immer wieder vorübergehend im
Bundesgebiet aufgehalten.
Der hiergegen erhobenen Klage hat das Verwaltungsgericht stattgegeben. Auf
die Berufung der Beklagten hat der Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom
22. Januar 2014 die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung
hat er im Wesentlichen ausgeführt:
Aufgrund der Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung sei der Se-
nat zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin gegen Ende des Jahres
2004 von Italien kommend in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sei
und dort ihren ständigen Aufenthalt begründet habe. Seit dieser Zeit habe sie
die Bundesrepublik Deutschland nicht wieder länger als sechs Monate in einem
Jahr verlassen, weshalb sie Ende des Jahres 2009 ein Daueraufenthaltsrecht
gemäß § 4a FreizügG/EU erworben habe. Sie habe das Bundesgebiet nur
zweimal kurzzeitig verlassen, um Pass- und Bankangelegenheiten in Ungarn zu
erledigen. Maßgeblich für die Begründung des Daueraufenthaltsrechts sei, dass
bis zum Ablauf des Zeitraums von fünf Jahren keine (konstitutive) Verlustfest-
stellung wirksam getroffen worden sei, da - wie sich aus § 7 Abs. 1 Satz 1
FreizügG/EU ablesen lasse - die Ausreisepflicht frühestens mit dem Wirksam-
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werden der Feststellungsverfügung entstehen könne mit der Folge, dass bis zu
diesem Zeitpunkt der Aufenthalt der Betroffenen rechtmäßig sei. Unerheblich
sei hierbei grundsätzlich, ob die Klägerin materiell die Voraussetzungen für die
Freizügigkeitsberechtigung erfülle.
Die Beklagte macht mit ihrer Revision geltend, dass die Klägerin nicht die An-
forderungen für den Erwerb eines Daueraufenthaltsrechts nach § 4a Abs. 1
FreizügG/EU erfülle. Erforderlich sei hierfür ein fünfjähriger ständiger rechtmä-
ßiger Aufenthalt im Bundesgebiet. Aus der Rechtsprechung des Bundesverwal-
tungsgerichts (Urteil vom 31. Mai 2012 - 10 C 8.12) folge, dass das Entstehen
des Daueraufenthaltsrechts an das Vorliegen der Voraussetzungen des § 2
Abs. 2 FreizügG/EU anknüpfe und nur ein einmal entstandenes Daueraufent-
haltsrecht durch einen späteren Wegfall dieser Voraussetzungen nicht mehr
berührt werde. Der Betroffene müsse sich während des gesamten Zeitraums
von fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten haben und über den
gesamten Zeitraum freizügigkeitsberechtigt gewesen sein. Die schlichte Tatsa-
che einer fehlenden Verlustfeststellung sei für die Annahme eines ständigen
rechtmäßigen Aufenthalts nicht ausreichend.
Die Klägerin verteidigt die angegriffene Entscheidung.
Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht beteiligt
sich am Verfahren und schließt sich der Auffassung der Beklagten an.
