Urteil des BVerwG vom 11.07.2008

Aufenthaltserlaubnis, Rechtsverletzung, Grundrechtseingriff

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 B 8.08 (1 PKH 6.08)
OVG 7 A 11276/07
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 11. Juli 2008
durch die Präsidentin des Bundesverwaltungsgerichts Eckertz-Höfer
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Richter und Prof. Dr. Kraft
beschlossen:
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Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskos-
tenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts wird abge-
lehnt.
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts
Rheinland-Pfalz vom 6. März 2008 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 5 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Der Klägerin kann die beantragte Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem
Bundesverwaltungsgericht nicht bewilligt werden, weil die beabsichtigte
Rechtsverfolgung aus den nachstehenden Gründen keine Aussicht auf Erfolg
hat (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).
Die allein auf den Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung
der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen
Erfolg.
Die Beschwerde wirft als grundsätzlich klärungsbedürftig die Frage der Verfas-
sungsmäßigkeit des § 27 Abs. 1a Nr. 1 AufenthG in den Fällen auf, in denen es
um den Nachzug eines Elternteils für ein betreuungsbedürftiges minderjähriges
deutsches Kind geht. Dazu macht die Klägerin geltend, das Berufungsgericht
habe eine Verletzung ihres Sohnes in seinem Freizügigkeitsrecht (Art. 11 GG)
mangels zielgerichteter Beeinträchtigung abgelehnt, obwohl auch mittelbar-
faktische Einwirkungen als Grundrechtseingriff anzusehen seien. Darüber hin-
aus könne ihr Sohn seine Rechte als deutscher Staatsangehöriger nur verwirk-
lichen, wenn sie ihm dazu verhelfe; dazu benötige sie die begehrte Aufent-
haltserlaubnis.
Dieses Vorbringen führt nicht auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssa-
che i.S.d. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Unabhängig von der Frage ausreichender
Darlegung einer Verletzung des Art. 11 GG angesichts des geduldeten Aufent-
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halts der Klägerin im Bundesgebiet und der Möglichkeit, ihr das Verlassen des
beschränkten Aufenthaltsbereichs im Einzelfall zu erlauben, würden sich die
aufgeworfenen Fragen in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen.
Nach der Rechtsprechung des Senats wird bei der Entscheidung auf die Klage
eines Ausländers gegen aufenthaltsbeendende Maßnahmen über die Rechte
seiner Familienangehörigen nicht zugleich mit entschieden; diese sind nicht
gehindert, ihre eigenen Rechte selbständig zu verfolgen (Urteil vom 3. Mai 1973
- BVerwG 1 C 20.70 - BVerwGE 42, 141 <142>). Dem entspricht es, dass der
Familienangehörige eines ausgewiesenen Ausländers in dem Anfechtungspro-
zess gegen die Ausweisungsverfügung nicht notwendig beizuladen ist, da er an
dem streitigen Rechtsverhältnis nicht derart beteiligt ist, dass die gerichtliche
Entscheidung gemäß § 65 Abs. 2 VwGO auch ihm gegenüber nur einheitlich
ergehen kann; dasselbe gilt für Verpflichtungsklagen auf Erteilung oder Verlän-
gerung der Aufenthaltserlaubnis (Urteile vom 25. Oktober 1977 - BVerwG 1 C
31.74 - BVerwGE 55, 8 <10 ff.> und vom 27. August 1996 - BVerwG 1 C 8.94 -
BVerwGE 102, 12 <15 f.>).
Daraus folgt: Selbst wenn der Sohn der Klägerin als deutscher Staatsangehöri-
ger durch die Ablehnung der von seiner Mutter begehrten Aufenthaltserlaubnis
in seinem Freizügigkeitsrecht verletzt würde, ergäbe sich daraus nicht die von
§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorausgesetzte subjektive Rechtsverletzung der
Klägerin in ihren eigenen Rechten. Die Verletzung von Rechtspositionen ihres
Sohnes vermag die Klägerin nicht als Verletzung eigener Rechte geltend zu
machen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestset-
zung folgt aus § 47 Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG.
Eckertz-Höfer Richter Prof. Dr. Kraft
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