Urteil des BVerwG vom 10.11.2009

Ausreise, Ausstellung, Aufenthaltserlaubnis, Abgabe

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
BVerwG 1 C 19.08
OVG 17 A 2250/07
Verkündet
am 10. November 2009
von Förster
Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 10. November 2009
durch die Präsidentin des Bundesverwaltungsgerichts Eckertz-Höfer,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Richter,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Beck,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Kraft
und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Fricke
für Recht erkannt:
Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Oberverwal-
tungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom
18. Juni 2008 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Revisionsverfahrens.
G r ü n d e :
I
Die Kläger erstreben jeweils die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus hu-
manitären Gründen.
Die drei Kläger, Mutter, Sohn und Tochter, sind iranische Staatsangehörige.
Mutter und Sohn kamen im Oktober 1996 nach Deutschland. Die Tochter wurde
im August 1997 in Deutschland geboren. Der Vater, ebenfalls iranischer
Staatsangehöriger, war nur anfangs am vorliegenden Verfahren beteiligt.
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Mutter und Sohn beantragten hier Asyl. Das Bundesamt für die Anerkennung
ausländischer Flüchtlinge - jetzt Bundesamt für Migration und Flüchtlinge -
(Bundesamt) lehnte die Asylanträge ab. Die Ablehnung ist seit März 2001 be-
standskräftig. Seither werden die Kläger geduldet.
Da die drei Kläger nach eigenen Angaben keine Reisedokumente mehr besa-
ßen, forderte die beklagte Ausländerbehörde sie im Mai 2001 erstmals auf, ein
- an die iranische Auslandsvertretung weiter zu leitendes - Antragsformular zur
Ausstellung von Passersatzpapieren zu unterschreiben. Die Mutter lehnte dies
für sich und ihre Kinder ab.
Ein im September 2003 von Mutter und Sohn gestellter asylrechtlicher Folgean-
trag wurde vom Bundesamt im Dezember 2003 bestandskräftig abgelehnt.
Im Mai 2005 beantragten die Kläger die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis
aus humanitären Gründen. Sie weigerten sich erneut, Antragsformulare zur
Ausstellung von Passersatzpapieren zu unterschreiben. Sie machten geltend,
das Antragsformular enthalte die Erklärung, dass sie bereit seien, freiwillig in
den Iran zurückzukehren. Diese Erklärung treffe für sie nicht zu, würde daher
eine schriftliche Lüge darstellen und könne ihnen demnach nicht abverlangt
werden. Unter Hinweis auf die verweigerte Mitwirkung der Kläger lehnte die Be-
klagte die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen ab. Der Widerspruch der Klä-
ger blieb ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab.
Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Kläger zurückgewiesen. Zur
Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, zwar sei es den Klägern im
Rahmen von § 25 Abs. 5 AufenthG nicht zumutbar, die Ausstellung iranischer
Nationalpässe zu beantragen; denn hierfür müssten sie die Rechtmäßigkeit
ihres Aufenthalts in Deutschland nachweisen, was ihnen nicht möglich sei. Ih-
nen zuzumuten sei aber die Beantragung von Passersatzpapieren. Die von der
iranischen Auslandsvertretung geforderte Freiwilligkeitserklärung sei nicht un-
wahr. Sie erschöpfe sich in der Bekundung der Bereitschaft, der bestehenden
Ausreisepflicht ohne staatlichen Zwang nachzukommen. Diese Bereitschaft
könne und müsse von den Klägern erwartet werden. Nichts anderes ergebe
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sich aus § 104a Abs. 1 AufenthG. Durch ihre Weigerung, bei der Ausstellung
von Passersatzpapieren mitzuwirken, hätten die Kläger behördliche Maßnah-
men zur Aufenthaltsbeendigung behindert.
Hiergegen richtet sich die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision
der Kläger.
II
Die Revision ist unbegründet. Das Berufungsurteil beruht nicht auf einer Verlet-
zung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das Berufungsgericht hat
einen Anspruch der Kläger auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus huma-
nitären Gründen zu Recht verneint. Dem Begehren der Kläger steht sowohl bei
§ 25 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz - AufenthG - (1.) als auch bei § 104a Abs. 1
AufenthG (2.) entgegen, dass sie sich einer Mitwirkung bei der Ausstellung von
Passersatzpapieren verweigert haben.
1. Ein Anspruch nach § 25 Abs. 5 AufenthG scheidet aus, weil bereits die tat-
bestandlichen Voraussetzungen der Bestimmung nicht vorliegen. Nach dieser
Vorschrift kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abwei-
chend von § 11 Abs. 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn
seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und
mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen
ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit
18 Monaten ausgesetzt ist. Gemäß Satz 3 darf eine Aufenthaltserlaubnis nur
erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist.