II
Die Revision der Beklagten ist zulässig und begründet. Das Berufungsgericht
hat die Berufung der Beklagten mit einer Begründung zurückgewiesen, die
Bundesrecht verletzt (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Denn es ist zu Unrecht davon
ausgegangen, dass ein Daueraufenthaltsrecht nach § 4a Abs. 1 des Gesetzes
über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (Freizügigkeitsge-
setz/EU - FreizügG/EU) bereits dann entsteht, wenn bis zum Ablauf des Zeit-
raums von fünf Jahren keine Verlustfeststellung nach § 5 Abs. 4 FreizügG/EU
wirksam getroffen worden ist, und es nicht darauf ankommt, ob der Betroffene
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materiell die Voraussetzungen für die Freizügigkeitsberechtigung erfüllt. Man-
gels ausreichender tatsächlicher Feststellungen im Berufungsurteil zu der Fra-
ge, ob sich die Klägerin während einer Aufenthaltszeit von mindestens fünf Jah-
ren ständig rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und die materiellen
Voraussetzungen für die Freizügigkeitsberechtigung erfüllt, kann der Senat in
der Sache nicht abschließend entscheiden. Das Verfahren ist daher an den
Verwaltungsgerichtshof zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zu-
rückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung der Feststellung des Nichtbestehens
des Freizügigkeitsrechts ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeit-
punkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachen-
gerichts. Insoweit gilt Gleiches wie für andere aufenthaltsrechtliche Entschei-
dungen, die Grundlage einer Aufenthaltsbeendigung sein können (vgl. für Aus-
weisungen von Unionsbürgern nach altem Recht: BVerwG, Urteil vom 3. August
2004 - 1 C 30.02 - BVerwGE 121, 297 <308 f.>). Rechtsänderungen während
des Revisionsverfahrens sind allerdings zu beachten, wenn das Berufungsge-
richt - entschiede es anstelle des Bundesverwaltungsgerichts - sie zu berück-
sichtigen hätte (BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 - 1 C 20.11 - Buchholz
402.242 § 55 AufenthG Nr. 15 Rn. 15). Der revisionsgerichtlichen Beurteilung
zugrunde zu legen ist daher das Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von
Unionsbürgern (Freizügigkeitsgesetz/EU - FreizügG/EU) vom 30. Juli 2004
(BGBl. I S. 1950), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des
Freizügigkeitsgesetzes/EU und weiterer Vorschriften vom 2. Dezember 2014
(BGBl. I S. 1922), das am 9. Dezember 2014 in Kraft getreten ist.
1. Die auf Aufhebung der Verfügung vom 14. Mai 2012 (in der Fassung des Wi-
derspruchsbescheids vom 20. November 2012) gerichtete Klage ist als Anfech-
tungsklage zulässig. Die angefochtene Verfügung ist ein feststellender Verwal-
tungsakt über das Nichtbestehen des Freizügigkeitsrechts. Im Hinblick auf die
Vermutung der Freizügigkeit von Unionsbürgern und den Grundsatz, dass Uni-
onsbürger und ihre Angehörigen weitestgehend aus dem Geltungsbereich des
allgemeinen Aufenthaltsrechts herausgenommen werden, setzt die Abgrenzung
des Anwendungsbereichs des Freizügigkeitsgesetzes/EU vom Aufenthaltsge-
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setz einen Feststellungsakt der zuständigen Behörde voraus (BT-Drs. 15/420
S. 106).
2. Die von der Klägerin angefochtene Feststellung des Nichtbestehens des
Rechts auf Einreise und Aufenthalt nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU gemäß § 5
Abs. 4 FreizügG/EU ist formell rechtmäßig. Der angefochtene Bescheid vom
14. Mai 2012 wurde von der zuständigen Behörde erlassen. Die sachliche Zu-
ständigkeit für derartige Feststellungen ist in Baden-Württemberg nach § 4
Abs. 1 der Verordnung der Landesregierung, des Innenministeriums und des
Integrationsministeriums über Zuständigkeiten nach dem Aufenthaltsgesetz,
dem Asylverfahrensgesetz und dem Flüchtlingsaufnahmegesetz sowie über die
Verteilung unerlaubt eingereister Ausländer (Aufenthalts- und Asyl-Zuständig-
keitsverordnung - AAZuVO) vom 2. Dezember 2008 (GBl. Baden-Württemberg
2008, 465) bei den unteren Ausländerbehörden angesiedelt. Diese landesrecht-
liche Zuständigkeitsregelung beruht auf der bundesgesetzlichen Ermächtigung
in § 71 Abs. 1 AufenthG. Sie gilt auch für Maßnahmen und Entscheidungen
nach dem Freizügigkeitsgesetz/EU, da sie eine über das Aufenthaltsgesetz hin-
ausgehende generalklauselartige Kompetenzzuweisung enthält, die auch auf-
enthaltsrechtliche Maßnahmen und Entscheidungen nach dem Freizügigkeits-
gesetz/EU erfasst. Einer Rückverweisung auf das Aufenthaltsgesetz in § 11
FreizügG/EU bedarf es daher nicht (BVerwG, Urteil vom 28. Juni 2011 - 1 C
18.10 - BVerwGE 140, 72 Rn. 8 ff.).
