Urteil des BVerwG vom 13.08.2004

Politische Verfolgung, Anhörung, Dolmetscher, Syrien

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 B 98.04
VGH 19 B 00.31767
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 13. August 2004
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. D ö r i g und
R i c h t e r und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht B e c k
beschlossen:
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Re-
vision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs
vom 18. März 2004 wird verworfen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
G r ü n d e :
Die Beschwerde ist unzulässig. Die allein geltend gemachte Gehörsverletzung (§ 132
Abs. 2 Nr. 3, § 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) ist nicht in einer Weise
dargetan, die den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entspricht.
Die Beschwerde rügt als Verletzung des rechtlichen Gehörs, das Berufungsgericht
hätte Erkundigungen über das Sprachsegment des Dolmetschers durchführen müs-
sen, der bei der Anhörung der Kläger durch den Einzelentscheider des Bundesamtes
übersetzt habe; dabei hätte sich erwiesen, ob das Vorbringen der Kläger, der Dol-
metscher habe sorani gesprochen, zutreffend sei; ggf. hätte dies eine vollkommene
Neubewertung der Sache ergeben, da angebliche Widersprüchlichkeiten hierdurch
hätten erklärt werden können und somit eine Anerkennung der Kläger gemäß § 51
AuslG möglich wäre. Mit diesem Vorbringen ist eine Gehörsverletzung nicht ord-
nungsgemäß bezeichnet. So geht die Beschwerde nicht darauf ein, dass die Anhö-
rung der Kläger ausweislich des Anhörungsprotokolls nicht auf sorani, sondern in
kurmanci-kurdischer Sprache und damit in der Sprache der Kläger durchgeführt
worden ist. Die Beschwerde geht ferner nicht darauf ein, dass das Berufungsgericht
seine Entscheidung insbesondere auch auf widersprüchliches und gesteigertes Vor-
bringen des Klägers zu 1 gestützt hat, der Kläger zu 1 aber in der Berufungsverhand-
lung ausdrücklich erklärt hat, er habe den Dolmetscher bei der Anhörung gut ver-
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standen. Die Frage der behaupteten Gehörsverletzung kann jedoch dahingestellt
bleiben.
Denn die Beschwerde kann jedenfalls deshalb nicht zur Zulassung der Revision füh-
ren, weil das Berufungsurteil auf eine zweite, selbständig tragende Begründung ge-
stützt ist, gegen die die Beschwerde keine Zulassungsgründe geltend macht. Das
Berufungsgericht hat hinsichtlich der von den Klägern zu 1 und 2 behaupteten Vor-
verfolgung in Syrien angenommen, die von ihnen geschilderten Verhaftungen stellten
sich unabhängig von der Unglaubhaftigkeit ihres Vorbringens nicht als politische Ver-
folgung dar. Beide Kläger seien lediglich zufällig in das Räderwerk der syrischen
Geheimdienste gekommen (UA S. 11 f.). Diese Begründung des Berufungsgerichts
hat die Beschwerde nicht mit einer Revisionsrüge angegriffen. Ist eine Entscheidung
auf mehrere Gründe gestützt, kann die Revisionszulassung grundsätzlich nur begehrt
werden, wenn gegen sämtliche tragenden Begründungen ein Revisionszulas-
sungsgrund geltend gemacht wird und vorliegt (stRspr; vgl. etwa BVerwG, Beschluss
vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO
Nr. 26). Hieran muss die Beschwerde in jedem Falle scheitern.
Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2
VwGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden
gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG a.F. (= § 83 b AsylVfG i.d.F. des Kostenrechtsmoder-
nisierungsgesetzes vom 5. Mai 2004, BGBl I S. 718) nicht erhoben; der Gegens-
tandswert ergibt sich aus § 83 b Abs. 2 AsylVfG a.F. (vgl. § 60 RVG).
Prof. Dr. Dörig
Richter
Beck