Ein Verschulden des Ausländers liegt nach Satz 4 insbesondere vor, wenn er
falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit
täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernis-
se nicht erfüllt.
Zwar sind die Kläger vollziehbar ausreisepflichtig (§ 50 Abs. 1 AufenthG). Ihre
Ausreise ist derzeit und auf absehbare Zeit auch unmöglich, weil davon auszu-
gehen ist, dass sie tatsächlich nicht über gültige Reisedokumente verfügen
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(§ 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG). Die Kläger sind jedoch nicht unverschuldet an
ihrer Ausreise gehindert. Ein Verschulden in diesem Sinne ist anzunehmen, weil
die Kläger zumutbare Anforderungen zur Beseitigung des Ausreisehindernisses
nicht erfüllen (§ 25 Abs. 5 Satz 3 und 4 AufenthG).
Unter „Ausreise“ im Sinne dieser Vorschrift ist sowohl die freiwillige Ausreise als
auch die zwangsweise Abschiebung zu verstehen (Senatsurteil vom 27. Juni
2006 - BVerwG 1 C 14.05 - BVerwGE 126, 192 m.w.N.). Das Ausrei-
sehindernis besteht im vorliegenden Fall darin, dass die Kläger weder einen
iranischen Nationalpass noch ein iranisches Passersatzpapier besitzen. Das
Berufungsgericht hat angenommen, es sei den Klägern von vornherein nicht
zuzumuten, sich um die Ausstellung eines Nationalpasses zu bemühen. Der er-
kennende Senat kann offen lassen, ob diese Annahme auf einer hinreichend
tragfähigen Tatsachengrundlage beruht.
Jedenfalls ist es den Klägern zumutbar, an der Ausstellung von Passersatzpa-
pieren mitzuwirken. Einer Mitwirkung haben sie sich bisher von vornherein ver-
weigert, indem sie es gegenüber der beklagten Ausländerbehörde mehrfach
abgelehnt haben, ein an das iranische Generalkonsulat in Frankfurt adressier-
tes Antragsformular zu unterschreiben, in dem um die Ausstellung von „Perso-
naldokumenten (Pass/Passersatzpapier)“ gebeten und erklärt wird, „dass ich
freiwillig in die islamische Republik Iran zurückkehren möchte“. Dieses von der
iranischen Auslandsvertretung selbst so gestaltete Verfahren führt nach den
Feststellungen des Berufungsgerichts typischerweise zur Ausstellung von
Passersatzpapieren. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn die Auslandsver-
tretung Kenntnis von der Ausreisepflicht des Ausländers hat; denn die Ausstel-
lung von Passersatzpapieren diene regelmäßig der Rückführung von ausreise-
pflichtigen Ausländern (UA S. 10).
Entgegen der Auffassung der Kläger war und ist es ihnen zuzumuten, der (wie-
derholten) Aufforderung der Beklagten nachzukommen und die „Freiwilligkeits-
erklärung“ auf dem von der iranischen Auslandsvertretung vorgesehenen An-
tragsformular zu unterschreiben. Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass sie
vollziehbar ausreisepflichtig sind. Die gesetzliche Pflicht zur Ausreise bedeutet,
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dass sie freiwillig ausreisen oder sich zwangsweise abschieben lassen müssen.
Das Aufenthaltsrecht erlegt dem Ausländer primär auf, dass er seiner Ausrei-
sepflicht freiwillig - und unverzüglich - nachkommt (§ 50 Abs. 2 AufenthG). Eine
zwangsweise Abschiebung kommt erst in Betracht, wenn der Ausländer seine
Ausreisepflicht nicht freiwillig erfüllt bzw. die Überwachung der Ausreise erfor-
derlich ist (§ 58 Abs. 1 und 3 AufenthG). Ein ausreisepflichtiger Ausländer ist
daher aufenthaltsrechtlich gehalten, das Land freiwillig zu verlassen. Die
Rechtsordnung mutet dem Ausländer zu, seiner Ausreisepflicht von sich aus
nachzukommen. Die gesetzliche Ausreisepflicht schließt die Obliegenheit für
den Ausländer ein, sich auf seine Ausreise einzustellen, zur Ausreise bereit zu
sein und einen dahingehenden Willen zu bilden. In diesem Rahmen ist es für ei-
nen ausreisepflichtigen Ausländer rechtlich grundsätzlich nicht unzumutbar, zur
Ausreise nicht nur willens und bereit zu sein, sondern diese Bereitschaft auch
zu bekunden und eine „Freiwilligkeitserklärung“ in der hier gegebenen Form
abzugeben. Ein entgegenstehender innerer Wille des Ausländers, der die
Erklärung mangels Bildung eines entsprechenden Willens als unwahr empfin-
det, ist aufenthaltsrechtlich regelmäßig unbeachtlich. Dies gilt im Übrigen auch
für andere Ausländer, die, ohne eine derartige Erklärung abgeben zu müssen,
ausreisepflichtig sind und eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG
erstreben.