3. Ob die Anfechtungsklage begründet ist, lässt sich auf der Grundlage der tat-
sächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht abschließend entschei-
den. Die Auslegung von § 4a Abs. 1 und § 5 Abs. 4 FreizügG/EU durch das
Berufungsgericht und seine Annahme, dass bereits die Tatsache einer fehlen-
den Verlustfeststellung für die Annahme eines ständigen rechtmäßigen Aufent-
halts ausreichend ist, verletzt Bundesrecht.
a) Rechtsgrundlage für die Verlustfeststellung ist § 5 Abs. 4 FreizügG/EU in
seiner - während des Revisionsverfahrens in Kraft getretenen - aktuellen Fas-
sung. Hiernach kann der Verlust des Rechts nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU fest-
gestellt werden, wenn die Voraussetzungen dieses Rechts innerhalb von fünf
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Jahren nach Begründung des ständigen rechtmäßigen Aufenthalts im Bundes-
gebiet entfallen sind oder diese nicht vorliegen. Durch die Neufassung des § 5
Abs. 4 FreizügG/EU wird klargestellt, dass eine Verlustfeststellung nicht nur
getroffen werden kann, wenn das Freizügigkeitsrecht ursprünglich bestanden
hat und später entfallen ist, sondern auch dann, wenn die Voraussetzungen des
Rechts nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU zu keinem Zeitpunkt bestanden haben
(BT-Drs. 18/2581 S. 16).
b) Die in § 5 Abs. 4 FreizügG/EU genannte Fünfjahresfrist bezieht sich darauf,
dass nach Ablauf eines rechtmäßigen fünfjährigen ununterbrochenen Aufent-
halts im Bundesgebiet ein Daueraufenthaltsrecht erworben wird. Die Möglich-
keit zur Feststellung des Verlusts des Freizügigkeitsrechts nach § 5 Abs. 4
FreizügG/EU erlischt mit dem Entstehen eines Daueraufenthaltsrechts. Nach
§ 4a Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU haben Unionsbürger, die sich seit fünf Jahren
ständig rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten haben, unabhängig vom wei-
teren Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 FreizügG/EU das Recht
auf Einreise und Aufenthalt (Daueraufenthaltsrecht). Der Formulierung in § 4a
Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU "unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraus-
setzungen des § 2 Abs. 2" ist zu entnehmen, dass nicht jeder nach nationalem
Recht rechtmäßige Aufenthalt hierfür ausreicht, sondern das Entstehen des
Daueraufenthaltsrechts an das Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 2
FreizügG/EU anknüpft und nur ein einmal entstandenes Daueraufenthaltsrecht
durch einen späteren Wegfall der Voraussetzungen nicht mehr berührt wird
(vgl. BVerwG, Vorlagebeschluss des Senats vom 13. Juli 2010 - 1 C
14.09 - Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 41 Rn. 14). § 4a
FreizügG/EU setzt die Vorschriften des Kapitels IV der Richtlinie 2004/38/EG
des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das
Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet
der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verord-
nung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG,
68/630/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG,
90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG (ABl. EU L 158 S. 77) - sogenannte
Unionsbürgerrichtlinie - um. Nach Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG hat
jeder Unionsbürger, der sich rechtmäßig fünf Jahre lang im Aufnahmemitglied-
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staat aufgehalten hat, das Recht, sich dort auf Dauer aufzuhalten. Nach der
Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (Urteile vom
21. Dezember 2011 - C-424/10 und C 425/10 [ECLI:EU:C:2011:866], Ziolkowski
und Szeja - Rn. 46; vom 6. September 2012 - C-147/11 u.a.
