Urteil des BVerwG vom 02.11.2005

Angola, Hauptsache, Bundesamt, Akte

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 B 74.05
VGH 3 UE 224/05.A
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 2. November 2005
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts E c k e r t z - H ö f e r
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. M a l l m a n n und
Prof. Dr. D ö r i g
beschlossen:
Der Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom
23. Mai 2005 wird aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entschei-
dung an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen.
Die Kostenentscheidung in der Hauptsache bleibt der Schluss-
entscheidung vorbehalten.
Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens
folgt der vorbehaltenen Kostenentscheidung in der Hauptsache.
G r ü n d e :
Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Im Interesse der Verfahrensbeschleuni-
gung ist die Sache gemäß § 133 Abs. 6 VwGO unter Aufhebung des angefochtenen
Beschlusses an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Die Beschwerde sieht eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Verfahrensverstoß
nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) zu Recht
darin, dass das Berufungsgericht entscheidungserhebliches Vorbringen des Klägers
zu 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht zum Tod seines
Vaters nicht berücksichtigt hat.
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Das Berufungsgericht hat angenommen, für eine erhebliche konkret-individuelle Ge-
fahr für Leib, Leben oder Freiheit der Klägerin zu 2 gebe es keine Anhaltspunkte
(BA S. 5). Existentielle Gefährdungen drohten der minderjährigen Klägerin zu 2 des-
halb nicht, weil sie gemeinsam mit ihrem Vater, dem Kläger zu 1, in Luanda werde
Fuß fassen können, zumal der Vater sich dort werde eine Existenz aufbauen können
"und er zudem, was sich aus seiner Anhörung vor dem Bundesamt ergibt, über per-
sönliche Beziehungen nach Luanda verfügt, da dort sein Vater lebt" (BA S. 7 f.). Da-
bei hat das Berufungsgericht, wie die Beschwerde mit Recht rügt, unberücksichtigt
gelassen, dass der Kläger zu 1 seine Angabe vom Oktober 2000 vor dem Bundes-
amt in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 2. Dezember
2004 dahin ergänzt hat, dass sein Vater mittlerweile verstorben sei und deshalb auch
seine beiden noch in Angola lebenden Kinder aus Luanda weggezogen seien
(Hauptverhandlungsprotokoll Bl. 77 VG-Akte). Die angefochtene Entscheidung be-
ruht auf diesem Verfahrensmangel, denn sie leitet die Möglichkeit der Klägerin zu 2,
im Heimatland ihre Existenz sichern zu können, unter anderem auch daraus ab, dass
dort ihr Großvater lebe.
Hat demnach die Beschwerde bereits wegen des Gehörsmangels Erfolg, kommt es
auf die weiter erhobene Grundsatzrüge nicht an. Allerdings bemerkt der Senat hier-
zu, dass diese unzulässig sein dürfte, weil sie primär Tatsachenfragen betrifft, näm-
lich die Gefährdung minderjähriger Mädchen und junger Frauen bei Rückkehr nach
Angola, die einer Klärung im Wege der Grundsatzrevision nicht zugänglich sind.
Eckertz-Höfer Dr. Mallmann Prof. Dr. Dörig
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