Nach den vom Revisionsgericht zugrunde zu legenden Feststellungen des Be-
rufungsgerichts beschränkt sich die hier fragliche „Freiwilligkeitserklärung“ in-
haltlich darauf, der gesetzlichen Ausreisepflicht von sich aus nachkommen zu
wollen (UA S. 14 f.). Eine weitergehende Bedeutung ist der Erklärung nicht zu
entnehmen. So kann darin, anders als die Kläger meinen, kein Bekenntnis zum
iranischen Regime bzw. keine Loyalitätsbekundung gegenüber dem iranischen
Staat gesehen werden. Wie in einem solchen Fall die Abgabe einer derartigen
Erklärung zu beurteilen ist, bedarf deshalb hier keiner Entscheidung.
Die Kläger sind nicht gezwungen, die „Freiwilligkeitserklärung“ als unwahre Be-
kundung bzw. als „Lüge“ abzugeben. Die Freiwilligkeit kann in dem Sinne er-
klärt werden, sie, die Kläger, seien vollziehbar ausreisepflichtig und wollten, um
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nicht zwangsweise abgeschoben zu werden, ihrer Ausreisepflicht von sich aus
nachkommen. Eine derartige Erklärung ist nicht unwahr.
Die fehlende Bereitschaft der Kläger, der bestehenden Ausreisepflicht freiwillig
nachzukommen und diese durch Abgabe einer entsprechenden „Freiwilligkeits-
erklärung“ gegenüber der Auslandsvertretung ihres Heimatstaates zu dokumen-
tieren, begründet keine Unzumutbarkeit im Sinne des § 25 Abs. 5 Satz 4
AufenthG. Dem steht die Rechtsprechung der ordentlichen Gerichte zur man-
gelnden Strafbarkeit der Weigerung, eine „Freiwilligkeitserklärung“ abzugeben
(OLG Nürnberg, Urteil vom 16. Januar 2007 - 2 St OLG Ss 242/06 - juris
Rn. 39 ff. zur Unzumutbarkeit; vgl. aber auch OLG Celle, Urteil vom 14. Februar
2007 - 21 Ss 84/06 - InfAuslR 2007, 255, wonach bereits der objektive Straftat-
bestand des § 95 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG den Verstoß gegen § 49 Abs. 2
Halbs. 2 AufenthG nicht erfasst; so auch Hailbronner, Ausländerrecht, Kom-
mentar, Stand: April 2009, A 1 § 95 Rn. 54), nicht entgegen. Denn die deutsche
Rechtsordnung nimmt es hin, wenn sich ein Ausländer - wie die Kläger - zur
Abgabe einer „Freiwilligkeitserklärung“ gegenüber einer ausländischen Stelle
außerstande sieht. Die Abgabe kann weder rechtlich erzwungen noch gegen
den Willen des Ausländers durchgesetzt werden; an die verweigerte Abgabe
können deshalb auch keine strafrechtlichen Sanktionen geknüpft werden.
Auch wenn die Erklärung nicht erzwungen werden kann, so wird die Weigerung,
sie abzugeben, vom Aufenthaltsrecht allerdings nicht honoriert. Kann ein
Ausländer durch eigenes zumutbares Verhalten dazu beitragen, ein Ausreise-
hindernis zu beseitigen, dann führt seine Weigerung dazu, dass die Erteilung
einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG ausscheidet. Dazu zählt
auch die ihm obliegende Willensbildung zur freiwilligen Ausreise oder u.a. der
Wiedererwerb einer aufgegebenen Staatsangehörigkeit. Dies hat der Senat be-
reits zu der Vorgängervorschrift im Ausländergesetz 1990 so entschieden (zu
§ 30 AuslG; vgl. Urteil vom 24. November 1998 - BVerwG 1 C 8.98 - BVerwGE
108, 21 <29 f.>). Der Grundsatz, die Verweigerung einer zumutbaren freiwilli-
gen Ausreise nicht zu honorieren, ist vom Bundesverwaltungsgericht im Übri-
gen auch im Asyl- und Flüchtlingsrecht wiederholt betont worden (vgl. etwa Ur-
teil vom 3. November 1992 - BVerwG 9 C 21.92 - BVerwGE 91, 150 = Buchholz
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402.25 § 1 AsylVfG Nr. 158 sowie Urteil vom 15. April 1997 - BVerwG 9 C
38.96 - BVerwGE 104, 265 <278>; jeweils m.w.N.).
Die Abgabe der „Freiwilligkeitserklärung“ ist den Klägern daher zuzumuten.
Damit haben sie die Unmöglichkeit ihrer Ausreise zu vertreten. Dies schließt
einen Anspruch nach § 25 Abs. 5 AufenthG aus.