[ECLI:EU:C:2012:538], Czop u.a. - Rn. 35, 38; vom 8. Mai 2013 - C-529/11
[ECLI:EU:C:2013:290], Alarape und Tijani - Rn. 35 und vom 11. November
2014 - C-333/13 [ECLI:EU:C:2014:2358], Dano - Rn. 71) ist rechtmäßig im Sin-
ne des Unionsrechts nur ein Aufenthalt, der im Einklang mit den in der Richtlinie
2004/38/EG und insbesondere mit den in Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie
2004/38/EG aufgeführten Voraussetzungen steht. Dass das Daueraufenthalts-
recht nach § 4a Abs. 1 FreizügG/EU einen fünfjährigen, auf Unionsrecht beru-
henden rechtmäßigen Aufenthalt voraussetzt, folgt unter anderem aus dem
17. Erwägungsgrund der Richtlinie 2004/38/EG, wonach der Daueraufenthalt
den Unionsbürgern und ihren Familienangehörigen zugutekommen soll, die sich
gemäß den in dieser Richtlinie festgelegten Bedingungen fünf Jahre lang unun-
terbrochen in dem Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten haben (EuGH, Urteil
vom 21. Dezember 2011 - C-424/10 und C-425/10 - Rn. 42).
c) Das Entstehen des Daueraufenthaltsrechts setzt somit unionsrechtlich
voraus, dass der Betroffene während einer Aufenthaltszeit von mindestens fünf
Jahren ununterbrochen die Freizügigkeitsvoraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 der
Richtlinie 2004/38/EG erfüllt hat (BVerwG, Urteil vom 31. Mai 2012 - 10 C
8.12 - Buchholz 402.261 § 4a FreizügG/EU Nr. 3 Leitsatz 1 und Rn. 16). Auf-
grund der Neufassung des § 5 Abs. 4 Satz 1 FreizügG/EU und der Einfügung
des Wortes "rechtmäßigen" nach dem Wort "ständigen" durch Art. 1 Nr. 3 des
Gesetzes vom 2. Dezember 2014 kommt nunmehr auch im Wortlaut der Vor-
schrift hinreichend deutlich zum Ausdruck, dass eine Verlustfeststellung nicht
bereits dann ausgeschlossen ist, wenn ein Unionsbürger sich fünf Jahre ständig
im Bundesgebiet aufgehalten hat. Systematisch spricht entscheidend für einen
auf die materiellen Freizügigkeitsvoraussetzungen abstellenden Begriff des
rechtmäßigen Aufenthalts in § 4a FreizügG/EU, dass der Gesetzgeber in der
Anrechnungsregel des § 11 Abs. 3 FreizügG/EU "Zeiten des rechtmäßigen Auf-
enthalts nach diesem Gesetz" den Zeiten eines (titelabhängigen) rechtmäßigen
Aufenthalts nach dem Aufenthaltsgesetz gegenübergestellt hat (BT-Drs. 15/420
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S. 106). Dass es im Kontext des Freizügigkeitsgesetz/EU für die Annahme ei-
nes rechtmäßigen Aufenthalts der Freizügigkeitsberechtigung bedarf, entspricht
auch der auf eine zunehmende Integration infolge eines gesicherten Aufenthalts
abstellenden Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drs. 15/420 S. 103) sowie
dem Sinn und Zweck der Regelung, der durch den freizügigkeitsgestützten
Voraufenthalt erhöhten Integration durch ein Daueraufenthaltsrecht Rechnung
zu tragen (BVerwG, Urteil vom 31. Mai 2012 - 10 C 8.12 - Buchholz 402.261
§ 4a FreizügG/EU Nr. 3 Rn. 20). Die Freizügigkeitsvoraussetzungen des Art. 7
Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG müssen während eines zusammenhängenden
Zeitraumes von fünf Jahren erfüllt worden sein. Indes muss die Zeitspanne,
während der zur Begründung eines Daueraufenthaltsrechts fünf Jahre lang un-
unterbrochen die Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG
vorgelegen haben müssen, nicht der Zeitraum vor der letzten mündlichen Ver-
handlung oder Tatsacheninstanz sein (BVerwG, Urteil vom 31. Mai 2012 - 10 C
8.12 - Buchholz 402.261 § 4a FreizügG/EU Nr. 3 Rn. 21; vgl. auch: EuGH, Ur-
teil vom 7. Oktober 2010 - C-162/09 [ECLI:EU:C:2010:592], Lassal - Rn. 33 bis
39).
