Urteil des BVerwG vom 30.04.2003

Strafbare Handlung, Organisation, Veranstaltung, Strafprozessordnung

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BESCHLUSS
BVerwG 1 B 89.03
OVG 8 A 1236/99.A
In der Verwaltungsstreitsache
- 2 -
hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 30. April 2003
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts
E c k e r t z - H ö f e r und die Richter am Bundes-
verwaltungsgericht H u n d und R i c h t e r
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzu-
lassung der Revision in dem Urteil des Oberver-
waltungsgerichts für das Land Nordrhein-
Westfalen vom 10. Dezember 2002 wird verworfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdever-
fahrens.
G r ü n d e :
Die auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132
Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und einen Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2
Nr. 3 VwGO) gestützte Beschwerde ist unzulässig. Sie ent-
spricht nicht den Anforderungen an die Darlegung der geltend
gemachten Zulassungsgründe aus § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.
Die als grundsätzlich bedeutsam bezeichneten Fragen,
"ob der türkische Staat ungeachtet des in der türkischen
Strafprozessordnung geltenden Legalitätsprinzips von der
Strafverfolgung eines kurdischen Asylbewerbers, der sich
als Mitglied eines KOMKAR-Vereins, der sich als Interes-
senvertreter der in der Türkei verbotenen 'Sozialistischen
Partei Kurdistans (PSK)' versteht, politisch engagiert
hat, absieht, wenn sich der Schwerpunkt des Engagements
auf soziale und kulturelle Aktivitäten beschränkt,
ob eine politische Aktivität kurdischer Asylbewerber für
eine in der Türkei verbotene kurdische Organisation wäh-
rend einer Veranstaltung dieser Organisation, die von dem
erkennenden Gericht als 'größer und publikumswirksam' qua-
lifiziert wurde, ihre hervorgehobene und Asylerheblichkeit
begründende Stellung dadurch verlieren kann, dass sie
nicht als über die Pflege des kurdischen Kulturgutes und
- 3 -
den Eintritt für die politische Selbständigkeit hinausge-
hende eigenständige politische Botschaft in Erscheinung
tritt,
ob eine politische Aktivität kurdischer Asylbewerber für
eine in der Türkei verbotene kurdische Organisation wäh-
rend einer Veranstaltung dieser Organisation, die von dem
erkennenden Gericht als 'größer und publikumswirksam' qua-
lifiziert wurde, ihre hervorgehobene und Asylerheblichkeit
begründende Stellung dadurch verlieren kann, dass sie als
'Beiwerk' der politischen Statements der Redner der be-
treffenden Veranstaltung in Erscheinung tritt,
ob der türkische Staat ungeachtet des in der türkischen
Strafprozessordnung geltenden Legalitätsprinzips von der
Strafverfolgung eines kurdischen Asylbewerbers, der eine
nach dem türkischen Strafgesetz strafbare Handlung began-
gen hat, absieht, wenn die strafbare Handlung von weiteren
kurdischen Asylbewerbern nachgeahmt wird und die Handlun-
gen zu einem Massenphänomen im Sinne der verwaltungsge-
richtlichen Rechtsprechung werden",
betreffen - wie auch die weiteren Ausführungen der Beschwerde
zeigen - in erster Linie die dem Tatsachengericht vorbehaltene
Feststellung und Würdigung des Sachverhalts, also Tatsachen-
fragen und keine Rechtsfragen im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1
VwGO.
Auch die unter II. der Beschwerdebegründung aufgestellte Be-
hauptung, die aufgeworfenen (Grundsatz-)Fragen zeigten zudem,
dass das Gericht verfahrensfehlerhaft eine widersprüchliche
Tatsachenfeststellung vorgenommen habe, führt - mit der hierzu
weiter gegebenen Begründung - nicht auf einen Verfahrens-
rechtsverstoß. In Wahrheit erschöpft sich die Beschwerde auch
insoweit in Angriffen auf die Sachverhaltswürdigung durch das
Berufungsgericht und die daraus von ihm abgeleitete tatrich-
terliche Gefahrenprognose.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5
Satz 2 Halbsatz 2 VwGO). Die Kostenentscheidung beruht auf
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§ 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b Abs. 1
AsylVfG nicht erhoben; der Gegenstandswert ergibt sich aus
§ 83 b Abs. 2 AsylVfG.
Eckertz-Höfer Hund Richter