2. Es besteht auch kein Anspruch nach § 104a Abs. 1 AufenthG. Diese Altfall-
regelung erfasst zwar tatbestandsmäßig den Fall der Kläger. Die Regelung
greift vorliegend jedoch nicht durch, weil die Kläger behördliche Maßnahmen
zur Aufenthaltsbeendigung vorsätzlich behindert und damit den Ausschluss-
grund des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG erfüllt haben. Die Kläger haben
sich über Jahre jeder Mitwirkung bei der Ausstellung von Passersatzpapieren
verweigert. Auch in diesem Zusammenhang ist rechtlich davon auszugehen,
dass ihnen eine Mitwirkung in Form der Abgabe einer „Freiwilligkeitserklärung“
zuzumuten gewesen ist. Hätten sie mitgewirkt und die Erklärung unterschrie-
ben, hätte dies nach den Feststellungen des Berufungsgerichts voraussichtlich
zur Ausstellung von Passersatzpapieren durch die iranische Auslandsvertretung
geführt. Damit wäre das bestehende Ausreisehindernis (fehlende Reise-
dokumente) beseitigt und die Beklagte in der Lage gewesen, die Kläger zur
freiwilligen Ausreise zu bewegen und sie ggf. auch zwangsweise in ihr Heimat-
land abzuschieben.
Die Kläger haben behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung auch
vorsätzlich behindert. Zwar stellt eine unterbliebene Mitwirkungshandlung des
Ausländers nicht ohne Weiteres eine vorsätzliche Behinderung im Sinne der
Vorschrift dar. Eine vorsätzliche Behinderung liegt aber dann vor, wenn der
Ausländer von der Ausländerbehörde ausdrücklich zur (zumutbaren und erheb-
lichen) Mitwirkung angehalten wird und sich der Mitwirkung verweigert. Im Ent-
scheidungsfall sind die Kläger bei persönlichen Vorsprachen von der Beklagten
wiederholt zur Abgabe der „Freiwilligkeitserklärung“ aufgefordert worden; sie
haben sich dieser Aufforderung jeweils verweigert. Mit diesem Verhalten haben
sie die Ausstellung von Passersatzpapieren gezielt vereitelt und die Beklagte
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vorsätzlich an Maßnahmen gehindert, ihren Aufenthalt in Deutschland zu been-
den.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Eckertz-Höfer
Richter
Beck
Prof. Dr. Kraft
Fricke
B e s c h l u s s
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 15 000 €
festgesetzt (§ 47 Abs. 1 i.V.m. § 52 Abs. 2 und § 39 GKG).
Eckertz-Höfer
Richter
Fricke
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Sachgebiet:
BVerwGE:
ja
Ausländerrecht
Fachpresse: ja
Rechtsquellen:
AufenthG
§ 25 Abs. 5, § 49 Abs. 2, § 50 Abs. 2, § 58 Abs. 1 und 3,
§ 95 Abs. 1, § 104a Abs. 1
AuslG 1990 § 30 Abs. 3 und 4
Stichworte:
Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen; Altfallregelung; Unmöglichkeit
der Ausreise; fehlende Reisedokumente; Beschaffung von Passersatzpapieren;
zumutbare Mitwirkung; verweigerte Mitwirkung; freiwillige Ausreise; Bereitschaft
zur freiwilligen Ausreise; Bekundung der Bereitschaft; „Freiwilligkeitserklärung“;
Behinderung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen.
Leitsätze:
1. Einem vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer, der nicht über gültige Rei-
sedokumente verfügt, kann eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Grün-
den nach § 25 Abs. 5 AufenthG nur erteilt werden, wenn er ohne Erfolg alle ihm
zumutbaren Anstrengungen unternommen hat, ein (neues) Reisedokument zu
erhalten. Verlangt die zuständige Behörde seines Heimatstaates von ihm die
Erklärung, dass er bereit sei, freiwillig auszureisen, so ist ihm die Abgabe dieser
Erklärung grundsätzlich zuzumuten.
2. Fordert die Ausländerbehörde einen vollziehbar ausreisepflichtigen Auslän-
der auf, eine ihm zumutbare Mitwirkungshandlung zur Beseitigung eines Aus-
reisehindernisses vorzunehmen, und weigert sich der Ausländer, dem nachzu-
kommen, dann behindert er vorsätzlich behördliche Maßnahmen zur Aufent-
haltsbeendigung im Sinne von § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG.
Urteil des 1. Senats vom 10. November 2009 - BVerwG 1 C 19.08
I. VG Gelsenkirchen vom 05.07.2007 - Az.: VG 8 K 3668/06 -
II. OVG Münster vom 18.06.2008 - Az.: OVG 17 A 2250/07 -