4. Für eine abschließende Entscheidung fehlen dem Senat die erforderlichen
Tatsachenfeststellungen zu der Frage, ob die Klägerin während einer Aufent-
haltszeit von mindestens fünf Jahren ununterbrochen die Freizügigkeitsvoraus-
setzungen des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG erfüllt hat. Nach den
nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und insoweit bindenden tatsächlichen
Feststellungen des Berufungsgerichts (§ 137 Abs. 2 VwGO) hat sich die Kläge-
rin von Ende des Jahres 2004 an ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehal-
ten, so dass Ende des Jahres 2009 ein fünf Jahre währender ständiger Aufent-
halt im Bundesgebiet vorlag. Das Berufungsgericht hat aber - von seinem
Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - keine tatsächlichen Feststellungen zum
Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG
(Art. 2 Abs. 2 FreizügG/EU) getroffen. Das Verfahren ist daher zur weiteren Klä-
rung dieser Frage an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen (§ 144
Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
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5. In dem erneuten Berufungsverfahren wird der Verwaltungsgerichtshof insbe-
sondere zu prüfen haben, ob die Klägerin die Freizügigkeitsvoraussetzungen
nach § 2 Abs. 2 Nr. 5 i.V.m. § 4 FreizügG/EU und/oder nach § 2 Abs. 2 Nr. 6
i.V.m. §§ 3 und 4 FreizügG/EU, die Art. 7 Abs. 1 Buchst. b, d, Art. 14 Abs. 2 der
Richtlinie 2004/38/EG umsetzen, erfüllt.
a) Nicht erwerbstätige Unionsbürger, wie die Klägerin, erlangen die Freizügig-
keitsberechtigung nach § 2 Abs. 2 Nr. 5 i.V.m. § 4 FreizügG/EU (Art. 7 Abs. 1
Buchst. b der Richtlinie 2004/38/EG) bei Aufenthalten von mehr als drei Mona-
ten nur dann, wenn sie über ausreichenden Krankenversicherungsschutz und
ausreichende Existenzmittel verfügen.
Das Berufungsgericht wird zunächst zu prüfen haben, ob die Klägerin während
eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren über ausreichenden Kran-
kenversicherungsschutz verfügte, insbesondere ob sie auf der Grundlage der
von ihr bezogenen ungarischen Rente auch bei einem Daueraufenthalt im Bun-
desgebiet ausreichend krankenversichert war. Des Weiteren stellt sich die Fra-
ge, ob die Klägerin während eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren
über ausreichende Existenzmittel verfügte. Nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der
Richtlinie 2004/38/EG sind ausreichende Existenzmittel solche, die sicherstel-
len, dass der Freizügigkeitsberechtigte die Sozialhilfe des Aufnahmemitglied-
staats nicht in Anspruch nehmen muss. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass
nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union die Inan-
spruchnahme von Sozialhilfeleistungen nicht automatisch einen Verlust des
Freizügigkeitsrechts zu begründen vermag. Erforderlich ist vielmehr eine unan-
gemessene Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen. Die Feststellung des
Verlusts des Freizügigkeitsrechts nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU führt ebenso
wie die Ausweisung zur Beendigung des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts
sowie zur Verlassenspflicht des Unionsbürgers und unterliegt damit dem Erfor-
dernis der Verhältnismäßigkeit, wie es der Gerichtshof der Europäische Union
in seiner Rechtsprechung (vgl. Urteile vom 20. September 2001 - C-184/99
[ECLI:EU:C:2001:458], Grzelczyk - Rn. 43 f.; vom 17. September 2002
- C-413/99 [ECLI:EU:C:2002:493], Baumbast - Rn. 91 ff. und vom 7. September
2004 - C-456/02 [ECLI:EU:C:2004:488], Trojani - Rn. 45 ff.) entwickelt hat. Zwar
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kann der Umstand, dass ein nicht erwerbstätiger Unionsbürger zum Bezug von
Sozialhilfeleistungen berechtigt ist, einen Anhaltspunkt dafür darstellen, dass er
nicht über ausreichende Existenzmittel verfügt (EuGH, Urteil vom 19. Septem-
ber 2013 - C-140/12 [ECLI:EU:C:2013:565], Brey - Rn. 63). Insbesondere dem
10. Erwägungsgrund der Richtlinie 2004/38/EG ist jedoch zu entnehmen, dass
die in Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2004/38/EG genannte Vorausset-
zung vor allem verhindern soll, dass die hierin genannten Personen die Sozial-
hilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats unangemessen in Anspruch neh-
men (EuGH, Urteile vom 21. Dezember 2011 - C-424/10 und C-425/10 - Rn. 40;
und vom 19. September 2013 - C-140/12 - Rn. 54). Zur Beurteilung der Frage,
ob ein Ausländer Sozialhilfeleistungen in unangemessener Weise in Anspruch
nimmt, ist, wie aus dem 16. Erwägungsgrund der Richtlinie 2004/38/EG hervor-
geht, zu prüfen, ob der Betreffende vorübergehende Schwierigkeiten hat, und
die Dauer des Aufenthalts, die persönlichen Umstände des Betreffenden und
der ihm gewährte Sozialhilfebetrag zu berücksichtigen. Von einer unangemes-
senen Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen kann zudem nicht ohne eine
umfassende Beurteilung der Frage ausgegangen werden, "welche Belastung
dem nationalen Sozialhilfesystem in seiner Gesamtheit aus der Gewährung
dieser Leistung nach Maßgabe der individuellen Umstände, die für die Lage des
Betroffenen kennzeichnend sind, konkret entstünde" (EuGH, Urteil vom
19. September 2013 - C-140/12 - Rn. 64).
Im vorliegenden Fall fehlen tatsächliche Feststellungen dazu, ob die Klägerin
während des gesamten, vom Verwaltungsgerichtshof angenommenen ununter-
brochenen Aufenthalts von Ende Mai 2004 an über ausreichende Existenzmittel
verfügte. Den Akten ist insoweit lediglich zu entnehmen, dass die Klägerin in
dem Zeitraum vom 14. Mai 2005 bis 24. März 2010 keine Sozialhilfeleistungen
in Anspruch genommen hat. Die Nichtinanspruchnahme von Sozialhilfeleistun-
gen belegt für sich allein noch nicht positiv, dass ausreichende Existenzmittel
vorhanden sind, wenn unklar ist, aus welchen Mitteln die Existenz tatsächlich
gesichert gewesen ist. Zu prüfen ist in diesem Zusammenhang, ob die Klägerin
im maßgeblichen Zeitraum deshalb über ausreichende Existenzmittel verfügte,
weil ihr nahe Angehörige, insbesondere ihre Töchter, Unterhalt und familiäre
Unterstützung gewährten. Dabei wird sich das Berufungsgericht gegebenenfalls
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mit der Frage auseinanderzusetzen haben, ob die Gewährung von Unterhalt
durch existenzsichernde Leistungen beziehende Angehörige als Existenzsiche-
rung im Sinne des Unionsrechts angesehen werden kann.
b) Des Weiteren kommt in Betracht, dass eine Freizügigkeitsberechtigung der
Klägerin nach § 2 Abs. 2 Nr. 6 i.V.m. §§ 3 und 4 FreizügG/EU vorliegt, wenn
ihre in Deutschland lebenden Töchter freizügigkeitsberechtigt sind. Den Fami-
lienangehörigen von Unionsbürgern steht das abgeleitete Aufenthaltsrecht nur
dann zu, wenn sie den Unionsbürger begleiten oder ihm nachziehen. Der Be-
griff "begleiten oder nachziehen" impliziert eine im Sinne des Ehe- und Famili-
enschutzes schutzwürdige tatsächliche Beziehung (Nr. 3.1.1 der Allgemeinen
Verwaltungsvorschrift zum Freizügigkeitsgesetz/EU vom 26. Oktober 2009
). Eine solche könnte hier unter anderem dann vorliegen,
wenn die Klägerin sich während des maßgeblichen Zeitraums intensiv um ihren
psychisch kranken Enkel Josef gekümmert hätte.
aa) Weitere Voraussetzung für das Freizügigkeitsrecht der Familienangehöri-
gen von erwerbstätigen Unionsbürgern ist ferner, dass ihnen Unterhalt gewährt
wird (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU; Art. 2 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. d der Richtlinie
2004/38/EG). Das Aufenthaltsrecht des Angehörigen ergibt sich aus einer tat-
sächlichen Situation, die dadurch gekennzeichnet ist, dass der Familienangehö-
rige vom Aufenthaltsberechtigten materiell unterstützt wird (EuGH, Urteil vom
8. November 2012 - C-40/11 [ECLI:EU:C:2012:691], Iida - Rn. 55). Dazu gehört
eine fortgesetzte und regelmäßige Unterstützung in einem Umfang, der es er-
möglicht, zumindest einen Teil des Lebensunterhalts regelmäßig zu decken.
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (Urteil
vom 18. Juni 1987 - C-316/85 [ECLI:EU:C:1987:302], Lebon - Rn. 20) ist es
nicht möglich, die Inanspruchnahme von Sozialhilfe als Indiz für eine mangeln-
de Unterhaltsgewährung anzusehen. Das Berufungsgericht hat demnach zu
klären, ob und inwieweit Verwandte der Klägerin während des maßgeblichen
Zeitraums erwerbstätig waren und der Klägerin Unterhalt gewährten.
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bb) Für die Familienangehörigen der in § 2 Abs. 2 Nr. 5 FreizügG/EU erwähn-
ten nicht erwerbstätigen Unionsbürgern wird in § 3 Abs. 1 Satz 2 FreizügG/EU
zusätzlich auf die Voraussetzungen des § 4 FreizügG/EU verwiesen. Familien-
angehörige von nicht erwerbstätigen Unionsbürgern, die diese begleiten oder
ihnen nachziehen, sind unter den gleichen Bedingungen wie der Unionsbürger
freizügigkeitsberechtigt. Es ist jedoch nicht erforderlich, dass auch die nachzie-
henden oder begleitenden Familienangehörigen selbst über ausreichende Exis-
tenzmittel verfügen. Vielmehr kann auch auf die finanziellen Mittel des Unions-
bürgers, von dem das Aufenthaltsrecht abgeleitet wird, abgestellt werden
(Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: Januar 2014, § 4 FreizügG/EU Rn. 10;
Nr. 4.13 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Freizügigkeitsgesetz/EU
vom 26. Oktober 2009 ). Für den Fall, dass das Berufungsge-
richt zu dem Ergebnis kommen sollte, dass die Klägerin während des maßgeb-
lichen Zeitraums Sozialhilfeleistungen bezog bzw. von ihren Verwandten unter-
halten wurde, die ihrerseits Sozialhilfeleistungen bezogen, käme es für die Be-
jahung einer Freizügigkeitsberechtigung darauf an, dass die Sozialhilfeleistun-
gen "nicht unangemessen" im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshof der
Europäischen Union (Urteil vom 19. September 2013 - C-140/12 - Rn. 69 ff.) in
Anspruch genommen wurden.
6. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Prof. Dr. Berlit
Prof. Dr. Dörig
Prof. Dr. Kraft
Fricke
Dr. Rudolph
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B e s c h l u s s
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 5 000 €
festgesetzt (§ 47 Abs. 1 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG).
Prof. Dr. Berlit
Prof. Dr. Dörig
Dr. Rudolph